Vystopie - das kannst Du tun

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Folge 073 - Vystopie - das kannst Du tun

In Folge 45 habe ich den Begriff "Vystopie" schon einmal vorgestellt und erklärt, was es damit auf sich hat.

Den Begriff "Vystopie" hat die Psychologin Claire Mann geprägt.

Nachdem das Thema nun von mehreren Seiten an mich herangetragen wurde, habe ich mich dazu entschieden, noch eine Folge zur Vystopie zu machen.

Denn natürlich ist es gut zu wissen und zu verstehen, worunter ich leide, aber das ist nur der erste Schritt.

Der zweite ist, herauszufinden, wie ich mein Leiden lindern kann.

In dem verlinkten Artikel und auch in dem Interview mit Claire Mann, das ich gelesen habe, wurden zwei Lösungen vorgeschlagen: Gemeinschaft und Aktivismus.

Ich möchte in dieser Folge noch zwei weitere Faktoren vorstellen, die meiner Meinung nach essenziell sind, um mit Vystopie umzugehen und ein lebenswertes Leben zu führen.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und weil im Von Herzen Veganen Clan das Thema Vystopie jetzt wieder aufgetaucht ist und mir das jetzt von verschiedenen Seiten auch wieder so über den Weg gelaufen ist und an mich herangetragen wurde, habe ich gedacht, ich mache noch eine zweite Folge zur Vystopie.

Ich hatte in Folge 45 schon mal einmal darüber gesprochen, wenn du da noch mal reinhören möchtest, das war die erste Folge dazu und das hier ist jetzt quasi so eine kleine Fortsetzungsfolge. Ich hatte damals einen Artikel verlinkt, den ich dann jetzt natürlich auch wieder verlinke, der im Clan auch noch mal geteilt wurde, in dem ganz deutlich gezeigt wird, was eigentlich diese kanistische Gesellschaft mit uns als Aussteiger:innen, als Veganer:innen macht und wie wir immer und immer wieder retraumatisiert werden.

Der Artikel ist im Juni 2018 erschienen, ist also jetzt auch schon anderthalb Jahre her oder noch ein bisschen länger. Und am Ende des Artikels steht, das einzige, was gegen die Vystopie hilft, ist sich zu vernetzen, also Gemeinschaft und Aktivismus. Und das wollte ich jetzt hier nochmal so ein bisschen ergänzen, weil aus meiner Sicht eben da noch ein bisschen mehr helfen kann und ein bisschen mehr dazugehört und auch noch mal so ein bisschen erörtern, was Aktivismus dann heißen kann.

Also ich stimme vollkommen zu, Gemeinschaft ist ein wichtiger Faktor, deswegen habe ich ja auch den Von Herzen Vegan Clan ins Leben gerufen und bin auch wirklich froh und dankbar über die Menschen, die Mitglied geworden sind und über diesen wertschätzenden Umgang miteinander und ja auch quasi das Niveau, auf dem wir diskutieren. Wenn ich da in andere Gruppen reinschaue, dann bin ich teilweise total erschrocken, wie da miteinander umgegangen wird, weil ich einfach nur noch in meinem Clan unterwegs bin.

Also Gemeinschaft ist total wichtig. Wenn es irgendwie möglich ist, ist es gut Verbündete außerhalb der digitalen Welt zu haben, also reale Verbündete, sei es der Partner oder die Partnerin, vielleicht die eigenen Eltern, oder Freunde, Bekannte, andere Verwandte, wenn es da einfach Menschen gibt, bei denen du sicher sein kannst, dass sie dich verstehen, dass du ihnen vertrauen kannst, dass du einfach offen reden kannst und sie für dich da sind, wenn du wieder und wieder diesen Situationen ausgesetzt wirst, die dich schließlich dazu gebracht haben, vegan zu werden.

Aktivismus ist natürlich eine sehr gute Form der Selbstwirksamkeit und ich bin der Meinung, dass jede·r Veganer·in seine und ihre eigene Form von Aktivismus finden muss. Wir sind alle Individuen und diese Vielfalt, die Diversität ist gerade das Schöne an uns Menschen, dass wir keine Klone sind, dass wir nicht alle gleich sind, dass wir nicht alle genormt sind und wie in „Schöne, neue Welt“, vielleicht in Alpha, Beta, Gamma und so weiter Menschen unterteilt sind und jede Kaste für sich gleich ist, sondern dass wir einfach so verschieden sind.

Und da gehört es einfach dazu, dass es Menschen gibt, die gerne nach draußen gehen, die wild und frei sind sozusagen, denen es Spaß macht auf die Straße zu gehen, im Kuhkostüm Menschen anzusprechen und einfach mittendrin zu sein. Das sind meist ja die Menschen, die von der Gesellschaft gefördert werden. Aber es gibt eben auch noch ganz viele Schattierungen bis hin zu den Menschen, die mit sowas gar nichts anfangen können, die vielleicht auch Angst davor haben und die eher stiller sind und vielleicht auch eher sich irgendwie digital unterhalten oder eben per Textnachrichten und gar nicht so gerne telefonieren und gar nicht so gerne auf andere Menschen zugehen und sie spontan ansprechen und im Mittelpunkt stehen und die vielleicht auch Probleme haben mit Geräuschen und vielen Menschen und überfordert sind, das gibt es ja alles auch.

Es gibt alles zwischen diesen Polen dazwischen und bestimmt auch noch ganz viele andere Charaktereigenschaften, Möglichkeiten zu sein, einfach ein Mensch zu sein, die ich vielleicht noch gar nicht erfasst habe. Und wenn du eher zur stilleren, introvertierteren Seite tendierst, dann sind diese ganzen Straßenaktivismusaktivitäten nichts für dich oder sie brennen dich halt ganz stark, ganz schnell aus. Und dann bleibst du mit leeren Händen zurück und fühlst dich nicht wirksam.

Deine Selbstwirksamkeit wird nicht angesprochen, weil du das Gefühl hast, nichts tun zu können oder das Gefühl hast, dass was du tust, ist nicht gut genug. Die anderen machen ja viel mehr, weil die eben auf die Straße gehen und du nicht. Und so bist du dann noch mal in so einer Extraspirale, wo du dich richtig fertig machst, weil du denkst, okay, ich müsste eigentlich, aber ich kann es nicht. Und dann versuchst du es vielleicht und brennst sehr stark aus und bist dann erst mal für Wochen nicht mehr ansprechbar, weil du zwei Tage Straßenaktivismus gemacht hast oder vielleicht auch nur einen, weil dich das so stark mitgenommen hat.

Und da ist es eben wichtig, sich zweierlei zu überlegen. Einerseits, du bist okay so, wie du bist. Du bist gut so, wie du bist. Das ist total wichtig, dir das zu sagen. Es gibt nicht nur diesen einen Typ Menschen, diese eloquenten, extrovertierten, schlanken Norm-Menschen, also Fitness und so weiter. Es spricht natürlich nichts dagegen, dass es diese Menschen gibt, aber es gibt halt nicht nur diesen einen Typ Menschen, sondern neben diesem einen Typ Mensch gibt es halt eine ganze Bandbreite an Menschen, die auch alle eine Daseinsberechtigung haben und die eben auch alle vegan leben können.

Und das zweite ist, dass es eben auch noch andere Formen von Aktivismus gibt, mit denen du dich selbstwirksam fühlen kannst und die auch wichtig sind, genauso wie der Straßenaktivismus. Sei es, dass du dich vielleicht in einer Partei politisch engagierst und da vielleicht eher im Hintergrund arbeitest, sei es, dass du vielleicht bloggst oder ein Podcast machst, sei es, dass du vielleicht einfach nur in deinem Bekanntenkreis offen darüber sprichst, wie es ist vegan zu leben. Oder dich einfach nur als vegan outest und dann als Anlaufstelle, als Quelle für vegane Inspiration einfach dienst, in dem du möglichst entspannt und gelassen auf diese ganzen Fragen antwortest, die immer und immer wieder kommen.

Und wenn du einfach gar nicht die Möglichkeit hast, aktiv zu werden, weil es nicht deiner Situation gerade entspricht und du einfach nicht die Möglichkeit hast dazu, dann kannst du z.B. Aktivist·innen per Steady oder auf irgendeinem anderen Wege finanziell unterstützen. Oder eben vegane Organisationen deiner Wahl, wo du denkst, dass dein Geld am besten genau das unterstützt, was du auch möchtest. Das ist auch ein Weg, um sich selbstwirksam zu fühlen, weil du dann einfach die Menschen darin unterstützt, das zu tun, was du jetzt gerade nicht kannst oder vielleicht generell nicht kannst und du ihnen aber damit die Möglichkeit gibst, noch mehr zu tun und noch mehr zu erreichen.

Also ich denke, es ist total wichtig, dass du deinen Weg der Selbstwirksamkeit findest und das muss ja auch nicht nur eine Form sein, sondern es kann ja auch eine Mischung aus verschiedenen Formen sein und es wird auch definitiv variieren, je nachdem, wie du dich gerade fühlst.

Ich hatte das schon in der vorangegangenen Folge so erzählt, dass es ja auch phasenabhängig ist und es kommt einfach ganz darauf an, wie es dir gerade geht, ganz individuell in deinem Leben.

Und ergänzend zur Gemeinschaft und dem Aktivismus möchte ich noch zwei weitere Faktoren hinzufügen. Das eine ist die Selbstfürsorge und das andere ist, sich auf die Herausforderungen im Leben vorzubereiten.

Das Thema Selbstfürsorge ist super wichtig und es ist etwas, was dich dein Leben lang begleiten wird, denn es ist nichts, was du einmal machst und dann ist es erledigt, sondern es geht darum, dass du Rituale für dich entwickelst, die dir gut tun und die dich ausbalancieren und die das Positive höher halten als das Negative. Das Negative hat immer eine Daseinsberechtigung und es geht nicht darum, es wegzudrücken, sondern es geht darum, es auszubalancieren und in manchen Situationen geht es auch darum, es zu erkunden, was das denn ist, dieses negative Gefühl in deinem Leben.

Selbstfürsorge bedeutet nicht in erster Linie Selbstoptimierung, dass du versuchst dich irgendwie besser zu machen, höher, schneller, weiter, sondern es geht wirklich darum, gut für dich zu sorgen. Das ist für mich ein ganz, ganz fester Bestandteil, der hilft mit der Vystopie umzugehen. Wenn wir einfach nur aktiv sind, können wir, wie gesagt, ganz schnell ausbrennen und in einer Gemeinschaft können wir natürlich aufgefangen werden, aber wir können uns da auch hochschaukeln und uns so verbünden, dass wir nur noch merken, okay, das ist negativ, das ist negativ und diese blöden Karnisten und das ganze Doofe und alle im Außen und das kann uns eben auch in die Verbitterung führen.

Deswegen ist es wichtig, dass die Selbstfürsorge für dich an erster Stelle steht. Du bist wichtig, du bist kostbar, denn du hast erkannt, dass in dieser Welt etwas nicht stimmt. Du bist eine der wenigen Stimmen für die Tiere und du solltest gut auf dich achten. Ich mag ja diesen Matrix-Vergleich sehr gern, du hast die rote Pille gewählt, du bist ausgestiegen und auch in dem Film die Matrix gibt es einfach ganz, ganz wenige Aussteiger im Vergleich zu den vielen, die alle noch in der Matrix stecken und es ist halt super wichtig, dass du gut auf dich achtest, um weiterhin ein Leuchtturm zu sein, für alle diejenigen, die langsam erkennen, dass sie in dieser Matrix stecken und raus wollen.

Übungen, was du alles tun kannst für deine Selbstfürsorge, findest du hier in diesem Podcast. In den vorangegangenen Folgen, habe ich ganz, ganz viele Übungen vorgestellt und da geht es jetzt natürlich auch darum, dass du deine eigenen Übungen findest. Das, was zu dir passt, was dich stützt, wie du gut für dich sorgst.

Und der andere Punkt, sich auf Herausforderungen gut vorzubereiten, bedeutet schlicht, dass du überlegst, welche Frustrationen, welche Herausforderungen in deinem Alltag kehren immer wieder, wie kannst du damit so umgehen, dass du nicht ausbrennst, dass es dir dabei gut geht und du zu deinen Werten stehst, wie könntest du darauf reagieren. Dass du dich da vorbereitest und das schon mal durchspielst, gern auf einem Blatt Papier und diese verschiedenen Situationen aufschreibst und auch dann im Alltag protokollierst. Einfach schlicht aufschreibst: diese Situation habe ich heute erlebt, so habe ich reagiert, war das gut, habe ich mich gut gefühlt, habe ich mich schlecht gefühlt, was könnte ich anders machen beim nächsten Mal? Und so auch dann mit der Zeit rauszufinden: das habe ich alles schon ausprobiert, das hat alles nicht funktioniert, das hat gut funktioniert, also nehme ich das in mein Standardrepertoire auf und kann dann beim nächsten Mal, wenn so eine Situation kommt, genauso reagieren, weil ich einfach weiß, dass das gut für mich funktioniert.

Und das ist natürlich alles ein Prozess, alles eine Übungssache und es dauert seine Zeit. Es ist nichts, was du an einem Wochenende machst und dann bist du für dein Leben gewappnet, sondern es sind einfach Schritte, die du kontinuierlich in deinen Alltag integrierst. Das ist genauso wie ein Musikinstrument oder eine Sportart lernen, da wirst du auch nicht von heute auf morgen zur Meister·in, sondern das bedeutet einfach regelmäßig zu üben und dann geht es irgendwann in Fleisch und Blut über und du kannst ganz automatisch reagieren und weißt okay, in der Situation, da kann ich das sagen oder weggehen oder was auch immer und das tut mir dann gut.

Und Vorsicht! Es wird wahrscheinlich nicht für immer dann so bleiben, denn du bist ja ein Mensch und du veränderst dich, du bist keine Maschine und so wie du dich in deinem Leben veränderst und sich dein Körper verändert, du einfach älter wirst und in andere Phasen deines Lebens übergehst, kann es auch sein, dass du einfach auf andere Art dich schützen möchtest, dass du auf andere Art reagieren möchtest, dass du vielleicht auch weiser geworden bist und weicher vielleicht auch und mitfühlender mit anderen Menschen reagieren und umgehen kannst und das ist wie gesagt alles ein Prozess. Es gibt einfach nicht die eine Antwort, die eine Lösung, sondern es gibt nur deine Lösung.

Das ist meine Ergänzung, wie du mit der Vystopie umgehen kannst, für mich gehören zu Gemeinschaft und Aktivismus einfach diese Punkte Selbstfürsorge und dich auf Herausforderungen vorbereiten dazu. Wenn du da Unterstützung brauchst, schau dir gerne mein Buch an. Das ist ein haptisches, richtiges Buch, ein Art Survival Kit, das dich dann in deinem Alltag begleitet, in das du deine Konstanten reinschreiben kannst, wie deine Werte, die Herausforderungen, die du so generell meistern musst und die Selbstfürsorgepunkte, die ich Power-Ups nenne und natürlich noch vieles mehr. Ein Büchlein, was dich in deinem Alltag unterstützen soll.

Ja und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

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Hinweis zum Von Herzen Vegan Clan

Im November 2021 ist der Von Herzen Vegan Clan ein Teil meiner damals neuen Community, des Experimentariums geworden.

Das Experimentarium gibt es seit Dezember 2022 nicht mehr.

Ich bin gerade dabei eine neue Online-Community aufzubauen. Wenn Du interessiert bist, schau doch mal vorbei:

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