Folge 070 - Veganismus ist die Lösung

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Folge 070 - Veganismus ist die Lösung

In dieser Folge berichte ich Dir ein wenig von den mentalen Prozessen, die ich seit meinem Entschluss vegan zu leben durchlaufen habe.

Im Von Herzen Vegan Clan sprechen wir gerade über das Thema "Veganismus als Religion" und ich merke, wie sich langsam einige Puzzlestücke bei mir zusammenfügen und sich das Potenzial des Veganismus vor mir entfaltet.

Ich bin der Meinung, wir müssen weg von diesem Klein-Klein der selbstauferlegten veganen Norm eines fitnessbewussten, schlanken, eloquenten Menschen und der Reduzierung auf Ernährung-Gesundheit-Lifestyle.

Unser Weg sollte uns zu viel größeren, die Gesellschaft betreffenderen Gedanken führen - denn nur der Veganismus hat das Potenzial wirklich alle Lebewesen und damit auch Individuen in ihren verschiedenen Bedürfnissen zu berücksichtigen.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen.

Ich bin Stefanie und ich habe länger darüber nachgedacht, worüber ich in dieser Folge sprechen möchte. Angeregt durch das Thema, das wir gerade im Von Herzen Vegan Klan diskutieren, nämlich Veganismus als Religion, bin ich in einer Art emanzipatorischen Prozess geraten, der sich in mir schon etwas länger vollzieht. Und ich dachte, ich berichte dir einfach in dieser Folge davon. Und auch rückblickend darauf, wie sich jetzt in den letzten fünf Jahren, die ich jetzt vegan lebe, mein Vegansein gewandelt hat. Einfach um dir auch zu zeigen, dass Vegansein, Veganerin oder Veganer sein, bzw. vegan Leben ein Prozess ist. Dass sich das entwickeln kann und dass du Schritt für Schritt Neues erforscht.

Als ich vor fünf Jahren die ersten Schritte in mein veganes Leben gemacht habe, da ging es eigentlich zunächst nur um Essen. Also darum zu schauen, okay, vorher habe ich vegetarisch gelebt, jetzt will ich vegan leben. Wie ersetze ich jetzt Milch und Eier? Und wie kann ich denn jetzt dann auch vegan backen?

Das Kochen fand ich nicht so kompliziert. Das Backen war für mich die erste Hürde und es ging tatsächlich nur um Essen. Kleidung und andere Aspekte des Lebens sind dann erst später dazu gekommen, dass ich auch diese Bereiche dann in Frage gestellt habe und mich da dann informiert habe und Alternativen gefunden habe. Aber auch das waren alles Aspekte, die einfach nach und nach dazugekommen sind und die ich für mich abgehakt habe, quasi.

Das war jetzt nichts, was ich jetzt mein Leben lang erforschen müsste, sondern mir war nach einiger Zeit klar, wie ich denn jetzt vegan backen kann und vegan kochen. Und ich probiere immer noch gerne neue Rezepte aus. Aber ich habe einfach so ein paar Standards, die jetzt in meinem Leben integriert sind. Und mittlerweile habe ich tatsächlich auch durch das vegane Leben gelernt, frei zu kochen.

Vorher habe ich nur nach Rezept gekocht und mittlerweile kann ich tatsächlich auch schon einfach Gerichte so frei nach Gusto zusammenstellen, wie es mir gerade gefällt. Und es schmeckt dann auch noch. Das heißt, auch da habe ich eine Entwicklung hingelegt. Aber das ist wirklich ein Aspekt, der einfach so die Basis, wie ernähre ich mich denn jetzt tierleidfrei berücksichtigt. Und damals, als ich also angefangen habe vegan zu leben, habe ich noch nicht darüber nachgedacht, was für Dimensionen das veganen Leben eigentlich annimmt und was da alles hintersteckt. Was für Werte damit verknüpft sind.

Und wenn ich jetzt hier vom veganen Leben spreche, ist das ethisch motiviertes vegane Leben. Denn Menschen, die rein gesundheitlich orientiert vegan leben und, sagen wir mal, einfach nur, wo es nur um Ernährung geht tatsächlich und alles andere uninteressant ist, für die wird sich das jetzt nicht stimmig anhören, was ich erzähle.

Wenn du ethisch motiviert bist, wovon ich ausgehe, wenn du diesen Podcast hörst, dann kann es sein, dass du diese Schritte, die ich dir jetzt erzähle, ebenfalls in deinem Leben nachempfinden kannst und vielleicht schon gemacht hast oder sie vielleicht noch vor dir liegen.

Wie gesagt, zunächst kam bei mir die Ernährung und dann, als ich da sicherer geworden bin, kam noch die Nachhaltigkeit dazu. Wie stehe ich im Zusammenhang mit der Umwelt? Was kann ich da besser machen? Wie kann ich nachhaltiger leben? Und das habe ich ja alles mit Carsten zusammen im Einfach Vegan Podcast dokumentiert. Wie wir da vorgegangen sind und was sich da alles entwickelt hat.

Hier in dieser Folge möchte ich jetzt auf die mentale Entwicklung eingehen, die ich in dieser Zeit durchlaufen bin. Natürlich bin ich noch an keinem Endpunkt angekommen. Ich bin immer noch mittendrin und ich denke auch, ich werde niemals an einem Endpunkt ankommen, an dem ich dann erleuchtet bin, oder irgendwie in diese Richtung. Sondern ich gehe im Moment einfach von meinem jetzigen Wissensstand davon aus, dass ich immer weiter, immer tiefer forschen werde und da hingegen dann mein Handeln auch dementsprechend anpassen werde.

Jetzt im Moment befinde ich mich einfach an so einem Punkt, wo ich das Gefühl habe, eine Art Entwicklungsstufe zu erklimmen, die mich noch einmal ein ganzes Stück weiter wegführt von dieser Definition, vegan ist Ernährung.

Ich bin in der Vergangenheit vielen Menschen begegnet, die gesagt haben, sie labeln sich nicht mehr als vegan, weil sie nicht in diese Schublade gesteckt werden wollen. Dann wiederum bin ich einigen begegnet, die gesagt haben, Veganer·innen halten sich für etwas Besseres, einfach weil sie vegan leben.

Ich bin Veganer·innen begegnet, die gesagt haben, dass Veganer·innen, die nicht in einer gewissen Norm entsprechen, sich nicht öffentlich als Veganer·innen outen sollten und nicht für den Veganismus eintreten sollten, weil sie sonst dem Veganismus schaden. Und diese Norm ist eben eine gesundheitliche Norm, ein Schlankheitsideal, entsprechend sportlich fit und möglichst redegewandt. Das ist die Norm.

Dann bin ich wieder Veganer·innen begegnet, die sich stark abgrenzen gegen „Esogeschwurbel“ und das führt mich jetzt auch so ein bisschen zu dem Thema „Veganismus als Religion“, dass ja auch in diese Richtung geht, womit ich jetzt nicht sagen will, Religion ist „Esogeschwurbel“, sondern meinen Gedanken weiterführt, was ist denn jetzt überhaupt „Esogeschwurbel“? Also was verstehen wir denn darunter und was stößt uns denn da so ab? Was ist das denn, womit diese Veganer·innen nicht in Beziehung gesetzt werden wollen?

Und bei all diesen Begegnungen, die ich eben in den vergangenen Jahren hatte, habe ich mittlerweile immer stärker das Gefühl, dass Veganismus und vegan Leben, ethischer Veganismus eigentlich viel größer ist als diese Diskussionen um eine Schlankheitsfitnessnorm, um einen Ernährungstrend, um „Esogeschwurbel“, um all diese Worte, die da immer wieder genannt werden. Und dass es eigentlich etwas ist, was uns alle angeht. Dass es ein Wertesystem ist, was wirklich grundlegend ist für unser Miteinander auf dem ganzen Planeten.

Und gerade jetzt im Hinblick auf das Urteil, was in Großbritannien gefällt wurde. Dass Veganismus als Weltanschauung anerkannt wurde in Großbritannien, ist genau das, was wiederum natürlich Diskussionen ausgelöst hat, aber eine Grundlage bietet, wenn wir aufhören, uns so mit diesem Klein-Klein zu beschäftigen, darüber nachzudenken, was Veganismus für die Gesellschaft bedeuten kann. Und da stehe ich im Moment auch. Am Anfang der Diskussion habe ich auch überlegt, okay, Veganismus als Religion, religiös, das ist ja dann auch wieder was, das irgendwie nicht passt.

Und mittlerweile habe ich dazu dank eines Clanmitglieds -Danke Mareike - ein Video angeschaut, das schon 2017 von Peta veröffentlicht wurde, wo dafür plädiert wurde aus rechtlicher Sicht Veganismus als Weltanschauung zu schützen. Und dieses Video habe ich mir jetzt zweimal angeschaut und verstehe mittlerweile, warum das wichtig ist. Und da geht es auch wieder um ethisch motivierten Veganismus, nicht darum eine pflanzliche Kost zu schützen, was ja nur ein winziger Bruchteil ist, das veganen Lebens, sondern darum die Menschen, Veganer·innen, die aus ethischen Gründen vegan Leben zu schützen, vor Diskriminierung im Alltag und vor allem ihnen auch Rechte einzuräumen, in öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Schulen, Mensen oder auch Kantinen, so dass wir ein Recht darauf haben, dort eine vegane Speise zu bekommen.

Aber das ist eben nur der eine Aspekt, was passieren könnte, wenn Veganismus als Weltanschauung geschützt würde und anerkannt würde. Denn Veganismus hat so viel Potenzial, wir gehen schließlich von einem friedvollen Miteinander mit allen Lebewesen auf diesem Planeten aus, auf dieser Erde. Und das schließt für mich das Miteinander mit jedem Menschen, so wie er oder sie ist, ein, egal welche Hautfarbe, egal welche sexuelle Orientierung, egal welche körperlichen Einschränkungen ein Mensch hat, egal woher er oder sie stammt und dann eben auch egal welcher Spezies er oder sie angehört. Ein friedvolles Miteinander, eine Gleichberechtigung zwischen all diesen Lebewesen auf dieser Erde.

Und das führt dann automatisch dazu, dass wir nachhaltig handeln, dass unser Handeln dann gut für die Umwelt wird, dass es gut für die Menschen wird, die hier leben, aber eben auch gut für alle anderen Lebewesen auf der Erde und dass wir ein Miteinander entwickeln, das nicht auf Gewalt aufbaut, sondern auf Frieden.

Meine Gedanken sind da im Moment auch noch sehr im Prozess. Ich bin gespannt, wir stehen jetzt erst am Beginn des Monats und wie wir dann noch weiter diskutieren werden und es wird dazu auch dann noch eine zusammenfassende Folge geben des Monatthemas geben. Und ich habe jetzt schon sehr viel gelernt.

Ich höre parallel auch noch den „Planet B“ - Podcast und habe da jetzt gerade eine Folge zu „Sprache und Sein“ gehört und fand es total interessant, dass unsere Sprache uns automatisch in „Benannte“ und „Nicht Benannte“ einteilt. „Nicht Benannte“ sind quasi alle, die dieser Norm entsprechen, die hier z.B. in Deutschland oder im deutschsprachigen Raum existiert, die nicht aus dieser Norm herausfallen. Und wir als Veganer·innen sind „Benannte“ einfach dadurch, dass wir Veganer·innen sind und weil wir aus der Norm herausfallen und das haben wir gemeinsam mit allen anderen, die aus der Norm herausfallen, seien es Geflüchtete, seien es Homosexuelle, seien es Menschen einfach mit anderer Hautfarbe, Menschen mit Kopftuch, oder, oder, oder, alle, die nicht der Norm entsprechen, sind damit „Benannte“ und werden, wie Kübra Gümüşay das in der Podcast Folge gesagt hat, in Käfige gesteckt. Sie hat das als das „Museum der Sprache“ beschrieben.

Und in diesem Museum gibt es eben die „Unbenannten“, die da einfach durchlaufen und sich das angucken. Und die „Benannten“ sind quasi die Ausstellungsstücke und die sind da dann in Käfigen ausgestellt, weil die „Benannten“ nur als ihr Kollektiv wahrgenommen werden. Du siehst nicht mehr das Individuum, sondern du siehst nur noch den Veganer oder die Veganerin.

Und genau das passiert ja, genau das passiert uns täglich, wenn wir uns outen. Wenn wir automatisch in diesen Käfig, in das Kollektiv geschoben und dann nur noch als der Veganer·in wahrgenommen und auch so befragt werden. Also immer und immer wieder mit diesen immer und immer wieder gleichen Fragen konfrontiert oder Vorurteilen oder Spötteleien, und wir werden nicht als Individuum gesehen, als Mensch, der oder die bestimmte Vorlieben, Interessen, Erfahrungen in seinem oder ihrem Leben hat, sondern als Teil dieses Kollektivs oder als Vertreter·in des Kollektivs Veganer·innen.

Und das ist es tatsächlich, was uns so einschränkt, was uns auch teilweise so müde macht, was mich auf jeden Fall so müde macht, wenn ich immer und immer wieder dahin gedrängt werde und immer und immer wieder die gleichen Fragen beantworten muss. Und das ist es wahrscheinlich auch, was Menschen dazu bewegt, sich nicht als Vegan zu outen. Wir sind einfach auf Gemeinschaft angewiesen, wir sind soziale Wesen, wir brauchen andere Menschen und dadurch, dass wir uns als Vegan outen, werden wir automatisch dann aus dieser Normgesellschaft rausgedrückt, in diesen Käfig der Sprache als „Benannte“, als Veganer·innen und dadurch müssen wir uns gleich wieder rechtfertigen. Und das ist wahrscheinlich auch das, weswegen einige Veganer·innen sagen: okay, ich grenz mich ab, ich bin hier unterwegs ohne „Esogeschwurbel“ - immer noch dahingestellt, was jetzt „Esogeschwurbel“ genau bedeutet - weil sie das Gefühl haben, dass sie das irgendwie negativ belasten könnte und sie unter diesem diffusen Begriff „Esogeschwurbel“ verstehen, dass es irgendwie sich negativ auf den Veganismus auswirken könnte, wenn sie damit in Zusammenhang gebracht würden.

Und der Versuch wirklich innerhalb des Käfigs sich nochmal irgendwie abzugrenzen, zeigt ja dann auch wieder, wie wir irgendwie versuchen, uns dann als Vertreter·innen dieses Käfigs, dieses Kollektivs dann auch zu zeigen. Und als Veganer·innen sind wir ganz klar eine Minderheit in dieser Gesellschaft und müssten deswegen eigentlich auch unter Minderheitenschutz stehen. Aber dadurch, dass die Gesellschaft Vegan und Veganismus als Ernährungsform oder Ernährungstrend wahrnimmt, ist das Verständnis dafür, dass Veganer·innen eine schützenswerte Minderheit sind, noch nicht gegeben.

In meiner Wahrnehmung des Veganismus und der veganen Szene hier zumindest auch in Hamburg und der veganen Szene so in den sozialen Medien der deutschen, deutschsprachigen veganen Szene, wobei, ich würde sagen der deutschen veganen Szene, weil ich Österreich und Schweiz zwar bei Podcaster·innen kenne, aber sonst nicht viel von der Szene mitbekomme. Also sagen wir in der deutschen, veganen Szene, Medienlandschaft so, ist mein Gefühl, dass da viel versucht wird, über diesen fitnessernährungsorientierten Lifestyle zu gehen. Und genau das befeuert ja dann die Wahrnehmung, dass Veganismus eigentlich nur Ernährung ist. Und ich nehme das auch persönlich immer wieder wahr, wenn ich mit anderen Menschen darüber spreche.

Zum Beispiel hatte ich einer Bekannten von meiner „Gelassen Vegan durch die Weihnachtszeit-Challenge“ erzählt und sie gefragt, ob das für ihren Bekanntenkreis nicht interessant wäre. Und sie meinte, nein, sie wollte das nicht teilen, weil sie in ihrem Bekanntenkreis, ihren Bekannten die Entscheidung selbst überlassen wollte, wie sie sich denn jetzt ernähren wollen würden. Und ich habe dann gedacht, na ja gut, irgendwie hat sie das nicht verstanden, dass es in der Challenge erstmal überhaupt nicht um Ernährung geht. Und zum anderen, dass vegan leben, zwar auch etwas mit Ernährung zu tun hat, aber eben nicht nur Ernährung bedeutet. Ernährung ist halt ein Baustein von vielen und einfach nur die konsequente Umsetzung der Achtung von Tierrechten.

Oder auch sonst, wenn ich sage, mein Thema ist Veganismus, dass ich dann in die Rubrik Ernährung einfach gesteckt werde. Und darum geht es halt überhaupt nicht. Mein Thema ist vielleicht eher Gesellschaft und Politik und Soziales und so, aber nicht wirklich Ernährung. Und das ist aber eben noch so häufig die Wahrnehmung von anderen Menschen, von unserem Umfeld, dass das wirklich ein Ernährungstrend ist, so wie Paleo oder Low Carb oder High Carb oder was auch immer für ein Carb oder die neuste Brigitte-Diät oder was auch immer.

Und das hat mich damals schon irgendwie irritiert, als ich Vegetarierin war und eine Kollegin, die auch Vegetarierin war, zu mir gesagt hat: „Ja übrigens, du kannst jetzt auch wieder Hühnchen essen, das ist ja doch nicht so fett wie gedacht, also davon nimmst du dann auch nicht zu.“ Und dann habe ich sie sehr verständnislos angeguckt: „Warum soll ich denn jetzt Hühnchen essen?“ Und dann war sie so: „Ach ja, stimmt, du machst das ja aus anderen Gründen.“ Und sie war halt nur Vegetarierin, weil sie abnehmen wollte. Für mich ist meine Entscheidung, vegetarisch oder vegan zu leben, immer ethisch motiviert gewesen. Und das Gesundheitliche stand nie im Vordergrund.

Natürlich gehört das Gesundheitliche irgendwie mit dazu, weil es ja auch nicht sinnvoll ist, wenn wir krank werden. Aber es ist nicht mein Warum, das hinter dem Veganismus steht. Und deswegen reift in mir immer mehr diese Überzeugung, dass wir wegkommen sollten von dieser Gleichung Veganismus als Ernährungsform, als Schlankheitsideal, als Norm für Fitness. Ich habe da einfach das Gefühl, dass wir da irgendwo auf einer Ebene kämpfen, die zu klein gedacht ist, dass wir unser Denken da öffnen sollten und gesellschaftlich, philosophisch vielleicht auch, aber wirklich als Gesellschaftssystem, als Gemeinschaft, als großes Ganzes denken sollten.

Und ich finde Veganismus ist da wirklich vielen voraus. Denn was ich immer wieder mitbekomme bei all diesen Bewegungen, bei der Transitionbewegung und bei den verschiedensten Gedanken von den verschiedensten Menschen, die alle aus diesem Normbereich herausfallen und nicht mitgemeint sind in unserer Sprache, dass sie das Mensch-Tier-Verhältnis doch vergessen oder nicht daran denken. Und das ist wahrscheinlich genau das, was Melanie Joy mit Karnismus meint, dass das unser unsichtbares Glaubenssystem ist, das wirklich der gesamten Gesellschaft zugrunde liegt und weswegen es bisher noch nicht abgestreift wurde.

Und ich denke, der Veganismus hat einfach die Chance, hier zu sagen, okay, es geht nicht nur um Menschen in ihrer gesamten Individualität, sondern es geht wirklich um alle Lebewesen und um unser gesamtes Ökosystem. Auch um das Zusammenwirken von allen miteinander und dass alle auf dem ganzen Planeten global betrachtet, alle Lebewesen, das gesamte Ökosystem ein gutes Leben führen kann, dass sie alle gut miteinander auskommen können. Und es ist möglich, es ist wirklich möglich. Es ist alles schon da. Wir müssen es nur anders zusammenstecken. Und ich denke, der Veganismus ist eine Superbasis, um wirklich alles zu berücksichtigen. Dafür müssen wir als Veganer·innen aber loslassen. Loslassen, diese Idee, dass es wichtig ist, so eine vegane Norm zu etablieren, dass auch hier, dass wir quasi im Kleinen, in dem Kollektiv Veganismus noch einmal festlegen, wer benannt und wer unbenannt ist. Also, dass es da drin nochmal so einen kleinen Mikrokosmos gibt von „Benannten“ und „Unbenannten“. Und wir da dann nochmal sagen, okay, du entsprichst der veganen Norm nur, wenn du so und so aussiehst und so und so fit bist und das und das isst und so und so eloquent bist. Aber wenn du das nicht bist, dann bist du esoterisch, dann bist du adipös, dann bist du was auch immer. Also, denk dir was aus.

Wir übernehmen dadurch ja einfach nur dieses System, was in der Gesellschaft generell schon existiert und schließen dadurch ja nicht alle ein, sondern ganz viele wieder aus. Und es geht doch wirklich darum, dass wir eine große Gemeinschaft bilden und dass wir es gemeinsam schaffen, unsere Lebensgrundlage zu retten. Und der Veganismus wäre dafür wirklich eine super Grundlage, wenn wir es schaffen, aus diesem Klein-Klein zu steigen und größer zu denken.

Und genau da stehe ich im Moment, dass ich denke, es muss doch möglich sein, dass ich darüber nachdenke, wie das möglich sein kann, dass wir den Veganismus als Basis nehmen für eine neue Gesellschaftsform, die wirklich alle Lebewesen berücksichtigt und sich die Erhaltung unserer Lebensgrundlage als Ziel setzt. Für mich war das schon eine ganze Weile klar, dass Nachhaltigkeit ohne Veganismus nicht funktionieren kann. Also nicht alles, was vegan ist, ist nachhaltig, aber alles, was nachhaltig ist, sollte auch vegan sein.

Und ich bin jetzt ganz gespannt darauf, wie sich das Thema im Clan weiterentwickelt, was wir da noch diskutieren werden und wie sich der Prozess dann an meinem Gehirn weiterentwickeln kann. Und ich bin wirklich sehr gespannt, wie sich das alles noch weiterentwickeln wird und ob wir es schaffen werden, da wirklich rauszukommen aus diesem Klein-Klein und diesen Kämpfen zwischen Veganer·innen und das ganze größer denken können, denn so viel Zeit bleibt uns ja gar nicht mehr, um unsere Welt, um unsere Lebensgrundlage zu retten. Und da wäre es doch super, wenn wir uns mit allen anderen zusammen tun würden, die ebenfalls die Welt retten wollen und dann einen gemeinschaftlichen Gesellschaftsentwurf wagen würden.

Carsten und ich machen das ja jetzt schon im Einfach Vegan Podcast für uns mit dir zusammen, wenn du das möchtest und überlegen uns, wie ein neues Wohlstandsmodell aussehen kann.

Soweit erst mal zu meinem mentalen Prozess. Und wenn du Fragen hast oder Anregungen, dann bist du immer herzlich eingeladen, mir auch eine E-Mail zu schreiben an post [at] vonherzenvegan [punkt] de. Und ich möchte mich an dieser Stelle auch nochmal bei allen Steady-Unterstützer·innen bedanken, die mich monatlich finanziell unterstützen. Ihr seid wirklich klasse. Danke schön.

Ja und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Planet B | Sprache und Sein – Kübra Gümüsay
https://viertausendhertz.de/plb06/

Gerichtsurteil: Veganismus als Weltanschauung in Großbritannien
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-01/grossbritannien-veganismus-philosophische-glaubensrichtung-ernaehrung-vegan

Video: Vegan - Ernährungsform oder Weltanschauung?
https://www.youtube.com/watch?v=9ranVDIizus&feature=youtu.be

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