Folge 285 - "Aktivismus heißt Verbindung - indigene Weisungen zur Heilung der Welt"

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Folge 285 - "Aktivismus heißt Verbindung - indigene Weisungen zur Heilung der Welt"

In dieser Folge stellen wir Dir eines meiner aktuellen Lieblingsbücher vor:„Aktivismus heißt Verbindung - indigene Weisungen zur Heilung der Welt“ von Sherri Mitchell, auch bekannt als Weh’na Ha’mu’ Kwasset (Die das Licht bringt).

Sherri Mitchell schreibt nicht nur darüber, was alles in unserer Welt schief läuft und warum, sondern zeigt auch ganz klar auf, was wir jetzt tun können, um das zu ändern.

Sie gibt konkrete Weisungen an die Hand, mit denen wir eine Zukunft erschaffen können, in der ein gutes Leben für alle Lebewesen möglich ist.

Es ist alles schon da, wir müssen es nur umsetzen und vor allem auch auf die Weisheit indigener Gesellschaften hören.

Links zur Folge

Buch "Aktivismus heißt Verbindung - Indigene Weisungen zur Heilung der Welt" von Sherri Mitchell
https://wortenundmeer.net/product/sherri-mitchell-aktivismus-heisst-verbindung/

Buch "Der Flug des Raben" von Richard Wagamese
https://www.penguinrandomhouse.de/Richard-Wagamese-Der-gefrorene-Himmel-Das-weite-Herz-des-Landes/aid87721.rhd

Träume: Von unsichtbaren und sichbaren Welten
https://www.goethe.de/prj/hum/de/dos/tra/22353299.html

„Es gibt Traumthemen, die universell sind“
https://www.goethe.de/prj/hum/de/dos/tra/22356965.html

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie In der heutigen Folge stellen wir mal wieder ein Buch vor. Wir haben einfach einen Riesenstapel an Büchern, den wir noch abarbeiten müssen, quasi. Also wir haben noch ganz viele Bücher, die wir gerade lesen und auch schon welche, die wir schon gelesen haben und die sozusagen in der Warteschlange stehen, aber thematisch jetzt gerade noch nicht passen. Und heute wollen wir das Buch „Aktivismus heißt Verbindung - indigene Weisungen zur Heilung der Welt“ von Sherri Mitchell vorstellen. Und dieses Buch ist für mich was ganz Besonderes und ich habe schon lange darauf gewartet, das jetzt vorstellen zu können. Und das ist tatsächlich ein Buch, das ich mir gekauft habe. Ich habe es vorher ausgeliehen und nachdem ich es gelesen habe, habe ich gedacht, das ist so wichtig für mich, das Buch, auch für die kommende Zeit, was ich alles noch machen möchte, ich muss dieses Buch einfach haben, nicht um des Besitzes willens, sondern einfach um da immer wieder reinlesen zu können.

Und bevor ich dir jetzt erzähle, warum ich das Buch so toll finde, möchte ich mich erst mal bei einigen Menschen bedanken, die Transkripte von Podcastfolgen Korrektur gelesen haben. Und zwar sind, seit wir die letzte Folge aufgenommen haben, nicht seit sie veröffentlicht wurde, sondern seit wir sie aufgenommen haben, einige korrekturgelesene Transkripte eingetrudelt und ich möchte in der Reihenfolge, in der sie angekommen sind, mich bedanken bei Astrid, Erika, Birgit, Wolfgang und vor allem Rupert. Rupert ist nämlich momentan dabei, einfach stetig weiter Transkripte Korrektur zu lesen und das ist wirklich wunderbar. Da bin ich total dankbar für. Denn jedes Transkript was Korrektur gelesen wird, muss ich nicht mehr Korrektur lesen. Und es sind jetzt noch 212 Folgen vom „Mehr als Vegan“ Podcast offen. Da ist also noch ordentlich Luft nach oben. 9 Folgen sind in Bearbeitung, also nicht von diesen 212 Folgen, sondern zusätzlich zu den 212 Folgen sind 9 in Bearbeitung von netten Menschen, die sich bereit erklärt haben Transkripte Korrektur zu lesen und 68 Folgen sind derzeit schon transkribiert worden. Ich hatte mir ja eigentlich vorgenommen, jeden Tag ein Transkript Korrektur zu lesen, habe das aber dann tatsächlich wieder aufgegeben und mache das jetzt auch eher so sporadisch, weil es so zeitfressend ist.

Und deswegen bin ich super super dankbar, dass Astrid, Erika, Birgit, Wolfgang und Rupert in den vergangenen Wochen die Korrektur gelesenen Transkripte eingesandt haben und dass es auch weiterhin Menschen gibt, die sich bereit erklären, Transkripte Korrektur zu lesen. Also ganz ganz herzlichen Dank.

Carsten Auch von meiner Seite aus ganz herzlichen Dank!

Stefanie Genau. Du, Carsten, hast ja einfach gar keine Zeit irgendetwas Korrektur zu lesen, weil du ja auch den Vollzeitjob hast und sonst noch so ein paar Dinge zu erledigen.

Carsten Genau, das ist tatsächlich so das große Manko. Kaum bin ich zuhause, dann gehen auch schon fast die Lichter aus. Also im wahrsten Sinne des Wortes. Und da ist tatsächlich nicht die Zeit und leider auch nicht die Energie, um da zu unterstützen. Es liegt nicht daran, dass ich nicht Lust hätte, aber es ist einfach, dass der Energielevel dann am Ende des Tages auch am Ende ist.

Stefanie Und deswegen ist es wirklich sehr zeitintensiv. Und wenn du, liebe Hörerin, lieber Hörer, das Gefühl hast, du möchtest gerne Zeit schenken und eine Folge Korrektur lesen oder vielleicht auch mehrere, dann meld dich gern bei mir unter post [at] vonherzenvegan.de. Wie gesagt, jetzt gerade, wo wir die Podcastfolge aufnehmen, sind noch 212 Folgen offen. Du kannst dann einfach dir eine Folge aussuchen, in dem du online guckst, bei denen, die schon transkribiert sind, da siehst du, dass da vollständiges Transkript steht und dann ist das Transkript schon auf der Folgenseite quasi zu sehen. Diese 9, die in Bearbeitung sind, kannst du nicht sehen. Das heißt, du müsstest mich dann einmal fragen: ist es okay? Ich schicke dir dann das Transkript zu, sollte das noch nicht vergeben sein. Und dann geht es wirklich nur darum, dass du Korrektur liest. Insofern nicht, dass es jetzt dann die neueste deutsche Rechtschreibung ist oder so. Also Kommasetzung ist mir eigentlich total egal. Natürlich ist Interpunktion auch sinnvoll, also so komplett ohne kann sich der Sinn von Sätzen verschieben. Es ist schon ganz gut, wenn so grob der Sinn erhalten bleibt. Aber es geht vor allem darum, dass die Software, die dieses Transkript erstellt, Fehler macht. Und diese Fehler zu erkennen und zu sagen ach, das heißt ja gar nicht „ich liebe Garn“, sondern das heißt „ich lebe vegan“, das dann zu korrigieren, darum geht es tatsächlich, damit der Sinn der Folgen erhalten bleibt. Und das kostet Zeit, weil du das Transkript einmal komplett durchlesen musst. Und je nachdem wie gut die Software das verstanden hat, desto mehr oder desto weniger gibt es zu korrigieren. Und weil das Zeit kostet, bin ich super super dankbar für jede Person die sagt, ich helfe dir, ich lese wenigstens ein Transkript Korrektur.

Also wie gesagt, wenn du dich angesprochen fühlst und sagst: Ja, ich kann ein bisschen Zeit investieren, ich kann dir Zeit schenken, dann melde dich bei mir. Wenn du sagst: Zeit habe ich nicht übrig, aber Geld, dann ist das auch toll, denn es fehlt immer noch ein bisschen Geld, um tatsächlich so die Hostinggebühren, die laufenden Kosten zu zahlen für die Podcasts und die Internetseite, alles was ich so kostenlos zur Verfügung stelle. Da kannst du gerne einmal bei Steady schauen. Es gibt im Moment sechs Menschen, die mich über Steady regelmäßig unterstützen, finanziell, eine Person, die mich regelmäßig per Überweisung unterstützt und insgesamt ergibt das einfach noch zu wenig Geld im Monat, um meine laufenden Kosten auszugleichen. Es geht wirklich nur um die laufenden Kosten. Schau da gerne mal vorbei. Selbst wenn du „nur“ 3 € im Monat gibst, ist das schon toll. Denn wenn das mehrere Menschen machen, dann summiert sich das ja. Und dann kommen wir auch auf den Betrag, den ich brauche, um die laufenden Kosten zu decken. Solltest du finanzielle oder zeitliche Unterstützung erübrigen können, bin ich dafür sehr dankbar. Du findest alle Informationen dazu hier unter der Folge oder in den Shownotes.

Jetzt zurück zum Buch. Carsten und ich haben das beide gelesen und wir haben noch nicht so direkt darüber gesprochen, über das Buch, nur so ein bisschen indirekt. Ich hatte dann das Gefühl, dass Carsten nicht so ganz damit zurechtgekommen ist, mit dem Buch und hatte ihm dann noch andere Bücher empfohlen zu lesen. Und vielleicht können wir da jetzt zunächst einmal drauf eingehen. Ich bin der Meinung, alle sollen dieses Buch lesen. Also dieses Buch ist wirklich für jede und jeden geeignet und sollte auch unbedingt gelesen werden. Wie siehst du das denn?

Carsten Ja, Zustimmung also ja, ist ein wichtiges Buch. Finde ich auch. Ich habe aber tatsächlich ein Thema, mit dem ich schwer klargekommen bin, wo ich auch dankbar bin, dass du mir nachher nochmal ein anderes Buch empfohlen hattest, um das so ein bisschen zu relativieren. Und zwar das Thema Spiritualität. Und dazu muss ich sagen, dass genau zu diesem Aspekt auch der Verlag quasi im Nachwort noch mal Bezug genommen hat, weil das Verständnis von Spiritualität in der indigenen Welt, sage ich jetzt mal, anders gelagert ist als das, was ich jetzt mit meiner, wie soll ich das sagen, eurozentrischen Lebenserfahrung unter Spiritualität verstehe. Ich bin jetzt nicht ganz eingeengt mit dem Begriff Spiritualität, aber Spiritualität hatte für mich erst mal so einen rein christlichen Kontext oder einen fernöstlichen Kontext, so mit, keine Ahnung, Meditation etc. Buddhismus, Zen das sind so alles Sachen, die fallen mir da ein. Also trotzdem sehr speziell, sehr abgegrenzt und meine Schwierigkeit bei diesem Buch war, dass es sehr spirituell geschrieben ist und wie gesagt, der Begriff Spiritualität bei mir eine bestimmte Konnotation hat, manchmal negativ, manchmal aber anders. Und da habe ich mich an einigen Stellen vielleicht nicht ganz so wiedergefunden oder bzw. auch ein bisschen es schwieriger gehabt, mich da reinzudenken.

Aber du hast mir ein Folgebuch empfohlen, einen Roman, wo indigene Erfahrungen, also persönliche Erfahrungen geschildert wurden von einer Person, die zurück zu ihrer Kultur gefunden hat. Und darum ging es ja, diesen Bezug, das ist ja dieses Zurück zur Kultur, zu den eigenen Wurzeln, zu sich selber finden, das ist so, sag jetzt mal so ganz roh das, was unter Spiritualität damit hineinwirkt und damit kann ich was anfangen. Das ist ja letztendlich auch nichts anderes als das, was ich persönlich versuche zu praktizieren, also im Sinne von zu mir selbst zu finden, zu verstehen wer bin ich eigentlich? Und das ist in der indigenen Welt natürlich ein sehr großes Thema. Also wirklich zu sich selbst zu finden und auch diese Verbindung zu sich selbst und und zur Mitwelt wieder aufzubauen. Aber wie gesagt, beim Lesen dieses Buches bin ich da mal so ein bisschen drüber gestolpert. Deswegen kam ich jetzt am Ende des Buches nicht ganz so euphorisch aus dem Lesen heraus wie du. Du hast da viel mehr direkt mitgenommen und ich bin dann immer über diesen Stolperstein Spiritualität gestolpert.

Stefanie Ich habe jetzt gedacht, wo wir gerade darüber sprechen, dass dieses Buch eigentlich ein Beispiel für voraussetzungsreiches Sprechen ist. Das, was Kübra Gümüşay schon in ihrem Buch „Sprache und Sein“ angesprochen hat, das was sie da beschrieben hat, dass das hier eigentlich stattfindet, dass das ein Beispiel dafür ist. Würdest du, wenn du jetzt darüber nachdenkst, das auch so sehen?

Carsten Das würde ich auch tatsächlich so sehen, dass das vielleicht für mich auch eine Hürde da war, dass ich mich erst mal so richtig einfinden musste in das was damit gemeint ist.

Stefanie Weil sie einfach aus dieser Kultur heraus gesprochen hat. Und für sie ist das ihr kulturelles Selbstverständnis und hat das nicht erklärt.

Carsten Mit sie meinst du Sherri Mitchell.

Stefanie Ach so, ja genau. Die Autorin Sherri Mitchell von dem Buch. Genau.

Carsten Ja, stimmt. Sie hat es nicht erklärt, das stimmt. Sie hat es vorausgesetzt. Deswegen ja voraussetzungsreiches Sprechen oder Lesen an der Stelle. Und das stimmt. Und ja, ich will nicht sagen, dass ich das jetzt vermisst habe. Das ist ja eher ein Defizit auf meiner Seite. Ich kann ja nicht voraussetzen, dass jede Person, die über dieses Thema schreibt, von vornherein erst mal einen riesigen Exkurs macht, um in das Thema einzuleiten.

Stefanie Aber ich wusste ja vorher schon, dass du Probleme mit Spiritualität hast und hatte dich darauf hingewiesen, dass das hinten erklärt wird im Buch, dass es dann noch einen Anhang gibt vom Verlag und du das auch dazu lesen solltest und wo du gerade gesagt hast, du weißt nicht, ob dir das geholfen hätte, wenn sie das erklärt hätte. Es wurde ja erklärt und es hat dir aber anscheinend nicht geholfen.

Carsten Ich habe das ja erst zum Schluss gelesen.

Stefanie Ach so.

Carsten Es ist ja ein Anhang.

Stefanie Also da ist es tatsächlich hilfreich, wenn du das zuerst liest. Hat der Anhang denn dann im Nachhinein geholfen?

Carsten Ja, ja klar. Das rückt natürlich sehr viel wieder gerade. Da, wo ich vorher gedacht habe okay, so richtig verstanden habe ich es nicht. Natürlich aber eher logisch. Den Anhang lese ich zum Schluss, deswegen heißt der Anhang, sonst hätte es ein Vorwort oder eine Präambel sein müssen.

Stefanie Ja, okay.

Carsten Und trotz deiner Warnung: nee, ich neige tatsächlich dazu, Bücher linear zu lesen. Also von daher mea culpa.

Stefanie Ja, aber es hat dir ja dann geholfen, sagtest du, dass du das Buch, was ich dir noch empfohlen hatte, gelesen hast. Ich sage nochmal dazu, welches das ist: und zwar von Richard Wagamese „Der Flug des Raben“. Und ich habe jetzt von diesem Autor alle verfügbaren Bücher gelesen. Allerdings sind noch nicht alle Bücher ins Deutsche übersetzt worden. Der Autor ist mittlerweile schon gestorben, ist aber ein sehr bekannter indigener Autor aus Kanada und ich finde die Art und Weise wie er schreibt super. Und ich dachte, damit Carsten zumindest besser versteht, was Sherri Mitchell mit der Spiritualität meint, ist es gut so was nochmal sozusagen in der Praxis zu lesen, weil das, was Sherri Mitchell schreibt, das ist so die Theorie und wie indigene Menschen das wirklich meinen und leben, das fand ich, konnte man gut in dem Buch „Der Flug des Raben“ von Richard Wagamese lesen. Was denkst Du?

Carsten Ja genau, das war für mich tatsächlich eine große Hilfe. Was ich vorhin schon sagte, das hat dann den Bezug zur Praxis für mich aufgebaut, dass ich auch wirklich, ich sag jetzt mal, tatsächlich verstanden habe, was damit gemeint ist, also den direkten Bezug zum Alltag. Und da habe ich mich auch wiedergefunden. Und gerade dieses Buch, „Der Flug der Raben oder des Raben“?

Stefanie Es ist nur einer. Der Protagonist heißt Garnet Raven und ist Teil des Raven Clans und eigentlich im Englischen heißt das Buch „Keeper ‚n me“, weil er mit einer anderen älteren Person dort zusammenkommt, die Keeper heißt. Von daher eigentlich beschreibt das das besser. Die deutsche Übersetzung ist nicht so treffend, aber Rabe, weil sein Familienname Raven ist.

Carsten Ja und das hat für mich sehr viel bedeutet, dieses Buch zu lesen, weil es mich auch sehr emotional mitgenommen hat. Also es war schon sehr berührend, das alles zu lesen, weil es ja auch eine autobiografische Komponente hatte, wobei der Autor es offen gelassen hatte: Was ist jetzt autobiographisch und was ist fiktiv? Aber das ganze Thema an sich, der Umgang mit Indigenen, gerade wie wir weißen Menschen mit indigenen Menschen umgegangen sind und auch noch umgehen, das wird da sehr stark thematisiert aus dieser persönlichen Sichtweise. Und das hat mir tatsächlich geholfen um auch diesen Bezug zum Thema Spiritualität so eingrenzen zu können, wie Sherri Mitchell es in ihrem Sachbuch dann auch gemeint hat.

Stefanie Ja, und deswegen, falls du, liebe Hörerin, lieber Hörer auch so wie Carson eher dem Thema oder dem Begriff Spiritualität so - ja ich will jetzt nicht sagen negativ gegenüber stehst - aber vielleicht so ein bisschen damit fremdelst, das in dir so leichte Verwerfungen hervorruft, dann empfehle ich dir wirklich zusätzlich zu dem Buch noch das Buch „Der Flug des Raben“ von Richard Wagamese zu lesen. Gerne auch alle Bücher von Richard Wargamese. Also ich fand das sehr inspirierend und auch gerne - das mache ich jetzt gerade auch - Bücher generell von indigenen Autor·innen, um einfach die Art und Weise zu denken, da zu lernen und mehr in die Kultur einzutauchen. Das ist nämlich auch was. Da muss ich jetzt einen kleinen Exkurs machen.

In meinen Bildungsurlauben wurde mir ja immer gesagt, ich muss ja unbedingt irgendwo hinfliegen im Urlaub, um die Kultur von diesem Land kennenzulernen. Und ich denke, es gibt tatsächlich noch mehr Möglichkeiten, um die Kultur von einem Land kennenzulernen, auch ohne dahin zu fliegen, nämlich zum Beispiel über Bücher, also Romane, die von Autor·innen geschrieben wurden, die dieser Kultur angehören. Und durch die kann ich viel vielfältiger da eintauchen und auch Filme, Serien, was auch immer, also alles, was so aus diesem Kulturkreis stammt. Es müssen ja keine Dokumentationen sein, sondern es können auch Romane sein oder Gedichte oder was auch immer. Das lässt mich ja viel tiefer eintauchen, als wenn ich drei Wochen Urlaub da mache. Also sowieso ist - wir können das jetzt ewig weiterspinnen - aber sowieso ist dieser kurze, drei Wochen Jahresurlaub nicht dafür geeignet, um eine ganze Kultur kennenzulernen. Oder über die Sprache, wenn du die Sprache lernst, dann kannst du dich dieser Kultur auch annähern. Also es gibt mehrere Möglichkeiten, wollte ich noch mal sagen, genau.

Und auch generell ist es so, dass sich aus dem Buch eine Vielfalt von Themen ergibt, die wir in zukünftigen Folgen auch noch behandeln wollen. Wir planen auch noch so was wie eine Serie zum Thema Gewalt in verschiedensten Formen. Carsten hat schon zwei Bücher eigentlich theoretisch vorbereitet, schon durchgearbeitet, die auch noch dann vorgestellt werden wollen mit bestimmten Schwerpunktthemen. Also es ergibt sich vieles jetzt auch aus diesem Buch und mir war dieses Buch deswegen so wichtig, weil ich das Gefühl hatte, es fügt bei mir vieles zusammen, was vorher schon aus verschiedenen Richtungen auf mich zugekommen ist, aber jetzt in diesem Buch wirklich zu einem sinnvollen Ganzen gewoben wurde.

Carsten Ja, vielleicht können wir da mal einsetzen. Ich glaube, gerade der Titel „Aktivismus heißt Verbindung“, war etwas, da hatte ich ursprünglich ein etwas anderes Verständnis, weil als ich das das erste Mal gelesen habe, habe ich gedacht: ist doch völlig klar. Wir als Aktivist·innen müssen zusammenarbeiten, wir müssen uns verbinden. Das ist ja jetzt keine neue Erkenntnis, sondern Gruppen finden sich ja auch - Ende Gelände als als einzelne Gruppe agiert ja auch in anderen Kontexten und andere Gruppen arbeiten jetzt zum Beispiel damit bei - also von daher dieses Verständnis, dass soziale Gruppen untereinander Verbindung schaffen müssen als Aktivist·innen, das ist ja wohl klar. Warum gibt es da jetzt ein eigenes Buch? Das war so für mich die Frage. Aber als ich das gelesen habe, habe ich gemerkt, hier geht es um was komplett anderes.

Stefanie Und magst du uns mal verraten, um was es denn geht deiner Meinung nach? Ich sag dann gleich ob es richtig oder falsch ist. (lacht)

Carsten Was soll ich fragen, ob ich das Geheimnis lüften darf?

Stefanie Ja, du darfst.

Carsten So wie ich es verstehe, geht es hier tatsächlich um die Verbindung zur Welt. Also dass wir uns nicht als getrennte Personen, als getrennt von der Natur sehen und auch nicht mehr so handeln, sondern, dass wir die Verbindung zur Natur suchen, finden und ausbauen, aber auch die Verbindung zu uns selbst. Was ich vorhin schon sagte, also tatsächlich wissen wer sind wir, wie sind wir, wie reagieren wir? Was für Anteile haben wir in uns und dementsprechend auch die Verbindung zu unseren Mitmenschen. Dass wir uns wieder als soziale Personen begreifen, die nicht nur verbal und wie auch immer interagieren, sondern dass wir auch untereinander verbunden sind und sei es einfach, weil wir Teil der Natur sind. Aber dann auch in diesem spirituellen Kontext, also dieses „alles ist im Fluss“ oder wir sind alle miteinander verbunden oder so. Also ich kann das schlecht ausdrücken, aber das ist so das, was ich aus diesem Buch mitgenommen habe, was Sherri Mitchell unter Verbindung meint, nicht das Zusammenarbeiten untereinander, also keine Kollaboration, nicht ausschließlich, eher so auf dieser spirituellen Art und Weise die Verbindung wieder aufbauen.

Stefanie Auf jeden Fall auch natürlich das Zusammenarbeiten statt gegeneinander, gemeinsam statt individuell also solche Dinge auch, genau. Soll ich jetzt so ein Hop/Top, richtig oder falsch machen?

Carsten Nein, einfach den Daumen hoch oder runter.

Stefanie Sicherlich, sehr lustig. Beim Audio ist sowas toll. Ich kann ja dann im Transkript so einen Daumen hoch Daumen runter einbauen.

Um Verbindungen ging es ja auch schon bei Robin Wall Kimmerer. Als wir „Geflochtenes Süßgras“ gelesen und rezensiert haben, sprach sie ja auch quasi davon, dass wir die Verbindung zur Natur eigentlich wieder herstellen müssen. Hier finde ich, geht Sherri Mitchell nochmal um einiges weiter. Also natürlich ergänzt sich das und je mehr du von indigenen Autorinnen liest, desto mehr wirst du dich da auch hineinfinden können in diese Gedankenwelt. Und was mich besonders angesprochen hat, war Heilung der Welt, weil im Moment mein Thema irgendwie Heilung ist und ich gedacht habe: ja, das ist tatsächlich ein Schritt für alle, den wir gehen müssen, weil so viel Gewalt passiert ist. Insgesamt. Aber natürlich auch uns persönlich.

Aber generell ist historisch betrachtet, so viel Gewalt überall passiert durch die Kolonialisierung, durch verschiedenste Dinge wie das Patriarchat und so, also Gewalt an Menschen, Gewalt an unserem Planeten, an den Mitlebewesen, die hier unseren Lebensraum mit uns teilen und einfach Gewalt in unterschiedlichem Ausmaße. Und natürlich auch Ungleichgewicht herrscht zwischen Menschen, die kolonisiert wurden und Menschen die kolonisiert haben. Also wenn ich das jetzt so unterteilen darf.

Und da damit wir dann eine gemeinsame Zukunft haben und wir ein gutes Leben für alle schaffen können auf diesem Planeten, muss erst mal Heilung stattfinden. Und Sherri Mitchell schreibt an einer Stelle auch, dass Heilung erst stattfinden kann, wenn das aufhört, also diese Gewalt aufhört. Also wenn wir natürlich erst mal anerkennen, dass Gewalt stattfindet. Aber dann muss das aufhören und dann können wir erst heilen. Das ist natürlich ein großer Schritt, zumindest aus unserer heutigen Perspektive, der dann noch getan werden muss. Der aber notwendigerweise gegangen werden muss.

Und das war eigentlich das, was mich am meisten neugierig auf das Buch gemacht hat. nd ich fand es wirklich rundum etwas, was mir hilft, wirklich jetzt dann in die Zukunft weiterzugehen und auch meinen Weg zu finden und meinen Platz, wie ich jetzt am besten an dieser klimagerechten, sozialgerechten Zukunft mitarbeiten kann. Und Sherri Mitchell schreibt auch in dem Buch, dass es die Aufgabe unserer Zeit ist, die nächsten sieben Generationen ins Leben zu träumen und dass wir daran arbeiten müssen, ihnen eine Welt zu bieten, die dazu in der Lage ist, ihre Leben zu erhalten und dieses in die Zukunft träumen. Unsere Vorfahrinnen haben uns quasi in die Zukunft geträumt, haben uns erahnt in der Zukunft und andersrum sind wir jetzt diejenigen an der Reihe, die nächsten sieben Generationen in die Zukunft zu träumen. Das war etwas, was mich auch sehr berührt hat. Was aber natürlich auch wieder spirituell ist. Und deswegen natürlich gleich die Frage an dich: War das jetzt was, womit du was anfangen konntest oder ist das wieder was, wo du sagst: spirituell weg?

Carsten Äh, ja und nein. Also das mit den sieben Generationen kannte ich. Das war jetzt für mich nichts Neues. Ich finde das sehr wichtig, diese sieben Generationen zu überdenken, weil es ein viel größerer Horizont ist als all das, was wir momentan im persönlichen Leben umsetzen. Und im politischen ja sowieso gar nicht; also im politischen Alltag. Das, was da jetzt gerade so realpolitisch passiert, das ist ja wirklich nur von heute auf morgen. Also, da können wir von profitieren und das war für mich nichts Neues.

Wo ich aber Schwierigkeiten mit hatte, ist dieses Reinträumen oder, dass auch in der Vergangenheit unser Ahnen uns geahnt haben, also quasi als Vorahnung. Das ist etwas, wo ich gemerkt habe - dass ist aber bei mir persönlich - dass ich von meiner Haltung, von meiner Denkweise, einfach zu hart bin. Also, hart im Sinne von rational. Da fehlt mir vielleicht noch so diese emotionale Komponente oder so was. Also Spiritualität verbinde ich sehr stark mit Emotionalität. Es ist für mich, will ich sagen, so im „Gleichklang“. Aber das klingt da schon mit an und ich merke, dass ich von meiner Prägung her tatsächlich eher so hart und nüchtern und sachlich bin; muss die Welt irgendwie rational begreifen und bewerte. Und deswegen fällt es mir auch schwer, sowas anzunehmen.

Stefanie Mehrere Dinge fallen mir dazu ein. Nämlich zum einen, dass Sherri Mitchell auch davon spricht, von den männlichen und weiblichen Wesensanteilen, was keine Geschlechtszuordnung sein soll, sondern zwei verschiedene Wesensanteile, die wir alle in uns tragen. Dass diese Gewichtung wichtig ist und dass das bei uns westlichen Menschen oder eurozentrischen Menschen aus dem Gleichgewicht geraten ist. Das was du gerade beschreibst, dass also diese, sag ich jetzt mal, das eher das Männliche. Also wie gesagt, es geht nicht um binäre Geschlechtsformen, sondern um eine Art und Weise zu sein, die einfach ja jetzt diese Zuschreibung hat, was Sherri Mitchell als männlich und weiblich beschreibt. Und da sagt sie auch oder schreibt sie auch , dass wir aus dem Gleichgewicht geraten sind, dass wir auch wieder die Verbindung herstellen und die Verbindung zu dem herstellen, was in uns so aktiv ist.

Führt für mich irgendwie wieder zu Gedanken über toxische Männlichkeit und wie männlich gelesene Menschen aufwachsen in unserer Gesellschaft und könnte jetzt darin enden, dass du so empfindest. Das ist ein Gedanke dazu. Und ein anderer Gedanke, der mir gerade kam, war: Dadurch, dass ich jetzt mehr von indigenen Menschen gelesen habe, also Autorinnen, die Bücher verfasst haben, die ich dann wiederum gelesen habe oder auch mir Dokumentationen angeschaut habe, die von indigenen Menschen auch tatsächlich mit erstellt wurden, habe ich ein anderes Verständnis fürs Träumen gewonnen, Dass das indigene Verständnis von Traum und Träumen ein ganz anderes ist, als wir das haben. Da bin ich aber auch gerade erst frisch dabei. Da bin ich noch auf Recherchereise sozusagen. Habe da erst so ein bisschen was zu gelesen, kann aber jetzt schon sagen, dass das wahrscheinlich deswegen dir so komisch vorkommt, weil auch hier wieder ein anderes kulturelles Verständnis vorherrscht bei dem, was Sherri Mitchell da schreibt. Dass wir das überhaupt gar nicht so können, in Anführungsstrichen. Also wir sind gar nicht fähig, auf diese Art zu träumen, wie Sherri Mitchell es meint. Wie gesagt, stehe ich da noch völlig am Anfang, was die Träume, die kulturelle Bedeutung von Träumen in indigenen Gemeinschaften betrifft.

Ich verlinke aber gerne schon mal zwei Links zu diesem Thema, dann kannst du da, liebe Hörerinnen und Hörer, schon selbst tätig werden und Weiterlesen. Wenn du andersrum da schon viel weiter bist als ich und dazu mir Lektüre empfehlen kannst, dann melde dich auch gerne. Da freue ich mich natürlich auch drüber.

Also mich hat das jedenfalls sehr angesprochen, dass Sherri Mitchell davon schreibt, dass wir die neue Welt kollektiv in die Wirklichkeit räumen müssen. Also weil ich ja auch schon ganz viel mit Träumen und Vorstellungskraft und Reisen in die Zukunft gearbeitet habe und auch immer noch arbeite. Und deswegen war das für mich ein wunderbarer Anknüpfungspunkt, auch ohne vorher schon mehr in die kulturelle Bedeutung von Träumen bei indigenen Völkern einzutauchen. Und was Sherri Mitchell dann als die Aufgabe unserer Zeit bezeichnet. Was ich vorhin zitiert habe, das betont sie auch noch mal, in dem sie schreibt: „Wir investieren 10 % unserer Energie, um zu erkennen, was verändert werden muss. Weitere 10 % investieren wir, um unsere Beteiligungen am Schaden rückgängig zu machen und mit den restlichen 80 % erschaffen wir eine Wirklichkeit, die Mitgefühl, Sicherheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit für alles Lebendige bietet.“ Und damit legt sie noch mal den Schwerpunkt darauf, dass wir nicht nur darauf schauen, was verändert werden muss und wie wir den Schaden rückgängig machen sollen oder können, sondern vor allem den Hauptanteil unserer Energie darauf verwenden, diese neue Welt zu schaffen und ins Leben, in die Wirklichkeit zu erträumen. Und das ist genau das, was mich anspricht.

Carsten Es ist auch genau das, was heute nicht passiert. Ich bin jetzt wieder beim ganz normalen politischen Alltag. Wir gucken , wo ist was schief gelaufen? Bewerten häufig auf technologischer Basis, und fragen uns, wie kommen wir da in Zukunft raus? auch auf technologischer Basis. Und damit ist es das dann auch. Damit ist für uns der Fall dann erledigt. Viel mehr brauchen wir nicht. Zukunft gesichert. Alles tutti. Weiter wie bisher. So ist ja das, was man so außen im Moment wahrnimmt. Und jetzt?

Da ist Sherri Mitchell ja viel klarer, dass sie sagt: Hey, das sind nur 20 % dessen, was wir machen. Wobei... Ihr Ansatz ist ja ein ganz anderer, gar nicht technologisch, sondern tatsächlich spirituell und damit auf der gesellschaftlichen Ebene. Aber dann sind escdie 20 % und der große Teil dessen, was tatsächlich zu leisten ist, findet ja auf einem ganz anderen Feld statt. Das ist dann das Schaffen einer besseren neuen Welt. Und da, wo wir ja quasi heute mit unserem Alltagspraktiken hoffen: „Das ergibt sich dann irgendwie von alleine, wenn man die beiden ersten Themen Schadensidentifikation und Schadenskorrekturen/-Begrenzung dann erledigt hat. Der Rest erfüllt sich dann von alleine.“, stellt sie klar: Nein, da fließt eigentlich der Hauptanteil der Arbeit rein.

Stefanie Ja, Sherri Mitchel betont das auch noch mal, in dem sie schreibt: „Wir müssen bereit sein, mehr zu tun als eine Forderung zu stellen. Wir müssen bereit sein, aktiv an der Schaffung einer Welt zu arbeiten, in der diese Forderung erfüllt werden kann.“ Und das fand ich auch wirklich sehr prägnant. Sage ich jetzt mal, dass sie nicht nur sagt okay, wir können alles anprangern und es ist natürlich auch wichtig anzuprangern, aber gleichzeitig, um alles im Gleichgewicht zu halten, solltest du auch mitarbeiten daran, dass das, was du anprangerst, zum einen abgeschafft wird, aber dann auch das, was du eigentlich willst, dann auch geschaffen wird.

Und Sherri Mitchell schreibt an einer Stelle, wo es um Bildung geht, dass wir nicht versuchen sollen, unsere Kinder an diese Welt anzupassen, sondern wir müssen eine Welt schaffen, die zu unseren Kindern passt.

Und wie genau das jetzt gehen kann, das erklärt sie in dem ganzen Buch und wir schauen nun auch noch einmal rein, wie das denn jetzt aufgebaut ist. Und zwar fängt es an mit Teil Eins „Fundamente legen“ und da geht es um die “Lieder von der Entstehung der Welt“ und “Die Liebe Tausender“

Und die „Liebe Tausender“ bedeutet tatsächlich , dass wir jetzt, also du liebe Hörerin, lieber Hörer und Carsten und ich, wir alle, die wir jetzt leben, aus der Liebe Tausender entstanden sind. Denn wir haben ja ganz viele Vorfahr·Innen, die irgendwie alle zusammengekommen sind im Laufe der Zeit und immer wieder Nachfahren gezeugt haben, die hoffentlich aus Liebe entstanden sind und auf deren Schultern wir theoretisch stehen oder die uns den Rücken stärken; welches Bild dir besser gefällt. Und das soll die Liebe Tausender sein. Tatsächlich, und auch hier kann es natürlich sein, dass du so einen inneren Widerstand hast gegen die Liebe Tausender oder generell diese spirituelle Ansicht. Hier muss ich auch direkt gleich dazu sagen, dass das wieder das voraussetzungsreiche Sprechen oder Schreiben ist. Denn Sherri Mitchell schreibt ja aus der Sicht ihrer indigenen Kultur und aus dieser Sicht gibt es diese Liebe Tausender. Aus unserer eurozentrischen Sicht kann das sein, dass es nicht immer liebevoll war. Das noch als Anmerkung dazu. Und wie geht es dann weiter?

Carsten Ja, im „Zweiten Teil“ des Buches geht es darum, “Den Abweg zu verstehen“ . Also wie sind wir auf Abwege gekommen? Da geht es zum einen um die Frage “Wo sind wir gerade?“, "Wie sind wir denn hierher gekommen?“ Sie geht auf “Trauer, Trauma und Vertrautheit“ ein. Dann schreibt sie über “Konflikte transformieren.“

Ein Teilbereich geht auf den Bereich “Rechte und Verantwortung ins Gleichgewicht bringen.“, “Dekolonisieren“ ist nochmal etwas, worauf sie eingeht. Dann “Unsere kindliche Abhängigkeit beenden.“, “Eroberung und Aktivismus“ und “Frauen tragen das Wasser der Welt.“

Stefanie Genau. Und diese Kapitelüberschriften, die Carsten gerade vorgelesen hat, sind dann immer auch nochmal unterteilt in Unterkapitel. Und gerade so was wie zum Beispiel Dekolonisieren, da geht es ja durchaus noch um einige wichtige Punkte, die mir auch noch nicht so alle klar waren. Aber wo mir das Buch wirklich geholfen hat, da noch mal alles besser zu verstehen. Und letztlich, wir hatten es schon am Anfang gesagt, ist dieses Buch sowohl für Carsten als auch für mich ein Ausgangspunkt für viele, viele weitere Themen, die wir noch mal genauer untersuchen werden. Das heißt, das ist jetzt erst mal nur so ein Überblick. Und in“Teil Drei“geht es dann weiter“Uns den weiteren Weg vorstellen“. Also erst mal haben wir ja geguckt, wo stehen wir jetzt, wie sind wir denn da hingekommen und wie geht es jetzt weiter? Das heißt, dieser dritte Teil ist dann in drei Kapitel unterteilt. Das erste Kapitel heißt “Von der Resonanz zur bewussten gemeinsamen Schöpfung“ und das zweite Kapitel “Von Lehrenden und Lehrern.“ Und das dritte “Die Kultivierung von Krieg·erinnen.“ Und da schreibt Sherri Mitchell auch viel immer wieder über ihre eigene Erfahrung. Also sie hat auch immer wieder, auch schon in vorangegangenen Kapiteln ihre eigene Geschichte mit eingebettet, was ich sehr gut fand. Wie ging es dir damit?

Carsten Ja, ich fand diesen Bezug zur eigenen Vergangenheit für mich sehr hilfreich, weil das sind genau die Brücken, die es mir ermöglichen, diesen Begriff der Spiritualität ja mit Leben zu füllen, dass ich da auch viel von verstehe, was sie damit meint. Deswegen war das ganz wichtig, dass sie da quasi ihre eigene Vergangenheit mit einfließen lässt.

Stefanie Ja, also bei Sherri Mitchell ist es so: Ich habe das so verstanden, dass sie in einer relativ intakten Umgebung aufgewachsen ist. Wobei auch ihre Eltern natürlich leider durch die Kolonisierung Schwierigkeiten hatten. Aber sie hatte einen großen Verwandten·innenkreis sag ich jetzt mal, also die ihr da geholfen haben, ihre Kultur auch zu leben. Trotz der Kolonialisierung und trotz des Leidens, was ihre Vorfahren erlitten haben, angefangen bei ihren Eltern. Und im Vergleich dazu ist sie relativ intakt aufgewachsen, was das kulturelle Gut angeht, also dass sie weiß, wo sie hingehört, wie sie sich verorten kann und hatte Möglichkeiten, ihre Spiritualität dementsprechend zu entwickeln, was wahrscheinlich dann irgendwie auch die Schwierigkeit ist für uns und vor allem für dich, Carsten, dann damit klarzukommen irgendwie, weil unser Denken so westlich geprägt ist. Und deswegen hatte ich dir, Carsten, da dieses Buch empfohlen: „Der Flug des Raben“, von Richard Wagame, weil dort der Protagonist auch fernab seiner Kultur aufgewachsen ist und dann erst als Erwachsener langsam wieder seine Kultur kennen gelernt hat und sich mit den ganzen Werten zu verbinden. Und das ist glaube ich genau der Weg, der für uns auch interessant wäre, das zu lernen. Das heißt, das ist wahrscheinlich etwas, womit wir uns eher identifizieren können als mit einer Person, die schon von Geburt an quasi damit aufgewachsen ist und deswegen ein viel tieferes Verständnis hat von Spiritualität.

Carsten Das ist auch etwas, was hier in diesem dritten Kapitel, des dritten Teils, dann noch mal hochkommt, nämlich wenn sie schreibt die Kultivierung von Krieg·erinnen. Das ist etwas, wo noch mal klar wird, wie unterschiedlich dieser Begriff Krieg·erin gesehen wird. Das Verständnis, was ich so vorher mitgebracht hatte: Ja klar, so hollywoodmäßig aus dem Kino geboren;ja, Krieg, brutal. Vielleicht noch der ehrbare Ritter, so ein Paladin, der vielleicht noch so ein paar ehrbare Grundwerte mit sich bringt, aber alles mehr so auf Kampf gemünzt. Das ist hier überhaupt nicht so im indigenen Verständnis oder in dem, was Sherri Mitchell schreibt.

In ihrer Kultur sind Krieg·erinnen Personen, die für die Gemeinschaft einstehen. Also ein Beispiel, ich hoffe, ich zitiere das jetzt richtig und nicht aus dem Buch „Der Flug des Raben“ - das verschwimmt so inhaltlich gerade so für mich - aber das, was ich so mitbekommen habe über diesen Begriff Krieg·erin: das sind Personen, die zum Beispiel bei Feierlichkeiten dafür sorgen, dass zuerst die Alten, die älteren Menschen, dann alle Kinder und Frauen und dann ganz zum Schluss diese Krieg·erinnen was zu essen bekommen. Also das sind im Grunde genommen diejenigen, die dafür sorgen, dass es der Gemeinschaft gut geht, und das auch aktiv fördern. Also, keine Ahnung... „Sozialarbeiter“ wäre vielleicht etwas, was mir spontan einfällt; aber vielleicht ist das auch ein völlig falscher Kontext. Also mir fehlt einfach der Übertrag. Wo finde ich solche Personen hier in der westlichen Gesellschaft?

Und für mich war das tatsächlich eins von diesen vielen Beispielen, wo ich gemerkt habe, ich bin mit einer komplett anderen Verständniswelt, mit einer Logik aufgewachsen, die konträr ist zu dem oder vielleicht nicht unbedingt konträr, aber sehr weit weg ist von dem, was da in diesem individuellen Kosmos existiert und von dem ich aber sehr profitieren kann, weil ich einfach gemerkt habe, dass unsere Sichtweise, ja ich will nicht sagen grundlegend falsch ist, aber vielleicht nicht unbedingt hundertprozentig richtig ist. Und ich das, was ich dort in der indigenen Welt vorfinde, viel passender, viel treffender auch hinsichtlich der möglichen Zukünfte besser empfinde.

Stefanie Ja, und es geht jetzt natürlich nicht darum, dass wir eins zu eins die indigene Kultur kopieren sollten, sondern deswegen heißt es ja auch Weisungen, sondern uns quasi unterweisen lassen sollen in den Grundwerten, die diese indigenen Kulturen haben und dann unsere eigene Kultur damit wieder bereichern. Also Vielfalt statt Homogenität ist ja tatsächlich auch ein Grundsatz, denn Homogenität ist ein Erbe des Kolonialismus. Und dieses Gleichmachen generell findet er immer noch statt und darum geht es uns nicht. Und darum geht es auch Shari Mitchell nicht, dass sie jetzt sagt Alle müssen genauso denken wie sie. Sondern sie zeigt einfach nur, welche Werte wichtig sind in unserer heutigen Zeit.

Carsten Und damit sind wir auch gleich beim vierten und letzten Teil des Buches “Vorwärtsbewegen und aus dem Vergangenen schöpfen.“ So, und da ist das erste Kapitel in diesem vierten Teil “Kulturelle Grundwerte“, das was du gerade schon angesprochen hattest, die werden hier noch mal vorgestellt in aller Ausführlichkeit. Es geht dann da weiter in die über “Die indigene Lebensweise“. Dann werden noch vorgestellt “Vier Grundlagen selbstbestimmter Gesellschaften“ und das Buch schließt dann ab mit “Leben in Zeiten der Prophezeiung.“

Stefanie Genau. Und dieser vierte Teil ist tatsächlich so ein für mich an Praxisteil, wie ich eine klima- und sozial gerechte Zukunft bauen kann. Und deswegen unter anderem habe ich das Buch auch gekauft und werde es jetzt nicht verlosen lassen, sondern behalten.

Es heißt nicht, dass du es unbedingt kaufen musst. Du kannst es bestimmt irgendwo auch ausleihen. Aber letztlich ist es für mich persönlich gerade sehr wichtig, das Buch. Und weil ich mich darauf konzentriere zu schauen: wie kann eine Welt aussehen oder wie baue ich eine Welt sozusagen, in der ein gutes Leben für alle, alle Lebewesen auf diesem Planeten möglich ist? Und da gibt dieser vierte Teil gerade sehr, sehr viel her. Und die kulturellen Grundwerte, da habe ich schon alles so weit, so rausgeschrieben.

Die indigene Lebensweise gibt sehr viel her und die vier Grundlagen selbstbestimmter Gesellschaften. Das sind: Ernährungssouveränität, Wassersouveränität, Energiesouveränität und Bildungssouveränität.

Und da schreibt Sherri Mitchell sehr konkret auch darüber, wie das aussehen kann und was auch schief läuft. Momentan schreibt sie auch bei Ernährungssouveränität ganz klar darüber, dass diese Fleischlastigkeit hier in unserer Gesellschaft auch ein Problem ist. Und was natürlich auch noch interessant ist, ist „Leben in Zeiten der Prophezeiung“. Da stellt sie einige ausgewählte Prophezeiungen aus verschiedenen indigenen Völkern vor, die alle eigentlich sagen, dass wir jetzt in dieser Zeit leben, für die diese Prophezeiung gedacht war. Also in dieser Zeit, in der wir ins Handeln kommen sollten und in dieser Zeit, in der die weißen Menschen sich an die indigenen Menschen wenden und schauen. Unsere Kultur von deren Kultur lernen, von ihren Werten lernen, von ihrer Art und Weise, hier auf diesem Planeten zu leben. Und damit schließt sich dann quasi der Kreis, das wir von Sherri Mitchell und natürlich allen anderen indigenen Menschen sehr, sehr viel lernen können.

Und wie gesagt, es geht nicht darum uns eine einzige Kultur zu erstellen die homogen ist, sondern um Vielfalt. Und es geht vor allem darum, wieder eine Zukunft zu schaffen, die wirklich für alle lebenswert ist. Und damit würde ich die Buchbesprechung tatsächlich hier auch beenden; schließen, quasi.

Natürlich steckt so so viel mehr in diesem Buch und ich lege dir wirklich ans Herz, dieses Buch zu lesen. Für mich war es ein Schlüsselbuch oder ist es immer noch und ein sehr wichtiges Buch. Und ich denke, dass du auch davon sehr viel profitieren wirst.

Wie gesagt, wenn du wie Carsten eher Spiritualität negativ oder vielleicht etwas kritisch gegenüber stehst, dann lies vielleicht entweder danach oder davor. Das Buch „Der Flug des Raben“ von Richard Wagamese. Und lies vor allem zuerst das Nachwort und und dann das Buch. Also das Nachwort jetzt zu dem „Aktivismus heißt Verbindung“.

„Ich glaube zum Flug des Raben“ gibt es kein Nachwort. Nein. Im Nachwort findest du auch noch Informationen zu dem Verlag. Das ist nämlich ein ganz besonderer Verlag, der heißt „w_orten & meer“. Das ist ein kleiner Verlag, der auf Hiddensee sitzt, also der Insel Hiddensee, und sich auch dem diskriminierungskritischen Übersetzen gewidmet hat. Und das finde ich total spannend, weil hier in dem Buch auf andere Art und Weise gegendert wird, als ich das jetzt zum Beispiel mache. Und dazu sind im Anhang noch einige Gedanken und Überlegungen, wie Sprache diskriminierungsfrei sein kann oder wie du mit Sprache diskriminierungskritisch umgehen kannst. Und das ist wiederum ein weiterer Punkt, wo Carsten und ich noch wirklich lernen müssen, wo wir noch relativ am Anfang stehen.

Ich habe mir dazu auch schon Bücher ausgeliehen, aber wie gesagt, wir haben hier einen Riesenstapel, der noch abgearbeitet werden muss und ich komme gar nicht dazu, alle Themen so zu bearbeiten. Aber das ist auch ein Punkt, der noch wirklich auf unserer To-Do-Liste steht: Diskriminierungsfreies Sprechen und Schreiben, also Sprache generell. Das ist definitiv noch weiterhin Thema. Wir hatten ja schon „Sprache und Sein“ von Kübra Gümüsay, aber letztlich geht es da noch viel tiefer. Also da ist noch ein weites Feld.

Carsten Ja und von meiner Seite abschließend: Also, für mich war jetzt so die Erkenntnis durch dieses Buch, aber auch durch das andere, was wir gerade schon genannt hatten „Der Flug des Raben“, dass gerade aus diesem indigenen Kontext sehr viele neue Gedankenwelten auf uns einschwappen und das wird uns auf alle Fälle noch beschäftigen in nächster Zeit, in den nächsten Wochen und Monaten, vielleicht auch noch darüber hinaus und werden sicherlich in der einen oder anderen Podcastfolge nochmal andere Schwerpunkte aufgreifen und das Thema weiterführen. Also, ich habe es als sehr befruchtend empfunden, überhaupt jetzt in Kontakt zu diesem Thema zu kommen.

Stefanie Dann würde ich sagen: In diesem Sinne...

Carsten Ja, in Hamburg sagt man Tschüss.

Stefanie Und auf Wiederhören.

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