Gärtnern für eine bessere Welt

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Folge 171 - Gärtnern für eine bessere Welt

In dieser Folge spreche ich mit Ilona Koglin und Marek Rohde über ihr Buch "Gärtnern für eine bessere Welt".

Wir plaudern darüber

  • ob ich einen Garten haben muss, um das Buch zu lesen,
  • wie gerade Gärtnern die Welt retten kann,
  • wie jede*r Einzelne von uns etwas bewegen kann.

Ich frage mich, ob ich nicht einen grünen Daumen benötige, um für eine bessere Welt zu gärtnern, doch Ilona sagt: "Der grüne Daumen ist ein Mythos." und nach der Lektüre des Buchs und dem Gespräch mit den Autoren, glaube ich das auch.

"Gärtnern für eine bessere Welt" ist so viel mehr, als nur eine Anleitung zum Gärtnern- egal ob im eigenen Garten, auf dem Balkon oder in der Wohnung.

Das Buch versorgt Dich mit so vielen Hintergrundinformationen und Praxistipps, dass Dir am Ende nur eines zu Tun bleibt: anzufangen.

Vollständiges Transkript (Korrektur gelesen von Hanna B.)

Stefanie In dieser Folge spreche ich wieder mit Ilona und Marek von „Für eine bessere Welt“ und du kennst die beiden schon aus vorangegangenen Interviews zu ihren Büchern und Projekten. Wir haben schon über ihr Buch „Und jetzt retten wir die Welt“ und ihr Projekt dazu gesprochen, über ihren Wandel Planer und über ihr neuestes Buch „Faironomics“. Und in dieser Folge sprechen wir jetzt über ihr Buch, das quasi zwischen dem Wandelplaner und „Faironomics“ erschienen ist, nämlich „Gärtnern für eine bessere Welt“. Wenn du die anderen Bücher von Ilona und Marek schon kennst, dann weißt du, dass dieses Buch auch wieder sehr praktisch orientiert ist. Es gibt zwar einen theoretischen Hintergrund, aber auch ganz ganz viel Praxiswissen. Das Buch trägt den Untertitel „Rette die Vielfalt: Eine andere Welt ist pflanzbar - Das Handbuch für Idealisten und grüne Helden“. Und was das jetzt genau bedeutet, das erzählen dir Ilona und Marek in diesem Interview.

Ilona Ja, ich bin Ilona.

Marek Und ich bin Marek.

Ilona Und wir schreiben zusammen Bücher, sind Journalist:innen, haben den Blog „Für eine bessere Welt“ und die Onlineakademie „Jetzt retten wir die Welt“, machen die Konferenz für eine bessere Welt und haben ein Buch zum Thema „Gärtnern für eine bessere Welt“ geschrieben.

Stefanie Genau. Und über das Buch wollen wir heute sprechen. Jetzt haben wir ja schon über ganz viele Bücher von euch gesprochen. Und meine Frage wäre jetzt: Wie unterscheidet sich denn jetzt dieses Buch, wo es ja auch ums Gärtnern geht, von den anderen Büchern?

Ilona Also eigentlich war so ein bisschen unser Anliegen, das so ähnlich zu machen, nur dass es sozusagen um ein anderes Thema geht. Also es folgt der Grundidee des Weltretter-Buchs, also des Buches „Jetzt retten wir die Welt“. Und zwar gibt es Hintergrundinformationen dazu, wie eigentlich so das Ökosystem Erde funktioniert bzw. die verschiedenen Subsysteme Erde, Luft, Wasser usw. und dann verbunden mit der Frage Ja, was können wir denn jetzt eigentlich ganz konkret tun, um die Situation oder die Entwicklung oder die Lage zu verbessern? Und es ist auch so von der optischen Art her ähnlich wie unsere anderen Bücher, was jetzt in dem Buch neu war oder was wir ein bisschen mehr ausprobiert haben, ist, dass wir mehr Geschichten erzählt haben oder ein bisschen…

Marek Autobiografischer…

Ilona Ein bisschen autobiografischer geworden sind und dass dieser Kontrast zwischen Was sind eigentlich die globalen Entwicklungen und Was kann ich ganz lokal in meinem kleinen Garten dann verändern? Also, dass das so ein bisschen die Pole waren, zwischen denen wir uns in dem Buch immer hin und her bewegen und was auch für uns so das Interessante war. Also praktisch Think Global, Act Local und das bezogen auf den Garten.

Stefanie Und wie seid ihr jetzt so auf das Thema Gärtnern gekommen?

Marek Also einerseits sind wir ja selbst in der glücklichen Lage einen kleinen Garten zu haben seit einigen Jahren und haben den immer schon mit viel Freude genossen und haben in den letzten Jahren gerade bei den Recherchen für die Bücher natürlich mehr und mehr uns auch so mit den Fragen beschäftigt: Was muss eigentlich an einem Garten funktionieren? Wo funktioniert es nicht in vielen Gärten? Wir sind hier in einer Siedlung mit knapp, ich glaube, über 100 Gärten im Norden, im Äußersten von Hamburg. Und da ist natürlich die Gartengestaltung ganz unterschiedlich. Wir haben uns mal gefragt: Was kann man eigentlich in dem eigenen Garten oder auch im Stadtgrün tun, um jetzt dem Ökosystem möglichst zuzuspielen und beispielsweise für den Klimaschutz etwas zu tun? Weil das alles geht auch im kleinen Garten. Das fängt sozusagen schon mit jeder Topfpflanze an oder mit der Entscheidung, wie man seinen Garten ausrichtet. Und das haben wir auch in den Fokus genommen. Oder auch auf dem Balkon, also überall dort, wo man die Möglichkeit hat, das Grün in sein Leben zu lassen oder zu partizipieren. An dem Grün dort draußen hat man auch die Möglichkeit etwas für die Natur zu tun und das wollten wir in den Fokus rücken und haben das mit diesem Buch getan.

Ilona Und dann war es eigentlich auch, also nach dem Buch „Jetzt retten wir die Welt“ kamen auch einige Organisationen, Institutionen immer wieder auf uns zu und haben uns gefragt: Was können wir denn eigentlich machen, um die Menschen anzusprechen, die so auf der Schwelle sind, die jetzt vielleicht noch nicht so wirklich was in ihrem Alltag ökosozial verändern, aber um die irgendwie dafür zu begeistern oder dafür zu öffnen. Und wir haben festgestellt, dass es im Wesentlichen zwei große Themen gibt, über die man eigentlich fast alle erreicht. Das eine ist das Thema Konsum, also das machen wir ja wirklich alle. Jede:r konsumiert irgendwas. Also über das Thema Konsum zu sprechen, das ist ein ganz großer Anknüpfungspunkt, wo wir sozusagen so Milieu übergreifend ins Gespräch kommen können. Und das Zweite ist das Thema Ernährung, Schrägstrich, Gärtnern oder Anpflanzen oder so was. Und das Thema Gärtnern hat für uns aber natürlich so den direkten Bezug zur Natur im Gegensatz zum Thema Konsum, was ja eher so ein bisschen eigentlich mehr entfremdet heutzutage, weil ja deine ganzen Zusammenhänge für uns dadurch, dass vieles global läuft usw. für uns gar nicht mehr so richtig zu erkennen sind. Und genau das Charmante am Garten oder am Gärtnern ist für uns , dass man wieder direkt mit der Natur in Kontakt kommt. Oder das Gärtnern ist ja auch so, oder kann eine fast meditative, sehr philosophische Tätigkeit sein, wo man innerlich zur Ruhe kommt, wo man mal Zeit hat, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen, wo man rauskommt aus der Hektik des normalen Alltags und dabei auch wirklich die Hände in die Erde stecken kann und gucken kann, ganz konkret gucken kann, wie funktionieren denn die Kreisläufe? Also was passiert denn, wenn es den heißen Sommer gibt wie letztes Jahr oder wenn es so kalt und verregnet ist wie vorletztes Jahr? Was bedeutet eigentlich Klimawandel ganz konkret bei mir im kleinen Garten? Was bedeutet es Wasserkreislauf und so? Und unsere Erfahrung ist auch, wenn Menschen erst mal anfangen sich damit zu beschäftigen, also ich baue mir einen Komposthaufen, dann kommen die Pflanzen drauf, die ich abgeschnitten habe und dann wird da Erde draus. Der Garten ist ja sozusagen so der erste typische oder klassische Kreislauf, den man in so einem Garten schafft. Und darüber kommt man zu der Frage: Aber jetzt, was ist mit dem Wasserkreislauf? Ja, wir spülen da jeden Tag zig Liter wertvolles Trinkwasser die Toilette runter. Ist das eigentlich was, was sinnvoll ist, was normal ist oder könnte das irgendwie besser gehen? Also man kommt dann schon irgendwie zu weiteren Fragen, die dann auch natürlich zu solchen globalen Fragen führen wie zum globalen Wasserkreislauf, Plastik im Wasser oder auch Luftverschmutzung oder was meine Aussage zu der Klimawandel oder auch insgesamt Rückgang der fruchtbaren Erdböden weltweit. Das ist ja irgendwie eine Krise, die kaum so im Bewusstsein der Öffentlichkeit steht. Aber auf solche Themen stößt man dann und das fanden wir das besonders charmante, dass so über dieses Thema Garten das ganz Pragmatische verbunden wird mit dem Philosophischen und aber auch so mit diesem Naturwissenschaftlichen. Also wie funktioniert das Ganze eigentlich? Und das ist eigentlich so ein super Themenbereich.

Stefanie Und muss ich denn jetzt unbedingt einen Garten haben, um euer Buch lesen zu können? Also vielleicht nicht ums lesen zu können, aber um davon zu profitieren von dem, was ihr schreibt.

Marek Nein, ganz bestimmt nicht. Also einerseits ist es natürlich jederzeit möglich, sich sowohl außerhalb der Stadt als auch gerade in den Städten für die Natur, also für das Grün einzusetzen, für die Natur in der Stadt einzusetzen und beispielsweise in der Gemeinschaft brachliegende Flächen dann neu zu begrünen und auch wieder nutzbar zu machen, dort gemeinsame Gartenprojekte ins Leben zu rufen. Und es gibt zugegebenermaßen in den Städten und überall schon viele Projekte dieser Art. Was ich noch sagen wollte, das ist der zweite Aspekt. Auch dafür brauche ich keinen eigenen Garten, aber das ist die Sicht auf die Natur. Ilona hat das vorhin schon anklingen lassen, die Philosophie des Gärtnerns oder die Philosophie des sozusagen kreativ Schaffenden in der Natur ist eine ganz elementare Sache, die wir in vielen Bereichen komplett verloren haben, weil wir natürlich in einer sehr technologischen Welt leben und in einer Welt leben, in der ich sage mal eine Naturbeobachtung sozusagen nicht mehr zum Höchstmaß des Glücks gehört, die von vielen als solches dann so erkannt und empfunden wird, weil viele Leute sind doch eher jenseits der Naturbeobachtung oder jenseits des Naturgenusses mit anderen Dingen beschäftigt. Und der Garten oder das Beschäftigen mit dem Gärtnerischen hilft einem auch ebenso nach und nach ganz seicht und sehr gefühlvoll sich wieder mit der Natur zu verbinden, die großen Abläufe zu beobachten, wie Ilona auch schon sagt, die großen Kreisläufe zu verstehen, zu gucken, was ist überhaupt gerade? Wie funktioniert das Ganze? Was bedeutet das Wasser und das nächste Element, die Luft. Also wie geht man damit um? Wie kann man das im Großen verstehen und wie kann man es im Kleinen beobachten und verstehen und sich damit wieder zu verbinden hat einen enormen Effekt, weil das bedeutet , dass man tatsächlich wieder sich mehr als Bestandteil der Natur betrachtet.

Ilona Ja genau. Und zu dem, was Marek sagt, kommt noch dazu, dass dieses Ganze sich mit der Natur verbinden, Gärtnern, zu Gärtnern bedeutet ja auch vor allem, also vor allem wenn es ein natürliches Gärtnern sein soll. Also nicht so dieses klassische „Wir haben so den unkrautfreien Rasen“ oder so, das sind ja irgendwie Gärtner:innen, die jetzt eigentlich nicht wirklich beobachten. Aber wenn man naturnah und mit der Natur gärtnern will, dann kommt es ja auf dieses Beobachten total an und auf das Verstehen und das sich Einfühlen. Und das bewirkt zwei Dinge. Das bewirkt erstens, dass man eine gewisse Langsamkeit üben muss und ich finde, Langsamkeit und Ruhe und Muße, das sind in unseren heutigen Zeiten, ist so ein echter Luxus und das ist aber auch. Also ich glaube, man kann das nur, wenn man das innerlich auch übt und trainiert und da ist der Garten oder ist die Natur ein super Lehrmeister dafür, dass das eine und das andere ist die Empathie. Und ich glaube das ist das, was du auch meintest, dass man ja eine Pflanze beobachtet, wie sie wächst und sich einfühlt. Ja was braucht ihr denn eigentlich um zu gedeihen? Oder dieser kleine Käfer, der da jetzt vorbei krabbelt? Was will der und was macht er und wozu ist der gut im Ökosystem meines Gartens. Der beste Gärtner ist eigentlich der, der in seinem Garten dafür sorgt, dass es allen gut geht. Also nicht nur den Menschen, sondern auch allen Tieren und den Pflanzen. Und im übertragenen Sinne kann man da all die Fertigkeiten üben, die wir brauchen, um sozusagen den größten Garten irgendwie ins Gleichgewicht zu bringen, nämlich unsere Erde und auch mit dem irgendwie gut umzugehen. Und deswegen ja, es ist irgendwie so ein ganz wunderbares und schönes Gebiet und das ist egal, ob man das jetzt wirklich, also jetzt im Garten wortwörtlichen Sinne macht oder ob man einen Balkon hat oder ob man irgendwie so ein Zimmer Garten auf dem Fensterbrett oder irgendwie so eine Windowfarm oder so was hat.

Marek Also es gibt ja so Synonyme eigentlich für das, was wir normalerweise jetzt im Moment in vielen Gärten sehen. Es gibt eine Facebookseite, also ein Projekt, ich glaube von einem Biologen oder so, das nennt sich „Gärten des Grauens“ und der sammelt Bilder ein, ja wirklich, sammelt Bilder ein von Menschen, die fotografiert haben, von Gärten, die meinetwegen einfach unter Schotter begraben sind und mit irgendwelchen Schotterskulpturen, wo eigentlich kaum noch irgendwie ein Grün zu sehen ist und nichts wächst und nichts gedeiht. Und das ist natürlich für die kleinen Tiere dort absolut unbrauchbar.

Ilona Die gehen wahrscheinlich einmal im Jahr mit Gift drüber.

Marek Ja genau, damit auch die letzte Ameise dort keine Chance bekommt. Und das ist zum Beispiel so ein Bild, das ich immer vor Augen habe, ein Extrem, das eigentlich ja gerade nicht so sein soll. Oder beispielsweise diese englischen Rasen, also, wo dann tatsächlich in einem Garten nichts weiter als Rasen zu finden ist und keine wilde Blume und gar nichts irgendwie ihren Platz findet. Oder auch die Pflanzen so ausgewählt werden, dass sie eigentlich für Insekten absolut uninteressant sind, aber die Gärten dann wirklich tierfeindlich gehalten werden, nur weil man sich an speziellen optischen Genüssen erfreuen möchte. Und das, was uns so wichtig war, war ein Garten, in dem sozusagen das Leben wieder erblühen kann und in dem man Bestandteil dieses Schöpfungsprozesses wird

Ilona Genau und wo man auch beobachten kann, wie faszinierend und wunderbar alles in der Natur ineinandergreift und dann macht das Gärtnern nämlich auch insofern Spaß, weil man viel weniger Arbeit hat, weder Unkraut zupfen muss noch sonst irgendwas zurechtbiegen und zurechtschneiden muss.

Stefanie Und wie unterstützt mich denn jetzt euer Buch dabei, wenn ich dann vorhabe, auch so zu gärtnern, wie ihr das jetzt beschreibt?

Marek Also erst mal nimmt es dich natürlich an die Hand und führt dich sozusagen durch diesen theoretischen, von John beschriebenen Teil, dass du erst mal sehen kannst, was eigentlich überhaupt die einzelnen Aspekte eines Gartens oder der Natur sind und hilft dir dabei natürlich auch, das in ein größeres Verhältnis zu setzen und dich zu fragen Was sind eigentlich die großen ökologischen Abläufe und auch die großen Fragestellungen, Herausforderungen und Probleme. Und was haben sie mit meinem Garten zu tun. Und dann geht es natürlich in jedem dieser Bereiche ganz praktisch weiter und gibt dir Hilfestellungen dabei, wie du mit kleinen Schritt-für-Schritt-Anleitungen deinen Garten oder deinen Bereich renaturisieren oder überhaupt erst mal zum tatsächlichen Naturgarten machen kannst.

Ilona Ja, wir haben insgesamt acht Kapitel und ich würde mal sagen so ganz grob: Die ersten vier Kapitel beschäftigen sich eher so mit den Grundlagen, da ist erstens die Philosophie, also was will ich eigentlich von meinem Garten oder was hat mein Garten mir zu bieten. Und das eher so ein bisschen auf philosophischer Ebene. Dann das Thema Erde, das hatte ich ja vorhin schon angesprochen, dass also die Fruchtbarkeit von Erdböden weltweit dramatisch abnimmt, was natürlich bedeutet, dass wir irgendwann viel weniger Lebensmittel anbauen können und das ja dann auch eine soziale Frage wird usw. und so fort. Und aber auch die Frage, also wie kann ich dann gesunden Erdboden schaffen in meinem Garten, was ist eigentlich ein gesunder Erdboden? Und auch die spannende Frage, das gibt es ja auch zum Thema Terra preta, also Schwarzerde: Wie viel Kohlenstoff kann ein richtig fruchtbarer, fetter, gesunder Erdboden speichern? Und da kommt man auch dazu, dass man ganz viel Kohlenstoff, also ganz viel CO2 aus der Luft im Boden binden könnte über die Art und Weise und so auch was für den Klimaschutz tun könnte. Dann haben wir das Thema Wasser und Wasser-Kreisläufe und das Thema Luftverschmutzung, Erdatmosphäre. Also das ist ja auch total faszinierend, so ein ganz dünner Film um die Erde herum, ohne die sozusagen überhaupt kein Leben auf der Erde möglich wäre. Und die letzten vier Kapitel sind würde ich mal sagen so ein bisschen lokaler und praktischer. Und da ist einmal das Thema Pflanzen, also Artenvielfalt unter den Pflanzen bzw. gibt es eigentlich Unkräuter. Was mache ich mit Pflanzenkrankheiten oder wie halte ich meine Pflanzen gesund? Wie schütze ich alte Pflanzen, also altes Saatgut? Im sechsten Kapitel geht es um das Thema Tiere, also auch hier die Artenvielfalt. Und wie kann ich eigentlich meinen Garten zu einem Ort machen, der für Tiere auch wirklich ein schönes Reich ist? Dann haben wir noch was zum Thema Materialien. Also da geht es darum, wie kann ich Plastik in meinem Garten vermeiden oder wie kann ich auch Garten-Minimalist:in werden. Oder wie kann ich Dinge upcyceln und recyceln? Wie kann ich Energie sparen und Ähnliches? Und das letzte Kapitel ist dann Ernte und das auch so ein bisschen von uns im doppelten Sinne gedacht. Also natürlich auf der einen Seite die Ernte des Gartens, also die Früchte. So was mache ich dann mit denen, kann man die lagern oder einkochen oder fermentieren oder was auch immer und zum anderen aber auch, was gibt es dann über die reinen Früchte hinaus an Ernte in meinem Garten?

Marek Es ist vielleicht auch da wiederum, das schließt sich eigentlich ganz schön diesem philosophischen Gedanken an, einerseits jetzt die Beziehung zur Natur und dann aber auch das, was die Natur einem zurückgibt, dann ist es ja ein Geben und Nehmen. Das heißt also, wenn wir uns so verhalten, wie es der Natur guttut, dann wird die uns so reich beschenken. Und wir merken das selbst in unserem kleinen Garten, wo wir Dinge anpflanzen, wie wir uns immer darüber freuen, wenn die dann beginnen zu wachsen oder wir so eine kleine Ernte machen können oder was davon auch auf dem Teller landet und das so herrlich schmeckt, natürlich viel besser als irgendwo anders, wenn es aus dem eigenen Garten kommt. Und das ist natürlich ein weiterer Aspekt, also die Ernte, wie es Ilona meinte, als so eine philosophische Stärke sozusagen der Gemeinschaft zwischen Natur und Mensch oder Garten und Mensch zu betrachten.

Stefanie Okay, und ihr habt ja auf dem Titel des Buches stehen, dass ihr also einmal Gärtnern für eine bessere Welt, aber auch rettet die Vielfalt. Und wie kann ich denn jetzt eigentlich als Einzelne:r, da sind wir eigentlich wieder bei diesem Punkt, also als Einzelperson. Wie kann ich denn auch noch mit Gärtnern jetzt die Welt retten bzw. die Vielfalt retten?

Marek Also einerseits kann man sagen, dass mittlerweile durch die Aktivitäten in einer Stadt mehr Vielfalt innerhalb der Städte möglich ist als außerhalb. Wenn man sich mal anguckt, wie die in Anführungsstrichen moderne Landwirtschaft die Gegenden außerhalb der Städte einebnet und agrartechnologisch oder agrarwirtschaftlich nutzt und für Tiere eigentlich fast unbrauchbar macht. Und wenn man das vor Augen hat, kann man feststellen, dass wenn man neue Ressorts schafft, das heißt Rückzugsgebiete, dass da plötzlich dann auch das Leben hin geht, dahin zurückkehrt und man tatsächlich etwas für den Erhalt der Arten macht. Zumindest für diejenigen, die es in die Städte schaffen. Was ja schon mal ein Anfang ist.

Ilona Genau. Und da kann man wirklich auch sagen jeder Quadratmeter zählt, weil das jetzt beispielsweise für Pflanzen oder auch für kleine Tiere, die können ja keine großen Distanzen überwinden. Und deswegen ist es immer gut, um sozusagen vor dem Aussterben oder um denen sozusagen noch eine möglichst weite Verbreitung sichern zu können, ist es ganz gut, wenn die immer wieder so Inseln finden, wo sie sich dann wieder ansiedeln können. Also die können vielleicht, was weiß ich, ein paar 100 Meter weiter fliegen die Pollen oder auch die Insekten oder so, aber viel weiter dann vielleicht nicht. Und wenn da dann wieder der nächste Balkon ist oder die nächste Baumscheibe oder der nächste Gemeinschaftsgarten oder was auch immer, dann ist das echt super. Insofern ist jeder Grünstreifen und jede Verkehrsinsel wirklich wichtig und sinnvoll. Und in dem Zusammenhang können engagierte Menschen natürlich jetzt ihren eigenen Garten naturnah gestalten und sie können aber auch beispielsweise zur Gemeinde gehen oder zur Stadt gehen und können da dafür kämpfen, dass so was wie Randstreifen an der Straße oder auch Verkehrsinseln usw., dass da tatsächlich lokale Wildpflanzen und Blumen ausgesät werden, sodass da auch die Insekten wieder Nahrung finden. Weil es ist wirklich so wie Marek sagt. Also die haben mittlerweile in Siedlungsgebieten oder auch in Städten höhere Überlebenschancen als jetzt an Ackerrändern.

Stefanie Und wie würde denn, wenn wir das so weiterspinnen, wie würde eure ideale Stadt aussehen, wenn ihr von Randstreifen usw. sprecht? Wie würde sowas aussehen für euch?

Ilona Also, wenn du jetzt mich nach meinen kühnsten Träumen fragst, dann geht es sogar noch ein Stück weiter, weil ich ja wirklich auch von Siedlungen, von Städten träume, die nicht zugeparkt sind mit Schrottlawinen von Autos. Also meine ideale Stadt wäre wirklich wesentlich grüner, sie wäre wesentlich ruhiger und sie hätte eine wesentlich bessere frische Luft. Kinder könnten wieder gefahrlos auf der Straße spielen, auf der Straße umhergehen, Tiere auch. Und ja, wir hätten wirklich überall grün. Es gibt ja dieses spannende Konzept der essbaren Stadt. Da hat ja in Minden eine Permakultur Gärtnerin angefangen. Das finde ich auch super spannend. Also statt Hecken einfach Johannisbeersträucher pflanzen oder statt Zierblüten-Bäumen Obstbäume. Also warum nicht oder statt irgendwelchen anderen Gräsern vielleicht irgendwelche Kräuter. Also da ließe sich ja vieles überlegen. Und wenn nicht überall die Autos rumfahren, dann kann man das ja auch tatsächlich genießen, was da wächst. Und so was könnte ich mir gut vorstellen.

Marek Also es wäre auf jeden Fall erst mal eine Stadt oder eine Welt, in der man sich die Räume zurückholt. Im Moment sind die Räume ja tatsächlich besetzt durch Fahrzeuge, die ich glaube nur 10 % des Tages... Also die Zeit über nutzen und bewegt werden. Und den Rest der Zeit ja herumstehen. Also da auch einfach erst mal nur Platz einnehmen und dann, wenn sie fahren, auch der Natur nichts Gutes tun. Das heißt also einerseits den Raum klauen, sage ich mal oder besetzen, sehr aggressiv, auch immer im Vordergrund und immer als die mächtigsten Teilnehmer sozusagen des Straßenstraßengeschehens und dann durch die Ausbringung von Abgasen dann natürlich auch äußerst ungesund sind. Wenn es jetzt also schon mal möglich wäre, wieder diese Räume zurückzuholen und mehr in den öffentlichen Raum zu gehen, das heißt als Mensch nicht einfach nur von Haus zu Haus und dann möglichst schnell wieder rein, sondern den öffentlichen Raum auch als den Aufenthaltsraum und als den Raum sozusagen der Gemeinschaft zu betrachten und des Zusammentreffens. Dann hat man nicht nur einen ganz massiven positiven Vorteil oder einen Vorteil für die Gemeinschaft, sondern man kann sich dann auch um diese Räume wieder kümmern und kann sie renaturisieren und dafür sorgen, dass diese Räume tatsächlich auch natürliche Räume wieder werden. Und das käme allen zugute. Und das käme natürlich nicht nur dem Menschen zugute. Der würde ein viel entspannteres und gesünderes Leben führen können und wieder mehr in die Gemeinschaft hinein seine Zeit und seine Ideale investieren, sondern das würde natürlich der gesamten Tierwelt zugutekommen, weil die Tiere in der Gemeinschaft mit dem Menschen sind darauf angewiesen, dass wir ihnen die Plätze lassen und dass wir sie nicht immer weiter zurückdrängen und ihnen die Lebensgrundlage rauben. Und das wäre also eine Welt, in der die Tiere, die Menschen, die Natur auch wieder in Eintracht und Harmonie sind. Das hört sich jetzt ein bisschen verklärt an, aber wir merken, was das Gegenteil erzeugt und was für grausame bzw. destruktive Folgen es hat, wenn wir darauf nicht achten und so ein Ungleichgewicht entsteht und dass Insekten verschwinden, die Vögel verschwinden, die Kleintiere verschwinden und immer mehr wilde Tierarten verschwinden. 60 % der wilden Tiere sind nicht mehr da. Das heißt, weil wir uns nicht darum gekümmert haben, ihnen die Räume zu lassen, die sie brauchen. Wir diskutieren über die kleinsten Überschreitungen der roten Linien, die wir hier ziehen, sobald irgendwelche Tiere gesichtet werden, an Orten, wo wir es nicht wollen, und holen uns das brüsk zurück, schießen die ab und verdrängen die oder wollen die da einfach nicht haben. Aber für uns gibt es eigentlich keine rote Linie. Wir nehmen uns einfach was wir wollen und somit, um das wieder auf den Garten zurückzuführen, wenn die Welt eher wäre wie ein Garten, wäre es anders als wie die Welt derzeit ist: Ein Raum für Hilfe für die stärksten Teilnehmer von Verkehr oder von Gemeinschaft.

Stefanie Ihr schreibt ja auch in eurer Einleitung, dass es eigentlich nur gemeinsam geht, dass wir es gemeinsam schaffen. Aber jede:r Einzelne kann etwas tun. Wie passt das zusammen? Also, dass ich als Einzelne:r etwas tun kann, aber es eigentlich doch gemeinsam nur geht?

Marek Also auf jeden Fall muss man sagen eine Gemeinschaft besteht aus Individuen und Gemeinschaft sollte nie so sein, dass das Individuum letztlich gänzlich darin untergeht. Aber sobald das Individuum, das heißt der einzelne Mensch, die Vision wieder haben kann von einer möglichen anderen Welt, das ist ja das, was uns die ganze Zeit antreibt, also das, was wir unter einer besseren Welt verstehen als die, die wir uns im Moment hier gerade zugestehen, wird da natürlich auch zu einem anderen Gemeinschaftswesen und wird sich in anderen Gemeinschaften anders engagieren. Das heißt also, ausgehend von dem Individuum bilden sich oder können sich Gemeinschaften bilden, die nicht nur eine soziale oder sozial andere Kultur pflegen, sondern sich anders einbringen und anders in der Natur verhalten. Und insofern muss beides natürlich gegeben sein. Aber es beginnt mit dem Individuum und wenn das Individuum seinen Frieden macht mit der Natur und mit den anderen, dann wird es auch ohne Weiteres zu einer kreativen und nutzbringenden und sich engagierenden Gemeinschaft gern zusammenfinden.

Ilona Für uns klingt ja häufig irgendwie Individuum, Gemeinschaft klingt wie so ein Widerspruch. Ich glaube also meiner Meinung nach liegt es daran, dass wir so ein Gewinner Verlierer Denken haben. Das hat Marek ja vorhin auch schon gesagt. Dass wir immer gucken müssen, dass wir auf der Gewinnerseite stehen, weil sonst sind wir automatisch die Verlierer. Und in so einem Denken ist natürlich Gemeinschaft dann irgendwie etwas, was irgendwie Kampf bedeutet, wo sich der/die Einzelne irgendwie durchsetzen muss. Aber wenn wir von Gemeinschaft sprechen, dann haben wir eigentlich so ein anderes Ideal, nämlich, dass die Menschen das geschafft haben, Ja, also nicht in Gewinner und Verlierer zu denken, sondern in gleichberechtigten und gleich wertvollen Partnerschaften oder Wesen, die da zusammenkommen. Und das hört sich natürlich alles jetzt erst mal ganz toll an und gut. Aber wenn ich jetzt beispielsweise über mich nachdenke und oder auch was Marek gerade geschildert hat, wie wir uns die ideale Zukunft vorstellen würden und wir treffen auf jemanden, der nun mal sagt „Nee, also mein Auto ist aber mein liebstes und davon lasse ich auf gar keinen Fall ab“. Also wie könnten wir uns mit so jemanden einigen, wie unsere gemeinsame Zukunft aussieht? Das ist ja im Grunde genommen so die wirklich große Herausforderung, vor der wir jetzt auch stehen. Auch wenn jetzt ältere Menschen, die sagen „Nee, ich will aber in Urlaub fliegen, weil das habe ich mir verdient“, „Ich habe mein Leben lang hart gearbeitet und jetzt steht mir das auch einfach zu“. Und dann stehen auf der anderen Seite die jungen Menschen von Fridays for Future und sagen „Ja, aber ihr könnt doch nicht fliegen, weil das zerstört unsere Zukunft“. Also das sind ja so insgesamt Konflikte, die wir gerade haben, wo wir , wo es unserer Meinung nach zu keiner Lösung führt, wenn wir in Gewinner und Verlierer irgendwie denken, weil die Verliererseite wird sich dem dann nie fügen, die wird immer versuchen, einen Weg zu finden, sich dann doch irgendwie wieder ihre Ideen durchzusetzen, weil sie dann hofft ja vielleicht nach der nächsten Schlacht gehe ich vielleicht als Gewinner hervor.

Marek Die Gewinnerseite nimmt immer zunehmend weniger Rücksicht natürlich auf die Verlierer, weil auch das sozusagen Teil ihres Privilegs ist.

Ilona Aber das kann ja nicht unser Ideal sein, sondern unser Ideal wäre es wirklich herauszufinden wie können wir denn also uns gemeinsam eine Zukunft vorstellen? Oder wie können wir uns auch gemeinsam eine Gegenwart vorstellen, die eine Zukunft für alle nach uns Kommenden ermöglicht?

Marek Leider ist es so, dass wir an einem Punkt sind, wo wir da auch nicht mehr so viele Experimente wagen können, weil wir einen fortgeschrittenen Verlauf haben, der sozusagen mit den ökologischen Folgeschäden der letzten Jahrzehnte und man muss sagen ja fast schon Jahrhunderte einhergeht. Das heißt also, wenn man es ganz krass formulieren will, ist es so, dass wir nur als Gemeinschaft eine Lösung finden für eine Zukunft, die dann wirklich auch lebbar sein wird für uns, denn wir kriegen es jetzt nämlich noch mit. Wir würden gar nicht sagen können das machen wir alles nur für die kommende Generation, aber insbesondere für die kommenden Generationen unserer Kinder und Enkel. Also wenn wir uns jetzt was dies betrifft, zu sehr auf unseren, auf die Selbstverständlichkeit sozusagen, der Durchsetzung unserer persönlichen und egoistischen Motive zurückziehen und sagen das ist etwas, was wir unbedingt beibehalten wollen, weil wir möchten das und haben uns das die ganze Zeit sozusagen als Werte-Versprechen der Gesellschaft einreden lassen. Jetzt wollen wir es auch ausgelöst oder eingelöst bekommen. Dann mindern wir nicht nur die Chancen der kommenden Generationen, sondern auch unsere eigene. Also ganz krass gesagt: Wenn wir uns nicht zusammenreißen als Gemeinschaft, minimieren wir die lebbare Zukunft für uns als Menschen, aber auch für die Tier- und Pflanzenwelt.

Ilona Und hier komme ich wieder aufs Gärtnern zurück, weil ich finde, wenn wir dann anfangen, uns als Gärtner:innen der Welt sozusagen zu begreifen, also als Gärtner, habe ich ja sozusagen die Verantwortung oder als Gärtnerin auch, die Verantwortung, oder ich fühle auf jeden Fall die Verantwortung in mir, dass es meinem Garten gut geht, dass alles sprießt und gedeiht, dass alles wächst und dass alles versorgt ist. Und ich bin dafür mehr oder weniger verantwortlich. Und dieses Gefühl, wenn wir das von unserem kleinen Garten auf die große Welt übertragen können, ich glaube, dann gibt es nämlich irgendwie was, wo wir sehen: Ja, das ist größer als ich kleines einzelnes Menschenwesen, da gibt es was Übergeordnetes, da gibt es eine Erdatmosphäre, die wirklich wunderbar funktioniert und was ganz fantastisch ist und soweit wir wissen einzigartig im Universum. Da gibt es irgendwie einen Wasserkreislauf, der total faszinierend ist, dass das alles so funktioniert. In einem Löffel voller gesunder Erde stecken mehr Lebewesen drin, als jemals Menschen auf der Erde gelebt haben. Also das sind alles so erstaunlich faszinierende Dinge. Und ich glaube, wenn man dafür einen Blick hat und wenn man da das Bewusstsein schult und schärft, ich glaube, dann kann man… Also meine Überzeugung ist, wenn Menschen das erkannt haben und dafür den Blick geöffnet haben, dann können sie nicht mehr leichtfertig hingehen und sagen „Nee, aber das Fliegen in Urlaub ist mir jetzt wichtiger, als dass sozusagen diese wunderbare Natur weiterhin bestehen bleibt“. Und ich glaube, insofern kann ebenso das Gärtnern wahnsinnig viel auslösen beim Menschen.

Marek Aber es liegt an uns, was wir jetzt daraus machen. Und es ist natürlich auch ganz wichtig zu sagen, wir dürfen uns auch jetzt nicht in der Richtung aufspielen, dass wir sagen, wir sind jetzt die Gärtner:innen der Welt und deswegen darf die Welt oder darf die Natur sozusagen auch nicht mehr eigene Entscheidungen treffen, um es mal ganz platt zu sagen. Wir müssen auch uns eingestehen, dass wir die Welt nicht in allen Belangen bis ins Letzte kontrollieren und uns untertan machen müssen, wie es ja eigentlich immer so die Vorstellung der Menschheit war, alles einzuhegen. Die Natur braucht auch ihre Freiräume und da ist sie durchaus in der Lage, sich selbst Gärtner oder Gärtnerin genug zu sein. Der Gärtner ist in diesem Fall keiner, der die Welt sozusagen unterjocht und die Natur sich gefügig macht, sondern der Gärtner oder die Gärtnerin ist jemand, der/die sozusagen im kreativen Miteinander schöpferisch in der Natur tätig wird.

Ilona Der oder die für das Wohl aller sorgt.

Marek Und für das Wohl aller sich einsetzt. Das, würde ich jetzt sagen, verstehe ich unter der gärtnerischen Tätigkeit.

Stefanie Wenn jetzt ein Hörer oder eine Hörerin sagt „Ja, ich bin total motiviert und es klingt total gut und ich will jetzt auch einsteigen“. Was wären denn so die ersten drei Schritte oder drei Tipps, die ergeben können, was jetzt jemand machen kann, der sagt „Ich möchte wirklich die Vielfalt retten und ich möchte jetzt mit dem Gärtnern die Welt verändern sozusagen“.

Ilona Also, ich fange vielleicht mal an, dann kannst du ja auch sagen, was deine Schritte sind.

Marek Ja, gern.

Ilona Also, egal ob jemand jetzt einen Garten hat oder nicht. Meiner Meinung nach ist der allererste und allerwichtigste Schritt ist beobachten. Sich Zeit nehmen, zur Ruhe kommen, beobachten, zuhören und verstehen. Weil ich glaube, ohne das Verständnis weiß man nicht, welche weiteren Schritte man machen soll. Und das kann dann in so einem blinden Aktionismus enden, wo man irgendwelche Dinge macht. Aber irgendwie, man weiß gar nicht warum und irgendwie geschehen dann andere Dinge im Garten und man weiß nicht warum und hat sie vielleicht selbst verursacht. Also ich glaube das Allerwichtigste ist sich die Zeit nehmen, hinsetzen, beobachten und zuhören und dabei sich als zweiten Schritt auch überlegen: Was ist mir eigentlich wichtig? Sich selbst auch zuhören. Was verspreche ich mir vom Garten? Was ist meine Motivation? Was wünsche ich mir, was der Garten mir geben soll? Also ist es Obst und Gemüse? Ist es irgendwie ein lauschiges Plätzchen zum Lesen? Ist es irgendwie die Ästhetik? Also schöne Blumen. Oder ist es, dass ich vornehmlich Tieren den Raum bieten will oder meinen Kindern zum Spielen? Also was ist es eigentlich, was ich mir von dem Garten verspreche? Und ich glaube daraus ergibt sich dann alles Weitere.

Marek Also, ich glaube auch das Beobachten ist der allererste Punkt. Sich erstmal anzuschauen, wie agiert eigentlich die Natur da draußen und was passiert dort? Also was passiert auch wann? Denn Beobachten heißt jetzt nicht aus dem Fenster gucken und zehn Minuten später loslegen. Sondern Beobachten heißt natürlich auch, das über einen längeren Zeitraum - Man kann ja auch schon beginnen - aber über einen längeren Zeitraum sich anzuschauen, zu notieren, wie die Natur reagiert. Wann kommen welche Pflanzen.

Ilona Wo scheint welche Sonne hin.

Marek Und wie sind eigentlich die Abläufe genau in der Region, um die es jetzt für mich geht? Das als allererstes. Wenn man das getan hat und auch weiß, was man eigentlich möchte, wäre es eigentlich ganz gut, sich einen Plan zu machen. Also zu überlegen, was ist eigentlich notwendig, damit mein Wunschgarten oder das Naturstück, was wir hier als Gemeinschaft ausgesucht haben, jetzt transformiert werden kann, nämlich dahin, wohin wir uns auch vorstellen, dass es sich verwandeln sollte. Und dazu gehört natürlich auch, dass man sich eingehender mit den Dingen beschäftigt. Es ist nicht notwendig, jetzt ein Doktor zu machen, um einen Garten anzulegen, aber es ist zumindest notwendig zu wissen, welche Pflanze mit welcher Pflanze kann oder wie Pflanzen reagieren in den unterschiedlichen, ich sage mal, Georegionen oder Wetterregionen. Wie funktioniert das Mikroklima. Es ist alles nicht so kompliziert, weil das meiste erschließt sich ziemlich einfach und wie gesagt durch Beobachtung. Die Pflanzen sagen einem auch, was sie wollen im übertragenen Sinne. Das sieht man allein dadurch, wie sie dann reagieren. Aber wenn man so einen Plan macht und sich einfach mal aufzeichnet, wie das aussehen soll, bekommt man auch schon so etwas wie eine Vision von dem Garten, den man haben möchte. Und ich glaube, diese Vision ist auch ganz wichtig, weil die ist Teil des schöpferischen, kreativen Prozesses der Transformation von dem Ort, wie er vorher war in den Ort, den man hinterher haben möchte. Und dann ist es sicherlich gut, auch da Experimente zu machen und auszuprobieren.

Ilona Genau. Also Gärtnern, also zumindest haben wir das festgestellt, das Gärtnern, das lernt man hauptsächlich so Learning by Doing, also indem man es macht und ausprobiert. Und das zweite oder eine zweite ganz wichtige Lernquelle für uns waren andere Menschen, also auch die Gemeinschaft. Das kann irgendwie das Gespräch am Gartenzaun mit der Nachbarin sein oder dem Nachbarn. Das kann sein, dass man mal zu einer Saatgut Tauschbörse geht. Das sind so Veranstaltungen, wo selbst gewonnenes Saatgut getauscht wird. Und da findet man auch natürlich ganz viele Menschen, die schon lange gärtnern und da auch Fragen beantworten können, mit denen man in Austausch kommen kann. Man kann mal Stadtgärten in der Nähe besuchen und dort sich mit den Menschen unterhalten. Oder was auch gut ist: Es gibt so eine Webseite gruenanteil.net heißt die. Da finden sich auch die unterschiedlichsten Gemeinschaftsgärten zusammen, aber auch Menschen die Stadt-Natur erhalten möchten, sei es Uferböschungen oder Parkanlagen oder was auch immer, die sich dafür einsetzen. Also da findet man auch auf jeden Fall Gleichgesinnte, weil das wäre auch nochmal so ein wichtiger Tipp von uns. Also sucht euch Leute, die sich auch dafür interessieren und tauscht euch mit denen aus und tauscht nicht nur Informationen, sondern tauscht auch Stecklinge und Saatgut und geteilte Stauden und Werkzeuge möglicherweise und alles Mögliche. Denn nicht jede:r muss alles einzeln haben. Also jede:r, der/die mal einen Garten hatte, in dem ein Apfelbaum steht, der weiß dass spätestens in einem guten Apfeljahr, wenn die Ernte reif ist, das Tauschen sozusagen das einzige ist, was hilft, weil man wird dann so viele Äpfel haben, dass man gar nicht weiß, was man mit denen machen soll.

Marek Also mir fallen noch zwei kleine Dinge ein, die natürlich jetzt von großer Bedeutung sind, aber die man schnell schildern kann. Das eine ist, wenn ich beobachte und feststelle, dass dort nicht nur Pflanzen ihren Lebensraum finden, sondern auch Tiere, ich mir auch genauer anschaue und Ilona hatte es ganz vorhin mal gesagt, was das Tier denn eigentlich will oder wie es sein Leben dort organisiert und nicht einfach drüber weggehe und sagt „Das haue ich jetzt weg und diesen Platz brauche ich irgendwie für was Hübsches“. Sondern auch darauf eingeht und diesen Tieren ihre Räume lässt, dass sie sich organisieren können und dass sie sich beheimaten können. Das ist das eine. Und das andere ist sicherlich, finde ich noch mal ganz persönlich wichtig, dass ich auch nicht einfach losgehe und jeden möglichen Schrott einkaufe in irgendwelchen Gartenbau-Märkten und mich dann mit Plastik zudecke mit Dingen, die dann meinetwegen ja später dann schon kaputt sind, sondern möglichst auf giftiges Material verzichte, auf Material, das sowieso schon fast schrottreif ist. Wenn ich es mir da irgendwie hinstelle und der erste Regen kommt oder auch unnatürliche Materialien, die eigentlich das Ökosystem wieder gefährden, wie viele Plastikstoffe. Dass ich darauf achte oder dass wir darauf achten, dass wir den Garten möglichst natürlich bewirtschaften.

Ilona Und so ein Garten bietet ja auch eigentlich reichlich Baumaterial. Also das Upcycling und Recycling hat im Garten ja schon eine uralte Tradition und man wird immer leicht verführt, gerade wenn man anfängt, dass man denkt „Ja, das brauche ich noch und das“. Das ist ein Riesenmarkt. Aber es ging mir auch am Anfang so, ich habe auch einige Sachen gekauft.

Marek Viele Leute ziehen los und gehen dann in diese Märkte rein und holen sich dann irgendwelche Pflanzen, die aber schon so angeboten werden, dass sie natürlich keine lange Lebenszeit haben, damit die Leute dann baldmöglichst wieder in den Laden kommen und sich was Neues hinstellen. Da ist es auch wirklich besser auf Qualität zu achten und nicht jetzt das Billigste zu nehmen.

Ilona Genau da kann man auch mal gucken. Es gibt immer so vom NABU usw., die organisieren auch so Pflanzenmärkte, wo sie dann wirklich Pflanzen aus der Region, irgendwelche Stauden oder Blumen und Gräser, also die sozusagen naturnah sind. Und das ist besser sich dann so was zu holen. Zum einen halten die lange und zum anderen sind die auch nicht so krankheitsanfällig und bieten Lebensraum und auch Nahrung für die ortsansässige Tierwelt.

Stefanie Okay, das ist ja schon ein super Einstieg. Habt ihr sonst noch irgendwie zum Abschluss was, was ihr den Hörer und Hörerinnen mit auf den Weg geben wollt?

Marek Ja, dass es sich auf jeden Fall lohnt, auch wenn, ich meine, es gibt ja schon einen Trend in Richtung der Garten und Kleingärten und Schrebergartenvereine, wo viele Leute dann auch jetzt die Natur sozusagen neu entdecken, dass man Spaß am Entdecken hat und dass es einem Freude bereitet, ja mal die Hände in die Erde zu stecken und plötzlich festzustellen, wie gut einem das tut, sich mit dem Garten zu beschäftigen.

Ilona Genau. Und soweit wir zumindest das beobachten können, dass die weltweite Bewegung der Kleingärtner:innen, der kleinen Bauern und Bäuerinnen und überhaupt so dieses ganze natürliche, naturnahe Anbauen, dass das eine weltweite Bewegung ist, die eigentlich so viele praktische Lösungen im Moment ausprobiert und auch anbietet, wie eigentlich sonst kaum eine Bewegung. Und die hat wirklich auch global eine riesen Wirkungskraft und sorgt für ganz viel neues Bewusstsein. Und das Allertollste ist , dass jeder und jede total leicht mitmachen kann und dass es auch super viel Spaß macht und total erfüllend ist. Aber das ist sozusagen ein politischer Aktivismus, der sich gar nicht so anfühlt und für viele auch in erster Linie gar nicht unbedingt ein politischer Aktivismus ist, aber dann letztendlich doch eigentlich, wenn man so naturnah gärtnert. Und da können wir noch jeden und jede einladen. Macht mit.

Stefanie Das heißt also, auch wenn ich keinen grünen Daumen habe, loslegen.

Ilona Ja, natürlich. Also der grüne Daumen ist ein Mythos meiner Meinung nach.

Marek Ja, ich glaube auch, jede:r findet so sein/ihr Ressort, also seinen/ihren Bereich, den er/sie klasse findet. Es muss ja nicht immer jetzt der vermeintlich nicht funktionierende grüne Daumen an irgendeiner Topfpflanze scheitern. Dann macht man was anderes. Also die Natur ist so reichhaltig und die Möglichkeiten sind so weit, dass da eigentlich kein Daumen scheitern kann.

Stefanie Okay, vielleicht noch abschließend: Wo findet man euch im Internet und wo findet man das Buch überall?

Ilona Also das Buch gibt es in jedem Buchladen, also in jedem guten Buchladen kann man es zumindest bestellen, wenn es nicht vorhanden ist.

Marek Also wir empfehlen immer den kleinen Buchladen um die Ecke.

Ilona Wir empfehlen den kleinen Buchladen um die Ecke. Dann gibt es natürlich noch buch7.de, den sozialen Online Buchladen, der total super ist. Und nicht zuletzt könnt ihr auch in der Bücherei gucken, ob es da auszuleihen gibt. Man muss ja nicht jedes Buch gleich selbst kaufen und online findet ihr uns unter jetztrettenwirdiewelt.de/gruenes. Da findet ihr alle Aktionen, die wir auch im Buch haben oder Aktivitäten, die ihr im Garten machen könnt. Und das bauen wir auch noch weiter aus diesen Fundus. Und da gibt es aber auch eine kleine Info zum Buch.

Stefanie Okay. Ja, wunderbar. Dann bedanke ich mich ganz herzlich für eure Zeit und für die vielen Eindrücke, die ihr geschildert habt. Und ja, vielen Dank.

Ilona Vielen Dank.

Marek Das hat Spaß gemacht.

Stefanie Das war das Interview mit Ilona und Marek zu ihrem Buch „Gärtnern für eine bessere Welt“. Und ich möchte diese Folge nicht beenden, ohne mich bei unseren treuen Steady Unterstützern und Unterstützerinnen zu bedanken. Ganz ganz herzlichen Dank! Und dann bleibt mir nichts anderes zu sagen als in diesem Sinne: In Hamburg sagt man Tschüss und auf Wiederhören.

Links zur Folge

Mehr zum Buch "Gärtnern für eine bessere Welt"
https://jetztrettenwirdiewelt.de/gruenes/

Das Buch "Gärtnern für eine bessere Welt" auf buch7.de
https://www.buch7.de/store/product_details/1033502255

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