Folge 105 - Dein Gehirn liebt das Drama...

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Folge 105 - Dein Gehirn liebt das Drama...

Unser Gehirn liebt Extreme, das ist ganz klar und es ist genetisch bedingt - wir sind auf Drama programmiert, um zu überleben.

Heute brauchen wir das gar nicht mehr, aber trotzdem ist die Eigenschaft noch da. Sie kann praktisch sein, denn so entstehen tolle Geschichten und spannende Spiele, aber sie kann Dich im Alltag auch behindern.

Vor allem, wenn Du Dir zu einer Reaktion Deines Gegenübers eine Geschichte epischen Ausmaßes erzählst, die nur noch ganz am Rand mit der eigentlichen Reaktion zu tun hat.

Inspiriert zu dieser Folge hat mich ein Vortrag von Brené Brown, in dem sie über diese Methode spricht.

Du kannst die Methode anwenden, um Dir klar darüber zu werden, dass sich Dein Gehirn gerade im Dramamodus befindet oder um Klarheit zwischen Dir und Deinem Gegenüber zu schaffen.

Volständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte mich vorab einmal ganz herzlich bei dir bedanken, dass du diesen Podcast hörst.

Das ist nicht selbstverständlich, denn mittlerweile gibt es ganz, ganz viele Podcasts, die sich mit dem Thema Veganismus beschäftigen und natürlich gibt es noch viel, viel, viel mehr Podcasts, die sich mit dem Thema Gelassenheit im Alltag beschäftigen. Daher ist es mir eine Ehre, dass du mir zuhörst und ich fühle mich natürlich noch mehr geehrt, wenn du mir schon länger die Treue hältst und ich möchte dich einladen, mir deine Wunschthemen zu schicken, denn ich möchte, dass dieser Podcast dich in deinem Alltag unterstützt und was könnte da eher geeignet sein, als wenn ich Themen bespreche, die dich stark berühren. Wenn du also ein Thema hast, über das ich sprechen sollte, dann schreib mir gerne eine E-Mail an post [at] vonherzenvegan.de.

Ich stecke gerade mitten in der Vorbereitung für meinen Bildungsurlaub, den ich für die VHS Hamburg zum Thema „Aktiv fürs Klima, das kann ich tun“ halten werde. Und dieser Bildungsurlaub wird zweimal stattfinden, einmal in der ersten Novemberwoche und einmal in der zweiten Novemberwoche. Das ist Corona geschuldet, weil die Gruppen kleiner geworden sind und wir versucht haben, die 16 Teilnehmer·innern, die sich vorher für die eine Woche angemeldet haben, auf zwei Wochen aufzuteilen. Jetzt sind es doch wieder irgendwie mehr geworden, aber das ist etwas, was wohl VHS intern entschieden wurde. Während ich das ja aufnehme, weiß ich noch nicht, ob jetzt die Bildungsurlaube überhaupt stattfinden werden, weil die zweite Corona-Welle ja schon stark anrollt. Und wer weiß, vielleicht wird es so sein wie im März und ab Montag sind wir auf einmal wieder im Lockdown und ich kann die Bildungsurlaube nicht halten.

Nach den beiden Bildungsurlauben werde ich mich wieder ganz auf Von Herzen Vegan konzentrieren und ich versuche jetzt im Vorhinein Podcast-Folgen aufzunehmen und zu produzieren, damit du nicht so lange auf die nächste Folge warten musst, aber es kann auch sein, dass dazwischen dann vielleicht mal einen Sonntag ausfällt.

Während der Vorbereitung auf den Bildungsurlaub habe ich wieder gemerkt, dass unser Gehirn auf Drama gepolt ist, denn da kamen dann wieder so Szenarien hoch wie: oh je, werde ich gut genug sein, weiß ich überhaupt genug, hätte ich nicht eigentlich ein Doktortitel in „Aktiv fürs Klima“ haben sollen, bevor ich jetzt hier diesen Bildungsurlaub halten kann, habe ich genug Lebenserfahrung, ist das alles okay? Und jedes Mal, wenn ich mich bei solchen Gedanken erwische, sage ich mir, dass das meinem Gehirn geschuldet ist und zwar dem Teil der Drama benötigt. Und das ist keine direkte Charaktereigenschaft von mir, vielleicht ist die Teilweise etwas ausgeprägter, sondern etwas, das wir alle haben, etwas, das uns in den Genen liegt und so eine Veranlagung ist, die wir als Menschen mit uns bringen.

Unser Gehirn braucht das Drama, das kann den buddhistischen Mittelweg nicht gehen, das ist sehr anstrengend für das Gehirn, es braucht Mord und Todschlag und Existenzängste und alles Mögliche, was in die Extreme geht. Diese Erkenntnis habe ich nicht von ungefähr und mir ist es auch erst so richtig bewusst geworden, als ich mir einen Vortrag von Brené Brown angeschaut habe. Falls du Brené Brown noch nicht kennst, sie hat viel zum Thema Verletzlichkeit und Scham geforscht und sich letztlich selbst verletzlich gemacht, indem sie einen Ted Talk über ihre eigene Verletzlichkeit gehalten hat und dadurch ist sie quasi richtig berühmt geworden und hält jetzt noch mehr Vorträge auch zu diesem Thema und einen von diesen Vorträgen hatte ich mir angeschaut.

Und sie berichtet in diesem Vortrag von einer Situation, wo sie mit ihrem Mann durch einen See schwimmt und sie während des Schwimmens ein besonderes Gefühl der Verbundenheit spürt und das ihrem Mann mitteilt und ihm sagt „Hey, ich fühle mich total verbunden mit dir, das ist ein total schöner Moment und ich will dir das einfach nur sagen.“ und alles was er sagt ist: „Ja, das Wetter ist gut“, oder „das Wasser ist gut“, also jedenfalls geht er nicht darauf ein und bei ihr geht dann sofort das Drama los im Kopf.

U nd sie versucht es dann später nochmal, also erst sind sie etwas weiter auseinander im See, so dass sie denkt, er hat sie vielleicht nicht richtig verstanden, dann schwimmen sie etwas näher beieinander und dann versucht sie es nochmal und er antwortet genau so und dann ist sie halt auf 180 und denkt sich, „Was soll das denn, das ist ja wohl unverschämt, das geht gar nicht!“ und erzählt sich eine Geschichte, hat einen Drama im Kopf.

Und letztlich können sie das dann auflösen, indem sie dann doch nochmal darüber sprechen und ihr Mann ihr dann sagt, dass er einen Panik-Anfall in diesem See hatte, weil er sonst immer nur in gechlorten Schwimmbecken geschwommen ist und jetzt in diesem See konnte er nichts sehen und deswegen hatte er einen Panik-Anfall und hat Schwimmzüge gezählt, während sie versucht hat, ihm ihre Gefühle mitzuteilen und deswegen konnte er einfach gar nicht darauf eingehen, weil er ganz wo anders war.

Und sie haben das also aufgeklärt und Brené Brown meinte, dass sie, um das aufzuklären zu einer Methode gegriffen hat, die unter Menschen, die sich viel mit Scham und Verletzlichkeit beschäftigen, sehr bekannt ist, nämlich zu sagen, die Geschichte, die ich mir erzähle, ist folgende und dann eben zu sagen, okay, ich erzähle mir gerade folgende Geschichte, du hörst mir irgendwie gar nicht zu, du verstehst mich überhaupt nicht und so weiter und so fort, worauf hin dann der oder die andere, die Möglichkeit hat, diese Geschichte abzugleichen mit der eigenen Realität und sie gerade zu ziehen.

Und sie erzählte dann auch bei dem Vortrag, dass seit diesem Erlebnis sie immer, wenn sie jetzt irgendeine Auseinandersetzung haben oder einen Streit, sich sagen, „die Geschichte, die ich mir erzähle, ist folgende“.

Und ja, diese Episode, von der sie da erzählt, ist mir stark im Gedächtnis geblieben, deswegen wollte ich sie jetzt einmal mit dir teilen, weil es nämlich genau das ist, wenn wir in Kontakt mit anderen stehen, aber eben auch, wenn wir alleine sind, so wie bei mir, sich dann das Drama abspielt im Gehirn. So spielt sich das Drama eben auch ab, wenn wir mit anderen Menschen kommunizieren und Brené Brown sagt, dass unser Gehirn auf Drama gepolt ist, es kann einfach nicht diesen ausgeglichenen Weg, den Mittelweg gehen. Es kann es natürlich schon, aber es tendiert einfach zum Drama und das muss dann eben eine Geschichte sein mit Extremen, so wie zum Beispiel, dass ich mir dann vorstelle, wenn es jetzt um diesen Bildungsurlaub geht, dass alle sofort geschlossen den Raum verlassen werden, weil ich nicht Professorin der Klimaforschung bin oder so, obwohl sie das natürlich vorher wissen und so weiter, aber es muss ein Drama sein.

Und in Brené Browns Fall, in diesem Beispiel, wo sie mit ihrem Mann gesprochen hat, hat sich dann gleich bei ihr abgespielt, dass er sich von ihr trennen möchte und eine andere hat oder irgendwie so, obwohl das eben alles überhaupt gar nicht damit zu tun hatte und es ja einfach „nur“ daran lag da - natürlich ist eine Panikattacke mit einem See auch nichts Feines - aber jedenfalls tatsächlich damit zu tun hatte, dass er mit etwas ganz anderem beschäftigt war und das überhaupt nichts mit ihren Worten zu tun hatte oder mit ihr und das in Kombination damit, dass wir einfach nicht wissen können, was der oder die andere meint, wenn wir ihn oder sie nicht fragen.

Es ist für mich eine gute Möglichkeit, damit klarzukommen, wenn es irgendwelche Missstimmung gibt, wenn ich das Gefühl habe, da stimmt irgendwie was nicht und bei mir läuft dann innerlich schon das Drama an, dann ist es eine gute Möglichkeit, das Gespräch zu suchen und zu sagen, „die Geschichte, die ich mir gerade erzähle, ist folgende“, um damit dann herauszufinden, was das Gegenüber denn jetzt eigentlich meint, denn wenn eine Person einfach irgendwie handelt und wir finden das komisch oder es verletzt uns oder wie auch immer berührt es uns, dann werden wir nie herausfinden, wie es wirklich gemeint ist, ob es so verletzend gemeint ist oder eben nicht, wenn wir nicht das Gespräch suchen.

Carsten und ich haben das jetzt schon mal so ein paar Mal geübt, er hat sich mit mir den Vortrag auch angeschaut und ich habe gesagt, ich finde das ist gut, diese Methode und wenn wir jetzt irgendwie Unstimmigkeiten haben, versuchen wir das tatsächlich so zu machen, dass wir sagen, „okay, die Geschichte, die ich mir gerade erzähle ist folgende“ und dann können wir es relativ schnell auflösen. Du kannst diese Methode also auch sehr gut nutzen, wenn du Unstimmigkeiten mit deinem nicht-veganen Partner oder deiner nicht-veganen Partnerin hast, denn oft ist es ja wirklich ein Verständnisproblem, der·die nicht vegane Partner·in kann sich nicht so gut einfühlen in uns, weil er oder sie diesen Weg einfach noch nicht gegangen ist, diesen Prozess.

Wenn ich meinen Lieblingsbeispiel mit der Matrix zu rate ziehe, dann ist es ja tatsächlich dort auch so, du verstehst erst, was die Matrix ist und was das alles bedeutet, wenn du aus der Matrix rausgegangen bist. Solange du in der Matrix verweilst, kannst du das alles gar nicht so richtig begreifen. Du wirst es also erst richtig verstehen können, wenn du aus der Matrix herausgetreten bist und genau so ist es eben auch, wenn du vegan lebst oder noch nicht vegan lebst. Wirklich was es bedeutet, vegan zu leben und auch eben in dieser nicht veganen Welt vegan zu leben, wirst du erst verstehen, wenn du tatsächlich vegan lebst und das heißt dein nicht veganer Partner oder deine nicht vegane Partnerin braucht Hilfe, braucht Unterstützung von dir, um zu sehen, was du siehst, um das zu verstehen. Und es kann eben sein, dass er oder sie das nicht verstehen kann, solange er oder sie diesen Schritt daraus nicht gemacht hat.

Und wenn jetzt da ein Eklat ist und dein nicht veganer Partner, deine nicht vegane Partnerin zum Beispiel nicht versteht, warum es dich aufregt oder schmerzt, wenn er oder sie weiterhin etwas nicht veganes ist oder nicht vegane Lebensmittel im Kühlschrank lagert oder oder oder, dann könntest du jetzt mal ausprobieren zu sagen, „okay, die geschichtete, die ich mir erzähle, ist folgende, ich habe das Gefühl, du willst mich verletzen“ oder irgendwie sowas, also je nachdem, was du spürst, so dass du deinem Partner, deiner Partnerin die Gelegenheit gibst, dich zu verstehen. Es geht nicht darum zu verurteilen, was dein Partner, deine Partnerin tut, sondern darum Verständnis für euer beider Positionen aufzubringen, dass du verstehst, warum er oder sie so handelt und er oder sie versteht, warum du so handelst.

Letztlich geht es ja dann auch darum, welche Bedürfnisse hinter eurem Handeln stehen und welche Bedürfnisse du hast und welche Bedürfnisse dein·e Partner·in hat und wie ihr diese Bedürfnisse zusammenbringen könnt. Mir hilft es da auf jeden Fall zu wissen, dass unser Gehirn einfach auf Drama gepolt ist und es, wenn wir es einfach machen lassen, Geschichten produziert, die Hollywoodreif sind und nicht gemäßigt und deswegen ist das, was unser Gehirn da produziert, auch immer mit Vorsicht zu genießen und deswegen wollte ich es jetzt einfach mit dir teilen in der Hoffnung, dass es dir auch hilft. Probier es gerne mal aus und wenn du magst, schreib mir auch gerne, ob es gewirkt hat, wie es gewirkt hat und wenn du andere Erfahrungen machst oder noch andere Tipps hast, was das angeht, dann schreib mir auch gerne an post [at] vonherzenvegan.de. Ich freue mich darauf und dann bedanke ich mich fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Videos von Brené Brown
https://brenebrown.com/videos/

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Hinweis zum Von Herzen Vegan Clan

Im November 2021 ist der Von Herzen Vegan Clan ein Teil meiner damals neuen Community, des Experimentariums geworden.

Das Experimentarium gibt es seit Dezember 2022 nicht mehr.

Ich bin gerade dabei eine neue Online-Community aufzubauen. Wenn Du interessiert bist, schau doch mal vorbei:

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