Vegan sein heißt geduldig sein

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Folge 030 - Vegan sein heißt geduldig sein

Für viele Veganer*innen ist die größte Herausforderung mit Menschen umzugehen, die zwar die Hintergründe (Tierleid, Umweltschutz, etc.) des Veganismus kennen, aber aus Bequemlichkeit dennoch nicht auf Produkte tierischen Ursprungs verzichten möchten.

In dieser Folge spreche ich darüber, warum es sich lohnt geduldig zu sein und zu akzeptieren, dass andere nicht sehen, was ich sehe.

Hör doch gleich einmal rein.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und in dieser Folge geht es um Geduld.

Eine Freundin von mir hat mir erzählt, dass sie immer wieder hört, wie andere Veganer·innen sagen, dass in ihrem Umfeld die Menschen vegan leben, weil sie sie beeinflusst haben. Und bei ihr selbst ist es nicht so. Also in ihrem Umfeld ist noch niemand vegan geworden aufgrund von ihrem vegan sein. Und das hat sie so ein bisschen deprimiert. Dann hat sie aber herausgefunden, dass ein guter Freund von ihr schon lange vegetarisch lebt, einfach aufgrund einer Aussage, die sie damals getätigt hat. Vor vielen Jahren, als sie zusammen darüber diskutiert haben, warum sie vegan lebt und er nicht. Und wo sie dann am Ende gesagt hat: Du, wir sind eigentlich der gleichen Meinung, aber wir ziehen andere Schlüsse daraus. Und das hat ihn so beeindruckt, dass er dann Vegetarier geworden ist. Und sie wusste das gar nicht, dass sie dafür der Auslöser war. Und er hat ihr das vor kurzem erzählt. Und das war für sie also der Moment, wo sie gedacht hat: Ach guck mal an, ich kann doch was bewirken.

Und so ist es tatsächlich ganz häufig, dass wir einfach durch unser Sein etwas bewirken, es aber nicht mitbekommen. Und das ist dieses Bild vom Samen säen, also Planting Seeds, was Colleen Patrick-Goudreau auch ganz oft benutzt. Also ohne Anspruch tatsächlich einfach als Vorbild zu dienen, einfach vorzuleben und nicht mit dem Anspruch: Wenn ich das jetzt tue, sollen x Menschen vegan werden, sondern einfach nur selbst dein Leben zu leben. Das ist schwer. Deswegen sagte ich, es geht um Geduld. Aber es ist für mich der einzige Weg, der im Alltag wirklich Sinn macht. Klar, du kannst dich auch verschiedenen Gruppen anschließen und demonstrieren, das ist für mich ein anderer Weg. Das ist für mich nicht der Alltag, weil das eine spezielle Situation ist.

Wenn du jetzt an einem Albert Schweitzer Stiftungstand stehst und Menschen aufklärst über die vegane Ernährung oder die Massentierhaltung oder bei einem Cube of Truth mitmachst oder generell einfach demonstrieren gehst, dann ist es eine bestimmte Aktion und du machst das mit einem bestimmten Anspruch. Aber selbst dann, wenn du dich dahin stellst an einen Stand oder bei dem Cube of Truth oder generell bei der Demonstration mitgehst, ist es einfacher ohne Anspruch das Ganze zu machen, sondern einfach nur es zu machen. Dich da hinzustellen um der Sache willen und nicht mit dem Hintergedanken: ich will jetzt x Menschen veganisieren. Und das bedeutet eben geduldig sein. Geduld haben mit den Menschen, die nicht sehen, was du siehst. Geduld haben mit den Menschen, die gerade dafür nicht offen sind.

Ich war auch erst offen dafür, vegan zu leben, als sich in meinem Alltag und meinem Leben alles so ein bisschen mehr strukturiert hatte und ich nicht mehr so viele Baustellen hatte, ich mich also auch wirklich darum kümmern konnte. Wenn also in dem Leben einer Bekannten, von der du hoffst, dass sie vegan leben sollte oder vegan leben würde, wenn da das Leben gerade drunter und drüber geht und sie eigentlich überhaupt keine Kapazitäten hat, sich über vegan leben und ihre Ernährung Gedanken zu machen, dann wirst du sie auch nicht dazu bekommen, vegan zu leben. Die Menschen müssen dafür offen sein. Und eben gerade Kapazitäten dafür haben, auch wirklich vegan leben und sich damit beschäftigen zu können, weil es einfach ja in der Umstellungsphase definitiv ein wenig Zeit braucht, um dann wirklich zu verstehen, wie ersetze ich was, woher bekomme ich jetzt meine Nährstoffe?

Und du kennst das natürlich, Du weißt, dass das nicht alles so von heute auf morgen geht, sondern dass es ein bisschen Zeit braucht. Und manche brauchen mehr Zeit und andere weniger. Mein Lieblingsbeispiel ist immer die Matrix, denn dort können auch nur die aus der Matrix befreit werden, die das wollen. Da ist ja auch der eine dabei, ich weiß gar nicht mehr, wie der hieß, aber jedenfalls der die dann nachher alle verrät, der sich gesagt hat, ich will überhaupt gar nicht mehr außerhalb der Matrix leben. In der Matrix ist das viel schöner. Also gehe ich jetzt wieder zurück und das ist ja total kontraproduktiv. Deswegen macht es total viel Sinn, wenn Menschen von sich aus vegan werden. Aber du kannst Samen säen, also du brauchst nicht untätig zu sein, sondern einfach durch dein Vorleben und durch dein Sein, dadurch zeigen, dass vegan leben funktioniert und das es auch auf lange Sicht funktioniert und dass du dich damit wohlfühlst und einfach durch dieses ruhige Vorbild, dieses ruhige Vorleben, wirst du schon viel erreichen.

Wenn du von Natur aus so ein bisschen ungeduldig bist, so wie ich, dann macht es Sinn, wenn du gut für dich sorgst. Also wenn du noch mal zum Anfang dieses Podcasts zurückgehst und dir anschaust, was es für Möglichkeiten gibt, was für Übungen du machen kannst, um deine Resilienz zu stärken, um innerlich kraftvoll zu werden, also um dich gerade zu machen, quasi um in dir zu ruhen, um in solchen Situationen zu atmen, in den Bauch zu atmen und immer wieder versuchen, alle Ansprüche loszulassen. Nicht mit dem Anspruch durch die Welt zu gehen: Alle müssen jetzt vegan leben, sondern tatsächlich einfach nur zu leben. Und wenn dann Fragen kommen: wie funktioniert das denn mit dem veganen Leben? Und wie hast du das denn gemacht? Kannst du mir helfen? Dann bist du da. Dann kannst du Auskunft geben und dann kannst du all die Informationen geben, die du vorher vielleicht schon gegeben hättest, die aber nicht angenommen worden wären.

Also verzweifle nicht, wenn sich in deinem Umfeld nichts tut und du immer wieder auf Menschen stößt, die eigentlich wissen, dass es viel mehr Sinn machen würde, vegan zu leben, es aber nicht tun. Reib dich nicht auf in Diskussionen mit ihnen, sondern akzeptiere es einfach, leb einfach weiter und rede mit denen, die offen sind für das vegane Leben. Damit tust du dir etwas Gutes und tust auch ihnen etwas Gutes. Und beim Vorleben, muss ich jetzt nochmal als Disclaimer dazusagen, geht es tatsächlich nicht darum, dass du immer die perfekte Veganerin sein musst! Was heißt außerdem perfekt? Ich habe dazu schon Folgen gemacht, aber ich muss das immer und immer wieder erwähnen, weil ich immer und immer wieder auch auf die Frage: „Was ist deine größte Herausforderung?“ Antworten bekomme wie: „Ich kann nicht immer gut gelaunt sein. Und ja, ich bin auch mal schlecht gelaunt und das ist natürlich schlecht. Das darf ich nicht und ich sehe vielleicht nicht perfekt aus. Ich bin nicht sportlich genug.“ Das ist alles nicht das Ding. Es gibt so viele verschiedene Veganer·innen und es gibt keine Norm. Es ist egal, ob du besonders sportlich bist oder nicht, ob du dick bist oder dünn. Es ist völlig egal. Es kommt darauf an, wie du dich fühlst. Wenn du dich wohlfühlst mit dem veganen Leben, dann strahlst du das auch aus und dann ist es unproblematisch.

Auf mich kommen immer wieder Personen zu, die mir sagen, ich könnte mehr Menschen erreichen, wenn ich dünner wäre. Weil Menschen dünnere Menschen mehr mögen und glaubwürdiger finden. Und selbst wenn es so ist, finde ich es absurd, einer bestimmten Norm entsprechen zu müssen, um einen möglichst großen Einfluss zu haben. Aber zurück zum Thema. Ich kann mich darüber echt in Rage reden und ich habe darüber ja auch schon mit Gesche ein Gespräch geführt: Veganer·innen sind immer schlank. Wenn du also mehr zu diesem Thema hören möchtest, hör dir doch diese Podcastfolge auch noch einmal an.

Also verzweifele nicht. Sorg gut für dich. Versuch geduldig zu sein. Übe dich immer wieder in Geduld. Es geht tatsächlich nicht darum, die Menschen da draußen zu veganisieren. Es geht einfach darum, dass du vegan lebst. Das ist wichtig. Du lebst vegan, du fühlst dich wohl damit. Und das ist das Wichtige. Damit sähst du automatisch Samen. Und manchmal gehen sie auf. Manchmal werden sie ganz lange in der Erde ruhen, bis sie aufgehen und manchmal gehen sie gar nicht auf. Das ist leider so. Das ist die Natur der Dinge. Quasi. Ja. Und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

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Hinweis zum Von Herzen Vegan Clan

Im November 2021 ist der Von Herzen Vegan Clan ein Teil meiner damals neuen Community, des Experimentariums geworden.

Das Experimentarium gibt es seit Dezember 2022 nicht mehr.

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