Folge 257 - Blick in eine vegane Zukunft mit Steffi Köhler und Marc Pierschel
Ein Beitrag

In dieser Folge habe ich noch einmal Steffi Köhler und Marc Pierschel zu Gast. Denn ich wollte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen und sie bitten, einen Blick in eine vegane Zukunft zu werfen und ich freue mich wirklich sehr, dass die beiden noch Zeit hatten, mit mir darüber zu sprechen.
Falls du die vorangegangene Folge nicht gehört hast, wo es um ihren ersten neuen Spielfilm „Matilda“ geht, dann hole das gerne noch nach. Steffi Köhler und Marc Pierschel stellen sich da auch vor, sie sind Filmschaffende und du kennst sie schon von dem Film „Butenland“, ihrem ersten gemeinsamen Dokumentarfilm.
Und Marc Pierschel hat davor schon einige andere Filme gemacht und ist schon länger aktiv. Beide leben schon lange vegan und sind sehr engagierte Tierrechtsaktivist·innen. In dieser Folge sprechen wir explizit über ihre Vision einer veganen Zukunft und versuchen uns da so ein bisschen anzunähern.
Und noch einmal der Hinweis auf die Kickstarter Kampagne: Wenn du diese Folge vor dem 7. Mai hörst, bis zum 6. Mai 2022 läuft die Kickstarter Kampagne noch, wenn du also diese Folge vor dem 7. Mai hörst, dann schau doch nochmal bei der Kickstarter Kampagne vorbei und guck mal ob du noch mithelfen kannst, den Film Matilda zu finanzieren. Wir wollen alle der Film ins Kino kommt, dass wir ihn auf DVD sehen können, also sich verbreitet und du hast jetzt diese einmalige Gelegenheit diesen Film zu unterstützen. Der Link zur Kickstarter Kampagne ist natürlich wieder in den Shownotes oder hier unter der Folge und jetzt wünsche ich dir erstmal viel Spaß mit dieser Folge und dem Blick in eine vegane Zukunft.
Vollständiges Transkript
Stefanie In dieser Folge habe ich noch einmal Steffi Köhler und Marc Pierschel zu Gast, denn ich wollte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen und sie bitten, einen Blick in eine vegane Zukunft zu werfen. Und ich freue mich wirklich sehr, dass die beiden noch Zeit hatten, mit mir darüber zu sprechen. Falls du die vorangegangene Folge nicht gehört hast, wo es um ihren ersten neuen Spielfilm „Matilda“ geht, dann hol das gerne noch nach. Steffi Köhler und Marc Pierschel stellen sich da auch vor, sie sind Filmschaffende und du kennst sie schon von dem Film „Butenland“. Das ist ihr erster gemeinsamer Dokumentarfilm gewesen. Und Marc Pierschel hat davor schon einige andere Filme gemacht und ist schon länger aktiv. Beide leben schon lange vegan und sind sehr engagierte Tierrechtsaktivist·innen. Und in dieser Folge sprechen wir explizit über ihre Vision einer veganen Zukunft und versuchen uns da so ein bisschen anzunähern.
Marc Also ich habe ja für meinen Film „The End of Meat“, da ging es ja um die Vision einer Zukunft, in der wir keine Tierprodukte mehr konsumieren, wie das aussehen könnte, habe ich sehr viel recherchiert, habe da auch ein bisschen mehr recherchiert, als ich dann im Endeffekt für den Film gebraucht habe, weil ich mich dann im Film eher auf unsere Beziehung zu den sogenannten Nutztieren konzentriert habe. Mein Anstoß war quasi das Buch „Zoopolis“ von Sue Donaldson und Will Kymlicka. Und da geht es im Wesentlichen darum, wie wir in Zukunft unser Verhältnis zu verschiedenen Mitlebewesen gestalten können, ob es jetzt Wildtiere sind, ob es Tiere sind, die irgendwie in den Städten mit uns leben oder ob es Haustiere sind oder die domestizierten Tiere.
Und im Zuge dessen bin ich auch auf Jennifer Wolch gestoßen. Das ist eine Philosophin und Städteplanerin, die in San Francisco an der Universität arbeitet. Und die war beteiligt an Harmony. Harmony ist so eine Gemeinschaft in Florida, die wurde, glaube ich, 2003 gegründet und es war eine ehemalige Ranch mit 4500 Hektar. Und die Idee war, eine Gemeinschaft zu kreieren, wo es eine friedliche Koexistenz zwischen Menschen und Tieren gibt. Und ich fand das sehr, sehr spannend, als ich zum ersten Mal davon gehört habe. Es gibt dazu verschiedene Paper von Jennifer Wolch und auch von anderen Menschen und da wird so ein bisschen der Planungsprozess beschrieben. Es ist sehr spannend und ich hatte dann das Glück, dass ich bei den Dreharbeiten von „The End of Meat“ zwei Tage in Harmony verbringen durfte. Ich kann das mal ein bisschen beschreiben.
Also wie gesagt, 4500 Hektar. Es gibt einen Hundepark, es gibt einen großen Gemeinschaftsgarten, es wird darauf geachtet, dass es keine Lichtverschmutzung gibt, also dass man quasi immer noch den Sternenhimmel sehen kann. Es gibt eine Leinenpflicht für Hunde und Katzen. Die ganzen Häuser haben verschiedene Nachhaltigkeitskriterien. Es gibt zwei große Seen, aber es ist nicht erlaubt, direkt Häuser an den See zu bauen oder war es nicht. Und auf dem See selbst dürfen zum Beispiel nur Elektroboote fahren. Es gibt einen kleinen Lebenshof, wo gerettete Pferde untergebracht waren und noch ein paar andere Tiere. Es darf nicht gejagt werden und es gibt Vorschriften, welche Pflanzen in den Gärten angebaut werden dürfen, also nur heimische Pflanzen, keine Steingärten angelegt werden oder keine anderen Pflanzen angepflanzt werden. Ja, das war so die Vision und wir haben da mit verschiedenen Menschen gesprochen, die da leben und auch die das ganze Konzept mitentwickelt haben. Und das war sehr spannend, das zu sehen.
Es gab natürlich auch Probleme, weil das zum einen alles Eigenheim war, wo die Preise sehr hoch waren für ein Haus an sich und die Grundstücke. Es war sehr weit abgelegen, das heißt, die meisten Menschen mussten dann immer pendeln mit dem Auto zur Arbeit. Es gab Wildkonflikte mit Wildtieren - in Florida gibt es viele Alligatoren, zum Beispiel und andere Tiere und wenn die gefüttert werden, dann kommen die gefährlich nah an die Menschen dran. Und ich habe mich natürlich auch gefragt, wie ist es mit Veganismus? Ich habe dann recherchiert und ich habe tatsächlich nur einen Menschen gefunden, der selbst vegan lebt und der meinte, dass es leider keine sehr vegan freundlich Community geworden ist.
Also man muss dazu sagen, das war jetzt 2016, wo wir gedreht haben und 2003 ist diese Community entstanden und so wie ich es mitbekommen habe, war es am Anfang noch irgendwie eine andere Gemeinschaft von Menschen. Dann wurde aber diese Unternehmergesellschaft, die das Ganze gegründet hat, verkauft und es wurden dann Sparmaßnahmen eingeleitet. Das heißt verschiedene Jobs wurden gestrichen und das hat sich anscheinend auch auf die Menschen ausgewirkt, die da jetzt leben. Ja, und es war aber dennoch immerhin noch sehr, sehr, sehr inspirierend zu sehen, dass diese Vision versucht wurde zu verwirklichen. Und es war auch sehr spannend, mit den Menschen zu sprechen, die daran involviert waren. Und ja, das war so mein Beispiel.
Stefanie Und wenn du dir jetzt vorstellen würdest, dass das doch irgendwie geklappt hätte, dass alle vegan leben oder das Mensch-Tier-Verhältnis sich dahingehend verändert hat - was zum Beispiel mit eurem Film Matilda, wir gehen jetzt davon aus, der ist produziert, die Menschen sind begeistert und sie haben ihr Verhältnis zu den sogenannten Nutztieren überdacht und dieser Wandel wurde von euch eingeleitet durch diesen Film und Filme, die danach kamen – hast Du da eine Vorstellung, wie das dann vor deiner Haustüre, vielleicht auch in Münster dann aussehen würde?
Marc Dazu habe ich auch ein bisschen recherchiert. Also es ist auch wieder für meinen Film „The End of Meat“ wie Städte aussehen können, wenn sie den Tieren gerechter würden. Und das fängt schon bei Kleinigkeiten an: wie gestalten wir unsere Straßen, dass keine Tiere überfahren werden oder wie schaffen wir mehr Räume für Tiere, die in den Städten leben? Also ob es jetzt Vögel sind oder Kaninchen oder Füchse. Oder wie vermindern wir Konflikte? Es ist alles sehr, sehr komplex, wie ich gemerkt habe, bei der Recherche und was ich schön fand, war so dieses Konzept - ich war auf vielen Lebenshöfen - des Miteinander, also dass man mit ehemaligen sogenannten Nutztieren zusammenlebt und dass man einfach diese Interaktion fördert. Also es gibt ja auch zum Beispiel das Konzept von Micro Sanctuary, dass es Menschen gibt, die kleine Lebenshöfe in ihren Hinterhöfen anlegen, wenn man keinen Garten hat. Dass man da zum Beispiel geretteten Legehennen einen Platz bietet. Oder ich lebe zum Beispiel mit zwei geretteten Kaninchen zusammen. Und dass man einfach auf diese Weise zum einen Menschen sensibilisiert für das Schicksal von sogenannten Nutztieren oder allgemein die Kommunikation mit Tieren fördert und den Kontakt, weil ich glaube es ist einer der wichtigsten Punkte, dass man einfach den Opfern der Ausbeutung begegnet und denen versucht, ein neues Leben zu geben. Ist glaube ich für viele Aktivist·innen ein sehr schönes Gegenbeispiel zu dem ganzen Leid, dem man alltäglich in den Nachrichten begegnet.
Steffi Weil die Frage ja kam, wie wir jetzt die Utopie denken, wie würde mein Alltag aussehen? Also, es gibt ja da immer so dieses Szenario, dass ich arbeite oder ich habe frei und unternehme was oder treffe auch andere Menschen. Also grundsätzlich wäre es für mich eigentlich so, was Marc gesagt hat, ich glaube, da denken wir beide ähnliche. Auf jeden Fall, dass Tiere einfach natürlich leben dürfen, sich bewegen können, wie sie möchten und vor allem ihr Leben genießen können und nicht dazu leben, um von uns gegessen zu werden oder so. Ich finde, das klingt auch schon so falsch in meinen Ohren. Und dass wir einfach grundsätzlich viel achtsamer mit der Natur und mit dem Klima umgehen. Ich meine, es ist ja eigentlich schon total bewiesen, dass vegane Ernährung dazu beiträgt das Klima und die Umwelt zu schützen.
Also wenn ich daran denke, ich wache morgens auf und wie ich mich zu Hause bewege, da würde sich gar nicht viel verändern. Also mein Zuhause oder so wie ich mich ernähre oder auch von meinem Partner, ist komplett vegan. Das heißt, da wird sich nichts ändern. Aber schon der Blick aus dem Fenster morgens, wenn ich dann irgendwie meine Blumen gieße oder so, dann stehen dann da nicht 50 Autos vor der Tür, sondern dann sind dort vielleicht gar keine Autos oder bissl weniger. Es ist viel, viel grüner, vielleicht bewegen sich da auch Tiere draußen oder die Menschen sind auch mit den Fahrrädern unterwegs. Das heißt die Straßen gehören nicht den Autos, sondern den Menschen und es gehört dazu, das zu genießen. Vielleicht gibt es auch weniger Häuser usw. Das sind so kleine Szenarien, die ich irgendwie schon in meinem Kopf so ausgemalt habe, bis hin, dass ich, wenn ich auf einer Fahrradtour bin oder so, keine Transporter mehr sehe, wo Tiere transportiert werden, die zum Schlachthof gebracht werden oder wie auch immer. Oder wenn wir jetzt an unsere Filmproduktionen denken, dass dann einfach klar ist, dass es komplett vegan ist. Und das sind so Kleinigkeiten, glaube ich, die sich in meinem Kopf da jetzt so ein bisschen ausgemalt haben.
Also wenn ich jetzt nicht in so Statistiken denk oder so, sondern in meinem eigenem Umfeld mich so bewege oder auch, dass wenn ich meine Familie besuche, nicht mehr dieses, so extra mäßig gesagt wird „Ja, guck mal, wir haben dir jetzt auch was besorgt, guck mal, hier gibt's was Veganes zu essen.“ wo man dann denkt: Ja natürlich, toll, es ist jetzt seit über 20 Jahren, dass ich mich so ernähre. Das muss man ja nicht mehr irgendwie immer nach oben halten, sondern das ist klar. Und dass dann vielleicht auch einfach klar ist, dass es dann bei allen so ist und dass es da nicht mehr „Guck mal, es gibt für dich jetzt den extra Grill.“ So nach dem Motto. Und dass ich mich, wenn ich am Tisch sitze und da gegessen wird, dann so wohlfühle und nicht vor ner Schüssel voller gebratenem Fleisch sitze oder so was. Also das sind so Kleinigkeiten, dass das einfach klar ist.
Und wie Marc sagt, ist, glaube ich vor allem, dass den Menschen bewusst wird, was sie eigentlich anderen Lebewesen für ein Leid zufügen, wenn sie sich die ganze Zeit die Sachen in den Mund stopfen und wie Marc schon sagt, das Zusammenleben einfach, das spürbar machen. So also dass diese emotionale Verbindung klar wird. Und ganz viel im Kopf.
Stefanie Ja, das ist total super. Genau das meinte ich auch. Würde sich die Art und Weise, wie du arbeitest, auch ändern?
Marc Wahrscheinlich. Also im Idealfall wäre das natürlich ein anderes Thema, was ich dann in meinen Film behandeln würde. Dann ginge es allerdings nicht mehr um die Ausbeutung oder Nutzung von Tieren, sondern es ging dann vielleicht um die Kommunikation, wie wir besser mit ehemaligen sogenannten Nutztieren kommunizieren, wie wir ihren Ansprüchen gerecht werden und wie wir vielleicht wieder das versuchen gutzumachen, was wir ihnen angetan haben oder wie wir unsere Beziehung mit Wildtieren grundlegend ändern und wie wir jetzt vielleicht auch wieder Flächen renaturieren oder wieder neue Lebensräume schaffen, die wir vorher zerstört haben. Also dass man da vielleicht auch neue Arbeitsplätze schafft und dass man wieder mehr in Kontakt mit Tieren oder anderen Lebewesen kommt.
Steffi Ich glaube, dass sich einfach dann grundsätzlich ganz viel an unseren ganzen Strukturen verändert, also dass es dieses territoriale Denken grundsätzlich in der Welt, dieses ganze Thema Eigentum usw. und so fort, wo der Mensch eigentlich nur in diesem Leistungsdenken drin steckt, was zu produzieren, was zu machen, nicht mehr geben wird. Und einfach so die wichtigen Dinge für mich, die für mich wichtig sind, wo ich auch selber natürlich in diesem konsumhaltigen Alltag zusehen muss, dass das weiterhin bestehen bleibt und immer wieder meine Momente habe, wo ich da ganz viel rein spüre und mir das einfach bewusst wird, was mir eigentlich wirklich wichtig ist und die Dinge nicht vergesse. Also es wird glaube ich jetzt nicht passieren, aber so stelle ich mir das bei Menschen vor, wo ich immer das Gefühl habe: ‚wie kann man so naiv durch die Welt gehen?‘ Und da wünsche ich mir einfach, dass sich da die die Denke der Menschen, diese Sozialisation und die Menschen sich entwickeln und groß werden, sich schon verändert, dass man in einer viel behutsameren Welt einfach groß wird, in der klar ist, dass wir mit Tieren zusammenleben und dass es das Schönste ist, was wir haben können, draußen in der Natur zu sein und das zu respektieren und die Wälder zu respektieren und die Lebewesen. Also auch wenn jetzt vielleicht viele Leute denken: „Hä? Was? Wie kann die Denke so sein?“ Aber für mich ist es total wichtig und selbstverständlich, dass das eigentlich so sein sollte. Und das tut manchmal so weh, wie die Menschen nicht so denken können, muss ich so sagen.
Stefanie Ich weiß nicht, ob ihr das Buch „Geflochtene Süßgras“ gelesen habt, von Robin Wall Kimmerer. Robin Wall Kimmerer ist eine indigene Autorin aus den USA. Und das, was sie da schreibt, ist eigentlich genau das, was du, Steffi, grade sagtest, dass wir eigentlich die Verbindung zu unserer Mitwelt verloren haben und es darum geht die Verbindung auch wieder zu heilen. Und sie meinte, wenn sie gefragt wird, wie das gehen kann - sie ist auch Botanik Professorin - und sie empfiehlt dann einen Garten anzulegen oder die Hände in die Erde zu stecken und wirklich wieder mit der Erde in Verbindung zu gehen. Und ich denke auch, ich sehe es auch irgendwie in eurem Film „Matilda“ und auch generell, dass diese Verbindung, die wir verloren haben, was ja auch Melanie Joy mit dem Kannismus beschreibt, dass es total wichtig ist, dass wir die wiederfinden, dass wir das heilen, dass wir so separat voneinander leben. Also das Essen gibt es im Supermarkt und wo es herkommt, ist egal, quasi so. Also von daher, ja, ich denke, dass das gerade ganz wichtig ist, dass wir da wieder die Verbindung finden.
Und in meiner Zukunft wird das dann auch so sein. Also was ich jetzt von vielen Hörer·innen und bei euch auch so ein bisschen herausgehört habe, ist, dass es bei den Kindern auch schon anfangen sollte, in den Schulen. Bildung sollte dann auch anders aufgebaut sein, dass wir von klein auf da wieder das anders lernen sollten. Und das ist ja auch total schade, dass wir die Verbindung verloren haben, dass es früher da war, aber heute nicht mehr. Also ich glaube auch, das ist nichts Komisches, sondern etwas ganz Wesentliches und etwas, was wir wirklich tun sollten. Und ich glaube, auch meine Hörer·innen werden das nicht komisch finden. Steffi, bei dir hatte ich gelesen, dass du ja auch Bildungsarbeit machst, auch mit Kindern und Jugendlichen arbeitest. Wenn du jetzt in eine Zukunft schaust, wenn wir in die Utopie schauen, wie würde sich das verändern? Hast du da Gedanken zu?
Steffi Ich habe da immer so verschiedene Workshopformate gemacht. Also ich bin jetzt auch gar nicht von Haus aus Pädagogin oder so, sondern es hat sich vor ein paar Jahren ergeben, dass ich mehr medienpädagogisch gearbeitet habe, auch in der offenen Jugendarbeit. Da habe ich vor allem viel gelernt. Ich habe so einmal wöchentlich für zwei, drei Stunden so eine Jugendfilm AG geleitet, wo es darum ging, einfach auch zu zeigen, wie toll eigentlich Film als Ausdrucksmedium ist, um zu zeigen, aber auch bewusst zu machen, wo beginnt Manipulation, also um sozusagen das Sehverhältnis von Kindern und Jugendlichen fürs Fernsehen oder auch für den Film zu sensibilisieren, auch was bei YouTube passiert usw.. Das nun mal so grundsätzlich. Was Kinder und Jugendliche angeht, versuche ich auf Augenhöhe zu sein und bin da ganz ehrlich, wie ich denke und was ich fühle. Ich habe jetzt nicht, wie in der Schule als Lehrer·in den Fokus, dass ich nicht darüber reden darf, was ich denke, politisch auch gesehen. Also versuche ich da auch ganz offen und ehrlich zu sein, aber auch denen zu zeigen: versucht eure eigene Sicht der Dinge zu entwickeln und hinterfragt die Dinge. Das finde ich ganz wichtig.
Und da habe ich viel gemerkt, dass, als ich davon erzählt habe, dass ich vegan lebe und dass das für mich eigentlich grundsätzlich ist und dass es nicht nur in der Ernährung stattfindet, eine vegane Lebensweise, sondern sich in allen Lebensbereichen eigentlich durchzieht. Ob das jetzt bei der Kosmetik ist, bei den Klamotten usw. und so fort. Und das ist eigentlich immer mit vielen anderen sozialen Fragen auch mit Hand in Hand geht, dass die Kids das alles wissen, die kennen die Begrifflichkeiten, die haben das alles schon gehört und dann eigentlich auch voll interessiert waren. Und ich glaube, am einfachsten war es immer, wenn ich veganes Essen dabei hatte, was ich dann immer gerne gemacht habe und immer so: Oh toll, ja, cool. Nun ja, spannend. Und da auch schon so erste Kids dann gesagt haben: ich leb jetzt auch vegetarisch. Ich glaube, wenn man denen vorzeigt, dass man total locker und offen ist und dass es was Gutes ist und viele eigentlich auch sogar Haustiere haben und dann das auch anfangen zu hinterfragen, dass es funktioniert. Also es ist, glaube ich, ganz viel in der Sozialisation, die Menschen wissen das alle und denen ist es auch bewusst, aber die machen gerne die Augen zu.
Ob es in der Schulkantine zum Beispiel einfach ist, dass es da einfach ein veganes Angebot gibt und dass es einfach klar ist, dass das so funktioniert und auch man mit den Kindern viel offener darüber spricht, also die früh einzubeziehen. Da frage ich mich immer: „Denken die immer, dass die Kids doof sind?“ Nee, die raffen das alles, sie kriegen das früh mit, mit denen kann man ganz offen und ehrlich darüber sprechen. Also ich habe zum Beispiel mit der Tochter meiner Cousine schon angefangen, immer ganz früh so Bücher zu schenken, worin es entweder coole Role Models gibt, also irgendwie starke Mädchen, die den Mund nicht zumachen, sondern einfach das sagen, was sie denken und machen, was sie wollen. Und jetzt ja auch ein Buch geschenkt habe, wo es darum geht, wie schützen wir unsere Tiere usw. und so fort. Also ich glaube da fängt es schon an, dass man da Dinge auch verändern kann.
So, also du merkst schon wieder, in meinem Kopf rattert es... Es gibt ganz viel wo man gerade im Bildungsbereich anfangen muss und ich glaube da fängt es an. Also ich sehe es ja bei mir selber, wie ich groß geworden bin, wie hat sich bei mir das entwickelt, so ein bisschen. Und ich meine, da sieht man es ja. Also das, was ich anderen vorlebe oder was ich zeige, also vor allem positiv zeige, um zu motivieren und zu ermuntern, das sind die Dinge und nicht mit erhobenen Zeigefinger da zu stehen und zu sagen das ist falsch und das ist falsch. Sondern auf die guten Dinge zu gucken, wie du das jetzt auch machst, dass wir sagen, wir reden jetzt über Utopien, weil die motivieren und bringen uns dahin, Dinge bei uns zu verändern, aber auch bei anderen vielleicht.
Stefanie Ja. Was würdest du denn den Kindern und Jugendlichen erzählen? Als positive Zukunftsvision? Ich meine, letztlich wäre das ja auch noch eine Idee zu überlegen. Ich meine, klar, natürlich. Kinder und Tiere retten und so. Das ist alles interessant und motiviert sie auf jeden Fall. Ich merke einfach immer wogegen kämpfen ist einfacher zu definieren als wofür. Hast du da auch Ideen? Sprudelt da auch noch was?
Steffi Also für Kinder glaube ich jetzt grundsätzlich die Vision, dass sie wissen, was es zu essen eigentlich gibt an Gemüse und Obst. Also was wächst bei uns in der Region und was ist saisonal? Also dass das noch mal irgendwie klar wird, dass es einfach selbstverständlich ist, so dass man vielleicht auch raus in den Garten geht und das eigene Gemüse reinholt und dass man vielleicht, also wenn die Kids auf dem Bauernhof sind, dass da nicht Nutztiere sind, sondern dass es einfach eine vegane Landwirtschaft vielleicht gibt, dass sie da irgendwie ein Gespür dafür kriegen, wie cool das eigentlich ist, so in den Garten zu gehen. Ich mache mir hier mal ein Apfel ab, okay, alles klar, cool. Und ich glaube auch, eine Utopie ist auf jeden Fall eine Entspannung. Also das ist, glaube ich, das, was wir alle brauchen in unserer getriebenen Gesellschaft, würde ich sagen. Und ansonsten wünsche ich mir da eigentlich auch für Kinder und Jugendliche, dass sie merken, dass vegane Ernährung etwas ganz Tolles ist und das es was Selbstverständliches einfach wird, das gar nicht mehr hinterfragt wird und nicht immer auf diesem Silbertablett „du bist was ganz besonderes“, sondern dass das genauso klar ist, wie eine Gleichberechtigung von allen Menschen.
Marc Ja, wenn ich selber zurückdenke, habe ich gerade versucht, an meine Kindheit, wie mir da der Umgang mit Tieren vorgelebt wurde, dann würde ich mir natürlich auch wünschen, dass irgendwie ein anderes Verhältnis kommuniziert wird, also ein wesentlich friedvolleres Verhältnis mit den sogenannten Nutztieren als damals. Dass man ehrlich ist zu den Kindern und ihnen keine Lügen oder Märchen erzählt, was mit den Tieren passiert, die auf den Tellern landen und dass man vielleicht auch versucht, die Kommunikation ein bisschen zu zu schulen, also dass man mal auf den Lebenshof fährt und nicht in den Zoo, sondern dass man wirklich den heimischen Tieren begegnet oder den sogenannten Nutztieren. Und da auf diese Weise sensibilisiert, also dass man einfach die Tiere kennenlernt und das würde ich mir vielleicht wünschen.
Stefanie Habt ihr noch was, was ihr da zum Schluss noch ergänzen möchtet? Irgendwie etwas, was ihr noch den Hörer·innen mitgeben möchtet oder irgendwie ein Gefühl, was so eine positive Zukunft beschreibt oder irgendetwas in der Richtung?
Marc In letzter Zeit gebe ich anscheinend immer Filmtipps, wenn mich jemand das fragt. Und ich habe auch jetzt wieder einen Film im Kopf, der ganz gut zu dem Thema passt: "Carnage" von Simon Amstell. Das ist so eine Zukunftsvision einer veganen Zukunft und es ist sehr amüsant und ich weiß nicht, wo es den Film gerade gibt, weil er eigentlich von der BBC produziert wurde. Und fürs Fernsehen. Ich weiß nicht, ob man den hier sehen kann, aber ich glaube, er könnte vielleicht noch auf YouTube sein oder da gibt es zumindest Ausschnitte. "Carnage" von Simon Amstell - sehr zu empfehlen.
Stefanie Ja, den habe ich auch gesehen. Den kann man noch über archive.org anschauen, quasi. Das ist ja diese Zeitmaschine, sozusagen, für Internetseiten, die nicht mehr da sind. Und das verlinke ich dann auf jeden Fall hier unter der Folge auch. Ja, den habe ich auch gesehen. Genau der ist natürlich aber dann mit Triggerwarnung, würde ich sagen. Also sind auch unschöne Szenen drin, von daher das noch dazu gesagt. Man muss sich schon emotional stabil fühlen, um sich den anzugucken.
Steffi Ansonsten fand ich das, was du gesagt hast, eigentlich was Schönes, dass man einfach sagt, dass man die Entspannung mitnimmt in der Hinsicht, auch weiter motiviert zu bleiben. Dass sich Dinge auch verändern. Also, dass Sachen im Kleinen passieren, also auch kleine Dinge irgendwie schon total viel ausmachen, denke ich. Ja.
Stefanie Ja, dann danke ich euch, dass ihr mit mir diesen Ausflug in eine vegane Zukunft gewagt habt und wir da so ein bisschen diese Zukunft aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten konnten. Und danke euch für eure Zeit und dass ihr da wart. Also herzlichen Dank insgesamt.
Marc Und vielen Dank für die Einladung.
Steffi Danke für die Einladung. Hat mir sehr viel Spaß gemacht, jetzt mal ein bisschen in so Utopiewelten einzutauchen. Und ja, motiviert für den Tag.
Links zur Folge
Kickstarterkampagne für "MATILDA"
https://www.kickstarter.com/projects/matildathefilm/matilda
MATILDA auf Instagram
https://www.instagram.com/matildathefilm/
MATILDA auf Facebook
https://www.facebook.com/matildathefilm
Webseite von ANTIMAE Film
https://antimaefilm.com/
Buch "Zoopolis" von Will Kymlicka und Sue Donaldson
z.B. beim Verlag
Film "Carnage" von Simon Amstell
https://archive.org/details/SimonAmstellCarnageP04sh6zgIplayer#
Jennifer Wolch zu Harmony in Florida:
https://www.taylorfrancis.com/chapters/edit/10.4324/9781315256351-14/zo%C3%B6polis-jennifer-wolch
Das Konzept der Microsanctuaries:
https://microsanctuary.org/
Möglichkeiten mich zu unterstützen:
https://stefanie-rueckert.de/unterstützen
Hinweis zum Von Herzen Vegan Clan
Im November 2021 ist der Von Herzen Vegan Clan ein Teil meiner damals neuen Community, des Experimentariums geworden.
Das Experimentarium gibt es seit Dezember 2022 nicht mehr.
Ich bin gerade dabei eine neue Online-Community aufzubauen. Wenn Du interessiert bist, schau doch mal vorbei:

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