Folge 254 - Buchbesprechung: Die Weisheit der Pflanzen

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Folge 254 - Buchbesprechung: Die Weisheit der Pflanzen

Transkript (nur grob Korrektur gelesen)

Stefanie: Bevor wir jetzt mit dieser Folge starten, möchte ich mich nochmal ganz herzlich bei allen Steady-Unterstützer·innen bedanken.

Carsten: Ja, vielen Dank.

Stefanie: Genau, finanzielle Unterstützung ist tatsächlich sehr wichtig für diesen Podcast und auch für alle anderen kostenlosen Angebote, die ich so für dich bereitstelle und deswegen ist natürlich auch das, was die Unterstützer·innen teilweise schon seit Jahren zahlen eine sehr, sehr wichtige und sinnstiftende Art und Weise, etwas zurückzugeben, denn diese Angebote sind tatsächlich nur für dich kostenlos und nicht für mich.

Ich hab immer noch laufende Kosten, die mir entstehen und dabei handelt es sich auch wirklich rein, nur um die laufenden Kosten und nicht darum, dass die Zeit die all das hier in Anspruch nimmt, irgendwie in Rechnung gestellt wird. Das berechne ich schon gar nicht, sondern wirklich nur diese laufenden Kosten und dadurch, dass es Menschen gibt, wie Andrea S., Corinna, Johannes L., Hans Jürgen, Martin H., Kathrin A., Andrea B., Mareike, Mara, Julia H., Birgit G., Jennifer, Ricke und Saskia, die diesen Podcast und auch die anderen kostenlosen Projekte teilweise schon seit bald 5 Jahren unterstützen, kann ich all das, was ich bisher kostenlos angeboten habe, auch weiterhin kostenlos anbieten.

Nun ist es natürlich verständlich, dass mich all diese Personen nicht ihr Leben lang unterstützen werden, denn das ist ja jetzt kein keine Verpflichtung auf Lebenszeit. So sind in den vergangenen Jahren auch durchaus immer mal wieder Menschen dabei gewesen, die dann ihre Unterstützung beendet haben. Was völlig verständlich ist und auch da bin ich wirklich total dankbar, dass sie mich überhaupt finanziell unterstützt haben. Die Kosten entstehen natürlich weiterhin das sind halt laufende, monatliche Kosten und deswegen wäre es super, wenn du das Gefühl hast ja, das gibt mir was dieser Podcast oder all die anderen kostenlosen Angebote, die ich für dich bereitstelle, sei es in der Vergangenheit vielleicht, der von Herzen Vegan Clan oder jetzt in der Gegenwart das Experimentarium oder eben die verschiedenen Podcasts und kostenlosen Kurse, die ich so zur Verfügung stelle. Wenn du das Gefühl hast, das gibt dir was und das inspiriert dich und du hast im Moment die Möglichkeit, finanziell etwas zurückzugeben, dann würde ich mich riesig darüber freuen, wenn du dich dazu entscheidest. Du findest den Link zur Steadyseite immer hier unter der Folge oder in den Show Notes oder wenn du auf die Webseite gehst, vonherzenvegan.de gibt es einen Button unterstützen und auch dort kommst du zur Steadyseite.

also nochmal der Aufruf es wäre wunderbar, wenn du dich dazu entscheiden könntest, mich und meine Angebote finanziell zu unterstützen, denn das ist ja alles werbefrei und ich halte es auch weiterhin werbefrei. Ich habe Kosten, die entstehen und trotzdem ist es so, dass es weiterhin kostenlos für dich zur Verfügung gestellt wird. Und du kannst schon anfangen, mit 2,50€ im Monat und da kannst du natürlich auch mehr zahlen und kannst auch für ein Jahr Dich verpflichten, aber es ist auch möglich, einfach nur zu sagen ich zahle einmal 2,50€ und das war's. Es gibt verschiedene Möglichkeiten und wenn du Fragen dazu hast oder irgendwas unklar ist, dann schreib mir immer gerne an post@vonherzenvegan.de. Soweit zum organisatorischen.

Jetzt zu der Buchrezension und ich habe lange darauf gewartet, dass wir sie endlich aufnehmen können und ich musste auf Carsten warten.

Carsten: Ja, du bist mir quasi vorausgeeilt, doppelten Schrittes, also doppelt so schnell wie ich, würde ich sagen. Du hast das Buch nicht nur gelesen, sondern auch noch gehört.

Stefanie: Genau, ich hab auch die Möglichkeit gehabt, das noch als Hörbuch zu hören und dachte halt, ich höre das jetzt nochmal damit das präsent ist, aber so schnell ging das bei Carsten nicht, das Buch zu lesen. Ja um welches Buch geht es denn?

Carsten: Also es geht um das Buch „Geflochtenes Süßgras - die Weisheit der Pflanzen“ von Robin Wall Kimmerer.

Stefanie: Ich kann noch ergänzen, dass Robin Wall Kimmerer, Mitglied der Citizen Potawatomi Nation ist und das ist deswegen so wichtig nochmal zu erwähnen, weil sie zwar in den USA aufgewachsen ist, also us-amerikanisch geprägt, aber eben einen indigenen Hintergrund hat und in ihrem Buch das indigene Wissen, was sie in sich trägt und sich auch wieder neu angeeignet hat mit ihrem us-amerikanischen, wissenschaftliche Wissen verwebt, also das, was sie an der Universität gelernt hat.

Carsten: Genau, und das ist, finde ich, ganz wichtig, weil wenn man jetzt wirklich nur so den reinen Titel hört, „die Weisheit der Pflanzen“, dann denkt man so an Kräuterkunde oder so was und darum geht es wirklich nicht, also es geht hier tatsächlich wie du schon sagtest, um die Art und Weise, wie indigene Nationen den Umgang mit der Natur pflegen und das auf eine sehr anekdotenreiche Art und Weise also und das macht das Buch wirklich zu etwas ganz Besonderem.

Stefanie: Ich wage es schon gar nicht zu fragen, denn das ist so eine offensichtliche Überleitung, nachdem du das gerade schon gesagt hast „ganz besonders“ - wie hat dir das Buch denn gefallen, so allgemein?

Carsten: Ich habe tatsächlich verschiedenste Gefühle empfunden, als ich dieses Buch gelesen habe. Prinzipiell und grundsätzlich ist es tatsächlich auch eines von den Büchern, wo ich sage, es ist extrem wichtig. Vielleicht sogar eines der wichtigsten Bücher, was ich jetzt empfehlen kann? Was für mich sehr überraschend war: es hat meinen Blick auf die Welt doch nochmal gehörig geändert, ähnlich wie es damals bei mir war, als ich so in diese vegane Sichtweise reingekommen bin, wie das Hinterfragen des Mensch-Tier-Verhältnisses so ähnlich vielleicht. Nicht so destruktiv, aber so ähnlich fundamentalistisch bin ich mir beim Lesen dieses Buches vorgekommen, weil sehr viele Facetten auf einmal drin waren, die ich garantiert schon 1000 mal irgendwo gesehen und gehört habe, aber hier ist es wirklich sitzen geblieben und hängen geblieben, weil ich hier tatsächlich eine indigene Person aus ihrer eigenen Erfahrung aus ihrem eigenen Kulturkreis spricht und nicht irgendwie diese typischen „I*******“ - Geschichten, die man so im Fernsehen sieht oder irgendwo mitbekommt in diesen westlichen Geschichten.

Das Buch hat mich tatsächlich berührt, auf eine Art und Weise berührt, wie wenige andere Bücher das gemacht haben. Auch auf einer emotionalen Art und Weise hat mich auch durchaus im Zwiespalt gelassen, dann kommen wir vielleicht nachher nochmal drauf zurück und es ist halt sehr vielschichtig dadurch, dass sehr viel Wissen enthalten ist, was gar nicht ausschließlich so wissenschaftlich ist, sondern vielmehr was ich gerade schon sagte, so aus Anekdoten heraus fließt, wo dieses Verständnis klar wird, wie eine, ich mag es nicht sagen, wir eine alternative Sichtweise auf die Welt aussehen kann also, alternativ ist sie ja höchstens insofern, als dass sie schon tradiert ist. Sie ist ja historisch in indigenen Kulturen ja eigentlich schon verwurzelt. Und für mich trotzdem noch sehr fremd gewesen. Ja, also das ist, du merkst das schon, aus meiner Schilderung, ich kann dir keine einfache Antwort geben, ne also das einzige was ich sagen kann ist nur unbedingt die Lebens-, nein Leseempfehlung - Freudscher Versprecher.

Stefanie: Aber das passt doch – das Buch vermittelt auch eine Lebenseinstellung. Ja, also ich kann mich da auf jeden Fall natürlich anschließen, dass das von mir auch eine absolute Leseempfehlung ist und auch eine Lebensempfehlung insofern, als dass dieses Buch ja, wir hatten eigentlich ja schon zu dem Buch von Annette Kehnel gesagt, dass das so das Buch des Jahres ist. Das Jahr ist noch jung, denn dieses Buch hier ist es vielleicht dann noch eher, wobei ich denke, dass es sich eigentlich ganz gut ergänzt, weil das Buch von Annette Kehnel ja die europäische Sichtweise widerspiegelt und die jetzt von Robin Wall Kimmerer eben nicht, also vor allem historisch nicht widergespiegelt werden kann, schon durch die Kolonialisierung, das schon das waren ja eben Europäer innen aber nicht, wie das in Europa passiert ist, sondern ihr Buch bezieht sich auf indigene Weisheit, die es auf dem Kontinent Amerika gab und noch natürlich immer noch gibt.

Ich möchte noch dazu sagen, das dass Buch von Robin Wall Kimmerer schon 2013 erschienen ist. Ich bin aber wirklich erst in diesem Jahr darauf aufmerksam geworden, fast 9 Jahre später bin ich erst darauf aufmerksam geworden und das was sie schreibt, finde ich, ist heute noch genauso aktuell wie vor 9 Jahren und ich muss ja sagen, dass es erschreckend ist wie aktuell das eben damals schon war und wir haben ungefähr nichts getan.

Wir hatten schon mal in den vorangegangenen Folgen eine Filmreihe empfohlen, auf Arte, wo auch nochmal gezeigt wurde, wie indigene Völker auf dem Kontinent Amerika gelebt haben, in einem historischen Abriss und daran hat mich das teilweise ein bisschen erinnert, was hier beschrieben wurde, weil es da schon um ähnliche Aspekte ging, was ja auch irgendwie logisch ist, weil das ja die gleiche Geschichte beschreibt, solltest du also diese Dokumentation gesehen haben, dann wirst du da auf jeden Fall Parallelen erkennen.

Carsten: Im Vergleich zu dieser Dokumentation kam mir das Lesen des Buches tatsächlich intimer vor, nicht weil detaillierter auf die einzelnen Aspekte eingegangen wurde, sondern dieses Buch hat mich emotional viel stärker berührt, also eine Dokumentation anzuschauen und zu erfahren, wie tatsächlich indigene Völker in Amerika verwurzelt sind, waren also von der Historie bis in die Gegenwart das ist lehrreich. Das war informativ, das hat neue Perspektiven und meine Sichtweise nochmal geändert, aber dieses Buch, das ist noch durchaus fundamentaler angelegt.

Stefanie: Ich habe gerade überlegt, wir haben noch überhaupt nicht gesagt, worum es da so wirklich geht in dem Buch. Was würdest du denn sagen, was ist so die Kernbotschaft?

Carsten: Demut. Ein demütiges Verhältnis zwischen dem Mensch und der nicht-menschlichen Welt, den nicht-menschlichen Lebewesen, das ist etwas, was ich hier tatsächlich rausgenommen habe und das hat mich umgehauen, weil das in einer Klarheit und in einer auch ja emotionalen Art und Weise zumindest mir gegenüber vermittelt wurde, die ich sonst so nicht kenne also egal, was ich vorher gelesen, gehört oder gesehen habe. So stark berührt hat mich vorher noch nichts und Robin Wall Kimmerer bringt es auch tatsächlich mit diesem Begriff Demut öfters zum anklingen. Sie sagt wir brauchen eine ein demütiges Verhältnis. Wir brauchen generell Demut, ja also auch da, wo wir vielleicht aufgrund unserer, Ich nenne es jetzt mal westlich kulturellen Prägung glauben wir sind die Herren der Welt die Herren der Schöpfung. Wir können mit Gentechnik neues Leben erzeugen, was vielleicht vorher in der Natur gar nicht existierte. Wir können die Natur ausbeuten. Die Natur ist für uns Rohstoff Lieferant Wissens Lieferant. Sie dient uns Menschen, all das sind Sachen, da geht sie drauf ein und kommt auf den Punkt wir brauchen mehr Demut. Und was mich wirklich geflasht hat war, dass sie die Perspektive komplett ändert. Also das, was ich gerade beschrieben habe, dieses der Mensch steht über allem das dreht sie um basierend auf ich nenne es jetzt mal diesen indigenen Kontext. Dass sie sagt oder einfach klarstellt, das ist nicht meine Aussage, sondern eine Klarstellung, dass wir von den Pflanzen lernen müssen, die Pflanzen sind unsere Lehrmeister, die sind viel länger da, die sind viel älter. Die wissen viel mehr, aber wir erkennen dieses Wissen nicht an. Wir maßen uns an, das also ist schon wirklich eine Anmaßung, dass wir Menschen aufgrund unserer Intelligenz, aufgrund unseres Intellekts, glauben das Wissen nur bei uns existieren kann. Dieses Negieren und absprechen von Wissen bei anderen Lebewesen, das spricht sie ganz klar an. Und das ist mir so wie gesagt, in dieser Klarheit vorher gar nicht bewusst gewesen, das hat mich wirklich komplett geflasht.

Und was was mich auch wirklich bestürzt hat, war je mehr ich gelesen habe, desto mehr hatte ich das Bedürfnis, wirklich in direkten Kontakt, den Austausch zu gehen. Sie spricht immer von Reziprozität zwischen uns und den anderen nicht menschlichen Lebewesen, dass ich diese diese Verbindung wieder haben möchte. Und ich bin dabei komplett innerlich zerrissen, weil ich das im Alltag gar nicht integrieren kann. Ich sitze morgens in der Bahn, fahre zum Büro, sitze im Büro, sitzt anschließend wieder in der Bahn und bin zu Hause. So dieser Kontakt, dieser auch heilende Kontakt zur Natur, zum Mittel zur Umwelt, der ist mir im Alltag fast komplett verwehrt und die 2-3 Bäume, die ich da am Straßenrand an einer vierspurigen Fahrbahn sehe, das ist für mich kein Kontakt zur Natur, das ist ein optisches Aufhübschen einer betonierten Umwelt. So sauber, die auch daherkommen mag, aber das ist nicht das, was die Qualität des Lebens ausmacht. Und da habe ich tatsächlich eine innere Sehnsucht entwickelt, die ich vielleicht vorher so ganz vage gespürt habe. Jetzt ist es tatsächlich so ein bisschen herzzerreißend geworden, also im ersten Sinne des Wortes, ne, da sind wir wieder bei dieser emotionalen Komponente, die das Buch in mir ausgelöst hat.

Stefanie: Es ist total spannend. Carsten und ich haben uns bewusst vorher nicht wirklich viel ausgetauscht über das Buch. Aber einmal hatten wir schon über einen Teilaspekt, von dem gesprochen, was du gerade gesagt hast und ich hab das anders empfunden. Und dann hatten wir kurz darüber gesprochen, dann habe ich aber gemerkt, dass es besser ist, wir machen das, wenn das Mikro läuft, um nicht alles schon vorwegzunehmen. Bevor ich darauf eingehe, möchte ich noch kurz ergänzen, dass die Autorin ja mit der Schöpfungsgeschichte startet, dem Vergleich zwischen der indigenen Schöpfungsgeschichte ihres Stammes, ihres Volkes (da gibt es ja eben auch ganz viele verschiedene Schöpfungsgeschichten.) und der christlichen Schöpfungsgeschichte. Einmal, dass in der indigenen Schöpfungsgeschichte ihres Stammes, die menschliche Mutter aller als Gast auf diese Erde kommt, als ich glaube, sie sagte auch als Migrantin. Dass sie aber herzlich willkommen geheißen wird, von all den Tieren und Lebewesen, den nicht menschlichen Wesen, die es dort schon gibt und im Austausch mit Geschenken und mit denen zusammen dann eine Erde schafft und neues Leben und Robin Wall Kimmerer beschreibt eben auch, dass die Menschen immer als kleine Brüder aller nicht menschlichen Wesen dort bezeichnet werden. Also genau das, was Carsten, was du gerade meintest, dass wir in Demut lernen sollen und auch dort flechtet sie immer wieder Geschichten mit ein, indigene Geschichten, Weisheit, was dort eben erzählt wurde. Wie die ersten Menschen halb göttlich, halb menschlich dort über die Erde gewandelt sind und was sie vom Schöpfer lernen sollten. Und das ist, wie Carsten sagte, schon in erster Linie Demut und auch etwas, was mich dann wieder, was ich schon mal in einer vorangegangenen Folge eben auch erzählt habe, da hatte ich ja diese Schöpfungsgeschichte schon vorgelesen, also ein Teil davon, diese Verbindung mit der Schöpfung mit der Natur, mit dem was uns umgibt, also die Namen zu lernen und das benennen zu lernen das ist also etwas, wovon sie spricht und wovon sie schreibt.

Bei diesen Büchern, wo es darum geht, wie retten wir jetzt die Welt? gibt es dann am Ende so ein kleines Kapitel, wo steht „Okay, das können wir jetzt bewirken“ und das ist jetzt hier in dem Buch nicht so aufgebaut. Das sind eigentlich teilweise so in sich abgeschlossene Essays, die aneinandergereiht sind, aber es ist alles, hat einen großen Spannungsbogen sozusagen, also es ist alles wunderbar stimmig. Und zum Ende hin spricht sie eben auch darüber, wie wir dieser Gier nach mehr mehr mehr begegnen können, dieser Konsumgier und, ja, auch der Gier des weißen Mannes, in dem Sinne. Und da spricht sie zum einen von Demut, aber auch davon, dass Fülle quasi das Mittel gegen die Gier ist und dass Fülle aus Dankbarkeit entsteht.

und da habe ich gedacht, ich bin auf dem richtigen Weg, denn Dankbarkeit ist auch für mich ein Schlüssel wirklich zu Erfüllung und auch mit dieser Welt halt zurecht zu kommen und deswegen habe ich ja auch angefangen habe ich diese Aktion gestartet #FülleStattVerzicht und versuche auch jetzt diese Geschichten zu schreiben. Deswegen biete ich auch diese Möglichkeit an, dass du mit mir in eine Klimagerechte Zukunft reist und deswegen gibt es auch das Experimentarium.

also es fügt sich alles so eins ins andere und während Du, Carsten, sagst, dass vieles für dich vielleicht neu war, war es für mich eher so sehr viel Bestätigung. Dass ich gedacht habe ja ja endlich endlich versteht mich mal jemand, endlich gibt es da mal eine Person, die genau das schreibt, was ich die ganze Zeit schon fühle, aber ich fühl mich eigentlich immer falsch. Denn ich will da gleich nochmal eine Passage zitieren, denn sie hat genau dieses Problem, dass sie versucht, ihre indigene Weisheit, ihr indigenes Wissen mit dem westlichen Wissen zu vereinen und dass indigenes Wissen immer negiert wird: das sind Gefühle, das geht nicht. Das passt dann nicht rein, oder das ist nur das Wissen von alten Frauen. Das kann nicht wissenschaftlich sein.

Das ist ja auch was, was Vandana Shiva schon sehr häufig und immer wieder sagt, dass auch dort in Indien es eben sehr viele alte Frauen gibt, die sehr viel Wissen über die Natur und über alles, was sie umso umgibt, in sich tragen. Die werden aber eben nicht als Wissensquelle, als validierbare Wissensquelle angesehen, weil sie kein Diplom haben oder irgendeinen wissenschaftlichen Abschluss. Und nur wenn du einen wissenschaftlich westlichen Abschluss hast, dann wirst du auch anerkannt. Robin Wall Kimmerer ist studierte Botanikerin. Sie ist auch Professorin, also unterrichtet auch an einer Uni im Bundesstaat New York und sie beschreibt hier zu Beginn des Buches, wie sie studierte Botanikerin wurde. Sie wurde beim Einschreiben in das Fach gefragt, warum sie denn jetzt Botanik gewählt hat und dort dann überlegte wie konnte sie ihm jetzt erklären, dass sie eine geborene Botanikerin war, weil sie halt ganze Schuh Kartons voller Samen und stapelweise gepresste Blätter unter ihrem Bett hat, dass sie am Straßenrand vom Fahrrad sprang, um eine neue Art zu bestimmen, dass die Pflanzen ihre Träume bunt machen und dass die Pflanzen sie erwählt hatten, und sie wusste irgendwie nicht so genau, wie sie es sagen sollte und hat ihm dann gesagt, sie hätte sich für Botanik entschieden, weil sie lernen wollte, warum Astern und Goldrute zusammen so schön aussahen und sie schreibt dann hier weiter

„Bestimmt lächelte ich in meinem roten Flanellhemd. Er dagegen lächelte nicht. Er legte den Stift nieder, als bräuchte man das, was ich gesagt hatte, gar nicht erst festzuhalten. 'Miss Wall', sagte er und fixierte mich mit einem gequälten Lächeln. 'Ich muss Ihnen sagen, dass das keine Wissenschaft ist, damit befassen sich Botaniker nun wirklich nicht.' Doch er versprach, mich eines besseren zu belehren ich schreibe sie in allgemeiner Botanik ein, dann können Sie lernen, worum es da geht und so fing alles an.“

Sie beschreibt dann weiter, was sie sich alles dabei gedacht hat und welche Euphorie da in ihr hoch gekocht war. Und letztlich beschreibt sie eben dann auch, dass es tatsächlich doch wissenschaftlich bewiesen ist, dass eben Astern und Gold gut aufgrund ihrer Färbung sich gegenseitig visuell verstärken und dadurch mehr Bienen anlocken und dadurch eben dann wiederum sich stärker vermehren. Also es tatsächlich eine wissenschaftliche Begründung gibt, warum Astern und Goldrute gemeinsam so schön aussehen und sie schreibt hier weiter

„'Unwissenschaftlich', sagte er und er sollte das schließlich wissen, wie er da in seinem Labor saß. Ein gestandener Professor, der Botanik. 'Und wenn Sie die Schönheit studieren wollen, sollten Sie an die Kunsthochschule gehen.' Das erinnerte mich an meinen Schwanken bei der Wahl eines Colleges, denn ich hatte zwischen einer Ausbildung zur Botanikerin oder zur Dichterin gezögert, da jeder mir sagte beides ginge nicht, hatte ich mich für die Pflanzen entschieden und jetzt gab er mir zu verstehen in der Wissenschaft geht es nicht um Schönheit, nicht um die Umarmung von Pflanzen und Menschen. Ich wusste keine Antwort, ich habe einen Fehler gemacht, ich empfand kein Aufbegehren, war nur betreten wegen meines Fehlers. Mir fehlten die Worte zum Widerstand. Er schrieb mich in meine Kurse ein und ich wurde entlassen, um mich für die Einschreibung fotografieren zu lassen. Damals dachte ich nicht darüber nach. Aber es war eine Wiederholung. Ein Echo des ersten Schultags meines Großvaters, als ihm befohlen wurde alles – Sprache, Kultur, Familie - hinter sich zu lassen. Der Professor ließ mich an meiner Herkunft zweifeln, an meinem Wissen und behauptete, seine Denkweise sei die einzig wahre, nur die Haare hat er mir nicht abgeschnitten. Bei meinem Schritt von der Kindheit in den Wäldern an die Universität war ich, ohne es zu merken, von einer Weltsicht zu einer anderen gewechselt. Von einer Naturgeschichte der Erfahrung, in der die Pflanzen meine Lehrer und Gefährten waren, denen ich in wechselseitiger Verantwortung verbunden war, ins Reich der Wissenschaft. Die Fragen, die die Wissenschaftler stellten, lauteten nicht ‚Wer bist du?‘, sondern ‚Was ist das?‘. Niemand fragte die Pflanzen ‚Was habt ihr uns zu sagen?‘ Die wichtigste Frage hieß ‚Wie funktioniert das?‘ Die Botanik, die man mir beibrachte, war reduktionistisch, mechanistisch und strikt objektiv. Pflanzen wurden auf Gegenstände reduziert, sie waren keine Subjekte. Die Methode, nach der die Botanik konzipiert und unterrichtet wurde, bot offenbar nicht viel Raum für jemanden, der dachte wie ich. Die einzige Erklärung, die ich dafür finden konnte, brachte mich zu dem Schluss, dass das, was ich seit jeher von den Pflanzen gedacht hatte, falsch sein musste.“

Und weiter später schreibt sie noch

„Der indigene Professor Greg Cajete schreibt, dass wir einen Gegenstand erst dann verstehen, wenn wir ihn mit allen 4 Aspekten unseres Seins wahrnehmen: Verstand, Körper, Emotion und Geist. Als ich meine akademische Ausbildung begann, bekam ich ziemlich deutlich zu spüren, dass die Naturwissenschaft nur eine oder vielleicht zwei dieser Wesensformen akzeptiert: Verstand und Körper.“

Eigentlich müsste ich das ganze Buch vorlesen. Weil wirklich alles so zitierungswürdig ist und ich empfehle dir auch wirklich und Carsten sagt das ja auch dieses Buch zu lesen. Es ist ein großer Schatz an Wissen und selbst wenn du am Anfang eines Kapitels vielleicht das Gefühl hast, wohin will sie denn jetzt? Also ist das denn relevant? wirst du merken, dass im Laufe des Kapitels alles relevant ist, was sie sagt. Ist Dir das auch so ergangen?

Carsten: Ja, es ist mir auch so gegangen und ich kann dir beipflichten. Also ich hab irgendwann mal drüber nachgedacht mitzuschreiben und die Passagen raus zu schreiben, wie ich das vielleicht bei anderen Büchern mache, wo ich merke ok, das ist wichtig für mich. Aber bei diesem Buch hätte ich fast das komplette Buch irgendwie aufschreiben können, also es ist es Wahnsinn, wie gefüllt dieses Buch mit wirklich ganz wichtigen Aspekten ist und trotzdem ist es anekdotenhaft geschrieben.

Stefanie: Ja, es ist sehr leicht zu lesen.

Carsten: Stimmt. Und ja, es hat für mich eine komplett neue Weltsicht nochmal tiefer erschlossen. Eine von der ich vielleicht im Vorfeld wusste, was ich vorhin schon sagte, aber wo ich jetzt von der Tiefe des Verständnisses sehr auf eine ganz andere Ebene gekommen bin durch das Lesen.

Stefanie: Und ich möchte noch mal eingehen auf die Zitate, die ich gerade genannt habe. Das ist jetzt nur ein kurzer Auszug von dem, wo ich dachte ja, so fühl ich mich auch, ich fühle mich auch schon seit Jahren irgendwie zerrissen zwischen diesem Anspruch wissenschaftliche Fakten immer nur Fakten, Fakten alles andere ist esoterisch, Du musst dich an Fakten halten, Gefühle haben hier nichts zu suchen. Diese Erfahrungen die sie gemacht hat, das Gefühl, dass einfach mehr Dimensionen eigentlich da sind, wenn es um die Verbindung zwischen der nicht-menschlichen und der menschlichen Welt geht, als das, was die westliche Wissenschaft hergibt. Vielleicht kann ich das so sagen.

Und dann auch nochmal das, was Carsten meinte, dass es für ihn teilweise neue Offenbarungen waren, da hatte ich eben das Gefühl , dass das vielleicht ein, auch wenn es natürlich mehr als 2 Geschlechter gibt, männlich, weiblich, Ding ist. Ich hatte jetzt das Gefühl, dass dadurch, dass ich mich als Frau sehe und ja, eben viel aus dieser Perspektive schon erlebt habe und auch viel gelesen habe, dass das etwas ist, was ich automatisch fühle und was für mich irgendwie klar ist. Auch dieses sich kümmern um die Welt. Vandana Shiva sagt, schützen, bewahren, erneuern, das ist quasi eine Aufgabe der Frauen oder der Menschen, die sich als Frauen sehen, und das ist etwas was, das ist irgendwie so in mir drin, ich fühl das so und jetzt will ich natürlich hier keinen Kampf der Geschlechter oder irgendwie sowas herausfordern, sondern das sind jetzt wieder Gefühle ja, ich habe irgendwie das Gefühl, dass das Menschen, die sich als Frauen definieren, näher liegt.

Carsten: Wird mit Sicherheit auch tatsächlich so sein, Ich kann es aus meiner Perspektive sagen, dass ich mich tatsächlich distanzierter zur Natur fühle und mein bisheriges Naturverständnis war stärker rational geprägt als emotional. Das heißt also wenn ich eine Naturliebe hatte, dann war sie entweder mit dem Hintergrund, dass wir die Natur hüten müssen, aufbauen müssen, jetzt im Kontext des Klimawandels, um tatsächlich das schlimmste und das Schlimmere zu verhindern oder um meinen eigenen Nutzen irgendwo wieder stärker rauszubringen dass ich in die Natur gehe, Natur genieße und selber was davon habe und so in diesem Kontext bin ich aufgewachsen, so hab ich das bisher immer empfunden und dieses Buch das hat wirklich für mich nochmal eine ganz andere Perspektive mit reingebracht, dass ich da eine ganz andere Nähe jetzt auch kennengelernt habe.

Weil wir vorhin jetzt bei Zitaten waren und jetzt auch über diese Sichtweisen gerade sprechen: Ein Aspekt, der für mich, als ich es gelesen habe, im ersten Moment richtig fremd war, so total strange, wie man immer so schön sagt, dass sie klarstellte im indigenen Kontext, ich weiß jetzt nicht, ob das allgemein indigen ist, oder in diesem Kulturkreis, in dem sie aufgewachsen ist oder was ihre Historie begründet gelten Bäume als Menschen. Das fand ich im ersten Moment so ja. Jetzt, nachdem ich das Buch gelesen habe kann ich damit was anfangen. Ich habs verinnerlicht, ich kann es immer noch nicht wirklich erklären, dass es rational nicht begründbar, also zumindest für mich im Moment nicht, aber ich spüre diese Nähe nicht, dass ich jetzt Bäume aktiv anspreche wie Hey Partner, wie geht es dir heute? Oder so. also das ist jetzt noch ein gradueller Unterschied zwischen einem Menschen wie mich und einem Baum, aber ich glaub durch eine solche Sicht und auch Haltungsweise wird dann ganz andere Respekt zu diesen Lebewesen deutlich.

das ist auch noch ein anderer Faden, der dort da in dem Buch sehr gut eingesponnen und eingewoben ist, dass wir es mit Lebewesen zu tun haben. mit Leben ist nicht einfach so die Natur dieses Ökosystem, der Ökosystem Dienstleister und so ja. Der Berg, in dem jetzt irgendwie eher zu einer Kohle drin steckt, wo ich einfach nur mit Maschine reingehe und jetzt irgendwo die die Metalle daraus extra ihre sondern. All das sind Lebewesen, all das ist leben, all das ist ja wir, wir nehmen uns als Umwelt wahr. aber ich finde, es macht noch einen gehörigen Unterschied, ob ich jetzt von Umwelt spreche oder von Leben.

Stefanie: Oder von Mitwelt?

Carsten: Mitwelt ist nochmal ein anderer Begriff, der für mich nicht ganz so kalt wie Umwelt ist. Umwelt ist irgendwie nur einfach so ein Begriff. Mitwelt finde ich schon so ein bisschen besser. Aber bei Leben, dann empfinde ich da viel schneller, viel einfacher Demut und ich habe auch, wie gesagt, einen ganz anderen Respekt. Ich würde jetzt bei Bäumen wo ich vorhin so dieses Beispiel mit einem Baum Mensch mit reingebracht habe, ganz anders mit einem Baum umgehen. Ich würde jetzt nicht sagen ein Baum ist im Grunde genommen Holz. ja, wenn er dann irgendwie gefällt wird, dann habe ich Brennholz oder kann irgendwelche Sachen raus bauen oder so. Sondern ich habe jetzt auch durch das Lesen des Buches verstanden warum indigene Menschen mit entsprechenden Dankbarkeitsritualen an die, ich nenne es jetzt mal „Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse“ herangehen.

die gehen nicht einfach in den Wald und hacken einen Baum ab und flechten aus den Baumfasern einen Korb. Sondern da gibt es Rituale um den Baum erst mal tatsächlich zu fragen: „Darf ich dich fällen, darf ich dich zu einem Korb machen?“ und dann, wenn es da auf einer emotionalen ebene Widerstände gibt, dann akzeptieren sie das und dann gehen sie nicht hin und fällen den Baum trotzdem, weil es ja ein Baum ist und dafür sind Bäume ja da um gefällt zu werden. so das ist ja diese Sichtweise, die hier bei uns im im Kulturkreis vorherrscht, sondern dann wird halt der nächste Baum genommen und das gleiche Ritual durchgeführt, so lange bis dann irgendwo klar wird: ok jetzt habe ich einen gefunden und wenn sie halt den ganzen Tag durch die Gegend marschieren müssen, um tatsächlich auf die Suche zu gehen und einen Baum zu finden. Aber ich glaube das erzeugt ja auch nicht nur Demut, sondern auch einen Abstand zum eigenen Verhalten. Ich geh nicht so Rüpelhaft mit dem um, was mich umgibt, sondern ich achte es als Leben. Und da spricht Robin Wall Kimmerer über die ehrenhafte Ernte, das finde ich ein ganz tolles Konzept.

Stefanie: Ja, da müssen wir nochmal drüber sprechen. Ehrenhafte Ernte, das ist definitiv noch was, was wir natürlich aus der veganen Sichtweise nochmal beleuchten müssen, weil ehrenhafte Ernte auch durchaus umfasst, dass ich Tiere töte, Tiere esse und das ist aus meiner westlichen, europäischen Sicht das, was Menschen unter - jetzt doch das i Wort - unter „indianischer Lebensweise“ sehen. Würde ich jetzt so sagen, das ist mit Respekt vor dem Leben und so weiter und sofort. Letztlich ist das ja eine Herangehensweise, die sicherlich genauso wie du es gerade besprochen hast, bei ja Bäumen würde ich sagen ok, aber sie spricht teilweise auch über einen Pelzjäger, der das auch ehrenhaft betreibt. Ich weiß nicht, wie geht es dir damit?

Carsten: Ich habs schwierig gefunden, ich hab immer versucht so ein gedanklichen Weg zu finden zwischen ok, das ist indigene Kultur, die darf ich jetzt erstmal vielleicht auch aus diesem Aspekt nicht grundsätzlich kritisieren oder denen das Recht irgendwie absprechen, aber auf der anderen Seite denke ich mittlerweile ja aufgrund meiner veganen Historie ganz anders über einen Mensch-Tier Verhältnis und das egal wie stark ich das jetzt mit dieser ehrenhaften Ernte verbinde. Also ich komm da nicht drüber weg, dass dieses Mensch-Tier-Verhältnis noch anders gedacht werden muss. Also ich könnte es nicht, also ist jetzt nicht nur, weil es den indigenen Kontext hat, ist es auf einmal für mich vertretbar, sondern ich mach da schon noch einen graduellen Unterschied zwischen leidensfähigen Tieren und Pflanzen und Bäumen. Ja.

Stefanie: Ich also, für mich, ich hab da auch schon früher drüber nachgedacht, weil letztlich durch indigene Praktiken, ja eben das rituell teilweise eben dazugehört, Tiere zu töten auf eine gewisse Art und Weise. So dass das ja auch wieder ja zum einen Kolonialismus ist und eben ich als weiße westliche Frau sage indigenen Menschen sie dürfen jetzt keine Tiere mehr töten, also das geht natürlich nicht. Wenn ich jetzt aber indigene Weisheit auf mich und mein Leben übertrage und mich daran orientiere, würde ich sagen, dass für mich das funktionieren kann, ehrenhaft zu handeln, ohne Tiere zu töten.

Carsten: Ja, wobei hättest du das jetzt nicht angesprochen, bei mir ist es tatsächlich wieder so ein bisschen verdrängt worden, weil das für mich kein Thema ist, steht für mich völlig außer Frage, dass ich keine Tiere töten.

Stefanie: Ja, ich dachte nur, dass es halt wichtig ist, weil es ein ganzes Kapitel ist, das aus unserer veganen Sicht nochmal anzusprechen. Wir können ja sowieso nicht hier aus unserer westlichen europäischen Perspektive erzählen, wie die ganze Welt handeln soll, weil das nicht funktionieren kann. Wir können jetzt nur hier für uns sprechen, wie wir in Europa oder vielleicht im deutschsprachigen Raum uns anders verhalten können und ich denke, da sind wir mittlerweile so weit, dass wir ganz ohne Tiere zu essen oder tierliche Produkte zu essen überleben können und nicht nur überleben, sondern auch völlig ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden und natürlich, wenn ich jetzt die Wahl habe, ein Tier wird jetzt einfach in der Massentierhaltung geschlachtet oder ein Tier wird nach diesen Regeln der ehrenhaften Ernte geschlachtet, dann ist das durchaus klar, dass ich das besser finde. Die ehrenhafte Ernte funktioniert ja auch überhaupt gar nicht mit der industrialisierter Art und Weise zu wirtschaften. Weder Landwirtschaft im Sinne von Getreide oder sonst irgendwas, noch Tiere also, das heißt, das eine schließt das andere indirekt aus. Aber dann könnte man halt wieder sagen ja, aber Bio, bio ist so wie ehrenhafte Ernte. Das stimmt natürlich auch wieder nicht. Carsten schüttelt schon den Kopf...

So wahrscheinlich ist es am besten du liest das Kapitel und machst dir selbst ein Bild. Ich denke nur es ist wichtig, dass wir es hier einmal erwähnen und das, wenn du vegan lebst, dass du weißt, das wird in diesem Buch auch darum gehen. Und für mich kommt das so sehr nah an diese Verherrlichung dieser Lebensweise ran, also das halt Menschen hier im Westen im globalen Norden halt sagen, aber guck mal, so wie das die First Nations in den USA gemacht haben oder teilweise vielleicht immer noch machen, das ist das Ideal, um Tiere zu essen, um Tiere zu töten und ich denke, das ist es eben nicht. Das Ideal wäre keine Tiere essen, keine Tiere töten.

Carsten: Und wenn ich jetzt noch mal so auf diesen Aspekt eingehe: Ich glaub der Begriff „ehrenhafte Ernte“ ist ja auch nicht wirklich so hundertprozentig abgesteckt, es gibt viele Facetten und historisch gesehen, meine ich auch gelesen zu haben, dass wenn du unterschiedliche Personen fragst, fügt jeder einzelne neue Aspekte hinzu, also es ergibt sich wohl irgendwo ein Gesamtbild, aber es ist jetzt kein stringent festgeschriebenes Regelwerk, was in jeder indigenen Kultur immer identisch ist. Ja, was mich aber fasziniert hat war dieser Aspekt „Nimm nicht das erste, was du findest. Das könnte nämlich das letzte sein. Und nimmt nur die Hälfte von dem, was du brauchst oder was du vorfindest.“

Ja, das fand ich schon sehr, sehr sehr interessant, weil aus dem ersten Aspekt „Nimm nicht das erste“ hervorgeht, Du weißt ja gar nicht wieviel noch insgesamt da ist. Wenn du eine Pflanze findest, die du jetzt eigentlich suchst und du stellst fest ok hier wächst sie, könnte es ja durchaus so sein das es woanders keine dieser Pflanzen mehr gibt und damit würdest du sie quasi ausrotten. Und nimm nur die Hälfte, das ist ja auch wieder zum einen Demut, zum anderen aber auch der Aspekt, dass andere auch bedürftig sind. Wenn ich jetzt in so einer Situation bin und hab Hunger und möchte eine bestimmte Pflanze essen, dann muss ich eben auch berücksichtigen, dass vielleicht andere Menschen in der gleichen Situation sind und auch was essen möchten und nicht jetzt quasi alles nehmen muss, was ich jetzt gerade vorfinde. Dann nehme ich anderen was weg und das ist so eine Denkensweise, die gibts hier ja gar nicht. ja also wen interessiert das, wenn ich alles aus dem Regal rausräume, was ich im Supermarkt vorfinde?

Stefanie: Ja, das ist jetzt gleich aber sehr passend für die Situation seit 2 Jahren ja.

Carsten: Mhm, dann geht es ja hier in der Kultur erstmal nur darum, dass es mir gut geht. Ich, ich, ich. Ich brauch jetzt von allem mehr und ich brauche jetzt alles Tonnen Papier und ich brauche jetzt erstmal alles Pflanzenöl. Und irgendjemand wird schon dafür sorgen, dass dann wieder Nachschub kommt, ja, nicht meine Verantwortung so und da ist dieses mit der ehrenhaften Ernte eine ganz andere Kultur.

Stefanie: wobei Robin Wall Kimmerer ja auch schreibt, dass sie versucht hat, irgendwie im Supermarkt nach den Prinzipien der ehrenhaften Ernte einzukaufen und da irgendwie keine Verbindung herstellen konnte, das heißt, da fehlt uns ja einfach dadurch, dass alles nur noch im Supermarkt ist, die Verbindung. Wenn wir das jetzt selber herstellen würden oder eben zum Beispiel bei einer solidarischen Landwirtschaft oder so beziehen würden, also wenn wir wieder einen Bezug, einen direkten Bezug herstellen könnten, dann denke ich, können wir da auch viel eher nach dem Prinzip der ehrenhaften Ernte wirklich handeln. Nur es ist genau das, was ich jetzt schon seit vielen Folgen immer wieder mantraartig wiederhole und jetzt auch hier wieder: Es geht nicht darum mich und das individuelle Glück in den Vordergrund zu stellen, sondern die Gemeinschaft und da dann zu schauen, dass für die Gemeinschaft ausreichend da ist und dass ich innerhalb dieser Grenzen dann für mich Sorge und nicht „Unterm Strich zähl ich“ und da kommen wir aber wieder auf diesen Punkt. Wie gesagt, ich hatte das in einer der vorangegangenen Folgen nochmal vorgelesen, aber diese Schöpfungsgeschichte, wovon Robin Wall Kimmerer spricht, zitiere ich nochmal einmal hier

„Auf der einen Seite der Erde war die Beziehung der Menschen zur lebendigen Welt von der Himmelsfrau geprägt, die einen Garten für das Wohlergehen aller Lebewesen geschaffen hatte. Auf der anderen Seite gab es eine andere Frau mit einem Garten und einem Baum. Doch da sie von dessen Frucht gekostet hatte, wurde sie aus diesem Garten vertrieben. Das Tor fiel krachend hinter ihr ins Schloss. Diese Mutter der Menschheit war dazu bestimmt, durch die Wildnis zu wandern und sich ihr Brot im Schweiße ihres Angesichts zu verdienen. Nicht indem sie ihren Mund mit den süßen, saftigen Früchten füllte, unter denen sich die Äste bogen. Sie wurde angewiesen, an dass sie sich für ihr Essen, die Wildnis in die sie verbannt worden war, untertan machen sollte.“

Und Robin Wall Kimmerer schreibt dann hier weiter

„Eine Frau ist unsere Gärtnerahnin. Eine Mitschöpferin der guten grünen Welt, die ihren Nachkommen zur Heimat werden sollte. Die andere war eine Exilanten, die sich einen mühseligen Weg durch eine ihre fremde Welt bahnte, um zur wahren Heimat im Himmel zu gelangen.“

also genau das, was Robin Wall Kimmerer sagt hier, ist ja das, was unser, also jetzt aus westlicher Sicht, unser Verhältnis zur Schöpfung prägt. Diese Erzählung, diese Geschichte, dass wir in dieser christlich geprägten Gesellschaft aus dem Paradies verstoßen wurden und uns mitgegeben wurde, mach dir die Erde untertan. Und du bist auch nur zeitweise auf dieser Erde, und das ist eine Reise hin in ein schönes Paradies also du hast gar nicht diesen Auftrag dafür zu sorgen, dass es der Erde gut geht, sondern es ist halt nur so ein Zwischenschritt zwischen dem Paradies, was du hattest, dann wurdest du vertrieben und dem Paradies, was dann im Himmel kommen wird und das sorgt ja einfach dann auch für eine ganz andere Grundeinstellung, als wenn ich eine Gärtnerahnin habe und dafür sorge, dass der Planet, die Erde, das alles, was mich umgibt gedeiht und das es ihm gut geht. Für mich war gerade das ziemlich einleuchtend und hat mir auch nochmal gezeigt: ja klar, wir sind einfach christlich geprägt, ob wir jetzt an Gott glauben oder nicht. Unsere Kultur, unsere Gesellschaft hier, wo Carsten und ich uns gerade befinden, ist christlich geprägt und das hinterlässt Spuren und all diese Geschichten, die wir uns erzählen. Unser Leben besteht aus Geschichten, die wir uns erzählen, Geschichten von Glück - das ist ja dieses was, Robin wollte ich jetzt auch schon sagen, Rob Hopkins, der Robin Hopkins, was er aber sagte: „Dieser Lippenstift wird mein Liebesleben verbessern“ oder so, also das sind Werbeversprechen, aber es sind auch Geschichten und genau so ist auch die Schöpfungsgeschichte eine Geschichte diese und da ja unser Leben aus diesen Geschichten gewebt ist, führt uns das dazu, dass wir die Verbindung verloren haben.

Carsten: Genau, dieses Buch, das hilft mir zumindest also mir jetzt persönlich wieder stärker in Verbindung gehen zu können zumindest jetzt erstmal so vom vom Gefühl und auch vom Verstand her, es hat mich schon viel viel näher an diese Verbindung gebracht. Also als kleines Beispiel: ich habe jetzt festgestellt, nachdem ich das Buch gelesen habe, dass ich sehr viel aufmerksamer oder achtsamer durch die Natur gehe. Auch auf dem Arbeitsweg. so ein ganz kleines Stück da, wo ich dann tatsächlich nochmal ein paar Bäume habe oder sowas, die nehme ich jetzt ganz anders wahr also schon in der Hinsicht, dass das mir auf einmal die Blüte der Bäume aufgefallen ist, Kirschblüte jetzt in dem Fall, das sind so Sachen da wär ich sonst immer dran vorbeigelaufen und ich hab ja nie eine richtige Verbindung dazu gehabt. Also Natur war für mich, dann machst du am Wochenende irgendwie mal ein Spaziergang draußen im Park oder fährst du einen Wald oder ein See? Das war so Natur, aber dass ich ja im Alltag auch Kontakt zur Natur habe. Das ist jetzt durch dieses Buch nochmal viel stärker in den Vordergrund gerutscht und für mich auch viel greifbarer und ja wie gesagt, ich habe so eine Achtsamkeit mitbekommen und es schmerzt mich jetzt auch zu sehen, wie verschmutzt die Natur ist. ja die anderen Lebewesen, also verschmutzt in der Hinsicht, dass auch überall Müll rumliegt, ne achtlos, was wir jetzt in Städten ja wahrscheinlich nochmal ausgeprägter feststellen als Menschen, die auf dem Lande wohnen, aber das sind so Sachen, die habe ich, bevor ich das Buch gelesen habe, ja vielleicht auch mit einer anderen Gleichgültigkeit ertragen können und jetzt merke ich schon es schmerzt, weil ich einfach denke boah, was passiert da jetzt eigentlich?

Stefanie: Ja, bei mir hat das halt das ausgelöst, dass ich gedacht hab okay, wir müssen jetzt die Namen der Wesen lernen, die uns umgeben, das hatte ich schon in einer vorangegangenen Podcastfolge erzählt und ich denke, dass das tatsächlich auch ein erster Schritt sein kann, dass du dich vertraut machst mit dem, was dich umgibt. Die meisten von uns wissen doch eigentlich gar nicht, was sie da umgibt. Also wir nehmen es vielleicht noch wahr, aber wie die Bäume heißen, wie die Pflanzen heißen, wie die Vögel heißen, die Tiere, die da so rumlaufen, was da so wächst, das wissen wir doch alles nicht. Wir betonieren das tun, das war's oder es wird halt abgeschnitten oder so oder weggemäht und ich denke, das kann halt ein erster Schritt auf jeden Fall sein. Und ich merk das eben auch bei mir selbst aber das, wie gesagt, hatte ich schon in einer vorangegangenen Folge alles erwähnt, deswegen will ich diese Folge nicht damit sprengen, das zu wiederholen. Mhm. Leider ist es auch so, dass das Buch so reich ist, dass wir jetzt hier eigentlich mehrere Stunden darüber sprechen müßten, um uns diesem Buch würdig zu zeigen.

Das heißt also nochmal eine klare Leseempfehlung: du solltest das Buch unbedingt lesen. Du kannst das auch hören, also es gibt es auch als Hörbuch. Aber eben auch zu lesen, je nachdem was dir besser liegt. und etwas, was mir das Buch auf jeden Fall nochmal mitgegeben hat, ist tatsächlich die Kraft der Geschichten. Also es hat mich in vielem bestärkt, aber auch wieder darin, wie wichtig es ist, Geschichten zu erzählen und dazu möchte ich jetzt noch eine Stelle zitieren aus dem Buch das ist aus dem Kapitel, wo sie über Licht und Mais Menschen schreibt.

„Sprache ist unsere Gabe und Aufgabe. Ich bin zu dem Schluss gelangt, dass Schreiben ein Akt des Gebens und Nehmens gegenüber dem lebendigen Land ist. Mit Worten können wir an alte Geschichten erinnern und neue erzählen, Geschichten, die Wissenschaft und Geist wieder in Einklang bringen und uns dabei helfen, Menschen aus Mais zu werden.“

Und dazu noch kurz die Anmerkung von mir, warum das so erstrebenswert ist, Menschen aus Mais zu werden. Tatsächlich ist das diese Maya Erzählung, die Legende der Maya, dass sie Menschen aus verschiedenen Stoffen geschaffen haben und immer wieder ausprobiert haben und Maismenschen begegneten der Welt, die sie ernährte mit Achtung und Dankbarkeit. Und den anderen Menschen, die teilweise aus Licht oder Lehm erschaffen wurden, fehlte immer etwas entweder Demut und den Lehmmenschen, glaube ich, die Intelligenz. Von daher allen anderen fehlte immer etwas und das sind quasi die idealen Menschen und damit schließt sich jetzt der Kreis. Ich hatte Carsten zu Beginn gefragt, was so seine Essenz des Buches ist und er sprach von Demut und ich hatte noch gesagt, dass Dankbarkeit und Fülle quasi das ist was gegen diese Gier und das weiter wie bisher wirkt also Demut und Dankbarkeit führen zu Fülle und Fülle bekämpft wiederum diese Gier, diese unersättliche Gier. Denn wenn ich Fülle habe, dann sättigt das ja meine Gier und das führt mich jetzt wieder zu den Geschichten, denn ich habe ja diesen Wunsch in mir Geschichten aus einer Klimagerechten Zukunft zu erzählen und ich denke, dass wir nur handeln, wenn wir Geschichten anhören, die uns erzählen, wie reich und voller Fülle dieser Alltag sein wird, in einer klimagerechten Zukunft und dass das eben ein Weg sein kann, sowie Robin Wall Kimmerer halt auch schrieb in dem letzten Zitat, dass Geschichten unsere Gabe sind, die Möglichkeit, etwas zu erzählen und dann eben auch die Möglichkeit von der Zukunft zu erzählen und das positiv also von daher: Wenn du dich angesprochen fühlst, hab ich da dieses Projekt, diesen Wunsch und natürlich bist du immer herzlich willkommen im Experimentarium, wo du jede Woche die Möglichkeit hast, mit mir in eine klimagerechte Zukunft zu reisen und dich darüber auszutauschen und Geschichten zu schreiben und mit Gleichgesinnten zusammen diese Gabe zu nutzen, die dir als Maismensch gegeben ist. Den Link zum Experimentarium findest du immer hier unter der Folge oder in den Shownotes.

Links zur Folge

Buch "Geflochtenes Süßgras - die Weisheit der Pflanzen" von Robin Wall Kimmerer
https://www.aufbau-verlage.de/aufbau/geflochtenes-sussgras/978-3-351-03873-1

Buchbesprechung "Wir konnten auch anders" von Annette Kehnel
https://von-herzen-vegan.de/podcastfolgen/folge-247-wir-konnten-auch-anders-von-annette-kehnel

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