Kleine Kinder- große Wünsche
Ein Beitrag von Gast

Die Vorweihnachtszeit treibt einigen Eltern Schweißperlen auf die Stirn. Kein Wunder. Allerorten und stets und ständig erreicht einen als potentiellen Konsumenten Werbung. Und zwar nicht nur einen selbst als Erwachsenen, sondern schon die Kids.
Alles so schön bunt hier
Über 10.000 Werbebotschaften erreichen einen Durchschnittsdeutschen pro Tag. Kein Schaufenster, keine Plakatwand, kein Apothekenbesuch, kein Heft mehr ohne Reklame, von Spots in Fernsehen und Internet mal ganz abgesehen.
Selbst im Kindergarten, auf dem Spielplatz, ja unter Freunden ist das Thema Konsum allgegenwärtig. Das ist per se erst einmal kein Wunder: Wie sollte es auch anders sein in unserer westlichen Welt? Die große Frage ist, wie wir im Alltag (mit und ohne Kinder) damit umgehen.
Little brother is watching you
Wir werden beobachtet. Als Eltern erziehen wir jeden Tag, ob wir wollen oder nicht, einfach durch das, was wir tun oder nicht tun, sagen oder nicht sagen.
Keine Frage, wessen Eltern gern, oft und ausgiebig shoppen gehen, erlebt automatisch ein anderes Verhältnis zum Konsumieren als jemand, dessen Eltern (eventuell weil sie auf jeden Cent Acht geben müssen) sich genau überlegen, wann und was sie (neu) anschaffen.
Konkludentes Verhalten ist das Zauberwort; ich muss Vorbild sein, wenn ich etwas erreichen möchte.
Zugegeben: Ich finde es anstrengend, bei jeden Kaufhausbesuch zu diskutieren, ob es jetzt ein Spielzeug gibt oder nicht. Davor graut mir, wie wahrscheinlich allen Elternteilen. Ich habe aber für mich gelernt, dass – ich nenne es „maßvoll konsequentes“ Handeln - es mir leichter macht für die nächsten Male.
Inzwischen klappt es ganz gut, das „Nur-Gucken“ (in diesem Sinne finde ich dann auch die bei uns mit dem Schuleintritt bevorstehende Taschengeldeinführung sinnvoll: Lernen nur das zu kaufen, was man wirklich haben möchte).
Kinder dürfen nicht abgehängt werden
Aber: Wie kann man ihnen einen maßvollen und achtsamen Umgang mit den Dingen und damit auch mit Ressourcen vorleben? Sicher gibt es darauf mehr als eine Antwort: von Minimalismus über Containern bis hin zu Selbstversorgertum, etc.
Meine persönlichen Versuche einer Antwort möchte ich hier kurz umreißen: von striktem Verbieten halte ich persönlich wenig. Wichtig ist für mich, den Wert von etwas zu vermitteln – und damit ist nicht zwangsläufig der monetäre gemeint. Zum Beispiel wird bei uns recht wenig weggeworfen.
- Ein Geschenk zu erhalten, sollte meiner Meinung nach etwas Besonderes sein –
derjenige hat sich etwas dabei gedacht und diese Geste ist schön, ganz gleich, was es ist.
(Wenn das Kind allerdings das ganze Jahr außer der Reihe mit Geschenken überschüttet wird, wird es unmöglich sein, quasi über Nacht / plötzlich an Weihnachten ein anderes Bewusstsein zu schaffen. Kinder lernen nicht durch Worte sondern durch Taten; wer anderes vorlebt, wird es vermutlich schwer haben, sein Kind vom Gegenteil zu überzeugen.)
- Was wird geschenkt? Statt vielem „Plunder“ lieber ein stabiles, unter vertretbaren ökologischen und sozialen Standards produziertes Spielzeug schenken. Oder: selbst Gemachtes. (Auch Secondhand-Dinge können eine gute Alternative sein oder „aus alt mach neu“ – zum Beispiel im reparaturcafé.org). Auch leihbare Spielzeugkisten reduzieren den Müll: einfach ausleihen, spielen, wieder abgeben.
- Zudem gibt es eine Reihe nachhaltiger Produkte, die Spaß machen, auch und gerade von kleinen, regionalen Anbietern. Von Büchern, Bioschokolade, Holzfiguren über handgenähte Puppen, Kasperletheater oder Bälle / Holzbausteine / Stofftiere bis hin zu Kindergeschirr und Sportgeräten. Wer ein bisschen stöbert, findet auch genügend Kleinteiliges für den eigenen Adventskalender.
- Ich finde es auch keineswegs „seltsam“, Spielzeug oder Kleidung weiterzuverschenken; das ist in unserer recht „weitläufigen“ Familie seit Jahrzehnten gang und gäbe - und oft wunderschön, wenn man, wie ich kürzlich, das Puppenhaus erneut in Händen hält, mit dem man selbst bereits als Kind gespielt hatte. Da es in der Regel um Hochwertiges handelt, hat sich bislang auch noch kein Kind beklagt.
- Sinn und Zweck des Schenkens nicht zu vergessen. Zu teilen, zu geben: auch an andere zu denken. Ob in Flüchtlingsunterkünften, ob im unmittelbaren Umfeld, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. (Wir zum Beispiel machen seit einigen Jahren bei „Weihnachten im Schuhkarton“ mit, jedes Jahr packt mein Sohn eifrig den Karton mit und stellt mir tausend Fragen dazu.)
- Manchmal muss auch man erziehen. Etwa die Großeltern …, die es gut meinen, aber mit einem fertig gekauften Adventskalender voller Spielzeug um die Ecke kommen, der schon allein locker als Weihnachtsgeschenk durchgehen könnte. Unsere Alternative: Ein „normaler“ Adventskalender: nur etwas kleines Süßes drin (muss auch nicht alles in Plastik- oder Alufolie einzeln verpackt sein, Butterbrotpapier tut es auch) oder etwas kleines Gebrauchtes, wie ein Spielzeugauto oder eine Glasmurmel (das kommt auch wiederum ihrer schmalen Rente entgegen #Altersarmut – aber das ist ein anderes Thema)
- Zu Weihnachten an sich: Ansonsten kann man den Geschenkewahn eindämmen, indem man Verwandten mitteilt, was passend wäre (Geschenkevorschläge). Auch Nützliches ist total ok (gern mit einer Süßigkeit versüßen), solang der eine Herzenswunsch des Kindes möglichst erfüllt wurde. Diesen erkennt man übrigens daran, dass er immer wiederkehrt.
- Die Geschenkeanzahl reduzieren, kleine Kinder sind andernfalls ohnehin schnell überfordert.
Zum Wunschzettel
Vorab: Gewünscht werden darf sich alles bei uns, was jedoch nicht bedeutet, dass sämtliche Wünsche „abgearbeitet“ werden. Ein Herzenswunsch – diesen versuche ich schon Wochen vorher herauszuhören – wird möglichst erfüllt.
Manchmal hat das Kind keinen richtigen Wunsch. Dann hilft beobachten; was ist seine Lieblingsbeschäftigung? Kleines kann große Freude machen: Etwa ein gemeinsames Erlebnis. Denn Zeit ist der wahre Luxus, meine ich.
Und auch das wird oft vergessen: Sich die Zeit nehmen, mit dem tollen Geschenk auch ausgiebig und in Ruhe zu spielen. Selbst mit einer Handvoll Murmeln oder einem Autochen kann man (zusammen) eine Menge und immer wieder viel Spaß haben.
Ausblick: Noch ist es relativ einfach, weil sich bei den meisten Kindergartenkinder die Wünsche in Grenzen halten oder nicht so verfestigt sind; wie es in Zukunft mit zunehmendem Kindesalter wird, weiß ich natürlich nicht …

Barbara Schilling: Marketingfachfrau, Werbetexterin und Autorin. Mutter und Hundefan. Tanzwütig und schokoladenaffin. Schreibt: Romane, Fachbücher, Ratgeber www.angenehme-vorstellung.de, www.marketing-muse.de, www.babyblogbuch.de, www.artivista.de
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