Folge 300 - Aktivismus ist ein Staffellauf

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Folge 300 - Aktivismus ist ein Staffellauf

Du bist leidenschaftlich und engagiert für deine Sache. Du willst die Welt verändern und eine gerechtere und nachhaltigere Gesellschaft schaffen. Aber Aktivismus ist kein Sprint, sondern ein Staffellauf. Es ist ein langfristiger Prozess, der Geduld und Ausdauer erfordert.

In dieser Folge diskutieren wir, wie du Pausen machen kannst, um deinen Einsatz zu erhalten. Wir sprechen darüber, wie du dich selbst pflegen, deine Gesundheit schützen und deine Motivation steigern kannst. Wir teilen auch, wie du mit deinen Verbündeten zusammenarbeiten, dich aufeinander verlassen und dich solidarisieren kannst. Wir reflektieren über unsere persönlichen Erfahrungen der letzten 10 Jahre und analysieren, wie die These “Aktivismus ist ein Staffellauf” uns geholfen hat, unsere Ziele zu erreichen und unsere Lektionen zu lernen.

Links zur Folge

Retreat-Räume für Aktivisti des sozial-ökologischen Wandels in Ökodörfern, Lebensgemeinschaften und Kommunen
https://aktivisti-retreat.org/

Folge 100 - Du veränderst die Welt
https://von-herzen-vegan.de/podcastfolgen/folge-100-du-veraenderst-die-welt

Folge 200 - Lustvoll die Welt retten - ohne Verzicht
https://von-herzen-vegan.de/podcastfolgen/folge-200-lustvoll-und-ohne-verzicht-die-welt-retten

Folge 172 - Der Movement Action Plan
https://von-herzen-vegan.de/podcastfolgen/folge-172-movement-action-plan-nach-bill-moyer

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Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Bevor wir jetzt mit dem Thema der Folge starten, muss ich noch eine frohe Botschaft verkünden, so ganz weihnachtlich in diesem Spirit of Christmas usw. - Carsten guckt schon ganz bekümmert - also jedenfalls: wir haben es geschafft! Du hörst jetzt Folge 300! Wir hatten uns das als Ziel gesetzt, dass wir die 300. Folge noch im Jahr 2023 veröffentlichen. Und wir haben es geschafft.

Carsten Yeah! Krassomat - High Five.

Stefanie Wir sind auch stolz auf uns. Ja. 300 Folgen noch dieses Jahr - Also die 300. Folge, nicht 300 extra Folgen noch dieses Jahr - zu schaffen. Das war jetzt ja schon noch mit ein bisschen Arbeit verbunden. Aber diese Arbeit haben wir natürlich gerne auf uns genommen, um einfach auch dieses Erfolgsgefühl zu haben, etwas geschafft zu haben.

Carsten Es motiviert ja auch zu sagen: Hey, 300 Folgen, da steckt ja schon einiges auch an Lebenszeit hinter die wir investiert haben, die uns aber auch weitergebracht haben. Es ist jetzt nicht so, dass wir nur reine Zeit investiert haben, sondern wir haben ja ganz viel in diesen 300 Folgen und in der Zeit, die diese 300 Folgen gebraucht haben, auch für uns mitgenommen und gelernt.

Stefanie Genau. Und da wollte ich jetzt noch gar nicht drüber sprechen, sondern ich wollte noch ein paar organisatorische Dinge klären. Carsten drängt da rüber, zum Thema überzuleiten, aber ich behalte das im Hinterkopf, Carsten. Wir müssen noch ein paar organisatorische Dinge besprechen. Was wir nämlich nicht geschafft haben, ist: Ich hatte mir Anfang des Jahres vorgenommen, in diesen Podcast komplett alle Folgen zu transkribieren. Das habe ich nicht geschafft. Es ist jetzt so, dass immer noch 140 Folgen offen sind. Also das heißt, wenn du mich unterstützen möchtest beim Korrekturlesen der Transkripte dieses Podcasts, bist du immer noch weiterhin herzlich willkommen und ich hoffe natürlich, dass wir das dann im Jahr 2024 schaffen, denn es werden ja nicht mehr Transkripte, sondern immer weniger, dadurch, dass ich automatisch immer jetzt schon von allen neuen Folgen die Transkripte Korrektur lese und veröffentliche, sind es wirklich nur momentan diese 140 Folgen.

Damit haben wir aber - Du hörst ja jetzt gerade hier die 300. Folge - schon mehr als die Hälfte der Podcastfolgen des Mehr als Vegan Podcast transkribiert und Korrektur gelesen. Das heißt, das ist doch immerhin auch schon mal ein Meilenstein, den wir da geschafft haben. Und mit wir meine ich tatsächlich nicht Carsten und mich. Carsten hat auch so eine kleine Handvoll Transkripte Korrektur gelesen, also vielleicht auch ein paar mehr, aber die meisten habe tatsächlich ich Korrektur gelesen. Und es gab aber auch Hörer·innen, die geholfen haben. Und da möchte ich noch mal einmal die Namen nennen. ä’Odner hat die meisten Podcastfolgen Transkripte Korrektur gelesen. Allerdings jetzt nicht hier vom Mehr als Vegan Podcast, sondern insgesamt gesehen von allen Podcasts.

Das muss ich jetzt vielleicht noch mal einmal hier einschieben, was ja auch ein Meilenstein ist, was wir dieses Jahr geschafft haben, ist, dass wirklich alle anderen drei Podcasts, also der Von Herzen Vegan Podcast, der Wir Konsumkinder Podcast und der Milchgeschichten Podcast alle komplett transkribiert sind und da haben die Personen, die ich jetzt nennen werde und die Person, die ich gerade genannt habe, natürlich auch auch mitgeholfen. Und ich nenne jetzt den Namen einmal.

Das ist neben ä’Odner auch noch Rupert, Lakoja, Birgit G., Bärenstark, Astrid L., Hanna B., Johanna H., Wolfgang R., Erika K., Martin H. und eine Person, die anonym bleiben möchte. Und bei diesen Personen, die ich gerade genannt habe, möchte ich mich jetzt erstmal ganz herzlich bedanken.

Carsten Vielen, vielen Dank!

Stefanie Es wäre schön gewesen, wenn ich jetzt zum Ende des Jahres 2023 auch hätte verkünden können: der Mehr als Vegan Podcast ist komplett transkribiert. Ich mache das jetzt nicht damit Suchmaschinen den Podcast besser finden, das ist natürlich ein schöner Nebeneffekt, sondern in erster Linie geht es mir wirklich um Barrierefreiheit oder vielleicht Barrierearmut, sagen wir es mal so, Teilhabe, also dass unser gesprochenes Wort hier auch für Menschen zugänglich ist, die gehörlos sind oder die vielleicht lieber lesen.

Dadurch, dass ich jetzt hier die Inhalte, die wir generieren, nicht von Anfang an wirklich auf diese Art barrierefrei gestaltet habe und ich einfach auch nicht alle Menschen mitgedacht habe und wahrscheinlich momentan immer noch nicht alle mitdenke, denn das ist ja ein Prozess, dass ich das erstmal alles irgendwie verstehe und vielleicht werde ich auch nie alles verstehen - ist es jetzt, das quasi nachträglich nachzurüsten, alles etwas arbeitsintensiver und deswegen bin ich ihm sehr, sehr dankbar dafür, dass es Menschen gibt, die freiwillig mithelfen.

Und das ist ein Beispiel, was uns auch zum Thema unserer heutigen Podcastfolge führt. Alles drängt dorthin. Carsten wollte auch schon vorhin dorthin leiten. Das hier leitet eigentlich auch dahin, aber ich muss gleich noch mal was anderes sagen. Aber ich schiebe das jetzt schon mal so ein. Unser Thema ist ja „Aktivismus ist ein Staffellauf“ und hier zeigt sich das wieder sehr deutlich. Es sind einige wenige Personen - ich habe ja gerade die Namen genannt - das ist also nur eine Handvoll Menschen im Vergleich zu den Menschen, die diesen Podcast und auch die anderen Podcasts hören. Das ist wirklich ein verschwindend geringer Prozentsatz an Hörer·innen, die hier aktiv werden und sich beteiligen und mithelfen, die Transkripte Korrektur zu lesen.

Und natürlich ist das auch sehr anstrengend. Ich merke das ja selber. Ich lese immer wieder Transkripte Korrektur und es kostet Zeit und natürlich auch Energie, das zu machen. Und deswegen ist es super, wenn man zwischendurch mal Pause machen darf und dann quasi den Staffelstab weitergeben kann an Menschen, die vielleicht vorher noch kein Transkript Korrektur gelesen haben, um in diesem Beispiel zu bleiben und dann frisch und voller Energie weitermachen können und dann vielleicht die nächsten 1, 2, 3 Transkripte Korrektur lesen und dann wieder ihren Staffelstab weitergeben an die nächste Person, die vorher vielleicht auch noch kein Transkript Korrektur gelesen hat. Diese Pausen sind sehr wichtig - wir kommen da nachher auch noch mal drauf zu sprechen - und das sehe ich jetzt auch wieder hier.

Das sind Personen gewesen, die teilweise sehr schnell, sehr viele Transkripte Korrektur gelesen haben, aber dann auch einfach keine Kraft mehr hatten, weiter zu machen, weil das sehr zeitintensiv ist. Und auch bei mir ist es so, dass ich über das Jahr verteilt immer wieder Phasen hatte, wo ich sehr viele Transkripte Korrektur gelesen habe. Dann konnte ich irgendwie nicht mehr und dann habe ich auch mal einen Monat lang oder vielleicht auch zwei mal kein Transkript Korrektur gelesen, weil das einfach so viel Arbeit ist. Und deswegen ist es super, wenn es ganz viele Menschen gibt, die dann vielleicht nur ein, zwei Transkripte Korrektur lesen. Aber dadurch, dass es viele Menschen sind, sich die Arbeit trotzdem erledigt. Und das wollte ich jetzt nur noch einmal als Beispiel einschieben, weil es gerade so gut passte.

Wenn du das Gefühl hast, ja, dieser Podcast gibt mir was, alles was Stefanie macht ist toll und ich möchte sie unterstützen, aber finanziell geht es nicht, ich habe aber Zeit: Dann würde ich mich wirklich sehr, sehr freuen, wenn du dir eins der noch offenen Transkripte vornimmst und das Korrektur liest. Reih dich ein in die Staffel, nimm den Staffelstab und schreib eine Email an post@vonherzenvegan.de. Du kannst dir unter diesen 140 Folgen, die noch offen sind, eine aussuchen oder gerne auch mehrere. Du kannst mir sagen, welches Thema dich interessiert, wie lang die Folge ungefähr sein soll. Oder du suchst dir selbst eine Folge aus, je nachdem. Ich kann was für dich raussuchen oder du suchst was raus oder du nimmst einfach irgendeine Folge. In jedem Fall wäre es super, wenn du sagst: Ja, ich mache mit.

So, und jetzt leiten wir langsam, ganz langsam in kleinen Schrittchen über zum Thema und vorher, also quasi als Schritt eins zur Überleitung zum Thema, wollte ich noch einmal darauf zu sprechen kommen, dass es ja auch schon Folge 100 und Folge 200 gab und insofern ist Folge 300 in dieser Tradition dann etwas Besonderes. 300 Folgen, eine runde Zahl und ich hatte noch mal rausgeschrieben und auch geguckt, okay, in Folge 100 haben wir über „Du veränderst die Welt“ gesprochen. Ich habe auch das Transkript noch Korrektur gelesen. Das heißt, wenn du da dir das Transkript lieber durchlesen möchtest, kannst du das mittlerweile tun. Auch da haben wir also über Aktivismus gesprochen und darüber, wie wir auch schon durch kleinste Handlungen einfach die Welt verändern, ob wir es wollen oder nicht. Also Change by Design oder Change by Desaster war so das Leitthema des Ganzen.

Und in Folge 200 - die Folge heißt „Lustvoll die Welt retten ohne Verzicht“ - haben wir dann vor allem auch über Privilegien gesprochen. Es ging um Menschen, die immer nur möglichst lustvoll und ohne Verzicht die Welt retten wollen. Das war so etwas, was mir zu dem Zeitpunkt relativ häufig über den Weg gelaufen ist, sowohl im realen Leben als auch in Büchern - damit meine ich jetzt nicht Romane, sondern Sachbücher, wo Menschen darüber schreiben, wie wir die Welt retten können, aber dann lustvoll und ohne Verzicht. Und das hat mich zu dem Zeitpunkt echt kolossal genervt. Ehrlich gesagt nervt es mich auch heute noch, aber jetzt nicht mehr so krass.

Und in der Tradition bleibend, wollen wir in der 300. Folge jetzt auch über Aktivismus sprechen. Und zwar über meine These „Aktivismus ist ein Staffellauf“. Und ganz diesem Bild entsprechend würde ich Carsten tatsächlich jetzt den Staffelstab übergeben. Aber ich will erst noch mal kurz das Bild erklären, was ich denn eigentlich damit meine. Denn ich habe das auch schon in den vergangenen Jahren immer mal wieder erwähnt. Also zumindest so in letzter Zeit. Vorher hatte ich immer gedacht, es passt eigentlich dieses Bild, dass Aktivismus ein Marathon ist.

Dass Aktivismus kein Sprint ist, da können wir uns wahrscheinlich alle drauf einigen, dass einfach gesellschaftlicher Wandel sehr viel Zeit braucht. Ich möchte da auch noch mal verweisen auf die Folge 172, wo wir über den Movement Action Plan von Bill Moyers gesprochen haben. Den will ich jetzt hier nicht noch mal erklären. Hör dir die Folge gerne an, es gibt auch ein Transkript dazu, wenn du lieber lesen möchtest. Da wird auch noch mal erklärt, wie gesellschaftlicher Wandel, also nach diesem Modell von Bill Moyers stattfindet und dass diese Zeiträume, die sich zwischen den einzelnen Stationen des gesellschaftlichen Wandels befinden, unterschiedlich lang sein können. Und das sind dann nicht nur Jahre, sondern teilweise auch Jahrzehnte, manchmal sogar Jahrhunderte. Also etwas, was vielleicht gar nicht in einem Menschenleben stattfindet. Also von daher wissen wir Aktivismus ist definitiv kein Sprint.

Bisher dachte ich, wie gesagt immer, Aktivismus ist ein Marathon, dass das ein gutes Bild ist. Aber mittlerweile jetzt so rückblickend, wenn wir jetzt so grob geschätzt, sagen wir mal seit neun Jahren unterwegs sind in diesem Thema, vielleicht seit zehn Jahren, dass wir sagen okay, es gab ja auch eine Vorbereitungszeit, also wenn jetzt dieses Jahr vorbei ist, 2023, dann leben wir seit neun Jahren vegan. Und bevor wir vegan leben konnten, mussten wir uns ja auch erstmal thematisch einfinden und es musste dieser Prozess angestoßen werden, damit es bei uns kippt und wir sagen okay, wir leben jetzt vegan. Das heißt, ich würde jetzt noch ein Jahr mindestens dazurechnen. Sagen wir also, seit zehn Jahren sind wir in diesem Prozess. Und wenn ich mir da rückblickend anschaue, wie meine Art des Aktivismus dort in den vergangenen zehn Jahren war, dann ist es definitiv so, dass es eher in Wellen verlaufen ist. Also es ist nicht so, dass ich gleichmäßig aktiv war und gleichmäßig immer über diese zehn Jahre hinweg gleich viel Energie hatte und auch die gleichen Dinge getan habe, sondern es war wirklich in Wellen.

Und was ich gelernt habe, was unglaublich wichtig ist, ist regelmäßige Pausen zu machen. Und das stützt so mein Bild des Staffellaufs, dass es wichtig ist, immer wieder den Staffelstab des Aktivismus abgeben zu können an ausgeruhte Menschen, die dann frisch und voller Energie weiterlaufen können. Und ich darf mich dann ausruhen und sobald ich wieder ausreichend Energie aufgetankt habe, dann kann ich den Staffelstab wieder von irgendjemanden übernehmen, der oder die dann eine Pause braucht. Und ich finde mittlerweile, dass dieses Bild besser passt als „Aktivismus ist ein Marathon“, weil ich beim Marathon ja eigentlich keine Pausen mache, sondern ich laufe permanent durch. Vielleicht in einem angenehmen Tempo, sage ich jetzt mal, aber ich laufe und laufe und laufe und laufe und vor allem bin ich auch allein. Also ich bin kein Team, will ich damit sagen. Natürlich läufst du meistens den Marathon nicht ganz alleine, sondern es laufen andere mit dir. Aber du bist kein Team, sondern du läufst nur für dich.

Und wenn du das mit dem Sport des Staffellaufs vergleichst, dann ist das ein Team aus Menschen, das aufeinander angewiesen ist und wo alle irgendwelche Stärken haben, die sie dann ausspielen können und wo alle aber auch einander unterstützen. Und das ist etwas, was im Aktivismus auch sehr wichtig ist und was uns in den letzten Jahren immer wieder klar geworden ist: Wir müssen mehr wieder Richtung Gemeinschaft gehen. Vereinzelung, Individualismus, all das sind die Hürden, die Fallen, die es in unserem System gibt. Und deswegen finde ich einfach, dass dieses Bild des Staffellaufs auf vielen Ebenen wirklich sehr gut geeignet ist für den Aktivismus Und wenn ich jetzt so zurückblicke auf die letzten zehn Jahre, dann waren ja so das erste Jahr, sag ich mal so, die Anbahnung, dass wir dann überhaupt vegan geworden sind. Und da war es ja eigentlich so, dass wir bisher nicht gedacht haben, dass das jetzt Aktivismus ist, oder?

Carsten Nein, wir haben das überhaupt nicht als politische Form oder politischen Aktivismus gesehen. Das ist erst im Laufe der letzten Jahre dazugekommen. Oder diese Erkenntnis. Wahrscheinlich waren wir vorher schon irgendwie aktivistisch unterwegs, ohne uns selber so zu titulieren.

Stefanie Ja, genau, das ist eigentlich was, was so mit den letzten Jahren kam. Das kam so mit der Zeit, diese Erkenntnis, ich würde auch sagen, so das erste Jahr, dass wir dann vegan gelebt haben, da war auch dieses sich Einfinden erstmal, wie funktioniert das denn? Das ist dieses typische am Anfang: was kann ich denn da noch essen? Und dann im nächsten Jahr habe ich versucht dann auch raus zu gehen und habe mich ja dann da der Albert Schweitzer Stiftungsgruppe angeschlossen, habe bei Infoständen mitgeholfen, habe mit „Hamburg vegan erkunden“ dann meine Touren gestartet und wurde zu Podiumsdiskussionen eingeladen. War dann langsam auch im nächsten Jahr auf Messen aktiv, bei veganen Sommerfesten aktiv usw und bin da immer weiter reingerutscht. Und ich bin dann so drei Jahre lang immer sehr draußen unterwegs gewesen, quasi, also viel unter Menschen, viel mit Menschen gesprochen und wir haben ja auch super viele O Töne gesammelt hier für den Podcast.

Das wirst du, liebe Hörer·in, ja wahrscheinlich auch gemerkt haben, dass es am Anfang noch viele Podcastfolgen gab mit O Tönen, die gibt es jetzt schon länger nicht mehr. Also die ursprünglichen Podcastfolgen sind noch vorhanden. Das meine ich jetzt nicht. Nicht falsch verstehen, sondern in letzter Zeit haben wir keine O Töne mehr gesammelt und es liegt vor allem daran, dass ich dann nach diesen drei Jahren, auch bedingt durch unseren Umzug aus der Stadt raus mich eher so zurückgezogen habe. Also ich hatte das Gefühl, ich brauche jetzt mehr Ruhe und ich muss jetzt mehr für mich sein. Und ich habe versucht, dann mehr online zu machen

Und jetzt wirklich so rückblickend aus der größeren Perspektive heraus, - in zehn Jahren wird das noch mal eine andere Perspektive sein - dass seitdem ja auch noch mal einige Jahre vergangen sind, kann ich dieses Muster erkennen, dass ich sehe okay, es gab diesen Zeitraum, da war ich extrovertierter unterwegs, war viel draußen, habe viel gemacht und dann brauchte ich aber diese Pause und habe mich mehr zurückgezogen und war eher ruhiger. Dann bin ich wieder rausgegangen, durch Corona bedingt dann auch nicht so unter Menschen direkt, sondern auch mehr online. Dann habe ich mich wieder mehr zurückgezogen und so ist es immer so ein bisschen hin und her gegangen und so zuletzt auch dieses Jahr, dass ich einfach irgendwann im Sommer - ich weiß nicht mehr genau, wann - mich komplett zurückgezogen habe und auch aus Mastodon raus.

Und das muss ich jetzt einmal noch erwähnen, weil ich das bisher noch überhaupt nicht thematisiert habe. Es gibt eigentlich keinen konkreten Grund, warum ich auf Mastodon momentan nicht aktiv bin, außer dass ich eine Zeit lang gedacht habe: okay, ich werde jetzt mal einfach für ein paar Wochen nicht online irgendwie unterwegs sein. Ich gucke mir auch keine Emails an und gar nichts, sondern ich versuche so eine Art Digital Detox zu machen und dann habe ich irgendwie nicht mehr den Einstieg gefunden. Also ich habe es echt nicht mehr geschafft, mich wieder bei Mastodon einzuloggen, weil ich irgendwie dann das Gefühl hatte, das wurde eine immer größere Hürde. Vielleicht kennst du, liebe·r Hörer·in, dass wenn du irgendwie was so vor dir her schiebst, es immer monströser wird, dass das dann tatsächlich zu machen. Ich habe mir jetzt vorgenommen, 2024 im Januar wieder einzusteigen, denn ich denke, dass es auch wichtig ist, dass ich da weiterhin aktiv bin. Nur das war tatsächlich jetzt dieser Wellenform geschuldet, dass ich das Gefühl hatte, ich möchte mich komplett zurückziehen.

Carsten Und bei mir sind diese Wellen etwas anders gelagert gewesen, zumindest inhaltlich. Ich hatte ja jahrelang überhaupt gar nicht so diese Tendenz, nach außen zu gehen, sondern bei mir war es eher so, dass ich beruflich bedingt sehr wenig Zeit in diesen Aktivismus rein investiert habe. Der Podcast war eine Form, mich einzubringen, aber das andere, das war eher so diese intellektuelle Ebene, mich quasi in Form von Literatur und Hintergrundinformationen vorzubereiten auf irgendeine ominöse Zukunft, die dann noch irgendwie mich fordern wird. Das war meine Art, ich sage jetzt mal stiller Aktivismus im Hintergrund, mich einfach so ein bisschen vorzubereiten.

Und dieses Jahr ist es dann tatsächlich ein bisschen umgeschwungen, dass in der Zeit, wo du jetzt in den Rückzug gegangen bist, mehr im Hintergrund und still gewesen bist, bin ich quasi nach draußen gegangen, habe Festivals besucht, habe Kongresse besucht, bin auf Demos gegangen, wollte eigentlich ganz vorne mit dabei sein, habe eigentlich auch genau den Kontakt zu den Menschen, zu den aktivistischen Kreisen gesucht. Das war für mich eine völlig neue Erfahrung. Zumindest so in der in der Bandbreite, in der ich das dann einmal kurz ausgelebt habe. Und mittlerweile komme ich auch wieder ein bisschen zurück, werde ein bisschen ruhiger und habe aber auch so den Eindruck, dass ich mich wieder ein bisschen vorbereite auf das, was vielleicht nächstes Jahr kommen, wo ich dann wieder ein bisschen mehr nach draußen gehe und auch wieder aktiver bin, wieder stärker Kontakt zu den Personen suche.

Also auch bei mir ist dieses Muster vorhanden, mit diesem Auf und Ab und ein bisschen anders gelagert. Aber nichtsdestotrotz merke ich auch, dass es immer so Phasen gibt, wo ich viel Energie habe, wo ich einfach Bock drauf habe, nach draußen zu gehen und auch Phasen, wo ich wenig Energie habe, wo ich einfach auch froh darum bin, dass es andere Menschen gibt, die in diesen Phasen weiterhin aktiv bleiben.

Stefanie Ja, dazu fallen mir dann gleich mehrere Dinge. Ich versuche die mal in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Zum einen ist es ja auch so, das ist ja ganz normal: Wir sind ja Menschen und Menschen menscheln und wir sind keine Roboter oder so, deswegen ist das ganz individuell, wie diese Phasen, diese Wellen ausschlagen, sage ich mal, wie sich das gestaltet. Das ist ganz normal, dass das bei dir, Carsten, anders ist als bei mir. Und bei dir, liebe·r Hörer·in, wird es auch ganz anders sein als bei uns. Also das soll jetzt hier keine Schablone sein, die du über dein Leben legst und sagst: Oh, aha, ja, genau, jetzt ist also meine extrovertierte Phase dran und jetzt die Introvertierte, hier brauche ich eine Pause usw. Nee, also das ist ganz individuell.

Und das andere, warum mir dieses Bild des Staffellaufs so gut gefällt ist auch, weil ich denke, dass es ja zum einen die Möglichkeit gibt, dass ich mir selbst erlauben kann, eine Pause zu machen. Und das ist ja für viele Menschen, die aktivistisch und ehrenamtlich unterwegs sind, schwer, sich das zuzugestehen, dass wir auch mal eine Pause machen dürfen. Und wir dürfen das nicht nur, sondern wir müssen das auch. Nur so können wir ja dann auch weiterhin langfristig aktiv bleiben, wenn wir gut auf uns achten und wenn wir gut für uns sorgen und Pause machen. Pause. Pause. Pause. Ja, ich sag das extra so oft und deutlich, weil es wirklich so wichtig ist.

Und ich habe einen ganzen Podcast, den Von Herzen Vegan Podcast, dazu gemacht, wo du ganz viele Tipps findest, wie du gut für dich sorgen kannst. Also wenn du da das Gefühl hast, dir fehlen noch Informationen, dann schau beim Von Herzen Vegan Podcast vorbei. Der ist, wie gesagt, komplett transkribiert. Du kannst also dir das auch alles durchlesen, wenn du das nicht durchhören möchtest. Jedenfalls gibt es da viele, viele, viele Ressourcen, die du nutzen kannst.

Und der andere Punkt ist, dass Menschen, die bisher vielleicht noch nicht aktiv waren und vielleicht einfach noch nicht in dieser Phase waren oder sich nicht getraut haben oder einfach noch keine Zeit hatten oder wie auch immer, dass es für die ja auch immer möglich ist, einzusteigen und aktiv zu werden. Weil wir ja gerade bei diesem Bild des Staffellaufs immer wieder neue Menschen brauchen, die energiegeladen, frisch aktiv werden. Und das Schöne daran ist ja, dass das nicht nur Menschen sein müssen, die schon aktiv waren und die da schon lange aktiv sind und die sich gerade ausgeruht haben und dann geht es weiter. Du brauchst ja nicht wirklich ein Vorwissen, um aktiv zu werden, sondern das ist auch die Chance für Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen bisher noch nicht aktiv geworden sind und jetzt eigentlich aktiv werden wollen, aber sich vielleicht nicht trauen.

Da würde ich ja sagen, dieses Bild des Staffellaufs ermutigt diese Menschen dann auch zu sagen: okay, hey, das ist cool, ich kann dich jetzt entlasten, ich nehme jetzt mal den Staffelstab und lauf mal eine Zeit lang weiter. Und dann gibt es ganz viele andere Menschen, die dich dabei unterstützen, aktiv zu werden, die schon dich gerne und freudig begrüßen in dieser Gemeinschaft und sagen: Hey, toll, dass du da bist, toll, dass du aktiv wirst und toll, dass du uns unterstützt. Mit dieser Grundeinstellung seitens der Aktivist·innen, die neue Menschen dann in ihrer Mitte begrüßen, nimmt das ja dann auch den neuen Menschen die Angst, dass sie da vielleicht irgendwie verurteilt werden könnten, weil sie bisher noch nicht aktiv geworden sind.

Und das bedingt natürlich auch, dass das eine offene Gemeinschaft ist, die genau das lebt. Und das ist auch eine Erfahrung, die Carsten jetzt ganz aktuell dieses Jahr machen konnte: wie viel Kraft in so einer Gemeinschaft stecken kann, wenn da die richtigen Menschen zusammenkommen.

Carsten Ja, das war im Frühsommer, wo ich tatsächlich zwei Wochen die Möglichkeit hatte, mit Personen zusammen zu sein, die mit mir eigentlich so den gleichen Erfahrungshorizont, die gleichen Erfahrungswerte teilen. Das war ich bisher noch nicht gewohnt. Ich hatte ja gerade schon gesagt, dass ich im Laufe der letzten Jahre eigentlich mehr so intellektuell mich auf Aktivismus vorbereitet habe. Und diese zwei Wochen, die waren für mich wirklich bahnbrechend, einfach festzustellen, wie wichtig tatsächlich eine gut funktionierende Gemeinschaft ist. Vorher hatte ich immer und das merke ich jetzt nach diesem Kurs auch wieder, das Problem, wirklich viel Energie im Tag aufbringen zu müssen und zu können. Also die normalen Alltagsroutinen kosten mich viel Energie. Ich fühle mich am Ende des Tages auch immer mehr oder weniger ausgelaugt. Das hat manchmal mit der Arbeit zu tun, aber auch generell so dieses in einer Konstellation zu leben, in der ich eigentlich gar nicht wirklich mehr leben möchte, weil ich andere Vorstellungen mittlerweile entwickelt habe.

Stefanie Damit meint Carsten nicht unsere Kleinfamilie hier, muss ich ja mal schnell dazu sagen, sondern du meinst damit die gesellschaftlichen Strukturen.

Carsten Ja, genau. Wir streben ja das Leben in Gemeinschaft an und tatsächlich, diese zwei Wochen im Permakultur Designkurs waren für mich insofern tatsächlich bahnbrechend, dass ich einfach für mich festgestellt habe, dass ich mit voller Energie, mit voller Wucht durch die Tage gehen konnte und zwar von morgens bis abends. Das war ein Energieniveau, was ich so vorher noch gar nicht kannte. Das hätte ich mir auch gar nicht zugetraut, weil ich noch nie diese Erfahrung gemacht habe. Aber das resultierte aus den Menschen, mit denen ich zu tun hatte. Im normalen Alltag habe ich es mit Personen, mit Strukturen, mit Denkweisen, mit Haltungsweisen zu tun, die mir mittlerweile immer mehr widerstreben, wo ich einfach merke, ich möchte da raus.

Stefanie Und auch hier muss ich noch mal hinzufügen außerhalb unserer Kleinfamilie...

Carsten Genau. Und da tatsächlich jetzt diese Erfahrung gemacht zu haben, diese zwei Wochen mit einer Handvoll an Menschen zu verleben, die mir selber Energie schenken, in deren Interaktion ich im Grunde genommen mehr Energie gewinnen konnte, als ich investieren musste. Das war für mich etwas wirklich Bahnbrechendes. Da möchte ich in Zukunft auch wieder hin. Es müssen nicht exakt diese gleichen fünf Personen sein, aber für mich war dieses Erlebnis festzustellen, dass eine Gruppe Gleichgesinnter elementar wichtig ist, sei es jetzt für den Staffellauf im Aktivismus, aber auch generell um Energie im Tag zu bekommen, für etwas zu arbeiten, sich nicht durch etwas durchzuquälen oder gegen etwas angehen zu müssen, sondern auch wirklich für etwas einzutreten. Das ist das für mich wirklich ein bahnbrechende Erlebnis gewesen.

Stefanie Ja, und es war ja jetzt nicht so, zumindest das, was du so erzählt hast, dass es die ganze Zeit Friede, Freude, veganer Eierkuchen war, sondern es gab ja auch mal Konflikte. Also im Sinne jetzt nicht, ihr habt euch nicht geprügelt oder so, aber ihr wart nicht immer einer Meinung.

Carsten Genau, es sind mehrere Personen, unterschiedliche Charaktere zusammengekommen. Logisch, dass das nicht immer einvernehmlich ist, sondern dass man auch unterschiedliche Meinungen hat oder vielleicht auch mit der Handlung einzelner Personen nicht unbedingt immer voll zufrieden ist. Nichtsdestotrotz war das jetzt nicht so, dass ich gesagt hatte: Boah, das stresst mich jetzt, während ich jetzt und das ist jetzt meine persönliche Erfahrung im beruflichen Kontext, genau das erlebe, dass ich Konflikte als unglaublich energiefressend und -kostend empfinde und dementsprechend auch völlig ausgelaugt nach Hause komme und vielleicht auch gar keine Lust mehr habe, irgendwie an dem Tag noch großartig was aktiv zu machen, egal was es ist, sondern mich einfach gerne zurückziehen möchte und vielleicht auch lieber ins Bett gehen und lange und viel schlafen möchte.

Und das war da nicht der Fall. Da sind Konflikte entstanden, man hat darüber gesprochen, man ist entweder zu einer guten Lösung gekommen oder der Konflikt ist irgendwie anders gelöst worden. Das war aber nicht so, dass ich dann anschließend gesagt habe, ich bin dann so k.o., ich muss jetzt irgendwie raus hier oder ich möchte das nicht mehr, sondern ich bin quasi am nächsten Tag wieder voller Elan durchgestartet. Wir sind früh aufgestanden, wir haben durchgepowert, wir haben ganz viel gemacht. Wir sind ganz spät ins Bett gegangen. Wir haben eigentlich für meine Verhältnisse viel zu wenig Schlaf gehabt. Und trotzdem dieser Energieüberschuss.

Und wie gesagt, das ziehe ich daraus, dass ich einfach mit Personen zu tun hatte, deren Grundwerte ich einfach geteilt habe, wo ich einfach nicht diese Reibung hatte, dass ich mich nicht erklären musste, dass wir das gleiche Ziel verfolgt haben und dann dementsprechend auch diese Energie aufbringen konnten. Und das auch durchaus so aufbringen konnten, dass wir uns gegenseitig mitgezogen haben, wo vielleicht dann doch noch mal irgendwie ein kleines Hängerchen drin war, dass wir uns dann wieder aufgerappelt haben und die Person, die noch Energie hatten, die anderen ja mit reinziehen konnten, mit Energie wieder füllen konnten.

Stefanie Ja, es zeigt auf jeden Fall noch mal, wie wichtig Verbündete sind in unserem Leben. Dass wir wirklich Menschen haben, die ähnlich denken, wie wir, uns unterstützen in dem, was wir machen und mit denen wir uns auch austauschen können. Ich denke, bei dir war das Besondere auch die Orte, an denen du diese zwei Wochen verbracht hast. Die erste Woche hast du ja im Ökodorf Sieben Linden verbracht und das war ja nun mal was ganz Besonderes, dass du da auch in einem Kontext dich einfach aufgehalten hast, der schon diese Zukunft lebt, ne?

Carsten Genau. Und auch in der zweiten Woche war es so, dass wir uns in einem Ort wiedergefunden haben, der eine sehr starke ökosoziale Gemeinschaft hat, die jetzt nicht als Ökodorf daherkommt, aber wo innerhalb des Ortes schon eine Schwelle von fast 10 % der Einwohner mehr diesem ökosozialen Umfeld zugerechnet werden kann, die für sich alleine schon eine entsprechende Dynamik da mit reingebracht haben in den Ort. Natürlich gerade in die Veranstaltung, die ich dort besucht habe, diese eine Woche.

Stefanie Ja, und ich denke, dass das auch dazugehört, dass es nicht nur diese Menschen waren, mit denen du die Zeit verbracht hast, sondern auch der Ort, an dem du diese Zeit verbracht hast. Weil sonst würde das ja auch so funktionieren, dass wenn du mit gleichgesinnten Menschen, dich einfach nur umgibst, dass du dann auch super viel Kraft hast. Das stimmt natürlich, das hast du auch. Aber ich denke, so der richtige Energieschub ist es, wenn du dich auch wirklich an einem Ort befindest, der schon diese Zukunft lebt.

Carsten Ja, und ich glaube, das war auch der Grund, weswegen ich dieses Jahr stärker nach außen gegangen bin. Diese Phase, dass ich jetzt aktiver nach außen gegangen bin, war ja nach meiner Erfahrung im Permakulturkurs. Ich habe da jetzt zu dem Zeitpunkt, wo ich das gemacht habe, nicht aktiv darüber nachgedacht. Aber ich glaube tatsächlich, dass ich noch mal versucht habe, solche Orte zu finden für mich, dass ich Kongresse aufgesucht habe, wo ich weiß, da sind Tierbefreier·innen, mit deren Inhalten ich mich identifiziere.

Ich habe Straßenfeste und Demos aufgesucht, wo ich merke, okay, das sind auch so politische Ideen und und Konzepte, mit denen ich mich ja anfreunde bzw sympathisiere, dass ich auch da versucht habe, nicht nur Personen und Aktivitäten zu finden, sondern auch Orte, um dieses Erlebnis wieder irgendwie aufleben zu lassen. Das ist mir nicht in der Gänze gelungen. Es war ein Experimentierfeld, aber ich glaube, das ist schon so diese Suche nach einem Ort, wo tatsächlich so diese Ideale auch gelebt werden, nicht nur von mir, sondern von anderen Personen und wo dann auch diese Energie dann und sei es nur für einen kurzen Moment, auch wieder auflebt.

Stefanie Ja, das stimmt. Eigentlich müssten wir alle an solchen Orten leben. Es müsste überall diese Orte geben. Das ist was, was mir jetzt in den letzten Jahren immer mehr bewusst wird und dieses Jahr, glaube ich, so am meisten bewusst geworden ist, dass ich mich so total an diesem System aufreibe, in dem wir leben, dass ich eigentlich diesen Ort brauche, von dem du da gesprochen hast, wir da im Moment keinen solchen Ort haben, an dem wir leben können und sich immer und immer und immer wieder dieses System in den Weg stellt, in dem wir leben. Dass ich mich an solchen Hürden abarbeite, an dem, was uns an Werten mitgegeben wurde von der Gesellschaft, aber auch von unseren Eltern, wo ich mich mühsam rauskämpfen muss und immer wieder diese Erkenntnis habe: Ja, dieses System, in dem wir leben, das funktioniert so einfach nicht.

Ich meine, deswegen machen wir ja diesen Podcast: weiter wie bisher geht es nicht. Wir brauchen ein anderes System. Es geht nicht darum, jetzt hier irgendwie da so ein paar Pflaster drauf zu kleben und dann ist alles gut, sondern wir brauchen den Systemwandel. Und in diesem Jahr ist mir wirklich klar geworden, bei vielen Dingen, natürlich nicht bei allen, aber bei vielen Dingen ist eigentlich das System das Problem und nicht ich bin das Problem. Aber das System will mir sagen - das klingt jetzt so, als wäre das System eine Person - die Gesellschaft, in der wir leben, sagt mir, dass ich das Problem bin und dass ich das auf individueller Ebene lösen soll. Dabei geht das gar nicht. Also ich kann dieses Problem, das ich habe, nicht auf individueller Ebene lösen. Das zieht sich einfach durch viele, viele Aspekte in meinem Leben. Care Arbeit ist ja so ein Aspekt. Zeit, wie die verteilt ist in unserem Leben, Arbeit, Lohnarbeit, dieses ganze Konzept generell, wie das funktioniert, was das bedeutet und wie ich darin funktioniere, was von mir erwartet wird als Frau in diesem System, als Mutter in diesem System usw und so fort.

Das ist alles was, wo mir gesagt wird: du musst das individuell lösen und dann wird das schon. Du hast dich nur nicht genug angestrengt und du hast nicht genug daran geglaubt oder was auch immer einem da so erzählt wird. Ich habe ja Coachings gemacht, ich habe, was weiß ich was alles gemacht, um erfolgreich zu werden, um in diesem System irgendwie zu funktionieren, auf irgendeine Art und Weise. Und mittlerweile habe ich einfach erkannt: okay, es kann nicht funktionieren. Es kann einfach nicht funktionieren, weil das, was ich möchte und wie ich leben möchte, das kann in diesem System nicht funktionieren und ich bin da im Moment in so einem Prozess drin, wo ich mich immer und immer und immer wieder aus diesem System versuche, wie aus so einem schleimigen Haufen, rauszuwinden. Und dann zieht es mich wieder runter und dann habe ich es wieder geschafft, mich da irgendwie rauszuwinden.

Und so wie dieses Matrix Beispiel, so von wegen du bist außerhalb der Matrix und guckst wie es innerhalb läuft usw aber irgendwie zieht es mich immer wieder rein und da merke ich - das ist jetzt der dramaturgische Bogen zurück zur Community und zu den Orten und der Gemeinschaft und so auch über Carsten gerade gesprochen hat - dass das, was mir fehlt und was Carsten und dem Kind und mir so fehlt in dieser Gesellschaft diese Gemeinschaft aus Gleichgesinnten ist. Ein Ort wie zum Beispiel dieses Ökodorf Sieben Linden, in dem wir leben können.

Natürlich reicht das nicht, dass es solche Inseln gibt in unserer Gesellschaft. Wir müssen einen weltweiten klima- und sozialgerechten Wandel schaffen. Nur - damit drehen wir uns wieder so hin zum Thema dieser Folge „Aktivismus ist ein Staffellauf“ - ist es ja so, dass Aktivismus, gesellschaftlicher Wandel, ein langfristiges Projekt ist. Etwas, was viel Zeit und Kraft braucht. Und deswegen brauchen wir diese Orte, um aufzutanken.

Und da habe ich jetzt ein ganz tolles Projekt gefunden, nämlich das „Projekt Zähne putzen“. Das sind Retreat Räume für Aktivist)innen des sozial ökologischen Wandels in Ökodörfern, Lebensgemeinschaften und Kommunen. Ich bin auf dieses Projekt über die Seite der Psychologists for Future aufmerksam geworden und es ist auf jeden Fall ein möglichst tauschlogikfreies Projekt, auch ein solidarisches Projekt. Und es bietet einfach die Möglichkeit, dass, wenn du jetzt das Gefühl hast, du brauchst einen Rückzugsort, du möchtest den Staffelstab abgeben an andere Personen und braucht einen Ort, an dem du dich ausruhen kannst und es sollte ein Ort sein, der dir so viel Kraft gibt, wie Carsten es vorhin beschrieben hat mit seinem 72 Stunden Kurs, dann ist dieses Projekt super dafür geeignet, weil es hier die Möglichkeit gibt, dass du in einem Umfeld dich ausruhen kannst und Kraft schöpfen kannst, was dich dann noch mal besonders aktiviert. Es ist nicht nur irgendwie so ein Urlaub irgendwo oder eine Reha oder was auch immer, sondern du hast die Möglichkeit an einem Ort des Wandels aufzutanken. Den Link zu diesem Projekt findest du natürlich in den Shownotes.

Und ich denke, wir kommen jetzt mal zum Ende dieser Folge. Ich glaube, wir haben uns genug zu diesem Thema ausgetauscht, ich habe mich genug in Rage geredet und so, also von daher der Punkt ist klar. Wir geben jetzt den Staffelstab an dich weiter. Wir ziehen uns jetzt zurück. Wir sind ja zwischen den Jahren jetzt. Wir wissen noch nicht, wann die nächste Folge kommt. Mal schauen. Also wir brauchen jetzt auch so ein bisschen Zeit für uns. Wir haben wieder viel Zeit investiert dafür, dass wir es schaffen, unserer Challenge zu erfüllen, diese 300. Folge noch im Jahr 2023 zu veröffentlichen. Und jetzt wollen wir uns ein bisschen zurückziehen, ein bisschen Ruhe finden, um dann, wenn es wieder so weit ist für uns, wir ausgeruht sind, den Staffelstab von der nächsten Person zu übernehmen und weiterzumachen. Also mal schauen. Wir wissen noch nicht genau, wann die nächste Folge kommt.

Ich möchte mich auf jeden Fall nochmal ganz, ganz herzlich bei all den Menschen bedanken, die uns finanziell über Steady unterstützen und/oder über PayPal und/oder einfach was aufs Konto überweisen.

Carsten Vielen Dank!

Stefanie Steady Unterstützer·innen bekommen im Januar auf jeden Fall auch noch mal ihren Quartalsrückblick und da werde ich noch mal ein bisschen mehr darauf eingehen, was jetzt so im vergangenen Quartal war. Dann kommt auch wieder der Ausblick auf das kommende Quartal. Also da dürfen sich Steady Unterstützer·innen schon drauf freuen. Das kommt auf jeden Fall noch. Podcasthörer·innen hören erst später wieder vielleicht von uns. Wir wissen es noch nicht so genau.

Carsten Dann kann ich ja das letzte Mal in diesem Jahr noch sagen. In diesem Sinne.

Stefanie In Hamburg sagt man Tschüss

Carsten Und guten Rutsch.

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