Wider dem schlechten Gewissen
Ein Beitrag
In dieser Folge spreche ich über zwei Arten von schlechtem Gewissen, die Dich heimsuchen und Deinen veganen Weg erschweren können:
- dem schlechten Gewissen, jetzt erst vegan zu leben und all die Jahre das Leiden (unwissentlich) unterstützt zu haben
- dem schlechten Gewissen, wenn Du in der Anfangsphase Deines veganen Leben stolperst und Fehler machst.
Eines haben beide Arten gemeinsam: sie halten Dich davon in Deine Kraft zu kommen und das Beste für die Tiere zu tun.
Wir sind Menschen, wir machen Fehler, wir sind nicht perfekt - leider erwarten wir das viel zu oft von uns. Stolpern gehört zum Laufen lernen dazu und so ist es auch, wenn wir unserem Herzen folgen und beginnen vegan zu leben.
Transkript (Korrektur gelesen von ä'Odner)
Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des „Von Herzen Vegan“-Podcasts, der dir hilft, dich gelassenen und souveränen durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und in dieser Folge soll es um das schlechte Gewissen gehen. Das schlechte Gewissen trifft uns ja durchaus mal in verschieden Formen, deswegen werde ich das auch gleich hier mal präzisieren.
Und zwar geht es zum einen um das schlechte Gewissen, wenn wir uns entschieden haben vegan zu leben und dann doch mal ein Stück Käse essen oder doch etwas nicht veganes essen, weil es uns nicht aufgefallen ist oder weil es uns unangenehm ist, dass extra von der Familie oder wem auch immer netten lieben Menschen gekocht wurde und wir einfach noch nicht die Stärke haben, nein zu sagen und auch das schlechte Gewissen, das sich einstellt, wenn dir bewusst wird, dass du so lange nicht vegan gelebt hast und so lange zum Tierleid beigetragen hast und jetzt erst verstanden hast, dass es sinnvoller ist vegan zu leben, weil das mehr deinen Werten entspricht. Und dazu möchte ich dir zuallererst sagen, was vergangen ist, ist vergangen und es geht jetzt tatsächlich darum, nach vorn zu schauen und es geht auch darum, liebevoll mit dir selbst umzugehen. Wir sind Menschen, wir machen Fehler, wir sind nicht perfekt. Ich habe dazu jetzt schon einige Folgen gemacht, dass wir nicht perfekt sind und dass es nicht darum geht, die genormte Variante des Superveganers, sondern der Superveganerin zu sein, aber ich möchte hier noch einmal ganz speziell auf das schlechte Gewissen eingehen.
Ich kenne das auch sehr gut. Ich war ja 20 Jahre Vegetarierin und das eben aus ethischen Gründen, weil ich nicht wollte, dass Tiere für mich sterben und dann musste ich feststellen, dass doch Tiere für mich sterben, wenn ich weiterhin Milch trinke und Eier esse. Und das ist mir eben erst so spät erst aufgegangen, da war ich dann schon 30 und das ist jetzt nicht mehr so ganz jugendlich. Und mir ist es eben dann erst aufgefallen und ich habe wirklich vorher keine Ahnung gehabt. Ganz ehrlich, ich habe also nicht 20 Jahre lang vegetarisch gelebt mit dem Wissen, dass für die Milchkühe sterben, Kälbchen sterben, alle leiden männliche Küken geschreddert oder vergast werden, das war mir alles überhaupt nicht klar und trotzdem war meine Motivation eben vegetarisch zu leben, damit keine Tiere für mich sterben. Und als mir das dann alles bewusst wurde, habe ich mich natürlich gefragt, wie konnte ich nur? Wie konnte ich so lange so blind sein? Wieso habe ich das nie in Frage gestellt? Warum habe ich das jetzt all die Jahre gemacht und wie konnte ich so blind sein? Wie konnte ich so dumm sein? Wieso habe ich das nicht gesehen?
Alle die Jahre habe ich gedacht, keine Tiere sterben für mich und trotzdem sind so viele Tiere für mich gestorben, weil ich einfach nicht darüber nachgedacht habe. Auch nicht über Leder. Das war alles irgendwie total weit weg. Auch nicht über Honig und ja, das war überhaupt nicht in meinem Bewusstsein. Ich hatte damals einfach nur gedacht, okay, ich esse kein Fleisch und kein Fisch mehr und das ist dann alles, das reicht. Aber das reicht eben nicht. Und wenn du von Herzen vegan lebst, so wie ich, dann wirst du durch diese Phase höchstwahrscheinlich gehen und wirst dich selbst dafür geißeln, dass du dieses Tierleid einfach nicht gesehen hast, dass du so blind und dumm warst.
Und ich möchte dich jetzt dazu einladen, nachsichtig mit dir zu sein, denn ja, ich verstehe die Gefühle, die du hast, ich hatte sie auch alle. Aber es bringt tatsächlich weder dir noch den Tieren was, wenn du dich jetzt geißelst. Ja, du hast einen Fehler gemacht und den habe ich auch gemacht und den haben unter Garantie noch viele andere Menschen auch gemacht. Und ja, ich verstehe auch nicht, wie wir so blind sein konnten. Aber wir waren es und das ist die Realität, das ist unsere Vergangenheit und wir können sie einfach nur annehmen und vielleicht auch einfach diese Wut und diesen Ärger über uns sehen und sagen „ja, du bist da und ich verstehe, dass du da bist“, gleichzeitig aber auch versuchen liebevoll mit uns umzugehen und uns zu verzeihen, dass wir das getan haben. Wir sind jetzt aufgewacht. Wir haben diesen Schritt gemacht. Wir haben gesehen, dass wir Tierleid nicht verhindern, indem wir vegetarisch leben. Und wir gehen jetzt Schritt für Schritt weiter.
Du wirst, wenn du erst am Anfang deines veganen Lebens stehst, immer wieder solche Erkenntnisse haben und immer wieder sehen „oh, da muss ich ja auch noch hingucken und da muss ich auch noch hingucken und oh je, was habe ich denn da gemacht und wieso habe ich eigentlich nie da dran gedacht“ und es wird immer wieder diese Situation kommen, einfach weil es so normal ist in unserer Welt. Es ist ja nicht so, dass wir die einzigen sind, die die ganze Zeit Tierleid verursacht haben und alle anderen haben es nicht getan und jetzt wachen wir auf und sehen, oh Gott, wir sind, was haben wir nur getan und warum haben wir nie auf die anderen gehört. Sondern es ist ja genau andersrum, um uns herum passiert das Tierleid immer weiter und die meisten Menschen auf dieser Welt verursachen, weiterhin Tierleid, bewusst und unbewusst, die meisten unbewusst. Und wir haben uns jetzt da raus geschält und das ist sehr, sehr anstrengend und es ist ein einsamer Weg, teilweise, und es ist ein sehr kräftezehrender Weg. Und ihn jetzt damit zu verbringen, dass wir uns dafür geißeln, was wir in Vergangenheit getan haben, wird auf jeden Fall all unsere Kräfte aufbrauchen, sodass wir für den zukünftigen Weg kaum noch Kraft haben oder gar keine mehr. Und dann vielleicht irgendwie in Depressionen landen oder uns nur noch negativ sehen.
Und auch wenn ich mich jetzt wiederhole und das zum erneuten Mal sage, sei liebevoll zu dir, sei liebevoll und rücksichtsvoll und verzeiht dir dafür, dass du so blind warst. Du warst es einfach, du kannst es nicht rückgängig machen, aber du kannst jetzt nach vorne sehen und kannst immer mehr Schritte gehen in Richtung Tierleid-frei. Und du kannst viel mehr für die Tiere bewirken, wenn du dich um dich kümmerst und von innen heraus strahlst.
Und das führt mich jetzt auch zu der zweiten Art von schlechten Gewissen, nämlich wenn du jetzt diesen Weg beschreitest und dich entschlossen hast, vegan zu leben und noch in dieser Umstellungsphase bist, wo du merkst „okay, Käse, eigentlich lebe ich schon vegan, aber ab und zu greife ich noch zu Käse“ oder ich trau mich einfach noch nicht so richtig in sozialen Situationen zu sagen „okay, ich lebe vegan und ich stehe dazu und ich möchte jetzt auch, dass das Essen vegan ist“ und du ist dann doch noch den Auflauf überbacken mit Käse oder irgendwas mit Ei, dann möchte ich dich bitten, dich auch dafür nicht zu geißeln. Ich weiß, dass das schlechte Gewissen wirklich stark sein kann.
Auch ich hatte eine Übergangsphase und habe sicherlich ein halbes Jahr oder so gebraucht, um dann mich wirklich in allen Situationen gestärkt zu fühlen und zu sagen „nein, ich lebe jetzt vegan und egal in welcher Situation, ich stehe dazu und ich werde mir jetzt nicht irgendwas bestellen, wo was mit Käse drin ist, nur damit die anderen nicht unangenehm berührt sind“. Was mir da sicherlich geholfen hat, war die starke Beschäftigung mit den Milchkühen, weil ich da auch mit der Forschung angefangen habe und je mehr ich halt an Hintergrundinformationen hatte, desto weniger konnte ich wirklich jetzt zu Milch oder Käse, Milchprodukten generell greifen und sobald sich das bei mir emotional verankert hatte, dass dafür einfach Kälbchen sterben und dieses ganze, krude System dahinter steckt, konnte ich einfach dann auch keine Milch, Milchprodukte, Käse, alles mehr essen oder trinken, das ging einfach nicht mehr. Also auch wenn ich vorher irgendwie noch einen Verlangen gehabt hatte nach Käse oder vielleicht einer bestimmten Eissorte, war das dann damit sozusagen gegessen, in Anführungsstrichen, dass ich mir in Gedanken gesagt habe: „Nein, was ist denn wichtiger, dass ich jetzt mein Geschmackserlebnis befriedige oder dass diese Kälbchen leben dürfen oder vielleicht gar nicht erst zur Welt kommen, weil sie nicht gezüchtet werden oder dass ich dadurch das Tierleid verringere, was ist wichtiger?“ „Meine kurze Freude über den Käsegeschmack oder das Leben der Tiere?“ und da habe ich mich eben ganz klar für das Leben der Tiere entschieden und damit konnte ich tatsächlich auch diesen Käse-Jieper, diese Abhängigkeit von Käse dann sehr gut hinter mir lassen und habe mich da entwöhnt, quasi.
Eine Bekannte hat mir erzählt, dass sie sich in der Anfangszeit immer vorgesagt hat, dass ja in dem Käse Eiterzellen sind, weil die meisten Kühe ja Mastitis haben, also diese Euterentzündungen, und generell eben auch so ganz viele Hormone im Käse sind und im Käse tatsächlich auch Eiterzellen nachgewiesen werden, also schon ziemlich eklig und dann hat sie sich so sehr davor geekelt, dass sie das dann eben nicht gegessen hat. Also das heißt, du kannst natürlich auch diesen Weg gehen.
Bei mir hat es eben geholfen, sich mit dem Thema sehr stark zu beschäftigen und dann eben auch zu sehen, okay, was ist wichtiger? Und mein Herz und meine Werte sagen mir, es ist wichtiger, dass die Tiere leben, als dass ich jetzt für einen kurzen Moment ein schönes Geschmackserlebnis habe.
Und ich möchte dir auch hier sagen: „Geißel dich nicht!“ Wir alle haben diese Übergangsphase und es gibt sicherlich auch Menschen, die das von heute auf morgen schaffen, nur zu denen gehöre ich jetzt zum Beispiel nicht und du vielleicht auch nicht. Und wenn du eben nicht dazugehörst, bitte sei achtsam mit dir, verzeih dir und versuche es einfach immer wieder. Dein Gefühl ist dein innerer Kompass und solange du das alles mit deinen Werten abgleichst und merkst, okay, ich bin auf dem richtigen Weg und ja, jetzt habe ich einen Fehler gemacht und das ist echt blöd, solange du das merkst, bist du auf dem richtigen Weg. Und ich verspreche dir, die Fehler werden weniger werden, es ist tatsächlich nur eine Phase und auch dies geht vorbei.
Du wirst dich innerlich stärken, du wirst herausfinden, wie du mit den verschiedensten Situationen umgehen kannst und wenn du dabei Hilfe brauchst, dann komm gerne in den „Von Herzen Vegan“-Clan, da betreue ich dich individuell und helfe dir, durch diese verschiedenen Situationen hindurch zu kommen. Du bekommst den Rückhalt in der Gruppe mit Gleichgesinnten und dann eben die Unterstützung durch mich und wöchentliche Treffen, in denen wir Strategien zu aktuellen Herausforderungen besprechen. Und immer wieder geht es darum, du selbst zu sein, dein individuellen Weg zu finden und dich zu stärken. Also herzlich willkommen, komm gerne in den Clan, das ist auch immer verlinkt in den Show-Notes und ja, das soll es für heute auch schon gewesen sein und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.
Hinweis zum Von Herzen Vegan Clan
Im November 2021 ist der Von Herzen Vegan Clan ein Teil meiner damals neuen Community, des Experimentariums geworden.
Das Experimentarium gibt es seit Dezember 2022 nicht mehr.
Ich bin gerade dabei eine neue Online-Community aufzubauen. Wenn Du interessiert bist, schau doch mal vorbei: