Wie kann ich für meine Werte einstehen?

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Folge 071 - Wie kann ich für meine Werte einstehen?

In der letzten Folge habe ich über die große Vision einer veganen Gesellschaft gesprochen- leider ist das noch Zukunftsmusik.

Wenn ich erkannt habe, dass Veganismus für mich mehr ist als nur Ernährung, dann bin ich in der gegenwärtigen, nicht-veganen Gesellschaft weiterhin Teil einer Minderheit.

Ich stehe Tag für Tag vor Herausforderungen, die ich mit meinen Werten abgleichen muss, z.B. wie es ein Clanmitglied formuliert:

"Soll/darf ich Kompromisse schließen um des Friedens willen und weil sich meine Familie so schon schwer tun oder muss ich hart bleiben um meine eigenen Werte und Überzeugungen (meine Weltanschauung) nicht zu verraten?"

In dieser Folge erzähle ich Dir, wie ich vorgehe.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und diese Folge ist quasi eine Fortsetzung der vorangegangenen Folge. In der vorangegangenen Folge habe ich darüber gesprochen, wie eine Gesellschaft aussehen könnte, wenn Veganismus die Basis dafür ist.

Und das ist eine Zukunftsvision, die ich gemeinsam mit meinem Mann Carsten im Einfach Vegan Podcast ausarbeite, im Laufe des Jahres und ich habe darüber gesprochen, was es bedeuten könnte für eine Gesellschaft, wenn Veganismus als Weltanschauung anerkannt würde und wenn das die Grundlage wäre für unsere Gesellschaft. Nun leben wir ja momentan noch nicht in so einer Gesellschaft und sind als Veganer·innen eine oft eine verspottete Minderheit. Eine Minderheit, die oft auf ihre Ernährung reduziert wird und jedoch im Alltag vor den verschiedensten Herausforderungen steht. Solange wir also noch nicht in einer Welt leben, in der Veganismus die Norm ist, das Normale, ist ist es wichtig, dass wir Schutzmechanismen entwickeln, damit wir als Individuen nicht unter die Räder kommen.

Ein Clanmiglied hatte als Antwort auf die vergangene Podcastfolge Nummer 70 geschrieben: „Da kommen dann auch wieder Gedanken und Sorgen hoch, wie ich meiner Familie damit begegnen sollte, die dem Thema sehr kritisch gegenübersteht. Darf ich Kompromisse schließen, um des Friedens willen und weil sie sich so schwer tun oder muss ich hart bleiben, um meine eigenen Werte und Überzeugungen (meine Weltanschauung) nicht zu verraten?“

Und das ist definitiv die Kernherausforderung, vor der jede·r ethisch motivierte Veganer·in steht, denn so bald du erkennst, dass Veganismus mehr als Ernährung ist und dass das ein Wertesystem ist, nach dem du dich richtest und du diese Werte in dir freigelegt hast, quasi eine Ausgrabung gemacht hast und dich vom Karnismus auch befreit hast von diesem Glaubenssystem, dann stehst du vor diesem Problem, wie du deine Werte schützen kannst und wie du sie verteidigen kannst gegenüber der Umwelt und da gibt es einfach keine Patentlösung.

Es gibt nicht die eine Antwort auf diese Frage, auf diese Herausforderung. Die Herausforderung hat viele Facetten, du kennst es aus deinem Alltag, es ist ganz individuell, wie du sie löst. Mir hilft da sehr der spielerische Ansatz, den ich in den vergangenen Jahren entwickelt habe und auch eine etwas lockerere Herangehensweise, um einfach auszuprobieren, welcher Weg da für mich der Beste ist und es kann in jeder Situation ein anderer Weg sein.

Jetzt speziell auf diese Herausforderung mit der Familie, die das Clanmitglied angesprochen hatte, stellt sich mir da als erstes die Frage, wie das Verhältnis dann zur Familie ist, ob das wichtig ist, das Verhältnis zu erhalten oder ob es wichtig ist, sich zu distanzieren.

Und das kannst du alles herausfinden, indem du Geschichten erzählst, indem du deine eigene Geschichte erzählst, indem du dich hinsetzt und Szenarien entwirfst. Wie könnte ein Szenario aussehen, wenn du überlegst, okay ich konfrontiere dich jetzt damit, ich mache das so und wie würdest du dich verhalten in der Situation, was würdest du sagen und was denkst du, wie würde deine Familie, die Bekannten / Verwandten auf dich reagieren, was würde dann passieren. Am besten ist es, wenn du das so detailliert wie möglich aufschreibst und auch immer zu überlegen, was fühle ich, was ist wichtig für mich.

Am Ende läuft es für mich immer darauf hinaus, ob ich mich noch im Spiegel anschauen kann, ob ich ein gutes Gefühl dabei habe, ob ich mir selbst noch in die Augen schauen kann, bei dem was ich tue und wie ich handle. Das hängt ganz stark mit deinem Selbstverständnis zusammen, mit deinen Werten und was dir wichtig ist, was dir wirklich, wirklich wichtig ist und wo du keine Kompromisse eingehen möchtest. Meistens merkst du es dann auch erst nachher, wenn du deine eigenen Werte verraten hast und dann die Gedanken kreisen und du dich schlecht fühlst und du denkst nein, das war nicht richtig, das hätte ich nicht tun sollen und das nächste mal mache ich es anders.

Und genau das ist der Punkt, es dann beim nächsten Mal anders zu machen. Dass du dir überlegst, wie könntest du beim nächsten Mal besser für deine Werte einstehen? Denn in erster Linie geht es darum, dich selbst zu schützen und deine Werte zu schützen und einen Schutzmantel um dich herum zu ziehen und dann zu schauen, wie du in Beziehung zu den Menschen um dich herum reagieren kannst. Gerade bei der Familie ist es natürlich schwierig, denn da sind Spannungen vorhanden, die aus eventuellen Konflikten noch aus der Kindheit herrühren und das ist einfach ein ganz anderes Verhältnis als zu Freund·innen. Familie kannst du dir nicht aussuchen, deine Freund·innen schon.

Dementsprechend ist es halt tatsächlich manchmal sehr schwierig da einen Weg zu finden. Ein wichtiger Bestandteil bei dem Konzept, was ich in den letzten Jahren ausgearbeitet habe und was ich in mein Buch gegossen habe, ist die geheime Identität. Das ist ein sehr spielerischer Bestandteil dieses Konzepts, ist aber etwas, was mir immer hilft. Du kannst es Dir vorstellen, wie ein Avatar aus einem Videospiel und du kannst diesen Avatar gestalten, wie du es für richtig hältst und bei Bedarf schlüpfst du in die Rolle dieses Avatars und schlüpfst wieder heraus. Diese geheime Identität hat ganz viel mit deinen Stärken zu tun, mit Menschen, ob fiktiv oder nicht, die du bewunderst und ganz viel mit Fantasie.

Es hat nichts mit diesem Fake-It-Till-You-Make-It Gedanken zu tun, dass du dadurch zu jemand anderen wirst, weil du so tust, als wärst du jemand anders, darum geht es nicht, sondern es geht wirklich darum, deine Stärken auszuleben in diesen Moment. Und du kannst diese geheime Identität, deswegen ist es ja auch eine Geheimen Identität, sowie Superman oder Spiderman oder Catwoman oder wer auch immer, einfach an- und ablegen, so wie es gerade passt. In manchen Momenten in deinem veganen Alltag brauchst du Superkräfte, um dich gegen diese Herausforderungen zu wappnen.

Und mir hilft meine geheime Identität auch immer dann, wenn ich im Zweifel bin, wie ich mich entscheiden soll, entsprechend meiner Werte. Und dann denke ich darüber nach, was würde meine geheime Identität tun, die auf einer Fantasie-Figur basiert aus einem meiner Lieblingsbücher. Und wenn ich mich in die Rolle hineindenke und überlege, okay, wie würde sie sich entscheiden, dann fällt es mir leichter, mich selbst zu entscheiden, den Weg zu gehen, der meinen Werten entspricht.

Die Frage des Clanmitglieds war ja auch: darf ich Kompromisse eingehen oder muss ich hart bleiben? Das impliziert für mich immer so ein von außen, dass jemand mir sagt, was ich zu tun habe. Ich beantworte solche Fragen aber immer aus mir selbst heraus im Abgleich mit meinen Werten. Und was sagen meine Werte mir? Was darf ich tun? Was verbietet sich mir zu tun? Und wie kann ich dafür einstehen? Und wie gesagt, das ist ganz individuell für dich herauszufinden, was ist dein Punkt, an dem du sagst, okay, da kann ich ein Kompromiss eingehen. Und was sind Dinge, Werte, die für dich einfach so felsenfest sind, dass du sie nicht verrücken kannst? Und wenn du es doch tust, dass du dich danach tagelang schlecht fühlst und mit Bauchschmerzen im Bett liegst und nachts nicht schlafen kannst und das Gefühl hast, dich und die Welt verraten zu haben.

Daran merkst du ganz schnell, dass es eigentlich Grundwerte für dich sind, die du nicht hättest verraten sollen. Und dann ist es natürlich wieder wichtig, liebevoll mit dir selbst umzugehen, denn wir sind Menschen, wir machen Fehler. Und auch ich, ja auch ich, mache immer wieder Fehler. Ich stolpere immer wieder durch mein Leben und für mich ist es dann wichtig, das zu erkennen und es beim nächsten Mal anders zu machen. Besser im besten Fall.

Und da hilft mir, wie gesagt, das Aufschreiben total, Tagebuch zu schreiben, da hilft mir, Geschichten zu schreiben, zu überlegen, wie könnte diese Situation anders verlaufen, verschiedene Variationen auszutesten, um zu gucken, okay, wie fühle ich mich denn dabei, wie wäre das denn und so eine Art Rollenspiel in meinem Kopf oder auf dem Papier zu veranstalten. Du kannst natürlich auch, wenn du Freunde hast, die das mit dir machen oder Bekannte, Verwandte, wie auch immer, mit denen so eine Art fiktives Rollenspiel machen und dann verschiedene Situationen mit ihnen durchspielen, das geht natürlich auch. Ich mache das halt immer auf dem Papier und mir hilft es halt sehr, dann rauszufinden, was fühle ich denn eigentlich wirklich und dann natürlich auch Verbündete zu haben, die mich auffangen, wenn irgendetwas passiert oder passiert ist, die dann auch nochmal mit ihrem Blick auf das Geschehene schauen und dann nochmal sagen können, wie sie das eigentlich alles sehen und bewerten.

Denn wir sehen ja alle durch unsere eigenen Wirklichkeitsbrillen, quasi, wir haben alle unsere eigene Realität und wenn wir etwas irgendwie durch die Vergangenheit oder was auch immer wir erlebt haben, emotional aufgeladen haben, dann hören wir vielleicht einfach Dinge, die eigentlich gar nicht gesagt wurden oder wir nehmen einfach Aussagen nur selektiv war und wenn dann noch andere da ihre Meinung zu sagen, kann das helfen, muss aber natürlich nicht immer, denn das kommt auch immer darauf an, wen du fragst. Fragst du in dem Fall jemanden, der oder die nicht vegan lebt, dann kann das natürlich sein, dass die sagen, hey, du überreagierst total, was stellst du dich so an? Da sollten das natürlich Verbündete sein, die dich verstehen und dir nahestehen und genau wissen, worum es dir geht.

Ja, das sind Bausteine dieses Konzepts, das ich in den letzten Jahren entwickelt habe und die alle Teil meines Buchs sind. So eine Art Survival Kit Buch, ein kleines Büchlein, was du immer dabei haben kannst, also ein richtiges Buch, ein haptisches Buch, dass du immer dabei haben kannst, wo du diese wichtigsten Dinge wie deine Werte, deine geheimen Identität und deine Herausforderungen, deine Power-Ups und Notfallpläne und die Erinnerung daran, dass du nicht perfekt sein musst und vieles mehr, dann in diesem Büchlein immer mit dir herum tragen kannst.

Ich finde einmalige Events auch total wichtig, vielleicht kennst du das auch, dass du, wenn du zu so einem Retreat gehst oder zu halt einfach irgendwie einer Veranstaltung, dann bist du so total beschwingt und hast ganz viel gelernt, aber dann im Alltag wird es irgendwie schwierig, das einzubauen und umzusetzen und genau da möchte ich dir halt helfen mit diesem Buch.

Und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

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Hinweis zum Von Herzen Vegan Clan

Im November 2021 ist der Von Herzen Vegan Clan ein Teil meiner damals neuen Community, des Experimentariums geworden.

Das Experimentarium gibt es seit Dezember 2022 nicht mehr.

Ich bin gerade dabei eine neue Online-Community aufzubauen. Wenn Du interessiert bist, schau doch mal vorbei:

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