Die Wut über die Lüge der Eltern

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Folge 049 - Die Wut über die Lüge der Eltern

Im Von Herzen Vegan Clan teilen wir auch die Geschichte, wie wir vegan wurden. Im Zuge dieses Austauschs schrieb ein Mitglied:

"Im Nachhinein war ich [...] etwas wütend auf meine Eltern, die uns Fleisch oft "untergejubelt" haben und uns nicht gesagt haben, was da in der Wurst ist, etc... Eigentlich waren wir nämlich als Kinder da sehr sensibel, weil wir selbst auch Hasen hatten, etc... Das möchte ich bei meiner Tochter anders machen."

Diese Wut teilen einige Veganer*innen und deshalb möchte ich in dieser Folge darauf eingehen.

Meine eigene Erfahrung und vor allem auch meine Milchforschung hat mir gezeigt, dass die Gründe für das Handeln unserer Eltern sehr viel damit zutun hat, wie diese aufgewachsen sind und welche Last wir alle durch die beiden Weltkriege noch mit uns herumtragen.

Wut ist eine Emotion, die gut und wichtig ist. Ebenso wichtig ist es, die Umstände, die uns wütend machen, von verschiedenen Seiten zu betrachten.

In dieser Folge stelle ich Dir auch noch eine Methode vor, wie der buddhistische Mönch Ajahn Brahm mit Wut umgeht - hör doch gleich einmal rein.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte heute über eine weitere Emotion reden, nämlich über die Wut unseren Eltern gegenüber, dass sie uns verheimlicht haben, was da eigentlich in der Wurst war und dass sie uns nicht über diese karnistische Welt aufgeklärt haben.

Inspiriert dazu hat mich wieder eine Geschichte eines Clanmitglieds. Und zwar hatte Elisa geschrieben: „Im Nachhinein war ich sehr erschüttert darüber, dass ich mir so lange keine Gedanken zu dem Thema gemacht hatte. Und noch etwas wütend auf meine Eltern, die uns Fleisch oft untergejubelt haben und uns nicht gesagt haben, was da in der Wurst ist etc.. Eigentlich waren wir nämlich als Kinder da sehr sensibel, weil wir selbst auch Hasen hatten. Das möchte ich bei meiner Tochter anders machen.“ Das ist jetzt nur ein Ausschnitt aus ihrer Geschichte, wie sie vegan wurde. Diese Geschichten habe ich im einfach veganen Podcast vorgelesen. Also wenn du möchtest, hör doch da gerne einmal rein.

Und genauso wie Scham normal ist, ist auch diese Wut unseren Eltern gegenüber, dass sie uns nicht gezeigt haben, uns nicht gesagt haben, worum es eigentlich geht, für mich eine ganz normale Emotion auf dem Weg hin in unser veganes Leben. Also eine Übergangsemotion quasi. Es ist auch ein ganz normales Empfinden und völlig in Ordnung.

Vorweg möchte ich noch sagen: Die meisten Eltern werden aus Sorge um uns gehandelt haben und sind durch die vorherrschenden Meinungen in unserer Gesellschaft, was ich ja auch durch die Milchforschung klar belegen konnte, einfach ganz stark geprägt worden, dass es ganz wichtig ist, Milchprodukte und auch Fleisch zu sich zu nehmen und das vor allem bei Kindern sonst gesundheitliche Schäden entstehen können. Und das heißt, ihre Sorge hat sie wahrscheinlich dazu getrieben, Fleisch „unterzujubeln“ und ihr Selbstverständnis, ihr gesellschaftliches Selbstverständnis hat sie wahrscheinlich dazu gebracht, auch nicht zu erklären, wo das Fleisch denn herkommt, was da in der Wurst ist. Denn der Karnismus ist ja ganz, ganz fest in unserer Gesellschaft verankert.

Jetzt weiß ich natürlich in der einzelnen Situation nicht, wie die Eltern sind. Ich gehe jetzt erst mal verallgemeinernd davon aus, dass die meisten Eltern ihren Kindern nur Gutes wollen, das Beste fürs Kind und dass sie gerade in Bezug auf ihre Kinder sensibler sind, was diese ganzen Gesundheitsargumente angeht. Und unsere Eltern sind ja die Nachkriegsgeneration, in den meisten Fällen Kriegsenkel, teilweise Kriegskinder, je nachdem, wie alt wir jetzt sind. Und all das, was vom Krieg halt an uns weitergegeben wurde, wird ja durch diese Generationen weitergeschleppt. Und die Eltern unserer Eltern haben ja noch viel mehr vom Krieg mitbekommen und auch die Nachkriegszeit vor allem mit den Entbehrungen und diesem Wunsch: „Ich will da jetzt raus, ich möchte gerne ein schönes Leben führen.“ Und zum schönen Leben gehört eben der Wohlstand dazu. Ausreichend essen, täglich Fleisch und Urlaub machen und all diese Dinge, dass man rauskommt und sich was gönnt.

Und genau dieses „Ich habe mir das erarbeitet. Ich will mir das gönnen.“ Dazu gehört eben auch die Ernährung. Und dann wird es auch nicht mehr in Frage gestellt, wie das denn jetzt produziert wird und wo das herkommt. Ich will das einfach nur nicht mehr hergeben. Und die gesundheitlichen Argumente? Gerade bei der Milch - beim Fleisch habe ich das ja nicht so verfolgt, aber es wird ähnlich sein - ist schon vor 100, ja 120 Jahren stark propagiert worden, dass es ganz wichtig ist für die Gesundheit, all diese tierlichen Produkte und das Fleisch und den Fisch zu essen und zu sich zu nehmen und dass nur so die Gesundheit gestärkt werden kann. Und das ist natürlich ganz, ganz stark indoktriniert worden in unsere Eltern, über ihre Eltern und deren Eltern. Und deswegen haben sie das nicht mehr in Frage gestellt.

Dann kommt es natürlich ganz stark darauf an, wie rebellisch deine Eltern so sind, denn je nachdem, wenn sie stark in ihr soziales Umfeld integriert sind und nicht diese Veranlagung haben, für sich selbst einzustehen, dann ist es für sie auch schwerer, sich gerade zu machen und zu sagen okay, ich stell das jetzt in Frage und ich gucke mir diese Missstände an und ich lass mich auch von meinen Kindern da irgendwie inspirieren. Und dann ist es meistens einfacher, alles beim Alten zu lassen, vor allem, wenn ich einfach diese Werte noch nicht so spüre.

Und um jetzt nochmal auf die Wut zurückzukommen. Ich denke, diese Wut ist auch eine ganz normale Emotion, die wir spüren, wenn wir denken: Warum hast du das nicht gesehen? Warum hast du mir das vorenthalten? Und um der Wut ein wenig diesen Stachel zu nehmen - Wut kann sehr reinigend sein. Es ist nur auch da wieder wichtig, nicht auszuagieren, sondern diese Wut zu erforschen und zu beobachten - Deine Eltern werden das nicht aus Boshaftigkeit getan haben, sondern wirklich aus diesem Wunsch heraus, dir etwas Gutes zu tun und dich gesund zu ernähren. Und genau wie mit der Scham, ist es auch bei der Wut tatsächlich wichtig damit abzuschließen. Das anzuerkennen, es dasein zu lassen, es dann auch wieder gehen zu lassen. Es hat eine Daseinsberechtigung sowie alle Gefühle. Und es ist gut und reinigend, wütend zu sein. Und doch wird es dich wahrscheinlich eher blockieren.

Ajahn Brahm hat da in seiner Geschichtensammlung „Die Kuh, die weinte“ auch eine Geschichte zu, die ungefähr so geht, dass er es sich überlegt, wenn er wütend ist, dass er so quasi ein Gericht in seinem Kopf abhält. Und normal ist es dann so, dass wir nur der Richter sind und es für den Angeklagten keine Verteidigung gibt und dass wir Richter und Anwalt unserer selbst in einem sind und dann ganz viele Punkte anführen, die den Angeklagten für schuldig erklären. Und er hat dann sich überlegt, dass er vielleicht dann doch noch mal den Verteidiger zu Wort kommen lässt und hat sich Möglichkeiten zur Verteidigung überlegt und dadurch ist seine Wut dann verraucht. Und vielleicht kannst du das auch mal machen, dass du dir überlegst, warum könnten deine Eltern so gehandelt haben? Einige Gründe habe ich ja schon angeführt, aber weil ich ja deine Eltern nicht kenne, kann ich nicht wissen, ob sie stimmen. Und vielleicht hast du da Ideen. Und wenn du das alles vor dir ausbreitest, dann kann es gut sein, dass deine Wut verraucht.

Und du schreibst auch selber, Du wirst es jetzt bei deiner Tochter anders machen und das wird dir auch die Kraft geben, deine Wünsche und deine Werte deinen Eltern gegenüber durchzusetzen und dafür einzustehen und zu sagen: So ist es und ich möchte, dass das bei meiner Tochter so gehandhabt wird. Wenn es nicht zu aggressiv ist, habe ich die Erfahrung gemacht, dass es auch gut ankommt. Also mit meinen Schwiegereltern habe ich das genauso gemacht, dass ich gesagt habe so und so, das sind meine Wünsche und bitte akzeptiert sie. Wenn ihr sie nicht akzeptieren könnt, dann kommt das Kind halt nicht zu Besuch. Und da sie gerne das Kind zu Besuch haben wollten, haben sie es akzeptiert und mittlerweile ist es auch alles total entspannt. Es ist nur wichtig, sich da einmal hinzusetzen und zu sagen okay, so, das sind meine Werte und ich will, dass ihr die respektiert. Und das waren jetzt meine Schwiegereltern. Deine Eltern sollten dir noch näher stehen und diese Werte respektieren. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das nicht immer so ist und vielleicht hast du da andere Möglichkeiten. Probier es gerne mal aus und wenn du magst, berichte auch gerne, wie es war für dich.

Und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

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Hinweis zum Von Herzen Vegan Clan

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