Die Scham nicht eher gehandelt zu haben.

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Folge 047 - Die Scham nicht eher gehandelt zu haben.

In dieser Folge spreche ich über die Scham, die viele Veganer*innen mit sich herumtragen: die Scham als Kind nicht standhaft genug gewesen zu sein, obwohl ihnen Tierschutz schon damals so wichtig war.

Viele Veganer*innen haben schon als Kinder versucht vegetarisch zu leben und sind letztlich an der Unterstützung ihrer Eltern oder ihrer Umwelt gescheitert.

Heute schämen sie sich dafür, dass sie als Kinder nicht ihre Werte vertreten haben.

Bei den meisten hat es viele Jahre gedauert, bis sie die Kraft fanden sich gegen den Willen ihrer Eltern vegetarisch zu ernähren und schließlich den Schritt ins Vegane zu wagen.

 

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge über Scham reden.

Und zwar ganz speziell die Scham, die wir fühlen, dass wir nicht schon früher vegan geworden sind und dass wir vielleicht schon mal vegetarisch oder vielleicht sogar vegan waren und es dann nicht durchgehalten haben, vor allem als Kinder. Inspiriert hat mich dazu die Geschichte von Selina, die schrieb, dass sie im Alter von zehn oder zwölf Jahren sich geweigert hat, Fleisch zu essen, was aber dann an der Unterstützung ihrer Eltern gescheitert ist. Und heute schämt sie sich dafür, dass sie als Kind nicht ihre Werte vertreten hat, besonders weil ihr damals Tierschutz schon so wichtig war. Und es hat dann Jahre gedauert, bis sie sich tatsächlich gegen den Willen ihrer Eltern komplett vegetarisch ernährt hat.

Diese Scham teilen viele Veganer·innen. Viele sagen: „Ich war nicht stark genug, ich habe nicht durchgehalten.“ Ich habe auch schon mit anderen Veganer·innen darüber gesprochen, dass ich mit elf Jahren beschlossen habe, vegetarisch zu leben, und das dann durchgehalten habe, bis ich beschlossen habe, vegan zu leben. Und viele werden dann ganz klein und sagen: „Oh, ich habe auch mal vegetarisch und dann habe ich's nicht durchgehalten.“ Und schämen sich dafür. Und ganz ehrlich Wir waren damals alle noch Kinder. Wir waren noch Kinder und nur weil ich es durchgehalten habe, heißt es ja noch lange nicht, dass das jede·r durchhalten sollte und jede·r durchhalten kann. Dafür habe ich andere Dinge nicht durchgehalten. Und wir sind Menschen. Und wir menscheln. Also Menschen menscheln. Und jede·r hat da so seinen·ihren eigenen Weg zu gehen und seine·ihre eigenen Päckchen zu tragen.

Meine Eltern haben mir damals keine Steine in den Weg gelegt, was das vegetarisch leben anging. Ich habe es einfach gemacht und hab es dann nicht mehr in Frage gestellt. Und auch meine Eltern haben es einfach so akzeptiert. Sie fanden es wahrscheinlich nicht gut, aber sie haben es einfach akzeptiert. Wenn du aber als Kind Eltern hattest, die dich ständig dazu bringen wollen, Fleisch zu essen und die dich sabotieren, dann ist es für dich ganz, ganz schwer, dagegen anzugehen. Und dann bist du eben schwach geworden und hast es nicht durchgehalten. Dann war das so. Es ist ganz, ganz wichtig, dass du dir das verzeihst. Dass du dir verzeihst, dass du nicht gegen den Willen deiner Eltern handeln konntest. Es sind deine Eltern. Wir haben eine ganz besondere Beziehung zu unseren Eltern. Egal, wie mies die uns behandeln, wir versuchen immer irgendwie ihre Anerkennung zu bekommen. Wir versuchen, ihre Liebe zu bekommen. Das ist ganz egal, wie mies sie uns behandeln. Und selbst wenn deine Eltern halt total nett waren und super Eltern und einfach nur aus Sorge heraus gehandelt haben und gesagt haben: „Du musst aber jetzt Fleisch essen.“, ist es für dich trotzdem schwierig dann Nein zu sagen und stark zu bleiben. Letzten Endes hast du ja wahrscheinlich auch nicht selbst eingekauft und warst eben darauf angewiesen, dass deine Eltern dir Nahrungsmittel mitbringen, die du essen kannst.

Und ja, dann ist es tatsächlich dieser Weg gewesen, den du gegangen bist. Und es ist völlig okay, sich dafür zu schämen. Alle Gefühle sind in Ordnung. Gefühle sind dafür da, um Gefühle zu werden. Es ist nur wichtig, dass du dir selbst verzeihen kannst und damit abschließt, weil es dich sonst lähmt. Und wichtig ist auch, dass du es jetzt anders machst. Jetzt bist du erwachsen. Jetzt kannst du dich gerade machen und sagen: So ist es. Deine Eltern werden es immer noch nicht akzeptieren. Es gibt Eltern, die sich mitentwickeln und denen wir das erklären können, warum wir vegan leben und die sich auch ändern. Es kann meiner Erfahrung nach aber auch viele Eltern geben, die dann bei dem bleiben, was sie dir als Kind schon gesagt haben, dass du nämlich Fleisch essen musst, um gesund zu sein und die das dann eben nicht verstehen. Aber jetzt bist du erwachsen und jetzt kannst du für dich einstehen und deinen Weg gehen. Und die Scham ist ganz normal. Wichtig ist es auszusprechen, wofür du dich schämst. Das nimmt der Scham ihre Brisanz, ja ihre Kraft.

Es gibt in diesem BBC Film „Carnage“ diese Szene, wo eine Therapeutin mit verschiedenen älteren Menschen einen Kreis bildet und sie darüber sprechen, dass sie früher eben Tiere gegessen haben und tierliche Produkte. Und wo sie dann immer wieder „No shame, no shame“ wiederholen. Und so lustig das vielleicht auch wirkt, es ist tatsächlich genau das, was wir auch fühlen, wenn wir uns dafür schämen, dass wir nicht für unsere Werte einstehen konnten als Kinder. Und es ist wichtig, ganz wichtig das auszusprechen und uns zu verzeihen.

Also mach Frieden mit deiner Vergangenheit. Das sind tatsächlich Übergangsemotionen. Wenn du darin stecken bleibst, wird es dich immer wieder negativ runterziehen. Sprich darüber und versucht, dir zu verzeihen. Und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

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