Folge 242 - Eine Ode an die Vorstellungskraft

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Folge 242 - Eine Ode an die Vorstellungskraft

In dieser Folge stellen wir das uneingeschränkt lesenswerte Buch "Stell Dir vor - mit Mut und Fantasie die Welt verändern" von Rob Hopkins, erschienen im Löwenzahn Verlag, vor.

Rob Hokpins ist der Begründer von Transition Network und ein sehr charismatischer Visionär, der sich schon seit vielen Jahren für eine sozial gerechte und nachhaltige Welt einsetzt.

In seinem neuen Buch, das schon 2019 im Original erschienen ist, aber erst im Herbst 2021 auf Deutsch, plädiert Rob Hopkins dafür unsere Vorstellungskraft zu kultivieren und zu nutzen, um den Klimawandel aufzuhalten.

Das gesamte Buch ist eine fulminante Ode an die Vorstellungskraft, voller Vorschläge, Ideen und praktischer Beispiele, die zeigen, dass wir es schaffen können, unseren Planeten zu retten: gemeinsam, wenn wir all unseren Mut zusammennehmen und fantasievoll handeln.

Carsten und ich lesen einige Passagen aus dem Buch vor und gehen auf ausgewählte Beispiele näher ein.

Du hast die Möglichkeit das Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise kostenlos vom Verlag zur Verfügung gestellt wurde, in einer Verlosung zu gewinnen - mehr dazu hörst Du in dieser Folge.

Vollständiges Transkript

Stefanie In dieser Folge stellen wir ein sehr wichtiges Buch vor. Und zwar „Stell dir vor...“ von Rob Hopkins mit dem Untertitel „Mit Mut und Phantasie die Welt verändern.“ Dieses Buch haben wir kostenlos vom Verlag zur Verfügung gestellt bekommen. Das ist der Löwenzahn Verlag aus Österreich und wir werden dieses Buch im Anschluss an die Folge auch unter allen verlosen, die's gerne haben möchten. Und es wäre natürlich toll, wenn das Buch dann weiterhin im Kreislauf bleibt, sozusagen. Also wenn du es dann bekommen und ausgelesen hast, dann weitergibst an den)die Nächsten, sei es in deinem Bekannten-/ Verwandtenkreis oder dann zum Beispiel wieder im Clan, falls du so niemanden hast, an den oder die du das weitergeben kannst. Aber das bleibt natürlich dir überlassen. Du wirst von uns nicht dazu gezwungen. Es wäre nur schön, wenn du das machen würdest. Tatsächlich ist das bei diesen Löwenzahnbüchern, also bei den Büchern von diesem Verlag so, dass der Verlag da sehr viel Wert auf das Cradle to Cradle Prinzip legt und das Buch ist kompostierbar, also bis auf den Buchdeckel/ Buchrücken. Also der Inhalt des Buches ist kompostierbar und das finde ich auch ein ganz tolles Prinzip.

Carsten Und essbar, so wie der Verlag das in seiner Broschüre wiedergibt. Wobei ich glaube, der Hinweis ist nicht ganz ernst zu nehmen, oder?

Stefanie Ja, ja, genau.

Carsten Ein bisschen spaßig.

Stefanie So ein bisschen angebissen die Broschüre. Genau das wäre auch eine Idee. Aber jedenfalls ist es ein sehr nachhaltiges Buch, sowohl vom Inhalt her, also von den Worten, die da drin stehen, als auch vom Inhalt, nämlich der Inhalt zwischen dem Buchdeckel, in dem Papier, was da drin ist, in den Farben und auf die Art und Weise, wie es gedruckt wurde.

Bevor wir jetzt mit dem Inhalt starten, noch kurz zum Autor des Buchs: Rob Hopkins hat dieses Buch 2019 schon geschrieben, auf Englisch. Im Deutschen ist es erst dieses Jahr erschienen, also 2021 und auch jetzt gerade erst im Oktober. So dass es mir jetzt eben auch dann erst zur Verfügung gestellt wurde. Vielleicht hast du schon die englische Version angehört oder gelesen. Wir stellen jetzt hier die deutsche Übersetzung vor. Und Rob Hopkins kennst du schon als Begründer von Transition Network. Und wenn du ihn noch nicht kennst, solltest du auf jeden Fall schleunigst das nachholen, ihn kennenzulernen. Da gibt es verschiedenste Möglichkeiten. Unter anderem hat er auch eine Internetseite: robhopkins.net. Und auch einen Podcast zu dem Buch, der „From What If to What Next“ heißt. Ist allerdings alles Englisch, ist aber sehr lohnenswert, denn da sind ganz viele tolle Folgen zu verschiedensten What if - Fragen. Und ich habe das auch schon in vorangegangenen Podcastfolgen erwähnt, das ist auf jeden Fall sehr, sehr hörenswert. Wenn Englisch für dich keine Hürde ist. Sollte Englisch für dich eine Hürde sein, dann kannst du jetzt hier auf jeden Fall die Ohren spitzen und zuhören, wie wir das Buch vorstellen.

Ich muss dazu sagen, Carsten und ich haben das Buch beide gelesen. Erst habe ich es gelesen und Carsten jetzt gerade ganz aktuell. Hat gestern die letzten Zeilen gelesen, nicht wahr?

Carsten Ganz frisch, genau.

Stefanie Bei mir ist es dadurch, dass Carsten ewig gebraucht, schon länger her und ich habe vorhin noch mal versucht, das alles so ein bisschen aufzufrischen und so. Genau. Nein, Scherz beiseite, Wir starten jetzt mal hier mit dem Inhaltsverzeichnis, damit du weißt, was da eigentlich an Inhalten strukturiert drin ist in diesem Buch. Und wir lesen das jetzt einfach mal so abwechselnd vor. Die Einleitung heißt „Was, wenn sich alles zum Guten wendet?“ Und die werde ich nachher auch noch mal vorlesen. Wie heißt denn das erste Kapitel?

Carsten Also das erste der neun Kapitel nennt sich „Was, wenn wir das Spielen ernst nehmen?“

Stefanie Und das zweite heißt „Was, wenn wir die Fantasie als grundlegend für unsere Gesundheit erachten?“

Carsten Im dritten Kapitel geht es um die Frage „Was, wenn wir dem Beispiel der Natur folgen?“

Stefanie Und im vierten Kapitel um die Frage „Was, wenn wir darum kämpfen, unsere Aufmerksamkeit wiederzugewinnen?“

Carsten Das sechste Kapitel stellt die Frage „Was, wenn wir bessere Geschichtenerzähler·innen werden?“

Stefanie Und Carsten hat das fünfte Kapitel vergessen: „Was, wenn die Schule die Vorstellungskraft junger Menschen fördert?“

Carsten Dann mache ich jetzt mal so weiter mit dem siebten Kapitel und der Frage „Was, wenn wir bessere Fragen stellen?“

Stefanie Und das achte Kapitel stellt oder behandelt die Frage „Was, wenn unsere Anführerinnen auf eine Kultur der Fantasie setzen?“

Carsten Im neunten Kapitel wird alles noch mal zusammengebracht, und zwar unter der Frage „Was, wenn all dies eintrifft?“

Stefanie Und bevor wir jetzt in die einzelnen Kapitel reinschauen, erst mal vorab so die Frage: Carsten, wie hat dir denn das Buch gefallen?

Carsten Für mich ist es tatsächlich eins der inspirierensten und auch wichtigsten Bücher. Also wenn du mich jetzt wirklich fragen solltest, was so meine Top Five an Büchern sind, wäre dieses hier ganz oben, weil ich sehr, sehr wenige Bücher kennengelernt habe, die tatsächlich so eine positive Energie in mir entfacht haben. Es ist tatsächlich beim Lesen so, dass ich gedacht habe: Wow, also jetzt richtig. Also es gibt ja das andere Buch „Jetzt. Einfach. Machen.“ Also dieses hier regt tatsächlich zum Handeln an, weil es den gedanklichen Fokus auf das Positive, auf das Mögliche setzt. Und das ist etwas, das finde ich bei vielen anderen Büchern nicht. Und dementsprechend habe ich das wirklich genossen, dieses Buch jetzt zu lesen, weil es für mich auch sehr viel Inspiration gegeben hat. Der eine oder andere Schalter wurde bei mir umgelegt, das hast du selber gemerkt. Da kommen wir gleich vielleicht noch mal drauf zurück. Aber auch, und das muss ich auch dazu sagen, haben wir vorhin ganz grob angerissen, so das Haptische, also mir gefällt einfach die Aufmachung des Buches. Es ist einfach super, super schön, dieses Buch zu lesen, es in der Hand zu haben, weil die Aufmachung einfach so, so unglaublich toll ist. Also es ist auf jeder Art ein Erlebnis.

Stefanie Ja, es ist wirklich ein sehr schönes Buch, aber ich muss jetzt mal einmal kurz nachfragen, bevor ich dann auch es schön finde. Top Five von was also aktuell oder der Sachbücher oder überhaupt je gelesene Bücher oder wie? Welche Top Five sind das?

Carsten Also die genauen Top Five könnte ich dir gar nicht nennen.

Stefanie Nein, ich meine nicht, welche dann noch folgen, sondern denn welches Buch je in deinem Leben gelesen oder aktuell jetzt gerade für dich? Also das meine ich, um das einzuordnen. Was meinst du damit?

Carsten Schon in der Kategorie, die ich jemals gelesen habe, die mich beeinflusst haben, wo ich sage, das sind Bücher, wo ich sehr viel rausgenommen habe und die mich persönlich sehr stark geprägt haben und auch vielleicht die Art und Weise, wie ich mich verhalte oder wie ich denke, vielleicht grundlegend beeinflusst haben oder zumindest in einer sehr, sehr wichtigen Art und Weise beeinflusst haben. In dieser Kategorie gehört dieses Buch auf alle Fälle mit in die Top Five.

Stefanie Okay, gut, das wollte ich nur noch mal klar haben. Ich wollte wissen, welche Top Five sind das denn? Es gibt ja immer so Ordnung zwischen verschiedenen Themenbereichen und so was, wenn wir so auf Bestseller·innen Listen gucken und da wollte ich einfach nur mal wissen, wie es bei dir aussieht. Und ich kann mich da nur anschließen. Ich mag ja schön gestaltete Bücher und da ist dieses hier wirklich ein ganz toll gestaltetes Buch, was du auch ja eigentlich gerne behalten möchtest. Aber wie ich schon eingangs sagte, es ist besser, nachhaltiger, wenn du es weitergibst.

Carsten Also das Buch will gelesen werden von möglichst vielen.

Stefanie Genau das sagt es immer wieder. Lies mich, Gib mich weiter. Genau. Genau. Nein, natürlich ist es für den Verlag besser, je mehr Bücher verkauft werden. Aber sicherlich möchte der Verlag ja auch, dass alles besonders nachhaltig ist. Deswegen so die Empfehlung: Gib es weiter, wenn du es denn bekommen hast. Und ja, mir geht es auch so, es ist wirklich ein Buch, was mich immer wieder bestärkt hat und mir teilweise dann auch neue Welten wieder eröffnet hat und bestärkt insofern, als dass ich gedacht habe, gerade bei dieser Frage, WWas, wenn wir das Spielen ernst nehmen?“, diesen spielerischen Ansatz, den ich schon seit längerem verfolge, der mir sehr viel Spaß macht, wo ich aber immer wieder gemerkt habe, dass ich da an Grenzen stoße, weil Menschen sich das nicht so vorstellen können, habe ich gemerkt, dass genau das tatsächlich etwas ist, was eine Superkraft ist, die wir entwickeln sollten.

Und insofern habe ich mich da immer wieder bestärkt gefühlt, auch bei dem Thema „Was, wenn die Schule die Vorstellungskraft junger Menschen fördert?“ und da die die einzelnen Aspekte wirklich die da genannt werden, Fantasie und Mut, Vorstellungskraft, alles, worauf wir gleich auch nochmal ein bisschen mehr eingehen. Das sind Dinge, die eigentlich zu mir gehören, aber die uns durch unsere Gesellschaft doch immer wieder abtrainiert werden. Und da war dieses Buch doch etwas, was mir sehr geholfen hat, wieder mehr mich zu zentrieren und zu fokussieren. Von meiner Seite aus eine absolute Leseempfehlung. Wie ist es für dich?

Carsten Kann ich mich nur anschließen. Absolut genau.

Stefanie Also hast du auch keine Einschränkungen, an wen sich das richten würde? Das Buch ist schon eigentlich für alle.

Carsten Es ist für alle. Vornehmlich auch für die Personen, die sich mit dem Gesamtkontext Klimawandel auseinandersetzen, auch wenn das jetzt vom Titel her gar nicht da zu erkennen ist. Aber darum geht es ja. Wie kann ich mir eine bessere Welt, eine schönere Welt vorstellen? Ein gutes Leben für alle. Und hier bekommt man wirklich viel Input, um tatsächlich so das Positive zu sehen. Also weg von dem, was tatsächlich alles schief und schlecht läuft und vielleicht auch in Zukunft als Dystopie irgendwie enden könnte, sondern jetzt tatsächlich mal die Blickrichtung in Bereiche gelenkt des Möglichen, des teilweise auch Utopischen, aber immer im positiven Sinne, dass die Welt, die vor uns liegt, auch von der Zukunft her tatsächlich sehr viel positive Anreize beinhaltet. Und auf die schaut dieses Buch.

Stefanie Genauso weg vom Verzichtsgedanken, wie du so schön sagtest, diesen Dystopien. Ich hatte jetzt gerade aktuell einen Bildungsurlaub hinter mir, da zeige ich immer einen Teil von dem Film „Tomorrow“ auch. Und da sagt Rob Hopkins ja auch, dass wir immer denken, wenn wir jetzt fossilfree oder generell nachhaltig leben, dass wir dann in kalten Höhlen sitzen und verrottete Kartoffeln essen und so. Und das es alles ganz schrecklich ist und so. Und dabei könnte es wunderbar werden. Also richtig fantastisch. Wir müssen da einfach den Fokus drehen, weg von diesen Dystopien, die uns leicht fallen, die es überall um uns herum gibt. In Filmen, in Büchern, in allen möglichen Erzählungen fällt es uns superleicht, extrem leicht, Negativbeispiele zu finden oder eben verschiedenste Möglichkeiten, die Welt zu zerstören, die Menschheit auszurotten oder generell in einen Abgrund zu stürzen und davon uns zu lösen und umzuerziehen hin in die Richtung: Wie könnte es schön sein und wie könnten wir alle, also wirklich alle Lebewesen auf diesem Planeten ein gutes Leben führen? Und das sieht, da haben wir schon öfter drüber gesprochen, kulturell bedingt auf verschiedenen Teilen dieser Erde anders aus. Und wir können erst mal nur von uns aus immer schauen und das ist auch gut so, dass wir dann von uns aus schauen. Aber es ist möglich.

Und wir starten jetzt in den Inhalt des Buchs, in dem ich die Einleitung vorlese, einen Teil der Einleitung, der die Zukunftsvisionen von Rob Hopkins abbildet:

„Gut ausgeruht erwache ich in der Wohnung mit Wänden aus Strohballen, die meine Familie und ich unser Zuhause nennen. Der dreigeschossige Apartmentkomplex, vor 15 Jahren als Teil einer unsere ganze Stadt umfassenden Initiative für nachhaltiges Bauen errichtet, verursacht praktisch keine Heizkosten. Im Kellergeschoss sind Kompostieranlagen für sämtliche Toiletten des Gebäudes untergebracht und die Solarpanele auf dem Dach erzeugen den gesamten Strombedarf. Ich wecke meine Kinder, ziehe sie an, mache ihnen Frühstück und bringe sie zur Schule. Eine Strecke, die uns durch Gemeinschaftsgärten mit einer großen Vielfalt an Obst und Gemüsesorten führt. Darunter auch der junge rote Mangold, dessen weinrote Blätter an der hellen Sonne dieses fortgeschrittenen Frühlingsmorgens wie Buntglas leuchten.

Da nur wenig motorisierter Verkehr herrscht, sind die Straßen ruhig. An ihren Rändern stehen frisch erblühte Obst- und Nussbäume. Die Luft riecht nach Frühling. Alle Bushaltestellen, an denen wir vorbeikommen, sind an drei Seiten von einem Garten umgeben. Sie sind Teil des essbaren Bushaltestellen Netzwerks, das nun fast in ganz Großbritannien anzutreffen ist. Beim Warten auf den Bus darf man sich nach Herzenslust bedienen.

In unserer Gemeinde haben die Kinder offenbar völlig andere Gefühle für die Schule als noch vor zehn Jahren. Die Entscheidung des Bildungsministeriums, Prüfungen abzuschaffen, dem unstrukturierten Spielen viel Raum zu lassen und den Schüler·innen Möglichkeiten zu bieten, für die Gemeinschaft sinnvolle Fertigkeiten zu erlernen, die es ihnen ermöglichen, ein aus ihrer Sicht glückliches und gesundes Leben zu führen, bedeutet, dass die meisten Kinder hier überaus gerne zur Schule gehen. Mein Sohn zum Beispiel hat erst kürzlich seine Kochkünste aufgebessert, indem er eine Woche in einem hiesigen Restaurant verbracht hat. Meine Kinder und ich kommen vor der Schule durch biointensive Gemüsegärten, die von den Schülerinnen gepflanzt und gepflegt werden. Und wenn wir das Gebäude betreten, werden wir von dem Duft frisch gebackenen Brotes und im Stimmenwirrwarr fröhlicher Unterhaltungen begrüßt.

Nachdem wir uns verabschiedet haben, nehme ich ein öffentliches Fahrrad und radle auf einem unserer Radschnellwege in die Stadt. Da auf den Straßen mehr Fahrräder und weniger Autos unterwegs sind, hat sich auch die Qualität der Luft verbessert und mit ihr das allgemeine Wohlbefinden. Ich gehe in meine Lieblingsbäckerei und kaufe Brot. Die Mission der Bäckerei, die vor 15 Jahren unter dem Motto „Backen ist das neue Prozac“ eröffnet hat, besteht darin, Leuten ohne Dach über dem Kopf und ohne regelmäßige Arbeit oder solchen, die Probleme mit ihrer psychischen Gesundheit haben, sinnvolle Arbeitsmöglichkeiten zu bieten. Die Bäckerei setzt vorzugsweise auf lokale Erzeugnisse, betreibt einen üppigen Dachgarten und liefert in der ganzen Stadt mit Fahrrädern aus. Mit Unterstützung des Betriebs konnten zahlreiche Angestellte weitere erfolgreiche Geschäftsideen im Stadtgebiet umsetzen.

Ich fahre an einem der ehemaligen Supermärkte des Stadtteils vorbei. Die meisten Geschäfte dieser Art mussten vor etwa zehn Jahren schließen. Das explosionsartige Wachstum der Nahrungsmittelproduktion in der Gemeinde und die rasche Verlagerung der Gemeindeinvestitionen führte dazu, dass die Versorgung über die Supermärkte zurückging. Was das System der Nahrungsmittelindustrie innerhalb weniger Jahre zusammenbrechen ließ. Das Gebäude wurde einem neuen Zweck zugeführt und dient heute verschiedenen lokalen Lebensmittelherstellern, Kleinbetrieben und einem an die örtlichen Schulen angeschlossenen Ausbildungszentrum als Unterkunft. Es ist ein betriebsamer Ort. Unser ehemaliger Supermarkt beherbergt eine Mühle, die Getreide aus dem Umland vermahlt, sowie eine Sägemühle, die Holz aus den nahegelegenen Wäldern verarbeitet. Was einmal großflächige Parkplätze waren, sind heute biointensive Gemüsegärten, angelegt nach dem Vorbild jener Gärtnereien, die vor 100 Jahren Paris umgaben, die ihre Produkte auf den örtlichen Märkten anbieten.

Ich gehe am Bahnhof vorbei und kaufe Tickets für einen Ausflug am kommenden Wochenende. Als vor zwölf Jahren die Eisenbahn an die öffentliche Hand übergeben wurde, endeten auch die Tage, an denen alle Bahnhöfe gleich aussahen und überall mit den gleichen Cafés, Imbiss- und Ladenketten ausgestattet waren. Heute sind die Bahnhöfe Visitenkarten der örtlichen Wirtschaft, ihrer Pionier·innen, ihrer einzigartigen Aromen und Geschmäcker. In unserem sind mittlerweile doppelt so viele Ladengeschäfte untergebracht als zuvor und alle zusammen spiegeln die kulturelle Vielfalt unserer Gemeinde wider. Der Bahnhof beherbergt sogar eine Brauerei. Während man auf den Zug wartet, kann man sich umgeben von den Braukesseln, ein Bier genehmigen. Und ja, die Züge fahren pünktlich. Die vielen Menschen aus aller Welt, die hier in den Zeiten der großen Migration ankamen, sind längst integriert. Und heute kann man sich diese Gemeinde gar nicht mehr ohne sie vorstellen. Obwohl die Zeiten des Übergangs nicht einfach waren, haben die Kultur, die Bereicherung und der Unternehmergeist, die sie mit sich gebracht haben, uns alle sehr viel reicher gemacht.

Ich gehe zur Arbeit. Heute arbeite ich im Rahmen meiner Drei Tage Arbeitswoche einen halben Tag. Zusammen mit der Einführung eines universellen Grundeinkommens hat die vor zehn Jahren auf nationaler Ebene übernommene Drei Tage Woche dazu geführt, dass in allen Einkommensklassen der Angst und Stresslevel messbar nachgelassen hat. Die Menschen arbeiten in ihrer Freizeit an Gemeinschaftsprojekten und genießen ihr Leben. Einige meiner Kolleg·innen arbeiten heute außer Haus. Erst kürzlich wurde ein Programm ins Leben gerufen, bei dem zu jeder Zeit 10 % der Beschäftigten einer Firma in die Arbeit der örtlichen Gemeinde eingebunden werden und ihre Fachkenntnisse in Verwaltung und Marketing, bei Finanzplanung und Projektmanagement jenen Organisationen anbieten, die den Einwohner·innen auf verschiedenste Weise Unterstützung zukommen lassen und dem Gemeindeleben zu größerer Stabilität verhelfen.

Ich hole meine Kinder von der Schule ab und wir spazieren durch Straßen nach Hause, in denen zahlreiche Häuser mit ins Auge springenden Fassadenmalereien, Mosaiken versehen sind. Auf der Straße spielen viele Kinder. Ein Phänomen, das sich von selbst einstellte, als die Zahl der Autos nachließ, was die Anwohner·innen dazu ermutigte, die Straßen zu bestimmten Zeiten ganz für den Autoverkehr zu sperren, damit die Kinder draußen spielen können. Die Nachbar·innen schauen gemeinsam nach ihnen, was möglich ist, seit die Erwachsenen mehr Zeit zu Hause verbringen können, statt an weit entfernte Arbeitsplätze pendeln zu müssen.

Nach dem Mittagessen gehe ich zu einer Nachbarschaftsversammlung. Vor ein paar Jahren wurde eine Gruppe von Anwohner·innen, die keiner politischen Partei angehörten, als Stadtregierung gewählt. Sie modifizierten das Regierungssystem der Stadt mit dem Ziel, Initiativen auf Nachbarschaftsebene zu ermöglichen und zu fördern und Hindernisse aus dem Weg zu schaffen. Sie schufen sogar ein Stadtbüro für Bürger·innenideen, um die Ideen der örtlichen Gemeinde besser inspirieren und unterstützen zu können und ihnen dabei zu helfen, ihre Vorstellungen zu verwirklichen. Etwa 70 Leute sind heute auf dem Treffen und wir diskutieren die Zukunft der Energie in unserer Nachbarschaft und einige andere drängende Fragen. Der politische Entscheidungsprozess hat sich enorm verbessert. Dank des 2021 gegründeten und im Besitz der Gemeinde befindlichen Energieunternehmen wird nun ein Großteil der städtischen Energie lokal generiert, wobei die meisten Bürger·innen finanziell an dem Unternehmen beteiligt sind. Die Rendite ist bei weitem höher als bei den Banken.

Zu Hause angekommen, treffe ich einige meiner Nachbar·innen, die draußen sitzen und reden. Wir hören eine Eule und bekommen die Fledermäuse mit, die über uns hinweg huschen. Der Schritt, unsere Stadt zu einer Nationalparkstadt zu erklären, bremste den Niedergang der biologischen Vielfalt so weit ab, dass sie sich wieder erholt, da zuvor zersplitterte Wildtierkorridore, Grünflächen und Wälder miteinander verbunden wurden. Nun fallen mir regelmäßig neue Insekten auf und auch der Vogelgesang ist lauter und vielfältiger geworden. Mit so vielen Bewegungen und Veränderungen und so üppigem Gedeihen um mich herum lege ich mich mit dem Gefühl schlafen, dass die Zukunft voller Möglichkeiten steckt.“

Und darunter hat Rob Hopkins auch geschrieben: „Das klingt alles erfunden, oder nicht?“ Und belegt aber in Fußnoten, dass es vieles von dem, was er da vorgestellt hat, auch schon heute gibt. Viele Initiativen gibt es über die Welt verteilt schon. In dieser Anhäufung, so wie er das jetzt geschildert hat, gibt es das noch nicht. Aber es ist eben eine mögliche Zukunft.

Carsten Wobei diese mögliche Zukunft aus verfügbaren Gegenwarten besteht, muss man dazu sagen, weil das ist ja tatsächlich ein Potpourri. Das ist mir im Nachgang so klar geworden, jetzt, wo du es noch mal vorgelesen hast, dass das ja wirklich so alles Einzelbeispiele sind, die wirklich ausführlich in seinem Buch in den einzelnen Kapiteln noch mal vorgestellt werden. Wobei ich, als ich das das erste Mal gelesen habe, tatsächlich ganz lange Zeit so ein bisschen Zweifel hatte: Ist das jetzt tatsächlich bei ihm schon so? Ist das wirklich sein tatsächlicher Alltag oder was davon ist jetzt Fiktion? Also es ist mir am Anfang wirklich schwer gefallen, das zu differenzieren, weil wir ja mittlerweile über ihn und seine Person schon so ein bisschen was wissen. Und einige von diesen Initiativen sind uns ja auch schon so ein bisschen bekannt, oder? Man hat ja in Dokumentationen schon Bilder gesehen und dieses Zusammenweben dieses möglichen Alltags, das ist aus meiner Sicht auch erzählerisch so dicht, dass es nicht nur plausibel klingt, sondern auch für mich schon so greifbar ist, dass es tatsächlich irgendwo schon so sein könnte. Also das fand ich sehr faszinierend. Und wie gesagt, das ist ja tatsächlich etwas, was allein ein Zusammenspiel dessen ist, was es heute auf der Welt schon gibt und nicht irgendwie in noch zu schaffenden Möglichkeitsräumen erarbeitet werden muss.

Das ist ja auch ein Unterschied zu zu vielen anderen, sehr stark auf Technologie aufbauende Zukunftsvisionen, wo dann gesagt wird okay, unsere Probleme, die wir jetzt auch hinsichtlich des Klimawandels haben, die können wir lösen, wenn wir noch genügend Innovationen und so haben. Das sind ja alles so Leerräume, wo im Grunde genommen derjenige, der versucht so zu argumentieren, eingestehen muss, dass er noch gar keine richtige Lösung hat, sondern die dann irgendwo noch erfunden werden muss, nach dem Motto: Wir brauchen viele Grüne Daniel Düsentriebs. Und da ist Rob Hopkins tatsächlich mehr im Hier und Jetzt und zeigt das auch in seinem Buch. Und deswegen finde ich gerade so diese Einleitung als Geschichte unglaublich wichtig, um zu verstehen zu geben: Wir haben eigentlich alles. Unser Lösungsportfolio besteht schon und wir können es uns auch vor Ort anschauen. Zwar in unterschiedlichen Orten, aber bereits heute.

Stefanie Ja, es ist alles schon da. Das hatten wir ja schon bei Harald Welzer mit seinen Legos. Waren das irgendwie 17 Legos?

Carsten Die Bausteine.

Stefanie Die Bausteine für die Zukunft. Das ist alles schon da. Und so wie Rob Hopkins das jetzt hier beschrieben hat, gibt es eben die meisten der Initiativen schon. Aber es gibt natürlich noch kein universelles Grundeinkommen. Das Universal Basic Income quasi. Das gibt es noch nicht. Es wäre natürlich total cool, wenn es das geben würde. Aber es gibt natürlich Initiativen, die in diese Richtung schon gehen und es gibt ja schon Feldversuche, Studien usw. und so fort. Das heißt, es ist alles in Bewegung und das ist nicht nur in Rob Hopkins Kopf, quasi.

Während natürlich das komplette Buch lesenswert ist und ich dir das wirklich ans Herz lege, das von vorne bis hinten durchzulesen, springen wir jetzt zu einzelnen Stellen in dem Buch, die ich mir vorab markiert hatte und gehen so dann nicht auf jedes Kapitel einzeln ein, sondern nur auf bestimmte Segmente, die dann aber wiederum für mich einfach bemerkenswert waren oder auch sind und diskutieren da vielleicht ein bisschen drüber. Die erste Stelle, die ich mir markiert hatte, war in dem Kapitel - kannst du das mal kurz vorlesen?

Carsten Das ist das Kapitel „Was, wenn wir die Fantasie als grundlegend für unsere Gesundheit erachten?“

Stefanie Genau. Und was ich mir da markiert hatte, war: „Vieles spricht dafür, dass die neoliberale Wirtschaft und ein wachstumsorientierter Kapitalismus in ihrem Kern Fantasieverhinderungsmaschinen sind. Der Soziologe Richard Sennett stellt fest: ‚Der moderne Kapitalismus funktioniert so, dass er die Fantasie der Menschen, ihren Möglichkeitssinn kolonisiert.‘ Thomas Piketty hat dargelegt, dass das kapitalistische Modell bis hinein in seine DNA auf die Erzeugung von Ungleichheit angewiesen ist. Das kapitalistische Modell lebt davon, dass es sich den Menschen als vereinzelten Konsumenten imaginiert, der ein Verlangen nach eigentlich nicht benötigten Dingen, sowie ein Gefühl der Unzulänglichkeit kultiviert, wenn er sie nicht bekommen kann. Dabei verbreitet er den Mythos, der Weg zum Glück läge in der Anhäufung von ‚Sachen‘. Dies zusammengenommen mag dazu führen, den Kapitalismus als ‚System‘ zu bezeichnen, das ‚geisteskrank macht‘. Aber das Gefühl, dass wir uns, was den Niedergang der Phantasie anbelangt, wie Frösche im Kochtopf verhalten, reicht tiefer. Während ich dies schreibe, liegen die weltweiten CO2 Emissionen bei etwa 410 Teilchen pro eine Million (ppm); als ich 1968 geboren wurde, lagen sie bei 321 ppm. Mitte des 21. Jahrhunderts werden sie 550 ppm erreichen und 1000 ppm im Jahr 2100.

Die Forschung geht davon aus, dass Konzentrationen um die 1000 ppm die kognitiven Fähigkeiten des Menschen um 21 % schmälern. Selbst die im Pariser Klimaabkommen festgelegten 660 ppm würden noch in einem Abfall dieser Fähigkeiten um 15 % resultieren. Falls es uns gelingen sollte, die schlimmsten Vorhersagen zu vermeiden und auf eine entschieden kreative Weise zu reagieren, das heißt die Welt und wie sie momentan funktioniert, in der Mehrheit ihrer Grundzüge neu zu denken, wie es Paul Hawken in seinem Buch ‚Drawdown‘ unternimmt, dann, weil wir unsere Vorstellungskraft erfolgreich mobilisiert haben. Und falls nicht, falls wir dazu bestimmt sind, in einen unvermeidlichen Klimazusammenbruch hineinzutaumeln, werden wir unsere Vorstellungskraft mehr denn je benötigen, um uns so gut wie möglich an eine sich rapide verändernde Welt anzupassen. Und nur fürs Protokoll es gibt keine dritte Option für ‚grünes Wachstum‘, einfach so weitermachen wie bisher und ‚nur ein paar Solarzellen aufstellen und alles wird gut‘ - dafür ist es jetzt zu spät.“

Und das hatte ich mir zum einen deswegen gemerkt, weil hier noch einmal gezeigt wird, wie sehr unser bestehendes Wirtschaftssystem, der Kapitalismus, darauf aus ist, uns nur als Einzelpersonen und eben als Konsument·innen zu sehen und dazu darauf zu konditionieren, wie das ja auch in der Schule schon so beigebracht bekommen, dass es ein Wettbewerb gibt zwischen anderen durch das Notensystem usw. und so fort, und wir darauf hin konditioniert werden, dass wir halt nur glücklich sind, wenn wir bestimmte Dinge kaufen. Das hatten wir hier im Podcast ja schon öfter gesagt, aber ich fand es hier noch mal einfach gut, dass es noch mal gesagt wurde. Und zum anderen finde ich es halt auch interessant, dass eben die hohe CO2 Konzentration in der Luft unsere Fähigkeit zur Vorstellungskraft tatsächlich mindert. Also das fand ich super spannend.

Carsten Ja, weil er vorher auch schon diesen Begriff „geisteskrank machen“ so in Anführungszeichen reingesetzt hat. Und das habe ich im ersten Moment ja tatsächlich so auf diesen Irrsinn zurückgeführt, der mit dem Kapitalismus da daherkommt und aber hinsichtlich der gesundheitlichen Folgen, dass eben auch die kognitive Leistungsfähigkeit abnimmt durch diese hohe Schadstoffbelastung, das verleiht dem Begriff „geisteskrank machen“ natürlich nochmal eine ganz andere Dimension. Die hatte ich vorher auch gar nicht so gekannt, war für mich halt neu.

Stefanie Also eine weitere gesundheitliche Dimension eigentlich, die auch zu beachten gilt. Also nicht nur, dass es irgendwie auf die Lungen schlägt oder generell, sondern dass wir auch in unserer Vorstellungskraft beeinträchtigt werden durch immer mehr CO2 in der Atmosphäre. Springen wir zur nächsten Markierung in dem Buch im Kapitel:

Carsten „Was, wenn wir dem Beispiel der Natur folgen?“

Stefanie Und da wird der Nationalpark London vorgestellt. Das fand ich total charmant, dass da eben London, die Stadt London zum Nationalpark erklärt wurde. Und das ist auf jeden Fall etwas, was du dir angucken solltest. Das ist eine spannende Idee für Großstädte zu sagen: So, das ist jetzt Nationalpark und wir schützen damit eben die ganze Stadt und legen auch Grünflächen zusammen oder verbinden vereinzelte Stücke und legen den Fokus darauf. Und Rob Hopkins schreibt, dass bei dieser Geschichte, dieser Erzählung von London als Nationalpark, dass im Mittelpunkt steht, was wir gemeinsam erreichen können oder was wir gewinnen können, was die Gemeinsamkeit ist, also saubere Luft, Schmetterlinge, Insekten, die herumfliegen, nette Spaziergänge und so etwas. Auch wieder etwas, was die Vorstellungskraft belebt und was Menschen dann motiviert und mobilisiert, sich für so etwas einzusetzen. Und dazu möchte ich auch einen kurzen Abschnitt wieder zitieren:

“Daniels Ratschlag, wie man so etwas auf die Beine stellen kann? ‚Holt das Ganze so schnell wie möglich aus den Umweltbewegungen heraus.‘ Sein Argument lautet, dass die Leute, die versuchen, Umweltveränderungen voranzutreiben, nicht unbedingt Kulturschaffende seien, die in der Lage sind, ein breites Publikum zu inspirieren, und dass es die Kultur und die Menschen sind, die den Wandel vorantreiben werden. Nicht, dass die Menschen nicht wüssten, wo die Probleme lägen, sei das Problem, sondern dass die Probleme so groß seien, dass sie sich überfordert fühlten, was wiederum die Vorstellungskraft lähmt. Im Juli 2019 wurde London offiziell zur Nationalparkstadt erklärt, mit Hunderten von Eröffnungen im ganzen Stadtgebiet und einer Charta, die andere Städte dabei unterstützen soll, etwas Ähnliches in die Wege zu leiten. Auf der Webseite heißt es: ‚Wir wollen mehr Vogelgesang, ultimatives Frisbee, Hangpurzeln, Baumklettern, Radfahren, Igel, Freiwilligenarbeit, Sharing, Spielen im Freien, Kajakfahren, saubere Luft, Otter, grünere Straßen, Lernen im Freien, Ballspiele, Kunst im Freien und Tanzen auf Hügeln in der Stadt. Warum auch nicht?‘“

Carsten Was mir in diesem Kapitel auch mit diesem Beispiel National Park London sehr gut gefallen hat, war dieses Zeichnen von diesem positiven. Also es wird auch beschrieben, dass die eine Stadtkarte erstellt haben, wo die Grünflächen in den Vordergrund gerückt sind. Wenn man normalerweise ja so Stadtkarten anschaut, geht es ja eigentlich eher um Verkehrswege, die Verkehrsinfrastruktur und hier wird genau das rausgelassen aus der Karte und der Fokus lag auf Grünflächen von Parks hin bis zu Gärten hinter den Gebäuden, so dass im Grunde genommen zu sehen war, wie grün die Stadt eigentlich schon ist und welche Flächen sich miteinander verbinden lassen und wie man das Ganze noch weiter ausbauen kann. Und das ist natürlich ein ganz anderer Blick auf das Geschehen einer Großstadt und und genauso was inspiriert, weil es ja weg von Boah, alles Verkehrslastig, überall hast du irgendwie drei-, vierspurige Bahnen und Verkehr ohne Ende. Und wie willst denn da überhaupt irgendwie Grünfläche schaffen? Hin zu Wir haben schon so viel und lass uns das doch besser machen und der Fokus ist einfach ganz anders.

Und das ist eins von den ganz vielen tollen Beispielen, um einfach mal zu sehen, zum einen was passiert heute schon, also nicht ins fiktive Zukunftsbild reingeschaut, sondern was passiert heute schon? Wie machen die Menschen das heute schon? So eine Initiativen gründen, wie gehen die da vor anhand von praktischen Beispielen, aber gleichzeitig eben auch den Fokus auf das positive Bild: was können wir eigentlich erreichen? Wo wollen wir hin? Auch gerade Gemeinschaft stärken, dass das da Menschen wieder zusammengeführt werden und das Interesse der lokalen Gemeinschaft stärker in den Vordergrund gerückt wird. Also Frisbee spielen, Kajakfahren etc. das sind ja alles Aktivitäten, wo Menschen sich begegnen und Menschen was gemeinsam unternehmen und nicht jeder auch...

Stefanie Hangpurzeln. (lacht)

Carsten Hangpurzeln. Ja, genau. (lacht)

Stefanie (lacht) Das ist mein Favorit. Hangpurzeln, ja...

Carsten Und nicht jeder was für sich unternimmt, sondern tatsächlich diese Gemeinschaftsaktivitäten mit rein. Und das sind total tolle Beispiele.

Stefanie Springen wir zu meiner nächsten Markierung in dem Kapitel:

Carsten „Was, wenn wir darum kämpfen, unsere Aufmerksamkeit wieder zu gewinnen?“

Stefanie Und da hat Carsten ja schon so ein bisschen gespoilert, dass wir da noch mal über etwas Besonderes sprechen und das ist tatsächlich in diesem Kapitel der Fall. Hier geht es zum einen um Digital Detox, also quasi zu schauen, ob das Smartphone tatsächlich das ultimative Gerät der Wahl ist oder ob ich vielleicht durch diese ständige Erreichbarkeit und das getriggert werden, dass ich da irgendwie die ganze Zeit drauf gucken muss und in den sozialen Netzwerken bin und überall vor Ort immer erreichbar bin, über Email, über Apps, über was auch immer, ob das tatsächlich so sinnvoll ist? Ja, und das ist auch ein Punkt, wo ich meine Aufmerksamkeit abgebe, wo ich quasi von Dingen bestimmen lasse, wie aufmerksam ich bin. Und Rob Hopkins schreibt auch, ob wir nicht vielleicht doch einfach kein Smartphone mehr haben und dann eine Digitalkamera und das wieder aufdröseln. Also was ja eigentlich vorher das Praktische war, dass du in einem Gerät verschiedene Dinge vereinst, sagt er, dass es eben nicht so gesund ist, eigentlich das zu haben.

Und einen Punkt muss ich jetzt mal einmal zitieren, nämlich zum Thema Multitasking: „Menschen, die Multitasking betreiben, in dem sie häufig ihre Mails abrufen, erleiden eine Intelligenzeinbuße, die mit jener bei Erschöpfung oder beim Rauchen von Marihuana vergleichbar ist. Wenn wir Multitasking betreiben, überlasten wir das Gehirn und die Verarbeitung verlagert sich vom Hippocampus, der es uns ermöglicht, uns zu erinnern und uns etwas vorzustellen zum Striatum, das für Routineaufgaben zuständig ist. Das macht es uns schwerer, uns etwas anzueignen oder uns nach einer Zeit des Multitaskings überhaupt daran zu erinnern, was wir getan haben. Eine Studie der Universität Loughborough fand heraus, dass Menschen nach dem Lesen einer Email, das in etwa zwei Minuten dauerte, im Durchschnitt 68 Sekunden brauchten, um sich wieder ihrer Arbeit zuzuwenden und sich daran zu erinnern, woran sie gerade saßen. Laut Schätzungen nehmen unnötige Unterbrechungen und die Zeit, die wir brauchen, um unser Gehirn, nachdem wir von unserer ursprünglichen Aufgabe abgelenkt wurden, wieder auf den richtigen Weg zu bringen, durchschnittlich 28 % unseres Arbeitstages in Anspruch. Diese Loslösung vom Hippocampus und die Unfähigkeit, sich nur auf eine Sache zu konzentrieren, mindert unsere Fähigkeit, auf konzentrierte Weise fantasievoll zu sein. Die Forschung zeigt auch, dass es anstrengender ist, von einer Aufgabe zur nächsten zu springen, als sich nur auf eine Sache zu konzentrieren. Sich auf eine Sache zu konzentrieren, zum Beispiel eine Stunde lang intensiv zu lesen, ist weit weniger anstrengend und erfordert weniger geistige Energie als der Versuch, Multitasking zu betreiben.“

Und diese Erkenntnis hatte ich schon öfter mit Carsten geteilt. Auch das Handy nicht die ganze Zeit mitzunehmen und Emails zu checken usw. und so fort. Aber da es von mir kam, wurde es irgendwie nicht angenommen. Und dann las Carsten dieses Buch und diese Stelle und auf einmal war sein Handy ausgeschaltet...

Carsten Ja, okay, ich muss zugeben, es hat Klick gemacht in zweierlei Hinsicht. Einmal bei mir im Kopf und einmal am Handy. Ähm, ja. Vielleicht ist es tatsächlich so, dass ich bestimmte Dinge oder Sachverhalte einfach mal öfters hören oder verinnerlichen muss...

Stefanie Ich glaube, um das mal kurz noch zu unterbrechen und zu ergänzen, dass es ein klassischer Fall ist von - das hat ja nicht nur damit zu tun, der Inhalt ist ja eigentlich egal – aber, von Menschen, die dir nahestehen, nimmst du manche Dinge einfach nicht so gerne an, wie von Menschen, die du vielleicht gar nicht kennst oder die dir halt nicht so nahestehen. Oder von Expert·innen. Dann glaubst du halt Expert·innen eher als deiner Partnerin, deinem Partner zum Beispiel. Und ich glaube, das ist so ein klassischer Fall davon.

Carsten So ein Prophet im eigenen Land Thema ja, kann, will ich nicht absprechen, will ich nicht absprechen. Ich muss aber dazu sagen, dass das, was mir beim Lesen wirklich so in den Vordergrund gerutscht ist und auch da bin ich mir nicht sicher, wahrscheinlich habe ich das schon vielfach gehört, aber diesmal ist es wirklich so hängen geblieben, ist das Thema mit der Aufmerksamkeit. Auch Aufmerksamkeitsökonomie wird häufig als Begriff genannt, dass wir so sorglos mit unserer Aufmerksamkeit umgehen. Als ob das jetzt irgendwie keine Ahnung, wie mit so einer Gießkanne verteilen wir unsere Aufmerksamkeit auf alles, was in irgendeiner Art und Weise elektronisch daherkommt. Social Media generell. Dann die Tatsache mit dem Smartphone, dass wir an allen Ecken und Kanten quasi always on sind und auch immer dieses Gefühl haben: Wenn wir das jetzt nicht machen, würden wir irgendwas Wichtiges verpassen.

Stefanie Fear of missing out.

Carsten Fear of missing out. Genau. Und das ist mir wirklich jetzt klar geworden, wie wichtig oder wie kostbar meine Aufmerksamkeit eigentlich ist und dass ich sie eigentlich viel zu sorglos verteilt oder verschenkt habe, Dingen gewidmet habe, die mir im Grunde eigentlich gar nichts bedeuten, wo ich nicht viel von mitbekomme und dass ich da in Zukunft viel, viel konzentrierter mit umgehen muss. Also wirklich bedachter überlegen, wo investiere ich meine Aufmerksamkeit? Das ist mir beim Lesen klar geworden. Und in diesem Kapitel selber wurde auch noch mal genannt, dass es in der Vergangenheit auch bestimmte Bereiche oder Personen oder Berufe gab, wo ein always on dieses ständig sich einem Thema zu widmen, seine Aufmerksamkeit auf viele Dinge zu konzentrieren erfordert ist und das sind z.B. Fluglotsen. Aber diese Fluglotsen arbeiten halt nur 2 bis 3 Stunden am Stück, weil dann ihre Aufmerksamkeitsfähigkeit nachlässt. Und gerade weil das ja so Bereiche sind, wo es um lebenswichtige Entscheidungen geht, muss man dann auch entsprechende Pausen einkalkulieren und auch eingestehen, dass dieses Always on tatsächlich sehr viele Ressourcen frisst.

Und das, was wir heute an tatsächlich Alltagsstatus erreicht haben, ist ja, dass wir alle always on sind, dass durch dieses Jahr fear of missing out unser Handy immer greifbar haben und immer die aktuellsten Nachrichten haben, mit Freunden chatten und keine Ahnung was. Also das, was da so im Alltag passiert ist ja nichts anderes als dieses always on und das frisst Ressourcen. Und das ist mir beim Lesen wirklich so klar geworden. Und vielleicht hat mich das auch dazu verleitet, tatsächlich wirklich im Nachgang, als ich das gelesen habe, zu meinem Handy zu gehen und das mal komplett auszustellen.

Stefanie Ja, ich fand das nur total lustig, weil ich gedacht habe, ich rede mir den Mund fusselig. Ich erzähle das so häufig, ich sage „Nimm das Handy nicht mit aufs Klo.“ Also solche Geschichten. Ja, sei achtsam, immer nur eins zurzeit usw. Aber das ist so, so ein Rauschen. (lacht)

Carsten Ohne Rob hätte ich das nicht hinbekommen. (lacht)

Stefanie Genau. Ja, und deswegen das noch mal auch so als Beispiel. Wir sprechen jetzt so offen darüber, weil ich denke, dass es wichtig ist für dich, vielleicht auch für deinen Alltag, wenn du das Gefühl hast, du redest dir den Mund fusselig bei Menschen, die dir nahestehen, dann kann das eben tatsächlich daran liegen, dass sie dir nahestehen. Und dann, wenn du ihnen eine Person präsentierst, die das auch macht, die vielleicht etwas weiter entfernt steht oder eben ein Buch oder einen Film oder so, dann kann das sein, dass das den Ausschlag gibt. Kann aber auch sein, dass eben diese Person das noch ein paar Mal öfter von verschiedenen anderen Quellen hören muss, bis dann irgendwann der Punkt kommt, an dem er oder sie sagt: Ja, okay, ich ändere jetzt was. Das ist ja auch das mit dem Planting Seeds immer wieder, dass wir sagen okay, du hast jetzt diesen Impuls gesetzt, diesen Samen gepflanzt. Wann der tatsächlich dann anfängt zu wachsen, das kannst du nicht beeinflussen. Aber du hast es zumindest gemacht. Und dann, irgendwann wird sich vielleicht etwas tun. Vielleicht auch nicht. Vielleicht verkümmert der Samen auch wieder. Aber letztlich ist das eben eine Möglichkeit, auch damit umzugehen, die Frustration loszulassen, wenn die dir nahestehende Person nicht das tut, nicht dieser Empfehlung folgt, die du aussprichst. Das ist wohl etwas, was wir alle lernen sollten. Ich habe das zumindest gelernt, sage ich jetzt mal.

Carsten Du bist halt kein elektronisches Universum, keine Social Media. Du kannst mich einfach nicht steuern.

Stefanie Ich glaube, ich programmier so eine App, wo ich dann die ganze Zeit irgendwie auftauche, immer „Hallo, Hallo“ irgendwie so. Na ja, gut, also jedenfalls das noch mal so als kleiner Exkurs. Ich denke, das ist wichtig für dich, auch für deinen - liebe Hörer·innen, für dich, du bist gemeint - für deinen Seelenfrieden, denn bei dir nahestehenden Personen kann es immer sein, dass sie einfach nicht auf dich hören und dass es dann auf einem anderen Weg passiert. Wie gesagt, ich hatte das bei meinen Touren - damals, als ich noch die Touren gegeben habe - oft gemerkt, dass ich so als neutrale Plattform genutzt wurde von Menschen, die schon vegan leben, die dann Menschen, die noch nicht vegan leben, mitgebracht haben und quasi mich haben erzählen lassen und dadurch eine Brücke gebaut haben von deren Lebensweise zu den Menschen, die noch nicht vegan leben. Weil ich einfach als neutrale Basis fungiert habe. Und wenn du irgendwie die Möglichkeit hast, so etwas zu finden, was dir als neutrale Basis fungiert, dann nutz das oder lass los. Also ich denke das es immer eine gute Möglichkeit: Lass los, lass es los. Vertraue. Hab Vertrauen, dass es irgendwann wirkt. Hier hat es auch irgendwann gewirkt. Springen wir zum nächsten Kapitel bzw. zu meiner nächsten Anmerkung in dem Kapitel:

Carsten „Was, wenn wir bessere Geschichtenerzähler·innen werden?“

Stefanie Warum ich diesen Punkt in dem Kapitel markiert habe, war tatsächlich, weil es da auch um Visionen geht und um einen Künstler, der versucht, keine Dystopien darzustellen, wie die Zukunft aussieht, sondern er nimmt Orte, die bereits existieren und zeichnet dort quasi Möglichkeiten, wie diese in Zukunft aussehen könnten. Und das hat mich ganz stark an Hartmut Kiefert erinnert, der ja auch diese Visionen von Orten zeichnete, die im Moment noch Tierfabriken darstellen oder teilweise eben auch nicht, weil teilweise malt er ja auch öffentliche Plätze oder so, wie das aussehen könnte und zeigt, wie die dann in einer idealen Zukunft, sag ich jetzt mal so in einer veganen Zukunft, einer Zukunft voller Empathie und Mitgefühl denn aussehen könnten. Und daran hat mich das total erinnert, weil es auch finde ich, immer sehr positive Bilder sind.

Carsten Ja, definitiv. Wir haben ja auch eins von seinen Bildern gekauft. Nicht das das Gemalte, sondern einen Druck davon. Das hatte mich insofern inspiriert, als dass es einen Wiesenhof Betrieb zeigt, der schon marodiert ist, wo dann die Hühner direkt vorne auf der „Parkleitplanke“ wollte ich gerade schon sagen. Wie heißt das Ding?

Stefanie Fehlt mir gerade auch das Wort. Keine Ahnung. Also jedenfalls das Ding, was, die Schranke!

Carsten Die Schranke, genau. Die sitzen auf der Schranke und führen da ein gutes Leben. Und das fand ich sehr inspirierend, weil ich aus einem Umfeld komme, wo Wiesenhof allgegenwärtig ist. Also ich komme tatsächlich aus einem der Landkreise, wo eine sehr starke, intensive Tierhaltung existiert. Und der Ort, wo ich lange Zeit gewohnt habe, hat auch ein Wiesenhofwerk und ich fand das einfach vom Bild her, dass das passt. Das war einfach so mit meiner eigenen Biografie so ein bisschen verbandelt und da zu sehen, wie so eine Zukunft aussehen könnte, auch eine greifbare Zukunft, da wo es den Tieren gut geht, da musste ich einfach dieses Bild kaufen.

Stefanie Und genau darum geht's eigentlich ja auch, dass das quasi Alltag geworden ist, was wir eigentlich sehen wollen. Dass also unser Wunsch, unsere Zukunftsvisionen, dass wir sie so darstellen, dass sie ganz alltäglich geworden sind. Ich habe ja noch einen Zitat:

„Für Rowland müssen die Geschichten, die wir über die Zukunft erzählen, die Dinge, die wir dort sehen wollen, alltäglich und unscheinbar machen. ‚Die Fantasy-Bücher, die ich geschrieben habe, existieren alle in einer Welt, in der queere Menschen einfach akzeptiert sind, weil das die Welt ist, die ich mir wünsche. Ich möchte, dass die Menschen das Leben leben können, das sie wollen und dass sie lieben können, wen sie sich ausgesucht haben und dabei Abenteuer erleben.‘“

Und in dem Kapitel „Wie wir jetzt bessere Geschichtenerzähler·innen werden können“ geht es sehr viel darum, wie wir jetzt solche Geschichten von der Zukunft erzählen können, welche Kniffe es dort gibt quasi und was auch schon gemacht wird. Also es ist auf jeden Fall, natürlich wie das ganze Buch sehr lesenswert. Springen wir nun zur nächsten Markierung im Kapitel.

Carsten „Was, wenn unsere Anführer·innen auf eine Kultur der Fantasie setzen?“

Stefanie In dem Kapitel geht es um den Unterschied zwischen Kreativität und Fantasie und dass die Kreativität quasi von der Globalisierung und auch vom Kapitalismus annektiert oder okkupiert wurde.

Carsten Das spielt sich ja quasi in den Marketingabteilungen der Firmen ab oder in den Marketingagenturen und dient ja letztendlich nur noch dazu, um Produkte und Dienstleistungen noch gewinnbringender zu verkaufen.

Stefanie Und warum ich mir diese eine Stelle hier extra markiert hatte, war, weil es hier darum geht, dass wir ein völlig neues Denken brauchen. Und das können wir mit Kreativität alleine einfach nicht mehr leisten, sondern wir brauchen unsere Vorstellungskraft, wir brauchen unsere Phantasie. Und dazu möchte ich noch mal einmal etwas zitieren:

“Wie also gehen wir vor? Nun, um die kommunale Vorstellungskraft neu zu entfachen, steht unseren Städten und Gemeinden zunächst einmal ein mächtiges Instrument zur Verfügung, denn sie können beeinflussen, wie die Geldströme in ihre Kommunen fließen. Judy Wicks, Gründerin von BALLE (Business Alliance for Local Living Economies), einer Organisation, die in den USA ein wachsendes Netzwerk von Unternehmer·innen und Aktivist·innen der lokalen Wirtschaft unterstützt, merkt an, die Globalisierung habe uns ‚die Phantasie geraubt, weil es nur noch um Vervielfältigung geht, nur noch darum, seine Marke weltweit zu verbreiten. Um das zu erreichen, muss man den gemeinsamen Nenner finden. Man muss auf Routinen setzen und die Dinge gleich machen. Das ist das Gegenteil von Fantasie.‘ Lokale Ökonomien, so sagt sie, sind von Natur aus einfallsreicher, da sie viel stärker eingebunden sind und wissen, was vor Ort tatsächlich gebraucht wird. Momentan fließt Geld, sei es aus staatlichen Mitteln, Zuschüssen, Renten, Gehältern usw. in den Ort, an dem man lebt. Aber das meiste davon fließt direkt wieder hinaus. Doch überall dort, wo das Geld weg sickert, (also an jedem Loch im ‚undichten Eimer‘, wie es die New Economics Foundation ausdrückt), könnte ein Auskommen, ein Arbeitsplatz, ein neues Unternehmen, eine neue Möglichkeit entstehen. Sein Potenzial auch dauerhaft zu bleiben und Dinge zu verwirklichen, hängt eng mit der Phantasie des betreffenden Ortes zusammen.“

Was bei mir das Ganze bewirkt hat, war tatsächlich, dass ich gedacht habe: Ja, es geht wieder darum, alles zu lokalisieren und mehr darauf zu schauen, was kann ich hier vor Ort tun? Ich hatte das irgendwo mal gelesen, also bestimmt ist es völlig ein bekanntes Zitat oder so, dass wenn Nationen versagen, dass dann Städte auf den Plan treten und das ist generell tatsächlich darum geht, dass wir eher von unten nach oben schauen, als dass wir direkt gucken, okay, Deutschland soll jetzt dies und das machen, dass wir dann eher in den Städten und Gemeinden schauen, noch nicht mal die Bundesländer, sondern wirklich in kleineren Segmenten gucken, was kann da passieren? Und dann, natürlich kannst du auch noch kleiner werden, so dass du sagst okay, was kann ich tun in meinem Haushalt, was kann ich in meiner Nachbarschaft machen usw. und so fort. Also du kannst von allen Richtungen, das verkleinern oder vergrößern, aber letztlich, dass der Gedanke eher ist, dass wir uns darauf konzentrieren, was vor Ort regional passieren kann. Denn darum geht es ja schließlich auch, dass das alles, die Kreisläufe viel regionaler werden. Und da dachte ich nämlich, das ist ein guter Punkt hier, dass die Globalisierung und auch das vorherrschende System, in dem wir leben, eben nur befeuert, dass wir uns immer weiter ausbreiten, dass wir globaler werden, dass wir dann expandieren, also letztlich, dass es immer darum geht, mehr, mehr, mehr.

Und ich bin ja jetzt schon länger selbstständig und habe einige Business Coachings mitgemacht. Und letztlich war auch das immer in den Coachings dieser Gedanke so, wie kannst du größer werden, wie kannst du wachsen, noch mehr Geld verdienen, noch mehr Geld verdienen? Und wie kannst du dein Business so auslegen, dass es halt möglichst groß ist? Und möglichst viel Geld und nicht zu gucken, was brauche ich eigentlich? Und ist es überhaupt sinnvoll, das so zu machen? Sondern immer eher so in diese Richtung zu gehen. Meine Marke bekannt machen, groß werden, groß werden, groß werden. Und mittlerweile weiß ich jetzt auch auch unter anderem durch das Buch, warum mich das immer so ein bisschen gestört hat und warum ich damit nicht klar gekommen bin. Weil uns das eben nicht weiterbringt. Das ist ja auch wieder etwas mit diesem grenzenlosen Wachstum. Es wird halt einfach nicht funktionieren. Und das Nachhaltigere ist tatsächlich, wenn ich eher auf regionaler Ebene gucke und das es auch nicht schlimm ist, wenn ich halt nicht weltweit bekannt bin und alle Welt meinen Namen kennt, sondern dass das auch völlig okay ist, wenn ich nur in meiner Gemeinde oder meiner Stadt oder in meiner Nachbarschaft bekannt bin. Vorausgesetzt, dass ich damit halt gut leben kann, also dass mein Lebensunterhalt gesichert ist. Und wozu muss ich dann weltweit bekannt sein? Natürlich. Ja, das können wir jetzt immer weiterspinnen, aber letztlich denke ich, dass es ein wichtiger Punkt ist, dass regional betrachtet, also Gemeinden und Städte da viel agiler sind als Bundesländer und ganze Länder generell. Dass das da alles viel langsamer abläuft und wir, wenn wir von unten schauen, okay, was können wir in unserer Nachbarschaft machen, was können wir in unserem Stadtteil machen, was können wir in der Stadt machen, je nachdem, wie groß die ist? Hamburg ist ja jetzt schon relativ groß, also würde ich da eher auf Stadtteilebene gucken, dass wir da dann viel mehr bewirken können.

Carsten Ja, was du gerade schon sagtest, die Geschwindigkeit ist eine andere. Wir sind viel unmittelbarer im Geschehen, wir haben einen kleineren Beteiligtenkreis. Wir können viel schneller ins Handeln und ans Umsetzen kommen und schaffen uns damit ja auch Blaupausen, wie man das Ganze vielleicht größer aufbauen kann. Dass das, was in der Nachbarschaft funktioniert, vielleicht auf den Stadtteil übertragen werden kann, vielleicht auch nicht. Aber das, was übertragen werden kann, ist dann ja tatsächlich schon die Blaupause, die dann auch in einer größeren Ebene auf der Stadt funktioniert. Und so befruchtet sich das Ganze und das funktioniert definitiv schneller, als wenn ich jetzt darauf warte, dass auf Bundesebene irgendwo die entsprechenden beteiligten politischen Instanzen Entscheidungen treffen, die nach unten dann durchbringen und das Ganze erstmal nach unten sickern muss, sodass es dann bei mir ankommt. Der Prozess ist einfach zu langsam, da können wir aus meiner Sicht auch gar nicht drauf warten, sondern wir müssen lokal, wir müssen regional anfangen, das was es aufzubauen gibt oder was man aufbauen kann, aufbauen und eben auch die entsprechenden Kreisläufe stärken. Und da schließe ich jetzt wieder an das Buch an, auch die Fantasie wieder aufleben lassen.

Stefanie Ja, und was wir dafür brauchen, sind sichere Räume. Räume, Möglichkeiten, in denen wir uns öffnen können und in denen wir auch unsere Vorstellungskraft, unsere Phantasie pflegen können. In denen wir den Mut aufbringen können, phantasievoll zu sein und wirklich reale, haptische Räume quasi. Das wird auch in dem Buch erläutert haben. Diese Idee und auch Möglichkeiten, die es schon gibt, Räume, die von Gemeinden, Stadtteilen usw. zur Verfügung gestellt werden, wo wir einen sicheren Rahmen haben, in dem wir zusammenkommen können, in denen wir einfach loslassen können und einfach träumen können, Vorstellungswelten kreieren. Und da fand ich ganz besonders toll diese Aktionen. Da gab es verschiedene Aktionen, die genannt wurden, aber wo dann zum Beispiel ein Platz, eine Buswende Haltestelle, so ein Bus Wendehammer quasi über Nacht umgestaltet wurde in eine mögliche Zukunftsvision, wo ein ganzes Fest darauf abgehalten wurde und gezeigt wurde, wie könnte dieser Platz aussehen? Und das finde ich total bestechend, diese Möglichkeit zu sagen, okay, ja, ich kann ja für Demonstrationen auch zehntausende von Menschen organisieren und mobilisieren tatsächlich auch, dass sie dahin kommen. Dann kann ich doch auch Menschen mobilisieren, die mit mir über Nacht einmal so einen Platz umgestalten und die da mitmachen. Das müssen ja dann gar nicht so viele sein.

Und das können wir ja auch bei Gartenschauen oder hier in Hamburg, in Klein Flottbek, da bei den Pferderennen zum Beispiel uns anschauen. Da wird über Nacht oder vielleicht auch über zwei, drei Tage, der ganze Platz umgestaltet und alles wird irgendwie schick gemacht. Und das ist ja alles möglich. Also es ist möglich, so was in ganz kurzer Zeit da entstehen zu lassen und dann auch wieder wegzuräumen, als wäre nichts passiert. Und diese Optionen, die fand ich total toll. Also die Beispiele, die da auch genannt wurden, dass teilweise ganze Straßenzüge, dass da gezeigt wurde, okay, so könnte die Straße aussehen, wenn wir das alles in Zukunft umsetzen. Und jetzt bekommt ihr schon mal einen Vorgeschmack davon, dass da Pop up Stores entstehen, dass da Pop up Radwege gezeichnet werden, dass da dann Foodtrucks stehen, dass es da Spielplätze gibt, Möglichkeiten, sich auszutauschen und einfach eine ganz neue Nachbarschaft zu beleben. Und das eben nur für einen begrenzten Zeitraum, um das sichtbar zu machen und den Menschen halt zu zeigen: Ja, wir reden nicht nur darüber, sondern wir machen auch und es ist möglich. Es ist möglich, das zu machen. Wenn wir jetzt alle zusammen anpacken, dann schaffen wir das und wir können nicht mehr sagen ja, nee, das ist alles zu kompliziert und das würden wir nie schaffen, sondern es ist dann in diesem Akt einmal gemacht worden.

Carsten Ja, und eben diese Vorstellungswelten aufzubauen, das neu zu schaffen und neu zu beleben, das ist tatsächlich auch die fundamentale Quintessenz, die ich hier aus diesem Buch so mitnehme. Wir reden ja Richtung Klimawandel auch häufig vom Verlust an Biodiversität. Was mir vor dem Lesen dieses Buches gar nicht klar war, war, dass es auch ein Verlust an Vorstellungswelten gibt. Diese, ja, ich muss sagen anerzogene Einengung auf ganz bestimmte Denkmuster, die lässt uns so viel Fantasie verlieren, die wir jetzt wieder aufleben lassen müssen. Einfach so, diese fantastische Vorstellungskraft, mit der wir das Mögliche neu denken. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Faktor. Und das war etwas, was ich hier aus diesem Buch mitnehme. Und deswegen ist dieses Buch für mich auch tatsächlich so in diese Top Five gerutscht.

Stefanie Und Stichwort aberzogen. Es gibt ja auch das Kapitel „Was, wenn die Schule die Vorstellungskraft junger Menschen fördert?“ Unser Kind geht ja auf eine freie, demokratische Schule, deswegen ist das für uns schon quasi selbstverständlich geworden. Aber nicht so, dass wir nicht jeden Tag dankbar dafür sind, dass unser Kind da hingehen darf. Eine Schule, in der die Schüler·innen frei entscheiden dürfen, was sie wann wie lernen wollen und in denen freies Spiel ganz viel Raum hat. Sie können auch einfach den ganzen Tag spielen, aber haben schon die Möglichkeit, mit Erwachsenen darüber zu sprechen, wenn sie etwas lernen wollen und haben auch die Möglichkeit, verschiedene Räumlichkeiten aufzusuchen. Und da erleben wir, Carsten und ich eigentlich täglich, dass das freie Spiel die Vorstellungskraft extrem fördert. Und wenn wir vergleichen, wie das bei uns in der Schule war und generell, wenn ich mit Menschen über Schule spreche, wie die Schulerfahrung war, sagen 90 % bestimmt, dass die Schule schrecklich war. Ich habe da beim Bildungsurlaub auch kurz mit einer Teilnehmerin darüber gesprochen, wo ich so vorsichtig erklärt habe, was das für eine Schule ist, wo unser Kind hingeht. Und habe sie dann auch gefragt: Ich weiß jetzt nicht, wie es bei dir ist mit der Schulerfahrung und sie meinte, die Schule war so schrecklich, dass sie deswegen früher abgegangen ist.

Also all diese Bücher, all diese Filme, die es zum Thema Schule gibt, sind meistens mit der Erzählung, mit diesem Narrativ, dass Schule schrecklich ist, irgendwas, was man irgendwie aushalten muss. Und Mobbing findet statt. Da sind schreckliche Lehrer·innen. Was natürlich nicht heißt, dass, solltest du Lehrer·in sein, du schrecklich bist, sondern in den Erzählungen ist es meistens so, das meinte ich damit, dass es das gibt. Natürlich gibt es auch tolle Lehrer·innen, sowohl real als auch in Erzählungen. Und das will ich hier jetzt auch gar nicht irgendwie infrage stellen, sondern es geht tatsächlich darum, dass dieses Modell der Schule, wir hatten ja auch schon über Bildung gesprochen, das Modell einfach den Kindern keinen Raum für die Vorstellungskraft lässt. Und wir, Carsten und ich gemerkt haben, durch das, wie wir aufgewachsen sind in dem Schulsystem, dass wir uns erst mal das wieder mühsam erarbeiten mussten bzw. ich kann jetzt erst mal nur für mich sprechen, ich gemerkt habe, dass die Vorstellungskraft mir tatsächlich in meiner Kindheit und Jugend und generell in meinem Leben geholfen hat auch zu überleben, in der Schule und auch in meinem Alltag generell.

Und das ist was - wir haben jetzt letztens wieder „Anne with an E“ geschaut, (also die Netflix Serie, die es jetzt auch auf DVD gibt. Wir haben sie auf DVD geguckt, ausgeliehen natürlich aus der Bücherhalle), in der das Buch „Anne auf Green Gables“, Carsten hat das Buch gelesen, ich habe das nie gelesen, verfilmt wurde. Wobei das halt wirklich eine eine sehr weitläufige Adaption des Buchs ist. Und in der Serie wird auch immer wieder gezeigt, dass die Vorstellungskraft Anne hilft zu überleben. Sie steht als Waise in der Welt, ihre Eltern sind gestorben, als sie noch ein kleines Baby war und sie musste dann ins Waisenhaus und immer wieder zu Pflegefamilien und hatte eine sehr, sehr, sehr belastende Kindheit. Ihr hat ihre Vorstellungskraft geholfen, damit klar zu kommen, weil sie damit immer phantasievoll in andere Welten entschwinden konnte. Und nur das hat ihr letztlich geholfen, daran nicht komplett zu zerbrechen. Und das ist eben auch so ein Punkt, wenn wir in die Richtung schauen, dass unsere Vorstellungskraft uns hilft, gesund zu bleiben. Auch in solchen extremen Situationen, wenn wir Traumata erleben und traumatische Situationen und das ist eben nicht zu unterschätzen. Und wenn Anne das in diesem Beispiel nicht gehabt hätte, wäre sie unter Garantie an all dem zerbrochen. Und die ganze Geschichte, also der ganze Film, alle drei Staffeln handeln einfach von der Vorstellungskraft, der Macht der Phantasie und wie sie dadurch auch Konventionen sprengt, aber eben freudvoll leben kann. Und so ist auch das Buch hier. Es passt zusammen, beides, das Buch und die Serie, die passen zusammen als ja, als Feuerwerk der Vorstellungskraft, der Phantasie und der Möglichkeiten. Sie zeigen, was wir für ein tolles Leben führen können, wenn wir unserer Vorstellungskraft Raum geben und wenn wir den Mut haben, phantasievoll zu sein. Und genau darum geht es ja eben, dass wir jetzt einfach keine Zeit mehr haben für Hoffnung, sondern dass die Welt jetzt mutige Menschen braucht und die eben auch phantasievoll agieren. Und da ist dieses Buch wirklich ein großer, großer Schatz.

Carsten Ja, du merkst, dieses Buch hat unglaublich viel Potenzial und dementsprechend ist uns auch daran gelegen, dass viele Menschen dieses Buch lesen können. Und wenn du dieses Buch jetzt haben möchtest, was wir am Anfang der Folge schon angesprochen haben, kannst du es jetzt hier gewinnen und wir verlosen es und zwar bis zum 26. November 2021.

Stefanie Der Rechtsweg ist natürlich ausgeschlossen.

Carsten Und wir sind auch nicht bestechlich.

Stefanie Wir sind nicht bestechlich. Genau. Und natürlich steht es dir auch immer offen, das Buch zu kaufen. Wenn du das machst, dann machs bitte bei deinem regionalen Buchhändler, deiner regionalen Buchhändlerin. Wenn du es online bestellen musst, dann bestell es doch bitte nicht beim großen A, sondern direkt beim Verlag. Du findest den Link auf jeden Fall in den Shownotes. Noch einmal Dankeschön an den Verlag, der uns das Buch hier kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Und wie gesagt, wir behalten es natürlich nicht, sondern geben es weiter.

Carsten Es wurde schon das Dankewort genannt. Wir wollen uns natürlich auch weiterhin herzlich bedanken bei allen Menschen, die uns so zahlreich und auch über so langen Zeitraum über Steady unterstützen.

Stefanie Genau die uns finanziell unterstützen, muß ich jetzt noch mal dazu sagen. Also ganz, ganz herzlichen Dank an alle Steady Unterstützer·innen.

Carsten Total toll.

Stefanie Und da würde ich jetzt einfach sagen in diesem Sinne.

Carsten In Hamburg sagt man Tschüss.

Stefanie Und auf Wiederhören.

Links zur Folge

Buch "Stell Dir vor... mit Mut und Fantasie die Welt verändern" von Rob Hopkins
https://www.loewenzahn.at/produkt/2698/stell-dir-vor/

Podcast "From what if to what next" von Rob Hopkins
https://www.robhopkins.net/podcast/

Nationalpark London
https://www.nationalparkcity.london/

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