Ich will meine Familie nicht nerven.

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Folge 026 - Ich will meine Familie nicht nerven.

Immer wieder berichten mir Veganer*innen von ihren größten Herausforderungen in ihrem Alltag.

Annabel (Name geändert) ist eine davon.

Sie hat die größten Schwierigkeiten damit, ihre Familie nicht zu sehr zu nerven mit ihrer neuen Art sich zu ernähren. Ihr Mann und ihre Kinder haben kein großes Interesse am veganen Leben und so muss sie sich oft rechtfertigen oder belächeln lassen.

Dabei fällt es ihr sehr schwer gelassen zu bleiben und sie nicht ständig bekehren zu wollen.

So wie Annabel geht es viel Veganer*innen zu Beginn ihres veganen Lebens und ich gebe Dir in dieser Folge einige Tipps, wie Du diese Situation meistern kannst.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge eine Herausforderung besprechen, die mir im Rahmen meiner Webinarreihe, die ich im letzten Jahr veranstaltet habe, zugesandt wurde.

Und zwar hat eine Teilnehmerin damals geschrieben: „Ich habe die größten Schwierigkeiten damit meine Familie nicht zu sehr zu nerven, mit meiner neuen Art mich zu ernähren. Ich bin erst seit einem Jahr mit der Ernährungsumstellung beschäftigt und meine Kinder und mein Mann haben nicht so viel Interesse daran mitzumachen. Ich muss aufpassen, sie nicht ständig bekehren zu wollen und muss mich oft rechtfertigen oder belächeln lassen. Sie sind schon verständnisvoll und geduldig und ich sicher auch oft eben nicht ganz so gelassen, aber es fällt mir eben schwer, die entspannte und argumentationsstarke Veganerin zu sein, die ich gerne wäre.“

Ich habe diese Herausforderung ausgewählt, weil sie viele von uns kennen werden. Gerade zu Beginn, wenn wir noch nicht lange vegan leben oder in der Umstellung sind, sind wir sehr sensibel für dieses Thema und sind dann auch sehr begeistert, unsere neuen Erkenntnisse zu teilen und verstehen oft auch nicht, warum denn die anderen nicht verstehen, was wir jetzt sehen. Und mein Lieblingsvergleich ist ja immer der mit der Matrix, also es ist ein bisschen so, als hättest du die rote Pille gewählt und die anderen sind eben noch in der Matrix und du bist schon draußen und jetzt siehst du, wie es wirklich ist und kannst auch alle Vor- und Nachteile der Matrix erkennen und möchtest natürlich denen, die dir nahestehen, deinem Partner, deine Partnerin, deinen Kindern, vielleicht auch deinen Eltern mitteilen, wie es wirklich ist und das ist ganz normal. Zu Beginn sind wir einfach so euphorisiert und können nicht verstehen, warum andere Menschen nicht das sehen, was wir auch sehen.

Und mir ging es ganz genauso zu Beginn, ich habe auch jede Gelegenheit genutzt, um mein neues Wissen anzuwenden und zu teilen und auch nicht aus dem Grund heraus den anderen zu sagen, dass das, was sie tun, falsch ist, sondern einfach um ihnen die Augen zu öffnen mit dieser Intention dahinter. Das war damals mit 11, 12 Jahren, als ich Vegetarierin wurde und es war so erneut, als ich vor vier Jahren Veganerin wurde. Es ist ganz schwer für uns, die wir vegan leben, zu verstehen, warum anderen nicht vegan leben und warum sie das auch nicht sehen wollen und warum sie abblocken und sagen, das interessiert mich nicht, mach du halt dein Ding, aber mich interessiert es nicht und das ist tatsächlich etwas, was wir dann mit der Zeit lernen müssen.

Und wenn du schon länger vegan lebst, weißt du, mit der Zeit gibt sich das. Du stumpfst vielleicht auch ab und je nachdem, wie lange du schon vegan lebst und was du erlebt hast in der Zeit, möchtest du dich vielleicht auch überhaupt gar nicht mehr mit anderen Menschen umgeben, die nicht vegan leben und hast auch keine Lust mehr auf Diskussionen.

Wenn du jetzt aber noch am Anfang stehst und Lösungen suchst und so euphorisch bist, dann möchte ich dir ein paar Tipps geben. Die Teilnehmerin schrieb in ihrer E-Mail, dass ihr Mann und ihre Kinder schon verständnisvoll und geduldig seien und das ist wirklich eine super Voraussetzung. Das ist nicht bei jedem so, wenn du tatsächlich auch diese Familienkonstellation hast, dass deine Familie geduldig ist und offen dir gegenüber, aber eben nichts sich ändern möchte, sich quasi deinen Veränderungsversuchen verweigert, dann hast du zumindest die Möglichkeit, die anderen als Verbündete zu akquirieren. Denn die Grundlage ist ja da, sie sind schon verständnisvoll. Du kannst dich also mit ihnen zusammensetzen und ihnen erklären, wie es dir geht und vielleicht auch ganz offen darüber sprechen, dass du jetzt gerade ganz viel Neues gelernt hast, wie es dir damit geht und ganz viel natürlich aus der Ich-Perspektive berichten, was dir durch den Kopf geht und dass dir das ganz schwer fällt, dass die anderen das nicht sehen, Du aber versuchst das zu akzeptieren, dass sie eben ihren eigenen Weg gehen, Du aber hoffst, dass sie dich unterstützen können sofern sie verstehen, wie es dir geht.

Also die emotionale Brisanz auch verstehen, wie weh dir das tut, dass die anderen noch nicht vegan leben und wie weh dir das tut, wenn sie weiter so über Tiere und tierliche Produkte sprechen, wie du das vielleicht früher auch ganz normal getan hast, aber jetzt erkennst, dass es nicht mehr in Ordnung ist. Also ein offenes Gespräch ist da ganz wichtig. Sich zusammensetzen und erklären, wie es dir geht und dass du die Unterstützung der anderen brauchst, dass es nicht darum geht, dass sie jetzt vegan werden sollen, sondern dass du einfach ihre Unterstützung benötigst.

Die Teilnehmerin schreibt weiter: „Es fällt mir eben schwer, die entspannte und argumentationsstarke Veganerin zu sein, die ich gerne wäre.“ Und da möchte ich dich ganz klar entlasten, es geht überhaupt gar nicht darum, die argumentationsstarke Veganerin zu sein. Das ist ein Weg. Du musst nicht perfekt sein. Veganer·innen müssen keine perfekten Menschen sein und immer die passenden Argumente parat haben. Gerade in der Familie muss es möglich sein, dass du dich als Mensch geben kannst, dass du als Mensch akzeptiert wirst und Menschen machen Fehler. Menschen sind einfach nicht perfekt.

Und du brauchst nicht zu denken, dass jetzt, wo du vegan lebst, die Zukunft der veganen Bewegung auf deinen Schultern ruht. Es geht jetzt erstmal ganz individuell um dich. Und je mehr du in dir ruhst und zu dir stehst und gelassen antworten kannst, desto eher kannst du die Veganerin sein, die du sein möchtest. Und dazu gehört tatsächlich zu Beginn auch einfach zu sagen: hey, ich stehe noch am Anfang, ich weiß noch nicht alles und ich bin sehr sensibel, was das Thema angeht. Und deswegen kann es sein, dass ich öfter anders reagiere als früher und aus euren Augen vielleicht überreagiere, komisch bin. Und das hat alles damit zu tun, dass ich sehr sensibel bin, was dieses Thema jetzt angeht.

Für Verständnis werben bei deiner Familie, das finde ich sehr wichtig. Wenn nämlich so eine „Ich gegen alle“ - Situation entsteht, kann es sein, dass automatisch die anderen die Gegenposition einnehmen und einfach aus Trotz nicht vegan leben wollen, weil sie nicht nachgeben möchten, weil dann eine Konfliktsituation entsteht, in der wie ein Tauziehen gerangelt wird. Und das ist ja auf keinen Fall das, was du möchtest. Du möchtest ja eigentlich in einer Familie leben, in der alle die gleichen Werte teilen und da wäre es natürlich das Optimum, wenn ihr alle vegan leben würdet.

Aber im ersten Schritt geht es tatsächlich nicht darum, den anderen zu sagen, hey, jetzt lebt bitte auch vegan, weil ich das so will, sondern zu erklären, wie es dir geht und dass die Situation, dass du die einzige Veganerin in der Familie bist und die anderen gerade nicht vegan leben wollen, dich sehr unter Druck setzt und stresst, also wirklich offen mit deinen Gefühlen umzugehen. Und letzten Endes hilft es natürlich immer, wenn du deine Power-Ups machst. Wenn du noch nicht weißt, was das ist, hör doch mal in die ersten Folgen dieses Podcasts hinein, da erkläre ich das alles ganz genau und stelle auch Beispielübungen vor.

Und gerade bei solchen familiären Konstellationen kann es helfen, wenn ihr mehr Dinge zusammen macht, was überhaupt gar nichts mit dem Veganismus zu tun haben muss, dass ihr zusammen zum Beispiel puzzelt, ein großes Puzzle löst, ich weiß jetzt nicht wie alt die Kinder sind, also je nachdem, oder zusammen etwas spielt, ein Brettspiel spielt. Spielen verbindet generell. Das heißt, wenn ihr zusammen Brettspiele spielt, verbindet das, auch wenn ihr zusammen Computerspiele spielt, verbindet das - aber es müssen Spiele sein, die man gemeinsam spielen kann.

Hast du eine Herausforderung in deinem veganen Leben, die du mir gerne erzählen möchtest und wo du gerne meinen Rat hättest, dann schreib mir gerne eine E-Mail an post [at] vonherzenvegan [punkt] de. Und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

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