Folge 31 - Gibt es glückliche Milchkühe?
Ein Beitrag
In dieser Folge
- nehmen wir Bezug auf einen Blogartikel zum Thema "Milch von glücklichen Kühen",
- sprechen wir über unsere Wahrnehmung von Milchkühen
- und diskutieren darüber was glückliche Milchkühe ausmacht.
Milchkühe entwickeln sich langsam zu meinem Lieblingsthema und so verwundert es Dich sicherlich nicht, dass ich nicht widerstehen konnte, einen Blogartikel zu dem Thema "glückliche Milchkühe" zu kommentieren.
Das habe ich sowohl auf Facebook, als auch nun mit Carsten getan und wir sind gespannt auf Deine Meinung.
Links zur Folge
Der besagte Artikel "Preiswerte Milch von glücklichen Kühen - geht das überhaupt?"
https://web.archive.org/web/20180113180114/https://www.otto.de/reblog/milch_preiswert_kuehe_gluecklich-12728/
Mein Artikel "Mama Muh und die Milch"
http://du-veraenderst-die-welt.de/blogartikel/mama-muh-und-die-milch
Der Podcast von Katrin & Daniel von bevegt
http://www.bevegt.de/podcast/
Hof Butenland
http://www.stiftung-fuer-tierschutz.de/
Vollständiges Transkript
Stefanie Heute möchte ich einmal kurz über die Frage sprechen, ob es glückliche Milchkühe geben kann.
Carsten Und ebenso wie Du auf die Frage gekommen bist. Du hast den Bericht gelesen, oder?
Stefanie Ja, ich bin ja jetzt seit kurzem bei Facebook. Meine neue Hassliebe. Ich bin immer noch nicht sicher, ob ich da bleibe, weil ich eigentlich aus Datenschutzgründen nicht davon überzeugt bin und ich eigentlich auch davon überzeugt bin, dass ich nur das machen will, was mir wirklich entspricht, ich aber so oft gefragt wurde: Warum bist du nicht auf Facebook? Warum bist du nicht auf Facebook, dass ich dann irgendwann diesem Druck nachgegeben habe. Und jetzt bereue ich es ein bisschen. Aber ich habe auch wieder Erfahrungen gesammelt. Aber gut, zurück zu der Frage ob es glückliche Milchkühe gibt. Genau. Und da habe ich natürlich, wie ich das bei Twitter auch gemacht habe, also jede Menge Seiten geliket. Bei Twitter folge ich ja anderen. Ich finde Twitter irgendwie einfacher, übersichtlicher. Aber gut, davon mal abgesehen also und da unter anderem auch den Reblog, das ist irgendwie der Nachhaltigkeitsblog von Otto.
Ich bin nämlich eingeladen worden, zu einem Workshop, dem Rethink Workshop. Und der kommt noch im Oktober. Und das ist wird veranstaltet von diesem Reblog. Und ja, tatsächlich muss ich da für diese Einladung Katrin und Daniel danken von Bevegt. Die haben auch einen ganz tollen Podcast. Da geht es um Laufen und vegane Ernährung. Ja, also da noch mal Werbung gemacht. Also jedenfalls die von diesem Reblog. Da gibt es anscheinend ganz viele verschiedene Blogger, die da Berichte schreiben. Und eine Dame ist der Frage nachgegangen, wo man in Deutschland glückliche Milchkühe findet und hat einen Betrieb vorgestellt. Wo genau, habe ich mir jetzt nicht gemerkt, aber sie hat auch noch so eine Liste gemacht, wo in Deutschland es ähnliche Betriebe gibt und hat sich das angeguckt und auch so die typischen Sachen aufgezeigt, dass die Kühe gut versorgt werden, dass sie anständig aussehen und so und jedenfalls geht es darum, glückliche Milch von glücklichen Kühen, wo es die gibt, weiß diese Bloggerin.
Und ich habe den Bericht gelesen und habe darunter auf Facebook kommentiert und habe gefragt, ob es denn überhaupt glückliche Milchkühe geben kann. Ja, weil im Grunde muss man sich ja überlegen, dass diese Milchkühe, die künstlich geschwängert werden und auch nur Milch geben, wenn sie immer schwanger sind, sich das ja auch nicht aussuchen. Und die Kälber? Kann es denn sein, dass Milchkühe glücklich sind, wenn ihnen jedes Mal die Kälber weggenommen werden und Mutter und Kind getrennt werden und die Kälber dann in diesen Boxen kurze Zeit verweilen, je nachdem ob sie jetzt als Nachschub für die entsprechende Milchkuh herangezogen werden, oder? Im Durchschnitt bekommt so eine Milchkuh ja vier Kälber in der Zeit, in der sie ausreichend Milch gibt. Bei manchen Betrieben mag es mehr sein, aber im Durchschnitt ist es so und von diesen vier Kälbern ist es meistens eine Fifty fifty Chance, ob es ein männliches oder eine weibliches Kalb ist und es wird nur ein weibliches Kalb benötigt. Die anderen drei sind über.
Und dieses weibliche Kalb wird benötigt, wenn die Mama nicht mehr ausreichend Milch gibt, also nicht mehr wirtschaftlich ist, die dann zum Schlachter geht, das Kalb dann die ersetzt. Es ist ja auch so, dass diese Kälber schon mit weniger als einem Jahr befruchtet werden und ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, wie man dann behaupten kann, die sind glücklich darüber. Ein Teenie ist es ja noch gar nicht, die sind ja noch Kinder. Ja, im Kindheitsalter künstlich befruchtet werden, dann schwanger werden und dieses Kind immer wieder abgeben müssen, ihre eigenen Kinder. Und jede Mutter weiß einfach, wie das ist.
Also jedenfalls habe ich diese Fragen gestellt. Daraufhin hat die Dame dann auch noch mal geantwortet und hat gesagt, ja, da würde man ja jetzt in den tierethischen Bereich rübergehen. Und sie meinte das Argument mit der künstlichen Besamung, das würde sie quasi nicht unterstützen, denn wir würden das ja gleichsetzen Geschlechtsverkehr mit Lust und künstliche Besamung mit Vergewaltigung und deswegen und das könnte man ja so nicht sagen und deswegen weist sie das von sich und aber sie hätte sich nicht getraut, den Bauer zu fragen, was mit den Kälbern passiert. Klar.Und sie hat Fotos da gepostet von den Kälbern in ihren typischen kleinen Boxen und...
Carsten Die hatten alle ein Lächeln auf den Lippen.
Stefanie Ja nee, aber jetzt mal ernsthaft. Ja, und dann mit diesem Titel „Vera weiß, wo es die Milch von den glücklichen Kühen gibt.“ Auch wenn ich es jetzt gerade nicht vor Augen habe, aber es beschäftigt mich jetzt schon eine ganze Weile. Ich war ja am Montag auch wieder in Kiel und habe zur Schulmilch geforscht oder jetzt beim Schulmilchtag, da schreibe ich nochmal was zusammen und da machen wir auch nochmal eine Folge drüber. Dann, wenn es soweit ist, das ist ja erst Ende September. Aber also die Milchkühe. Ich merke das einfach. Es wird definitiv mein Thema bleiben. Es ist die Frage wie siehst du das denn? Also ist es aus deiner Sicht so, können wir das nicht beurteilen, weil das ja ins tierethische abdriftet?
Carsten Aber grundsätzlich hast du mich vorhin gefragt hat es, ob wir über diese Frage sprechen können „Gibt es glückliche Milchkühe?“ Genau da hattest du ja in diesem Artikel eigentlich schon die Grundannahme gesehen, dass die Autorin gar nicht in Frage stellt Gibt es Glückliche Milchkühe? Sondern sie sagt Es gibt glückliche Kühe, man muss sie suchen. Also ich kann das durchaus nachvollziehen, dass wenn du aus dieser Sichtweise schaust und weißt, eigentlich ist das großer Mist, der da passiert, dann versuchst du die Betriebe rauszusuchen, wo du sagst Mensch, nein, bei denen ist es alles noch heile Welt. Ja, und ich glaube, das war auch die Motivation der Autorin zu sagen, es gibt wirklich noch einige Vorzeigebetriebe, bei denen es anders läuft.
Ich habe so einen leicht perfiden Gedanken gehabt, das erste, was mir durch den Kopf geschossen ist, ist die Frage: Gibt es glückliche Sklaven? Also es fällt so für mich in eine ähnliche Kategorie. Also ich habe auf der einen Seite immer eine bestimmte Form von Ausbeutung, ja, die muss per se passieren. Egal ob ich jetzt einen Menschen Sklave habe oder eine Milchkuh, die ich nur deswegen benötige, um Milch produzieren zu können. Das hat beides eine Qualität an Ausbeutung und die ist per se da, egal ob die sich jetzt gerade freuen. Ich kann mir durchaus vorstellen, auch wenn das jetzt ein ziemlich pervertierter Gedanke ist, aber dass es durchaus Lebensphasen im Leben eines Sklaven gibt, wo er sagt Mensch, jetzt bin ich gerade glücklich. Und wenn ich genau an einem solchen Moment auf diese Situation schaue, dann habe ich vielleicht auch das Problem nicht zu erkennen, dass das, was dort im Grunde genommen passiert, eigentlich absolut übel ist. Also das sind so die Gedanken, die mir vorhin so durch den Kopf geschossen sind.
Stefanie Und ja, ich denke einfach, es kommt darauf an, ob ich der Milchkuh - Es geht ja jetzt wirklich um Milchkühe und nicht um die Fleischproduktion - ob ich der oder generell ob ich Tieren Gefühle zuspreche. Ich habe ja auch eine Freundin, die sagt ich kann das nicht vergleichen, ich als Mutter und die Kuh als Mutter, da sind Welten dazwischen. Für mich sind da keine Welten dazwischen, auch wenn wir anders aussehen, empfindet diese Kuh genau das gleiche wie ich. Ich bin davon überzeugt. Und es gibt auch viele Beweise, dass es Kühe so empfinden. Und die Schwangerschaft dauert auch genauso lange wie beim Menschen und jede Mutter weiß einfach, dass frau schon während der Schwangerschaft eine Bindung zu dem Kind entwickelt. Und wie grausam, wenn man sich das mal vorstellt, wie grausam ist das, wenn dir direkt nach der Geburt oder vielleicht auch einen Tag nach der Geburt das Kind entrissen wird und du wirst dann an eine Milchmaschine angeschlossen und musst Milch geben. Und du weißt auch überhaupt nicht, was mit deinem Kind passiert.
Das habe ich ihr natürlich nicht geschrieben, jetzt so in der Art, sondern ich habe gesagt, wenn wir voraussetzen, dass die Kühe empfinden und dass sie auch Gefühle haben, wenn wir ihnen Gefühle attestieren, dann stellt sich natürlich die Frage und dann genau das: Wie würde eine Mutter empfinden? Wie ist das? Und auch die Frage - Die Kälber, die einfach nur als Abfallprodukt zur Welt kommen, um nach kurzer Zeit als Kalbsfleisch dann im Laden zu landen? Also mittlerweile, ich bin der festen Überzeugung, dass ich als Vegetarierin das alles überhaupt nicht so wahrgenommen habe. Aber mittlerweile ist das mit diesem Kalb, also zwischendurch wird mir schon schlecht, wenn ich nur Kalb lese, weil ich einfach jetzt eine andere Bindung habe.
Carsten Du weißt was dahinter steckt.
Stefanie Ja, also ich meine, vorher wusste ich auch, was dahinter steckt, aber ich habe es nicht wahrgenommen.
Carsten Ich muss noch nicht mal großartig darüber nachdenken wie viel Emotion oder Gefühl kann jetzt eine Kuh empfinden? Und auch dieser direkte Vergleich wo steckt jetzt eine höhere Qualität an Emotion oder Gefühl beim Menschen oder bei der Kuh? Und wie weit unterscheiden die sich? Das brauche ich gar nicht machen aus meiner Sicht. Ich muss einfach nur schauen. Wir reden über Säugetiere und Säugetiere sind von der Natur aus so ausgelegt, dass sie eine bestimmte Bindung zum Nachwuchs haben. Beidseitig von der Mutter zum Nachwuchs, vom Nachwuchs zur Mutter. Und diese Bindung, die mag vielleicht von der Qualität her, je nachdem, was für Säugetiere man anschaut, zwischen Mensch und Säugetier unterschiedlich ausfallen. Aber sie ist in jedem Fall existent und auch so stark ausgeprägt, dass das Überleben eines Tieres davon abhängt.
Und wir Menschen durchbrechen ganz bewusst diese Bindung, indem wir jetzt bei der Milchkuh zum Beispiel das Kalb von der Mutter trennen. Und das ist alleine für mich schon ein Punkt, wo ich dann mittlerweile von meiner jetzigen Position sage: Nein, das möchte ich nicht. Allein deswegen kann ich mir nicht vorstellen, dass es glückliche Milchkühe gibt. Das geht einfach nicht. Genau. Und davon abgesehen davor oder danach kommen ja durchaus noch Leidenswege. Ich muss ja überhaupt schauen, was passiert denn mit dieser Kuh? Die mag ja vielleicht noch gut gepflegt sein, mag vielleicht auch von der Haltung her irgendwie einen ordentlichen Eindruck machen, wenn ich da in den Stall reinkomme und vielleicht Stroh sehe. Oder wenn die jetzt tatsächlich mal Tageslicht sehen sollte und steht auf der Weide und ich schaue sie dort an, aber die Kuh muss Höchstleistungen erbringen. Der Organismus der Kuh muss Höchstleistungen erbringen, um diese irrsinnigen Mengen an Milch zu produzieren, die wir von dieser Kuh abfordern. Das ist nicht mehr natürlich, was dort passiert.
Also natürlich wäre, dass die Kuh eine Milchmenge produziert, die ausreicht, um dieses Kalb zu ernähren. Aber die Milchmenge ist deutlich geringer als das, was heute Kühe leisten müssen, damit sie noch wirtschaftlich profitabel sind. Das heißt, da habe ich alleine schon von diesem wirtschaftlichen Aspekt her einen bestimmten Grad an Ausnutzung den ich persönlich ganz schwer damit in Einklang bringen kann zu sagen okay, die Kuh könnte glücklich sein, wenn ich sie an der Stelle einfach ausnutze, indem ich eine Kuh mit Hochleistungsfutter füttere, unter Haltungsbedingungen halte, die zum vorzeitigen Verschleiß führen.
Also allein der Lebenszyklus dieser Kuh ist ja deutlich verkürzt. 1/4 oder 1/5 dessen, was sie normalerweise in der freien Wildbahn unter artgerechter Haltung, also in der Freiheit erleben würde. Plus dieser dauerhafte Verbleib in einer Extremsituation. Die Kuh ist ja die meiste Zeit ihres Lebens schwanger. Das ist ja keine keine natürliche Lebensweise für die Kuh. Und da fällt es mir nicht schwer. Ich kann kategorisch sagen, es gibt keine glücklichen Milchkühe, egal wie proper die jetzt aussehen, wenn ich in einen Vorzeigebetrieb reinschaue.
Stefanie Und da waren auch noch andere Kommentare, die genau in die Richtung gehen: Es gibt keine glücklichen Milchkühe. Ich sehe aber immer noch diesen, diesen Shift sozusagen, also dieses einerseits, was ich früher auch hatte, dass ich gedacht habe so, ich kaufe Biomilch und ich kaufe Bio Eier und so, also also genau das, was wahrscheinlich auch die Intention dieser Autorin ist, dass sie auf der Suche ist nach der bestmöglichen Haltung. Genau. Aber mittlerweile sind wir da, dass wir, ich sage jetzt einfach mal wir, weil ich davon ausgehe, dass du auch so denkst, dass wir das System einfach infrage stellen.
Carsten Ja, da kommt wieder dieser Spruch: Es gibt nichts Gutes im Bösen.
Stefanie Ja.
Carsten Also das ist jetzt krass ausgedrückt das System als grundlegend böse zu identifizieren, das ist wahrscheinlich nicht böse, das fällt eher so in den Bereich das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint. Die meinen es ja gut.
Stefanie Aber genau im Grunde ist es einfach das System was schlecht ist und da kann man noch so viel dran rumdoktoren und noch so schön die Haltungen und noch denen irgendwie grüne Blümchen bringen. Oder was auch immer, es bringt einfach nichts. Glückliche Milchkühe kann es aus unserer Sicht nicht geben.
Carsten Es gibt vielleicht den glücklichen Bauern und den glücklichen Kunden, die sagen Alles tutti, alles toll. Aber die Kuh ist aus meiner Sicht definitiv nicht glücklich.
Stefanie Es ist viel, was wir uns so vormachen, was wir sehen wollen. Also es ist immer wieder die Matrix. Jeder erschafft sich seine eigene Wirklichkeit. Das ist ja auch tatsächlich so und wir auch. Wir sind ja nicht perfekt. Auch wir wissen noch ganz vieles nicht und auch wir sehen nur einen Teil davon. Und wir gucken jetzt dahinter, hinter diese Welt. Wie bei der Matrix. Da sind wir schon ausgestiegen und sehen das Problem. Für viele ist es aber einfacher, das Problem nicht zu sehen. Ja so, es geht ja gar nicht darum, dass man das Problem kennt und dann sagt ja, ist mir doch egal. Ich würde sagen, wenn ich das Problem kenne und dann sage ja, es ist mir doch egal, ich trinke trotzdem Milch, dann ist es was anderes, oder?
Carsten Dann bist du aber schon zu dieser Erkenntnis gekommen zu sagen okay, da passiert etwas, was ich im Grunde genommen nicht gutheiße, aber ich ignoriere es einfach. Ja.
Stefanie Wenn ich das weiß. Genau.
Carsten Ich glaube ein Großteil der Menschen lässt es nicht an sich heran. Die sind vielleicht kognitiv, haben die es irgendwie schon mitbekommen, Aber so auf der emotionalen Ebene zu verstehen oder nachzufühlen, was da passiert, das haben die meisten noch nicht gemacht.
Stefanie Das ist auch ein Prozess. Das war bei uns ja genauso. Ich wusste auch schon länger, dass das nicht okay ist mit den Milchkühen und habe aber immer noch nicht den Schritt gemacht. Und jetzt, seit ich mich da so lange mit beschäftige, ist es anders. Also meine Meinung ist, je mehr wir uns mit dem Thema beschäftigen, desto weniger können wir in diesem System bleiben.
Carsten Da gebe ich dir recht, weil bei mir war ja die Anfangssituation gar nicht durch diese Tierqualausnutzung oder diese ethischen Argumente begründet. Bei mir war es einfach gesundheitlich und erst nachdem ich dann gesagt habe nein, ich verzichte auf diese Produkte, ich trinke jetzt keine Milch mehr, ich esse keinen Käse, kein Joghurt, habe ich dann erst mal angefangen, mich mit diesen ganzen Themen auseinanderzusetzen, quasi hinter die Kulissen zu schauen: Was passiert denn da überhaupt? Mittlerweile bin ich so auf einem Stand, wo ich sage ja, die ethischen Aspekte, also das, was diese Grausamkeiten, die sich da im Hintergrund abspielen, die sind sogar noch erdrückender als zu sagen, was mir persönlich gesundheitlich passieren könnte. Also ich will jetzt Milch nicht als Gift verteufeln, es hat einfach nur nicht die gesundheitliche Auswirkung, die ich mir davon versprochen habe. Und es ist eigentlich eher kontraproduktiv auf die lange Sicht gesehen. Aber die Motivation zu sagen nee, ich bleibe jetzt genau bei dieser Entscheidung. Ich werde definitiv keine Milch mehr konsumieren, keine Milchprodukte mehr essen, ist, nachdem ich hinter die Kulissen geguckt habe, erst mal genau aus diesen ausbeuterischen oder tierethischen Aspekten begründet. Ja, also da positioniere ich mich ganz klar, auch wenn ich mich da irgendwie gesellschaftlich mehr so an irgendeine Extremposition stelle.
Stefanie Wir sagen nicht, dass die Bauern alle böse sind und schlecht und was weiß ich was. Darum geht es überhaupt gar nicht.
Carsten Es sind also keine kategorischen Tierquäler oder so was, wo man dann sofort denken könnte, wenn man sagt es gibt keine glücklichen Kühe.
Stefanie Es geht um die Kühe, es geht um das System, also um diese Art und Weise, wie wir damit umgehen.
Carsten Der einzelne Bauer, der muss ja auch bis zu einem gewissen Punkt das Wohl des Tieres im Auge behalten, weil sonst ist das Tier ja nicht wirtschaftlich ist. Aber genau da hört es dann wieder auf. An der Stelle, wo man dieses Wirtschaftliche mit einbringt, kann der Bauer gar nicht anders, als das Tierwohl zurückzustellen. Weil wenn er das nicht machen würde, würde er seine eigene Existenz gefährden. Die Existenz seines Hofes, das ist ja ein Unternehmen, da stecken ja Arbeitsplätze dahinter, da steckt die Familie dahinter.
Stefanie Sagen wir mal, sein Geschäftsmodell würde ja gar nicht funktionieren, wenn er der gleichen Ansicht wäre wie wir. Er bräuchte einfach ein ganz anderes Geschäftsmodell. Er müsste dann Pflanzenmilch herstellen.
Carsten Oder er macht ein Kuhaltersheim wie Hof Butenland. Also einen Lebenshof. Aber das ist ja, wie gesagt, nicht sein Geschäftsmodell.
Stefanie Nein, sein Geschäftsmodell würde platzen, wenn er jetzt so denken würde wie wir. Und deswegen kann er ja gar nicht anders. Also solange er nicht umdenkt, kann er nicht anders und es muss dabei bleiben. Und ich denke natürlich, es wirkt so, als würden die Bauern, die jetzt zum Beispiel in dem Bericht vorkommen, die ja es gibt, ja, es gibt solche und solche. Es gibt welche, die mehr Profit orientiert sind und es gibt welche, die sehr tierlieb sind, sag ich mal.
Also es ist ja auch so, z.B. im Vergleich mit Pferden reiten, Reiter·innen. Ich bin ja auch jahrelang geritten und mittlerweile bin ich der Meinung, was für ein Blödsinn. Mittlerweile reift die Erkenntnis, dass ein Pferd vielleicht gar nicht so gerne möchte, dass ich auf dem Rücken sitze und es mit einer Gerte, Sporen und einer Kandare - mit Kandare bin ich ganz selten geritten - aber mit Gebiss im Maul und an den Zügel zerren und was weiß ich, was traktiere. Und ja, also mittlerweile reift auch dieser Traum in mir so ein Lebenshof oder ein Altersheim für ausgediente Schulpferde zu schaffen, die nämlich auch ganz oft beim Schlachter landen. Aber gut.
Die meisten Reiter·innen lieben ihre Tiere und machen es aber trotzdem. Und genauso ist es bei den meisten Bauern. Dann nehme ich an, auch die lieben wahrscheinlich ihre Tiere bis zu einem gewissen Grad, aber machen das trotzdem, weil das System einfach so ist und weil das deren Überzeugung ist.
Carsten Ja, die wachsen ja auch damit auf. Das sind häufig übernommene landwirtschaftliche Betriebe, die vom Eltern oder Großelternteil stammen und das ist ja über Traditionen hinweg dann eine ziemlich große Prägung. Und die zu hinterfragen, da zu sagen nee, ich kann das jetzt nicht mehr, das ist natürlich ein extrem großer Schritt, das.
Stefanie Verstehe ich schon gut. Ich meine, der Jan Gerdes vom Hof Butenland hat das ja gemacht. Der war vorher ja auch Milchbauer und macht das.
Carsten Also ich ziehe meinen Hut vor ihm. Das ist echt schon eine gute Leistung.
Stefanie Ich glaube die älteste Kuh, die da lebt, ist 16 oder 17, also so alt werden die ja nie im normalen Betrieb. Also von daher.
Carsten Was man aber auch noch mal dazu sagen muss, gefährlich ist natürlich bei solchen Artikeln: Der Leser ist geneigt zu sagen, ja, so was gibt es und dann entsteht auch im schlimmsten Fall der Eindruck, das ist ja vielleicht gar nicht mal unnormal. Oder es gibt das relativ häufig. Aber dabei, selbst wenn angenommen, es gäbe glücklichere Kühe, dann sind das vielleicht zehn oder 20. Also ein oder zwei Betriebe vielleicht ja.
Stefanie Wobei sie hat glaube ich, zehn Betriebe in ganz Deutschland oder so aufgezählt.
Carsten Und wenn du dann aber hochzählst, wie groß sind die Betriebe und wie viele Kühe sind insgesamt in Deutschland „stationiert“ wollte ich gerade schon, sagen. Das sind natürlich ganz andere Größenordnungen. Da sprichst du irgendwie, keine Ahnung, in Prozent oder vielleicht sogar im Promillebereich. Also da wird ein ganz anderes Bild projiziert. Das hat mit der Wirklichkeit da draußen relativ wenig zu tun. Das ist ja schon fast Greenwashing.
Stefanie Ja, damit haben wir die Frage nun diskutiert, nicht abschließend beantworten können. Aber so viele Kühe kennen wir nicht. Doch Du hast auch jetzt auf der Arbeit ein paar Kühe kennengelernt. Nebenan auf der Wiese, oder?
Carsten Ja, aber das sind Fleischkühe, also keine Milchkühe. Und das war aber nur eine Handvoll. Also nicht repräsentativ.
Stefanie Wir machen demnächst noch eine repräsentative Kuhbefragung.
Carsten Genau richtig. Rennen über die Wiesen. Und fragen
Stefanie Bist du glücklich?
Carsten Okay, gut. In diesem Sinne.
Stefanie In Hamburg sagt man Tschüss.
Carsten Und auf Wiederhören.
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