Slow Travel - die Kunst des Reisens

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Folge 174 - Slow Travel - die Kunst des Reisens

Langsam reisen ist gut für die Umwelt- aber auch für die Nerven?

Als Jugendliche hatte ich eine Fernbeziehung und bin in Ermangelung eines Führerscheins viel mit der Bahn unterwegs gewesen.

Für eine Strecke, für die ich mit dem Auto 3 Stunden brauchte, musste ich mit der Bahn mindestens 6 Stunden zurücklegen, was die sowieso schon viel zu kurzen Wochenenden noch mehr verkürzte.

Nicht selten verspätete sich mein Zug und ich verpasste den Anschlusszug, so dass sich meine Bahnfahrt spontan um 3 weitere Stunden verlängerte. Manchmal verbrachte ich mehr Zeit im Zug, als mit meinem Freund.

Du kannst Dir vielleicht vorstellen, wie sehr ich meinen Führerschein und ein eigenes Auto herbeisehnte. Als es soweit war, schwor ich mir nie wieder Bahn zu fahren.

Heute, viele, viele Jahre später, habe ich meinen Schwur gebrochen und fahre dem Klima zuliebe mit der Bahn. Bisher eher widerwillig, weil sich seit meinen Teenagererlebnissen nicht viel bei der Bahn verändert hat, aber seit neuestem voller Überzeugung.

Auslöser für meinen Sinneswandel ist das Buch "Slow Travel - Die Kunst des Reisens" von Dan Kieran, das wir in dieser Folge rezensieren.

Ich habe es Seite für Seite verschlungen und es hat mich mit dem langsamen Reisen versöhnt. Hör doch gleich einmal rein.

Links zur Folge

Buch "Slow Travel - Die Kunst des Reisens" von Dan Kieran
https://www.buch7.de/store/product_details/1022438572

Vollständiges Transkript (Korrektur gelesen von Birgit G.)

Stefanie In dieser Folge sprechen wir mal wieder über ein Buch und zwar über „Slow Travel – Die Kunst des Reisens“ von Dan Kieran. Er wird K-i-e-r-a-n geschrieben und ist ein Brite.

Carsten Kieran. Er möge uns korrigieren, falls er das hört.

Stefanie Ich befürchte, er wird es nicht hören. (lacht) Genau das Buch habe ich. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich darauf gekommen bin. Irgendwie hat es den Weg zu mir gefunden. Und ich bin total froh, dass ich es gelesen habe. Carsten und ich haben das beide gelesen, weswegen wir jetzt unsere Erlebnisse mit diesem Buch abgleichen können. Für mich ist das die Antwort auf meine lange Frage, wollte ich schon sagen, auf meine lange Suche. Nämlich die Suche danach, wie ich mich jetzt mit diesem langsamen Reisen, was wir ja freiwillig machen, anfreunden kann. Da hatten wir ja schon mal in der vorangegangenen Folge – schon ein bisschen länger her – übers langsame Reisen gesprochen und dass wir bewusst aufs Auto verzichten und versuchen, die Strecken mit der Bahn zurückzulegen. Und dadurch sich die Strecken naturgemäß häufig verdoppeln, also in der Zeit verdoppeln und wir viel Zeit dann in der Bahn verbringen und ich mich damit noch nicht so recht anfreunden konnte mit dieser Zeit in der Bahn. Und dieses Buch hat mich jetzt mit dieser Zeit versöhnt.

Carsten Die Zeit haben wir damals ja als Zwischenmomente gekennzeichnet, die natürlich in irgendeiner Art und Weise näher zu füllen ist. Also dieser Drang ist ja da. Was machst du dann mit diesen Stunden, die du jetzt auf einmal zur Verfügung hast, wo du dich nicht auf den Verkehr konzentrieren muss, sondern wo du eigentlich nur in der Bahn sitzt und überlegen musst: Was machst du jetzt eigentlich? Und ich muss sagen, da hat das Buch tatsächlich Inspirationen geliefert, die aber ein bisschen unerwarteter waren. Also das, was das Buch tatsächlich geboten hat, war eigentlich ein Reisebericht. Es geht nicht einfach nur um eine thematische Abhandlung „was heißt jetzt langsam reisen?“, sondern das ist eigentlich ein Reisebericht.

Stefanie Ja, es ist ein Reisebericht. Es geht auch um die Psychologie des Reisens. Also es geht stark in die Hintergründe rein und auch die Art und Weise des Reisens. Und der Autor sagt an einer Stelle, dass er dieses langsame Reisen schon länger praktiziert und dass das mal mehr boomt und mal weniger und meistens aus Gründen der Nachhaltigkeit. Und er macht das aber gar nicht aus Gründen der Nachhaltigkeit, sondern tatsächlich, weil er Flugangst hat und weil er das so für sich entdeckt hat, dass es ihm Spaß macht und dass es ihm etwas gibt. Also es ist etwas, was er eigentlich für sich macht und nicht für die Umwelt.

Carsten Er ist auch Ratschlägen nicht gefolgt, wo im Bekanntenkreis die Leute natürlich versucht haben, ihm zu erklären, dann stell dich doch deiner Flugangst, es gibt ja Therapien und was weiß ich nicht noch alles oder Medikamente. Aber dann kannst du halt fliegen. Und das wollte er gar nicht. Er hat dann eben ganz bewusst gesagt: Nein, wenn ich das habe, Flugangst, dann ist dem so und dann komme ich halt anders zum Ziel. Was dann eben … und das sind dieser … ja eigentlich sind es Reiseberichte … Ich muss mich korrigieren, das ist nicht ein Reisebericht, sondern er erzählt über die Art und Weise, wie er in der Vergangenheit gereist ist, was für Erlebnisse er dort gehabt hat, um den Leser auch teilhaben zu lassen, dass Reisen an sich eben auch ein Erlebnis darstellen kann und nicht einfach nur das von A-nach-B-Kommen sein muss. Und wie gesagt, das macht er heute auch noch. Aber die Anekdoten, die er erzählt, die sind sehr belustigend, aber auch sehr interessant, dass er eine Anekdote einstreute, wo er zu einer Hochzeit eines guten Freundes musste. Die Hochzeit fand aber in Polen statt. Er selber lebt in der Nähe von London und er war der einzige der eingeladenen ausländischen Gäste, der nicht geflogen ist, während alle anderen mal eben kurz von Flughafen zu Flughafen innerhalb von zwei Stunden die Wegstrecke hinter sich gebracht haben, hat er dann die komplette Strecke per Bahn überbrückt und natürlich ein bisschen mehr als zwei Stunden gebraucht.

Stefanie Und er erzählt von verschiedenen solcher Reisen, verschiedenen Arten. Er geht in diesem Buch auch auf die verschiedenen Einwände ein, die man so haben kann, wenn man hört, andere reisen langsam. Warum das für einen nichts ist, zum Beispiel, dass er keine Zeit dafür hat, andere, um jetzt irgendwie zwei Monate durch die Gegend zu gondeln, um irgendwohin und wieder zurückzukommen. Dass die meisten dafür keine Zeit haben oder auch nur einen Monat, weil eben der Jahresurlaub einfach nicht einen Monat hergibt. Und er fängt auch damit an, dass er erzählt, dass er an einem Tag einfach seine Gegend erkundet hat. Und das fand ich so schön, weil das genau das ist, was ich auch immer mache. Carsten und ich sind ja schon öfter umgezogen und bevor ich Carsten kennengelernt habe, bin ich auch schon öfter umgezogen. Und was ich immer gemacht habe, wenn ich irgendwo neu hingezogen bin, ist, dass ich erstmal meine Gegend erkundet habe und mich aufs Fahrrad geschwungen habe und mir alles angeschaut habe und wirklich alles erkundet habe. Oder ich bin dann zu Fuß unterwegs gewesen. Ich weiß noch, als ich gerade in der Phase war, dass ich mein Diplom gemacht habe, hatte ich eben neben meinem Diplomarbeitschreiben viel Zeit und habe dann die Zeit damit verbracht – damals war ich im Ruhrgebiet – das Ruhrgebiet zu erkunden. Da gibt es für mich so eine ganz tolle Route der Industriekultur und da gibt es ganz, ganz viele Dinge zu entdecken. Damals hatte ich noch einen Hund und dann bin ich mit dem Hund zusammen losgezogen und wir haben ganz viele tolle Sachen gemacht zusammen. Wir haben uns Museen angeguckt und überall waren auch Hunde willkommen. Und das war alles total klasse und das ist auch so was, was mich eben dann dazu inspiriert hat, „Hamburg vegan erkunden“ zu gründen. Und da habe ich mich total wiedergefunden in dem Buch. Wo ich dann gedacht habe, ja, das ist genau das, das ist genau das, was Spaß macht, du musst nicht irgendwie irgendwo in einen anderen Erdteil fliegen, um irgendwie Urlaub zu machen oder um was Spannendes zu entdecken oder um einfach mal rauszukommen aus dem Alltagsgeschehen, sondern du kannst es vor der Haustür entdecken.

Carsten Ja, und die Anekdote da, wo er tatsächlich sein Umland erkundet hatte, das war auf einen Tag konzentriert. Er hatte, glaube ich, am nächsten Tag noch irgendwie einen Termin, den er wahrnehmen musste und deswegen wusste er, ich habe nur diesen einen Tag zur Verfügung, möchte aber jetzt mal so ein Stück erkunden, wo ich, obwohl ich hier schon lange lebe, noch nie gewesen bin. Und das war ein Tagesausflug, der kurz zusammengefasst so ein bisschen durchs Dickicht geführt hat. Er hatte versucht, irgendwie so einen ganz alten Römerpfad oder so was, einer Römerstraße zu folgen, die aber gar nicht mehr existierte, was er aber auch dann erst tagsüber festgestellt hat, als er eigentlich an der Stelle ankam, wo laut seiner uralten Karte dann die Straße hätte gewesen sein sollen. Und er berichtet, dass er dann den Tag damit zugebracht hat, sich Wege durch ein Gelände zu bahnen, was eigentlich gar nicht für Verkehr oder auch für Wandersleute gedacht war, was aber für sich schon Abenteuercharakter hatte. Und er schlussendlich irgendwie eine Wegstrecke zu Fuß zurückgelegt hat und da auch wirklich den kompletten Tag gebraucht hat, wo er sagte mit Auto irgendwie zehn bis zwanzig Minuten gebraucht hätte und das aber eben auch genossen hat, diese Zeit. Das war für ihn einfach mal ein komplettes Rauskommen aus dem Alltag, ein Abschalten und Versinken in die Natur, in das Erkunden der Landschaft, um Strukturen wahrzunehmen, um Landschaften wahrzunehmen, aber auch um Gedanken mal wahrzunehmen und denken zu können, wo eigentlich die Möglichkeit fehlt, wenn man wirklich die gleiche Strecke parallel mit dem Auto zurücklegt.

Stefanie Der Autor unterscheidet auch darin, dass er sagt, es gibt das Reisen und dass die meisten von uns heute gar nicht mehr reisen, sondern einfach nur noch ankommen, dass sie quasi durch das Fliegen zu Frachtgut werden. Und er beschreibt es in seinen verschiedenen Geschichten, dass er sagt, dass man ja von einem identisch ausgestatteten Flughafen zu einem identisch ausgestatteten Flughafen gebracht wird, wo alles immer irgendwie gleich aussieht. Und seine Art zu reisen, also das langsame Reisen, vielleicht auch das umständlichere Reisen, das macht etwas mit ihm und der Flug macht eben nichts mit einem, weil man einfach nur von einem Ort zum anderen verfrachtet wird. Und er erkundet auf seinen Reisen auch ganz viel seine Psyche und lernt ganz viel über sich selbst und lernt vor allem auch ganz viele unterschiedliche Menschen kennen. Und für ihn beginnt eigentlich das Abenteuer dann, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, also wenn seine Planung nicht funktioniert. Also das ist für ihn dann so, dass wo er irgendwie aufatmet und merkt, okay, er lebt und er ist im Hier und Jetzt. Das ist Reisen für ihn tatsächlich.

Carsten Ja, also der Weg ist Teil des Ziels. Also es ist nicht so, dass der Weg das Ziel ist, sondern er rechnet das schon mit ein, dass er diese längeren Strecken als Teil des Urlaubs ansieht. Also dementsprechend richtet er sich auch darauf ein, wenn er jetzt mit dem Zug fährt, längere Strecken, dass er dann auch Nachtzüge nimmt, wo er dann einfach sehr beruhigt und und ausgeruht die längere Wegstrecke zurücklegen kann, da schlafen kann, eine gute Verpflegung hat und durchaus Abteile hat, wo er einfach im Vorfeld nicht weiß, welche Personen sind denn da noch, die mich da auf dieser Reise begleiten und mit wem komme ich da ins Gespräch? Wen lerne ich kennen, was für Kulturen etc. Und das ist so, er hat ja auch diese Offenheit, genau das dann kennenzulernen. Das ist ja, wenn ich mir die gleiche Strecke jetzt mit dem Flugzeug vorstellen würde, also direktes Interesse an den Sitznachbarn oder den Leuten, die vor oder hinter einem sitzen, gibt es ja so seltenst bis gar nicht. Und das ist natürlich bei einer längeren Zugreise was ganz anderes.

Stefanie Er beschreibt es auch bei Städten, die er eben so besser kennenlernt, wenn er sie erwandert oder mit Bussen erfährt, als wenn er das U-Bahn-Netz oder in unserem Fall in Hamburg ist es auch das S-Bahn-Netz nutzt, also alles, was so untergrundmäßig fährt. Und wenn er eben die Stadt oberhalb erkundet, dass er dann in seinem Kopf einen Stadtplan erstellen kann und dann besser weiß, wo was ist. Und das habe ich tatsächlich auch schon von anderen Menschen gehört, mit denen ich darüber gesprochen habe, dass ich halt viel mit dem Fahrrad erkunde und die eigentlich immer nur mit der U Bahn unterwegs sind und dann, wenn sie mit mir mal mit dem Fahrrad unterwegs waren, gemerkt haben, ach, das ist ja alles ganz nah. Da könnte ich eigentlich auch mit dem Fahrrad hinfahren oder zu Fuß hingehen und die einfach immer nur eben von U-Bahn zu U-Bahn usw. dann gelaufen sind und damit gefahren sind. Das ist tatsächlich eine Art zu reisen, die man wirklich auf seinen kompletten Alltag anwenden kann. Es ist quasi eine Lebenseinstellung. Es hat nicht nur was mit Urlaub zu tun.

Carsten Ja, und auch bei Reiseführern hat er eine klare Position. Er sagt, dass wenn er tatsächlich länder- oder städteübergreifend unterwegs ist, versucht er sich schon per Literatur auf die Station oder auch das Ziel einzulassen und da etwas zu zu lesen. Aber eben kein Reiseführer. Er möchte sich nicht bevormunden lassen, also möchte er dann tatsächlich die individuelle Freiheit haben, selbst zu entscheiden, spontan zu entscheiden, was möchte ich jetzt eigentlich, finde ich etwas gut, finde ich etwas nicht gut. Allerdings auch, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass die Hotspots, die jetzt so als touristische Attraktion in diesen Reiseführern genannt werden, bei ihm im Grunde genommen eigentlich nur so ein schales Gefühl auslösen. Er hat ja so ein paar Beispiele gebracht, wie ein Erlebnis, wo er, obwohl er in London relativ häufig ist, eben auch Touristen beobachtet, die den Buckingham Palace anschauen und er einfach feststellt, die kommen in einer riesigen Erwartungshaltung da rein. Und jetzt werde ich mit dem Bus da hingefahren und gucke jetzt so einen geschichtsträchtigen Ort und einen der bekanntesten Orte der Welt und stehen dann da für ein paar Minuten und gehen dann mit einem leeren Gesicht wieder nach Hause und das warʼs dann. Also das ist dann ja kein Erlebnis mehr. Das ist einfach nur so ein Abhaken von so einer Checkliste. Das steht im Reiseführer, musste sehen, habe ich jetzt erledigt, ab zum nächsten Hotspot, vielleicht noch eben kurz ein Foto oder ein Selfie schießen als Beweis, dass ich auch da war. Und das ist für ihn ganz klar kein Reiseerlebnis. Da sagt er, okay, dann kann ich darauf verzichten und wirklich die Sachen anschauen, die mir persönlich was bringen. Da, wo ich Erlebnisse mit verbinden kann, die sich dann auch abspeichern, da, wo ich dann Jahre später noch dieses Erlebnis präsent habe, ohne dass ich jetzt Fotos machen muss. Und die Bücher, die er tatsächlich zurate zieht, das sind eigentlich mehr so Geschichten, also Romane, die vor Ort spielen, da, wo er dann vorher entweder fiktive Romane oder auch Bücher, die auf … als er Prag besucht hatte. Sagte, das bringt ihm viel mehr, weil er dann eine Verbundenheit zu diesem Ort spürt und auch Schauplätze wiedererkennt. Also er lernt die Stadt dadurch viel intensiver kennen, weil er eben auch durch diese Stadt geht. Und er hat dann vielleicht vorher schon gelesen, in der Straße ist das und das vorgefallen, hier sind die und die Figuren unterwegs gewesen. Das prägt sich bei ihm viel stärker ein. Es wirkt viel lebendiger, als wenn er jetzt irgendeinem roten Vorschlag eines Reiseführers folgen würde.

Stefanie Das habe ich sogar auch schon gemacht, dass ich „Altes Land“ gelesen habe und „Mit der Flut“ oder „Vor der Flut“?

Carsten „Mit der Flut“, glaube ich.

Stefanie „Mit der Flut“. Das eine spielt halt im Alten Land, das andere in Finkenwerder und in Amerika. Aber das war total spannend, das so zu lesen, wie die Protagonisten an Orten auftauchen, die in meiner unmittelbaren Umgebung sind und das dann auch zu erkunden und zu schauen, okay, ach, da ist er lang gegangen und ach, da hat er unterm Baum gelegen und da hat das gemacht und das, ach, da haben die sich getroffen und so war das und so. Mich fasziniert es immer ganz besonders zu schauen, wie sah das hier früher aus? Und jetzt, wo wir im Moment in Finkenwerder wohnen, dass Finkenwerder früher eine Insel war und das ist jetzt auch noch nicht ewig lange her. Aber das auch zu erkunden und die Geschichte zu erkunden und überhaupt einfach die Orte zu erkunden, an denen wir leben. Und natürlich generell kann man ja weitergehen und andere Orte erkunden, an denen man nicht lebt, das ist klar. Aber ich finde auch gerade das spannend, die eigene Umgebung zu erkunden und das habe ich auch, wie gesagt auf meinen Touren schon ganz häufig erlebt, die meisten Aha-Erlebnisse waren von Menschen, die schon lange in Hamburg leben, die dann gesagt haben: Oh, hier war ich noch nie, das habe ich noch nie gesehen und so und ich wusste gar nicht und ach und oh und so. Ich bin ja keine gebürtige Hamburgerin, aber mir macht es halt Spaß, einfach hier alles zu erkunden und mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Und das ist auch was, was ich dir, liebe Hörerin, lieber Hörer, mit ans Herz legen kann, wirklich deine Gegend zu erkunden, weil das ist auch was, was der Autor des Buches, der Dan Kieran, uns mitgibt, zu sagen: Geh einfach los. Das hat mich so ein bisschen an „Herr der Ringe“ und den „Hobbit“ erinnert. Also die Straße schreitet fort und fort, weg von der Türe. Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Deine Reise kann damit beginnen, dass du einfach einen Schritt vor die Haustür machst. Damit beginnt deine Reise und du kannst dir überlegen, was für Tagestouren du machen könntest. Das ist sicherlich möglich, dass du einfach für einen Tag alleine auf Wanderschaft gehst oder eine Radtour machst oder so und dir vornimmst, wirklich deine Gegend zu erkunden und der Dan Kieran bevorzugt es ja, zu Fuß zu gehen. Auf jeden Fall. Und auch er sagt, am besten ist das langsame Reisen alleine. Jetzt sind wir ja nicht alle alleine, also mit Familie und so. Er ist selbst ist auch Vater und beschreibt auch Reisen, die er mit seinen kleinen Kindern gemacht hat. Ich glaube, bei dem einen war es erst ein Kind und ich meine, er hat mittlerweile zwei. Also was er jetzt hat, weiß ich nicht, aber das stand zumindest auf dem Buchumschlag des Buches von 2014. Vielleicht hat er mittlerweile drei, vier, fünf Kinder, wer weiß das schon. Auf jeden Fall ist er auch Vater und er hat sein Kind oder seine Kinder mit auf Reisen genommen und hat eben da gemerkt, dass das auch wunderbar funktioniert. Aber er sagt eben, dass, wenn du am meisten davon haben willst, wenn es dich also innerlich weiterbringen soll, dann ist das alleine Reisen tatsächlich das, was den Geist öffnet.

Carsten Ja, was mir dieses Buch persönlich noch gebracht hat, also unabhängig von diesen Reiseberichten und Anekdoten, die er sehr schön erzählt hat, war ein Aspekt, der mir bei den letzten Büchern, die ich davor gelesen habe, auch immer wieder hochgekommen ist in unterschiedlichen Facetten. Und zwar, ja, eigentlich geht es dort um Achtsamkeit. Also er spricht das jetzt nicht so offen aus, aber im Grunde genommen geht es darum, achtsam zu reisen, im Hier und Jetzt zu sein, auch wirklich die Gegenwart zu spüren und das tatsächliche aktuelle Erlebnis nicht da, wo ich mal schnell hin möchte oder das Ziel erreichen, den Ort dieses Erlebnisses, sondern tatsächlich das, was jetzt im Moment stattfindet. Und das ist bei mir irgendwo mit dem Begriff Achtsamkeit ganz gut hängengeblieben. Und interessanterweise habe ich vorher Bücher gelesen zum Thema digitaler Minimalismus oder Muße. Und ich habe dann, als ich direkt im Anschluss das Buch „Slow Travel“ gelesen habe, gedacht, meine Güte, was ist das denn jetzt? Irgendwie ist das wie so eine rote Linie, der digitale Minimalismus, der versucht den Umgang mit den digitalen Medien zu minimieren, so dass man achtsamer ist, dass man mehr Muße entwickelt, dass man mehr im Hier und Jetzt ist. Ein Buch über Muße. Klar, muss ich wahrscheinlich nicht weiter erzählen. Geht genau dahin, einfach die Aktivitäten im Alltag auch dahin zu steuern, dass man sich nicht mehr fremdgesteuert vorkommt, sondern mehr bei sich selbst ist. So, und dann kommt das Buch „Slow Travel“ also wirklich direkt so in dieser Reihenfolge in mein Leben und erzählt mir dann achtsam leben, langsam reisen und im Hier und Jetzt. Und ich finde das total spannend, dass das jetzt gerade so konzentriert bei mir zu einem bestimmten Zeitpunkt konsistent daherkommt und alles in die gleiche Richtung geht. Es sind Personen, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln unterschiedliche Themen behandeln. Aber ja, kombiniert lässt sich alles darauf zurückführen. Nimm deine Umgebung wahr, nimm deinen Alltag wahr und versuche jetzt nicht irgendwie in der Zukunft oder an fernen Orten dein Glück zu suchen, sondern das findet tatsächlich hier und jetzt statt und es ist Erleben. Oder das Erlebnis kannst du heute haben und es ist erlebenswert.

Stefanie Ja, das ist ja auch genau das, was ich jetzt schon die ganze Zeit immer denke. Wir müssen nicht unbedingt irgendwie nach Mauritius fliegen oder wohin auch immer. Auch Deutschland hat schöne Ecken und auch überall, wo man mit dem Zug hinkommt, gibt es schöne Ecken und auch vor deiner Haustür wirst du irgendwo schöne Ecken finden. Und noch mal so als kleinen Ausflug, sozusagen als kleinen Ausflug hier im Podcast: Es ist natürlich auch sinnvoll, wenn du dir Orte suchst in deiner Umgebung, die du leicht aufsuchen kannst, an denen du Ruhe findest und das, um Kraft zu schöpfen. Einfach in deinem Alltag, weil du als Veganerin oder als Veganer immer wieder in solche Situationen gerätst, wo du ganz viel Energie verbrauchst. Und dann macht es Sinn, solche Orte zu finden und solche Orte zu haben und zu wissen, wo du hingehen kannst. Und das kannst du natürlich wunderbar damit verbinden, dass du sagst: Okay, ich erkunde jetzt meine Umgebung und guck mal, ob ich nicht vielleicht noch mehr solche Kraftorte finde, an denen ich wieder zu mir kommen, an denen ich Energie tanken kann. Und das finde ich halt so schön. Und dieses Buch war wirklich genau das, was ich gebraucht habe, um mich jetzt mit diesem langsamen Reisen zu versöhnen und einen Sinn drin zu finden und zu merken, okay, ja, genau, es ist genau das, was wir brauchen und das gehört dazu. Also wir kennen das jetzt schon so, ausgelutschter Weg ist das Ziel. Aber die Reise beginnt mit dem ersten Schritt aus der Haustür raus und das ist der Anfang vom Reisen und auch vom Urlaub. Und es gehört alles zusammen und nicht erst, wenn du an dem Urlaubsort bist, an den du dann …

Carsten … den Reisestress erst mal abschütteln musst, erstmal dich akklimatisieren musst, im schlimmsten Fall in einem Umfeld landest, was für Touristen gemacht ist, sich inhaltlich weder kulinarisch noch irgendwie sprachlich oder anderswo von dem Ort unterscheidet, von dem du gestartet bist. Vielleicht der Ausblick anders, ja, aber wenn ich die ganze Zeit in einem Hotel bin oder so, dann werde ich wahrscheinlich weniger von den landestypischen Einzelheiten und Details kennenlernen, als wenn ich tatsächlich sage, ich verzichte auf dieses strukturierte, vorbereitete Reisen. Und ich lasse das jetzt einfach mal so ein bisschen spontan angehen und auch vielleicht mal planlos.

Stefanie Ja, wobei der Dan Kieran auch selber schreibt oder es zumindest in seiner Beschreibung zu lesen, dass er auch nichts gegen Centerparks zum Beispiel hat als Familienvater. Also solche vorstrukturierten Reisemöglichkeiten findet er auch gut, aber nur als Ergänzung. Es kommt halt drauf an, was du möchtest. Wenn du einfach mal überhaupt nur an nichts mehr denken willst und dich auch nicht irgendwie weiterentwickeln willst oder einfach nur abschalten möchtest, sozusagen auf die Pausetaste drücken, dann ist so was natürlich auch gut. Vor allem für Familien. Wenn da alles schon so vorgefertigt ist und du dich um nichts mehr kümmern musst. Aber für ihn ist das kein Reisen. Also das richtige Reisen ist für ihn das, was wir jetzt vorher schon beschrieben haben. Und ich möchte jetzt einfach noch mal kurz erzählen, wie er das Buch strukturiert hat und dazu die einzelnen Kapitel, einmal die Überschriften vorlesen. Und zwar das erste Kapitel heißt „Reise nicht nur, um anzukommen“. Das zweite heißt „Bleib zu Hause“. Das dritte „Sei dein eigener Reiseführer“. Das vierte „Heiße Katastrophen willkommen“. Dazu schreibt er sehr viel über das, was alles schief geht bei seinen Reisen und wie sich dann eben doch alles zum Guten wendet. Oder dass in jeder Katastrophe irgendwie dann auch was Schönes steckt. „Folge deinem Instinkt, verliere den Kopf und sei abenteuerlustig“. Und das ist auch wirklich was, was ich total unterschreiben kann. Wie geht es dir damit, Carsten?

Carsten Ja, ich muss sagen, ich fand das Buch inhaltlich sehr, sehr schön, weil auch eine Passage mein Lieblingsland Schottland so umriss. (Stefanie: Nur deswegen fandest du das schön. [lacht]) Nur deswegen, absolut nur deswegen. Nee, zeitlich fand ich es recht spannend, weil das Buch jetzt natürlich bei uns auf dem Tisch liegt zu der allgemeinen Sommerurlaubszeit. Ja, und ich habe dann, nachdem ich das Buch gelesen habe oder auch während ich da noch noch nicht ganz fertig war, in der einen oder anderen Mittagspause natürlich so über die Urlaubswünsche, Urlaubspläne oder vielleicht auch schon erlebten Urlaubserlebnisse meiner Arbeitskolleginnen und -kollegen gehört .Und ja, musste dann teilweise für mich zumindest in mich hinein schmunzeln, weil ich jetzt quasi in Form dieses Buches das konkrete Gegenstück lese. Und mir ist bewusst geworden, dass es, auch wenn die Kolleginnen und Kollegen das vielleicht gar nicht so wollen, aber ich habe das empfunden wie so eine Art Wettstreit. Also wenn du nicht irgendwie ein bestimmtes Urlaubserlebnis hast, was nicht irgendwo noch mit ner ... also mindestens ne Städtetour, also darunter geht irgendwie gar nichts. Aber eigentlich ist Fliegen schon völlig normal und je weiter weg du fliegen kannst, desto länger wird ja auch dein Urlaub sein. Ähm, ja, geschuldet dem Gedanken, dass wenn du jetzt schon am anderen Ende der Welt bist, dann willst du nicht die Hälfte des Urlaubssatzes für den Reiseweg zurückbringen. Er macht das ja ganz bewusst und wir stöhnen schon, wenn man irgendwie mal ein paar Stunden im Flieger sitzt und denkt, der Tag ist verloren. Aber auch dieses Wahrnehmen in den Gesprächen und für mich diesen Eindruck zu gewinnen, das ist ein Wettstreit. Also der muss am schönsten sein. Du musst den blauen Strand haben, du musst irgendwie ganz toll und es muss ganz entspannend sein. Also diese Superlative, das ist kein schöner Urlaub gewesen, ne.

Stefanie Am blauen Strand? Du meinst einen weißen Strand mit blauem Meer?

Carsten Und der blaue Himmel und das blaue Meer … genau stimmt. (lachen) Der weiße Strand ist halt sonnig, sonnig, warm. Bali. Also die Themen sind da gefallen und das fand ich einfach irgendwie sehr, sehr … ich musste schmunzeln. Ich fand es sehr belustigend, weil ich jetzt wie gesagt eben für mich wahrgenommen habe, es gibt Leute, die das nicht nur anders sehen, sondern auch anders leben. Und denen fühle ich mich tatsächlich mehr verbunden als den Arbeitskolleginnen und -kollegen, die dann halt um die Welt jetten, um dann für ein paar Tage entspannen zu können, um dann anschließend wahrscheinlich für den Rückweg wieder nicht gerade sehr entspannt zu Hause anzukommen und mit Sicherheit allein durch die Reisetätigkeit den einen oder anderen Nervenstrang dann wieder überstrapaziert haben.

Stefanie Und im Buch ist das Zitat „Der wahre Reisende hat keinen festgelegten Weg, noch will er an ein Ziel“– Tao Te King von Laotse – vorangestellt. Also ich kann das Buch wirklich jedem empfehlen. Jedem. Egal ob du schon langsam reist oder nicht. Ich kann es dir wirklich empfehlen. Wie geht es dir damit?

Carsten Na, ich denke auch ohne Buch ist es sinnvoll, die Ratschläge zu befolgen, die ihr jetzt schon von uns ein bisschen gespoilert gehört habt.

Stefanie Aber wir haben jetzt bewusst nicht alle Geschichten erzählt, die in dem Buch erzählt werden, sonst macht es da keinen Sinn mehr, das zu lesen. Also es lohnt sich wirklich. Es ist auch wirklich schön geschrieben. Du wirst es auch relativ schnell durchlesen können und ich fand es total inspirierend.

Carsten Ja, du wirst auf alle Fälle feststellen, das Reisen, das Unterwegssein eben auch ein Abenteuer sein kann, aber zumindest auch etwas sein kann, was im positiven Sinne ein Erlebnis darstellt.

Stefanie Und es ist nicht nur für Menschen mit ganz viel Zeit geeignet, sondern eben auch für dich. Wenn du nicht viel Zeit hast, kannst du es trotzdem in deinen Alltag einbauen, weil es einfach eine Geisteshaltung ist. Also es ist eine Lebenseinstellung.

Carsten Genau. Und wir wollen auch diese Folge nicht beenden, ohne uns bei unseren …

Stefanie … treuen Steady-Unterstützern und -Unterstützerinnen zu bedanken, wolltest du sagen.

Carsten Genau. Und ein herzliches Dankeschön.

Stefanie Weil ich das immer sage, kann Carsten das nicht so gut.

Carsten Ja.

Stefanie Also vielen, vielen, vielen Dank, dass ihr uns so treu unterstützt. Das ist wirklich ganz, ganz viel wert. Dankeschön.

Carsten Dankeschön.

Stefanie Und wenn du uns gerne zuhörst und uns noch nicht über Steady unterstützt und das Gefühl hast, du möchtest etwas zurückgeben, dann überleg doch mal, ob du auch eine Mitgliedschaft abschließen möchtest. Über zwei, fünf Euro oder zehn Euro. Du findest alle Informationen dazu hier unter der Folge oder in den Shownotes. Und ich freue mich riesig, wenn du dich dafür entscheidest.

Carsten Und damit werden wir dann tatsächlich beim Ende angekommen. Bleibt mir nur noch zu sagen: In diesem Sinne …

Stefanie … in Hamburg, sagt man Tschüss …

Carsten … und auf Wiederhören.

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