Folge 118 - Die Abschiedsfolge

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Folge 118 - Die Abschiedsfolge

Dies wird die vorerst letzte Folge des Von Herzen Vegan Podcasts sein. Vorerst, weil Du weiterhin eingeladen bist, mir Fragen oder Themenvorschläge zu schicken, wenn Du das Gefühl hast, dass es da etwas gibt, dass ich noch nicht in diesem Podcast behandelt habe.

Ich erzähle Dir in dieser Folge, wie es nun weitergeht und warum ich diesen Podcast schließe.

Ich danke Dir sehr fürs Zuhören - die Ressourcen hier bleiben bestehen, Du kannst also weiterhin alle Folgen hören und teilen.

Links zur Folge

Interview mit Carsten von "Gans normal vegan"
https://invidious.baczek.me/watch?v=IhNzklryxt8

Komplettes Transkript

Herzlich willkommen zu dieser vorerst letzten Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und wenn du das Intro aufmerksam gehört hast, hast du gehört, dass ich gesagt habe „Vorerst letzte Folge“.

Und genau das soll es hier sein, denn nach drei Jahren habe ich einfach festgestellt, dass ich irgendwie alles gesagt habe. Und ich hatte dieses Gefühl schon im Laufe des vergangenen Jahres immer mal wieder, dass ich gedacht habe, ich wiederhole mich nur noch. Und es kamen so jetzt auch keine neuen Fragen rein oder Herausforderungen. Letztlich haben wir irgendwann über alles gesprochen. Und sicherlich ist es natürlich total individuell. Immer, jedes Mal. Aber die Methodik, wie du jetzt daran heran gehst, um möglichst gelassen vegan zu leben und in dieser irren Welt irgendwie deinen Weg zu gehen und einen Weg zu finden, habe ich, glaube ich, höchst facettenreich dargelegt. Und so habe ich jetzt beschlossen, diesen Podcast erst mal abzuschließen.

Und du bist natürlich immer herzlich eingeladen, wenn du noch Fragen hast oder irgendwie das Gefühl hast, es sollte noch Folgen geben und hier ist ein Thema, über das ich sprechen sollte, mir zu schreiben an post [at] vonherzenvegan [punkt] de. Ich hatte jetzt zum Schluss auch noch zwei andere Damen zu Wort kommen lassen, die in der gleichen Richtung unterwegs sind, damit du da auch noch mal einen anderen Einblick bekommst, was du noch für Möglichkeiten hast gelassen vegan zu leben und mit der Gewalt und den Schrecken dieses Lebens zurechtzukommen. Und von daher habe ich einfach das Gefühl, es ist alles gesagt.

Du hast auch die Möglichkeit, weiterhin mein Buch zu kaufen, wenn du es noch nicht gemacht hast, um das zu nutzen, um gelassen vegan zu leben. Und ich denke in Kombination mit diesem Podcast bist du mit dem Buch und was du über das Buch hinaus bekommst, gut versorgt, sodass ich kein ungutes Gefühl habe, dich jetzt mit diesem Podcast erst mal allein zu lassen und mich anderen Dingen zu widmen. Es fühlt sich für mich einfach im Moment so an, als sei dieses Thema allumfassend rund bearbeitet, so dass ich diesen Podcast jetzt hier als abgeschlossene Ressource zurücklasse.

Genauso wie der Milchgeschichten Podcast und der Wir Konsumkinder Podcast, die ja auch in sich abgeschlossen sind und weiterhin angehört werden können und weiterhin als Ressource zur Verfügung stehen, so dass, wenn es Menschen gibt, die meinen Podcast noch nicht kennen, jetzt natürlich dann auch hier über 100 Folgen haben, wo sie Inspiration raus schöpfen können. Und gerade in den ersten Folgen lege ich ja detailliert dar, wie du dir selbst aus dieser Methode, die ich entwickelt habe, deinen eigenen Weg und deine eigene Methode entwickeln kannst, so dass das Werkzeug auf jeden Fall bereit liegt.

Und wie geht es jetzt weiter? Ich bin gerade so im Umbruch. Ich habe mir über die Sommermonate eine Auszeit gegönnt, quasi. Die war nicht geplant, aber wir sind in der Zeit umgezogen und da war so viel los, dass ich es einfach dann auch nicht mehr geschafft habe, so richtig online zu gehen. Und dann habe ich gedacht okay, dann lass ich es jetzt erst mal und aus zwei, drei Wochen sind dann zwei, drei Monate geworden und das hat mir tatsächlich sehr gut getan, da mal für eine Zeit lang rauszukommen und auch ein bisschen Abstand zu gewinnen. Das ist auch etwas, was ich dir sehr empfehlen kann, ab und zu mal wirklich den Kopf rauszunehmen aus dieser ganzen Online Maschinerie. Und ich bin ja sowieso nicht auf kommerziellen Social Media unterwegs. Ich bin ja jetzt nur noch auf Mastodon und wenn ich so höre wie stark Menschen auf Instagram, Tiktok, Facebook, und so weiter und so fort beeinflusst werden durch das, was da passiert, bin ich schon froh, dass ich nicht da bin.

Andererseits bin ich dann natürlich auch nicht die richtige Ansprechpartnerin für Probleme dort, weil ich das nicht aus erster Hand selbst erlebe. Ich kann das dann eben nur aus der Ferne sagen. Aber jedenfalls mir fehlt nichts. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich da irgendwas verpasse. Ich bin im Gegensatz eigentlich ganz froh drum, dass ich da nicht mittendrin in diesem Sog bin. Hier noch optimieren, da noch optimieren. Und ja, ja, so analog, teilweise nur unterwegs bin ich mit meinem über zehn Jahre alten Smartphone, was ich natürlich jetzt bald auch mal auswechseln muss, weil einfach darauf bald irgendwie nichts mehr funktioniert. Aber die wichtigsten Sachen, Threema und mal Emails abrufen und telefonieren logischerweise, funktionieren noch, also ist es im Moment noch okay. Aber gut. Ja, also was? Wie geht es weiter?

Ich merke einfach, dass momentan das Wichtigste ist, für eine enkeltaugliche Zukunft zu kämpfen. Dazu gehört definitiv auch das vegan leben. Aber es ist eben nur ein Baustein von vielen. Und deswegen konzentriere ich mich momentan mehr darauf zu überlegen, wie kann ich an einer enkeltauglichen Zukunft mitbauen? Was für eine Rolle kann ich spielen, was für Fähigkeiten habe ich da? Und ich hatte ja jetzt auch schon in den letzten Jahren für die VHS Hamburg Bildungsurlaube zum Thema „Aktiv fürs Klima“ gegeben und es vermischt sich jetzt alles so ein bisschen und ich bin grad dabei, mehr in diese Richtung zu gehen und habe auch schon einen Plan, den ich aber jetzt noch nicht verrate, weil ich das erst Mal in Ruhe aufbaue. Ich gebe mir jetzt bis zum Ende des Jahres Zeit, das alles in Ruhe aufzubauen und der große Plan wird tatsächlich so aussehen, dass vegan, was quasi schon zu Beginn für Carsten und mich eben so war, ein Teil vom großen Ganzen sein wird und ich das dann auch so umsetze, dass vegan zwar weiterhin eine Rolle spielt und wie gesagt, die Ressourcen hier bleiben bestehen. Von Herzen Vegan bleibt bestehen. Es ist alles da. Ich werde nur einfach meinen Schwerpunkt verlagern hin zur Nachhaltigkeit. Wobei, wie gesagt, vegan ein Teil der Nachhaltigkeit ist. Und mich darauf konzentrieren, wie ich aktiv fürs Klima werden kann. Aber auch, was ich tun kann für andere, um ihnen zu helfen, diesen Weg zu gehen.

Ja, diese drei Monate sage ich jetzt mal zwei, drei Monate. Ich weiß gar nicht. Juli, August, September. Na, vielleicht waren es auch nur zwei Monate, die ich da so ein bisschen eine Auszeit genommen habe. So ein bisschen. Das war ja auch der Umzug, aber jedenfalls, dass ich thematisch rausgegangen bin aus allem, haben mir geholfen, nochmal alles so zu ordnen und zu schauen, wo soll die Reise hingehen, was sehe ich für mich jetzt so in den nächsten Jahren? Und ich kann auf keinen Fall sagen, wo sehe ich mich in zehn Jahren denn, ähm ja, was wir hier mit unserer Lebensgrundlage, unserem Planeten veranstalten, da kann wohl niemand von uns sagen, wie es in zehn Jahren aussehen wird hier. Und deswegen konzentriere ich mich jetzt darauf, was ich jetzt tun kann und so mit dem Horizont von den nächsten 2, 3, 4, 5 Jahren vielleicht sogar, aber eben in näherer Zukunft. Und da sehe ich wirklich das wichtigste Thema für mich an einer enkeltauglichen Zukunft mitzuarbeiten.

Und weil ich eben vegan lebe, auch hier immer wieder für die Rechte der nichtmenschlichen Tiere einzutreten. Denn das ist ja das, was immer und immer wieder vergessen wird. Wenn wir über Klimagerechtigkeit sprechen, sprechen wir meistens nur über Menschen, menschliche Tiere, so über Menschen. Und ja, das ist auch total wichtig, dass es da Gerechtigkeit für alle Menschen auf dieser Welt gibt. Aber wir müssen eben auch die Tiere mitdenken, die komplette Natur, also wirklich wieder diesen Zusammenhang herstellen. Und da sehe ich auch unsere besondere Rolle als Veganer·innen, dass wir das verstanden haben, dass wir da aus diesem karnistischen System herausgetreten sind und wir gemerkt haben, ja, es kann so nicht weitergehen. Es ist unsäglich, was wir den nicht-menschlichen Tieren antun. Und wir müssen, weil die nicht-menschlichen Tiere einfach keine Stimme haben, die wir als menschliche Tiere hören oder verstehen können, für diese nicht-menschlichen Tiere sprechen.

Und das ist eben auch ein ein Part davon, ein Teil davon von dem Ganzen, wo ich uns als Veganer·innen sehe und wo ich mich auch sehe, in einer Vermittlerinnenrolle. Und wenn du magst, schau doch mal, ich habe für den Nachhaltigkeitsschwerpunkt jetzt noch eine neue Webseite erstellt: stefanie-rueckert.de. Und da gibt es auch Newsletter, in den Du Dich gerne eintragen kannst, wenn Du über meine neusten Tüfteleien auf dem Laufenden bleiben möchtest.

Es gibt auf jeden Fall verschiedene Möglichkeiten mit mir in Kontakt zu bleiben und der Einfach Vegan Podcast, den ich ja mit Carsten zusammen mache, der wird auch weiterhin bestehen bleiben. Je nachdem wie viel Zeit wir haben, werden wir da auch weiterhin Podcastfolgen veröffentlichen. Das ist dann momentan der einzige Podcast von meinen vier Podcasts, der kontinuierlich weiterläuft und die anderen drei, also der Milchgeschichten Podcast, der Wir Konsumkinder Podcast und der Von Herzen Vegan Podcast werden dann erstmal abgeschlossen sein und aber eben weiterhin als Ressource zur Verfügung stehen.

Und das spannende ist ja auch, mein Milchgeschichten Podcast, den habe ich ja schon vor vier Jahren veröffentlicht und das sind ja auch nur 25 Folgen. Das heißt, vor dreieinhalb Jahren oder so habe ich da die letzte Folge veröffentlicht und jetzt vor kurzem hat mich ein Veganer angesprochen, der mit mir ein Interview geführt hat, weil er auf den Milchgeschichten Podcast aufmerksam geworden ist. Also über drei Jahre, nachdem ich da die letzte Folge veröffentlicht hat, hat er den Milchgeschichten Podcast gefunden und war total begeistert davon und wollte deswegen eben das Interview mit mir führen. Und das ist eben das Schöne auch daran, dass die Ressourcen weiterhin zur Verfügung stehen und auch Jahre später noch Menschen inspirieren und begeistern können.

Und ich verlinke dir das Interview auch hier unter der Folge, es ist anderthalb Stunden lang geworden. Also es ging um alles mögliche, was ich bisher so in meinem veganen Leben gemacht habe und natürlich auch wie ich vegan geworden bin und so, aber jedenfalls war der Schwerpunkt jetzt der Milchgeschichten Podcast. Allerdings muss ich sagen, dass ich ja da auch nicht mehr so hundertprozentig drin bin, was also die ganz, ganz detailreichen Fakten angeht. Denn wie gesagt, ich habe das vor vier Jahren angefangen, also den Podcast aufzunehmen. Die Forschung habe ich ja schon vor sechs Jahren angefangen oder bald sieben Jahren. Und ja, das sind halt einfach Sachen, die dann beeinflussen, wie viel Informationen noch in meinem Kopf hängenbleiben und wie viel nicht. Aber schau mal rein, es ist ganz nett geworden. Also wenn du magst, ich habe es verlinkt. Es ist auch ein Carsten und der hat den YouTube Channel „gans normal vegan“ und hat auch schon ganz viele spannende Menschen interviewt. Und es ist auf jeden Fall auch eine tolle Quelle der Inspiration.

Ja und damit möchte ich jetzt diese Folge beenden und danke dir, dass du so treu über die vergangenen drei Jahre oder alternativ über die vergangenen 117 Folgen zugehört hast. Und wie gesagt, wenn du das Gefühl hast, „Du könntest doch noch über dieses Thema und das Thema und jenes Thema sprechen und ich würde gerne noch deine Meinung dazu wissen“, dann schreib mir gerne eine Email an post [at] vonherzenvegan [punkt] de. Ja, dann noch einmal ganz lieben Dank fürs Zuhören und diesmal nicht bis zum nächsten Mal, sondern dann wünsche ich dir eine schöne Zeit und wünsche dir alles, alles Gute für deinen veganen Alltag.

Stellungnahme und Ergänzung zu Folge 116

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Folge 117 - Stellungnahme und Ergänzung zu Folge 116

In dieser Folge lese ich zwei Kommentare von Hörer·innen vor, die zum Interview mit Dr. Tamara Pfeiler (die vorangegangene Folge 116) Stellung genommen haben.

Dabei geht es vor allem um das Abwandeln von Kinderbüchern, was bei einigen Kindern nicht akzeptiert wird und der Aufforderung uns für unser Vegansein "abzufeiern".

Denn so motivierend es sein kann selbstbewusst als Veganer·in aufzutreten, so beängstigend kann es auch sein, wenn ich aus welchen Gründen auch immer nicht gerne im Mittelpunkt stehe.

Gerade bei Kindern erfordert das doch eine große innere Stärke und Festigkeit, die viele zu dem Zeitpunkt noch nicht haben.

Insofern ergänzt diese Folge die vorangegangene um ein Plädoyer für Diversität.

Links zur Folge

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und diese Folge ist quasi ein Zusatz oder eine Antwort auf die vorangegangene Folge des Interviews mit Dr. Tamara Pfeiler zur Thema vegane Kinder.

In dem Interview hatte ich einige Hörer·innenfragen gestellt. Tamara hat sie beantwortet und ich möchte jetzt mit dieser Folge nochmal die Stellungnahme zu den Antworten von Dr. Tamara Pfeiler von zwei Hörer·innen vorlesen und dann eben auch dazu noch kommentieren. Denn das, was Dr. Tamara Pfeiler in der letzten Folge gesagt hat, passt einfach so nicht für jede·n und deswegen möchte ich das quasi nochmal ergänzen.

Und zwar schrieb ein Hörer zu dieser Folge zum Thema Vorlesen, Ausdenken von Geschichten, Büchern - denn Tamara sagte, dass sie bei kleineren Kindern Bücher, also Bauernhofbücher dann in Lebenshofbücher ummünzt und den Text anders liest und das fand ich zu dem Zeitpunkt auch sehr spannend. Hatte aber gar nicht darüber nachgedacht, dass es vielleicht Kinder bemerken könnten, denn dieser Hörer schreibt:

„Generell halte ich die Idee für sinnvoll, pragmatisch, Bücher etc. abzuwandeln beim Vorlesen. Allerdings habe ich folgende Erfahrungen gesammelt mit Kindern in diesem Bereich. Kinder merken immer, wenn Mensch nicht die Wahrheit erzählt beziehungsweise merken später, dass nicht das drinsteht in einem Buch, was Mensch erzählt hat. Weiterhin ist es je nach Alter sinnvoll die eigene Unsicherheit transparent zu machen und gegebenenfalls das Kind partizipieren zu lassen. Das heißt zusammen zu überlegen, wie die Geschichte alternativ laufen könnte oder wo noch Dinge oder Themen sind, die geändert werden können, was wirklich teilweise Spaß macht, egal welcher Themenbereich, Diversität, Rassismus, Ableismus etc.

Allerdings muss ich aus eigener Erfahrung auch berichten, dass die Kinder sich vielleicht auch „zurückentwickeln“. Das heißt, unser Großer ist jetzt 19 Jahre und isst seit ca. drei Jahren wieder Fleisch, also isst Omnivor. Auch das muss Mensch lernen zu trennen wie eigentlich bei fast allen Entwicklungsthemen von Kindern und Jugendlichen. Mensch kann Sachen vorleben und diskutieren, aber letztendlich ist jeder Mensch ab einem gewissen Alter und Reife grad selber dafür verantwortlich und kann sich halt selbst entscheiden.

Beim Thema Kita, Schule etc. wollte ich nur kurz anmerken, dass es zwar generell eine super Idee ist, dort selber seine Meinung Kund zu tun und Alternativen und Kompromisse zu finden, gegebenenfalls zusammen mit anderen Menschen, aber nicht jede·r ist dazu aus unterschiedlichsten Gründen in der Lage. Das heißt, eine gewisse gesetzliche Vorgabe, Lockerung, Alternativaufzeigung ist hier meines Erachtens schon notwendig.

Was ich bei mir selber gesehen habe, gerade auch im Bereich Social Media, - danke, Stefanie für den Filmtipp ‚The Social Dilemma‘ - ist dieses schwarz-weiß Denken. Die totale Spaltung wir und die. Das heißt ein Loben, Bestärken und so weiter, super ist, aber wir sind die Pioniere etc., kann leicht zu einer Vereinfachung, Auftrennung führen, die dann von der Gegenseite als noch extremer wahrgenommen wird. Eine Lösung ist wie immer schwierig.

Außerdem noch mal zum auch oben angesprochenen Thema Kraft, Mut, Selbstbewusstsein. Nicht jedes Kind, Jugendliche, Mensch, Person hat die Kraft aus unterschiedlichsten Gründen, sei es mental, physisch, Äußerlichkeiten, Geschichte, Kultur und so weiter, um sich dort in dem Bereich zu behaupten.

Einmal noch zum Thema Pubertät, ja, zuhören, Kraft geben, auch als Kristallationspunkt oder Gegenentwurf dienen, reiben ist gut und notwendig, aber manchmal auch einzusehen, dass Mensch gerade überhaupt nicht helfen kann und soll, was auch okay ist, aber hier zu versuchen, den Faden nicht abreißen zu lassen.“

Soweit die Gedanken von diesem Hörer, vielen Dank dir, du weißt, dass du gemeint bist. Ich habe es jetzt extra ohne Namen gemacht, damit es auch wirklich anonym ist, weil ich auch den nächsten Beitrag ohne Namen vorlesen möchte, weil ich nicht weiß, ob das okay ist, wenn die nächste Person namentlich genannt wird. Ich nenne ja sowieso nur Vornamen, aber vielleicht möchte sie auch das nicht.

Ich, Stefanie, möchte dazu auch noch Stellung nehmen, denn Tamara hatte viel davon gesprochen, dass wir uns selbst auf die Schulter klopfen können und dass wir uns selbst dafür loben sollten, dass wir das geschafft haben, vegan zu leben und auch dass es sicherlich sinnvoll ist, aber ich pflichte hier diesem Hörer bei, dass das nicht jedem und jeder möglich ist, sich so aufzubauen und selbstbewusst zu geben. Das erfordert schon eine gewisse Stärke und die hat einfach nicht jede Person und das ist nicht, als wenn du stark bist, bist du gut und positiv und wenn du schwach bist, ist das negativ gemeint, sondern einfach, dass wir sehr divers sind und dass es eben auch introvertierte Menschen gibt, die nicht gerne im Mittelpunkt stehen.

Und auch da eben genau das, was dieser Hörer hier sagte, dass es für Kinder, gerade für introvertierte Kinder oder eben die einem bestimmten Spektrum angehören, wo sie sich eben einfach nicht wohl fühlen, im Mittelpunkt zu stehen, es sehr schwierig sein kann, sich hinzustellen und sich als vegan zu outen und dann eben auch zu sagen, ja, ich bin toll, weil ich vegan lebe. Ich weiß, mein Kind würde so etwas nicht machen, weil es eben eher introvertiert ist und würde sich total unwohl fühlen, wenn es sich selbst so in den Mittelpunkt stellen würde und deswegen kann ich das ja gut nachempfinden, was dieser Hörer heute vollkommen anonymisiert da geschrieben hat und möchte das auch noch mal als Plädoyer für Diversität hervorheben.

Kommen wir nun zu dem Kommentar der Stellungnahme der anderen Hörerin, deren Fragen ich an Tamara unter anderem auch gestellt hatte und sie schreibt:

“Ich muss sagen, ich fand die Folge einerseits hilfreich, andererseits hat sie mich aber auch erst mal relativ nachdenklich gestimmt. Zum einen aus persönlicher Perspektive, was das unterschiedliche Essverhalten von mir und meinem Mann angeht, insofern fand ich es sehr positiv und beruhigend, dass Tamara erläutert hat, dass die Kinder da häufig noch nicht so ein ‚schwarz-weiß‘ beziehungsweise ‚gut böse‘ Denken haben. Insofern kann man also ganz gelassen herangehen und ich werde mich weiterhin in Gelassenheit üben.

Ihre zwar irgendwie auch nahe liegende Antwort, sie frage sich, warum der Partner zu Hause nicht komplett vegan esse, wenn man sich doch einig sei, die Kinder vegan zu ernähren, fand ich dann aber etwas zu simpel, denn dafür kann es ja ganz generell gesehen die unterschiedlichsten Gründe geben. Und in unserem Fall ist es halt einfach so, dass mein Mann noch nicht vollständig, insbesondere auf Käse verzichten kann, mag und dass das schwerfallen kann, hört man ja auch von anderen.“

Hier eine Anmerkung von mir, Stefanie: gerade beim Käse wissen wir ja, dass da süchtig machende Stoffe drin sind, diese Casomorphine und es also gar nicht so sehr in unserer Willenskraft liegt oder dem Vorhaben jetzt auf Käse zu verzichten, sondern dass wir quasi schon süchtig sind nach Käse. Und ja, genau gerade beim Käse ist es ja etwas, was viele von uns kennen und ich hatte zu Beginn und habe auch heute noch das Bedürfnis mal so ein Stück Käse zu essen, allerdings mittlerweile eben ein pflanzliches Käsestück, denn mittlerweile ist es ja tatsächlich so weit gekommen, dass es pflanzliche Käsesorten gibt, die ganz gut schmecken. Aber das nur soweit, ja, das stimmt, ich stimme der Hörerin dazu, ich hätte da im Interview noch mal nachhaken sollen, das war tatsächlich ein bisschen zu kurz gegriffen, denn eigentlich kannte ich die Situation der Hörerin ja und hätte wirklich da noch mal was sagen sollen und im Nachhinein hatte ich auch ein bisschen schlechtes Gewissen, dass ich nicht nachgefragt habe, also muss ich jetzt hier einfach mal zugeben, weil ich ja wusste, worum es geht und das wirklich zu simpel war. In der Tat also von daher noch mal nachträglich eine Entschuldigung an dich, liebe Hörerin, du weißt, dass du gemeint bist, also von daher, so Anmerkung von mir zu Ende. Jetzt geht es hier weiter mit dem Kommentar der Hörerin:

“Zum anderen hatte ich auch ein bisschen Schwierigkeiten mit dem Tipp, dass wir uns doch als Pioniere abfeiern sollten, denn dort sehe ich auch wie das Problem, dass man dann noch viel eher als extrem abgehoben, arrogant wahrgenommen werden könnte und somit erst recht eine Außenseiterrolle inne hätte. Auch möchte ich zum Beispiel selbst gar nicht wegen meines Veganseins besonders im Mittelpunkt stehen oder es besonders nach außen tragen und möchte es für meine Kinder erst recht nicht. Ich werde es nicht verheimlichen oder geheimhalten oder so etwas, aber ich möchte es eben auch nicht besonders nach außen hervorheben. Dennoch finde ich, dass die Idee des Pionierseins und des Abfeiern auch eine hilfreiche Idee ist, zumindest wenn man sich selbst innerlich so betrachtet und damit ein positives Mindset entwickelt, anstatt negativ über sich selbst zu denken und sich als Außenseiter zu bezeichnen.

Was das Abwandeln von Kinderbüchern angeht, kann ich noch sagen, dass ich das auch schwierig finde. Mein Sohn jedenfalls achtet nämlich beim mehrmaligen Vorlesen der gleichen Geschichte ganz genau auf einzelne Worte und merkt sofort, wenn ich mal ein Wort aus Versehen vergessen sollte vorzulesen oder wenn der Text im vorgelesenen Buch von seinem Hörspiel abweicht. Da erzählt er mir dann, dass ich das falsch vorlese und das im Hörbuch doch so und so erzählt wird. Und das wirklich bei Kleinigkeiten, da würde ich es also eher so halten, das Buch entweder gar nicht vorzulesen - die Mama Mu-Bücher rühren wir aufgrund deiner Berichte zum Beispiel bisher nicht an - oder eben so vorzulesen, wie es ist und gegebenenfalls mit dem Kind darüber zu sprechen. So weit meine Gedanken hierzu, nochmals danke.“

Und da endet der Kommentar der Hörerin, also vielen Dank, liebe Hörerin, du weißt, dass du gemeint bist für deinen Kommentar und ich denke, dass das für uns alle auch noch mal hilfreich ist als Ergänzung zu dem Interview mit Tamara und auch nochmal zu sehen, ja sicherlich ist es bestimmt für einige Menschen hilfreich, sich abzufeiern und auch selbstbewusst aufzutreten, im Mittelpunkt zu stehen und zu sagen, ja, ich lebe vegan und hier bin ich. Das ist ja durchaus etwas, was legitim und in Ordnung sein kann. Nur gibt es eben einfach zu bedenken, dass es einige Menschen gibt, die sich damit nicht wohlfühlen und das hat dann nichts damit zu tun, dass sie sich dafür schämen vegan zu sein oder so, sondern einfach mit ihrer Persönlichkeit, mit ihrem Charakter, mit ihrem Sein und das sollte dann auch okay sein, dass ich halt dann nicht im Mittelpunkt stehen möchte.

Deswegen war mir das eben noch wichtig, jetzt diese Folge noch aufzunehmen. Ich hatte kurz überlegt, das in Diskussionen mit dem einen Hörer zu machen, der als erstes genannt wurde. Wir haben das zeitlich nicht hinbekommen, wenn du den Podcast hier chronologisch hörst, hast du auch gemerkt, dass hier eine längere Pause ist zwischen dieser Folge und der vorangegangenen. Und ja, das hat einfach nicht geklappt, deswegen dachte ich, ich lese zumindest die Kommentare einmal vor, damit die Folge, das Interview rund ist und wir wirklich alle Seiten beleuchtet haben und auch die Menschen noch mal zu Wort kommen, die eher introvertiert sind oder auf die ein oder andere Art einfach nicht im Mittelpunkt stehen wollen. Jetzt habe ich ganz oft Mittelpunkt gesagt, aber irgendwie ist es ja genau das, worum es geht. Also auch wenn Tamara in ihrer Rolle als Psychologin sicherlich aus fachlicher Erfahrung schöpft, dürfen wir als Laien auch für uns herausfinden, was für uns das Beste ist. Und ich denke, so haben wir jetzt ein etwas ausgewogenes Bild erzeugt. Wenn du noch etwas dazu ergänzen möchtest, schreib mir gerne eine E-Mail an post [at] vonherzenvegan.de.

Und dann danke ich dir fürs zuhören und freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Psychologin Dr. Tamara Pfeiler über vegane Kinder

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Folge 116 - Psychologin Dr. Tamara Pfeiler über vegane Kinder

Diese Folge ist quasi eine Fortsetzung der Folge 114, in der die vegane Psychologin Dr. Tamara Pfeiler schon einmal zu Gast war und mir viele Fragen zu den psychologischen Herausforderung in unserem veganen Alltag beantwortet hat.

In dieser Folge sprechen wir nun über folgende Punkte:

  • Umgang zu Hause, wenn nicht alle 100% vegan sind (Erklärung der Gründe für vegane Lebensweise trotz des unterschiedlichen Verhaltens der Eltern, ohne, dass nun der nicht-vegane Partner (oder auch die Großeltern) als „böse“ erscheint/en.
  • Zusätzlich noch das Thema „Probierenwollen“ von anderem Essen - zulassen oder verbieten? - sei es nun woanders oder in der Familie. Denn gerade unsere Dreijährige möchte häufiger mal beim Papa vegetarisches probieren; oft nimmt sie dann auch eine Alternative, manchmal darf sie aber auch einmal kosten. Da sind wir also nicht immer so ganz konsequent, obwohl wir uns einig sind, die Kinder eigentlich vegan zu ernähren.
  • Thema Bauernhofbücher: zensieren? gar nicht vorlesen? irgendwie begleiten?
  • Und wie soll ich am besten reagieren, wenn andere Kinder hier bei uns sind und über Fleisch usw schwärmen und sagen "Mama sagt mit Fleisch werde ich groß und stark"
  • KiTa/Schule (Sonderrolle aufgrund anderen Essverhaltens (anderes Essen, mitgebrachtes Essen), Gefahr des Außenseitertums hierdurch, Außenseiterrolle vermeiden/vorbeugen, Kind unterstützen/emotional stärken) und
  • Kommunikation mit den Eltern als Erwachsene

Tamara hat wieder viele wertvolle Tipps gegeben und ich freue mich, sie in dieser Folge mit Dir teilen zu können.

Links zur Folge

Transkript (Korrektur gelesen von Lakoja)

Stefanie Ich freue mich sehr, dass ich heute wieder einen Gast habe, und zwar noch einmal Dr. Tamara Pfeiler, die wir schon aus Folge 114 kennen. Und wir hatten damals leider zu wenig Zeit, um ausführlich noch über vegane Kinder zu sprechen und werden das jetzt nachholen. Und ich habe auch einige Fragen gesammelt. Also ich freue mich sehr, Tamara, dass du hier bist.

Tamara Ja, vielen Dank. Ich freue mich auch sehr, dass ich hier sein darf und dass das Thema jetzt so viel Anklang gefunden hat, dass wir tatsächlich noch mal eine komplette Folge dazu drehen, finde ich richtig toll oder aufregend.

Stefanie Genau. Wir sehen uns gerade im Video, deswegen könnte man das auch Drehen nennen. Also von daher: alles gut. Ja, also es ist tatsächlich sehr viel positives Feedback gekommen. Viele haben sich sehr über deine Worte gefreut, was du erklärt hast, was du erzählt hast und es hat vielen schon sehr geholfen. Und der Wunsch war da, dass wir noch mal auf vegane Kinder etwas weiter eingehen. Und die erste Frage war jetzt von einer Hörerin, deren Partner nicht vegan lebt, sondern mittlerweile immerhin vegetarisch, deren Kinder auch noch nicht von Geburt an vegan leben. Die Kinder sind jetzt ungefähr drei und fünf oder sechs und da ist auch die Frage wie kommuniziere ich das denn den Kindern gegenüber, dass jetzt ich selbst als Mutter vegan lebe, aber der Vater lebt halt vegetarisch. Und wie mache ich das denn, dass ich sage “warum lebe ich jetzt vegan”, ohne zu sagen “Na ja, der Vater ist halt böse oder die Großeltern sind böse, weil sie eben nicht vegan leben”?

Tamara Ja, das ist eine super gute Frage, weil das ja ein Konflikt ist, den ganz, ganz viele sozusagen haben. Und ich finde es total spannend, dass genau diese Bewertung der Partner ist böse, wenn er eben noch nicht vegan lebt. Oder generell nicht vegan lebende Menschen, die Angst davor, dass nicht vegan lebende Menschen sozusagen als böse bewertet werden könnten von den Kindern, ist eigentlich eine ganz schöne Projektion, weil Kinder da viel, viel liebevoller und einfacher auch mit umgehen. Das heißt, diese Angst, die da dahinter steckt, ist meistens die Angst von dem Elternteil, und ich kenne das von mir selber auch sehr gut. Ich hatte diese Angst auch, aber die lädt eigentlich dazu ein, dass man sich selbst viel, viel intensiver nochmal mit diesem Thema und vor allem mit den ganzen Bewertungen, die man auch hat, auseinandersetzt und die sozusagen nicht auf die Kinder überträgt. Weil meine Erfahrung ist, dass diese emotionale Schwere dieses Thema halt häufig für uns Erwachsenen hat, für Kinder gar nicht so emotional schwer sich anfühlt. Das heißt, Kinder können ganz gut trennen, wenn man ihnen einfach erklärt okay, es gibt die Kategorie vegan, wir machen das aus den und den Motiven. Und es gibt Menschen, die essen halt anders, ernähren sich halt anders. Und da gibt es gar nicht so einen riesen Diskussionsbedarf bei Kindern. Die akzeptieren das einfach, weil sie sozusagen nicht diese Entweder-Oder-Kategorie haben, sondern bei Kindern funktioniert das mit dem “Und” viel, viel besser noch als bei uns, also bei uns ist ja häufig dieses schwarz-weiß: entweder vegan oder nicht vegan. Und da hängen halt diverse Bewertungen mit dran. Und bei Kindern ist es halt okay, wir machen das hier so und da ist es halt anders. Da sind Kinder wirklich sehr flexibel.

Stefanie Und wie würdest du das machen, wenn das Kind jetzt sagt: “Aber Papa, der isst derzeit Käse, warum macht er das denn?” Also wenn das Kind tatsächlich so nachfragt, warum das so ist, was würdest du da antworten?

Tamara Ich würde da wirklich ganz transparent und auch authentisch mit umgehen. Einmal transparent, dass man einfach erklärt und da ist natürlich das Wissen über Karnismus sehr, sehr hilfreich, dass man einfach sagen kann, es gibt unterschiedliche Gewohnheiten, Menschen haben unterschiedliche Dinge gelernt und manche von uns haben eben gelernt, dass es völlig normal ist bzw. einfach die Gewohnheit ist, Käse aus Kuhmilch zu essen. Und wir oder ich habe mich halt entschieden, diesen Käse nicht mehr zu essen, weil ich das nicht gut finde, wie es mit den Kühen zum Beispiel umgegangen wird und mehr bedarfs eigentlich gar nicht. Also man muss das dann nicht alles total einordnen und wieder kategorisieren in gut oder schlecht. Das hat das Kind also gar nicht so das Bedürfnis häufig danach, kommt natürlich auch noch ein bisschen drauf an, wie alt die Kinder sind. Aber jetzt gerade bei so kleinen Kindern, würde ich sagen, reicht das erstmal aus.

Stefanie Ich stell mir das so vor, also mein Mann lebt ja auch vegan, das heißt, wir haben die Situation hier nicht. Aber wenn ich mir jetzt vorstelle, meine Schwiegereltern, die nicht vegan leben und wir würden das mit denen zusammen am Tisch diskutieren, dass mein Kind dann sagt “Warum isst Opa denn das und das?” Und Opa hört zu, während ich das erkläre, dass Opa sich vielleicht angegriffen fühlt. Würdest du dann eher das unter vier Augen führen, das Gespräch mit dem Kind, und nicht in Anwesenheit des nicht veganen Parts?

Tamara Das hat natürlich total was mit den Beziehungsqualitäten innerhalb der Familie oder auch zu tun. Das heißt einmal natürlich, okay, welche Themen bespreche ich generell unter vier Augen mit meinem Kind und da kann ja beides wichtig sein. Einmal ein Vier-Augen-Gespräch sowohl mit dem Kind, als vielleicht auch mit dem Opa. Als Vorbereitung für dieses Familiengespräch. Weil wenn die Kinder lernen, dass da jetzt nichts Schlimmes dran ist an dem Thema, dann haben die sicherlich auch das Bedürfnis, mal mit allen sozusagen zu besprechen. Und auch da ist es natürlich wichtig, dass man die Bewertungen rauslässt. Also man kann ja wirklich, also quasi die Bewertung der Person rauslässt. Man kann ja sagen, das Verhalten sehe ich anders. Ich habe da einen anderen Standpunkt dazu, aus dem und dem Grund und trotzdem habe ich den Opa lieb. Und das ist ja sozusagen das, was wichtig ist für die Kinder, dass sozusagen die Beziehungen gewahrt werden. Und ich finde, das ist eigentlich eine total große Chance auch für unsere Kinder, dass sie sozusagen mit einer anderen Verständnis auch groß werden. Ja, weil nämlich das Verhalten ist ja nicht gleich der Person, sondern man kann ein Verhalten von einer Person ablehnen, obwohl man sie sehr gerne hat.

Stefanie Und noch etwas zu diesem Thema. Also da war auch noch eine Frage zusätzlich zum Essen. Also das Thema probieren wollen von anderem Essen zulassen oder verbieten. Ich lese das immer einmal kurz vor, sei es nun woanders oder in der Familie, denn gerade unsere 3-jährige möchte häufiger mal beim Papa Vegetarisches probieren. Oft nimmt sie dann auch eine Alternative. Manchmal darf sie aber auch einmal kosten. Da sind wir also nicht immer so ganz konsequent, obwohl wir uns einig sind, die Kinder eigentlich vegan zu ernähren. Was sagst du denn dazu?

Tamara Das finde ich total spannend. Also wenn sich die Eltern sozusagen einig darüber sind, dass sie ihre Kinder vegan ernähren wollen, warum ernährt sich der Partner zu Hause dann nicht auch vegan? Also ich kann das ja total verstehen, wenn da eine Uneinigkeit herrscht zwischen den Partnern, zwischen den Eltern. Der eine sagt vegan, der andere sagt zum Beispiel vegetarisch, dass dann natürlich alles auf den Tisch kommt, was die Partner oder die Elternteile sagen und die Kinder dann sozusagen beides tatsächlich auch als Auswahl haben. Klar, verstehe ich. Spannend finde ich es jetzt in diesem speziellen Fall, wenn man sich schon einig ist, dass man die Kinder vegan ernähren möchte, dann wäre für mich, zum Wohle der Kinder sozusagen, um die nicht in diesen Konflikt zu bringen, dass sie also unterschiedliche Kategorien zu Hause haben. Wäre dann eher die Frage, warum lässt sich der Partner nicht auch auf vegan zumindest zu Hause ein? Also da würde ich eher dann nochmal gucken, was da für Schwierigkeiten sind.

Tamara Das andere ist, dass natürlich auch da, finde ich, gibt es kein richtig und falsch. Da gibt es keinen richtigen Ratschlag sozusagen, sondern es geht immer für mich darum, dass man einen Kompromiss findet, wo jeder, also vor allem die Erwachsenen, sich wohl mit fühlen oder zumindest mit anfreunden können. Weil wenn der erwachsene Elternteil sich nicht wohlfühlt, dann überträgt sich das immer auf das Kind. Das heißt, wenn das Kind Probleme hat, dann darf man immer erst mal bei sich selber hingucken, was sozusagen bei einem selbst der zugrunde liegende Konflikt ist. Deswegen würde ich tatsächlich sagen, es gibt da keinen Ratgeber, sondern es ist wirklich auch eine Frage jetzt, unabhängig von dem Thema, wie tolerant gehen wir innerhalb der Familie miteinander um? Wie offen thematisieren wir unsere Gefühle? Wie wertungsfrei können wir auch mit den Gefühlen der anderen Personen umgehen? Fühlen wir uns schnell angegriffen? Gibt es da emotionale Verstrickungen, die schwierig sind? Ja, irgendwelche Dynamiken? Haben wir bestimmte Muster, in denen wir immer wieder reagieren, sozusagen das erst mal sich anzugucken, bevor man da sozusagen dieses Thema auf die Kinder projiziert und bei den Kindern dann anfängt herumzudoktern in Anführungsstrichen. Also ich habe wirklich immer die Erfahrung gemacht, wenn die Eltern fein sind mit dem wie sie es für sich handhaben, ist es für die Kinder auch in Ordnung.

Stefanie Okay, jetzt noch aus einer anderen Familie, wo alle vegan leben, also die Eltern und die drei Kinder, hat die Mutter starke Probleme damit, wie sie reagieren soll, wenn andere Kinder, also befreundete Kinder, die auch schon so im Grundschulalter auf jeden Fall sind, bei denen sind und über Fleisch schwärmen, zum Beispiel, und sagen “Mama sagt, mit Fleisch werde ich groß und stark” und sie weiß einfach nicht, was sie dazu sagen soll. Das verschlägt ihr halt jedes Mal die Sprache.

Tamara Ja, da ist es natürlich auch gut, sozusagen, wirklich Karnismus zu verstehen und sich nicht emotional oder persönlich angegriffen zu fühlen dann in dem Moment, sondern es wirklich sozusagen auch ein bisschen Distanz reinzubekommen über dieses Verständnis, über Karnismus und seine ganzen psychischen Mechanismen, die da eben mit involviert sind. Und was meine Erfahrung ist, ist da einfach ganz gut zu sagen, darauf einzugehen, zu sagen Ja, das stimmt, Viele Menschen haben genau dieses Denken, dass es so ist. Wir können ja mal gucken, ob das tatsächlich so stimmt. Und da kann man ja sehr gut ins Tierreich gehen und sich zum Beispiel da mal die großen, starken Tiere raussuchen, wie zum Beispiel ein Elefant oder ein Gorilla und sagen “okay, was sind denn hier die großen, starken Tiere?” Und quasi mit den Kindern wirklich ins Gespräch zu gehen und das so ein bisschen mehr wie so eine Forscherinnen-Herangehensweise sozusagen aufzuziehen, um aus diesem persönlichen Angriff, der ja häufig unter emotionaler Betroffenheit sozusagen rauszukommen und das wirklich ein bisschen spielerischer mit Kindern zu besprechen, weil die merken ganz schnell, dass das nicht unbedingt das einzig Wahre ist, sondern dass es einfach unterschiedliche Perspektiven und unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema gibt. Und das ist ja auch okay. Ja, ich finde, das ist sozusagen, das darf man sich auch langfristig überlegen. Wenn wir jetzt gerade noch die Mehrheit karnistisch sozialisiert ist mit genau diesen Glaubenssätzen, dann ist der nächste Schritt nicht, dass die Mehrheit vegan mit veganen Glaubenssätzen sozialisiert wird, sondern dann ist sozusagen die Frage wie können wir Karnismus erst mal aufweichen. Und der allererste Schritt ist, dass wir ein Bewusstsein überhaupt darüber entwickeln, dass das nur Meinungen sind und nicht die Wahrheit. Also keine Fakten, sondern wirklich Glaubenssätze. Und genau da finde ich, kann man sehr, sehr gut mit anderen erwachsenen Ansätzen, aber eben auch mit Kindern, dass die da ein Bewusstsein schon entwickeln. Okay, meine Mama sieht es so, die Mama von Paul sieht es aber so und die von Linda sagt das und das dazu.

Stefanie Ja, okay. Ich habe noch selber eine Frage. Tatsächlich? Nicht nur Hörer Hörerinnen fragen. Und zwar so Bauernhof-Bücher. So was also habe ich jetzt. Haben wir jetzt nicht mehr so das Thema. Mein Kind ist ja jetzt schon neun, aber hatten wir auch. Also gerade bei so kleineren Kindern hat man das ja meistens so im Regal, oder? Wie gehst du damit um? Zensierst du so was? Kaufst du das gar nicht? Nutzt du nur Alternativen? Wie machst du das?

Tamara Das ist eine total coole Frage, weil ich immer beim Vorlesen Bücher umgedichtet habe. Also nicht nur die Bauernhofbilder, das sind bei mir generell Lebenshofbücher, weil die Wahrheit des Bauernhofes wird ja in keinem Buch thematisiert. Es wird ja nie gezeigt, dass ein Tier geschlachtet wird oder gegessen wird. Deswegen kann man sehr gut Bauernhofbücher in Lebenshofbücher umdichten. Ich habe das übrigens auch bei Genderthemen immer gemacht. Ich habe einfach die Figuren ausgetauscht. Ja, ich habe das Mädchen dann einfach mit einem Jungennamen vorgelesen und den Jungen mit dem Mädchennamen, um da sozusagen bisschen Abwechslung und Diversität reinzubekommen. Und das ist doch mega cool. Solange das Kind noch nicht lesen kann, kann man das easy sozusagen machen und muss nicht nur neue Bücher kaufen. Ähm, aber klar, es ist natürlich auch total schön, wenn man vegane Bücher oder Geschichten zu Hause hat. Da gibt es ja leider aber nicht so viele und die wenigsten sind positiv, sondern es sind ja viele auch sehr schwer. Oder mit traurigen Inhalten. Genau.

Stefanie Ja, also mich hat das immer mit Mama Muh zum Beispiel gestört, dass da nie irgendwo ein Kälbchen auftaucht. Aber die werden immer alle zum Melken gebracht und das habe ich dann irgendwann auch mal thematisiert. Dann, als mein Kind ein bisschen älter war und da, als er angefangen hat mit Mama Muh, da waren wir noch vegetarisch. Das heißt, das ist uns nicht aufgefallen, das ist quasi mit uns so ein Prozess gewesen. Aber heute würde ich das eben auch dann wieder anders machen. Und deinen Ansatz finde ich total cool, so zu dichten, einfach zu sagen, das ist ein Lebenshof oder generell das einfach anders vorzulesen.

Tamara Das ist total super. Und das Coole ist ja also auch vegane Ersatzprodukte, die sehen ja einfach genau gleich aus. Das heißt, wir sagen dann halt, okay, ist halt ein Pflanzenkäse oder Mandelkäse oder das ist halt jetzt ein Haferdrink oder eine Tofu-Salami. Also, das machen wir schon auch und ich finde es aber auch sehr cool, was du jetzt gesagt hast. Man ist doch auch selber immer in einem Prozess und das ist wirklich eine Erfahrung, die ich so häufig mache, dass, wenn wir vegan werden oder geworden sind, dann suchen wir halt so krass nach Sicherheit, weil das ist ja eine ganz tiefe Verunsicherung einfach auch mit sich bringt, dass wir erleben, dass das, womit wir aufgewachsen sind, wenn wir vorher vegetarisch waren, wo wir schon dachten, wir verhalten uns schon ethisch korrekt und dann kommt auf einmal raus: Oh mein Gott, das stimmt gar nicht. Das ist so eine krasse Verunsicherung, die viele auch wirklich mit sich tragen. Und da ist es eine total normale Reaktion, dass wir dann versuchen, ganz viel Sicherheit uns zu erschaffen im Außen. Und wichtig ist aber aus meiner Perspektive, dass wir uns wirklich erlauben, dass wir diesen Prozess teilen. Nicht nur mit unseren Kindern, sondern auch mit unseren Familienangehörigen, auch mit Fremden. Dass es nicht darum geht, jetzt die die beste, überzeugendste, unangreifbarste, perfekteste Veganerin zu sein, sondern dass es wirklich darum geht, genau andere Menschen in diesen Prozess mit rein zu nehmen, auch in den emotionalen Prozess, weil das der absolute Türöffner ist für dein Gegenüber. Weil dieses Ich muss jetzt total hier, darf nur noch richtige Argumente bringen, muss das beste Argument bringen, muss total überzeugend sein, darf überhaupt keine Ambivalenz auch gegenüber meinem Kind spüren. Also auch nicht. Das darf kein Konfliktthema sein. Es ist doch Quatsch. Es ist doch ein Konfliktthema und das ist das authentischste und auch das einladendste, das zu thematisieren, anstatt zu sagen “okay, ich sehe das jetzt so und so und das ist das einzig Wahre” und die Vergangenheit so ein bisschen abzuschneiden und gar nicht mehr zu thematisieren, das ist ja eigentlich das, wo es dann auch in Gesprächen häufig sehr anstrengend wird, weil dann alle nur noch recht haben wollen und sich gegenseitig versuchen zu überzeugen und man sozusagen die persönliche Beziehung eigentlich total verliert.

Stefanie Ja, also ich merke das halt auch bei uns, dass wir da, als wir eben vegan geworden sind und das Kind war so zweieinhalb ungefähr, da hat es natürlich noch nicht so viel verstanden von dem, was wir da gemacht haben. Das heißt, da kommen Gespräche dann auch so im Nachhinein, dass ich dann sage, ja, wir waren halt auch früher so und deswegen können wir das eben auch verstehen, dass andere Menschen vielleicht diesen Weg einfach noch nicht gegangen sind oder das noch nicht irgendwie so sehen, wie wir das sehen. Und das hilft. Unserem Kind hilft das sehr. Aber natürlich kommt das ja ganz individuell auch wieder auf den Weg an. Wenn jetzt das Kind natürlich schon vegan geboren wird, sage ich mal, wie deine beiden Jüngeren, dann ist das ja auch eine ganz andere Voraussetzung. Wenn du dann schon fest bist in deinen Argumenten, deiner Überzeugungen, deinem Wesen vielleicht auch. Bei mir war es halt viel so, dass ich erst mal meine Werte neu sortieren musste und so einen ganzen Weg gehen muss, bis ich überhaupt da einen Weg gefunden habe, damit umzugehen. Und vielleicht ist es auch eigentlich eine ganz gute Überleitung zur nächsten Frage, denn ich hatte damals tatsächlich im Kindergarten, wir sind quasi vegan geworden und das Kind kam dann in den Kindergarten, hatte ich eine kurze Phase, wo ich gedacht habe “Oh ja. Kinder müssen selbst entscheiden können, was sie essen dürfen und deswegen darf mein Kind, obwohl es vorher nur vegetarisch gelebt hat, jetzt auf einmal alles essen.” Und mein Kind war total überfordert damit. Also er ist damit gar nicht klar gekommen und hat dann auch darum gebeten, tatsächlich, dann war er schon drei, hat darum gebeten, dass ich wieder sage, was er jetzt essen kann und was nicht.

Tamara Ja, ganz spannendes Thema. Auch ein riesen Streitpunkt oder ein riesen Konfliktthema, auch bei ganz vielen, weil ja viele tatsächlich Angst haben, ihre Kinder da in irgendeinen Druck oder Zwang sozusagen reinzugeben. Und da finde ich es auch einfach nochmal total wichtig, sich bewusst zu machen, dass eine karnistische Lebens- oder Ernährungsweise, also Tiere zu essen, auch einen Zwang und einen Druck sozusagen darstellen. Ja, in unserer aktuellen Gesellschaft. Also die Mehrheit hat sich ja nie bewusst und selbstbestimmt und frei und reflektiert dafür entschieden, Tiere zu essen, sondern ist genau so von klein auf geprägt worden und so aufgewachsen, dass das irgendwie normal ist und selbstverständlich und einfach dazugehört. Obwohl das so heftige ethische Konsequenzen oder auch Umweltkonsequenzen auf unsere Umwelt hat. Und da finde ich es total spannend, dass das eigentlich totales Minderheitenproblem ist, was du beschreibst. Also wir lehnen sozusagen ein Verhalten ab und nur in Anführungsstrichen, weil es von der Mehrheit als soziale Norm akzeptiert ist, denken wir, wir müssten unser Kind sozusagen die Wahl überlassen, ob es jetzt zu diesem mehrheitlichen Verhalten sich dafür entscheiden möchte oder nicht. Und wenn man sich das unter dieser Perspektive mal anschaut, dann muss man einfach sagen: “Unser Kind hat ja fast gar keine Wahl, wenn wir ihm die Wahl lassen, sondern es beugt sich, wenn, dann dem sozialen Druck, den eine soziale Norm sozusagen ausübt.” Aber es ist weder von seiner emotionalen noch von seiner kognitiven Reife in der Lage, mit 3,4,5,6,7 wirklich frei zu entscheiden. Und was würde das denn eigentlich bedeuten, frei zu entscheiden, dass ich mich sozusagen gegen 90 % der Gesellschaft richte? Das ist ganz schön viel erwartet von so einem Kind. Und ich finde, dass es eher dazu führt, dass wir die Verantwortung abgeben und uns auf unser Kind sozusagen aufladen und unser Kind ein bisschen auch alleine lassen, in dem Moment, weil wir sozusagen für uns selbst die innere Stärke oder die Kraft innerlich nicht haben, eine klare Position einzubeziehen. Übertragen wir die Verantwortung auf unser Kind und überfordern es aber gnadenlos damit. Und ich hatte das ja auch erzählt, glaube ich, mit meiner größten Tochter, die sozusagen in diesen zwei Welten aufgewachsen ist. Und ich muss sagen, in dem Moment, wo ich ganz klar und auch ganz resolut Position bezogen habe, hat sich das Ganze auch entspannen können, weil ich dann ihr nicht mehr die Verantwortung sozusagen abgegeben habe oder überlassen habe, sie alleine gelassen habe, sondern sie hat einfach eine ganz klare Haltung, kennt sie von mir und daran kann sie sich natürlich auch abarbeiten. Also ich bin dann ein Gegenüber und dann kann sie rebellieren. Das kann sie natürlich auch mal scheiße finden, aber mir ist es lieber, sie findet das dann mal scheiße, anstatt dass sie sich allein gelassen fühlt. Und ich finde das eigentlich auch unsere Aufgabe als Eltern, genau das auszuhalten, dass wir auch mal scheiße sein dürfen. Für und bei unseren Kindern. Und dass wir halt da ganz klar sagen: “okay, das sind meine Regeln”. Und die können ja unterschiedlich sein. Ich kenne vegane Eltern, die sagen, für mich ist es okay. Also wirklich okay, wenn mein Kind vegetarisch isst im Kindergarten. Ich kenne aber auch ganz viele, die sagen, es geht nicht anders und die fühlen sich total unwohl damit. Und dann würde ich sagen, geht es eher darum, zu sich zu stehen, das zu respektieren, auch sich selbst zu respektieren, da integer, sich selbst gegenüber zu sein und sich dann eher zu überlegen okay, ich brauche jemand oder ich brauche vielleicht Unterstützung, um mich innerlich zu stärken, dann hole ich mir die, damit ich da einen anderen Umgang oder eine andere Lösung finde. Und meine Erfahrung ist da tatsächlich, wenn man ins Gespräch geht mit anderen, auch mit Einrichtungen, dass es Lösungen gibt. Man muss aber halt fragen, wenn man sich noch nicht mal traut, das Thema überhaupt anzusprechen und zu fragen: “Hey, wie sieht's aus? Kann ich vegane Alternativen mitbringen? Kann ich das Mittagessen selber mitbringen?” und und und. Dann kann man auch keine Lösung finden.

Stefanie Ja, das passt jetzt super, was du gerade alles erzählt hast. Zu der letzten Frage, die ich hier noch bekommen hatte zum Thema Kita-Schule. Sonderrolle aufgrund anderen Essverhalten, anderes Essen, mitgebrachtes Essen, Gefahr des Außenseitertums hierdurch. Also wie kann man diese Außenseiterrolle vermeiden, vorbeugen und das eigene Kind unterstützen und emotional stärken? Das war noch so wichtige Themen, die Antworten suchten.

Tamara Das finde ich auch eine mega tolle Frage. Aus der Mobbingforschung weiß man und es ist immer hart, gerade für Menschen, die Mobbingopfer sind, dass es eben auch was mit der Person zu tun hat, die gemobbt wird. Das hat jetzt nichts damit zu tun, dass jemand, der gemobbt wird, irgendwie selbst schuld ist. Aber das sagt was aus, dass es eine bestimmte Vorerfahrung dieser Person gibt, die Opfer von Mobbing zum Beispiel wird, zum Beispiel geringen Selbstwert, ja, wenig Selbstvertrauen, Selbstsicherheit, die fehlt und und und. Und da geht es wirklich nicht darum, dass irgendjemand selbst schuld ist, wenn er irgendwie ausgegrenzt wird oder so. Das gar nicht. Und genau da finde ich, kann man aber mega gut ansetzen, auch bei uns. Also erstmal wäre für mich wieder: Fühlen die Eltern sich als Außenseiter? Fühlen wir Veganer:innen uns als Außenseiter oder können wir die Perspektive einnehmen: Hey, wir sind hier die Pionier:innen eigentlich in der Gesellschaft? Ja, wir gehen wirklich einen komplett neuen Weg. Wir haben komplett andere, neue Visionen für die Welt und wir sind die, die vorangehen. Wir sind die Allerersten. Und natürlich ist es ungemütlich. Ja, also es ist wirklich ungemütlich, weil wir ja ins Dunkle reinlaufen und also einen Weg gehen, den vorher noch keiner gegangen ist und dann auch noch ganz schön krassen Gegenwind sozusagen von der Mehrheit der Gesellschaft bekommen, weil die sagen: “Hey, was machen ihr da, das wollen wir aber gar nicht, wir fühlen uns eigentlich ganz wohl, wo wir jetzt gerade sind, da wollen wir aber nicht wirklich hingucken.” Und jetzt geht es darum, dass wir natürlich diese, also erst mal uns selbst sozusagen, dafür abfeiern, wirklich Hardcore abfeiern müssten, was wir Geiles hier gerade machen, dass wir uns überhaupt dafür entschieden haben, dass wir den Mut haben, dass wir die Kraft haben, die Stärke haben, freiwillig in eine Minderheitenrolle zu gehen. Und dass wir aufhören sollten, uns selbst als Außenseiter Minderheit zu sehen, sondern wirklich, wir sind die Minderheit, die vorangeht, wir sind die Pionierinnen innerhalb der Gesellschaft. Und wenn wir das sozusagen auf unsere Kinder dann auch übertragen können, dass wir unsere Kinder darin abfeiern können, dass es eine krasse innere Stärke einfach auch ist, zu sagen: “Hey, nur weil ihr alle anderen das anders macht, find ich's nicht richtig oder mach ichs anders?” Natürlich bedarf das ein ganz schönes Selbstvertrauen und Selbstsicherheit und genau das brauchen noch unsere Kinder. Die sollten viel mehr gestärkt werden in dieser Selbstsicherheit, in ihrem Selbstwert, dass sie eben nicht zu Mitläufern werden, zu Menschen werden, die lieber die Klappe halten, weil es irgendwie unangenehm sein könnte. Die sich unterdrücken lassen, nur weil jemand vielleicht ein Lehrer ist und der in der Hierarchie ein bisschen weiter oben steht. Das wollen wir doch gar nicht. Wir wollen doch selbstdenkende, selbstverantwortliche junge Menschen, die wirklich auch in der Lage sind, hier was Neues auch zu kreieren, weil wir brauchen das ja und das ist wirklich so, finde ich, auch wieder phänomenal, wenn wir es sozusagen schaffen, unsere innere Perspektive zu switchen. Und das ist nur eine Perspektive, da braucht es noch nichts im Außen, nur die Frage, wie bewerte ich das als Außenseitertum oder bewerte ich das als etwas, wo man sich echt mächtig auf die Schulter klopfen kann? Allein das macht schon so viel aus, macht einen riesen Unterschied.

Stefanie Und hast du da konkrete Tipps? Vielleicht, wie du jetzt deine eigenen Kinder stärkst? Also vielleicht, ie kleineren sind da ja noch nicht so sich dessen bewusst. Aber vielleicht deine ältere Tochter.

Tamara Auf jeden Fall. Die kleineren lieben das auch. Also wenn du dir mal anguckst: kleine Kinder haben überhaupt kein Problem zu sagen; “Hey, ich liebe mich, ich find mich richtig super”, das ist ja ihre Natur, sozusagen sich selbst gut zu finden. Und was passiert bei uns im Laufe der Jahre? Gerade Pubertät und so finden sich alle nur noch scheiße. Das ist ja ein riesen Problem. Und dem können wir entgegenwirken, indem wir wirklich uns erlauben, dass wir unsere Kinder abfeiern können, also richtig abfeiern und wertschätzen. Ja, also auch wirklich sagen: “Hey, du bist einfach nur dadurch, dass du bist, dein Sein ist schon ein riesen Geschenk”. Ich sag meinen Kindern zum Abends immer: “Ich liebe dich und bin super dankbar dafür, dass ich deine Mama sein darf.” Ja, ich sage ihnen regelmäßig: “Hey, du bist so ein tolles Kind. Ich find dich einfach super.” Allein das. Das sind Sätze, die haben wir nicht unbedingt gehört. Also unsere Generation, geschweige denn unsere Eltern. Natürlich konnten die das uns auch nicht sagen, weil die das selber auch nicht gehört haben. Ja, da war ja schon die größte Weiterentwicklung, dass die Eltern ihren Kindern gesagt haben: ”Hey, ich liebe dich”, zum Beispiel. Oder keine körperliche Gewalt mehr als Erziehungsmethode angesehen haben. Und da sind wir halt auch, finde ich, auf einem riesen Weg. Das ist alles ein Prozess und wirklich zu sagen auch meinen Kindern: “hey, ist es mega cool, wenn du dich selber auch toll findest.” Also weg von diesem. Oh Gott, es könnte irgendwie arrogant oder eingebildet sein. Nee, Eigenlob ist richtig cool. Du darfst dich selber toll finden, du darfst dich selber witzig finden. Ja, also wirklich. All das sozusagen zu fördern. Und, ja, das ist natürlich ganz viel über verbal, also ganz viel Kommunikation, weil das, wie wir mit unseren Kindern kommunizieren, so kommunizieren unsere Kinder später auch mit sich selbst. Und wie wir das von uns wissen, so wie wir mit uns selbst sprechen. Und wir haben als Erwachsene meistens noch riesengroßen Kritiker, eigenen Kritiker in uns, der uns ja sozusagen die ganze Zeit nur beschwert und sagt: “Das hast du nicht gut gemacht, das war scheiße. Ach, heute siehst auch noch kacke aus und da entspricht dem nicht so viel, wie du eigentlich sein solltest” und und und. Und genau das kommt aber darüber, dass wir halt auch so, sozusagen, mit uns selbst kommunizieren. Und dem können wir natürlich sehr entgegenwirken, wenn wir anders mit unseren Kindern sprechen.

Stefanie Ja, ich habe die ganze Zeit nur genickt. Das hört man natürlich nicht. Deswegen genau, ja, auf jeden Fall denke ich auch, dass wir da als Elterngeneration schon einiges mitgenommen haben, wo jetzt halt vielleicht auch unsere Aufgabe ist, als Eltern da einen Cut zu machen und das aufzuarbeiten, um dann das nicht weiter an die Kinder zu geben. Wobei wir natürlich automatisch ja einiges weitergeben.

Tamara Genau, und deswegen ist es halt so wichtig, dass aber auch wir Eltern mit unseren Verletzungen und Traumatisierungen, die wir erlebt haben, als Kinder, dass wir wirklich den Mut haben und auch die Bereitschaft haben, das aufzuarbeiten, um eben diesen Kreislauf wirklich zu kappen. Weil so, wie ich mit mir jetzt spreche, spreche ich natürlich auch mit meinem Kind. Ich habe auch scheiß Tage, wo ich mich selbst fertig mache und dann rutscht mir auch was fieses meiner Tochter gegenüber raus. Das ist ja total normal und menschlich, weil natürlich unsere Beziehungen immer ein Spiegel sind, wie wir in Beziehungen mit uns selbst sind. Ja, und genau deswegen ist es aber so unglaublich wertvoll und so unglaublich stärkend, wenn eine Person im System, also in meiner Familie, es reicht wirklich eine Person, wenn beide Eltern das zusammen machen, ist das natürlich noch mal cooler. Wenn die sozusagen anfängt etwas zu verändern, dann verändert man immer das System mit. Und das darf man nicht vergessen. Also es lohnt sich nicht nur für einen selbst, sondern eben auch für alle anderen um einen herum, die man sehr liebt, sogar bei den Eltern. Also ich weiß noch, wir haben vor zwei Jahren, an Silvester oder Weihnachten war das, durfte jeder einmal Konfetti schmeißen über sich selbst und wir haben gerufen: “Ich liebe mich!” Und wir haben Videos gedreht und mein Papa, meine Mama, die haben noch nie gemacht. Alle fanden es toll. Alle fanden es natürlich auch ein bisschen befremdlich. Klar, wenn man es noch nie gemacht hat. Aber die fanden, das hebt automatisch die Energie und die Stimmung. Mega witzig. Kann ich jedem empfehlen. Das wäre wirklich ein Tool, das regelmäßig auch in den Familienalltag einzubauen. Kann man auch mit Blättern, Gras Es muss ja kein Konfetti sein, kann man auch mit etwas Nachhaltigerem machen oder einfach nur so sich abfeiern.

Stefanie Da du jetzt die Eltern, also die Großeltern quasi bzw. wenn ich erwachsen bin, meine Eltern genannt hast, stelle ich dann noch eine kurze Frage, bevor wir zum Ende kommen: Und zwar ist das auch was, was ich schon öfter gefragt wurde: Wie gehe ich denn, wie kommuniziere ich als Erwachsene oder als Erwachsener mit meinen Eltern über Veganismus? Hast du da noch einen Tipp?

Tamara Ja, also das ist natürlich auch ein riesen Thema in ganz vielen Familien. Grundlage dafür ist immer, wie gesund, funktional und liebevoll ist die Beziehung dieser Eltern-Kind-Beziehung. Wenn die natürlich schon sehr konfliktreich ist, dann werden sich diese Konflikte natürlich auch in diesem Thema weiter forttragen. Aber was ich wirklich sagen kann, ist, dass es sehr, sehr produktiv oder sehr, sehr gut ist, wenn man wirklich die Dinge proaktiv anspricht. Das heißt, man überlegt sich vorher, was für Befürchtungen könnten denn eigentlich hochkommen bei den Großeltern? Und da ist bei allen: das Kind könnte, also das Enkelkind könnte nicht genügend Nährstoffe bekommen, weil da ja wirklich diese ganzen karnistischen Überzeugungen noch sehr, sehr, stark vertreten sind und dass man wirklich das auch anspricht und sagt: “Ja, ich kann mir gut vorstellen, du hast die und die Ängste. Ich kann dir nur sagen, ich habe mich sehr intensiv damit auseinandergesetzt”, anstatt in so eine Rechtfertigungssituation zu kommen, wo man das Gefühl hat, man muss sich nur noch verteidigen. Also wirklich die Ängste ganz aktiv anzusprechen, auch das, was wir am Anfang hatten. Ich möchte, dass ihr wisst, dass ihr deswegen jetzt keine schlechten Menschen für mich seid. Also wirklich diese Themen zu enttabuisieren, weil diese Bewertungen ja bei allen stattfinden. Unsere Mitmenschen sind ja nicht doof. Ja, die wissen natürlich, wenn ich jetzt sage: “Hey, ich leb jetzt vegan und ich find es total scheiße, dass andere Tiere getötet werden.” Es ploppt bei denen natürlich direkt die Gedankenblase auf und dann denken sie: “Oje, findet die mich jetzt auch scheiße?” Diese Angst ist bei ganz vielen da. Und wirklich diese Themen ganz bewusst auch anzusprechen, das bedarf natürlich dann wieder erst mal einer intensiven Auseinandersetzung mit der eigenen inneren Welt, was eigentlich dafür Bewertungen und auch Gefühle hochkommen. Und das kenne ich ja auch von mir selbst und von ganz vielen anderen. Dass nach der Umstellung neben dieser Unsicherheit und diesem großen Schock sozusagen, den man da hat, natürlich ganz viel Wut auch hochkommt. Ich war auch so wütend, weil ich dachte, meine ganzen moralischen Instanzen in meinem Leben, wieso hat mich denn keiner aufgeklärt? Das kann doch irgendwie nicht sein. Ja, und das dann sozusagen dem Karnismus in die Schuhe zu schieben und nicht den Eltern, die dann was wieder falsch gemacht haben. Also, da bedarf es natürlich viel Reflexion.

Stefanie Ja, ich wollte auch sagen, das setzt natürlich voraus, dass ich eben meinen Eltern nicht die Schuld gebe oder sie nicht als böse abstempel, damit ich überhaupt mit ihnen so sprechen kann, dass ich dann sage: “Okay, nein, ihr seid nicht böse für mich”, aber das ist halt quasi dann die Grundvoraussetzung, um überhaupt ein konstruktives Gespräch führen zu können.

Tamara Ja, und auch die andere Meinung wieder mit reinholen. Also zum Beispiel zu sagen: “Hey, ich, für mich geht's jetzt gar nicht mehr, dass mein Kind irgendwelche tierische Produkte isst. Hast du denn da eine Idee, wie wir unsere gemeinsamen Essen zum Beispiel gestalten könnten?”, anstatt zu denken okay, ich muss jetzt hier total alles kontrollieren, muss jetzt für alle möglichen Eventualitäten schon eine Lösung haben, Vorschlag haben und sag dann nur noch hier: “Das sind meine Bedingungen. Friss oder stirb.” Das führt ja auch häufig sozusagen dazu, dass der andere sich dann vor den Kopf gestoßen fühlt, sondern auch da könnte man viel mehr wieder ins Gespräch gehen und wirklich auch zusammen nach einer Lösung schauen.

Stefanie Okay, jetzt sind wir schon wieder am Ende unserer Zeit angekommen, also danke ich dir jetzt auf jeden Fall schon mal für das, was du alles wieder beantwortet hast und für die ganzen Tipps. Hast du zum Abschluss noch irgendwie einen Tipp, der dir so auf dem Herzen liegt, was du gern noch teilen möchtest?

Tamara Ja, also was? Was ich immer wieder feststelle, ist wirklich, dass es, je besser wir mit uns selber klarkommen und ich meine jetzt nicht nur klarkommen im Sinne von: ja, okay, das irgendwie aushalten, sondern umso liebevoller und zugewanter die Beziehung mit uns selbst ist, wie wir mit uns sprechen, wie wir mit uns umgehen, das braucht es einfach, vor allem in der veganen Community, also nicht nur unter veganen Eltern, sondern generell, dass wir diese, diese Verletzungen und auch diese Traumatisierung, die viele eben mit sich mitnehmen dadurch, dass sie der Wahrheit auf einmal in die Augen blicken und diese ganze Gewalt irgendwie sehen, braucht es einfach wirklich psychische Selbstfürsorge. Und das ist sozusagen ein bisschen mein Appell an alle Veganerinnen und Veganer, da wirklich gut auf sich achtzugeben. Und ich möchte einfach auch nochmal sagen, dass es anders geht. Wir wir finden uns häufig mit Dingen ab, weil wir vielleicht in dem Moment keine Lösung sehen. Und meine Erfahrung ist aber gerade als Psychologin, dass ganz viel psychologisches Wissen noch gar nicht da ist, also dass es da wirklich noch ganz viel Aufklärung zu braucht. Und ich sehe das sozusagen mit den Menschen, mit denen ich arbeite. Was für ein unglaubliches Veränderungspotenzial diese psychologische Arbeit hat. Also das ist wirklich lebensverändernd. Kann ich so sagen, habe ich bei mir selber erfahren, weil ich auch wirklich lange, lange Depression hatte. Kannst du ganz offen sagen, über mehrere Jahre immer wieder und das sozusagen für mich auch darüber lösen konnte und das eben auch immer wieder auch bei anderen sehe, es geht anders. Wir wissen nur manchmal halt in den Situationen nicht, wie es anders geht. Und, ja, also da wirklich nochmal diese Hoffnung gibt es und es gibt Mittel und Möglichkeiten, man darf vielleicht einfach mal an einer anderen Stelle gucken und suchen, als wo man bisher gesucht hat. Das ist ja auch meistens so, wenn man denkt, man muss jetzt besonders gut aufgestellt sein in Gesprächen, dann guckt man halt, das ist jetzt das beste Argument für meinen Standpunkt, wie kann ich noch besser argumentieren? Vielleicht geht's gar nicht darum, sondern es geht darum, viel weicher wieder zu werden, viel durchlässiger, viel offener, viel authentischer und auch emotionaler. Und es geht emotional zu sein, ohne sich selbst oder andere abzuwerten.

Stefanie Ja, super. Danke für das schöne Schlusswort. Und ja, ich bin gespannt, vielleicht müssen wir dann noch mehr Folgen machen.

Tamara Sehr gerne. Lass uns einfach einen neuen Podcast machen.

Stefanie Also zu diesen ganzen Fragen. Also, von daher herzlichen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast.

Tamara Ich danke dir für deine Fragen und auch den Menschen, die jetzt hier die Fragen eingereicht haben. Vielen Dank für euch alle. Ihr seid toll.

Folge 115 - Katinka Ehret über den veganen Weltschmerz

Ein Beitrag

Folge 115 - Katinka Ehret über den veganen Weltschmerz

In dieser Folge habe ich Katinka Ehret zu Gast.

Ich spreche mit ihr über ihren Weg aus dem veganem Weltschmerz und wie sie es geschafft hat, nicht in dem allgegenwärtigen Tierleid zu versinken.

Sie dachte lange Zeit selbst, dass sie kein Recht habe, glücklich zu sein, so lange andere Lebewesen leiden.

Als sie herausfand, dass sie zunächst sich selbst heilen muss, um kraftvoll für alle anderen Lebewesen da zu sein, war das für sie der Weg aus ihrem Leid heraus in ein glückliches Leben.

Links zur Folge

Vollständiges Transkript

Stefanie Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und in dieser Folge freue ich mich, wieder einen Gast zu haben. Und zwar spreche ich mit Katinka Ehret, die viel zum Thema veganer Weltschmerz zu sagen hat. Und ich widme diese Folge Maria und allen, denen es ähnlich geht wie dir, Maria. Ich habe Katinka einige Fragen gestellt, wie sie es geschafft hat, aus diesem tiefen Schmerz heraus und wieder ins Leben zurückzufinden und wie sie dieses Wissen an andere weitergibt. Und dann wünsche ich dir viel Freude mit dieser Folge.

Katinka Ja, hallo Stefanie, ich freue mich, dass ich hier bei dir im Podcast sein darf. Ich bin Katinka Ehret und manche kennen mich vielleicht schon. Ich nenne mich ganz gerne auch Wachrüttler und vegane Expertin, spiritueller Coach. Ich weiß nicht. Es sind alles so Bezeichnungen, die versuchen zu beschreiben, was ich tue und wofür ich losgehe. Letzten Endes geht es darum, dass ich Menschen begleiten möchte, in ihre innere Kraft zu kommen, ihren inneren Frieden zu finden. Dass ich aufgrund meiner Reise, die ich selber erlebt habe, über die wir ja auch gleich noch ein bisschen intensiver sprechen werden, gespürt habe, wie wichtig es ist, dass wir innerlich heile werden, dass wir innerlich in unsere Kraft und Größe kommen. Und das war nicht immer so bei mir.

</p><p>In meinem ersten Leben war ich Projektleiterin und Eventmanagerin und habe da auch im Büro, auch bei einem Pharmakonzern damals mal gearbeitet, dann eine Agentur und irgendwann habe ich gesagt, das ist nicht das, was mich glücklich macht, ich kann das gut und ich ziehe da irgendwie auch eine Genugtuung raus und kann mich irgendwie auch beweisen, indem ich die Karriereleiter nach oben gekrabbelt bin. Aber es hat mich nicht zufrieden gemacht, es hat mich nicht glücklich gemacht und ich habe halt irgendwann auch gespürt, ich möchte gerne etwas machen, was Mehrwert für Menschen bedeutet, anderen Menschen vielleicht auch bei ihren ganz persönlichen Zielerreichungen zu helfen. Und ja, da ging es dann darum, dass ich mit den Menschen trainiert habe.

</p><p>Ich habe eine Personal Trainerausbildung gemacht und habe da eben fünf Jahre lang gearbeitet mit den Menschen und durfte feststellen, wie schön das ist, wenn man eins zu eins auch mit Menschen, vor allem auch in ihren persönlichen Lebenswandel arbeitet, um dann festzustellen, dass wir noch so viel im Äußeren arbeiten können, wenn es im Innen nicht stimmt. Also auch da wieder. Da ging dann mein Weg hin zu der inneren Arbeit, hin zu dem Verständnis, wenn wir komische Glaubenssätze haben, wenn wir komische Überzeugungen in uns tragen, wenn wir die falsche Motivation haben, dann rödeln wir uns im Außen ab und vielleicht haben wir kleine Ergebnisse, haben wir auch große Ergebnisse. Aber im Zweifel kosten die unfassbar Energie und sind nicht nachhaltig. Und das hat mich dann quasi letzten Endes dahin gebracht, wo ich jetzt heute bin, nämlich dass ich verstanden habe, dass ich unfassbar gerne verstehen möchte, wie unser Verstand funktioniert, wie unsere inneren Prozesse funktionieren, wie unsere Seele funktioniert, wie dieses zusammen, diese Dinge zusammen funktionieren und dabei Menschen zu helfen, sich selbst besser zu verstehen, um in diese Größe zu kommen, um inneren Frieden zu finden, um wirklich auch das Warum zu finden.

</p><p>Und ja, das ist letzten Endes das, was mich, glaube ich, am besten beschreibt, was ich jetzt gerade tue, wer ich bin und wo ich herkomme. Und ich bin sehr dankbar über den Weg, den ich bis jetzt gehen durfte. Weil ich bin zutiefst überzeugt, dass alle Schritte in unserem Leben dazu beitragen, dass wir genau das tun können, was wir jetzt tun. Und genau so konnte ich jetzt für den Happy Soul Summit, den wir ja zum Beispiel Anfang des Jahres gemacht haben, meine Event Manager Tätigkeiten in meinem ersten Leben sehr, sehr gut gebrauchen.

Stefanie Seit wann lebst du denn schon vegan und wie bist du denn dazu gekommen?

Katinka Also ich lebe vegan, ich muss ein bisschen überlegen. Ich lebe jetzt mittlerweile seit vier Jahren. Ich habe, glaube ich, ein halbes - 3/4 Jahr gebraucht, um vom Omnivore über den Vegetarismus zum Veganismus zu kommen. Und also passiert ist das bei mir damals, weil ich auf Facebook zufälligerweise in Anführungsstrichen einen Minifilm gesehen habe, wo eine Gruppe von jungen Aktivist·innen auf der Straße eine neue Milchsorte verköstigt hat in so kleinen Plastikbecherchen. Und sie haben die Passanten gefragt in dem Video, ob sie mal probieren möchten und wie sie ihnen schmeckt und ob sie die kaufen würden. Und es war halt eine Blindverköstigung und viele sind einfach stehen geblieben und haben probiert und haben dann gesagt: ja, schmeckt gut, irgendwie ein bisschen süßlicher und ja, würde ich kaufen. Was ist das denn für eine spannende, neue Milchsorte? Und letzten Endes haben sie dann am Schluss gesagt bekommen, dass das Hundemilch ist. Und das war der Moment, wo bei mir als Zuschauerin, also wo ich das Video einfach nur gesehen habe, wo ich in mir merke: Huch, irgendwas ist hier komisch, was warum stößt mir das irgendwie gerade sauer auf? Und warum ist das so komisch? Und ich durfte die Reaktionen von den Menschen im Video auch sehen. Von den Passanten, die diese Milch gerade eben noch als lecker und süßlich bezeichnet haben und dann gesagt haben: So was, ist ja ekelhaft. Wie könnt ihr uns so was zu trinken geben? Manche haben sie sogar ausgespuckt, manche haben irgendwie das Gesicht verzogen. Ich weiß nicht mehr so genau die Reaktion, aber sie waren sehr in diese Richtung. Das heißt, da war auf einmal großes Entsetzen und großer Ekel, vielleicht sogar auch ein große Ablehnung gegen das, was ihnen da angeboten wurde, obwohl zwei Sekunden früher noch alles okay war und sie total lecker geschmeckt hat.



</p><p>Und das hat bei mir unfassbar viel ausgelöst, weil ich schon immer eine Fragerin war und immer hinter die Kulissen gerne blicke und nicht einfach irgendwie mit dem Strom schwimme, sondern sage: Ja, ich mache mein Ding, weil ich einen Grund für mich gefunden habe, ein gutes Warum gefunden habe. Weil ich einen Sinn darin sehe und nicht, weil es alle machen. Und dann dachte ich okay, warum? Warum ist jetzt Hundemilch komisch? Warum ist es komisch Hundemilch zu trinken anstatt Kuhmilch? Und Kuhmilch ist normal. Und das war der Moment, wo ich angefangen habe zu hinterfragen, recherchiert habe, Videos angeschaut habe, Bücher gelesen habe und vor allem die Dokus. Auch die, die es damals schon gab und die es ja jetzt immer noch mehr gibt. Also spätestens bei Earthling saß ich dann zwei Stunden lang oder anderthalb Stunden lang weinend auf der Couch und war fassungslos über mein Nichtwissen. Bis dahin, meine Ignoranz kann ich es gar nicht nennen, weil ich glaube, es war tatsächlich einfach Nichtwissen, nicht bewusst darüber sein, was da wirklich tatsächlich passiert. Sich nicht damit auseinandersetzen. Ich war fassungslos, was in der Welt passiert. Ich dachte zwischendrin, das sind gefakte Bilder, um dann einfach festzustellen, die eine Doku spricht davon, die andere Doku spricht in anderen Facetten davon. Viele andere Menschen sprechen darüber, viele Bücher sprechen darüber, viele Dokumentationen. Also genau das war der Moment, wo ich dann gedacht habe: okay, das funktioniert nicht. Und dann der Weg, was mit Vegetarismus angefangen hat und dann relativ zügig dann auch zum Veganismus hingegangen ist.

Stefanie Und ich habe mir ja natürlich deine Internetseite genauer angeguckt und alles so, du sprichst da ja auch von diesem Weltschmerz, den Veganer·innen haben und schreibst auch über deinen Weg, wie du den gegangen bist. Und du bist ja jetzt auch keine Psychologin und du bist auch keine psychologische Psychotherapeutin, sondern das ist einfach dein Weg, den du gegangen bist. Kannst du da was drüber erzählen?

Katinka Ja, das ist auf der einen Seite wichtig, dass du das sagst. Ich bin keine Therapeutin und bin keine ausgebildete Irgendetwas in dem Bereich. Und ich sage aber trotzdem: Ich glaube, ich hatte die beste Ausbildung genossen, nämlich das Leben. Und ich glaube, diese Menschen, die diesen Beruf ausüben, sind unfassbar wertvoll. Und doch dürfen wir auch immer wieder den Wert unseres eigenen Lebens anerkennen und die die Lehrmeister quasi in unserem eigenen Leben anerkennen. Und wenn wir das kombinieren, sind wir glaube ich auf einer unfassbar konstruktiven, wertvollen Art und Weise unterwegs. Und ich habe den Lehrer das Lebens genossen, in dem ich mit einer Wucht gesehen habe, was da draußen passiert, vorher offensichtlich irgendwie die Augen verschlossen hatte. Es war kein Thema für mich. Ich habe 30 Jahre lang in meinem Leben Fleisch und tierische Produkte konsumiert. Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht. Und dann kam aber der Moment, wo eben dieses Aha war und dann dieses okay, ich recherchiere weiter und es hat mir echt den Boden unter den Füßen weggezogen.

</p><p>Ich hätte schon immer gesagt, ich bin eine sehr empathische Person und doch war da diese kognitive Dissonanz, dieses nicht sehen wollen vielleicht auch. Und als ich dann aber hingeguckt habe, hat es mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Und das ist, glaube ich auch der Grund, warum wir nicht hinschauen. Weil wir Angst haben. Unbewusst. Vor der Wahrheit. Vor dem Grauen was da draußen vielleicht tatsächlich auch passiert. Weil wir uns eigentlich eine heile Welt wünschen. Ich habe mir das gewünscht. Ich dachte immer: Ja, ich möchte Frieden auf der Welt sehen und bin dafür auch eigentlich losgegangen und habe dann aber festgestellt: Meine Werte passen überhaupt nicht zu meinen Handlungen. Und ja, ich beschreibe diesen veganen Weltschmerz gerne als einen Zustand. Jede·r erfährt das anders, aber viele auch sehr ähnlich. Wiederum einen Zustand der Ohnmacht, ein Zustand der Handlungsunfähigkeit, ein Zustand der Hilflosigkeit. Du siehst viel da draußen und denkst: Ich möchte das alles irgendwie beenden, aber, um Gottes Willen, wie kann ich das tun? Oftmals ist auch Wut mit dabei und manchmal trauen wir uns auch gar nicht drüber zu sprechen.

</p><p>Aber da ist oftmals auch Verurteilung mit dabei anderen Menschen gegenüber, die dazu beitragen, dass dieses System so so aufrechterhalten wird. Und das heißt nicht, dass wir böse sind oder dass die anderen böse sind, sondern dass wir einfach komplett überfordert sind mit diesen Emotionen, die gerade in uns auftauchen. Und das zu verstehen, das war auch ein sehr unbewusstes Durchleben dieses Schmerzes. All diese Emotionen haben mich komplett überrollt und ich saß gefühlt ein halbes Jahr nur zu Hause und habe auf der Couch geweint und habe mir immer wieder diese Bilder angeguckt. Und ich hatte gefühlt immer, wie wenn ich süchtig nach diesen Bildern tatsächlich irgendwie auch war, ich habe die mir dann angeguckt und habe die abends auch vorm Schlafengehen in meinem Kopf gehört und gesehen. Und das ist unfassbar, wie wir uns da reinsteigern können. Tatsächlich auch wie fast so ein bisschen, wie wenn wir uns dafür - ich habe gerade das englische Wort im Kopf: punishen wollen, also so dieses: Ich habe das 30 Jahre lang nicht gesehen und jetzt muss ich wirklich hingucken und das höre ich ganz oft von vegan lebende Menschen. Ich kann doch jetzt nicht mehr weggucken. Und das führt aber dazu, dass wir uns immer und immer wieder traumatisieren.

</p><p>Und das habe ich dann eben auch durch viele Recherchen für mich auch dann objektiver feststellen können. Aus der Psychologie wissen wir, das ist ein posttraumatisches Stresssyndrom oder ein sekundäres posttraumatisches Stresssyndrom. Wir erleben, wir sehen Leid im Außen und nehmen das in uns auf. Wir sind traumatisiert, weil wir im Außen Leid wahrnehmen. Es passiert bei ganz vielen Kriegsveteranen, Menschen, die aus dem Krieg zurückkommen, die in Kriegssituationen Gewalt ohne Ende bei Kindern, Familien und im Umfeld einfach miterleben oder bei ihren Compagnions. Und das kann uns tief traumatisieren. Und ich glaube, das ist ein gutes Synonym für diesen veganen Weltschmerz, dass wir tief traumatisiert sind. Clare Mann beschreibt es auch als Vystopie, dass wir in einer Realität leben, in der Gewalt normalisiert wurde, in der es von der Gesellschaft anerkannt ist und als okay bezeichnet wird, dass wir Tiere töten und essen. Und ja, bei mir hat es den Boden unter den Füßen weggezogen und hat mich erst mal ordentlich auf meinen Hosenboden setzen lassen.

</p><p>Rückblickend weiß ich, dass es das größte Geschenk ist, was mir passieren konnte, weil es hat mich gezwungen, mich endlich mit mir selbst auseinanderzusetzen, wirklich wahrhaftig hinzuschauen. Wer bin ich? Was für Werte trage ich in mir? Wie möchte ich nach außen wahrgenommen werden? Wie traue ich mich auch, meine innersten Werte nach draußen zu kommunizieren? Und selbst wenn die ganze Welt sagen würde: Du bist verrückt! zu sagen ich vertraue darauf, dass meine Empathie und meine Werte des Mitgefühls und der Liebe und der Achtsamkeit, mit unserem Leben umzugehen, so viel wert sind, dass egal was andere sagen, dass das meine Wahrheit ist. Und ja, der Veganismus und der vegane Weltschmerz haben mich im Prinzip zu meiner tiefsten Wahrheit gebracht. Ich bin auch da noch nicht am Ende meiner Fahnenstange angekommen, aber sie haben mich echt gezwungen, gerade diese Schmerzen haben mich gezwungen hinzuschauen: Wer bin ich wirklich? Was will ich wirklich? Wofür gehe ich los? Wofür traue ich mich einfach meinen Mund aufzumachen, egal was im Außen passiert? Und dann kommt man wieder zu dem Schmerz: Wie können wir den heilen, dass ich verstehen darf, dass ich Frieden in mir entstehen lassen kann, dass ich nicht Frieden im Außen brauche, sondern dass ich Frieden in mir entstehen kann. Und das ist die hauptsächliche Arbeit, die ich jetzt tue, wo ich für brenne, weil ich merke, wenn wir das finden, wenn wir innerlich heilen, dann sind wir wirklich wertvoll, auch für die Tiere. Dann können wir einen Unterschied machen.

Stefanie Und ich habe jetzt bei mir in meiner Community auch Mitglieder, die da oder ein Mitglied, vor allem, die da gerade sehr darunter leidet unter diesem Schmerz und auch den Nicht-Veganer·innen die Schuld dafür gibt, dass es dieses Leid gibt und die davon berichtet, dass sie dann teilweise tagelang weint, so wie du das jetzt auch schon beschrieben hast, dass sie körperliche Schmerzen hat, auch wirklich und sie findet da irgendwie nicht raus. Hast du da vielleicht Tipps, was sie da machen kann?

Katinka Ja und da sind wir letzten Endes im Prinzip bei bei dem zweiten Thema, nämlich dem Thema Spiritualität. Da geht es dann ganz, ganz schnell ans Eingemachte und an tiefe innere Transformation. Und das ist nicht von heute auf morgen einfach mal eben gemacht. Bei mir war das auch ein Prozess, aber es geht darum, das, was du gerade eben schon gesagt hast, das geht ganz, ganz viel um Zustände, um Emotionen wie Schuld, um Angst, um Verzweiflung, um Dinge, die in uns drin sind, die wir in Bezug auf andere Menschen, vor allem auch haben, die dazu beitragen, in dem Falle zu dem System, zu dieser Ausbeutung der Tiere. Und ich sage immer, ich durfte damals feststellen, okay, so wie mein Leben ist und den Zustand, den du beschreibst, von der Person aus deiner Community, vermutlich gibt es noch ganz viele andere da draußen, kenne ich sehr gut. Irgendwann in diesem Zustand zu sagen, okay, warte mal ganz kurz, wenn das mein Leben ist, wenn das die Art und Weise ist, wie ich jetzt durch mein Leben gehe: so macht es keinen Spaß. So ist es absolut frustrierend.

</p><p>Das war der Moment damals, wo ich dann gesagt habe Okay, irgendwas muss sich ändern, es muss sich etwas ändern, damit ich das so in dem Zustand nicht weiter erleben muss, weil es macht einfach keinen Spaß. Das ist nicht lebenswert. Und ich weiß nicht, ob ich jetzt noch hier wäre, wenn ich damals diese Entscheidung nicht getroffen hätte, sage ich ganz klar so, weil ein tiefes Trauma, eine tiefe Depression kann unfassbar schwer sein. Aber dann zu verstehen, wir haben die Macht, Dinge zu verändern. Wir dürfen in unsere Selbstwirksamkeit reinkommen. Wenn wir auf der Couch sitzen und weinen und körperliche Schmerzen schon haben, sind wir maximal im Opferzustand. Und das sage ich so deutlich, weil wir uns darin verlieren können. Und da aufzuwachen und zu sagen okay, es muss sich etwas ändern und ich habe keine Ahnung gehabt damals wie. Aber es muss sich etwas verändern. Und diese Energie, diese Kraft, diese Entscheidung: ich werde ab sofort etwas verändern und Schritt für Schritt meinen Lösungsweg rausfinden, kann unfassbar transformieren. Schon zu sagen: okay, es wird sich ab jetzt was ändern. Ich werde jeden Tag dazu beitragen, dass mein Schmerz kleiner werden darf. Und dann spielen verschiedene Faktoren eine Rolle.

</p><p>Zum Beispiel habe ich damals gesagt, ich wünsche mir weniger Leid auf dieser Welt und wenn ich mir weniger Leid auf dieser Welt wünsche - ich vergleiche das Leid immer wie eine grüne Giftwolke, die uns vergiftet, weil Leiden ist irgendwie so in uns, wir leiden und wir leiden im Zweifel mit. Wir sehen diese Tiere da draußen. Wir vermuten, dass sie leiden, aber sicher, sagen können wir es auch nicht. Auch da noch mal zu fragen: Was bedeutet denn Leid überhaupt für mich und für diese Tiere, für die Lebewesen, für andere Menschen und wie auch immer? Aber dann zu sagen: Ich wünsche mir für mich weniger Leid auf dieser Erde, das heißt, ich sehe was da draußen in der Welt passiert, und ich nehme in mir wahr, was in mir passiert, wenn ich mir das ansehe und ich spüre, wie diese grüne Giftwolke auch mich vergiftet. Das heißt, ganz konkret bin ich dieses Gefäß, in dem das Leid noch auf dieser Welt vergrößert wird, wenn ich zulasse, dass diese grüne Giftwolke auch mich vergiftet. Das heißt, wenn ich ganz aktiv dazu beitragen möchte, dass auf dieser Erde grundsätzlich das Leid weniger wird, bin ich die beste Person und das beste Gefäß dabei anzufangen, diese grüne Giftwolke zu reinigen. Also wirklich einfach erst mal in dieses Bewusstsein reinzukommen.

</p><p>Und das sage ich zu allen Menschen, die, mit denen ich arbeite, die bei uns im Club sind oder die bei uns irgendwie versuchen, auch diesen Weg zu gehen, in diese innere Kraft zu sagen im allerersten Step - ja, die Tiere sind wichtig da draußen, die Umwelt ist wichtig - im allerersten Step geht es immer darum, dass es dir besser geht. Und deswegen ist dann die nächste logische Frage Wie kannst du selbst wieder in die Selbstwirksamkeit zu kommen? Was kannst du selbst jetzt tun, dass es dir ein bisschen besser geht? Das muss noch nicht perfekt sein, aber was kann passieren oder was musst du tun? Was muss passieren, dass es dir jetzt ein bisschen besser geht? Und bei mir war es zum Beispiel damals - Das sind einfach nur Beispiele aus meinem Leben. Das kann für jeden anders aussehen - bei mir war es damals zum Beispiel, dass ich gesagt habe, ich weiß, was da draußen passiert. Ich habe all diese Dokus gesehen. Ja, es gibt mit Sicherheit noch andere. Ich muss mir das nicht mehr angucken, weil jedes Mal, wenn ich mir das angucke, sehe ich wieder dieses Leid, sehe ich diese Zustände und ich werde wütend. Ich werde wütend und denke, mein Rumpelstilzchen in mir will einfach alle irgendwie rechts und links mal eben kurz wachschütteln. Aber es bringt ja nichts. Dann kommt wieder diese Giftwolke in mir hoch. Ich werde handlungsunfähig und ich liege da wie so ein Käfer auf dem Rücken.

</p><p>Das heißt, ich habe damals für mich entschieden: ich schaue mir diese Dokus nicht mehr an, nicht um das zu ignorieren, aber ich weiß ja was passiert. Ich muss es mir nicht noch wieder und wieder angucken. Und auch zu verstehen, dass wenn ich mir diese Dokus angucke, wo negative Beispiele gezeigt werden, in Massenstallungen usw., dass es in mir negative Gefühle und Emotionen auslöst. Und wenn ich mir aber zum Beispiel ein Video von Hof Butenland anschaue, dass es in mir wohlige Gefühle hochruft. Und dann zu verstehen: aha, das was ich sehe, kann beeinflussen, wie es mir geht, wenn ich zulasse, dass es in mich reinkommt. Das heißt ich kann selber wählen. Möchte ich mir jetzt eine Doku angucken, wo Schweine gequält werden? Oder möchte ich mir einen Film angucken von Hof Butenland oder all den anderen tollen Lebenshöfen, die es zum Beispiel schon da draußen gibt, wo es schon gut läuft? Möchte ich meinen Fokus auf das Grauen richten oder möchte ich meinen Fokus dahinrichten, was ich eigentlich sehen möchte und dann dazu beitragen, dass davon mehr entstehen kann?

</p><p>Weißt du und dann kommen wir in dieses spirituelle Thema, in die Persönlichkeitsentwicklung, in dieses auch verstehen lernen, dass da, wo wir unseren Fokus hinlegen, davon entsteht mehr. Wenn ich meinen Fokus immer auf den Müllberg lege, sehe ich nicht die Blumen nebendran, wenn ich meinen Fokus dahin shifte, was ich mehr entstehen lassen möchte, wenn ich meine Energie meine Lebenszeit dafür aufwende, Bäume zu pflanzen, entsteht mehr Wald. Wenn ich mich aber da hinsetze und mich über die Menschen aufrege, die immer mehr Bäume abholzen, dann sitze ich da wie ein Rohrspatz. Und das ist auch gut, dass wir da mal hingucken. Und dann wieder zu sagen, ich shifte meinen Fokus hin zu: okay, ich kaufe jetzt kleine Samen oder kleine Bäumchen und setzt sie einfach mal in die Erde und verbringe meine Zeit damit, in die Konstruktivität zu kommen. Und ich sage nicht, dass das einfach ist, aber das ist ein krasser Heilungsweg und eine krasse Wachstumschance für uns als Mensch, als spirituelles Wesen, als ein großes. Wir wollen hier Erfahrungen sammeln.

Stefanie Hast du denn das damals alles ganz alleine geschafft oder hast du dir Hilfe gesucht?

Katinka Also ich habe am Anfang viel mit mir selber ausgemacht, weil ich auch erst mal gar nicht gecheckt habe, was da abgeht. Das ist so diese unbewusste Inkompetenz, nennt man das ja so in diesen vier Entwicklungsstufen. Wir haben keine Ahnung, dass wir überhaupt ein Problem haben, weil es so normal ist und so real, dass der Zustand gerade uns so komplett überrennt. Und dann aber irgendwann festzustellen zu sagen: aha, warte mal, ich habe hier ein krasses Problem, wenn mein Leben so weitergeht, habe ich da kein Lust. Es muss sich etwas ändern. Das war dann so die bewusste Inkompetenz. Das heißt, ich habe bewusst wahrgenommen, dass gerade etwas extrem schiefläuft in meinem Leben. Ich habe bewusst wahrgenommen, dass ich krasse Herausforderungen habe, dass ich krasse Probleme habe. Das ist aber, ich habe keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll. Und das ist, glaube ich, so, dann der Zustand, wenn man das bewusst wahrnimmt, dass man krass in diesem Schmerz ist und dass es aber vielleicht eine andere Lösung geben kann.

</p><p>Dann geht man auf die Suche nach Hilfe, weil dann kann man auch andere Menschen annehmen, die vielleicht schon fünf Schritte weiter gegangen sind und die mehr in dieser Heilung sind. Vorher denken wir, das sind Spinner. Hätte mir damals jemand gesagt: Dein Leben kann auch wieder glücklich sein, hätte ich gesagt ja, komm, du bist ein Ignoranter, was auch immer, weil du guckst einfach nicht mehr hin. Ich hätte jetzt einfach nicht annehmen können, aber wenn wir bewusst wahrhaben, okay, ich möchte in meine Schöpferkraft kommen, ich möchte wirklich was verändern, wer kann mir dabei helfen? Und dann habe ich tatsächlich angefangen, Bücher zu lesen. Das war so mein Einstieg. Und dann kommen die richtigen Sachen auch zu einem. Ich habe die richtigen Bücher für mich damals gelesen. Ich habe Menschen getroffen, die anders darüber gedacht haben als mein altes Normal quasi. Und dann habe ich mir auch Mentoren oder Coaches gesucht, die ganz viel innere Arbeit mit mir gemacht haben. Und habe ich auch immer noch Menschen, die die immer und immer wieder mir helfen, neue Sichtweisen einzunehmen, neue Blickwinkel auf Dinge einzunehmen, damit es mir am Schluss besser gehen kann, dass ich freier werde, dass ich größer werden kann und dann mit anderen genau das gleiche auch teilen kann.

Stefanie Hast du denn damals mal darüber nachgedacht, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen?

Katinka Ich glaube, das war diese unbewusste Inkompetenz. Ich habe es überhaupt nicht gecheckt, dass sich das hätte ändern können und an dem Punkt, wo ich so weit war okay ich möchte ich möchte irgendwie was verändern, weiß nicht, hat irgendwie das Leben mir, das Universum mir - diese Kraft der Entscheidung, dieser Moment: es muss sich etwas verändern, kann so eine Energie freisetzen im Universum, dass auf einmal andere Dinge zu dir kommen. Und es war eigentlich, um deine Frage zu beantworten, nein, ich hatte nie das Gefühl, dass ich zu einem Psychologen müsste oder zum Psychotherapeuten, was spannend war und das hat mir das dann auch bestätigt, dass es vermutlich zum allergrößten Teil nicht geholfen hätte.

</p><p>Ich hatte einen weiblichen Coach mit dabei, die mich dabei begleiten sollte, quasi die ersten Schritte in die Sichtbarkeit zu gehen. Als ich dann verstanden habe, den Weg, den ich gegangen bin, der könnte so vielen Menschen helfen, habe ich gesagt okay, ich möchte das teilen. Und diese Person hat aber selber nicht vegan gelebt und diese Person hat meinen Schmerz nicht verstanden und demnach auch mein Fokusthema nicht verstanden. Die konnte es einfach nicht nachvollziehen. Und das wichtigste und spannendste war dann, sie hat durch meine Schilderung, wo ich im Schmerz immer noch war, teilweise und ich Hilfe bei ihr gesucht habe, um neue Blickwinkel zu bekommen, hat sie sich angegriffen gefühlt. Das heißt, dieses Thema kann auch, ich sag jetzt mal, Menschen, die sehr professionell arbeiten, sind immer noch Menschen, auf einer tieferen Ebene so triggern, dass sie ihre Professionalität gar nicht so ausleben können. Also sie können extrem gute Distanz zu diesen inhaltlichen Themen aufbauen.

</p><p>Und deswegen glaube ich auch, dass es wichtig ist, dass Menschen wie du und ich rausgehen. Selbst wenn wir keine psychotherapeutische Ausbildung haben oder Psychologin sind, dass wir unseren Lebensweg einfach teilen, dass wir den Menschen zeigen was für Schritte sind wir gegangen, was hat mir dabei geholfen, was für Strategien haben mir dabei geholfen? Vielleicht ist da was für dich mit dabei, weil andere Menschen, die zwar vom Fach sind, das einfach nicht verstehen. Und ich habe festgestellt, dass Menschen, wie ich es damals war, genau diese Menschen brauchen, die das verstehen, dass wir uns aufgehoben fühlen, dass wir vor allem auch weil es geht ja darum, die Wut zu heilen. Es geht darum, die Verurteilung zu heilen. Es geht darum, Vergebungsarbeit zu machen. Das funktioniert nicht, wenn auf der anderen Seite jemand ist, der nicht zulässt, dass ich wütend auf ihn sein darf.

Stefanie Das heißt, du würdest das jetzt auch nicht direkt empfehlen, halt eine psychologische Psychotherapeutin oder generell Hilfe von Menschen in Anspruch zu nehmen, die nicht selbst vegan leben.

Katinka Ich kann dazu wirklich keine Aussage machen. Ich weiß nur, was ich damals gebraucht hätte. Also dazu kann ich ganz klar eine Aussage machen und vermutlich hätte es für mich nicht funktioniert. Das kann aber für andere Menschen ganz anders sein und es kommt auch immer auf den Therapeuten an, das weißt du wahrscheinlich genauso gut wie ich. Therapeuten, Coaches, Mentoren. Nicht jeder passt zu jedem und das ist dann erst mal unabhängig vom Thema und dann natürlich auch abhängig vom Thema. Jeder darf neugierig sein. Es kommt eher darauf an zu sagen ich habe auch da ein gutes Warum. Ich möchte glücklich in meinem Leben sein und dann dieses Bewusstsein zu etablieren und dann unser Unterbewusstsein darauf auszurichten, Lösungen zu finden. Und wenn das eine psychotherapeutische Hilfe ist, die, wo man sich gut fühlt, wo man sich wohl und aufgehoben fühlt, selbst wenn die Person nicht vegan ist und diese Person damit auch gut umgehen kann. Super go for it. Bitte, bitte, ich möchte da um Gottes Willen keine Mauern aufbauen. Ganz im Gegenteil, jeder darf genau den Weg finden für sich selbst, der der Richtige ist. Und ich kann glaube ich vielen Menschen helfen auf diesem Weg. Ich kann vielen Menschen die Hand reichen und vielen Menschen nicht, weil sie meine Art total nett und total angenehm finden und andere räsonieren damit gar nicht. Und ich glaube, auch das kennst du dann. Genau deswegen ist es so wichtig, dass es so unterschiedliche Menschen gibt, die Hilfe anbieten.

Stefanie Und Du schreibst auf deiner Webseite auch, dass der Weg von dem Weltschmerz hin zum Happy vegan geht? Meinst du damit, dass man jetzt dann immer glücklich sein muss? Ich habe da so ein kleines Problem mit diesem, dass häufig halt kommuniziert wird, dass wir als Veganer·innen nur einen großen Einfluss haben, wenn wir immer fröhlich und glücklich durch die Welt laufen. Also dass wir kein negatives Gesicht haben können oder generell irgendwie schlechte Emotionen nach draußen tragen bzw. dürfen wir nur dann vegan sein oder uns als vegan outen, wenn wir auch wirklich glücklich sind und fröhlich sind und das ausstrahlen? Meinst du das damit, dass ist jetzt die super subtile Fangfrage...

Katinka Sie ist total gut. Dass du das ansprichst ist total wichtig, weil ich glaube, das nennt man dann spiritual bypassing, dass wir all diese Emotionen, die vielleicht da sind, wegdrücken. Und darum geht es gar nicht. Ich bin immer im Englischen, ich würde sagen ich bin bei meiner Arbeit immer in service of your little kid. Ich bin dazu da, deinem kleinen Kind in dir zu dienen, die Wunden deines kleinen Mädchens oder deines kleinen Jungens zu heilen. Denn daher kommen all diese Dinge. Ich wollte es lange Zeit nicht wahrhaben, aber mein veganer Weltschmerz hat mir meine in mir tief sitzende Ohnmacht aufgezeigt. Und wegen dieser Ohnmacht hatte ich mein Leben lang schon Wut in mir, weil ich das Gefühl hatte, ich bin so ohnmächtig auf dieser Welt. Ich muss immer mit dem Strom schwimmen. Das hat mir der vegane Weltschmerz aufgezeigt.

</p><p>Darum geht es eigentlich, dass wir wirklich erkennen, dass was mir passiert in meinem Leben ist immer ein Geschenk und wir können dadurch tiefe Muster erkennen, die uns seit der Kindheit, wo wir geformt wurden, wo wir geprägt wurden, begleiten. Und die sind weder gut noch schlecht. Aber meistens sabotieren sie uns selbst und lassen uns nicht glücklich sein. Und deswegen frage ich immer als allererstes: Was muss passieren, dass es dir gut gehen kann? Und damit meine ich nicht, dass wir immer happy wie so ein strahlendes Grinsekuchenpferd durch die Gegend laufen, sondern es geht vielmehr darum, das Bewusstsein dafür zu entwickeln: Ist mir das dienlich wenn ich hier jetzt voller Wut tobend durch die Gegend rumprolle, ist mir das dienlich? Ist mir das dienlich? Ist das anderen dienlich? Geht es mir dabei gut?

</p><p>Weil oftmals - Achtung Triggerwarnung - ist da dann das Ego mit dabei, weil das Ego sagt ja, aber ich habe ja recht, dass die Menschen da draußen, die dazu beitragen, nicht wirklich tolle Menschen sind. Ich habe ja alles Recht dazu, wütend zu sein, weil da draußen passiert so viel Scheiß und da dürfen wir dieses Recht haben wütend zu sein. Okay, vielleicht ja irgendwie. Aber dient mir das? Dient mir das, dass ich in meine Konstruktivität komme? Dient mir das, dass ich in meine Strahlkraft komme, dient mir das, dass ich diese grüne Giftwolke in mir nicht größer, sondern eher kleiner mache? Ich habe mir immer Frieden auf der Welt gewünscht und wenn ich Frieden auf der Welt wünschen haben möchte, dann darf ich verstehen, dass das nicht durch Kampf entsteht. Frieden entsteht nie durch Krieg. Heißes Wasser entsteht nie durch kaltes Wasser. Wir können nie die eine Sache mit dem Gegenteil versuchen zu erreichen. Und da geht es dann ganz viel um Annahme, ganz viel um Hingabe, ganz viel um „Aha, ich verstehe, mein Ego möchte gerade recht haben. Und ja, das ist nicht gut, was da draußen passiert. Aber es dient mir gerade nicht, um innerlich in die Zufriedenheit zu kommen.“

</p><p>Und es dient vor allem auch der ganzen Sache nicht, dass andere Menschen - und da sind wir beim zweiten Punkt - eingeladen werden. Ich sage immer, wir möchten doch die Menschen in unseren veganen Club einladen, wir wollen doch den Menschen sagen: komm zu uns, werde auch ein vegan lebender Mensch, der achtsam mit der Mitwelt umgeht. Und wir wollen ja die Menschen nicht irgendwie vor die Nase klatschen, weil dann haben die keinen Bock auf diesen Club. Das heißt, wieso kommen Menschen in einen Club, das heißt jetzt der vegane Club oder sei es der Tennisclub oder der Volleyballclub oder was auch immer. Die Menschen kommen dahin, weil sie sich irgendwie angezogen fühlen, weil sie denken, irgendwas läuft da richtig, sie machen da Party, da sind Menschen, die irgendwie in ihrer Kraft sind, die leben das aus und die stehen total dahinter, die sind irgendwie anziehend. Das heißt nicht, dass wir immer happy sein müssen, dass wir immer so dieses Strahlemännchen sein müssen. Aber wir dürfen uns bewusst machen, dass wenn wir Menschen dazu einladen möchten, dass wir auch einladend sind. Und da sind wir wieder. Es fängt immer bei uns an: wie sorge ich dafür, dass es mir gut geht? Weil wenn es mir gut geht, bin ich schon eine Einladung per se. Wenn es mir aber schlecht geht, dann bin ich immer so eine kleine ***. Wir wollen nicht mit Menschen umgeben sein, die uns die Energie saugen, wollen wir nicht. Das wissen wir von uns selbst. Und das ist ein Gesetz der Resonanz. Und das bedeutet ganz, ganz viel innere Arbeit, ganz viel Spiritualität entdecken.

Stefanie Ich muss da noch mal nachhaken, weil ich das immer so ein bisschen schwierig finde mit dem dass wir - wir sind ja auf dem Weg, aber wir sind auf dem Weg quasi hin zu dem, dass wir in uns ruhen, mit uns im Reinen sind. Der Weg kann aber ja sehr lang sein, er kann ja wirklich Jahre dauern, teilweise Jahrzehnte, vielleicht das ganze Leben. Und da bin ich dann jetzt, so lange ich auf dem Weg bin und vielleicht eben noch nicht so attraktiv und anziehend, so bin ich dann nicht gut genug, also für die vegane Bewegung. Also würde ich, wenn wir das Club Beispiel jetzt mal nehmen, würde ich dann jetzt andere davon abhalten in den Club zu gehen? Ist das eine Verantwortung, die ich dann tragen muss?

</p><p>Ich finde das immer so ein bisschen schwierig, immer nur das Ziel zu sehen. Ich denke, der Weg gehört ja dazu und ich selbst persönlich finde es sehr schwer zu sagen, dass ich immer - also verstehst du was ich meine? Dieses, dass ich halt klar natürlich, ich verstehe das auch, dass wir, wenn wir halt in uns ruhen und fröhlich und einfach wir selbst sind, dass wir dann attraktiv sind. Aber es gibt ja eben auch so viel anderes, was uns irgendwie triggern kann. Und dann gibt es vielleicht auch introvertierte Menschen, die eher nicht so nach draußen gehen und auf die Bühne springen und Power, Power, Power und so und auch Menschen, die so mit Menschenmengen nicht so klarkommen oder mit anderen Menschen. Und die vielleicht dann auf den ersten Blick etwas zurückhaltend sind und die dann nicht so strahlend auf andere zugehen können. Für mich schließt das irgendwie diese Menschen immer von dem Vegansein dann aus. Also wie stehst du dazu?

Katinka Das ist total spannend, das total wichtig, dass du das ansprichst, weil ich glaube, auch da steckt ganz, ganz viel das Thema drin, Erwartungen. Ich habe Erwartungen an mich. Ich dachte vor vier Jahren, als ich vegan werde, ich muss jetzt die ganze Welt davon einfach nur informieren. Dann sagen die alle: Ja, macht irgendwie Sinn, komm, lass uns vegan leben. Genau das Gegenteil ist passiert. Und da sind wir bei dem Thema. Da spielen ganz viele Gewohnheiten mit rein. Ganz viele. Jeder Mensch ist so krass eigen geprägt und wir dürfen nicht vergessen, dass wir alle auf unserem eigenen Lebensweg unterwegs sind. Und ich hatte mal eine spannende Frage von einer unserer Programm-Teilnehmenden. Sie hatte gesagt: Ich muss die ganze Zeit kämpfen. Jeden Menschen, dem ich begegne, ist quasi für mich eine Chance, den vegan zu machen. Und will ich eigentlich auch, weil ich will, dass dieses Leid da draußen weniger wird. Das heißt, diese Person war ständig am Kämpfen, diese Person hatte ständig diesen Auftrag und auch an sich, diese Erwartung und dieses Ich muss jeden Menschen, den ich begegne vegan machen, kann auch ein Glaubenssatz sein. Ich muss alles dafür tun. Ich muss meine Energie voll darein hauen, dass dieser Mensch jetzt vegan wird. Ich muss ganz viel argumentieren, ich muss ihn immer wieder und wieder treffen, auch wenn es mir dabei beschissen geht.

</p><p>Und da dürfen wir, glaube ich, diesen Cut machen und sagen dient mir das gerade? Tue ich das aus der Fülle heraus, weil ich da eine Freude dabei spüre? Oder tue ich das aus einem krassen inneren Druck und Zwang aus meinem eigenen heraus entspringt? Oder aus der Community heraus? Viele vegan lebende Menschen sagen auch: Du bist noch nicht aktiv genug. Ja, das hat aber vielmehr was mit der Person zu tun, die das ausdrückt, die das sagt, weil sie im Mangel ist, weil sie denkt, wir müssen so schnell wie möglich die Welt veganisieren. Und wie gesagt, ich war da auch vor vier Jahren. Und dann aber zu verstehen: dient mir das? Und ich habe dieser Person eine Frage gestellt und habe gemeint wann bist du denn dann zu Ende? Wann bist du denn dann endlich zu Ende mit ständig veganisieren und kämpfen? Das heißt, wir identifizieren uns auch damit: Ich bin die Person, die ständig rausgeht und veganisiert und das ist nicht schlecht, wenn wir rausgehen und Menschen damit in Berührung bringen. Ich sage immer: Lasst uns verdammt laut sein, aber halt aus der Kraft heraus und nicht aus der Wut heraus, aus der Verzweiflung heraus, weil das sind dann Gefühle und Ausdrücke, wo wir dann sagen „Ich brauche dich unbedingt, dass du vegan wirst, dass ich glücklich bin.“ Und das ist das, was ich meine.

</p><p>Was muss passieren, dass es dir gut geht? Und wenn wir, wenn wir so handeln in so einer Energie von Ich brauche alle anderen Menschen, dass sie vegan leben, dass ich glücklich bin, bin ich komplett abhängig. Ich bin ein kompletter Spielball vom Leben. Das heißt, da geht es darum, diesen Shift zu machen, nach innen zu sagen okay, warte. Ich habe mich ein Jahr komplett zurückgezogen. Ich habe erst mal komplette Ruhe gebraucht. Ruhe von all den Triggern. Mein System war komplett in Aufruhr. Mein ganzes System war, hätte es sich im Körper schon manifestiert, wäre mein ganzer Körper wahrscheinlich krank gewesen. Meine ganze Seele hat gebrannt. Wirklich. Ich habe so was von Rückzug gebraucht. Ich habe mich von meinen damaligen Freunden zurückgezogen. Ich habe mich versucht aus allen Situationen sozial und auch beruflich so weit rauszuziehen, dass ich erstmal in mir in die Ruhe kommen konnte. Mein ganzes System war permanent in Aufruhr: ich muss kämpfen, ich muss kämpfen und das ist eine extrem zerstörerische Energie. Das zu verstehen, kann auch anders sein. Bei mir war es so, ich habe Ruhe gebraucht, ich habe ganz viel Innenschau gemacht. Ich bin ganz viel zu mir gekommen, habe gesagt: Was braucht es, dass es mir gut geht? Ich möchte jetzt einfach rausgehen und spazierengehen und den Wald erleben können. Ich möchte die Blümchen sehen und ich möchte die Sonne genießen. Und ich möchte mir jetzt gerade mal keine Gedanken darüber machen, dass ich schuldig bin, weil ich nicht rausgehe. Da ist ganz viel Schuld mit dabei. Und Schuld ist ein verdammt schlechter Antreiber, dass ich gerade nicht aktiv für die Tiere bin.

</p><p>Und ich sage immer: wir müssen unser Töpfchen voll machen, unsere Batterie aufladen und wenn unsere Batterie und Töpfchen voll sind und überlaufen, dann können wir diese Energie abgeben, weil dann brennen wir auch nicht aus. Deswegen brennen so viele Aktivist·innen auf der Straße aus, weil die Vollgas geben. Ein halbes Jahr lang, ein Jahr lang, vielleicht auch 2,3,5 Jahre lang. Aber nicht dafür sorgen, dass ihre Batterie aufgeladen ist, dass es ihnen selbst gut geht. Und dann nutzen wir unsere Lebenskraft und Lebensenergie, um andere zu berühren, zu beeinflussen, was erst mal im ersten Moment schön ist. Aber irgendwann sind wir weg vom Fenster. Irgendwann fallen wir um, weil wir vergessen haben, uns um den wichtigsten Menschen in unserem Leben zu kümmern. Das sind nämlich wir. Wir sind der allerwichtigste Mensch in unserem Leben. Und das meine ich nicht in irgendeiner Egoform, sondern in der liebevollsten Form, die sein kann. Dass es immer darum geht, dass wir dafür sorgen, dass es uns gut geht. Wer soll denn sonst dafür sorgen? Wenn jeder und jede dafür sorgen würde, dass es ihm selbst gut geht, würde es allen gut gehen. Und ich glaube auch das Bewusstsein dürfen wir erschaffen und aus dieser Fülle heraus können wir dann rausgehen und anderen Menschen sagen: Ich finde es nicht gut, was hier passiert. Und ich kann dir auch gerne erklären warum, aber mein inneres Glück hängt nicht davon ab, dass du jetzt sofort oder in den nächsten zwei, drei Tagen vegan wirst. Ich würde es mir sehr wünschen. Ich werde gerne etwas dafür tun, dass es passieren kann. Ich werde dir gerne die Ressourcen zur Verfügung stellen und mein inneres Glück hängt nicht davon ab. Und ich glaube, das ist das Wichtigste zu verstehen.

Stefanie Hast du denn noch was, was du gerne teilen möchtest, was dir noch wichtig ist?

Katinka Ich habe mich lange Zeit nicht darüber getraut zu sprechen, weil dieses Thema Spiritualität echt in so eine Esoecke geschoben wird. Aber ich bin zutiefst mittlerweile der Überzeugung, dass wir ein Seelenwesen sind, dass eine körperliche, menschliche Erfahrung hier machen kann, dass wir in diesem Körper reingekommen sind. Ich bin nicht der Körper. Wenn ich mir jetzt ein Arm abschneide, bin ich nicht weniger ich. Und allein das zu verstehen, dass wir diesen Körper haben und das quasi wie unser Auto ist, mit dem wir durchs Leben fahren können, dass unsere Worte und Gedanken, dass wir das nicht sind, sondern dass wir sie haben. Weil, wenn keine Gedanken mal eben da sind, wenn gerade emotional einfach alles sehr ruhig ist, heißt das ja nicht, dass wir nicht mehr existieren, sondern dann ist einfach diese Energie nicht mehr da. Und das zu verstehen hat mir unfassbar geholfen zu sagen: okay, ich habe diesen, ich nenne es diesen Raumanzug bekommen, diesen Körper quasi bekommen, um dieses Leben erleben zu können. Ich bin hier, um unfassbar viele Erfahrungen machen zu wollen, um zu lernen, um zu wachsen, um Ahamomente zu haben und da kommen wir wieder zu dem Thema Selbstliebe.

</p><p>Ich glaube, Selbstliebe fehlt unfassbar vielen Menschen. Ich habe mich jahrelang in meinem Leben gehasst. Mich, meinen Körper, mein Dasein. Wer ich bin, mit meinen Charaktereigenschaften, um dann festzustellen, nur ich kann es alles ändern. Ich kann einen Charakterzug ändern, ich kann meinen Körper gewissermaßen ändern, ich kann mir die Haare abschneiden. Ich, also ich bin das alles nicht. Und mal anzufangen, liebevoll, achtsam darauf zu schauen, okay, dann diesen Switch zu machen, lieber Körper, was kann ich dafür tun, dass es dir gut geht? Wie kann ich dafür sorgen, dass du gut genährt bist, dass du mich hoffentlich noch jahrelang durch dieses Leben tragen kannst? Dass ich noch lange im positiven Sinne aktiv dafür sein kann, dass wir mehr Bewusstsein schaffen auf diesem Planeten. Also dass wir anfangen mehr in diese Selbstliebe reinzukommen, mehr in diesem Selbstachtsamkeitsblick auf uns selbst, auf dieses: eigentlich bin ich ganz dufte. Eigentlich ist das, was mich ausmacht so wunderwunderschön und es bringt überhaupt niemanden etwas, wenn ich auf mich selber schimpfe, weil spätestens dann, wenn wir auf uns selber schimpfen, schimpfen wir auch auf andere Menschen. Das ist doch da wieder, wenn wir zufrieden mit uns selber sind, wenn wir glücklich in uns selber sind, können wir achtsamer und liebevoller mit anderen umgehen. Und ich glaube, genau darum geht es, dass wir liebevoll auf uns schauen. Und ich sage nicht, dass ich auch da am Ende der Fahnenstange angekommen bin. Ich glaube, das ist auch bis zum Lebensende quasi eine Reise und ein Wachsen. Aber es kann unfassbar dazu beitragen, dass wir auch da den inneren Frieden finden, wenn wir verstehen, dass das alles ein Geschenk des Universums ist und wir es entweder sehr zerstörerisch nutzen können oder sehr liebend nutzen können.

Stefanie Okay, danke schön. Magst du vielleicht noch mal so zum Abschluss erzählen, wo man dich so im Internet findet, was du alles so für Angebote hast? Also wenn jetzt Hörer·innen sagen, mit der möchte ich zusammenarbeiten, genau mit der - wie können sie das machen?

Katinka Genau. Also auf meiner Homepage katinka-ehret.de findet ihr im Prinzip alles, was ich mache. Das was so unser größtes Baby ist, ist der Happy Vegan Soul Club. Den haben wir letztes Jahr gegründet und dort kommt quasi diese Community von gleichgesinnten, vegan lebenden Menschen zusammen, die sagen: an diesem Punkt ist es nicht gerade cool, aber ich will jetzt was verändern. Und da gibt es ganz viel Mentoring, Input, ganz viel Q&As, wo wir Fragen und Antworten machen, Minikurse zu verschiedenen Themen fürs innere Wachstum usw. Also das ist quasi so, ich nenne es mal so den Safe Home für alle Vegan Soulis quasi.

</p><p>Und genau das, was wir jetzt tatsächlich auch im Juni wieder starten werden, das ist letztes Jahr auch in die Welt geboren worden von mir ist das Vegan Loving Mastermind. Das ist ein dreimonatiges Mentoring Programm, wo wir richtig richtig tief in die Tiefe gehen, wo wir genau an diese Glaubenssätze dran gehen, an diese Überzeugungen, an diese Prägungen, die wir aus der Kindheit haben, wo es ganz viel um Selbstliebe geht, wo wir alles aufräumen, was gerade aufgeräumt werden möchte, was angeschaut werden möchte, dass wir uns das anschauen und aufräumen, um dann wirklich wahrhaftig, ich sage mal, wir sind alle Fackelträger·innen, die da rausgehen können und die Welt heller machen können. Und dafür räumen wir innerlich auf und tragen dann dieses Licht nach draußen. Und genau das ist das Vegan Loving Mastermind. Und da starten wir tatsächlich am 01.06. mit einer neuen Gruppe von 20 Menschen. Eine sehr begrenzte kleine Gruppe, um einfach den intensiven Austausch zu gewährleisten. Deswegen gibt es auch quasi wie so ein Bewerbungsverfahren, dass Menschen sagen: Ich bin wirklich bereit und möchte jetzt diesen nächsten Schritt gehen. Ich bin bereit mir diese Sachen anzuschauen. Ich bin bereit, in die Veränderung reinzugehen.

</p><p>Ansonsten gibt es auch ein Podcast von mir, der aber seit einem 3/4 Jahr auf Eis liegt. Quasi seitdem wir den Happy Vegan Soul Summit organisiert haben, weil das einfach so unfassbar viel vereinnahmt hat. Genau. Aber da sind auch ganz viele tolle Folgen zu dem Thema, zu Bewusstsein, zu Lebensreisen. Wie verschiedene Menschen ihr Leben gestaltet haben und aha Momente hatten.

</p><p>Und es gibt jetzt seit neuestem anstatt meinem Podcast weil es einfacher ist, habe ich einen Telegram Kanal gegründet, wo es einfach jede Woche 1,2,3 mini kurze Sprachnachrichten von mir gibt. Impulse, Dinge, die motivieren dürfen, Dinge, die zum Hinterfragen anregen dürfen. Immer so um den Happy Vegan Way. Also es geht immer wieder auch um das Thema Veganismus.

Stefanie Okay, du sagst jetzt immer „wir“ - bist du das nicht allein oder wer macht da noch mit?

Katinka Ja genau. Also ich bin das Gesicht nach draußen, aber letzten Endes wäre das alleine gar nicht mehr möglich. Alles gerade wegen des Summits der Anfang des Jahres stattgefunden hat. Es ist vor allem mein Mann. Der macht so alles, was die Technik anbelangt. Und wir haben tatsächlich auch eine wunderwundervolle Person, die Nina, die uns mittlerweile unterstützt und in gewissem Rahmen vor allem auch im Soulclub mit dabei ist und und all das mit nach draußen trägt. Es darf auch wachsen, also es darf wachsen und gedeihen und ein immer größeres Wir werden.

Stefanie Also du bist da offen, falls sich jemand angesprochen fühlt.

Katinka Absolut ja. Weil ich glaube, dass ich viele Dinge gut kann. Ich glaube aber, dass ich viele Dinge auch nicht gut kann. Und ich glaube, wir können richtig geilen Scheiß in dieser Welt erschaffen, wenn die Menschen zusammenkommen, die unterschiedliche Kompetenzen haben und da wirklich auch Bock drauf haben. Ich habe zum Beispiel keinen Bock auf Videoschnitt und auf all das, was so mit - ich kann das mit der Technik, aber ich habe da keinen Bock drauf - und es gibt andere Menschen, die haben da richtig Bock drauf. Gerade Video und so, da wäre ich ja total Banane, wenn ich das versuche selber irgendwie zu machen und andere Menschen eigentlich Freude daran hätten.

Stefanie Ja, da kann ich dir nur zustimmen. Möchtest du zum Abschluss noch ein, zwei Worte sagen?

Katinka Ich hoffe, dass die, die zuhören, sich angesprochen fühlen, jetzt das Gefühl haben: aha, es kann auch einen anderen Weg geben, es ist immer mein Weg. Aber der Weg, der kann auch schön sein, der kann auch mit Leichtigkeit sein und egal ob ich das bin oder ob du das bist oder ob das andere Mentoren oder Coaches sind, ob das Bücher sind, was auch immer, Onlinekurse, es gibt mittlerweile so viele tolle Dinge, es ist nicht wichtig, erst mal, wer das ist, sondern dass wir losgehen, dass wir verstehen: ich habe das Steuerrad in meinem Leben in der Hand und ich kann selber entscheiden. Und ich gehe dafür los, dass es ein schönes, glückliches Leben sein kann.

Stefanie Ja. Dann danke ich dir ganz herzlich, Katinka, für deine Zeit und für die ganzen Impulse, die du gegeben hast. Vielen Dank, dass du da warst.

Katinka Sehr gerne. Vielen Dank für die Möglichkeit, darüber zu sprechen. Danke für die schönen Fragen. Auch gerade so die zwischendrin, so dieses okay, was bedeutet das eigentlich? Vielen, vielen Dank. Ja, es war ein sehr schöner Austausch.

Im Gespräch mit Psychologin Dr. Tamara Pfeiler

Ein Beitrag

Folge 114 - Im Gespräch mit Psychologin Dr. Tamara Pfeiler

In dieser Folge spreche ich mit der veganen Psychologin Dr. Tamara Pfeiler über ihren Weg, wie sie vegan wurde und darüber

  • ob es nicht eigentlich pathologisch ist, dass so viele Menschen das große Leid für Mensch und Tier ausblenden können,
  • wie Tamara zu dem Begriff 'Anpassungsstörung' in Bezug auf Veganer·innen nach traumatischen Erlebnissen (Tiertransporter, Schlachthof-Videos, Realisierung des Leids, ...) steht,
  • was Du tun kannst, wenn Du alle Nicht-Veganer·innen als Feinde, böse und Tierquäler·innen siehst,
  • wie wichtig es ist die Psychologie des Tiere-Essens zu verstehen und
  • wie Tamara als Mutter mit ihren Kindern das "Vegan-Sein" thematisiert und lebt.

Eigentlich hätten wir noch viel länger sprechen können, leider lief uns die Zeit davon, so dass es wahrscheinlich noch einen zweiten Teil geben wird.

Bei vielen Punkten hätten wir noch tiefer einsteigen können und gerade beim Thema Kinder konnte ich einiges nur anreißen.

Nichtsdestotrotz hat Tamara viele wertvolle Impulse gegeben, die Dir helfen können, die Herausforderungen in Deinem veganen Alltag gelassener zu meistern.

Links zur Folge

Transkript (Korrektur gelesen von Lakoja)

Stefanie Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und in dieser Folge freue ich mich sehr, Dr. Tamara Pfeiler zu interviewen. Sie ist Psychologin und Veganerin und beantwortet mir freundlicherweise einige Fragen rund um das Thema Herausforderungen im Alltag. Wir sprechen nicht nur über Karnismus, sondern auch darüber, wie du mit Nicht-Veganer·innen kommunizieren kannst. Und über den Schmerz, der uns belasten kann, wenn wir uns entscheiden, vegan zu leben. Oder auch schon länger vegan leben. Und über vegane Kinder. Unser Gespräch hätte nur viel länger dauern können. Deswegen haben wir uns überlegt, dass es eine Fortsetzung geben wird. Alle Angebote von Tamara und wo du mehr über sie findest, verlinke ich natürlich auch unter dieser Folge und in den Shownotes. Und dann würde ich sagen Interview ab.

Tamara Ich bin Tamara. Ich bin 37 Jahre alt und lebe jetzt im neunten Jahr vegan. Ich bin dazu gekommen. Ich war schon immer sehr tierlieb und dachte auch, dass ich einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn habe, schon als Kind und habe mich dann mit Anfang 20 entschieden, überwiegend vegetarisch zu leben, weil es so diese typische Floskel Naja, wenn ich die Tiere nicht töten kann, dann solltest du vielleicht nicht essen. Ich war aber da nicht so konsequent, das heißt, ich habe irgendwie noch. Ähm Fisch gegessen. Wenn ich Lust drauf hatte oder wenn ich wo eingeladen war, habe ich auch mal da irgendwie den Braten oder so von meiner Oma noch gegessen. Ich habe es halt selber nicht mehr eingekauft sozusagen. Und mit vegan hatte ich irgendwie gar keine Berührungspunkte. Groß Ähm, ich habe dann mit Mitte 20 eine sehr tolle Frau kennengelernt, die eben vegan Veganerin war und die mir erst mal sozusagen meine kompletten Stereotype so ein bisschen deutlich gemacht hat, dass ich irgendwie tatsächlich dachte okay, vegan ist irgendwie so eine Mangelernährung, Essstörungen, das waren so meine Stereotype, die ich hatte. Und dadurch, dass sie aber. Äh, ja. Einfach. Sehr positiv, gesund, tolle Ausstrahlung hat es halt sozusagen diese ganze Stereotype so in Frage gestellt. Und dann habe ich gesagt okay, also rein von der Ethik und von meiner Überzeugung her macht es ja total Sinn. Ich probiert es mal einen Monat aus, obwohl ich mir das überhaupt nicht vorstellen konnte, wie das ohne mein heißgeliebten Käse funktionieren soll. Und ich habe dann in dem Monat angefangen, mich mit den Hintergründen der Industrie intensiver zu befassen und da war relativ schnell klar, dass es eigentlich kein Zurück eigentlich und uneigentlich kein Zurück mehr gibt. Und dadurch, dass ich damals schon Psychologin war und eben auch in der Wissenschaft gearbeitet habe ich habe damals promoviert und war Dozentin an der Uni, habe ich angefangen, mich mit der Psychologie des Tiereessens zu beschäftigen. Das lag einfach daran, dass ich, als ich diese ganzen, die ganze Gewalt und die Grausamkeiten der Tierindustrie für mich so ins Bewusstsein kamen. War ich wirklich wie in einem Zoo, traumatisiert und wie in so einem Schockzustand, weil ich es wirklich überhaupt nicht fassen konnte, dass ich selbst und eben auch alle meine Lieben um mich herum dieses System einfach unterstützen, ohne einen blassen Schimmer davon zu haben, wie es eigentlich aussieht. Und für mich war halt am schlimmsten tatsächlich das mit der Milchindustrie. Also dass natürlich Tiere geschlachtet werden müssen und das auch brutal ist, war mir irgendwie schon so ein bisschen klar. Davon hatte ich mich ja schon teilweise distanziert. Ich habe aber nie darüber das in Frage gestellt, ob es generell gerechtfertigt ist. Ja, also rein von der Ethik her, dass wir Tiere einfach nutzen. Aber mit der Milchindustrie. Ich hatte damals selber schon eine Tochter von zwei Jahren, die ich halt selbst auch gestillt hatte. Das hat mich wirklich komplett fertig gemacht, dass ich dachte okay, das ist ja auch ein in sich geschlossenes, krass sexistisches System. Ja, dass wir quasi andere Lebewesen aufgrund ihrer weiblichen Biologie so ausbeuten. Und ich, die mich immer auch als große Feministin irgendwie gesehen hat. Das war wirklich aus dem Punkt, wo ich dachte, das kann ja gar nicht sein. Und. Genau. Ich war wirklich so emotional. Sehr, sehr down. Lange Zeit. Habe mich auch sehr zurückgezogen, wusste am Anfang auch überhaupt nicht, bin ich so in so einen Kampfmodus gegangen und habe ich irgendwie gedacht, ich muss jetzt jeden aus diesem Schockzustand, ich muss jetzt sofort jeden überzeugen. Und damit, weil ich so krasse Schuldgefühle auch hatte, wollte ich halt. Dachte, ich muss allen anderen das sagen, dass die sich eben nicht weiterhin auch schuldig machen und war dann so. Ja so, habe mich auch abgewiesen gefühlt, weil mir irgendwie keiner richtig zuhören konnte. Ja, weil alle irgendwie angefangen haben, sich zu rechtfertigen und dann überhaupt nicht mehr offen waren eigentlich für die Inhalte und ganz viel negative Emotionen einfach auch mit dringeschwungen sind, sowohl bei mir als auch bei meinem Gegenüber. Und da hat mir enorm eben dieser wissenschaftliche Zugang geholfen, dass ich angefangen habe, mich mit der Psychologie dahinter zu beschäftigen, was da eigentlich passiert, emotional, kognitiv und warum das eigentlich so ist. Also mich hat am Anfang sehr dieses Warum ist ist es so wie es ist Angela angetrieben.

Stefanie Okay, Dankeschön. Ich habe jetzt eigentlich einige Fragen aufgeschrieben, aber jetzt, wo du das alles so erzählt hast, fange ich jetzt anders an. Und zwar habe ich bei mir in meiner Onlinekommunity ein Mitglied, die gerade ganz stark mit so was zu kämpfen hat. Was du auch schon beschrieben hast mit dieser Frage Warum können die anderen nicht sehen, was ich sehe und die auch körperlich da drunter zu leiden hat? Sie sagt, sie weint tagelang teilweise, fühlt sich ganz schlecht und ich weiß, ich. Hast du da einen Tipp? Was würdest du ihr empfehlen, was sie machen kann?

Tamara Okay, erst mal bei der Frage angedockt Warum? Warum sehen die anderen das nicht, was ich sehe? Den meisten von uns Veganern und Veganerinnen ist bewusst, dass wir ein neues Bewusstsein sozusagen entwickeln in dem Moment, wo wir uns mit dem Thema auseinandersetzen. Und dieses Bewusstsein hat sozusagen die Mehrheit in der Gesellschaft einfach noch nicht. Und da ist halt die Frage, woran liegt das eigentlich? Und da hilft es, sich wirklich noch mal zu verdeutlichen, dass wir wirklich von klein auf, ja im Grunde genommen nach dem Abstillen von der Muttermilch, wenn wir nicht gestillt wurden, sind wir sogar mit Tiermilch sozusagen aufgezogen worden. Aber sozusagen nach dem Säuglingsalter werden wir direkt an tierische Produkte als Nahrungsmittel, als Lebensmittel gewöhnt, und das heißt, bis wir sozusagen die Verbindung herstellen zwischen diesen Produkten in Anführungsstrichen und dem Prozess, was ja, also dem und dem Lebewesen, was dahinter steht, sind wir ja schon mindestens mal zehn Jahre oder noch länger, manchmal sogar 20 oder 30 Jahre an diese Normalität gewöhnt worden. Und. Das heißt diese. Diese Normalität kreiert im Grunde genommen unsere Wirklichkeit, das, was wir als wahr empfinden. Und da es eben ein ganz wichtiger Punkt, dass wir uns bewusst machen, dass uns zwar klar ist, dass Veganerinnen und Vegetarier innen eine Überzeugung haben, warum sie eben das Essen von Tieren oder also Fleisch oder allen Tierprodukten ablehnen. Aber es ist nun mal so, dass auch die Mehrheit der Menschen, die Tiere essen, eine Überzeugung haben und warum sie das tun und das eben auch legitimiert, also rechtfertigt, dass es in Ordnung ist, Tiere zu essen. Und diese Überzeugung wurde von Melanie Joy Kommunismus getauft, ist sozusagen eine Sonderform von Speziesismus. Und. So wie eben unsere vegane Überzeugung unser Bewusstsein verändert haben eben auch sozusagen Menschen mit einer kommunistischen Überzeugung, ihre ihre Wirklichkeit, wie sie ihr, wie sie das Leben sozusagen oder die ja, also generell die Welt wahrnehmen und. Ja, im Grunde genommen haben sie sich aber nie bewusst dafür entschieden. Wir nehmen. Also ja, keiner in unserer Gesellschaft hat sich je bewusst dafür entschieden, Tiere zu essen, mit allen Konsequenzen, die da dranhängen. Sondern diese Gewohnheit wird erst mal aufgebaut und dann ist es wieso. Okay, jetzt kommt da ein Veganer oder eine Veganerin daher und sagt Hey, es ist total schrecklich, was ihr tut. Das können viele Menschen erst mal gar nicht glauben, weil sie ja wirklich jahrzehntelang. Was anderes geglaubt haben. Und diese Überzeugung ist einfach sehr, sehr stark. Das merkt man ja eigentlich erst, wenn man aus diesem mehrheitlichen Überzeugungssystem sozusagen raus tritt. Wie krass Tiere essen an unser Leben und auch an unsere Identität, an unsere Gewohnheiten, an Rituale, auch an viele positive Emotionen geknüpft ist, wenn man denkt, Liebe geht durch den Magen, bei viel, vielen Familienfesten usw. kommt eben kommen eben Tiere dann auf den Tisch und und und. Das hat mir erstmal geholfen zu sagen okay, ich bin nicht umgeben von lauter Psychopathen, sondern die haben einfach noch eine andere Realität, die sie eben wahrnehmen. Das ist das eine. Weil ich das Ja, weil. Also weil ich das Gefühl habe, dass viele Veganerin und Veganer, die haben dann ein neues Bewusstsein und fühlen sich dann aber so außen vor, dass sie halt überhaupt nicht mehr dazugehören. Sie haben dann so das Gefühl, ich gegen den Rest der Welt. Und schon allein das ist ein immenser Schmerz. Und hinzu kommt dann natürlich noch, dass man das Bewusstsein hat, wie viel Gewalt und Leid einfach die Tiere erleben müssen und dass es da wirklich ganz wichtig ist, für sich selber Tools zu entwickeln, sich davon zu distanzieren und sich nicht in so eine Überverantwortlichkeit reinfallen zu lassen, weil man sonst sich nur selbst schadet. Und wenn es einem selbst nicht gut geht, dann kann man den Tieren auch nicht helfen. Das ist einfach meine Erfahrung. Aus gewinnt es verlieren alle, wenn es dir selber nicht gut geht, weil du dann du selbst verlierst. Du bist ständig in der Vorwurf vorwurfsvollen Haltung deinen nicht veganen Umfeld gegenüber, weil wir ja das Gefühl hast, die sind sozusagen die Bösen, die sozusagen dafür verantwortlich sind, dass es so ist, wie es ist. Und das stimmt einfach nicht. Es sind nicht die. Also man kann es so sehen, man kann es aber auch anders sehen, nämlich dass sozusagen kann. Es muss also diese Überzeugung, der das Böse ist, wenn man nach dem Bösen auf der Suche nach einem Bösewicht ist oder verantwortlich, wer ist verantwortlich dafür?

Stefanie Das heißt also, es ist nicht die Person verantwortlich, sondern das Glaubenssystem.

Tamara Also natürlich ist auch die Person verantwortlich für ihr eigenes Verhalten. Die Frage ist nur, wann kann die Person an für sich wirklich eine freie Entscheidung treffen? Und die allermeisten haben sich nie frei entschieden, dieses Verhalten sozusagen zu übernehmen, sondern es wurde ihnen ja sozusagen an konditioniert auf sozialisiert durch unsere Gesellschaft. Und jetzt ist die Frage, wenn ich einmal oder auch mehrmals mit jemanden darüber spreche, solange er oder sie noch diese Überzeugung hat, ist es fast nicht möglich, eine freie Entscheidung zu treffen. Das heißt, der Mensch, der Tiere isst, muss sich erst von dieser kannistischen Überzeugung ein Stück weit distanzieren, damit er auch austreten kann, damit er überhaupt sieht, er hat die Wahl, weil. Na also, kann es schon. Überzeugungen sind ja, Tiere ist normal notwendig natürlich. Solange ich das glaube, habe ich nicht wirklich eine freie Wahl, weil ich ja dann denke, eine vegane oder pflanzlich basierte Ernährung ist unnormal, sprich ich könnte ein Außenseiter werden, im extremsten Fall verstoßen. Ja, es ist also schadet meiner Gesundheit. Da steckt ja auch viel Angst dahinter. Und solange ich das noch glaube, kann ich nicht wirklich mich frei entscheiden. Wie soll das funktionieren? Ja, dann habe ich sozusagen nur die Entscheidung, die ich immer treffe. Das ist die Gute. Und wenn ich mich neu entscheide, bin ich aber total im Defizit, im Verzicht, im Mangel. Ich gefährde mich und und und. Dann habe ich nicht wirklich eine freie Wahl.

Stefanie Aber eigentlich haben ja alle jetzt in unserem Internetzeitalter die gleichen Informationen zur Verfügung. Oder siehst du das anders? Weil im Grunde. Das war jetzt was, was dieses Mitglied in meiner Onlinecommunity eben sagte, dass eigentlich ja alle dieses Tierleid sehen können und sie sie deswegen bewusst als Tierquäler betitelt, weil die doch eigentlich genau das Gleiche sehen können wie sie und dann dementsprechend auch die gleichen Schlüsse ziehen sollten.

Tamara Ja, und da ist eben der Punkt. Tun sie eben nicht. Also das wissen wir ja, also bzw. wir können haben ja die Wahl. Entweder wir entscheiden uns, alle Menschen entscheiden sich bewusst dafür, Tierquäler zu sein, dann sind sie natürlich lauter Psychopathen, Egoisten, Egomanen, sind ignorant und und und. Die ganze Vorwürfe, die damit dranhängen, dass es eine Möglichkeit wie wir die Welt sehen können, wenn wir das mal weiter spinnen. Wollen wir wirklich unser Umfeld, unser nicht veganes Umfeld so wahrnehmen? Weil wenn das wirklich stimmen würde, weil angenommen, dann wäre die Welt dem Untergang geweiht und vor allem werden wir selbst eigentlich auch mal so gewesen. Und von uns wissen wir ja, wir sind nicht so bei uns, hat sich sozusagen was drüber gedeckt über unser eigentliches Wertesystem. Und es war wichtig, dass wir das sozusagen wieder ablegen und es war eine ganz bewusste Entscheidung sozusagen. Es war ganz viel Mut, auch was dazu gehört, ja, oder ein ganz großer Schmerz. Und da sind ja die Geschichten, warum wir vegan geworden sind, ganz unterschiedlich. Der andere Punkt ist, wir können es aber auch so sehen, dass sozusagen diese die meisten Menschen durch eben diese kannistische Brille die Welt wahrnehmen. Das bedeutet, wir müssen uns oder wir können uns einmal deutlich machen jeder Mensch will gut sein. Ja, es gibt ein paar psychopathologische Ausnahmen, das sind aber wirklich die wenigsten, sondern alle Menschen möchten erst mal gute Menschen sein. Und wenn ich sozusagen damit konfrontiert werde, dass ich ein System an Tierquälerei unterstütze. Und aber so viel negative, also einmal so positiv gebunden bin anders an das System Tiere essen in meiner Gewohnheit Sozialisation und die Alternative keine Tiere mehr zu essen, erst sehr sehr negativ für mich wirkt, dann ist es eine ganz normal, also psychologisch normale Reaktion, dass ich das sozusagen ab tue und leugne bzw. denke, Nee, das ist nur eine Ausnahme. Ja, also das sind sozusagen, ich kaufe ja nur Bio oder ich konsumiere weniger oder oder oder. Also diese ganzen Versuche, sich da irgendwie aus der Verantwortung zu ziehen und da geht es aus meiner Erfahrung mehr darum, wirklich das eine Motiv herauszufinden von jeder Person. Und es ist nicht für alle Tier Ethik. Also weil dieses tierethische Motiv, da kommen so viele negative Emotionen hoch wie Schuld, Scham. Ja, das bedarf wirklich eine unglaubliche Selbstreflexion und ganz viel Mut, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Ja, es kann. Wie viele Menschen haben irgendwie über ihren Körper, ihre Gesundheit? Bekommen die einen anderen Zugang dazu? Es muss irgendein relevantes Motiv da sein, damit sich Menschen für dieses Thema öffnen können. Und es geht eben nicht mit der Moralkeule. Nenne ich sie jetzt mal, weil wir da meistens nur die Trennung aufmachen. Das heißt wir so, wie wir argumentieren Ihr seid Tierquäler. Wenn ich jemanden als Tierquäler beschimpfe, dann hat er nur die Möglichkeit, sich zu verteidigen. Das ist genauso, wie wenn uns jemand als Veganerin und Veganer sagt Ihr seid doch extreme Missionare. Da stellt sich keiner hin und sagt Ja, natürlich will ich missionieren, sondern die meisten fange an, sich zu rechtfertigen. Und das schafft immer nur Trennung, also Bewertung und auch Abwertung. Verurteilung schafft nur Trennung. Wir können damit nicht das erreichen, was wir erreichen wollen. Meistens nicht, sondern wir sind dann gefangen in denen, in den Streitereien, in den Diskussionen. Was ist jetzt richtig, was ist falsch? Jeder versucht irgendwie mit seinen negativen Emotionen irgendwie die zu bewältigen in dieser Situation. Es ist der totale Stress und es ist das, was wir eigentlich brauchen, ist ein wertschätzendes, respektvolles Gespräch, wo wir auf Gemeinsamkeiten, auf unsere Beziehung mit dem anderen fokussieren. Und das ist in dieser, in diesem, ja, in diesem Vorwurf nicht mehr möglich.

Stefanie Und wenn ich jetzt diese Vorstellung habe, also diese Überzeugungen, die nicht vegan erinnern, das sind alles Tierquäler, wie komme ich denn da wieder weg, Wie kann ich das loslassen?

Tamara Meine Erfahrung ist es so wenn wir uns so sehr mit dem Umfeld, also mit den anderen anstatt mit uns selber beschäftigen, dann ist das auch eine Ablenkung von uns selbst. Und das ist total nachvollziehbar. Weil wenn der Schmerz in dir drin so so stark ist, dann versucht man eben den Schmerz zu bewältigen und man denkt dann, wenn ich sozusagen mich mit dem Außen beschäftige und sage, die anderen sind alle schuld und und und dann kann ich den Schmerz dadurch vermindern. Das stimmt aber nicht und das wissen wir eigentlich auch. Ja, das ist genauso, wie wenn ich total unsicher bin in mir drin und denke, nur wenn ich mir noch mehr Wissen aneigne, dann fühle ich irgendwann mehr Sicherheit. Das stimmt nicht, sondern wir müssen eigentlich oder wir dürfen den Fokus auf uns selbst richten und erst mal dahin gucken, warum tut das so weh? Und da ist meine Erfahrung, dass es eben nicht nur mit dem Fakt zu tun hat, dass Tiere leiden und Tiere Gewalt erfahren, sondern dass es was damit zu tun hat, was wir für Erfahrungen früher gemacht haben. Es kann sein, dass wir selbst Gewalterfahrungen gemacht haben, die dann in dem Moment wieder hochkommen. Es kann sein, dass wir die Erfahrung gemacht haben, dass unsere Bedürfnisse noch nie wirklich gehört worden sind, vielleicht vor allem als Kind. Es kann sein, dass ich schon als Kind die Erfahrung gemacht habe, dass ich ausgeschlossen wurde oder nicht dazu Gehör gehört habe oder in irgendeiner Form Mobbing oder oder. Gewalt ist ja nicht nur körperliche Gewalt, sondern auch psychische Gewalt, entweder von im Elternhaus oder von gleichaltrigen anderen Kindern erfahren habe. Und dann ist es total wichtig, dass wir uns diesen Themen sozusagen widmen, weil da da ist ein ganz großes Geschenk eigentlich drin, dass wir diese Themen auch erstmal heilen dürfen in uns selbst und. Aus dieser Opferhaltung sozusagen rauskommen. Weil wir in dem Moment, wo die anderen die Bösen sind, die Bösewichte, sind wir total in der Opferhaltung drin oder versuchen, den Helden zu spielen. Und das sind sozusagen die drei Positionen im Drama Dreieck. Und egal in welcher Position wir uns davon befinden, wir werden immer Dramen kreieren. Das heißt, es ist total wichtig, dass wir uns nicht mehr ausgeliefert fühlen und ob wir uns ausgeliefert oder abhängig fühlen von anderen, hat nichts damit mit den anderen zu tun, sondern das können wir selbst für uns bewältigen, sozusagen und verändern.

Stefanie Und wenn ich jetzt dann denke, okay, ich möchte mich mehr um mich kümmern und ich suche mir vielleicht therapeutische Hilfe, dann gibt es da ja meist eigentlich nur nicht vegane Therapeutinnen. Also zumindest kenne ich kaum jemanden. Kaum eine vegane Therapeutin. Ich weiß nicht. Bietest du Therapie an als Psychologin?

Tamara Also ich bin keine Psychotherapeutin, deswegen biete ich keine Psychotherapien an. Aber ich biete verschiedene Formate an. Ich habe Onlinekurse sozusagen, weil ich bin der Meinung, dass wir das wirklich jeder für sich selbst auch schaffen kann. Weil ich habe nicht das Gefühl, dass ich jemanden heilen muss. Das wäre ja auch wieder, dass ich sozusagen mein Gegenüber in die Opferposition bringe und ich sozusagen die Heldin bin, die alle rette. Das denke ich nicht, sondern ich bin wirklich davon überzeugt, dass wir alle selbst die Kraft haben, wenn, wenn wir das wollen, sozusagen uns dafür entscheiden, uns selbst sozusagen zu zu stärken. Innerlich. Und in meinen Programmen, egal ob das jetzt quasi ein online Training und online Kurs oder auch ein Mentoring ist, mit mir sozusagen Coaching geht es immer darum, was mein Gegenüber für sich selbst tun kann. Und ich sehe mich eher in der Rolle sozusagen, dass ich eine Anleitung gebe oder überhaupt erst mal sozusagen die zugrundeliegenden psychologischen Mechanismen dahinter bewusst mache, weil das ist vielen eben nicht klar, was da eigentlich passiert. Die sind dann einfach in ihren Emotionen so gefangen und finden es total toll, das erst mal zu verstehen, warum ihre emotionalen Muster so sind, wie sie sind. Und wenn man darüber ein Verständnis entwickelt hat, dann kann man auch wieder ganz neue Entscheidungen treffen. Und dann gibt es natürlich noch tolle Übungen, Tools und Methoden, die man für sich selbst anwenden kann, um sich da sozusagen rauszuziehen, oder? Ja, eigentlich geht es mehr darum, sich innerlich wirklich selbst zu stärken, dass man neue Entscheidungen für sich treffen kann.

Stefanie Es gibt ja eben auch Veganerinnen, die diesen Schmerz so stark gespürt haben, dass sie psychologische Hilfe in Anspruch genommen haben, dort aber ihnen eine Anpassungsstörung quasi attestiert wurde. Wie Wie stehst du dazu?

Tamara Aus einer kannistischen Perspektive ist es eine Anpassungsstörung. Ja, also es ist wirklich die Frage, welche Perspektive man einnimmt. Aus einer veganen Perspektive ist es eine normale Reaktion, denn natürliche, normale, nachvollziehbare Reaktionen, dass in dem Moment, wo man Zeugin wird von einem derartigen gewalttätigen System, jeder der irgendwie Kriegsopfer ja also quasi wirklich quasi Menschen die Zeuge Zeugin werden von menschlich also Gewalt gegen andere Menschen würde das wäre vielleicht auch eine Anpassungsstörung. Es geht darum wie weiß ich gar nicht ob das als anderes wäre. Eine nee, es wäre eine posttraumatische Belastungsstörung, die man sozusagen bekommen würde. Ich glaube auch, dass diese Begrifflichkeiten egal sind, wie man, also was man sozusagen für eine Diagnose bekommt, sondern die Frage ist doch viel mehr, ähm. Was man tun kann, damit man aufhört, sich vom Außen abhängig zu machen. Ja, also dass man auch nicht von seinem Therapeuten in dem Moment abhängig ist, dass der einen selbst versteht, sondern es geht ja darum, dass du dich selbst verstehst und dass du für dich selbst dich gestärkt fühlst in dir drin. Und das ist etwas, was wir halt leider. In unserer Gesellschaft noch nicht wirklich lernen, auch als Kinder nicht wirklich lernen, sondern wir kommen dann in die Schule und sollen da irgendwie funktionieren, sollen uns anpassen und in das System reinpassen. Und ich finde es aber enorm wichtig, dass wir sozusagen unser Selbstvertrauen, unsere Selbstsicherheit gestärkt wird und dass wir uns einfach darüber klar werden, dass wir Veganerinnen und Veganer wirklich die Pioniere sind hier in der Gesellschaft. Also wir sind natürlich die Outsider, wir sind eine Minderheit noch und wir sind aber diejenigen, die vorangehen dürfen. Wir wollen ja eine neue Gesellschaft kreieren. Und allein aus dieser Perspektive ist es unglaublich wichtig, dass wir uns stark fühlen in uns selbst, dass wir uns vor allem sicher fühlen in uns selbst, damit wir die Ausdauer haben und den Mut, weiterhin für unsere große Vision einzustehen und uns eben aufhören, uns als Opfer zu sehen. Wir müssen aufhören, uns als Opfer zu sehen, weil die Tiere haben nichts davon. Wir helfen den Tieren nicht, wenn wir uns sozusagen so sehr mit ihnen identifizieren, dass wir selbst zum Opfer werden. Und dahinter steckt wirklich, dass wir die die Verantwortung für uns selbst übernehmen. Und wirklich diese Traumatisierung aus unserer Vergangenheit, die, die jeder hat, jeder hat, die wir haben, alle die Verletzungen als Kinder erfahren. Ja, es gibt kaum jemand, der keine Verletzungen erfahren hat. Das ist in Ordnung und wir können die lösen. Und da mehr Vertrauen zu entwickeln, dass wir sozusagen diese Themen für uns auflösen können und dann auch noch mal viel, viel stärker für unsere vegane Sache einstehen können, ohne in dieses. In dieses Opfer Täter Ding abzurutschen, dass wir sozusagen die anderen als die Bösen abstempeln und sagen Ja, mit denen will ich nichts mehr zu tun haben, weil damit werden wir nicht eine vegane Gesellschaft kreieren. Wir werden eine vegane Gesellschaft nur dadurch kreieren, dass wir die meisten Menschen mit ins Boot holen. Und da können wir uns mehr darauf fokussieren. Und allein das kann schon ein heilsamer Perspektivwechsel sein, Wenn ich mich darauf fokussiere, was ich mit anderen Menschen teile, was ich gemeinsam habe. Weil wir wollen ja Teil sein. Also wir sind Menschen, wir sind soziale Wesen, wir wollen Teil der Gesellschaft sein und uns zugehörig fühlen. Und ja, also diese ganzen Dinge erkläre ich auch nochmal viel, viel tiefer in Ich habe einen Einstiegstraining. Deswegen mein Training, wo ich sozusagen erst mal diese ganzen Mechanismen usw. erkläre. Und das ist jetzt einfach zu viel für so eine Na aber genau ich. Ich wünsche mir einfach, dass wirklich das, dass wir, dass wir einfach einmal es uns selbst wert sind, dass es uns gut gehen darf und dass wir wirklich wieder die Hoffnung und das Vertrauen entwickeln, dass wir auf der guten Seite sind und dass die Menschen uns zuhören, wenn wir diese gute Seite noch mehr leben werden. Also wir sind einfach auch viel attraktiver, viel positivere Vorbilder, wenn es uns gut geht und wir sozusagen anderen Menschen zeigen können, was der Gewinn ist, einer veganen Lebensweise, was man dadurch gewinnt und was das Schöne ist daran.

Stefanie Aber es darf uns auch mal schlecht gehen, oder?

Tamara Ja, also bin ich. Ich bin nicht da. Es geht nicht darum, dass es uns nicht schlecht gehen darf. Nur wir dürfen lernen, was wir dann brauchen, was wir für uns selbst gut tun können, wie wir selbst mit diesen Emotionen umgehen können. Und das sehe ich auch immer wieder. Die meisten, ähm, entweder die Menschen weinen nie, weil sie es sich nicht erlauben, weil sie dann, weil sie Angst davor haben, schwach zu sein, dann unterdrücken sie es lieber und dann entwickeln sie Wut und Ärger und reagieren dann mit Ärger. Weil Wut ist eigentlich nur versteckte Trauer. Aber ich fühle mich mächtiger in der Wut, weil ich sozusagen noch aktiv bin. Ja, ich habe noch eine Energie, was zu tun. Oder das andere Extrem ist wir rutschen in eine totale Depression, in die absolute Hoffnungslosigkeit und weinen nur noch. Also es sind total in diesem, in diesen Schwächegefühlen gefangen. Und da gibt es einen Mittelweg und dieser Mittelweg. Der ist der, der auch mal Spaß macht, wo man auch mal einen Scheißtag hat und wo man aber einfach weiß, was man braucht in dem Moment.

Stefanie Ich will dich jetzt gerne noch, weil du auch Mutter bist, ein bisschen was zu Kindern befragen. Also ich habe viele Hörerinnen und Hörer, die auch Eltern sind. Und das Thema Kinder ist ja gerade vegane Kinder, immer so aus gesundheitlichen Aspekten heiß diskutiert. Aber wenn ich jetzt halt mein Kind vegan ernähren möchte und das ist jetzt in der Kita oder in der Schule, kommt es da ja zwangsläufig mit Kindern in Kontakt, die wahrscheinlich nicht vegan leben. Wie machst du das mit deinen Kindern? Wie bereitest du dich so auf die Außenwelt vor? Was gibst du ihnen so mit?

Tamara Ich habe drei Kinder. Die älteste, die wird elf Jahre und die zwei Kleinen sind anderthalb und drei Jahre. Und was ich den. Die Kleinen sind auch sozusagen komplett vegan geboren. Die Große, die war zwei Jahre, als ich umgestellt habe. Und bei meiner großen Tochter ist noch sozusagen die besondere Besonderheit, dass ich mit ihrem Vater nicht mehr zusammen lebe und ihr Vater eben nicht vegan ist, auch nicht vegetarisch. Das heißt, meine große Tochter ist in so einer in beiden Welten aufgewachsen und das war für Sie schon eine besondere Herausforderung. Auf jeden Fall. Bis heute würde ich sagen, einfach nur, weil es quasi dann nicht mehr wirklich um den Inhalt der Ernährung geht, sondern eher wem fühle ich mich mehr zugehörig? Also für sie war das immer so, weil ich ja, dass sie gemerkt hat, okay, bei Mama ist das die Wirklichkeit, bei Papa dass die Wirklichkeit. Und wenn ich jetzt das eine ablehne, dann verleugne nicht gleich den anderen Elternteil. Das war sozusagen der Konflikt da. Und auch da habe ich einfach gemerkt, geht es natürlich auch um Aufklärung, dass ich meiner Tochter erklären konnte, warum ich das tue. Aber es ging viel mehr darum, sie wirklich innerlich zu stärken, dass sie sozusagen also das ist also dass quasi das vegane Thema eigentlich zweitrangig ist, sondern es auch da darum geht, wie kann ich mein Kind innerlich stärken, dass es das Selbstvertrauen und Selbstsicherheit hat, dass es auch in Ordnung ist und trotzdem liebenswert, auch wenn es nicht das ist, was die anderen essen? Ja, also da geht es jetzt eben auch um diese Selbstsicherheit. Und bei meinen Kleinen, also der mit anderthalb, der kann ja noch nicht reden, Aber meine 3-jährige Tochter, für die ist es selbstverständlich, dass wir vegan essen. Und die hat jetzt schon auch natürlich ein Verständnis, wo was drin ist und dann auch beim Einkaufen finde ich total spannend. Bei meiner großen Tochter war das häufig wirklich auch schwierig, weil sie dann nicht vegane Sachen wollte und ich gesagt hab Nee, die gibt es halt bei mir nicht. Aber bei meiner 3-jährigen Tochter, die halt so aufgewachsen ist, das ist ja ihre Normalität. Die sagt dann immer Mama, ist da Kuhmilch drin, Nee, dann essen wir das nicht. Also das für sie total normal und und klar. Und deswegen hat sie da gar nicht so den Konflikt. Ich eher beobachtet das mehr so dass quasi die anderen Kinder für dieses eine große Herausforderung weil bei denen kommen auf einmal ganz viele Fragen auf im Kindergarten warum jetzt die BO, die anders ist als sie und da kommen die Erzieher so ein bisschen und die Erzieherinnen sind in Not. Wie erklär ich das jetzt kindgerecht? Aber für Bode ist es überhaupt nicht so das Thema.

Stefanie Und wie kommunizierst du dann mit Eltern von anderen Kindern, die nicht vegan leben oder mit den Erzieherinnen?

Tamara Also wir haben für uns war es klar, Für meinen Mann und mich war es klar, dass wir bei den Kleinen keine Einrichtung, unsere Kinder nicht in eine Einrichtung geben, die das mit der veganen Ernährung nicht respektieren. Das haben wir ganz klar auch so kommuniziert. Immer bei den Einrichtungen und deswegen wurde da auch direkt, also da wurde auch drauf eingegangen auch da Thema Selbstsicherheit wenn ich für mich keine Klarheit habe oder da unsicher bin, ob das jetzt in Ordnung ist, dass ich sozusagen das einfordern darf für mein Kind, dann kriege ich das direkt im Außen auch gespiegelt. Also je klarer ich da auch als Eltern vorgehe, umso klarer sind dann auch die Gespräche mit anderen. Mit anderen Eltern habe ich jetzt gerade ehrlich gesagt wegen Corona nicht so viel gestimmt, aber bei den Erzieherinnen war das auch. Haben wir das einfach erklärt, dass wir eben aus aus ethischer Überzeugung unsere Kinder gerne also auch vegan ernähren möchten, auch im Kindergarten. Und die eine Erzieherin ist Vegetarierin, die hat dann gleich auch gesagt ja, ich esse ja auch keine Wurst und kein Fleisch, aber halt eben Eier. Und dann hat die vielleicht gesagt aber in den Eiern, das sind auch Küken drin, Das war dann so okay. Genau. Also wir versuchen da mit einem, mit einem, mit einer guten Portion Selbstvertrauen, aber eben auch ein bisschen Humor und einer wohlwollenden Haltung gegenüber den anderen. Ja, also dass wir dann auch sagen, ja, wenn es da irgendwie Probleme gibt, oder? Fragen sind, sind wir gerne bereit, auch da Fragen zu beantworten, egal von welcher Seite genau.

Stefanie Und kommen deine Kinder auch nach Hause? Jetzt sage ich mal anderthalb Jahre Kommt nicht von allein nach Hause und 3-jährig auch nicht. Aber vielleicht deine 11-jährige Tochter, dass sie sagt, aber die anderen essen so. Oder dass sie darüber sprechen möchten.

Tamara Ja, also bei meiner Mutter, bei meiner großen Tochter war es immer so, dass sie, ähm. Für sie war die große Herausforderung wirklich, dass sie sozusagen dann eben nicht mitessen konnte. Zum Beispiel. Ja, und, ähm, das war für mich auch eine. Ja, musste ich auch lernen, weil ich am Anfang da sehr, sehr strikt war und dann aber das Gefühl hatte, dass meine Tochter halt angefangen hat, vegane Ernährung mit Verzicht sozusagen zu assoziieren. Und das wollte ich ja auch nicht. Deswegen hab ich dann irgendwann mit ihr mich auf den Kompromiss eingelassen, dass ich gesagt habe, zu Hause gibt es nur vegan, wenn wir auswärts sind, und dass da eine nicht vegane Süßigkeit gibt oder weiß ich nicht, nicht vegane Soße oder so, dann darfst du die mitessen, wenn du das möchtest. Ähm, Fleisch war bei mir ganz strikt, dass ich gesagt habe, das möchte ich auf gar keinen Fall. Da hatte sie aber eigentlich auch nie das Bedürfnis nach einem, sondern es ging wirklich mehr darum, wenn wir irgendwo zum Essen eingeladen waren und die anderen dann irgendwie was bekommen haben, dass sie das halt auch wollte. Das heißt, da habe ich mich auf diesen Kompromiss eingelassen, weil ich dann dachte, okay, das, was meine Tochter jetzt an Schaden anrichtet durch dieses Verhalten, ist, ähm, wenn sie irgendwo mit isst, ist so gering. Aber was ich ihr sozusagen für einen Schaden an antue, eben auch mit dem, dass sie vegane Ernährung als Verzicht assoziiert, ist jetzt langfristig gesehen aus psychologischen Gründen auch nicht wirklich gut. Das heißt. Das, finde ich, ist so eine krasse Herausforderung für jedes veganes Elternteil. Was ich gemerkt habe Man muss sich einfach selbst damit wohlfühlen. Wenn das irgendwie ein Kompromiss ist, wo man immer das Gefühl hat, man verleugnet sich selbst, dann ist man nicht integer und das merkt ein Kind auch. Also für mich war es einfach wichtig, mich selbst intensiv damit auseinanderzusetzen und zu gucken, wann bin ich noch integer mit mir selbst. Also habe ich diese eigene Integrität zu wahren, weil ich auch viele Eltern sehe, die ihrem Kind, also die vegan leben und ihrem Kind dann irgendwie erlauben, bei den Großeltern Fleisch zu essen oder so, und die sich aber total unwohl damit fühlen. Also ich würde immer sagen, wenn die Kinder bei mir waren. Bei mir war eben die besondere Herausforderung, dass ihr eigener Papa anders war. Aber ich würde sagen, wenn man selbst mit dem Partner vegan lebt. Dann. Ist es für das Kind eigentlich total normal, selbst auch vegan zu essen. Also ja, da muss man echt irgendwie gucken, was fühlt sich für einen selbst gut an und das kann sich natürlich auch verändern. Also es kann sich jetzt was gut anfühlen, was ich in zwei Monaten nicht mehr gut anfühlt und dann ist das in Ordnung.

Stefanie Und hast du da irgendwelche Medien oder Bücher oder. Also Bücher sind auch Medien, aber ebenfalls Literatur, was auch immer, Videos oder so, die du nutzt, um deinen Kindern das vegane Leben näher zu bringen.

Tamara Muss ich ja nicht, weil wir leben ja vegan. Also sie wachst ja in einer Selbstverständlichkeit auf. Wir haben natürlich ein paar vegane Kinderbücher, wo quasi das erklärt wird, klar. Aber ich merke also, ich muss wirklich sagen, für meine Kleinen ist es total selbstverständlich. Also für die müsste ich wirklich eher erklären, warum die anderen das nicht so machen. Ähm, und ich würde sagen, es hat auch da hat es wieder sehr mit der Selbstsicherheit der Eltern zu tun. Also wie offen spricht man über seine Gefühle auch zu Hause? Wie? Wie klar kann man auch darüber kommunizieren. Was hat man als Familie für emotionale Bewältigungsmechanismen und und und und es ist natürlich auch total verschieden, ob dein Kind jetzt drei, zehn oder 15 ist, das ist auch klar.

Stefanie Und wie kommunizierst du das, dass andere anders essen, Also andere Kinder? Vor allem, weil das ja auch häufig so isst. Je nachdem. Klar, 3-jährige kommunizierst es anders als der 11-jährigen. Aber so? Hast du da Strategien, oder?

Tamara Ja, ich sage ganz klar ähm, also wir essen keine Tiere, weil Tiere sind unsere Freunde und die essen wir. Nicht, dass die leichteste Erklärung gerade für kleine Kinder. Für größere Kinder würde ich sagen ja, weil es einfach Gewalt notwendig ist, um Tiere zu halten und so zu schlachten. Und auch eine Mischung Industrie. Ja, also quasi die ganze Gewalt. Beschreibe jetzt nicht irgendwie mit Blut usw. aber einfach schon sag es ist Gewalt, das heißt es tut den weh, das verletzt die. Deswegen machen wir das nicht.

Stefanie Aber warum machen die anderen das dann? Also wenn jetzt zum Beispiel mein bester Freund oder meine beste Freundin, wenn ich mir das jetzt so vorstelle als 9-jährige oder so isst, Fleisch oder Käse oder was auch immer. Und das ist aber doch meine beste Freundin.

Tamara Genau. Und da würde ich einfach sagen also erst mal für. Also führt ja sozusagen die beste Freundin nicht die Gewalt aus. Das heißt, es geht ja immer um das System, was wir unterstützen. Also ich würde immer das Verhalten vom Karnismus abtrennen und sagen, die essen diese tierischen Produkte, weil sie daran gewöhnt sind, weil sie denken, dass das irgendwie dazugehört, so wie wir eben denken, dass es nicht dazu gehört, weil wir es so gewöhnt sind. Und so sage ich das auch. Also erkläre ich das auch meiner meiner 3-jährigen, dass ich sage manche Menschen essen eben Tiere, wir halt nicht. Und es genügt ja, und für Sie jetzt, für ein älteres Kind würde ich halt eher noch mehr kann es muss mit einbringen und wirklich als Überzeugung noch mehr beschreiben als Überzeugungssystem.

Stefanie Und wenn jetzt deine Kinder, die jüngeren Kinder, die vegan aufgewachsen sind, dann mit zwölf sagen Ich gehe jetzt zu McDonald's. Ist es Lässt du sie oder. Also ich meine, du sprichst natürlich mit ihnen darüber, aber lässt du sie irgendwann selbst entscheiden?

Tamara Das ist ja eine grundsätzliche Erziehungsmethoden. Frage Ja, wie viel Vertrauen habe ich in mein Kind? Und das war eigentlich eine Entscheidung. Die musste ich ja bei meiner großen Tochter schon treffen, irgendwann, weil ich gemerkt habe, ähm, wenn ich zu viel Druck aufbaue. Dann funktioniert es eben auch nicht gut, weil sie sich dann nicht wohlfühlt. Das heißt, ich bin super. Klar, sie kennt meine Meinung. Bei uns zu Hause würde nie was nicht Veganes sozusagen reinkommen. Natürlich hat sie jetzt auch schon Taschengeld und in der Schule gibt es auch eben, wenn sich da Süßigkeiten kauft oder ein Eis, dann sage ich Es ist dein Geld, du musst. Na also, du kannst für dich entscheiden. Und ich gehe da mit viel Vertrauen mittlerweile ran. Das heißt, ich würde eher mit meinem Kind dann, wenn es. Wenn sie jetzt irgendwie da bei McDonalds nicht Burger rein ziehen muss, eher darüber sprechen, warum das jetzt für sie so wichtig war dazuzugehören und sie wieder da eher stärken. Ob es nicht auch in Ordnung ist. Auch mal zu sagen ich gehört dazu und und auch wenn ich eine Sache nicht mitmache, das ist ja auch für später relevant. Nicht nur, wenn es um Veganismus geht, sondern auch beim Thema Rauchen, Alkohol trinken und und und. Also da würde ich immer eher sozusagen. Das Ernährungsthema nur als Symptom ansehen und aber das zugrunde liegende Thema besprechen. Also für mich aus meiner Perspektive würde ich sagen Liebe, liebe vegane Community ist. Es ist unglaublich wichtig, dass er wirklich die psychologischen Mechanismen versteht, die sozusagen involviert sind in unser kanistisches System, damit wir eben aufhören können aus also aussteigen können aus dieser Trennung und wirklich mehr zu dem Verständnis. Nicht um das Verhalten unseres nicht veganen Umfelds gutzuheißen oder eher zu rechtfertigen. Das nicht, sondern einfach, um zu verstehen, wo wir andocken können in unseren Gesprächen und auch in unseren Beziehungen. Also wir führen ja alle Beziehungen, wenn es Familie ist oder der Partner die Partnerin Beziehungen mit, kann es sozusagen, ja, damit kann es zwischen Menschen, die können eine fantastische Überzeugung noch haben. Und da möchte ich euch wirklich herzlich sozusagen einladen, euch mit dem Thema wirklich noch mal intensiver zu befassen. Und das andere, was ich mir so so sehr wünsche, ist, dass wir als Veganerinnen und Veganer aufhören, das als selbstverständlich zu sehen, was wir tun, wofür wir uns entschieden haben, sondern wir dürfen uns viel mehr wirklich anerkennen, abfeiern und es wertschätzen, dass wir sozusagen uns für Veganismus entschieden haben und wirklich auch unsere Liebe zu Veganismus noch viel, viel mehr spüren und uns innerlich eben dadurch auch stärken und das wiederum nach außen tragen. Und da ist es völlig in Ordnung, wenn man Themen mit sich bringt, die ja die einen. Erschweren die, wo es einem nicht gut geht. Und das muss man. Das muss aber nicht so sein. Das heißt, wir müssen uns nicht damit abfinden, dass es uns nicht gut geht. Das sagt gerade der Anteil von mir, der wirklich viele, viele Jahre immer wieder depressive Verstimmungen hatte. Auch schon bevor ich vegan wurde, war das mein Thema und wir können das lösen. Es gibt, wir müssen das nicht sozusagen denken, dass wir damit leben müssen, sondern es geht auch anders. Und genau ich wünsche mir wirklich, dass wir uns viel mehr als die Pioniere in der Gesellschaft sehen, die sich gegenseitig hoch heben und wirklich mutig, authentisch und positiv vorangehen und voranschreiten.

Stefanie Ja, also vielen Dank, Tamara. Das war ein ganz tolles Abschlusswort und ich danke dir für deine Zeit, dass du hier warst.

Tamara Ich danke dir für deinen tollen Podcast und für deine Arbeit und lass uns gerne noch mal schreiben.

Stefanie Das war das Interview mit Dr. Tamara Pfeiler und wie du gemerkt hast, hätten wir zum Thema Kinder und auch generell noch weiterreden können. Leider war die Zeit dann knapp und wir mussten das Interview beenden. Die Fortsetzung zum Thema „vegane Kinder“ kannst Du in Folge 116 anhören und lesen. Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Folge 113 - Zwischen Zwang und Selbstfürsorge

Ein Beitrag

Folge 113 - Zwischen Zwang und Selbstfürsorge

Diese Folge ist quasi so eine Art Fortsetzung der vorangegangenen Folge.

Denn auch wenn Putzen Selbstfürsorge sein kann, so kann diese Tätigkeit auch zwanghaft sein. Es ist stets ein Balanceakt, der auch ins Negative kippen kann.

Tätigkeiten, die mir eigentlich gut tun, können, wenn ich sie unfreiwillig und zwanghaft ausführe, mir schaden.

Um diese Gefahr etwas genauer zu beleuchten und vor allem nicht unerwähnt zu lassen, habe ich diese Folge aufgenommen.

So kannst Du eine Praline genießen und Dich gut dabei fühlen, wenn Du sie isst. Du kannst aber auch einem inneren Zwang folgen, der Dir sagt, dass Du Dich gut fühlen wirst, wenn Du diese Praline isst.

Der Unterschied ist hier, ob Du die Wahl hast diese Praline zu essen oder nicht. Kannst Du die Praline wieder weglegen, ohne dass sie sich immer wieder in Deine Gedanken schleicht und eine innere Stimme Dir sagt, dass Du sie unbedingt essen solltest, um sie zu einem späteren Zeitpunkt bewusst zu genießen, ist es kein Zwang, sondern etwas, mit dem Du Dir etwas Gutes tust.

Musst Du die Praline aber wie ferngesteuert unbedingt essen, verfolgt Dich die Tatsache, dass sie existiert in Deinen Gedanken, isst Du stattdessen vielleicht etwas Gesundes und musst Dich dazu zwingen an etwas anderes zu denken, dann ist das Essen der Praline kein Akt der Selbstfürsorge und Du solltest der Ursache des Zwangs nachgehen.

Links zur Folge

Das Buch "Zen Magic" von Shunmyo Masuno
z.B. bei buch7.de anschauen

Maria Sanchez - Emotionales Essen
https://www.mariasanchez.de/

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen.

Ich bin Stefanie und diese Folge ist quasi so eine Art Fortsetzung der letzten Folge, in der ich zum einen ein Buch vorgestellt habe und zum anderen darüber gesprochen habe, wie putzen, dabei helfen kann, zu dir selbst zu finden, im Sinne von Selbstfürsorge und Achtsamkeit und Meditation.

Woran ich dabei immer wieder denken muss und generell bei allen Tätigkeiten, die gut für uns sein können, dass diese auch ins Gegenteil umschlagen können. So auch beim putzen, das kann natürlich eine Möglichkeit sein, dass du einfach putzt und bei dir bist beim putzen. Es kann aber auch ins Zwanghafte ausarten, so dass du das Gefühl hast, du musst putzen, um deine Gefühle in den Griff zu bekommen. Ich habe darüber nachgedacht, dass die vorangegangene Folge vielleicht dahin gehend missverstanden werden kann und möchte deswegen diese Folge hier ergänzen.

Da ich seit meiner Kindheit emotional esse und mich seit etwa sieben Jahren mit den Gründen des emotionalen Essens etwas intensiver beschäftige in verschiedenen Changierungen, bin ich mit Zwängen wohl vertraut. Beim Essen ist es zum Beispiel so, dass es ja durchaus sein kann, dass du ein Stück Kuchen genießen kannst, dass du ein Stück Schokolade essen kannst, ohne dass es emotionales Essen bedeuten muss. Aber sobald es dazu umschlägt, dass du keine Wahl hast und dieses Stück Schokolade essen musst, sonst verfolgt es dich oder du musst irgendwas anderes dafür essen, dann ist es ein Zwang.

Genauso kann das natürlich passieren mit Tätigkeiten wie putzen, dass du zwanghaft putzt, um Gefühle quasi weg zu putzen, die dich innerlich aufwühlen oder in irgendeiner Art und Weise bedrücken oder dass du zwanghaft Sport treibst, um deine Gefühle irgendwie unter Kontrolle zu halten. Hier ist der Punkt immer die Freiwilligkeit. Hast du die Wahl? Kannst du stattdessen auch nicht putzen, nicht essen oder nicht Sport treiben? Oder fühlst du dich dann gezwungen, es doch zu tun, wirst unruhig, musst irgendetwas anderes machen? Beim Essen ist es ja häufig so, dass dann einfach das ungesunde Essen gegen das gesunde Essen getauscht wird und so habe ich das früher auch gemacht, dass ich dann statt Schokolade Äpfel gegessen habe oder generell Rohkost, was natürlich viel gesünder ist und der schlanken Linie zugute kommt, aber es ändert nichts an dem zwanghaften Essen und es ändert auch nichts an den Gründen, an der Ursache, wo das denn jetzt herkommt.

Und so ist es meiner Erfahrung nach sehr, sehr wichtig, dass wir da sensibel bleiben mit den Dingen, die uns gut tun. Wie gesagt, es kann uns gut tun, ein tolles Stück Kuchen zu essen, eine leckere Schokolade zu genießen, es kann uns gut tun, Sport zu treiben, jeden Tag eine Runde Joggen zu gehen oder wenn es irgendwann mal wieder möglich ist, schwimmen zu gehen und es kann eben auch gut tun, bewusst zu putzen.

Aber immer wenn die Tätigkeit zum Zwang wird und du nicht mehr die Wahl hast, ob du es machen kannst oder nicht, dann ist es gefährlich und dann ist es wichtig, dass du dir dessen bewusst wirst und da schaust, was ist die Ursache ist, was lässt dich jetzt zwanghaft handeln. Ich bin da auch immer noch mittendrin, also ich habe da kein Patentrezept, ich kann dir nur sagen, wenn du wie ich emotionale·r Esser·in bist, bist du bei Maria Sanchez sehr gut aufgehoben, die kann ich da wärmstens empfehlen, Sehnsucht und Hunger, ist ihre Webseite, ich verlinke die auch mal in den Shownotes und alles von ihr kann ich wirklich empfehlen.

Doch auch das, was sie macht, geht natürlich nicht ohne Eigenverantwortung, nur wenn wir selbst bereit sind uns auf den Weg zu machen und uns unseren Zwängen zu stellen, können wir auch Heilung finden und je nachdem welche Ursachen unsere Zwänge haben, sind sie eben leichter oder schwerer zu heilen. Häufig ist es dann einfacher mit den Zwängen zu leben, nur wenn sie anfangen, uns im Alltag zu belasten und einzuschränken, würde ich dir empfehlen, da tiefer zu schauen und wenn du das alleine nicht schaffst dir auch Hilfe zu suchen.

Meiner Erfahrung nach, ist es so, wenn du anfängst für dich zu sorgen und dich um dich selbst zu kümmern, dann wirst du immer sensibler für das, was du wirklich brauchst und das ist definitiv kein linearer Weg, sondern es geht auf und ab, vor, zurück, du drehst Schleifen, du verhedderst dich auch mal, du fällst, das kann alles vorkommen und mein Weg jetzt die letzten sieben Jahre war definitiv genauso. Trotzdem kann ich merken, dass ich immer sensibler für meine eigenen Bedürfnisse werde und immer besser herausfinden kann, was ich gerade brauche. Und das ist definitiv etwas, eine Fähigkeit, die dir hilft, gelassen im Alltag zu sein.

Und natürlich gibt es immer wieder Momente, in denen ich alles infrage stelle und an alle zweifle. Meistens fällt das bei mir als menstruierende Frau in den Zyklusbereich vor meiner Blutung. Das wäre dann, wenn du den Zyklus in Jahreszeiten einteilst, der Herbst und der Winter auch, Winter ist dann, wenn die Blutung stattfindet und ein bisschen davor und ein bisschen danach. Und das sind für mich die Zeiten, in denen ich weiß, dass da verstärkt Zweifel in mir hoch kommen. Wenn mir das bewusst ist, dass ich mich gerade in dieser Zeit befinde, dann kann ich damit auch leichter umgehen. Es ist für mich ein stetes Kennenlernen meiner selbst.

Ich bin so aufgewachsen, dass ich einer bestimmten Norm entsprechen sollte. Und ich denke, viele von uns wurden vor allem durch die Schule, durch unser Bildungssystem in gewisse Richtungen gedrängt. Dass gesagt wurde, dass sie so und so zu sein haben. Und dass es nicht darum ging, dass sie irgendwie ihre individuellen Bedürfnisse erforschen können und erfüllen können auch, sondern dass es nur darum ging, bestimmten Leistungsansprüchen zu genügen.

Dieses Mitgefühl mit mir selbst, herausfinden, was für Bedürfnisse ich überhaupt habe, das ist etwas, was ich jetzt wirklich erst in den letzten sieben Jahren lernen durfte. Und ja, die vorangegangenen Jahrzehnte habe ich das eben nicht gemacht. Und deswegen ist es für mich auch ein teilweise recht steiniger Weg. Und dauert einfach seine Zeit. Und ich bin immer noch unterwegs und wie gesagt, ich weiß gar nicht, ob ich jemals ankommen werde, aber ich weiß zumindest, dass es immer leichter wird. Und ja, auch wenn es zwischendurch Rückfälle gibt oder ich einfach das Gefühl habe, dieser Berg versperrt mir die Sicht und eigentlich ist dahinter alles wunderschön. Nur ich sehe halt die ganze Zeit nur auf diesen Berg und kann das wunderschöne überhaupt nicht sehen.

Deswegen möchte ich dich mit dieser Folge bitten, gut auf dich zu achten und auszubalancieren, was du wirklich brauchst. Dich selbst gut zu beobachten, wann etwas ins Zwanghafte abdriftet und dich selbst mitführend zu behandeln. Liebevolle Güte nennt das Ajahn Brahm, den habe ich ja schon öfter hier zitiert, du kennst ihn dann schon. Also liebevolle Güte dir selbst gegenüber. Wenn du dich selbst hegst und pflegst und Mitgefühl mit dir selbst hast, dir liebevoll begegnest, dann wirst du auch noch lange Kraft haben, um dich um andere Lebewesen zu kümmern. Deine Kinder, falls du welche hast, deine Familie, deine Mitmenschen, aber eben auch vor allem deine Mitlebewesen, die Tiere, um die es dir geht.

Und wie immer geht es darum, geh deinen Weg in deinem Tempo. So wie es zu dir passt und nicht so, wie du denkst, dass andere, das von dir erwarten oder vielleicht andere, diese Erwartung auch wirklich äußern. Nur du selbst kannst wissen, welches Tempo für dich das richtige ist.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Folge 112 - Durch Putzen innere Ruhe finden

Ein Beitrag

Folge 112 - Durch Putzen innere Ruhe finden

In den vergangenen zwei Monaten habe ich mich verlaufen.

Ich habe mich bewusst für ein neues Projekt engagiert, dann kamen immer mehr Dinge hinzu, in unserer Wohnung wurde ein Wasserschaden festgestellt und schwupps war meine innere Ruhe nur noch eine ferne Erinnerung.

Es gab Zeiten, in denen ich dachte, es sei nie anders gewesen. Die Erinnerung an das geerdete, ausgeglichene Gefühl war verschwunden.

Dann habe ich vor drei Wochen durch Zufall ein Buch entdeckt "Magic Zen" und es sofort verschlungen. Es geht darin um Aufräumen und Putzen - ausgerechnet!

Mit dem Thema Putzen stand ich schon immer auf Kriegsfuß und ich habe mich immer gegen die Rolle als Hausfrau gewehrt.

Dem Buch habe ich trotzdem eine Chance gegeben und gelernt das Putzen meiner Wohnung in einem anderen Licht zu sehen.

Wie mir das Putzen geholfen hat meine innere Ruhe wiederzufinden, darum geht es in dieser Folge.

Links zur Folge

Das Buch "Zen Magic" von Shunmyo Masuno
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Marie Kondo
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Dein Reisebuch für ein Leben in einer nicht-veganen Welt
mehr Informationen findest Du hier >>

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen.

Ich bin Stefanie und wenn du schon länger zuhörst hier im Von Herzen Vegan Podcast, hast du gemerkt, dass die letzte Folge fast zwei Monate zurückliegt oder genau zwei Monate, ich weiß es jetzt gerade nicht. Es war auf jeden Fall Ende Januar und jetzt haben wir Ende März, also müsste es zwei Monate sein und es liegt tatsächlich daran, dass ich mich verlaufen hatte.

Verlaufen? Fragst du dich jetzt? Was will sie mir damit sagen? Du weißt, dass ich sage, dass es wichtig ist, gut für dich zu sorgen und natürlich praktiziere ich das auch selbst jetzt seit bald sieben Jahren, dass ich versuche, immer gut für mich zu sorgen.

Vor sieben Jahren ungefähr habe ich diese Entscheidung getroffen, ein bisschen, ich glaube, es war im Mai vor sieben Jahren, also noch nicht ganz sieben Jahre, um dann eben tatsächlich im Juli vor sieben Jahren mit einer Therapie auch erstmal zu starten, weil ich alleine das nicht geschafft habe, diesen Schritt zu gehen, dass ich für mich sorge. Damals war mir das auch überhaupt nicht klar, dass es darum ging, gut für mich zu sorgen, sondern diese Erkenntnis ist dann erst im Laufe der Therapie zu mir gekommen. Und damit auch im Laufe der Zeit dann die Erkenntnis, was ich tun kann und was ich vorbeugen tun sollte, damit ich weiterhin gut für mich sorgen kann.

Daraus habe ich dann im Laufe der Zeit durch meine Erfahrungen als Veganerin auch dann meine Methodik geknüpft, die ich hier im Von Herzen Vegan Podcast auch schon vorgestellt habe, die ich mittlerweile lebe, die ich in einem Buch, dem Reisebuch, schon vorgestellt habe. Das heißt, wenn du da weitergehende Unterstützung brauchst, ist das Buch auf jeden Fall so die beste Anlaufstelle momentan.

Da träume ich immer noch von einer Gruppe zum Buch, bisher hat sich das noch nicht ergeben, aber vielleicht kommt das in diesem Jahr noch. Wenn du da Interesse dran hast, dann schreib mir gerne. Und im Moment ist es noch so, dass es einfach das Buch gibt als komprimierteste Unterstützung, als tiefgehendste Unterstützung und wenn du dann Gleichgesinnte suchst, kannst du in den Von Herzen Vegan Klan kommen.

Ja, eins, was mir einfach über die Jahre hinweg klar geworden ist, ist, dass wir uns ein Sicherheitsnetz weben müssen, damit wir nicht in sehr tiefe Löcher fallen und dieses Netz ist für jeden und jede von uns total individuell. Da spielen so viele Faktoren mit rein, dass ich nicht sagen könnte, mach es so und so. Ich kann nur erzählen, wie ich es mache und ich kann dir die Methoden an die Hand geben, wie du dir selbst dein Netz knüpfen kannst. Aber was es dann letztlich für ein Netz wird, was du für Material nimmst und so, das ist alles etwas, was du für dich nur individuell entscheiden kannst.

Ich persönlich habe für mich erkannt, durch meine biografische Vorbelastung, dass es für mich wichtig ist, mich auch abzuschotten und zurückzuziehen und nicht zu viel zu geben. Und in den letzten zwei Monaten bin ich da über meine Grenzen hinaus geschossen. Ich hatte mich ganz bewusst eigentlich in ein Projekt hineinbegeben. Da wusste ich, wenn ich das mache, dann erfordert es viel Zeit und Kraft von mir und dann hat es mich doch absorbiert und dann kam hier noch in der Wohnung ein Wasserschaden dazu und es kam noch verschiedene andere Dinge dazu, so dass es immer mehr wurde und ich eigentlich nur noch rotiert bin.

Ich habe sämtliche Selbstfürsorge-Übungen vernachlässigt, war nur noch am Limit. Und das meine ich jetzt mit Verlaufen.

Ich bin von meinem eigentlichen Weg abgekommen, wo ich eine Balance für mich erarbeitet hatte, wie ich mit den Herausforderungen meines Alltags gut umgehen kann. Wie es mich eben nicht von meinem Drahtseil schubst, sondern ich entspannt darauf entlangbalancieren kann und ich bin gefallen.

Ich bin dann in mein Netz gefallen tatsächlich, aber es hatte ein Loch, um in diesem Bild zu bleiben und so bin ich tiefer gefallen und es hat eine Zeit gedauert, bis ich da wieder rausgekommen bin und ich habe immer wieder gemerkt, ja, es ist so wichtig, dass wir gut für uns sorgen und das täglich, es ist ein tägliches Üben.

Und wenn du vorbelastet bist, sei es biografisch so wie ich oder generell dazu neigst, dass du viel gibst und viel für andere da bist, aber selbst dich für dich halt nicht so viel sorgst, dann ist die Gefahr immer wieder groß, dass du dich selbst vernachlässigst.

Wir wachsen ja nun mal auch mit diesem Bild auf, dass das alles egoistisch oder egozentrisch ist, wenn wir uns um uns selbst kümmern und dass das nicht okay ist und auch heute noch es ist häufig so, dass gesagt wird, dass du dich selbst nicht so wichtig nehmen darfst. Und ich denke, dass es sehr gefährlich für Menschen wie uns ist, Menschen, die von sich aus schon sehr gerne viel geben und die das auch teilweise brauchen und die sich selbst einfach schon nicht wichtig nehmen.

Wenn denen dann noch gesagt wird, naja, dich selbst wichtig nehmen ist auch nicht okay, dann ist da das Scheitern vorprogrammiert und ich habe mich ja nun jetzt auch schon einige Jahre damit beschäftigt und weiß eigentlich um meine Fallstricke. Und ich konnte dann die Kurve wieder bekommen. Es war quasi ein größerer Abstecher, den ich jetzt in den letzten zwei Monaten gemacht habe. Und ich konnte wieder zurückkommen auf meine Fahrt, weil ich ein Buch gefunden habe, das mir geholfen hat.

Und das Buch möchte ich dir jetzt einmal kurz vorstellen. Es heißt Zen Magic von Shunmio Masuno. Ich hoffe, dass ich den Namen richtig ausspreche. Und der Untertitel heißt: Wie man sein Leben aufräumt und dabei ein reines Herz bekommt.

Und dieses Aufräumen hat mich total angesprochen. Ich habe ja schon die Bücher von Marie Kondo gelesen, Magic Cleaning, und da hat mich immer gestört, dass sie alles wegschmeißt, also dieser nicht gerade Zero Waste Ansatz, also Ressourcenverschwendung in meinen Augen. Es kann ja sein, dass es gar nicht so gemeint ist und sie einfach nur sagt, wann soll das weggeben. Ich habe jetzt noch mal ein Buch von ihr durchgeblättert, wo sie auch immer vom Wegschmeißen schreibt.

Prinzipiell finde ich ihren Ansatz aufzuräumen, aber sehr gut und dieses Buch jetzt von Shunmio Masuno hat nochmal einen ganz anderen Fokus auf das Thema Aufräumen und vor allem Putzen. Der Autor ist ein buddhistischer Mönch und beschreibt seinen Alltag in einem Kloster und er ist gleichzeitig auch Professor an einer Universität und Gartenbauarchitekt.

Das Buch hat mich so angesprochen, weil es um das Thema Aufräumen geht und Aufräumen und Ausmisten und Putzen sauber halten, mich wohlfühlen, eigentlich immer wieder eine Rolle in meinem Leben spielt. Ich habe in den letzten zwei Monaten gemerkt, dass mich das zusehends gestresst hat, dass ich immer im Wohnzimmer arbeiten musste oder eben meine verschiedenen Tätigkeiten am Computer im Wohnzimmer gemacht habe, weil Carsten einfach im Arbeitszimmer war oder dann später jetzt durch den Wasserschaden der im Kinderzimmer war ins Schlafzimmer gezogen ist, weil das Kind dann ins Arbeitszimmer gezogen ist.

Also alles ein wenig komplizierter momentan ist, aber alles halb so wild. Wir kriegen das alles hin. Ich habe nur einfach gemerkt, dadurch, dass mein Arbeitsplatz jetzt im Wohnzimmer war, am Ess-Tisch, habe ich die ganze Zeit über irgendwie in dieses bunte Chaos in der Küche (wir haben so eine offene Wohnküche) geschaut und das hat mich innerlich total gestresst.

Und als ich dann durch Zufall in der Onleihe auf dieses Buch gestoßen bin, habe ich das sofort ausgeliehen und habe dann sofort angefangen zu lesen. Und das auch fast in einem Rutsch durchgelesen, weil es einfach gerade genau das richtige Buch für mich war.

Ob es jetzt genau das richtige Buch für dich ist, das weiß ich nicht. Aber für mich war es in dem Moment genau das richtige Buch. Und es hat mich dann wieder auf meinen von mir gewählten Pfad zurückgeführt, hat mich wieder ausbalanciert und jetzt kann ich mich langsam wieder erden und fühle mich wohler und bin wieder ausgeglichener in meinem Leben.

In erster Linie geht es in dem Buch ums Putzen und mit dem Putzen hatte ich bisher noch kein gutes Verhältnis, also geputzt habe ich noch nie gerne und das Buch hat mir geholfen, den Fokus bei dem Blick aufs Putzen ein wenig zu verschieben, denn ich möchte dazu mal eine Passage aus dem Buch zitieren. Der Autor sagt Putzen heißt das Herz zum Glänzen zu bringen. Im Zen-Tempel sind die Mönche, die sich in der Ausbildung befinden, für das gründliche Putzen am Morgen und Abend zuständig. Sie fegen das gesamte Gelände und wischen sorgfältig die Tempelhalle. Sie putzen nicht, weil es schmutzig ist. Sie putzen, um ihre Herzen zum Glänzen zu bringen.

Und dann heißt es hier weiter: Bei der Geburt sind unsere Herzen rein wie Spiegel, keine Wolke trübt sie, doch im Lauf des Lebens legt sich Staub auf unsere Herzen und Müll setzt sich in ihnen fest. Das macht uns voreingenommen oder führt zu voreiligen Urteilen. So glauben wir beispielsweise den Charakter eines bestimmten Menschen genau zu kennen oder wir sind davon besessen, eine bestimmte Sache unbedingt haben zu wollen. Müll und Staub trüben unsere Herzen, die einst so unbefleckt wie ein Spiegel waren, aber das müsste nicht so sein. Wir selbst sind es, die sich von solchen Vorurteilen und Obsessionen verführen lassen und dann darunter leiden. Aus diesem Grund müssen wir unsere Herzen eifrig polieren, damit sich kein innerer Schmutz und Staub daran festsetzen kann. 1 Gramm Schmutz weniger und schon wird uns leichter ums Herz. Ein bisschen weggeräumter Müll und gleich fühlen wir uns erfrischt. Putzen sie die Flecken von ihrem Herzen, damit es in seiner ganzen Reinheit erstrahlt. Wenn sie in aufgeräumten Räumen leben, wird sich ihr Herz nur schwer trüben können. Der Sinn des Putzens besteht nicht darin, den Schmutz zu beseitigen. Der Sinn des Putzens besteht darin, das Herz zum Glänzen zu bringen. Zitat Ende.

Soweit erstmal die erste Passage aus diesem Buch. Und mich hat dieser Fokuswechsel sehr berührt. Ich hatte in diesen zwei Monaten meine innere Ruhe völlig verloren. Ich war rastlos, ich konnte mich nicht mehr richtig konzentrieren. Und ich habe dann gemerkt, durch das Aufräumen und Putzen, durch die Beschäftigung mit meiner Wohnung, werde ich innerlich ruhiger.

Wenn du diesen Podcast schon länger hörst, dann weißt du, dass ich diese These vertrete, dass wir unsere Wohnung als unseren physischen, sicheren Ort nutzen sollten. Damit wir uns sehr wohl fühlen können, müssen wir ihn natürlich auch dementsprechend gestalten und in diesem Fall auch aufräumen und Putzen.

Also und ich habe gemerkt, dass ich jetzt das Putzen nutzen kann, um wieder zu mir zu finden. Tipps und Gedanken, die ich auch schon bei Marie Kondo gefunden habe, wo es ja in erster Linie ums Aufräumen geht und entrümpeln, habe ich dann auch hier wieder gefunden. Aber da ich eigentlich schon das Meiste aufgeräumt und entrümpelt habe, stand ich jetzt eigentlich schon an dem Punkt, dass ich Putzen konnte.

Marie Kondo schreibt in einem ihrer Bücher auch, dass wir erst Putzen können, wenn wir es wirklich unser Aufräumfest nennen, sind wir am Ende ihres Programms. Also wenn wir dieses Aufräumfest gefeiert haben, wenn jedes Ding seinen Platz hat und so, habe ich das jetzt auch hier tatsächlich erlebt. Ich habe mein Aufräumfest noch nicht gefeiert. Also ich bin dieses ganze Programm von Marie Kondo bisher noch nicht durchgegangen, sondern habe nur einzelne Tipps da rausgegriffen, weil ich es auch zum Teil erst gelesen habe, nachdem ich schon ziemlich weit gekommen war beim Entrümpeln und Aufräumen.

Ich bin da so teilweise einen etwas anderen Weg gegangen, aber ich finde ihre Tipps nach wie vor gut. Mein Fokus lag jetzt also eigentlich eher auf dem Putzen. Einer, wie gesagt, von mir eher verhassten Tätigkeit. Und mein Problem ist dann auch noch, dass ich da mit meiner Rolle als Frau zu kämpfen habe, weil ich mich dann immer in die Rolle als Hausfrau gedrängt fühle. Wenn ich putze und dann innerlich rebelliere gegen dieses Hausfrauendasein und trotzdem eigentlich weiß, ja, wenn ich es jetzt nicht mache und es sonst keiner macht, dann müssten wir halt jemanden bezahlen dafür, dass der oder diejenige das macht. Und so dass das, was ich hier mache, das Putzen, ja trotzdem seinen Wert hat.

Das kam jetzt noch bei mir dazu. Und durch dieses Buch habe ich jetzt eine Möglichkeit gefunden, das Putzen für mich umzudeuten, einen anderen Wert zu geben, einen anderen Stellenwert und das Putzen für mich zu nutzen, reimt sich jetzt auch, das Putzen zu nutzen, um wieder eine innere Ruhe zu erlangen. Das geht natürlich nicht sofort und es sollte auch nicht zwanghaft sein, sondern es ist so etwas wie eine Meditation, quasi.

Achtsamkeit ist ja ein Begriff, Dinge achtsam tun, eins nach dem anderen tun. Achtsam die Tomaten schneiden, achtsam die Toilette putzen und so weiter und so fort. Das klingt da auf jeden Fall auch mit.

Ich habe also in den letzten Wochen, wenn ich mich unruhig gefühlt habe, mich umgeschaut und mir dann eine Ecke vorgenommen, wo ich ein bisschen aufgeräumt und geputzt habe und das habe ich dann natürlich auch gemacht, ohne dabei irgendwie was zu hören, Hörbücher, Podcast, Musik oder so. Sondern wirklich einfach nur geputzt, nur diese eine Tätigkeit gemacht.

Und es ging mir auch gar nicht darum, jetzt wie eine Wahnsinninge irgendwie die Arbeitsfläche zu polieren oder so, sondern tatsächlich Dinge zu putzen, die auch geputzt werden mussten. Was mir dabei auch wichtig war und weiterhin wichtig ist, ist mein Zuhause, meine Wohnung als einen sicheren Ort zu gestalten und als ein Ort, an dem ich mich wohl fühle.

Bei mir ist das momentan leider nicht so hundertprozentig möglich, weil wir im Klinsch liegen, sage ich jetzt mal, mit unserer Vermieterin, die direkt unter uns wohnt. Und deswegen bin ich da immer so hin und her. Eher innerlich ist es im Moment nicht wirklich ein Zuhause. Trotzdem hat mir das aber geholfen, als ich dieses Buch gelesen habe, nochmal den Fokus darauf zu legen, die Wohnung sauber zu halten und ordentlich, um selbst mich innerlich sauber und ordentlich zu halten. Also quasi nicht nur mein Herz zu putzen, sondern auch meine Seele und alles geordnet zu haben. Denn der Grundsatz, den schon Mio Masuno uns mitgibt in seinem Buch, ist, dass der Zustand der Wohnung quasi den Zustand eines Herzens widerspiegelt.

Und ich muss zugeben, dass das hier auch so ein bisschen der Fall ist. Ich habe festgestellt, dass ich mich da mehr um mich selbst kümmern muss und das dann wieder durch das Putzen ausdrücken kann. Und durch diesen Gedanken, ich mach das für mich, ich räume innerlich in mir auf und da geht es mir besser, wenn ich jetzt die Wohnung aufräume und putze, ist das Aufräumen und Putzen für mich gleich zu einer gar nicht mehr so stressigen, anstrengenden Arbeit geworden. Und auch nicht mehr so verhasst und genervt, sondern das ist ja etwas, was ich für mich tue, damit es mir besser geht und damit ich mich gut fühle und innerlich geordnet und blank putzt quasi. Und deswegen hat mir das wirklich sehr geholfen.

Also solltest du auch so in einem zwiespältigen Verhältnis zum Thema Putzen stehen, kann ich dir das Buch sehr empfehlen. Was ich auch ganz toll fand, auch so als im Kontrast zu Marie Kondo ist, dass er sagt, Wegwerfen kommt ganz zum Schluss. Bevor ich etwas wegwerfe, schaue ich erst mal, ob ich das nicht auf verschiedenste Arten noch irgendwie wieder verwenden kann, reparieren kann, ob ich es verschenken kann oder auf andere Art diesem Ding ein zweites Leben schenken kann. Und das hatte ich mir gleich sehr sympathisch gemacht, weil ich dachte, nachhaltig ist es definitiv nicht immer vom Wegschmeißen zu sprechen.

Zum Schmunzeln hat mich da auch gebracht, dass die Mönche in seinem Kloster feste Tage haben zum Reparieren, dass sie an Kalendertagen mit vier oder und oder neun in der Zahl dann an diesen Tagen Dinge reparieren und er empfiehlt auch sich selbst feste Tage zum Reparieren festzulegen, was ich sehr interessant finde.

Ich habe es noch nicht ausprobiert und finde das ein sehr spannender Ansatz. Ich sehe das Buch nicht zu 100%ig, unkritisch toll. Ich habe auch ein paar Kritikpunkte an diesem Buch und zwar gibt es da so Geschlechterrollen, Klischees, die da praktiziert werden, die ich nicht so unterschreiben kann und manchmal geht er mir auch zu weit mit seinen Gedanken zur Art und Weise, wie eine Wohnung eingerichtet sein soll. Aber da konnte ich einigermaßen gut darüber hinweglesen, weil ich einfach das rausgezogen habe aus dem Buch, was für mich sinnvoll und wichtig war. Und ich denke, dass es für dich auch praktikabel sein kann.

Er hat dann seinem Buch wirklich gute Praxistips. Und im Grunde sagt er, es geht um das tägliche Üben, darum, täglich zu putzen, das heißt nicht, dass du täglich die ganze Wohnung putzen sollst, sondern Rituale einzuführen. Das ist genauso wie mit dem Power-Up, dich täglich um dich selbst kümmern, wirklich Rituale zu haben. Er empfiehlt jetzt morgens, das war etwas, was ich jetzt nicht so ganz praktikabel fand, direkt nach dem Aufstehen, einmal durchzusaugen durch die Wohnung. Wenn ich mir vorstelle, ich würde irgendwie um 5 Uhr morgens aufstehen und dann einfach durch die Wohnung saugen, dann freuen sich die Nachbarn sicherlich nicht.

Also von daher, ja, also wie gesagt, das ist nicht alles, nicht alle Tipps, finde ich jetzt im Alltag anwendbar. Was ich aber durchaus unterstreichen kann, ist eine Angewohnheit, die ich habe, dass ich abends nochmal durch die Wohnung gehe und Sachen zusammenlege, wie Decken oder so, die wir auf dem Sofa benutzt haben, Kissen nochmal zurechtrücke, damit ich, wenn ich morgens dann aufstehe, in eine aufgeräumte Wohnung komme. Also bei mir ist es eher abends.

Ich denke, das ist dann ganz individuell. Was ich mir jetzt auch angewöhnt habe, was ich vorher nicht gemacht habe, ist zum Beispiel in der Küche dann Dinge, die ich benutze, sofort abzuspülen und wieder wegzulegen. Da haben sich teilweise schon, hat sich das Geschirr getürmt, weil ich einfach keine Lust mehr darauf hatte und auch so innerlich rebellisch war, zu sagen, weil, jetzt habe ich schon gekocht, jetzt habe ich keine Lust abzuspülen, jetzt lasse ich das einfach stehen. Aber ich habe wirklich gemerkt, dass es mir mehr Freude bereitet, wenn es alles aufgeräumt und ordentlich und sauber ist, als wenn ich das einfach stehen lasse.

Also meine innere Ruhe ist stärker, wenn ich aufräume. Das muss für dich nicht stimmen, das stimmt jetzt für mich. Das kannst du nicht pauschalisieren und sagen, so, wenn es für dich stimmt, stimmt es für alle. Schau mal, wie du damit klarkommst.

Ich finde, das Buch insgesamt trotzdem erfrischend praxisnah. Und ich konnte sehr viel daraus mitnehmen und werde da sicherlich noch weiter praktizieren. Ich bin da jetzt gerade erst so am Anfang. Ich habe das so vor drei Wochen gelesen und wollte es jetzt mit Dir teilen.

Ich bin einfach froh, dass ich wieder zu meiner inneren Ruhe zurückgekehrt bin. Natürlich bin ich immer noch auf dem Weg und natürlich falle auch ich immer mal wieder vor meinem Drahtseil und dann bin ich einfach glücklich, dass ich mir dieses feste Sicherheitsnetz gewebt habe, in dem zwar manchmal Löcher auftauchen, aber auch dann habe ich immer noch so eine ausklappbare Leiter dabei.

Wenn ich durch so ein Loch falle, in ein tiefes Loch, habe ich meine Leiter. Und dann kletter ich da wieder raus. Und da muss aber auch schon ganz schön viel passieren, dass ich durch ein Loch in ein tiefes Loch falle. So wie das jetzt in den letzten zwei Monaten passiert is. Und durch tägliches Üben und täglich gut für mich Sorgen, stärke ich mein Sicherheitsnetz und schaffe es auf meinem Drahtseil die Balance auszuhalten.

Und wie gesagt, wenn ich dich da irgendwie unterstützen kann in deinem Alltag, kauf dir gerne mein Buch, das Reisebuch für dein Leben in einer nicht veganen Welt. Und wenn es ausreichend Resonanz gibt, dann gibt es bald auch noch eine Gruppe zu dem Buch, wo wir gemeinsam den Weg mit dem Buch beschreiten und die Übungen gemeinsam praktizieren. Denn zusammen ist meistens alles viel leichter.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Folge 111 - Auf der Suche nach der perfekten Lösung

Ein Beitrag

Folge 111 - Auf der Suche nach der perfekten Lösung

Wenn wir vegan leben und uns mit Nachhaltigkeit beschäftigen, kommen wir unweigerlich an einen Punkt, an dem wir an Grenzen stoßen.

Grenzen, die uns das System aufzeigt, in dem wir leben.

Ein Clanmitglied schrieb, dass es ihr schwer fiele den "richtigsten" Weg zu identifizieren und damit ist sie nicht allein.

Wir können Kriterien für ein gutes Leben für alle aufstellen, doch in unserer gegenwärtigen Welt, werden sie selten alle erfüllt werden. Um Adorno zu bemühen: "Es gibt kein richtiges Leben im falschen.".

Wir brauchen einen Wandel, ein neues System, um ein gutes Leben für alle Lebewesen zu ernöglichen. Solange alles bleibt, wie es ist, werden wir mit unseren Kriterien immer an Grenzen stoßen.

Der "richtigste" Weg liegt also darin sich für den Wandel einzusetzen und nicht, sich in Details zu verlieren.

Das ist auch tröstlich, denn so musst Du Dich nicht dafür geißeln, wenn Du vielleicht doch einmal das Tetrapak kaufst, statt die Pflanzenmilch selbst herzustellen oder auch einmal Pizza bestellst.

Andererseits ist es natürlich auch kein Freifahrtschein zum Hände-in-den-Schoß-legen und Gar-Nichts-Tun. Ein Umdenken ist trotz allem nötig und das beginnt bei Dir.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und in dieser Folge geht es um die Suche nach der perfekten Lösung.

Dieses Thema begegnet mir immer wieder und tatsächlich thematisiere ich genau das auch in meinen Bildungsurlauben, nämlich die Suche nach der perfekten Lösung, zum Beispiel für das nachhaltigste Lebensmittel, sich also immer richtig zu entscheiden und quasi den richtigsten Weg zu wählen.

Und das ist etwas, was mir jetzt gerade wieder akut begegnet ist im Clan und auch im Clan Plus. Zum einen durch mich selbst, weil ich nämlich da nochmal das ökologisch-enkeltaugliche Konsummuster vorgestellt und überlegt habe, dass ich daraus doch eigentlich auch einen Rechner ableiten könnte, sowie den ökologischen Fußabdrucksrechner. Und ich habe daraufhin, weil es irgendwie nicht aufgegangen ist mit den Zahlen, die ich aus dem Buch vom Verein Neustart Schweiz ausgezogen hatte, den Vorstand vom Verein Neustart Schweiz angeschrieben und nachgefragt, ob sie da vielleicht eine Rechengrundlage haben, ob sie vielleicht sogar ein Rechner schon selbst haben, weil sie ja irgendwie auch auf die Zahlen gekommen sein müssen.

Und daraus hat sich dann eine kleine E-Mail-Korrespondenz entwickelt, die mich überhaupt nicht in diese Richtung gebracht hat, dass ich jetzt einen fertigen Rechner habe, sondern mich noch einmal darauf hingewiesen hat, dass es gar nicht darum geht, da die perfekte Lösung zu finden und die eigene Ökobilanz genau auszurechnen und herauszufinden, was ist jetzt die beste Entscheidung jeweils immer. Zum Beispiel, was Nahrungsmittel angeht, was kann ich wie, wann am besten kaufen, was ist das nachhaltigste Lebensmittel, das nachhaltigste Nahrungsmittel, sondern dass wir das überhaupt gar nicht bestimmen können, denn wenn wir uns darin verlieren in dieser Frage und dieser Suche nach den nachhaltigsten Methoden, verlieren wir völlig aus dem Blick, dass wir hier eigentlich in einem System agieren, was gar nicht nachhaltig ist.

Und da muss ich dann nochmal Adorno bemühen, der ja schon sehr häufig bemüht wurde, hier vielleicht nicht in diesem Podcast, aber ja, generell schon: „Es gibt kein gutes Leben im Falschen.“ Und ja, da musste ich mir selbst nochmal an die Nase fassen, weil ich mich da auch wieder drin verrannt hatte und gedacht habe, doch, komm, lass uns nochmal da so einen Rechner machen und dann kannst du da nochmal ausrechnen und hier nochmal nach Details schauen und wenn du hier an dieser Schraube drehst und da an dieser Schraube drehst, vielleicht kriege ich dann so eine Schablone hin, weil mir das tatsächlich auch immer wieder als Bedürfnis begegnet ist. Es wird als Bedürfnis an mich herangetragen, dass der Wunsch entsteht, okay, was ist denn jetzt die nachhaltigste Entscheidung? Und gibt es da nicht eine Liste? Gibt mir eine Liste mit den nachhaltigsten Lebensmitteln, also gib mir am besten eben einen Rechner, einen Kompass, aus dem ich ersehen kann, was ist die nachhaltigste Entscheidung?

Und leider gibt es das einfach nicht, nicht weil alle irgendwie zu faul dazu wären, das herzustellen, sondern weil die Rahmenbedingungen das einfach nicht hergeben. Wir leben in einer Welt, die nicht nachhaltig ist. Solange wir das System nicht ändern, indem wir leben, werden wir niemals hundertprozentig nachhaltige Entscheidungen treffen können. Einen Tod muss man quasi immer sterben, es wird nie gehen, dass wir alle Kriterien, die wir für Nachhaltigkeit als Maßstab anlegen, dann auch erfüllen können.

Wenn du dich also dabei ertappst, dich zu fragen, was ist die beste Entscheidung, wo könnte ich noch besser werden, welche Drehschraube sollte ich drehen und gibt es da nicht irgendwie einen Rechner, der mir helfen kann? Dann ist es tatsächlich besser, wenn du dich für den Wandel einsetzt, wenn du dich gesellschaftlich dafür engagierst, dass wir in einer Welt leben können, in der Nachhaltigkeit selbstverständlich ist. Denn solange Nachhaltigkeit nicht selbstverständlich ist und wir auf Kosten anderer Leben, wird es auch nicht möglich sein, dass wir wirklich nachhaltige Entscheidungen treffen können.

Und ich weiß, wie unbefriedigend das ist, wenn ich da keine konkrete Antwort darauf bekommen kann, wie ich jetzt wirklich alle Kriterien unter einen Hut bekomme. Andererseits tröstet es mich ehrlich gesagt auch, denn ich hatte letztens ein Gespräch mit einer Freundin, die lange Zeit ihrer Haushaltsmittel, also die Putzmittel selbst gemacht hatte und jetzt mir gestanden hat, dass sie seit einem halben Jahr es einfach nicht mehr schafft, die selbst zu machen, weil sie aufgrund der ganzen Corona-Situation einfach nicht mehr die Kraft dazu hat, das zu machen. Und es war ihr wirklich unangenehm, das auch zu erzählen, weil es für sie eigentlich wichtig ist, nachhaltig zu leben. Und ich kann das sehr gut verstehen.

Doch ich denke, wir können uns nicht für den Wandel einsetzen und nachhaltig leben, wenn wir selber persönlich am Limit sind und vielleicht mit Depressionen im Bett liegen oder uns eben sehr schlecht fühlen und ständig ausgelaugt sind und uns dann noch Vorwürfe machen, weil wir es nicht mehr schaffen, unsere Putzmittel selbst herzustellen oder vielleicht doch mal das Tetrapak kaufen, obwohl wir eigentlich die Pflanzenmilch selbst herstellen wollen und da eben verschiedene Abstriche machen und unseren Kriterien, die wir für Nachhaltigkeit aufgestellt haben, dann nicht entsprechen.

In dem Schriftwechsel, den ich mit dem Vorstand vom Verein Neustart Schweiz hatte, schrieb der Vorstand, dass es eigentlich irreführend sei und er es tragisch fände, das Klimaproblem mit dem persönlichen Verhalten lösen zu wollen. Und ich denke genau an dem Punkt sind wir dann, wenn wir uns dafür geißeln, wenn wir bestimmte Ansprüche, die wir an Nachhaltigkeit haben und unser eigenes Verhalten in Bezug auf Nachhaltigkeit nicht mehr erfüllen. Natürlich ist es ein Balanceakt. Sich darauf auszuruhen, dass das System ja so ist, wie es ist und die Welt eben nicht perfekt ist, auch keine Lösung. Und ich sehe da auch nicht das Ziel darin zu sagen, „naja ich kann ja eh nix machen. Und so lange das System so ist, wie es ist, mache ich halt so weiter wie bisher.“ Das ist es nicht, das meine ich nicht damit.

Ich meine damit, dass du dir dessen bewusst bist, dass du schon ganz viel machst, dass du alles, was so an wichtigen Wirkhebeln existiert, du schon gedrückt, gedreht, wie auch immer, gezogen hast und du jetzt an Punkten stehst, die eigentlich nur noch Details betreffen. Details damit meine ich auch, dass du Dinge selber machst. Meine Freundin hat auch nicht gesagt, okay jetzt kaufe ich nur noch verpacktes Putzmittel, sondern sie kauft sich dann auch solche Tabs, die man auflösen kann und hat also so eine Zwischenlösung gefunden und macht sich da auch Gedanken und wirklich viele Gedanken. Das heißt, das Bewusstsein ist da.

Und wenn wir an diesem Punkt stehen, wenn wir einfach keine Kraft mehr haben, uns um diese ganzen Details zu kümmern, dann ist es super wichtig, dass wir uns gut um uns kümmern, dass wir erstmal wieder Kraft schöpfen und dass das sowieso die ganze Zeit über ein Dualismus ist, dass wir uns gut um uns kümmern, damit wir ausreichend Kraft haben, für den Wandel zu kämpfen. Und das ist meiner Meinung nach die Aufgabe unserer Zeit, dass wir für den Wandel eintreten. Wir können den Klimawandel nicht mehr aufhalten. Wir können aber vielleicht dafür sorgen, dass er nicht so drastisch ausfällt, wenn wir jetzt handeln.

Und da reicht es eben einfach nicht aus, dass wir unser Putzmittel selber machen oder unsere Zahnpasta selber machen. Es reicht noch nicht mal aus, dass wir uns vegan ernähren. Wir müssen wirklich den gesellschaftlichen Wandel anstreben. Und auch da kann jeder und jede einzelne etwas tun, indem wir uns Gruppen anschließen, indem wir uns vernetzen, indem wir mit anderen zusammen für den Wandel eintreten. Und da gibt es so viele Initiativen, dass wir uns Transition-Initiativen einschließen, dass wir einfach zu Urban Gardening-Projekten gehen. Das ist jetzt natürlich während der Corona-Situation alles ein bisschen schwieriger geworden. Aber es gibt online auch immer noch so viele Menschen, die aktiv sind, wo du auch deine Gruppe finden kannst. Und ich finde diesen Zweiklang unglaublich wichtig, dass wir einerseits gut auf uns achten und andererseits etwas für den Wandel tun.

Und da dann beim Wandel eben auch nochmal diesen Zweiklang zu beachten, wir können bei unserem persönlichen Verhalten nur an Grenzen stoßen. Es wird immer Grenzen geben und wir können es nie perfekt machen. Wir können es nie perfekt machen. Wir können auch nicht perfekt vegan leben. Das geht auch nicht. Wir leben einfach in einer nicht perfekten Welt. Und solange wir den gesellschaftlichen Wandel nicht vollzogen haben, werden wir immer an Grenzen stoßen. Und das ist leider die unschöne Botschaft, die ich dir mitgeben muss und zu der ich auch stehe. Denn ich kann dir keine schöne Lösung anbieten, solange das System bleibt, wie es ist.

Und ich sagte vorhin, es ist tröstlich für mich, dass es so ist, dass wir mit unserem persönlichen Verhalten einfach nur an Grenzen stoßen können und dass es keinen Sinn hat, sich in Details zu verlieren. Für mich ist es insofern tröstlich, als dass, wenn ich einfach keine Kraft mehr habe, meine Pflanzenmilch selbst zu machen und dann doch mal das TetraPak kaufe oder wenn ich dann eben generell beim selber machen, da Abstriche mache, weil einfach gerade anderes Wichtiger ist, dass diese Details einfach nicht so wichtig sind. Dass es dann viel viel wichtiger ist nach draußen zu gehen und sich gesellschaftlich zu engagieren.

Es ist natürlich die Frage, ob du dafür dann überhaupt Kraft hast. Aber viel wichtiger ist es dann, gut für dich zu sorgen. Denn nur wenn du gut für dich sorgst, kannst du ja auf lange Sicht auch immer noch aktiv bleiben. Und das ist ja nun mal auch Thema dieses Podcasts, wenn du dir die vergangenen über 100 Folgen alle anhörst, wirst du da ausreichend Impulse bekommen, auch da nach deinen Möglichkeiten. Werde aktiv nach deinen Möglichkeiten. Und wenn es eben gerade nicht geht, dann hilft es auch nicht, dich zu geißeln und dir zu sagen, aber ich muss jetzt aktiv werden. Dann dreh es lieber um, sei aktiv, wann immer es dir möglich ist und achte gut auf dich.

Und nochmal als Zusammenfassung: es geht nicht darum, perfekt zu sein. Wir können einfach nicht perfekt sein. Es gibt die perfekte Lösung nicht, denn wir leben in einer nicht perfekten Welt, die nicht auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist und nicht den Werten entspricht, die wir leben wollen. Und wir sind Menschen. Und Menschen menscheln. Menschen sind einfach nicht perfekt. Wir können das einfach nicht sein. Wir machen Fehler, wir stolpern, wir fallen hin. Es ist wichtig, wieder aufzustehen. Und es ist wichtig, gut für dich zu sorgen. Es ist wichtig, den Fokus mehr auf den gesellschaftlichen Wandel zu richten, als auf die Details, was du persönlich noch ändern kannst. Soweit erst mal zu diesem Thema.

Ich danke dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Folge 110 - Immer wieder neu anfangen - so kann es gelingen.

Ein Beitrag

Folge 110 - Immer wieder neu anfangen - so kann es gelingen.

Ich musste in meinem Leben schon oft neu anfangen - mein Leben ist definitiv unplanbar und doch gehe ich nicht völlig planlos durchs Leben...

In dieser Folge erzähle ich Dir, wie ich es schaffe nach jedem Scheitern, Schicksalsschlag oder missglücktem Versuch, aufzustehen und weiterzumachen.

Es gelingt mir nicht immer sofort und es geht auch nicht darum immer gut gelaunt zu sein. Kummer, Angst, Wut und Ekel gehören zum Leben genauso dazu wie Freude.

Und doch gibt es Möglichkeiten den Unwägbarkeiten des Lebens gelassen zu begegnen und immer wieder ins innere Gleichgewicht zu kommen.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und erstmal möchte ich dir natürlich ein frohes neues Jahr wünschen,

2021. Wir sind gespannt wie es werden wird. Das letzte Jahr war ja schon sehr turbulent, also mal schauen wie es jetzt weitergeht. Und passend zum neuen Jahr möchte ich über das Thema „immer wieder neu anfangen“ sprechen und über einige Erkenntnisse und Erfahrungen, die ich gemacht habe.

Jetzt so zu Beginn des neuen Jahres nehmen wir uns sehr viel vor und haben meistens irgendwelche guten Vorsätze, die dann im Laufe des Jahres dahin bröckeln. Und auch im gesamten Leben ist es ja immer wieder so, dass wir stolpern und neu anfangen müssen. Bei mir ist es sehr häufig schon vorgekommen, dass ich immer wieder gescheitert bin, immer wieder hingefallen und dann doch wieder aufgestanden. Und ich denke, genau das ist es eben, dass wir wieder aufstehen. Aber es kann eben auch sein, dass wir dafür die Kraft nicht haben, wieder aufzustehen. Und das möchte ich auf keinen Fall verurteilen, denn wenn wir nicht genug Kraftreserven haben, werden wir es vielleicht beim nächsten Mal nicht schaffen, so schnell wieder aufzustehen. Und weil ich weiß, dass in meinem Leben wahrscheinlich nicht alles immer glatt laufen wird, wenn ich meine Vergangenheit anschaue und das dann auf die Zukunft hochrechne, ist es für mich sehr wichtig geworden auf meine Kraftreserven zu achten und immer wieder für mich zu sorgen.

Und das ist unter anderem das Hauptthema dieses Podcasts, dass ich immer wieder darauf hinweise, dass du gut für dich sorgen sollst, dass es wichtig ist, auf dich selbst zu achten, dass du dich wichtig nimmst. Und es geht um die Powerups, die du regelmäßig machen solltest. Und ja, ich weiß, wir nehmen uns das vor und dann fallen wir doch wieder in alte Gewohnheiten, weil es eben für uns so einfach ist. Wir sind genetisch so veranlagt, dass unser Stammhirn immer Angst hat vor Veränderung und es schwer ist für uns dagegen anzukommen. Das Gewohnte, sei es auch noch so leidvoll und Leid besetzt, ist für uns einfacher, als wenn wir ausbrechen und etwas Neues wagen.

Ich kenne das von mir selbst. Ich weiß eigentlich, dass es gut für mich ist, das Neue, die Veränderung, was ich eigentlich vorhabe und dann falle ich in die alten Gewohnheiten zurück und bin wütend über mich selbst, dass ich schon wieder das nicht geschafft habe. Und wenn ich soweit bin, dass ich tatsächlich wütend auf mich selbst bin, bin ich schon über dem Limit, also höchste Eisenbahn, dass ich mich wieder besser um mich kümmere. Denn wer, wenn nicht ich, kann Mitgefühl mit mir selbst haben? Und wer, wenn nicht ich, sollte sich gut um mich kümmern? Ich kann nicht von anderen erwarten, dass sie mit mir Mitgefühl haben oder sich gut um mich kümmern. Ich sollte selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Und das ist nicht leicht. Das sage ich jetzt so einfach, aber es ist definitiv nicht leicht. Liebevoll und verständnisvoll, mit mir selbst zu sein, ist tatsächlich eine Lebensaufgabe für mich. Und geduldig zu sein mit mir selbst gehört auch dazu.

Und ich habe mir eine Art Stimmungsbarometer gebastelt - vielleicht hast du auch Lust, sowas zu machen - auf dem ich mir verschiedene Skalen eingezeichnet habe. Wo ich zum einen einstellen kann, in welcher Phase meines Zyklus befinde ich mich gerade. Wenn du jetzt nicht menstruierst, ist es für dich uninteressant. Aber für alle Hörer·innen, die menstruieren, ist es definitiv auch etwas, was uns beeinflusst, nämlich in welcher Phase wir in unserem Zyklus uns gerade befinden. Und wenn wir eine Gebärmutter haben, denn ich weiß nicht, wie es sein wird, wenn ich nicht mehr menstruiere, ob mich das dann immer noch so beeinflusst, da bin ich jetzt keine Expertin. Aber jedenfalls, du weißt, worauf ich hinaus will, jedenfalls habe ich das für mich eingezeichnet.

Und was für mich auch noch ganz wichtig ist, ist wie ich geschlafen habe. Das vergesse ich nämlich tatsächlich über den Tag hinweg, wenn ich schlecht geschlafen habe, wenn ich früher aufgewacht bin, schlecht geträumt habe oder generell irgendwie die Nacht nicht erholsam war, dann falle ich automatisch irgendwann am Nachmittag in einen Tief und wundere mich dann, warum ich auf einmal nicht mehr leistungsfähig bin. Und dann kommt irgendwann die Erinnerung, ah ja, die Nacht war ja nicht so gut. Deswegen ist es auch auf meinem Stimmungsbarometer mit drauf, dass ich dann morgens direkt einstellen kann, okay, wie war die Nacht, so und so, war sie mies, war sie so mittelmäßig, war sie super erholsam. Und dann kann ich auf einen Blick sehen, okay, wenn ich jetzt gerade mich schlecht fühle, kann das auch daran liegen. Es kann eben daran liegen, dass ich mich im Zyklus gerade in einer bestimmten Phase befinde oder es kann daran liegen, dass ich schlecht geschlafen habe.

Und dann habe ich noch einen Energiebarometer, einen Energielevel quasi, wo ich einstellen kann, wie fühle ich mich. Ist meine Batterie gerade eher leer oder geht sie Richtung voll? Und das alles kann ich eben auch mit Powerups beeinflussen. Was brauche ich gerade? Und ich experimentiere immer noch mit meinem Stimmungsbarometer, das ist für mich immer noch ein Prototyp. Also es kommt natürlich auch darauf an, was für dich wichtig ist. Was beeinflusst dich, was beeinflusst dein Energiehaushalt im Sinne, wenn du dir vorstellen würdest, du hättest eine Batterie und diese Batterie wird halt über den Tag irgendwie entladen und du musst dann irgendwann den Akku wieder aufladen, damit du überhaupt am Leben teilhaben kannst. Und was brauchst du, um diesen Akku aufzuladen? Was ist für dich wichtig? Und welche Einflussfaktoren lassen deine Batterie schneller leer werden? Das wird bei jedem und jeder etwas anderes sein. Bei mir sind es halt auf jeden Fall erstmal diese beiden Faktoren. Und dann kommen dann noch verschiedene andere Sachen dazu, die ich noch austüftle und wo ich immer mal wieder experimentiere.

Und was natürlich auch ein Teil ist, dieser Wunsch, jeden Tag drei Powerups zu machen, das habe ich auch da mit notiert, sozusagen. Also ich habe so drei Sterne, die ich quasi immer, also quasi wie so Aufkleber da drauf geben kann, aber wieder verwendbar, wenn du verstehst, was ich meine. Also jedenfalls so, dass ich dann sagen kann, okay, jetzt habe ich eins von drei, zwei von drei, drei von drei erfüllt, damit ich sehen kann, okay, was kann ich tun? Ah, ich habe noch gar nicht meine drei Powerups erledigt und das sollte ich noch machen.

Was auch eine Möglichkeit ist, dich selber wichtig zu nehmen, ist einen festen Termin mit dir selbst zu vereinbaren. Wirklich in deinem Kalender zu sagen, das ist „Ich-Zeit“, da verabrede ich mich mit mir selbst, vielleicht für eine halbe Stunde, vielleicht für zehn Minuten, vielleicht auch für einen halben Tag. Je nachdem, wo du das Gefühl hast, was geht, vielleicht trinkst du dann da einfach nur in Ruhe eine Tasse Tee, vielleicht meditierst du, was auch immer dir einfällt, vielleicht machst du einen Spaziergang draußen im Wald oder irgendwo, wo wenig Menschen sind, was für dich deine Akkus aufladen lässt. Und dieser Akt, einen Termin mit dir selbst zu vereinbaren, den du dann mit Erinnerung einstellst, ist tatsächlich etwas, was ich schon von vielen anderen gehört habe, was helfen kann. Ich habe das selber mit mir noch nicht vereinbart, aber andere haben mir berichtet, dass es ihnen hilft.

Um also immer wieder neu anfangen zu können, ist es wichtig, dass du gut für dich sorgst. Ich weiß, ich wiederhole mich und wiederhole mich Folge für Folge. Und doch denke ich, dass es wichtig ist, dass wir immer wieder daran erinnert werden, denn so leicht stellen wir unsere eigene Bedürfnisse hinten an und sehen nur die Bedürfnisse der anderen. Und immer als Erinnerung, dass ist nichts, was ad hoc sofort passiert, sondern das ist eine Routine, eine Gewohnheit, etwas, was wir einüben müssen, was immer und immer und immer wieder dazugehört zum Alltag. Wie Zähne putzen, sollte es dazu gehören, dass du regelmäßig dich um dich selbst kümmerst, dass du deine Powerups machst, dass du gut für dich sorgst. Damit schaffst du eine Basis, die dir hilft, immer wieder Neues zu wagen, aber auch neu anzufangen.

Denn das ist ja durchaus ein Unterschied, ob du dich jetzt bewusst dafür entscheidest, Neues zu wagen oder ob du vom Leben dazu genötigt wirst, wieder neu anzufangen. Denn bei Letzterem ist ja nochmal etwas, was du nicht selber entschieden hast, sondern was für dich entschieden wurde. Wenn du gut für dich sorgst und diese Basis für dich errichtest, dann ist die Nichtplanbarkeit des Lebens auch leichter zu ertragen.

Ich sage nicht, dass es die Lösung für alle Menschen ist, denn wir sind unterschiedlich und wir haben die unterschiedlichsten Voraussetzungen. Doch ich denke, nicht gut für uns zu sorgen ist auch nicht die Lösung.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Nimm Dir Zeit innezuhalten und zurückzublicken

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Folge 109 - Nimm Dir Zeit innezuhalten und zurückzublicken

In dieser Folge lade ich Dich ein innezuhalten und auf das Jahr 2020 zurückzublicken.

Es war für uns alle kein Jahr wie jedes andere und gerade aus diesem Grund ist es sinnvoll sich Zeit zu nehmen und den Fokus auch auf die guten Dinge zu lenken, die mit Sicherheit ebenfalls passiert sind.

Es geht nicht darum alles in ein positives Licht zu rücken, sondern durchzuatmen und das Jahr in Ruhe Revue passieren zu lassen. Die Fragen, die ich mir bei dieser Gelegenheit stelle, erzähle ich Dir in dieser Podcastfolge.

Und ich lade Dich auch dazu ein, Dir zu überlegen, was Du Dir für das kommende Jahr wünschst.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Veganen Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und passend zur letzten Folge im Jahr 2020 möchte ich dich einladen auf das Jahr 2020 zurück zu blicken und einen Ausblick zu wagen auf 2021.

Jetzt zwischen den Jahren ist eine perfekte Zeit um inne zu halten. Der Weihnachtswahnsinn liegt hinter uns. Ich nehme die Folge jetzt vor den Weihnachtsfeiertagen auf, deswegen stimmt das im Moment noch nicht für mich, aber dieses Jahr ist ja sowieso alles anders. Wir bekommen keinen Besuch und ich werde nur mit Carsten und dem Kind alleine die Weihnachtsfeiertage verbringen. Wir haben schon alle Geschenke per Post bekommen und vielleicht wagen wir es mit den Schwiegereltern uns online zu treffen, wobei wir das noch nie probiert haben und bin mal gespannt, ob das mit der Technik klappt.

Die Feiertage liegen also hinter uns. Vor uns liegen noch ein paar Tage bis das neue Jahr beginnt und das ist für mich klassisch die Zeit, in der ich zurück schaue. Zum einen was mein Unternehmen angeht und zum anderen auch privat, dass ich mich mit Carsten zusammen hinsetze und schaue wie ist das Jahr gelaufen und es gibt da sehr viele Reflexionsbögen und Möglichkeiten zu reflektieren und wenn du da im Internet dich umschaust, wirst du jede Menge Angebote finden. Wenn du magst, schau doch einfach mal da, was dich da anspricht.

Ich reduziere meinen Rückblick tatsächlich immer auf die folgenden Fragen: Was macht 2020 besonders für dich? Wofür bist du dankbar? Warum hat dich 2020 stärker und weiser gemacht? Was hast du gelernt? Was möchtest du von 2020 mit nach 2021 nehmen? Was hat funktioniert? Und als letzte Frage, was lasse ich los?

Diese Fragen stelle ich mir jetzt schon seit einigen Jahren regelmäßig, die habe ich einmal von einem Coach bekommen und habe sie für mich übernommen als jährliches Ritual und zum einen ist es einfach schön, inne zu halten, anzuhalten, still zu halten und zurück zu blicken auf das, was war. Denn oft rennen wir ja immer weiter und weiter und weiter und nehmen gar nicht wahr, was wir alles geschafft haben, was wir gelernt haben, wo wir tatsächlich weiser geworden sind und schleppen teilweise auch Dinge mit, die wir besser loslassen sollten. Daher helfen mir diese Fragen jedes Jahr aufs Neue zu reflektieren, sowohl eben im beruflichen Kontext als auch im privaten Umfeld.

Und interessant ist es natürlich, wenn du das dokumentierst und Jahr für Jahr dann diese Fragen beantwortest und dann später durch die Jahre blättern kannst sozusagen und schauen kannst, wie sich das alles entwickelt hat, auch im privaten. Da wird dann deine Lebensgeschichte auch noch viel deutlicher.

Ich finde, das ist immer spannend, alles so zu sehen, als wäre es eine Geschichte und deine Hürden, die du überwinden musstest, die Dramen, die du gemeistert hast, die Täler, durch die du gegangen bist, aber auch die Berge, die du erklommen hast und die Erfolge, die du gefeiert hast. All das kannst du in diesen Jahresrückblicken dann in ein konzentrierter Form anschauen und es ist schön zu sehen, gerade wenn du im Moment vielleicht das Gefühl hast zu verzweifeln oder dich nicht so gut fühlst, was auch nicht im Moment sein muss, sondern es gibt eben Momente, in denen wir uns nicht so gut fühlen. Wenn wir dann zurückblicken können und schauen können, dass es schon viele Dinge gab, die wir gemeistert haben, dann kann uns das Vertrauen geben, Vertrauen in unser Können, in unsere Fähigkeit auch die kommenden Dinge zu meistern.

Und ja, dieses Jahr war besonders turbulent für uns alle und es hat viel nach oben gespült und vielleicht ist es dann gerade dieses Jahr gut, wenn du dir Zeit nimmst und zurückblickst.

Ergänzend zu diesem Ritual mache ich zwischen den Jahren jetzt seit zwei Jahren ein Ritual, dass ich nämlich in den Rauhnächten Wünsche verbrenne. Und letztes Jahr habe ich das erste Mal mein Mann und mein Kind in dieses Ritual mitgenommen und wir haben gemeinsam jeder für sich 13 Wünsche aufgeschrieben und haben sie in den zwölf Rauhnächten jeden Abend feierlich verbrannt. Der 13. Wunsch, der übrig bleibt ist dann der, dem du dein Jahr widmest, also die zwölf Wünsche, die du verbrennst, die übergibst du durch das Verbrennen quasi an das Universum und um den 13. kümmerst du dich selbst.

Und ich mag einfach diese Magie, dieses mystische da dran und ja, du kannst da noch viel tiefer einsteigen. Es geht bei mir dann nicht um Glauben oder um religiöse Gefühle, sondern um meine Faszination von Geschichten und Sagen und Mythen und einfach allem, was so mystisch angehaucht ist. Und deswegen mag ich das solche Rituale zu praktizieren und mir das auch nicht nehmen zu lassen und diese Faszination solcher Rituale. Natürlich kannst du jetzt sagen, das ist doch alles Quatsch. Das ist was, woran du glauben musst und es funktioniert nicht und es ist nicht faktenbasiert, aber ich finde es einfach ein schönes Ritual und das ist auch etwas, was mir wieder hilft, einen Fokus zu bekommen.

13 Wünsche für das nächste Jahr aufzuschreiben, ist erstmal eine Hausnummer. Da muss ich mich erstmal hinsetzen und wirklich konzentriert überlegen, was wünsche ich mir denn? Und gerade das, wenn du eher so nüchtern unterwegs bist und sagst Magie, das ist auch alles Quatsch, kannst du das Ritual auch ohne das Verbrennen und ohne das Mystische drumherum machen, indem du dir Zeit nimmst und aufschreibst, was du dir wünschst fürs nächste Jahr und dann auch einfach 13 Wünsche aufschreibst. Du musst sie ja nicht verbrennen, sondern es geht einfach nur darum, dass du dich damit beschäftigst und dass du es aufschreibst tatsächlich, nicht nur darüber nachdenkst, sondern gerade dieses bewusste Niederschreiben, macht etwas mit uns und dadurch wird das in deinem Bewusstsein mehr fokussiert. I

Ich mag das gemeinsame Verbrennen und das Zusammensein dabei, die Stille, also dass wir das dieses Jahr auch wieder machen. Wenn du diese Folge hörst, sind wir schon mittendrin im Ritual und wir werden dann jeden Abend zusammen rausgehen und unsere Zettel verbrennen. Das Kind freut sich da schon sehr drauf, das fand das letztes Jahr total toll, jeden Abend eine kleine Nachtwanderung zu machen und dann diesen Zettel zu verbrennen und es ist mittlerweile schon zu alt, dass es da an den Weihnachtsmann oder das Christkind glaubt und ist deswegen auch so ein bisschen entmystifiziert sozusagen, was Wünsche von Sternschnuppen und alles angeht, aber es ist wie ich doch immer noch fasziniert von dem Zauber, der davon ausgeht und deswegen sind wir einfach offen dafür und finden es einfach schön als Ritual.

Und jetzt wünsche ich dir erstmal eine besinnliche Zeit zwischen den Jahren und einen guten Rutsch ins neue Jahr, wir hören uns dann nächste Woche wieder und ich danke dir fürs Zuhören und freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Folge 108 - Das nützt doch eh alles nichts...

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Folge 108 - Das nützt doch eh alles nichts...

In dieser Folge teile ich wieder Erfahrungen aus meinem Bildungsurlaub für die VHS Hamburg mit Dir.

Ich hatte schon einmal in einer Folge über das Gefühl alleine nichts bewirken zu können gesprochen und komme in dieser Folge wieder darauf zurück.

In meinem beiden Kursen waren nämlich Teilnehmer·innen, die schon sehr lange unterwegs waren für die Umwelt, sich teilweise schon seit Jahrzehnten dafür engagierten und nun müde waren, weil sich ja doch nichts tut.

Wie ich schon in der Folge zum Movement Action Plan im Einfach vegan Podcast erläutert habe, ist das völlig normal. Das Gefühl des Scheiterns gehört zum Aktivsein dazu, denn Aktivismus ist ein Marathon und kein Sprint.

Um dafür ausreichend gewappnet zu sein, ist es essentiell gut für Dich zu sorgen.

Ich bin und bleibe der Meinung: aufgeben ist keine Lösung. Wir können es uns schlicht nicht mehr leisten das Handtuch zu werfen, wir sind mitten drin, ob wir wollen oder nicht.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge über das Gefühl reden, ja doch nichts bewirken zu können und über Menschen, die sagen, dass das ja bei uns hier gerade jetzt nicht funktionieren kann. Was auch immer es ist, aber es kann nicht funktionieren.

In der letzten Folge habe ich auch schon über meine Erfahrungen mit den Bildungsurlauben für die VHS gesprochen und in dieser Folge möchte ich da anschließen. In der letzten Folge ging es um eine Teilnehmerin, die sehr verbittert war und in dieser Folge möchte ich über meine Erfahrungen aus beiden Wochen sprechen, wo ich jeweils Teilnehmer·innen dabei hatte, die schon länger sich für den Umweltschutz zumindest einsetzen, die teilweise schon 20, 30 Jahre dabei sind und jetzt einfach das Gefühl haben, dass sich ja doch nichts bewegt und dass sie auch nichts bewirken können und dass es eigentlich ja auch schon zu spät ist.

Ich befürchte, ich bin da selber so ein bisschen mit schuld an diesen Gedanken, dass es schon zu spät ist, denn ich habe am Anfang jeweils einen Vortrag von Will Steffen gezeigt, der sagt, hey bis 2020 müssen wir die Kurve gekriegt haben. Wenn wir das nicht schaffen, dann steuern wir auf ein 4 Grad Ziel zu und das kann verheerende Folgen haben. Unter anderem, dass nur noch eine Milliarde Menschen Platz findet auf diesem Planeten von den eventuell noch kommenden 10 Milliarden. Also alle anderen Schreckensszenarien und so weiter, die er gezeigt hat, kannst du dir gerne da nochmal in dem Video anschauen. Ich habe das Video jetzt so oft gesehen. Es ist auf jeden Fall keine schöne Welt und wir sollten jetzt wirklich handeln und klar, diese Aussage im November 2020 zu sagen, hey wir müssen bis 2020 gehandelt haben, kann durchaus demotiviert werden.

Ja, wir sind mittendrin im Klimawandel und wir werden auf keinen Fall den Klimawandel rückgängig machen können. Wir können nur versuchen, ihn zu stoppen und tatsächlich dieses 2 Grad Ziel noch irgendwie zu erreichen. Und das geht eben nur, indem wir verschiedene Dinge tun, die ich dann im Laufe des Bildungsurlaubs auch noch angesprochen und vorgestellt habe natürlich. Aber es klang die ganze Zeit eben nach, hey wir müssen jetzt handeln, wir haben keine Zeit mehr. Und da die Balance zu halten zwischen kleinen Schritten, du weißt, ich bin die Verfechterin der kleinen Schritte, der kleinen Trippelschritte und dem Druck, dass wir eigentlich alle jetzt handeln sollen. Das ist natürlich ein bisschen schwierig und da kam dann von denen, die schon länger dabei sind, dass sie das Gefühl haben, es bringt ja doch nichts. Es funktioniert einfach nicht und das ist eigentlich egal. Ich laufe die ganze Zeit mit meinem Jute-Beutel hier rum, seit 30 Jahren, aber es tut sich nichts. Und ich hoffe, dass sie Teilnehmerinnen am Ende doch das Gefühl hatten, dass sie was tun können. Ich habe zumindest die Rückmeldungen in beiden Kursen bekommen, dass sie jetzt motiviert sind. Aber ich kann es natürlich verstehen, wenn du schon so lange dabei bist, dass dich das dann demotiviert.

Da sind wir dann wieder bei dem Movement Action Plan von Bill Moyer, den ich schon mal im einfach veganen Podcast vorgestellt habe, also den Plan, nicht Bill Moyer. Wo es tatsächlich darum geht, dass Bill Moyer, auch ein Aktivist, einen Plan vorgestellt hat, schon 1980 oder so, es ist schon ein bisschen älter, der die Phasen von sozialen Bewegungen nachzeichnet. Und da gibt es einfach eine Phase, die sich überschneidet, nämlich von Aktivist·innen, die schon lange dabei sind und das Gefühl haben zu scheitern, da tut sich einfach nichts. Und dem Punkt, an dem das Thema der sozialen Bewegung, in unserem Fall jetzt der Klimawandel, immer mehr Akzeptanz oder immer mehr Raum in den Medien auch einnimmt und in der Öffentlichkeit.

Und an dem Punkt sind wir eigentlich jetzt auch gerade. An dem Punkt, dass es in den Medien immer stärker präsenter wird. Ich habe jetzt so ein paar Sendungen in der ARD-Mediathek geschaut zum Thema Klimawandel und durch Greta und die Fridays for Future Bewegungen ist alles nochmal hochgekocht. Natürlich haben wir jetzt das Problem mit Corona, dass es alles wieder so ein bisschen ins Hintertreffen geraten ist, aber jetzt kommt es wieder hoch und mit einer Vehemenz, die stark ist und die auch so sein muss.

Aber wenn ich halt aus der Perspektive von jemandem gucke, der oder die schon seit 30 Jahren unterwegs ist, ist es nicht genug und es fühlt sich an wie scheitern. Und das ist völlig normal und das sind Zeiträume in diesem Modell, die über Jahrzehnte hinweggehen können. Dass Menschen sich schon ewig dafür engagieren und gefühlt tut sich kaum was, aber dann tut sich eben doch was. Dann gibt es noch ein auslösendes Ereignis, was das nochmal hochpuscht und dann wenn diese Schwelle überwunden wurde, dann ist die Öffentlichkeit bereit und es treten immer mehr für diese soziale Bewegung ein, bis das dann eine soziale Norm in der Öffentlichkeit geworden ist, das normal geworden ist.

Und an dem Punkt sind wir noch nicht, aber wir sind halt schon kurz davor, wobei kurz davor, die Frage ist: wie lang ist dieser Zeitraum kurz davor? Es können Jahre sein, es können Jahrzehnte sein, aber das können wir uns jetzt eben nicht mehr leisten. Und in dieser Situation zu sein und zu sagen, ich mache doch schon so lange und das Gefühl es tut sich nichts und wir müssen jetzt aber alle, da ist es klar, dass viele sagen, ich kann ja doch nichts tun.

Für mich gibt es aber die Option aufgeben nicht, denn wir müssen alle was tun. Deswegen mache ich auch weiter, ich gebe weiterhin Bildungsurlaube und ich werde weiterhin versuchen, so viel wie möglich aufzuklären auf die verschiedenste Art und Weise und dich auch zu unterstützen, vegan zu leben und auch immer nachhaltiger zu leben und dich dazu anzustiften, das auch weiter zu geben.

Denn wenn du an diesem Punkt angekommen bist und das Gefühl hast, ich mache schon so lange was und es bewegt sich einfach nichts, ist es gut, wenn du dich mit anderen vernetzt, die auch etwas tun. Also zum Beispiel die Transition Bewegungen sind da eine sehr gute Anlaufstelle oder halt Ortsgruppen von Tierrechtsorganisationen. Und sich da anzudocken und zu schauen, okay, da sind Aktivist·innen, die machen was, die sind dabei auf verschiedenste Art und Weise und die tragen dich dann weiter. Ich hatte eine Teilnehmerin dabei, die sagte, okay, der Bildungsurlaub hat sie jetzt motiviert, endlich wieder einige Projekte aufzunehmen, die sie hat schleifen lassen, weil sie allein war. Sie war allein mit diesen Nachhaltigkeitsgedanken und mit der Idee, etwas für den Planeten zu tun und hat zwar bei der Arbeit so ein kleineren Austausch gehabt, aber war sonst eigentlich allein damit und ich habe sie dazu ermutigt, dass sie sich einer Transition Gruppe anschließt und dort dann hoffentlich mit Gleichgesinnten dann mehr bewegen kann.

Denn ich wiederhole mich, ich weiß, dass ich mich wiederhole, aber es muss einfach immer wieder gesagt werden: es waren schon immer Einzelpersonen und kleine Gruppen, die etwas bewegt haben. Es gibt so viele Beispiele in der Geschichte, jüngstes Beispiel, schau dir Greta an, die sich einfach dahin gesetzt hat mit dem Schild, was sie als Einzelperson für eine riesige Bewegung ausgelöst hat. Als positives Beispiel. Schau dir als negatives Beispiel Trump an, was er als Einzelperson für Leid über die Welt gebracht hat, ist unbeschreiblich. Negativ Beispiele von Einzelpersonen haben wir natürlich auch in unserer deutschen Vergangenheit und so weiter und so fort. Also es gibt viele Beispiele für Menschen, für Einzelpersonen und kleinere Gruppen, die etwas bewegen können.

Wichtig ist nur, dass wir etwas tun und nicht sagen, hey, ich kann ja doch nichts tun. Du bist wichtig, du verändern die Welt, egal was du tust, du veränderst sie die ganze Zeit und warum sie dann nicht zum Guten verändern oder einfach aufhören, sie zu verändern? Warum nicht deine Energie dafür einsetzen, dass wir den Klimawandel stoppen, dass keine Tiere mehr gegessen und genutzt werden und da gibt es so viele Möglichkeiten. Ich bin mir sicher, dass du da etwas finden wirst, was deinen Möglichkeiten entspricht und sei es halt einfach nur Vorleben in deinem Bekanntenkreis, in deiner Familie und offen zu sein für Fragen und neugierig zu bleiben.

Denn das ist ja der andere Punkt, das mir jetzt in diesen beiden Bildungsurlauben aufgefallen ist - vor allem in der zweiten Woche und ich habe einfach das Gefühl, dass es an der einen Teilnehmerin lag, die am ersten Tag so schlechte Stimmung verbreitet hat, aber es kann natürlich auch sein, dass die einfach irgendwie eher so drauf waren- da wurde gesagt, ziemlich häufig und auch teilweise von allen zusammen: „ja, das ist ja interessant, dass es da und da funktioniert, aber bei uns wird das nie funktionieren, bei uns werden wir das nie schaffen.“ und mit der Einstellung kommen wir einfach nicht weiter, wirklich nicht. Das tut mir leid, aber es wird einfach nicht funktionieren, wenn wir bei allem sagen, „oh nee, also ja, es ist ja ganz nett da drüben, aber bei uns funktioniert es einfach nicht“, dann werden wir stagnieren, werden wir einfach hier stehen bleiben und der Klimawandel wird uns vielleicht ausradieren, wer weiß, aber es wird sich nichts tun und wie viel schöner ist es doch, wenn wir sagen können: hey, ich bin aktiv, ich habe was getan, ich kann meine Selbstwirksamkeit spüren, ich weiß, wenn ich jetzt mich da beteilige, und zum Beispiel bei einem Urban Gardening-Projekt mitmache oder bei der Wandelwoche mitmache mich engagiere oder eben bei verschiedensten kleinen Projekten, dass ich dann etwas bewirken kann und sei es auch nur im Kleinen, bei einer Person oder bei zwei Personen und trotzdem habe ich was getan.

Gerade Gärtnern ist ja etwas, wo du gleich merkst, dass du etwas getan hast, es hat natürlich auch viel mit Geduld zu tun, aber es sind Fertigkeiten, die du lernen kannst - ich wollte gerade sagen, relativ einfach, aber es ist ja nicht alles einfach, also ich will dir nicht das Gärtnern als Profession nieder reden - sondern es ist etwas, was ich mit meinen Händen mache, was ich mir aneignen kann, ich bin draußen, ich bin mit der Natur verbunden und vielleicht auch mit anderen Menschen zusammen. Es ist definitiv, wenn du richtig anfängst zu Gärtnern, um Essen zu produzieren, harte Arbeit, auf jeden Fall, aber es ist etwas, was du machst, was du bewirkst, was du mit deinen eigenen Händen geschaffen hast und das ist ein unbeschreibliches Gefühl.

Und ich glaube, wir haben dieses Gefühl von Selbstwirksamkeit und dieser Neugier und Offenheit verloren, wenn wir sagen, „ne bei uns funktioniert das nicht und ich kann ja eh nichts machen und das ist alles sowieso zu spät und ja, ich mache einfach weiter wie bisher“ und was ich mir wünsche ist, dass du und ich, dass wir uns unsere Neugier und Offenheit beibehalten, dass wir sie kultivieren und immer wieder versuchen, neugierig zu sein und rauszuschauen in die Welt und vielleicht auch was Neues ausprobieren und immer wieder versuchen offen zu sein und wertschätzend auf andere Menschen zuzugehen. Natürlich machen wir uns dadurch verletzlich und natürlich werden wir Rückschläge erleiden und natürlich wird es nicht immer zu einem schönen Erlebnis führen.

Und da, ja, ich weiß, ich wiederhole mich, kommt wieder dein Selbstfürsorge-Netz zu tragen, dass du gut auf dich achtest, dass du dich mit Verbündeten umgibst, die wissen, was du brauchst, mit denen du dich austauschen kannst und die für dich da sind, wenn du sie brauchst. Dass du dir überlegst, wann du Pausen brauchst, dass du dir überlegst, wie viel Energie du hast und wofür du sie aufwenden möchtest und individuell das alles auf dich zu schneidest. Nur weil xy ständig rausgeht und auf der Straße steht und demonstriert und an Ständen mithilft und noch eine Fernsehshow hat und ein Podcast und Interviews gibt und alles Mögliche - das habe ich mir jetzt gerade so ausgedacht, also wer auch immer das ist, xy ja - heißt das nicht, dass du das so machen musst und das heißt auch nicht, dass xy besser ist als du, sondern es heißt einfach nur, dass xy seine oder ihre Energie dafür verwenden kann. Und vielleicht ist xy ja auch ausgebrannt irgendwann oder fühlt sich eigentlich gar nicht mehr gut, wir können ja nicht in die Menschen hineingucken und wir sehen ja häufig auch nur ein Bruchteil von dem, was die Menschen über sich preisgeben. Und gerade in den sozialen Medien wird es ja alles stark geschönt.

Also nicht den Fokus auf andere richten, was die alles für tolle Sachen machen, sondern den Fokus auf dich richten und genau ausloten, was du tun kannst und ja, ich wiederhole mich die ganze Zeit, aber ich finde es wichtig. Es ist wichtig zu schauen, dass das ganze auch Phasenabhängig ist, es wird Phasen geben, wenn du mehr Energie hast, es wird Phasen geben, wenn du weniger Energie hast und es ist auch Lebensumstände-abhängig. Vielleicht bist du erst Single und dann hast du ganz andere Möglichkeiten, dann bist du in einer Beziehung und hast ganz andere Möglichkeiten, dann hast du vielleicht Kinder und dann wird wieder alles ganz anders, es ist ja ständig im Wandel.

Vielleicht bist du krank, vielleicht hast du einen Unfall und auf einmal sitzt du im Rollstuhl oder was auch immer, das soll natürlich alles nicht passieren, es gibt die verschiedensten Möglichkeiten, vielleicht bist du blind, vielleicht bist du taub. Wer weiß, was mit dir ist und was du für Möglichkeiten hast, was für Kapazitäten, vielleicht brauchst du mehr Zeit für dich, vielleicht bist du eher introvertiert oder eher extrovertiert und so weiter, es ist total wichtig, dass du schaust, wie du in der Welt stehst und nicht schaust wie die anderen in der Welt stehen, denn diese Vergleiche - das muss ich mir auch immer wieder sagen, denn auch ich vergleiche mich ständig - die bringen uns nicht weiter, sie bringen uns einfach nicht weiter.

Umgib dich mit Menschen, die dich wertschätzen und die dich mögen, das ist schon mal ein gutes Polster, achte gut auf dich, mach deine Power ups regelmäßig und überleg dir, wie du für dich Momente schaffen kannst, wo du deine Selbstwirksamkeit fühlst, wo du fühlst, dass du etwas bewirken kannst, denn ich glaube, wenn wir offen und neugierig bleiben und wenn wir immer wieder weitergehen, immer wieder aufstehen, selbst wenn wir hinfallen und auch wenn wir mal länger liegen bleiben, dass wir dann trotzdem uns irgendwann aufrappeln und weitergehen, dann haben wir nicht das Gefühl, dass wir als Einzelne nichts bewirken können und wir haben dann auch nicht das Gefühl, dass das jetzt, was da gezeigt wird, bei uns halt nicht funktioniert, sondern wir denken dann eher: okay, lass es uns ausprobieren, lass uns einfach mal schauen, was passiert, vielleicht funktioniert es tatsächlich nicht, aber vielleicht funktioniert es doch oder in irgendeiner abgewandelten Form. Lass uns einfach nur die Möglichkeiten offenhalten.

Ja, die Realität kann sehr erdrückend sein und ja, auch ich hadere immer wieder damit und auch ich habe immer wieder dieses Gefühl, dass ich am liebsten alleine irgendwo wohnen würde, noch höchstens mit Mann und Kind, aber sonst niemanden anderen, irgendwo auf einer einsamen Insel und nichts mehr mit der Welt zu tun haben möchte.

Allerdings ist ja das Problem aufgrund des Klimawandels, dass sich die ganze Welt global verändern wird und es gibt einfach keinen Fluchtort. Alles verändert sich und alles ist im Wandel aufgrund unserer Taten, dass wir die ganze Zeit CO2, Lachgas, Methan in die Atmosphäre pumpen und unsere Lebensgrundlage damit zerstören und das eben global, es ist ja nicht irgendwie jetzt auf Deutschland beschränkt oder auf Europa oder auf die reichen, westlichen Länder, sondern es wirkt sich ja global aus und das heißt, es gibt einfach keinen Fluchtort, es gibt ihn nicht, wir können nirgendwo hin fliehen, es wird uns immer erreichen und überrollen.

Und ich befürchte, wir leben in einer Zeit, wo wir uns dieser Realität stellen müssen und ja, es wird uns nichts anderes übrig bleiben als immer wieder aufzustehen und uns dem Ganzen entgegenzustellen und zu sagen: ja, ich bin da und ich kümmere mich, ich kümmere mich darum, dass ich zumindest etwas tue und wenn ich die Kraft dazu habe, dann gebe ich mein Wissen auch weiter und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

So schützt Du Dich vor Verbitterung.

Ein Beitrag

Folge 107 - So schützt Du Dich vor Verbitterung.

In dieser Folge teile ich eine Erfahrung aus meinen zwei Wochen Bildungsurlaub bei der VHS Hamburg.

In der zweiten Woche hatte ich eine Teilnehmerin im Kurs, der wertschätzende Kommunikation völlig fremd war und die mich damit sehr herausgefordert hat.

Nun bin ich keine ausgebildete Pädagogin und arbeite eigentlich ausschließlich mit Menschen, die auch wirklich mit mir arbeiten wollen.

Diese Woche war dann ein Lehrstück in Kommunikation und Diplomatie für mich, das mich jeden Tag extrem gefordert  und sicherlich der Grund dafür war, dass ich danach erst einmal krank geworden bin.

Diese Teilnehmerin hat mir gezeigt, was passieren kann, wenn wir das Vertrauen in die Menschheit verlieren und ich möchte Dir in dieser Folge aufzeigen, wie Du Dich davor bewahrst.

 

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und in dieser Folge möchte ich darüber sprechen, was passieren kann, wenn du das Vertrauen in die Menschheit verlierst.

Du hast jetzt hier über den Von Herzen Vegan Podcast schon länger nichts mehr von mir gehört. Das liegt daran, dass ich in den ersten beiden Novemberwochen jeweils einen Bildungsurlaub geben habe für die VHS zum Thema „Aktiv für das Klima“ und damit voll ausgelastet war und danach habe ich gedacht, dass es mir eigentlich ganz gut geht, aber dann kam das Kind mit einem Virus nach Hause und hat mich dann auch angesteckt und dann lag ich erst mal jetzt zwei Wochen flach. Und es ist nicht Corona, es ist ein grippaler Infekt gewesen und mein Körper hat sich wohl gedacht, diese zwei Wochen Bildungsurlaub, das war sehr anstrengend und ich sollte mich mal ausruhen. Und ich war so ausgeknockt in der ganzen Zeit, dass ich mich sehr schwer auf irgendwas konzentrieren konnte und auch ganz viel im Bett gelegen habe und versucht habe, mich auszuruhen. Das Kind war nach einem Tag schon wieder gesund, aber bei mir hat das mehr als 14 Tage gedauert, bis ich jetzt wieder einigermaßen fit bin. Ich mache jetzt jeden Morgen wieder Spaziergänge durch den Wald, um wieder so ein bisschen fit zu werden, aber das auch erst jetzt seit drei Tagen. Wenn ich diese Folge hier aufnehme, sind es erst drei Tage, wenn du sie hörst, ist es schon ein bisschen länger. Ich bin den Schnupfen immer noch nicht los und ich versuche auch langsam zu machen. Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass mein Körper mich bewusst ruhiggestellt hat, weil ich, sobald ich irgendwie einigermaßen klar denken kann, schon wieder 100.000 Dinge im Kopf habe, die ich eigentlich erledigen müsste und es mir dann schwer fällt, mich zurückzuhalten, weil ich doch eigentlich einiges aufzuholen habe, dadurch, dass ich jetzt einen Monat lang quasi nichts tun konnte für Von Herzen vegan.

Allerdings habe ich dann doch natürlich einiges da reingemogelt sozusagen. Ich habe für den Einfach Vegan Podcast mit Carsten drei Folgen immerhin aufgenommen und war natürlich auch im Clan aktiv und habe mich gekümmert, also dass es auf jeden Fall trotzdem Inhalte für dich gab und natürlich auch immer noch gibt, aber ich musste tatsächlich hier den Von Herzen Vegan Podcast vernachlässigen, weil ich das einfach nicht mehr geschafft habe. Umso mehr freue ich mich jetzt, dass ich wieder Folgen aufnehmen kann und möchte mit dir in dieser und in den nächsten Folgen einige Erkenntnisse teilen, die ich in den zwei Wochen Bildungsurlaub gesammelt habe.

Und bevor ich jetzt starte, möchte ich mich nochmal ganz herzlich bei allen Steady-Mitgliedern bedanken für die finanzielle Unterstützung. Da sind auch zwei neue dazu gekommen. Ich hatte schon im Einfach Vegan Podcast Danke gesagt und ich möchte mich hier nochmal ganz ausdrücklich auch bei Astrid bedanken für ihre Unterstützung über Steady. Und es wird im neuen Jahr einige Neuerungen geben. Du darfst gespannt sein. Ich werde im Clan ein bisschen was ummodeln und auch bei den Steady-Paketen. Da brauche ich noch ein bisschen Zeit, um das alles vorzubereiten. Aber ich werde dir auf jeden Fall noch vor Weihnachten Bescheid sagen, wie das alles weitergehen wird und was sich da ändern wird. Denn ich bin gerade dabei, jetzt erst seit eben diesen drei Tagen, die ich jetzt wieder einigermaßen fit bin, alles, was ich in den letzten fünf Jahren so aufgebaut habe und auch ausprobiert habe, auszuwerten und zu schauen, wie ich dir tatsächlich am besten helfen kann. In welchem Format und über welche Medien. Und was mir auch am meisten liegt. Also, wo du mehr von haben möchtest, von welchen Fähigkeiten die ich habe. Und da habe ich schon ein grobes Bild, wie das weitergehen wird in 2021. Aber da brauche ich jetzt noch die verbleibenden zwei Wochen bis zu den Weihnachtsferien, um das alles soweit auszuarbeiten. Es gibt also einiges, worauf du dich freuen darfst für 2021. Und in zwei Wochen werde ich da auch schon mehr verkünden können.

Aber jetzt widme ich mich erst einmal dem Thema: Was passiert, wenn du das Vertrauen in die Menschheit verlierst. Wie komme ich da drauf? In der zweiten Bildungsurlaubswoche war ich am Beginn sehr schockiert, weil ich eine Teilnehmerin dabei hatte, die ganz offensichtlich eigentlich gar nicht da sein wollte und die gleich sehr passiv-aggressiv und negativ eingestiegen ist in die Woche und den ersten Tag über damit verbracht hat, mich mit ihrer Negativität zu bombardieren. Nun bin ich keine ausgebildete Pädagogin und ich habe mir auch noch nie vorstellen können, als Lehrerin zu arbeiten. Ich ziehe den Hut vor allen Menschen, die das machen, vor allem mit Kindern zu arbeiten, Schüler·innen. In der Erwachsenennbildung ist es ja noch mal wieder irgendwie anders, habe ich zumindest das Gefühl und ich habe bisher nur mit Menschen zusammengearbeitet, die auch wirklich mit mir zusammenarbeiten wollen. Was ja jetzt im klassischen Regelschulsystem eben eigentlich nicht der Fall ist, dass die Kinder unbedingt mit dem·der Lehrer·in zusammenarbeiten wollen. Sie sind ja nicht freiwillig dort.

Und ich war eigentlich der Meinung, dass in meinem Bildungsurlaub die Menschen freiwillig da sind. Waren auch alle, es ist niemand dazu gezwungen worden, zumindest haben sie es nicht gesagt, nur diese eine Person hat dann mir auch nachher gesagt, dass sie sich nur für meinen Bildungsurlaub angemeldet hat, weil alle anderen schon ausgebucht waren und dass ihr Ziel auch nicht sei, ihren ökologischen Fußabdruck zu senken, was eben das Ziel des Bildungsurlaubs war, sondern alles auf Gesundheit zu optimieren und damit war sie halt völlig fehl am Platz in diesem Bildungsurlaub und ich habe mich gefragt, warum bleibt sie? Ich habe ihr am Anfang freigestellt zu gehen und habe auch gesagt, dass sie das Geld zurückbekommt, aber sie wollte nicht gehen und ist auch am Ende, am letzten Tag noch geblieben, wo es wirklich ausschließlich darum ging, jetzt nur noch den eigenen ökologischen Fußabdruck zu optimieren. Ich habe ihr gesagt: „Hier ist deine Teilnahmebestätigung, wenn du willst, kannst du jetzt schon gehen“, woraufhin sie meinte: „oh willst du mich schon wieder rausschmeißen?“ Also sie hat sich partout geweigert.

Und am ersten Tag war sie eben sehr, sehr negativ und ich war im ersten Moment sehr überfordert mit dieser Situation, weil ich einfach nicht verstehen konnte, was sie da will und habe dann auch mit einer VHS-Mitarbeiterin gesprochen und gefragt, was ich tun kann und sie hatte mir gesagt, solange sie keine rassistischen Äußerungen von sich gibt oder es gegen die Corona-Maßnahmen verstößt, kann ich sie nicht vom Kurs ausschließen. Also habe ich dann für mich beschlossen, dass ich das Ganze als Herausforderung annehme und versuche mich auf die anderen Teilnehmer·innen zu konzentrieren, weil die ja schließlich da waren, um was zu lernen und um ihren ökologischen Fußabdruck zu senken.

Und ich bin sehr, sehr dankbar dafür, dass die erste Woche so schön war. Da war nämlich - es war natürlich auch nicht alles super und so, weil es auch die erste Woche war für mich - aber ich hatte am Ende ein richtig schönes Gefühl und hätte gerne mit denen weitergearbeitet und habe das auch zurückgemeldet bekommen und habe gedacht, ja, das war eine wirklich schöne Gruppe und die haben, auch wenn es zwischendurch kleinere Reibereien gab, gut miteinander gearbeitet. Und ich bin sehr dankbar dafür, dass ich halt in der ersten Woche diese positive Erfahrung gemacht habe. Denn wenn ich in der ersten Woche schon diese negative Teilnehmerin gehabt hätte, dann hätte ich wahrscheinlich frustriert aufgegeben und mich krank gemeldet für die zweite Woche. So hatte ich aber die positive Erfahrung, dass ich wusste, okay, mein Konzept funktioniert und es liegt nicht an mir, dass diese Teilnehmerin mich und meinen Kurs blöd findet, sondern es liegt an ihr, weil sie einfach fehl am Platz da war. Es kam noch dazu, dass sie eigentlich davon ausgegangen war, dass wir ausschließlich Exkursionen machen, was ich aufgrund von Corona halt auch gar nicht machen konnte, aber es war auch gar nicht so ausgeschrieben. Also sie hatte eine völlig andere Erwartungshaltung gepaart mit ständig wertenden, überhaupt nicht wertschätzenden Äußerungen wie, „Ja, das, also das muss man ja wissen. Also wenn man nicht total dumm ist, dann weiß man das auch!“ und so, wo ich also wirklich stark mit ringen musste, um zu schauen, wie integriere ich sie jetzt in diesen Kurs und lass mich davon auch nicht so beeinflussen.

Also am ersten Tag habe ich mich ganz stark davon beeinflussen lassen, weil diese Frau super negativ war und das hat einfach auch das beeinflusst, was ich gesagt habe, weil ich mich nicht wirklich mehr aufs Thema konzentrieren konnte, weil sie ständig alles in Frage gestellt und mich angegangen hat, mich gefragt hat, ob ich überhaupt schon mal einen Bildungsurlaub gehalten hätte, ob ich denn jetzt eigentlich mal schon mal bei anderen Bildungsurlauben hospitiert hätte und so. Ich dachte, wo bin ich hier? Also das muss ich mir echt nicht geben. Und dann habe ich sie am Morgen des zweiten Tages beiseite genommen, unter vier Augen und habe ihr gesagt, sie kann gerne gehen, sie bekommt das Geld zurück. Offensichtlich ist das ja nicht das, was sie erwartet hat hier und ich kann verstehen, wenn sie dann gehen möchte und sie hat die Wahl, sie kann das gerne machen, aber wenn sie bleiben will, dann erwarte ich eine wertschätzende Kommunikation und einen wertschätzenden Umgang miteinander. Und da hat sie dann zu mir gesagt, das könnte sie nicht, wertschätzend kommunizieren würde ihr nicht liegen, da müsste sie wohl noch mal einen Bildungsurlaub zu machen und jeder Mensch sei ja anders und ich müsste sie halt so nehmen, wie sie ist. Ja, das war dann ihr Standpunkt und ich habe aber auf meinem Standpunkt beharrt und gesagt, ich möchte einfach, dass die anderen eine Chance haben.

Sie hat ganz viel Wissen und ist super belesen und weiß ganz viel, verpackt dieses Wissen, aber in Floskeln oder in Sätzen wie, „ja, wenn man nicht ganz dumm ist“, so wie ich das vorhin schon sagte, „dann weiß man ja auch“, wenn sie dieses, „ja, wenn man nicht ganz dumm ist“, weglassen würde, dann wäre das halt auch sehr bereichernd für den Kurs. Und ja, ihre Art und Weise hat mich stark an einen alten Mathelehrer von mir erinnert, der er irgendwie frustriert war, dass er nicht den Leistungskurs in der Oberstufe unterrichten konnte. Der uns mal um, ich weiß gar nicht mehr, was, irgendwas zu erklären, ein richtiges Modell, so ein 3D-Modell gebaut hat, also ein richtig haptisches Modell und wir waren alle total begeistert, dass er sich so viel Mühe gegeben hat und das für uns gebaut hat, um uns das zu zeigen und dann hat er gesagt: „Ja, weil ihr ja alle keine Ahnung habt und so dumm seid, deswegen habe ich das gebaut.“ Also die Handlung an sich ist super, aber diese Verpackung und wie es rübergebracht wird, ist super demotivierend und genauso war sie eben auch während dieses Kurses und es hat sich dann aber gebessert über diese restlichen Tage, es waren insgesamt fünf Tage, nachdem ich mit ihr gesprochen hatte und sie hat sich wirklich zusammengerissen, das habe ich gemerkt.

Und das ist auch was, was ich wirklich anerkenne, weil so etwas ja auch tief in einen drin steckt und zum Ende hin hat sie sich tatsächlich auch ein bisschen geöffnet und hat dann gesagt, dass sie immer Menschen erstmal so angeht und in Frage stellt und denen sagt so und so, ja, woher weißt du das denn, wo kommt denn die Studie her und so und dann wüssten die immer nicht weiter und ganz zum Schluss, also zum Abschluss hat sie auch nochmal gesagt, dass sie keinem Menschen vertrauen würde und ihre Wunschvorstellung ist es ganz alleine irgendwo auf einem Hof zu leben, wo die nächsten Nachbarn mindestens zwei Kilometer entfernt sind und dass sie keinen Kontakt zu irgendwelchen Menschen hat.

Ehrlich gesagt hat mich das stark berührt, weil ich gedacht habe, dass sie ganz Schlimmes erlebt haben muss, dass sie jetzt so reagiert und weswegen ich das alles erzähle, ist tatsächlich, weil sie für mich ein Beispiel dafür ist, was passieren kann, wenn wir verbittern, wenn wir nur noch das Schlechte in den Menschen sehen und uns immer mehr zurückziehen und nur noch um uns beißen, weil wir einfach nicht mehr rauskönnen aus diesem Schutzwall, den wir um uns gezogen haben und dann schlicht verbittern. Es hängt ja viel auch mit der Kommunikation zusammen. Für mich ist es ein großes Warnzeichen, wenn ich anfange schlecht über andere Menschen zu denken, denn das will ich eigentlich gar nicht. Ich möchte andere nicht verurteilen, aber natürlich bin ich davon auch nicht frei, dass ich andere verurteile. Ich versuche immer wieder wachsam zu bleiben und die Anzeichen zu erkennen, wann ich Richtung Verbitterung gehe und wenn ich anfange, mich zu verschließen und nicht mehr offen zu sein für andere Menschen.

Diese Teilnehmerin möchte ich jetzt als Extrembeispiel nennen. Für mich ist sie tatsächlich ein Extrembeispiel. Eine Frau, die offensichtlich Schlimmes erlebt hat und sich jetzt nur noch damit zu helfen weiß, erst mal um sich zu beißen, bevor sie wirklich jemanden an sich ran lässt und dadurch schafft es natürlich wahrscheinlich kaum jemand, näher an sie ran zu kommen und dadurch wird sie wieder bestätigt, dass alle Menschen schlecht sind und dass sie niemanden vertrauen kann. Sie hat es in verschiedenen Situationen immer wieder klar gemacht, wo sie sagt, dass sie versucht hat, ihr Umfeld aufzuklären und ihr Wissen mit ihrem Umfeld zu teilen, aber alles so verpackt, wie ich das jetzt schon erzählt habe. Ein Beispiel war auch, dass sie irgendwie beim Bäcker, wo eine Mutter ihrem kleinen Kind ein Brötchen gekauft hat, zu der Frau gesagt hat: „Ja, da können sie es ja auch gleich vergiften!“ und dann meinte sie, ja, dann gucken die mich immer so an und ganz ehrlich, wenn ich diese Mutter gewesen wäre, hätte ich auch so geguckt, denn so eine Attacke von der Seite ist ja nichts, wo ich jetzt denke, okay, das war eine nette Gesprächseröffnung, wie meinen sie das denn mit dem Vergiften? Ist das vielleicht auf das Gluten bezogen und soll das heißen, dass das nicht gut ist für mein Kind?

Sondern wenn ich so von der Seite angegiftet werde, dann gifte ich ja automatisch zurück oder ich gehe einfach, also daraus kann ja kein Gespräch entstehen, zumindest nicht in meiner Welt. (Ich will jetzt nicht sagen, dass Gluten schlecht ist, das war einfach die Meinung dieser Teilnehmerin, die sich gesundheitlich sehr stark eingelesen und beschäftigt und weitergebildet hat und für sie ist das so und deswegen hat sie das gesagt, aber das ist jetzt nicht meine Meinung und ich bin auch gesundheitlich einfach nicht so versiert, dass ich dazu jetzt eine öffentliche Meinung kundtun könnte.) Und wenn du mal so in dich gehst, dann hast du sicherlich auch so Situationen, in denen du am liebsten dein Gegenüber oder irgendwelche Menschen einfach so von der Seite anpampen würdest, weil sie etwas tun, von dem du weißt, dass es eigentlich überhaupt nicht okay ist, dass es vielleicht auch schlecht für sie selbst ist, schlecht für die Umwelt, aber in jedem Fall meistens schlecht für die Tiere und diese Impulse sind ja da. Ich merke das bei mir, wenn ich in Gedanken formuliere, „aber du weißt schon oder?“, dass das kein Satz ist, den ich laut sagen sollte. Denn das impliziert ja gleich schon wieder einen Vorwurf und das ist kein guter Gesprächs-Einstieg.

Du kannst das vielleicht mal ausprobieren, so rollenspielmäßig mit einem ·r Bekannten, deinem·r Partner·in oder einfach Menschen, die das mit dir mitmachen, verschiedene Gesprächs-Einstiege oder Möglichkeiten miteinander zu bereden, wie du dann darauf reagierst. Was ich bei sowas auch immer spannend finde: was löst es bei mir aus? Und wenn du dich dabei ertappst, dass du anderen eigentlich sagen willst, dass sie das nicht tun sollen, was sie da tun, wenn du sie am liebsten schütteln würdest und ihnen sagen würdest, du musst auch endlich erkennen, was ich sehe, dann ist es sehr hilfreich, wenn du dir vorher schon mal überlegst und das durchspielst, wie du das formulieren könntest, wenn du denn dieses Gefühl hast, du möchtest aufklären.

Wir laufen als ethisch motivierte Veganer·innen, also wir, die wir von Herzen vegan leben, ja ständig Gefahr, in der Verbitterung zu landen, weil sich gefühlt nicht viel bewegt. Und weil wir das Gefühl haben können, je nachdem mit welchen Menschen wir uns umgeben, dass wir immer und immer wieder anrennen gegen diese Unvernunft und diese Ignoranz der anderen gegenüber dem Tierleid, gegenüber dem Klimawandel. Und damit wir nicht in der Verbitterung landen, ist es halt super wichtig, dass wir gut für uns sorgen, dass wir ganz viel Selbstfürsorge betreiben mit verschiedensten Übungen, die ich dir eben hier in dem Podcast schon in großer Breite vorgestellt habe und wo du auch mit meinem Reisebuch auf jeden Fall dran arbeiten kannst.

Und dann auch dir zu überlegen, wie spreche ich was an und dich mit Menschen zu umgeben, die ähnlich denken wie du, die dich stützen können, dir Verbündete zu suchen. Es ist essentiell, dass du dir ein Schutznetz webst, denn wenn dein Bestreben ist, für die Tiere etwas zu bewirken und etwas zu verändern in der Welt, dann wird es nicht funktionieren, wenn du so wie diese Teilnehmerin in der Verbitterung landest. Denn diese Art und Weise zu kommunizieren schreckt alle anderen eher ab und verletzt sie auch. Und es ist halt sehr aggressiv und überhaupt nicht wertschätzend. Natürlich fordert es sehr viel Kraft, immer wieder wertschätzend zu bleiben und zurückzukommen, zu Sachargumenten und sie nicht so zu verpacken mit „Dir ist schon klar, ne?“ Und da, wie gesagt, ich wiederhole mich immer wieder und wieder, ist es halt super wichtig, dass du gut für dich sorgst.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören. In der nächsten Folge werde ich noch ein bisschen weiter berichten über meine Erfahrungen aus dem Bildungsurlaub und ich freue mich, wenn du dann wieder dabei bist.

Starke Gefühle fühlen ohne abzustürzen

Ein Beitrag

Folge 106 - Starke Gefühle fühlen ohne abzustürzen

Mit dieser Folge möchte ich Dich daran erinnern Dich selbst wichtig zu nehmen.

Gerade wenn wir von Herzen vegan leben und ethisch motiviert sind, stellen wir unsere eigenen Bedürfnisse oft hinten an und geben alles für andere.

Das kann sehr erfüllend sein - keine Frage. Es kann aber auch sehr kräftezehrend sein, so dass Du am Ende des Tages ausgelaugt zurückbleibst.

Hier ist es wichtig die Balance zu finden und auch Gefühle zuzulassen, die stark sind, sich aber ein Netz zu bauen, dass uns auffängt, wenn wir zu tief zu fallen drohen.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und in dieser Folge möchte ich noch einmal über Gelassenheit und Souveränität sprechen.

Ich hatte schon mal eine Folge dazu gemacht, dass Gelassenheit nicht Gleichgültigkeit heißt. Es bedeutet nicht gleichgültig allem gegenüber zu sein und es bedeutet auch nicht abgestumpft zu sein oder dass einem alles egal ist, sondern es bedeutet eine Balance halten zu können zwischen all den Gefühlen, in die wir tagtäglich fühlen. Teilweise haben wir das Gefühl, sie suchen uns heim, wenn es eher negative Gefühle sind und wir versuchen sie wegzudrücken, aber genau darum geht es eben, eine Balance zu finden zwischen den Gefühlen, sie zu fühlen, dem Fühlen der Gefühle und sich nicht davon in die Tiefe ziehen zu lassen, dass wir depressiv werden, dass wir verbittert werden und in die Dunkelheit gezogen werden.

Wir neigen ja dazu Gefühle wegzudrücken, wenn sie negativ sind. Oft schaffen wir es auch nicht, schöne Gefühle lange auszuhalten und es ist tatsächlich dann ein wenig Übung erforderlich, diese Gelassenheit zu erlangen, eine Balance zu schaffen, mit der ganzen Gefühlspalette leben zu können. Und dafür sind unter anderem auch die Power-Ups da, die ich in meiner Arbeit nutze, die du zum Beispiel aus dem Reisbuch kennst und die ich eben auch schon hier in diesem Podcast mehrfach erwähnt habe und vorgestellt habe. Die verschiedenen Resilienztypen, die damit dann aktiviert und trainiert werden wie kleine Muskeln und die alle dazu führen, dass wir uns innerhalb eines Resilienzfensters bewegen, indem wir uns wohlfühlen.

Aber Vorsicht, es geht nicht darum, dass wir uns ständig gut fühlen sollen, also es ist keine Art Soma wie aus Brave New World, dass wir da schlucken und uns geht es ständig nur gut, sondern die Power-Ups sollen dir helfen, wenn du das Gefühl hast zu tief zu driften, also dass du nicht in ein tiefes Loch fällst. Es geht wirklich darum, für dich herauszufinden, wie du deine Balance schaffst zwischen den Gefühlen zu fühlen und eben nicht in einem Loch zu verschwinden.

Wenn du da deine Liste an Power-Ups erstellt hast und weißt, was dir gut tut, was du in solchen Situationen, wo die Gefahr besteht, dass du in ein Loch fällst, tun kannst, wenn du zum Beispiel dir eine Playlist angelegt hast, die du auf deinem Computer, deinem Smartphone oder deinem mp3 Player, wo auch immer du gerne Musik hörst, dann bereit hast und weißt okay, das ist meine Musikliste, das sind die Lieder, die ich gerne höre, die mir gut tun, dann könntest du einfach einmal die Kopfhörer aufsetzen und eins, zwei, drei Lieder davon hören, damit es dir besser geht. Oder du nutzt die Poweratmung oder du tanzt, du singst oder du schwimmst oder was auch immer dir gut tut in diesem Moment und dich abhält, davon zu tief zu fallen.

Gefühle wirklich fühlen zu können, braucht ja auch immer einen Rahmen, dass wir genügend Zeit haben und ausreichend Energie vorhanden ist, damit du in diese Gefühle einfach reinfühlen kannst oder sie einfach da sein lassen kannst. Du brauchst dafür einen zeitlichen Rahmen, denn wenn dann alle naselang jemand reinkommt und was von dir will, während du gerade versuchst, deine Traurigkeit zu fühlen, ist es nicht zielführend, auf keinen Fall. Das heißt, es ist gut, wenn du dir Zeiten am Tag nimmst, wo du vielleicht für fünf Minuten, vielleicht für zehn Minuten dich hinsetzt und meditierst und / oder in Gefühle reinfühlst. Und wenn akut ein Gefühl hochkommt, dass du dich dann zurückziehst, das kann auch die Toilette sein, auf die du dich zurückziehst, weil das eben meistens der einzige Rückzugsort ist, den wir im Alltag haben und wo du dann einmal rausgehst und in das Gefühl hineinfühlst.

Ich weiß, wie das ist. Es ist oft so, dass wir das Gefühl haben, dass dieses Gefühl so viel Raum nimmt, dass es sich nicht lohnt, sich für fünf Minuten hinzusetzen. Aber du wirst merken, wenn du das machst, dass es sich doch lohnt, dass du gar nicht irgendwie einen Tag brauchst oder drei Stunden, um dieses Gefühl aufzulösen oder es schwächer werden zu lassen, sondern dass es schon reicht, wenn du ihm fünf Minuten deine Aufmerksamkeit schenkst. Denn Gefühle wollen ja gefühlt werden, sie sind aus einem bestimmten Grund da. Und wenn du sie einfach nur fühlst und dann dich wieder der Realität stellst und jedes Mal, wenn das Gefühl hochkommst, es wahrnimmst, ihm zunächst und sagst, aha, da bist du wieder, dann wird es einfacher mit diesem Gefühl umzugehen. Und das alles ist nichts, was du innerhalb einer Woche für dich herausgefunden hast und dann bist du gelassen, sondern das ist etwas Langfristiges, etwas, wo du vielleicht Jahre für brauchst.

Tom hatte in seiner Rezension im Tierbefreiungsarchiv zu meinem Reisebuch geschrieben, dass Aktivismus ein Marathon ist und genauso ist es tatsächlich. Es ist kein Sprint, es geht nicht darum, dass du jetzt ganz schnell diese drei Methoden machst und dann bist du tiefenentspannt, sondern es ist ein Marathon, bei dem du herausfindest, was zu dir passt. Und es ist so wichtig, dass du dich wichtig nimmst. Ich weiß, dass wir, die wir von Herzen vegan leben, meist dazu neigen, alles andere und alle anderen wichtig zu nehmen und uns nicht.

Aber, und hier kommt ein ganz großes Aber: Es ist so wichtig, dass wir uns selbst wichtig nehmen. Wir werden diesen Marathon nur überstehen, wenn wir uns wichtig nehmen. Und es heißt ja noch nicht mal, dass du aktiv werden musst für die Tiere, für den Veganismus, sondern es heißt, dass du dabei bleibst und vegan bleibst und dich entscheidest, bewusst vegan zu leben in dieser nicht veganen Welt. Dafür brauchst du alle Kraft und es ist so unendlich wichtig, dass du gut für dich sorgst. Ich habe lange gebraucht, um das zu akzeptieren und zu verstehen und ich wünsche dir, dass du nicht so lange brauchst wie ich. Ich weiß, es gibt einem viel für andere da zu sein, dieses Gefühl gebraucht zu werden, wichtig zu sein. Das wird viel dadurch ausgelöst, wenn wir für andere da sind und wenn sie uns loben und uns danken und uns gern haben, weil wir uns für sie aufopfern. Aber das geht eben nur bis zu einem gewissen Punkt gut. Und dann ist die ganze Energie aufgebraucht und wir werden krank oder wir verbittern. Wir verhalten uns so, wie wir gar nicht sein wollen.

So ist das bei mir passiert, dass ich gedacht habe, ich will überhaupt nicht so sein. Ich war immer am Limit, ich war schnell auf 180, ich wusste nicht, was soll ich tun, ich war harsch meinem Kind gegenüber, was damals noch ein Baby war. Und ich habe einfach gemerkt, es geht so nicht weiter, es geht nicht so weiter. Und damals habe ich mir Hilfe gesucht, weil bei mir halt noch einige andere Faktoren dazu kamen, so dass ich das nicht alleine geschafft habe.

Und ein Teil des Ganzen ist eben dieses Gut für sich Sorgen und das sind die Power-Ups und darum geht es, dass du gut für dich sorgst, dass du die Balance hältst. Es geht nicht darum gleichgültig zu sein oder dass dir alles egal ist, dass alles eine verschwommene Soma-Larifari-Masse ist. Es geht darum auszutarieren, dich selbst aufzufangen, wenn du merkst, dass sich da ein Loch auftut, dass du dir ein Sicherheitsnetz baust, dass du, wie auf dem Trapez, wenn du da so rüber balancierst, unter dir ein sicheres Netz weißt. Und weißt, wenn ich falle, werde ich aufgefangen. Ich falle, das kann sein, aber ich falle nicht unendlich tief. Und vielleicht federt das Netz ja auch und dann federst du wieder hoch. Also das könnte ja auch sein. Aber du weißt, du wirst aufgefangen und es ist so wichtig, dass du dieses Netz dir webst.

Und um das zu schaffen, musst du dir Zeit nehmen. Du brauchst Zeit in deinem Alltag, die du nur für dich nutzt. Und du musst dich wichtig nehmen. Ich weiß, müssen ist immer so eine Sache. Ich finde es aber so wichtig, dass ich es so auch meine: du musst. Sonst wird es ewig so weitergehen, dass du eben nicht gelassen vegan leben kannst. Es ist wichtig, dass du dich wichtig nimmst. Mit all deinen Bedürfnissen, die du hast und wenn du eher Bedürfnisse hast, die Richtung introvertiert gehen, dann ist es völlig in Ordnung. Das ist eben ganz individuell und das kannst nur du wissen. Es ist eine Erkundungsreise. Es ist, wie gesagt nichts, was du ad hoc rausfinden kannst.

Und es kann auch sein, dass sich das immer wieder ändert. Bei mir ist das so. Ich habe Phasen, in denen ich niemanden sehen will. Ich habe Phasen, in denen ich Menschen nicht so gerne mag, aber es geht. Und dann habe ich Phasen, in denen ich kein Problem damit habe, mitten unter Menschen zu sein, auf Messen zu sein, Vorträge zu halten, Führungen zu halten, was auch immer, mit vielen Menschen zusammen. Aber es kommt in Wellen. Ich kann das vorher auch nicht absehen, wann ich welche Phase haben werde, sondern es ist einfach immer unterschiedlich. Und es ist etwas, was ich immer leichter rausspüren kann, wann mir was gut tut, aber auch das war natürlich ein Prozess.

Und ich möchte dich einladen, dass du dich auf den Weg machst, dass du rausfindest, was dir gut tut und wie du dir ein Sicherheitsnetz bauen kannst und dass du dich wichtig nimmst, dass du gut auf dich achtest, dass du nicht nur die ganze Zeit für andere da bist, sondern auch für dich. Denn irgendwann wirst du diesen Punkt erreicht haben, an dem du zum einen unzufrieden bist mit dir selbst und zum anderen total ausgebrannt. Und es kann auch sein, dass dein Körper krank wird, weil du immer wieder übers Limit gehst. Und deswegen bitte ich dich inständig, sorg gut für dich. Jetzt in Corona-Zeiten natürlich noch mehr als vorher. Und jetzt wo es wieder auf die dunklere Jahreszeit zugeht, ist es noch wichtiger, dass du gut auf dich achtest.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Folge 105 - Dein Gehirn liebt das Drama...

Ein Beitrag

Folge 105 - Dein Gehirn liebt das Drama...

Unser Gehirn liebt Extreme, das ist ganz klar und es ist genetisch bedingt - wir sind auf Drama programmiert, um zu überleben.

Heute brauchen wir das gar nicht mehr, aber trotzdem ist die Eigenschaft noch da. Sie kann praktisch sein, denn so entstehen tolle Geschichten und spannende Spiele, aber sie kann Dich im Alltag auch behindern.

Vor allem, wenn Du Dir zu einer Reaktion Deines Gegenübers eine Geschichte epischen Ausmaßes erzählst, die nur noch ganz am Rand mit der eigentlichen Reaktion zu tun hat.

Inspiriert zu dieser Folge hat mich ein Vortrag von Brené Brown, in dem sie über diese Methode spricht.

Du kannst die Methode anwenden, um Dir klar darüber zu werden, dass sich Dein Gehirn gerade im Dramamodus befindet oder um Klarheit zwischen Dir und Deinem Gegenüber zu schaffen.

Volständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte mich vorab einmal ganz herzlich bei dir bedanken, dass du diesen Podcast hörst.

Das ist nicht selbstverständlich, denn mittlerweile gibt es ganz, ganz viele Podcasts, die sich mit dem Thema Veganismus beschäftigen und natürlich gibt es noch viel, viel, viel mehr Podcasts, die sich mit dem Thema Gelassenheit im Alltag beschäftigen. Daher ist es mir eine Ehre, dass du mir zuhörst und ich fühle mich natürlich noch mehr geehrt, wenn du mir schon länger die Treue hältst und ich möchte dich einladen, mir deine Wunschthemen zu schicken, denn ich möchte, dass dieser Podcast dich in deinem Alltag unterstützt und was könnte da eher geeignet sein, als wenn ich Themen bespreche, die dich stark berühren. Wenn du also ein Thema hast, über das ich sprechen sollte, dann schreib mir gerne eine E-Mail an post [at] vonherzenvegan.de.

Ich stecke gerade mitten in der Vorbereitung für meinen Bildungsurlaub, den ich für die VHS Hamburg zum Thema „Aktiv fürs Klima, das kann ich tun“ halten werde. Und dieser Bildungsurlaub wird zweimal stattfinden, einmal in der ersten Novemberwoche und einmal in der zweiten Novemberwoche. Das ist Corona geschuldet, weil die Gruppen kleiner geworden sind und wir versucht haben, die 16 Teilnehmer·innern, die sich vorher für die eine Woche angemeldet haben, auf zwei Wochen aufzuteilen. Jetzt sind es doch wieder irgendwie mehr geworden, aber das ist etwas, was wohl VHS intern entschieden wurde. Während ich das ja aufnehme, weiß ich noch nicht, ob jetzt die Bildungsurlaube überhaupt stattfinden werden, weil die zweite Corona-Welle ja schon stark anrollt. Und wer weiß, vielleicht wird es so sein wie im März und ab Montag sind wir auf einmal wieder im Lockdown und ich kann die Bildungsurlaube nicht halten.

Nach den beiden Bildungsurlauben werde ich mich wieder ganz auf Von Herzen Vegan konzentrieren und ich versuche jetzt im Vorhinein Podcast-Folgen aufzunehmen und zu produzieren, damit du nicht so lange auf die nächste Folge warten musst, aber es kann auch sein, dass dazwischen dann vielleicht mal einen Sonntag ausfällt.

Während der Vorbereitung auf den Bildungsurlaub habe ich wieder gemerkt, dass unser Gehirn auf Drama gepolt ist, denn da kamen dann wieder so Szenarien hoch wie: oh je, werde ich gut genug sein, weiß ich überhaupt genug, hätte ich nicht eigentlich ein Doktortitel in „Aktiv fürs Klima“ haben sollen, bevor ich jetzt hier diesen Bildungsurlaub halten kann, habe ich genug Lebenserfahrung, ist das alles okay? Und jedes Mal, wenn ich mich bei solchen Gedanken erwische, sage ich mir, dass das meinem Gehirn geschuldet ist und zwar dem Teil der Drama benötigt. Und das ist keine direkte Charaktereigenschaft von mir, vielleicht ist die Teilweise etwas ausgeprägter, sondern etwas, das wir alle haben, etwas, das uns in den Genen liegt und so eine Veranlagung ist, die wir als Menschen mit uns bringen.

Unser Gehirn braucht das Drama, das kann den buddhistischen Mittelweg nicht gehen, das ist sehr anstrengend für das Gehirn, es braucht Mord und Todschlag und Existenzängste und alles Mögliche, was in die Extreme geht. Diese Erkenntnis habe ich nicht von ungefähr und mir ist es auch erst so richtig bewusst geworden, als ich mir einen Vortrag von Brené Brown angeschaut habe. Falls du Brené Brown noch nicht kennst, sie hat viel zum Thema Verletzlichkeit und Scham geforscht und sich letztlich selbst verletzlich gemacht, indem sie einen Ted Talk über ihre eigene Verletzlichkeit gehalten hat und dadurch ist sie quasi richtig berühmt geworden und hält jetzt noch mehr Vorträge auch zu diesem Thema und einen von diesen Vorträgen hatte ich mir angeschaut.

Und sie berichtet in diesem Vortrag von einer Situation, wo sie mit ihrem Mann durch einen See schwimmt und sie während des Schwimmens ein besonderes Gefühl der Verbundenheit spürt und das ihrem Mann mitteilt und ihm sagt „Hey, ich fühle mich total verbunden mit dir, das ist ein total schöner Moment und ich will dir das einfach nur sagen.“ und alles was er sagt ist: „Ja, das Wetter ist gut“, oder „das Wasser ist gut“, also jedenfalls geht er nicht darauf ein und bei ihr geht dann sofort das Drama los im Kopf.

U nd sie versucht es dann später nochmal, also erst sind sie etwas weiter auseinander im See, so dass sie denkt, er hat sie vielleicht nicht richtig verstanden, dann schwimmen sie etwas näher beieinander und dann versucht sie es nochmal und er antwortet genau so und dann ist sie halt auf 180 und denkt sich, „Was soll das denn, das ist ja wohl unverschämt, das geht gar nicht!“ und erzählt sich eine Geschichte, hat einen Drama im Kopf.

Und letztlich können sie das dann auflösen, indem sie dann doch nochmal darüber sprechen und ihr Mann ihr dann sagt, dass er einen Panik-Anfall in diesem See hatte, weil er sonst immer nur in gechlorten Schwimmbecken geschwommen ist und jetzt in diesem See konnte er nichts sehen und deswegen hatte er einen Panik-Anfall und hat Schwimmzüge gezählt, während sie versucht hat, ihm ihre Gefühle mitzuteilen und deswegen konnte er einfach gar nicht darauf eingehen, weil er ganz wo anders war.

Und sie haben das also aufgeklärt und Brené Brown meinte, dass sie, um das aufzuklären zu einer Methode gegriffen hat, die unter Menschen, die sich viel mit Scham und Verletzlichkeit beschäftigen, sehr bekannt ist, nämlich zu sagen, die Geschichte, die ich mir erzähle, ist folgende und dann eben zu sagen, okay, ich erzähle mir gerade folgende Geschichte, du hörst mir irgendwie gar nicht zu, du verstehst mich überhaupt nicht und so weiter und so fort, worauf hin dann der oder die andere, die Möglichkeit hat, diese Geschichte abzugleichen mit der eigenen Realität und sie gerade zu ziehen.

Und sie erzählte dann auch bei dem Vortrag, dass seit diesem Erlebnis sie immer, wenn sie jetzt irgendeine Auseinandersetzung haben oder einen Streit, sich sagen, „die Geschichte, die ich mir erzähle, ist folgende“.

Und ja, diese Episode, von der sie da erzählt, ist mir stark im Gedächtnis geblieben, deswegen wollte ich sie jetzt einmal mit dir teilen, weil es nämlich genau das ist, wenn wir in Kontakt mit anderen stehen, aber eben auch, wenn wir alleine sind, so wie bei mir, sich dann das Drama abspielt im Gehirn. So spielt sich das Drama eben auch ab, wenn wir mit anderen Menschen kommunizieren und Brené Brown sagt, dass unser Gehirn auf Drama gepolt ist, es kann einfach nicht diesen ausgeglichenen Weg, den Mittelweg gehen. Es kann es natürlich schon, aber es tendiert einfach zum Drama und das muss dann eben eine Geschichte sein mit Extremen, so wie zum Beispiel, dass ich mir dann vorstelle, wenn es jetzt um diesen Bildungsurlaub geht, dass alle sofort geschlossen den Raum verlassen werden, weil ich nicht Professorin der Klimaforschung bin oder so, obwohl sie das natürlich vorher wissen und so weiter, aber es muss ein Drama sein.

Und in Brené Browns Fall, in diesem Beispiel, wo sie mit ihrem Mann gesprochen hat, hat sich dann gleich bei ihr abgespielt, dass er sich von ihr trennen möchte und eine andere hat oder irgendwie so, obwohl das eben alles überhaupt gar nicht damit zu tun hatte und es ja einfach „nur“ daran lag da - natürlich ist eine Panikattacke mit einem See auch nichts Feines - aber jedenfalls tatsächlich damit zu tun hatte, dass er mit etwas ganz anderem beschäftigt war und das überhaupt nichts mit ihren Worten zu tun hatte oder mit ihr und das in Kombination damit, dass wir einfach nicht wissen können, was der oder die andere meint, wenn wir ihn oder sie nicht fragen.

Es ist für mich eine gute Möglichkeit, damit klarzukommen, wenn es irgendwelche Missstimmung gibt, wenn ich das Gefühl habe, da stimmt irgendwie was nicht und bei mir läuft dann innerlich schon das Drama an, dann ist es eine gute Möglichkeit, das Gespräch zu suchen und zu sagen, „die Geschichte, die ich mir gerade erzähle, ist folgende“, um damit dann herauszufinden, was das Gegenüber denn jetzt eigentlich meint, denn wenn eine Person einfach irgendwie handelt und wir finden das komisch oder es verletzt uns oder wie auch immer berührt es uns, dann werden wir nie herausfinden, wie es wirklich gemeint ist, ob es so verletzend gemeint ist oder eben nicht, wenn wir nicht das Gespräch suchen.

Carsten und ich haben das jetzt schon mal so ein paar Mal geübt, er hat sich mit mir den Vortrag auch angeschaut und ich habe gesagt, ich finde das ist gut, diese Methode und wenn wir jetzt irgendwie Unstimmigkeiten haben, versuchen wir das tatsächlich so zu machen, dass wir sagen, „okay, die Geschichte, die ich mir gerade erzähle ist folgende“ und dann können wir es relativ schnell auflösen. Du kannst diese Methode also auch sehr gut nutzen, wenn du Unstimmigkeiten mit deinem nicht-veganen Partner oder deiner nicht-veganen Partnerin hast, denn oft ist es ja wirklich ein Verständnisproblem, der·die nicht vegane Partner·in kann sich nicht so gut einfühlen in uns, weil er oder sie diesen Weg einfach noch nicht gegangen ist, diesen Prozess.

Wenn ich meinen Lieblingsbeispiel mit der Matrix zu rate ziehe, dann ist es ja tatsächlich dort auch so, du verstehst erst, was die Matrix ist und was das alles bedeutet, wenn du aus der Matrix rausgegangen bist. Solange du in der Matrix verweilst, kannst du das alles gar nicht so richtig begreifen. Du wirst es also erst richtig verstehen können, wenn du aus der Matrix herausgetreten bist und genau so ist es eben auch, wenn du vegan lebst oder noch nicht vegan lebst. Wirklich was es bedeutet, vegan zu leben und auch eben in dieser nicht veganen Welt vegan zu leben, wirst du erst verstehen, wenn du tatsächlich vegan lebst und das heißt dein nicht veganer Partner oder deine nicht vegane Partnerin braucht Hilfe, braucht Unterstützung von dir, um zu sehen, was du siehst, um das zu verstehen. Und es kann eben sein, dass er oder sie das nicht verstehen kann, solange er oder sie diesen Schritt daraus nicht gemacht hat.

Und wenn jetzt da ein Eklat ist und dein nicht veganer Partner, deine nicht vegane Partnerin zum Beispiel nicht versteht, warum es dich aufregt oder schmerzt, wenn er oder sie weiterhin etwas nicht veganes ist oder nicht vegane Lebensmittel im Kühlschrank lagert oder oder oder, dann könntest du jetzt mal ausprobieren zu sagen, „okay, die geschichtete, die ich mir erzähle, ist folgende, ich habe das Gefühl, du willst mich verletzen“ oder irgendwie sowas, also je nachdem, was du spürst, so dass du deinem Partner, deiner Partnerin die Gelegenheit gibst, dich zu verstehen. Es geht nicht darum zu verurteilen, was dein Partner, deine Partnerin tut, sondern darum Verständnis für euer beider Positionen aufzubringen, dass du verstehst, warum er oder sie so handelt und er oder sie versteht, warum du so handelst.

Letztlich geht es ja dann auch darum, welche Bedürfnisse hinter eurem Handeln stehen und welche Bedürfnisse du hast und welche Bedürfnisse dein·e Partner·in hat und wie ihr diese Bedürfnisse zusammenbringen könnt. Mir hilft es da auf jeden Fall zu wissen, dass unser Gehirn einfach auf Drama gepolt ist und es, wenn wir es einfach machen lassen, Geschichten produziert, die Hollywoodreif sind und nicht gemäßigt und deswegen ist das, was unser Gehirn da produziert, auch immer mit Vorsicht zu genießen und deswegen wollte ich es jetzt einfach mit dir teilen in der Hoffnung, dass es dir auch hilft. Probier es gerne mal aus und wenn du magst, schreib mir auch gerne, ob es gewirkt hat, wie es gewirkt hat und wenn du andere Erfahrungen machst oder noch andere Tipps hast, was das angeht, dann schreib mir auch gerne an post [at] vonherzenvegan.de. Ich freue mich darauf und dann bedanke ich mich fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Videos von Brené Brown
https://brenebrown.com/videos/

Folge 104 - Schaffe Dir Deinen Rückzugsort

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Folge 104 - Schaffe Dir Deinen Rückzugsort

Kennst Du das auch, dieses "Einsame-Insel"-Gefühl?

Mir geht es in letzter Zeit immer wieder so, dass ich gar keine Lust mehr "auf Menschen" habe. Dieses irrationale Verhalten, die ständigen Erklärungen - da werde ich schnell ziemlich dünnhäutig.

Und genau für solche Situationen ist ein physischer Rückzusort ungemein wichtig.

Idealerweise ist das Deine Wohnung oder Dein Haus, wo Du die Wohnungs-/Haustür schließen und einfach für Dich sein kannst. Ein Ort zum Auftanken, an dem Du nicht auf der Hut sein und Dich nicht erklären musst. An dem Du die Regeln aufstellst und sich die anderen daran zu halten haben.

Wenn das Zuhause nicht möglich ist, solltest Du eventuell einmal Deine Wohnsituation überlegen - andererseits findest Du vielleicht auch an einem anderen Ort eine Möglichkeit des Rückzugs.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und in dieser Folge möchte ich über die Wichtigkeit eines Rückzugsorts sprechen.

Im Einfach Vegan Podcast und im Clan haben wir in den letzten Wochen viel über das Thema „anders wohnen“ gesprochen und auch über das Thema „gemeinschaftlich wohnen“ und da kamen aus verschiedenen Ecken auch immer wieder die Bedenken hoch und die Wünsche, dass es einen Rückzugsort geben sollte und dass es nicht genügend Privatsphäre und Möglichkeiten zum Alleinsein gibt, wenn wir gemeinschaftlich wohnen und ich kann das verstehen.

Auch in mir keimt immer wieder dieser Wunsch auf eine einsame Insel zu ziehen. Gerade als wir jetzt im Urlaub waren, auf Fischland Darß Zingst, und ich gemerkt habe, dass ich scheinbar (das war meine Wahrnehmung) die einzige bin, zusammen mit Carsten und dem Kind, die auf Abstand achtet, hatte ich da auch immer gleich schnell den Wunsch irgendwo auf einer einsamen Insel zu sein.

Und nach den Rückmeldungen, die ich bisher bekommen habe, habe ich das Gefühl, dass dieser Wunsch vor allem unter uns Veganer·innen weit verbreitet ist. Und dann kommt es natürlich darauf an, dann variiert es noch ein wenig, wie intro- oder extrovertiert wir sind, also wohin die persönliche Ausrichtung geht und egal wie du dich fühlst oder siehst, ob du eher gerne mittendrin bist oder eigentlich eher zurückhaltend.

Ein Rückzugsort ist für uns alle wichtig, ein Ort, an dem wir auftanken können, ein Ort, an dem wir einfach wir selbst sein dürfen und das kann eben ein Ort nur in unserer Vorstellung sein, ein Kraftort, an dem wir uns zurückziehen können, wenn wir meditieren zum Beispiel, wenn wir uns ruhig irgendwo hinsetzen können und den wir uns dann vorstellen. Aber es sollte auch einen Ort geben, einen physischen Ort, an den wir uns zurückziehen und meist ist das ja dann unsere Wohnung oder unser Haus und wenn wir da keine Ruhe bekommen und keine Möglichkeit haben, uns zurückzuziehen, dann ist das schon bedenklich.

Wir können das auf jeden Fall aushalten, eine Zeit lang, das geht, aber ich kann dir aus Erfahrung sagen, dass es sehr wichtig ist, irgendwo in der Wohnung, in einem Zimmer auch die Möglichkeit zu haben, die Tür zuzumachen und nur für dich zu sein. Am besten ist es natürlich, wenn deine ganze Wohnung oder dein ganzes Haus ein Rückzugsort ist, dass du die Tür schließen kannst, die Haustür, die Wohnungstür und für dich sein. Das heißt nicht, dass du allein sein musst, sondern, dass du verstanden wirst.

Gerade bei uns vegan lebenden Menschen ist es ja so, dass wir in unserem Alltag vielen Dingen ausgesetzt sind, die an unseren Kräften zehren, dass wir immer in Habachtstellung sind und schauen müssen, was sagen wir jetzt, wie dürfen wir uns geben, können wir uns outen oder nicht, ist es okay, hier was zu sagen oder nicht und es ist halt ein ständiges Abgleichen und du kannst nicht einfach sein, sondern du bist ständig in Aktion und da ist es super wichtig, zum einen immer wieder aufzutanken, es raubt ganz viel Energie, aber eben zum anderen auch, wie schon gesagt, diesen Rückzugsort zu haben, den Ort zu haben, an dem du einfach sein darfst.

Ich habe das jetzt erlebt im Sommer, ich dachte, wir haben hier mit dieser Wohnung einen Rückzugsort geschaffen, an dem wir einfach sein können und haben uns das auch soweit eingerichtet, dass wir uns zurückziehen können und wir haben einen Gartenanteil - wir wohnen über unseren Vermietern und die haben den Garten quasi zweigeteilt, sodass wir den vorderen Teil haben und die den hinteren Teil und eigentlich war alles abgesprochen, dachten wir - und dann gab es einen Eklat, weil unsere Vorstellungen von einem Garten sich nicht mit den Vorstellungen unserer Vermieterin gedeckt haben und das hat gleich so ein Unwohlsein, so eine Unsicherheit ausgelöst, so als wäre der Rückzugsort entweiht worden. Es gab noch so ein paar andere Dinge und das muss jetzt nicht breitgetreten werden, es ist einfach dann noch so einiges passiert, was uns letztlich dazu bewogen hat, dann schon mal nach anderen Wohnungen zu gucken und im nächsten Jahr dann doch wieder die Sachen zu packen. Und wir sind schon oft umgezogen und es war immer in Ordnung, aber diesmal hatte ich wirklich das Gefühl, ja es ist okay, solange das Kind zur Schule geht können wir hier bleiben und es ist in Ordnung.

Aber dann kam dieser Eklat und seitdem ist einfach alles anders und ich habe länger gebraucht und habe darüber nachgedacht, was ist das für ein Gefühl, was ist da los, warum fühle ich mich so, was ist das überhaupt und habe das begleitet und angeschaut und dann ist mir klar geworden, dass mir meinen Rückzugsort genommen wurde, dass dieses Gefühl von Sicherheit weg ist, dass ich mich nicht mehr fallen lassen kann und das ist super wichtig, es ist so essentiell für uns, die wir vegan leben, dass wir wirklich diesen Ort haben, wo wir uns einfach fallen lassen können.

Heike, eine Hörerin, hat das mal beschrieben, dass sie klare Regeln hat für ihre Wohnung, damit diese Wohnung ein Rückzugsort bleibt und das fand ich sehr bewundernswert, dass sie das so durchsetzt und auch sagt: okay es darf keine·r nicht-vegane Sachen mit in ihre Wohnung bringen und das macht sie, damit sie sich wohl fühlen kann und das ist etwas, was sehr wichtig ist und wir brauchen einen Ort an dem wir uns niederlassen können, an dem wir uns zurückziehen können.

Und für mich war in diesem Moment der Punkt gekommen, als wir diese Wohnung hier gefunden hatten im Laufe des letzten Jahres, dass ich gedacht habe: ja jetzt muss ich nicht mehr weiterziehen, jetzt kann ich mich hier niederlassen und das ist okay. Dann kam der Eklat und da habe ich dann gemerkt, nein, ich muss schon wieder weiterziehen, ich habe es immer noch nicht gefunden und da ist mir wieder bewusst geworden, wie wichtig es ist, dass wir diesen Ort haben und wenn wir diesen Ort nämlich nicht haben, dann sind wir ständig unter Anspannung, da müssen wir ständig gucken, abgleichen, ist das okay, was ich sage, ist das okay, wie ich mich gebe, stört das irgendjemanden? Es prasselt einfach alles von außen auf uns ein, all das Tierleid und all das, was Menschen einfach tun, wovon wir denken, dass sie es nicht tun sollten.

In meinem Fall war ich im Urlaub froh, dass ich mich immer wieder ins Ferienhaus zurückziehen konnte und ich hatte zwischendurch wirklich das Gefühl so, ich habe keinen Bock auf Menschen, ich bleibe jetzt hier im Ferienhaus und pendele nur noch zum Strand zu Zeiten, wo hoffentlich niemand da ist, was ich dann auch nicht so umgesetzt habe, aber dieses Gefühl war da und das kennst du sicherlich auch, dieses Gefühl: ich will einfach irgendwo allein sein, ich will diese Menschen nicht mehr sehen und das kann sich natürlich auswachsen, dass du irgendwann überhaupt gar keine Menschen mehr sehen möchtest, dass du innerlich verbitterst und alle hasst.

Das wäre das Extrem und das ist ja nicht das Ziel, dass du in diese Verbitterung rutschtst, da tust du dir, deinen Mitmenschen und auch den Tieren keinen Gefallen mit, das ist kein schönes Lebensziel. Ich denke mittlerweile dieses einsame Inselgefühl gehört zum Vegan sein dazu, solange bis Vegan leben nicht mehr ein Minderheitsphänomen ist, sondern zum Mainstream gehört und zum Mainstream wird, denn es ist Teil unseres Menschseins, dass wir zu einer Gruppe dazu gehören wollen, dieses soziale, liegt uns in den Genen und wenn wir merken, dass wir nicht dazu gehören können, weil unsere Werte sich einfach extrem unterscheiden mit den Werten der anderen und wir so erschöpft sind davon dazu gehören zu wollen, aber nicht zu können, weil es einfach nicht passt, dann stellt sich dieses „ich will weg, ich will keine Menschen mehr sehen, ich will auf eine einsame Insel“- Gefühl ein.

Und daher stelle ich die These auf, dass wenn wir mit Menschen umgeben sind, die unsere Werte teilen uns dieses einsame Inselgefühl nicht mehr so leicht ereilt und dass wir natürlich immer noch Rückzugsorte brauchen und Privatsphäre und die Möglichkeit zu sagen, ich will jetzt auch mal niemanden mehr sehen, aber dass diese Erschöpfung sich nicht mehr so einstellt, weil wir einfach von Menschen umgeben sind, denen wir uns nicht erklären müssen, wo es eine Basis gibt, die selbstverständlich ist und die nicht erklärungsbedürftig ist.

Das ist ja gerade das Problem, dass wir uns ständig erklären müssen, erklären, erklären, erklären, warum machst du das, wieso, weshalb, warum, was soll das, warum bist du nicht so wie wir und wenn das wegfällt und es um ganz andere Dinge geht, wenn es selbstverständlich ist, dass wir alle vegan leben und wir uns dann nicht erklären müssen, wenn die Werte geklärt sind, dann können wir uns zum Beispiel darüber unterhalten, wie wir diesen Planeten wieder lebenswert machen oder wir können uns darüber unterhalten, welches Buch wir lesen wollen oder was auch immer. Das erleichtert das Leben dann ungemein und ich befürchte wirklich diese Erschöpfung und dieses einsame Inselgefühl hängt ganz stark damit zusammen, dass wir als Veganer·innen momentan noch eine Minderheit sind.

Darum schaff Dir einen physischen Rückzugsort, schafft Dir einen Ort, an dem du einfach sein kannst, an dem du auftanken kannst, so wie ein Kloster zum Beispiel, also ich meine jetzt nicht, dass du in ein Kloster gehen sollst, sondern das als Beispiel, dass Mönche und Nonnen in einem Kloster auftanken und sich dorthin zurückziehen und dann von dort aus rausgehen. Ein Ort, an dem bestimmte Regeln gelten und so werden in deinem Zuhause, an deinem Rückzugsort auch bestimmte Regeln gelten, die es dir möglich machen, dort aufzutanken. Denn wenn in einem Kloster jetzt zum Beispiel die ganze Zeit Geschrei herrschen würde und alles drunter und drüber ginge und weiß ich nicht was noch alles, dann könnte dort auch niemand auftanken und zur Besinnung finden und meditieren und so weiter und so fort.

Das heißt es muss ein Ort sein, an dem bestimmte Regeln gelten, die du festlegst, denn ist es ja dein Rückzugsort und an den du dich dann immer zurückziehen kannst. In jedem Fall möchte ich dir sagen du bist wichtig und dass es sehr wichtig ist, dass du auf dich achtest und darauf achtest, dass du regelmäßig auftanken, Kraft schöpfen kannst und das funktioniert sehr gut mit den Power-Ups, aber es ist eben auch sehr wichtig, einen Rückzugsort zu haben, einen Ort, an dem du sein kannst und wenn du in deinem Alltag noch Unterstützung brauchst, dann lege ich dir sehr mein neues Buch ans Herz, das Reisebuch.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Ich hab auch mal streng vegan gelebt...

Ein Beitrag

Folge 103 - Ich hab auch mal streng vegan gelebt...

In einem Artikel in einer Zeitschrift fand ich diesen Absatz:

"Zwischenzeitlich war ich streng vegan, heute vertraue ich der richtigen Balance: Wein und Smoothie, Schokolade und Salat. Beides geht. Intensiv leben - aber mit Augenmaß..."

Da war es wieder, dieses "streng vegan" und ich muss zugeben, dass es mir ein genervtes Augenrollen entlockt hat. In der Vergangenheit ist mir diese Bezeichnung schon des öfteren begegnet und daher möchte ich in dieser Folge meine Gedanken dazu mit Dir teilen.

Abgesehen von dieser merkwürdigen Aufreihung "Wein und Smoothie, Schokolade und Salat. Beides geht." - ja genau, beides geht - alle vier Nahrungsmitteln funktionieren auch ganz wunderbar vegan, wo ist da das Problem?! - geht es mir nicht nur um die Ernährung, sondern um die Lebensweise und auch da bringe ich noch ein Beispiel mit, das unter dem Titel "streng vegan" läuft.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge über die Bezeichnung „streng vegan“ sprechen.

Ich hatte ja gesagt, ich meld mich mal wieder, wenn etwas ist, wenn ich etwas mit dir teilen möchte und das ist jetzt auch der Fall, denn ich bin beim Blättern durch eine Zeitschrift mal wieder auf den Begriff „streng vegan“ gestoßen und darüber gestolpert, daran hängen geblieben und möchte das jetzt zum Anlass nehmen, einmal meine Gedanken zu diesem Thema mit dir zu teilen.

Und zwar muss ich ja zugeben, dass ich gerne ab und zu durch die „Happinez“ blättere und ähnliche Zeitschriften, davon gibt es ja jetzt einige, die so ähnlich aufgebaut sind und so ähnlich gestaltet und es gibt über die Onleihe, die Möglichkeit die „Happinez“ auszuleihen als E-Book und sowas mache ich ab und zu, dass ich dann seit ich das Tablet habe, seit der Corona-Zeit quasi, leihe ich ab und zu jetzt über die Onleihe auch Zeitschriften aus und darunter eben die „Happinez“. Und da blätter ich dann durch, weil die Zeitschriften immer nur einen Tag ausgeliehen werden können, was natürlich, wenn es wirklich mal darum geht, Fachzeitschriften zu lesen, etwas kurz ist, aber für einmal Durchblättern reicht das für mich und ich mache mir dann auch immer Screenshots von Artikeln, wenn ich sie noch ein bisschen öfter lesen möchte oder wenn ich eben darauf referenzieren will.

In diesem Fall bin ich da über einen Artikel gestolpert, in dem eine Dame schreibt, wie sie zu sich selber gefunden hat auf einer Insel und ja, die Details sind eigentlich nicht so wichtig. Ich möchte dir nur einen kurzen Absatz vorlesen.

“Zwischenzeitlich war ich streng vegan, heute vertraue ich der richtigen Balance, Wein und Smoothie, Schokolade und Salat. Beides geht, intensiv leben, aber mit Augenmaß.“

Das schreibt die Autoren dieses Artikel als Endpunkt ihrer Reise zu sich selbst, also dass sie auf dem Weg zu sich selbst auch mal „streng vegan“ war, aber jetzt eben nicht mehr und ich fand das so obskur, dass sie dann gesagt hat, ja beides geht, die richtige Balance, Wein und Smoothie, Schokolade und Salat - ja aber was hat das denn mit vegan zu tun? Natürlich kann ich Wein und Schokolade zu mir nehmen, auch wenn ich vegan lebe. Das hat mich dann völlig irritiert und letztlich, wie gesagt, bin ich an diesem Begriff „streng vegan“ hängengeblieben.

Der Begriff ist mir definitiv schon häufiger begegnet, dir wahrscheinlich auch. Wenn ich lese oder höre „streng vegan“, dann klingt das in meinen Ohren immer so wie „streng katholisch“ oder einer „strengen Diät“ oder eben etwas, was ich nur mit Disziplin durchziehen kann. Also es ist quasi so Bootcamp-mäßig oder militärisch oder also jedenfalls etwas, was mit Zwang zu tun hat.

Und ich habe auch extra noch mal nach Definitionen von „streng“ gesucht, um das mit meinem Gefühl abzugleichen.

Der Duden sagt, die Bedeutung von „streng“ ist: „nicht durch Nachsichtigkeit, Milde, Freundlichkeit gekennzeichnet, sondern eine gewisse Härte, Unerbittlichkeit zeigend, unnachsichtig auf Ordnung und Disziplin bedacht“ und dann auch noch „keine Einschränkung, Abweichung, Ausnahme duldend, ein Höchstmaß an Unbedingtheit, Diszipliniertheit, Konsequenz, Exaktheit verlangend, sehr korrekt, genau exakt, unbedingt, strikt.“ Und neben weiteren Bedeutungen steht da auch noch: „anstrengend, mühevoll, beschwerlich, hart“.

Und für mich klingt das tatsächlich auch alles mit, wenn jemand „streng vegan“ sagt oder schreibt. Und ich unterstelle Menschen, die so etwas schreiben, dass sie selbst gar nicht vegan leben und einfach anderen Menschen, die vegan leben, diese Eigenschaften andichten wollen.

Was ich unterschreiben kann, ist die Konsequenz und das ist eben etwas, worauf ich mich auch berufen würde. Ich lebe nicht streng vegan, sondern konsequent vegan. Ich bin einfach konsequent, meinen Werten entsprechend. Für mich wäre es inkonsequent, wenn ich jetzt auf einmal Milchprodukte zu mir nehmen würde oder Eier essen oder sogar Fleisch oder eben irgendetwas mit Gelatine oder sonst irgendwie etwas, wo tierliche Substanzen enthalten sind.

Und das hat für mich nichts mit Disziplin oder Strenge zu tun, sondern mit Konsequenz, weil ich einfach ethischen Motiven folge und die verbieten es mir genauso, dass ich tierliche Produkte zu mir nehme, konsumiere, genauso, dass ich mein Kind schlage. Da gibt es einfach gewisse Wertvorstellungen in mir, denen ich folge. Und das ist für mich nur konsequent.

Wenn ich aber das jetzt wieder hier lese, wie in diesem Artikel von der Dame, die zu sich selbst gefunden hat auf einer Insel mit Yoga und allem Möglichen, was ja gut und schön ist. Ich habe überhaupt gar nichts gegen Yoga. Ich habe selbst noch nicht zum Yoga gefunden, muss ich dazusagen, aber ich weiß, dass es ganz vielen hilft und bestimmt würde es mir auch helfen. Yoga ist ein wunderbares Power-up. Und es wird dir sicherlich auf deinem Weg zu mehr Gelassenheit helfen.

Nur diese Abstufung zwischen, „ja, ich habe halt mal streng vegan gelebt und jetzt achte ich auf die Balance und achte darauf, was mir gut tut. Und da gehört halt Wein und Smoothie, Schokolade und Salat dazu.“ Ja, das funktioniert aber auch ganz wunderbar, wenn du konsequent vegan lebst, denn sowohl Wein als auch Schokolade gibt es in veganer Form. Und ich meine, wer spricht dir das ab, wenn du das alles zusammen mengst und trinkst. Also das ist ja ganz deine Entscheidung, wie du das machst und welche Balance für dich die richtige ist. Das hat für mich überhaupt gar nichts mit strengen veganen Leben zu tun.

Ich bin hier das beste Beispiel dafür, dass du auch, wenn du vegan lebst, emotional essen kannst, du kannst trotzdem dich mit Junkfood vollstopfen und immer noch konsequent vegan leben. Das funktioniert vegan genauso gut wie nicht vegan. Das gehört für mich überhaupt nicht zusammen. Und das eine ist dein innerer Wertekompass und das andere ist die Art und Weise, wie du genießt, wie du dein Essen genießt, wie du mit dir selbst umgehst und welches Päckchen du vielleicht auch noch mit dir herumträgst.

Bei manchen sind es dann nicht nur Päckchen, sondern schwere Pakete und dementsprechend befindest du dich dann an verschiedenen Punkten auf deinem Weg. Und da schließt es sich für mich nicht aus, die Balance zu halten und genussvoll zu leben, aber gleichzeitig konsequent vegan zu leben. Das ist der eine Aspekt, das Essen, was jetzt hier in diesem Artikel hervorgehoben wurde.

Ein anderer Aspekt war, ich habe eine Zeit lang die Serie „Der Tatort Reiniger“ geguckt, finde ich super lustig und kann ich dir auch nur empfehlen, sehr norddeutsch. Und dort war auch eine Folge mit einer Veganerin, wo dann wiederum in der Beschreibung zu dieser Folge mit der Veganerin geschrieben wurde, dass sie „streng vegan“ leben würde: „Da trifft der Tatort Reiniger auf die ‚streng vegan’ lebende sowieso sowieso.“ Und diese ‚streng vegan‘ lebende Veganerin sitzt auch im Rollstuhl nach einem Unfall und hat aber vorher schon vegan gelebt, also das eine hat mit dem anderen überhaupt gar nichts zu tun. Jetzt kommt beides zusammen, dass der Tatort-Reiniger dann mit ihrem im Rollstuhl sitzen auseinander setzen muss und mit dem Vegan leben.

Aber es wird halt in der Beschreibung darauf fokussiert, dass sie „streng vegan“ lebt und in der Folge äußert sich das darin, dass die Veganerin sehr auf Tierrechte pocht, aber aus meiner Sicht überhaupt nicht übermäßig, sondern tatsächlich einfach nur den Mund aufmacht, wenn in ihrer Nachbarschaft etwas schiefläuft. Nämlich zum Beispiel der Hund des Nachbarn eigentlich tagelang eingesperrt ist und nicht raus darf oder ein anderer Nachbar die mehr Meerschweinchenbabys die Toilette runter spült. Und mal ganz ehrlich, da würden wir alle was sagen, also das hat nichts mit „streng vegan“ zu tun.

Okay, in der Folge zeigt sie dann dem Tatort-Reiniger noch so ein paar sehr blutige Bilder, um ihm zu erklären, warum sie vegan lebt und sie sagt, dass sie sich von ihrem Freund getrennt hat, weil er sie hintergangen hat und hinter ihrem Rücken dann einmal die Woche Fleisch essen gegangen ist und das kann der Tatort-Reiniger natürlich nicht verstehen und so weiter und so fort. Hier gibt es noch ein paar Nuancen, es geht nicht nur um Essen. Und am Ende, als sie dann mit ihm ausmacht, dass er es mal probiert vegan zu leben, wirkt es dann so, als könnte er dann gar nichts mehr essen. Also das fand ich auch nicht so prall und das ist dann eben diese Darstellung wieder: ja, das „streng vegan“ hat was mit sich selbst kasteien und Mönch oder Nonne sein zu tun und ich finde, das ist es doch alles gar nicht.

Wenn wir „streng vegan“ leben in den Augen der anderen, dann leben wir doch nur konsequent vegan. Wir folgen doch dann einfach nur unseren Werten, wir leben unsere Werte, wir leben das, was uns wirklich wichtig ist und sind da konsequent und sagen dann eben auch mal nein, wenn uns etwas nicht veganes angeboten wird oder beziehen Stellung, wenn es um Pelz geht oder um Tierversuche und sind in dem Moment unbequem für unsere Mitmenschen.

Und ich glaube, das ist tatsächlich der Punkt, dass wir dadurch, dass wir konsequent vegan leben und konsequent unseren Werten folgen, die Menschen, die das nicht tun, aber wissen, dass es eigentlich besser wäre und sie es eigentlich tun sollten auf diesen wunden Punkt stoßen und sie sich dadurch unangenehm berührt fühlen. Das ist unbequem, das ist nicht schön, wenn wir darauf hingewiesen werden, dass da eine Dissonanz herrscht zwischen unseren Werten und unserem Handeln.

Das ist ja auch das generelle Problem, was wir hier gesellschaftlich überall in den westlichen, reicheren Ländern haben, dass wir gegen diese Bequemlichkeit ankämpfen müssen, die alles überdeckt, die Bequemlichkeit durchzieht all unsere Lebensbereiche. Das ist einfach etwas, was ich schon häufiger genannt habe und das ist auch das, was ich bei den Milchgeschichten, bei meiner Milchforschung, letztlich für mich erkannt habe.

Es ist dieses Gefühl, wir haben uns das verdient, wir haben uns das erarbeitet, gerade in Deutschland. Die beiden Weltkriege sind noch gar nicht so lange her für Generationen von Menschen, denn es gibt immer noch Menschen, die sich daran erinnern, die dabei waren als Kinder und es hat unsere Generation auch noch geprägt und auch die folgenden Generationen. Das wird ja alles weitergetragen und dieser Kampf um den Wohlstand, vor allem im Westen Deutschlands, war ja letztlich etwas, was von diesem Gedanken getrieben wurde: unsere Kinder sollen es besser haben, es soll immer weitergehen, immer besser sein.

Und das ist nicht nur in Deutschland so, das ist ja auch in Amerika so, dass alle die nachfolgenden Generationen größere Autos fahren, größere Häuser haben und so weiter und so fort und es geht um Wohlstand und um Konsum und um Bequemlichkeit und um dieses, das habe ich mir verdient, das habe ich hart erarbeitet und jetzt soll ich mich da irgendwie ändern oder gar einschränken, weil das Vegan-Leben immer erst als Einschränkung betrachtet wird.

Und da bin ich der Meinung, hilft es den Menschen, die so denken, dass sie das vegan sein als etwas ansehen, wofür du dich selbst kasteien musst, was eben streng ist, was Disziplin erfordert und das ist dann etwas, was ich nicht kann oder was ich auch nicht will, weil ich in dieser bequemen Lebensweise fahren möchte und was vielleicht auch Fähigkeiten erfordert, die ich nicht habe. Prozentual gesehen gehen ja die wenigsten von uns ins Kloster als Nonnen oder Mönche und letztlich, wenn wir darüber nachdenken, so einen Lebensweg einzuschlagen, ist es ja etwas, wo wir tatsächlich auch viel verzichten müssen und vielleicht ist der Gedanke da hinter vegan zu leben ein ähnlicher, dass ich dann auf ganz viel verzichten muss und dass das anstrengend ist und schrecklich und nichts, was zu meinen bequemen Wohlstandsgedanken auf irgendeine Art und Weise passt, denn ich habe es mir verdient, auch ein bequemes Leben zu führen.

So erkläre ich mir das, vielleicht hast du eine andere Erklärung dafür oder andere Gedanken dazu, dann freue ich mich, wenn du sie mit mir teilst, schreib mir gerne eine E-Mail an post [at] von-herzen-vegan.de.

Und auch in dieser Folge möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bedanken und zwar bei allen, die mir schon das Vertrauen erwiesen haben, mein Buch zu kaufen, da habe ich mich riesig darüber gefreut, auch über das ganze positive, tolle Feedback zu diesem Buch. Wenn du das Buch noch kaufen möchtest, dann gerne schau einmal in den Show-Notes, da findest du den Link oder hier unter der Folge oder natürlich auf meiner Webseite und ich danke ganz herzlich allen Steady-Mitgliedern für ihre finanzielle Unterstützung.

Und dann danke ich dir auch noch fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Alle Informationen zu meinem Buch findest Du hier:
https://von-herzen-vegan.de/gelassen-vegan-leben-dein-reisebuch

Folge 101 - Das Ideal des Superveganers

Ein Beitrag

Folge 101 - Das Ideal des Superveganers

Nachdem ich mit Carsten im Einfach vegan Podcast über mein neues Buch gesprochen habe, war mir klar, ich muss noch eine ergänzende Folge veröffentlichen, in der ich Folgendes klar stelle:

Ich beziehe mich zwar auf Jane McGonigals Arbeit und ihr Spiel superbetter, aber es geht mir nicht darum, dass Du zum*zur Superveganer·in mutierst.

Mir geht es darum, dass Du Deinen Platz in dieser nicht-veganen Welt findest. Deinen Weg gehst und ganz individuell heraus findest wie und wer Du sein möchtest.

Klar, entwickelst Du Dich dabei weiter, aber mir geht es nicht um Weiterentwicklung um der Weiterentwicklung willen, sondern darum, dass Du Deine Welt wieder zusammensetzt, nachdem sie für Dich in Scherben zerfallen ist.

Und das passiert ganz automatisch, wenn Du Dich entscheidest aus ethischen Gründen vegan zu leben. Das ist das, was Clare Mann im schlimmsten Fall Vystopie nennt und was andere in der harmloseren Form genervt als Bullshit-Bingo bezeichnen.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des von Herzen veganen Podcasts. Der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie, das ist Folge 101, also geht es weiter, nach Folge 100 kommen noch weitere Folgen.

Ich möchte mich auch ganz herzlich bei allen Käufer·innen des Reisebuchs bedanken für euer Vertrauen, dass ihr in mich gesetzt habt und ich bin sehr begeistert und dankbar für diese tolle Resonanz, die lieben Rückmeldungen bisher und ja, ich freue mich einfach riesig darüber. Den Link zum Buch findest du auch hier unter der Folge und ich habe jetzt gerade im Einfach-Vegan-Podcast mit Carsten noch eine Folge zu dem Buch gemacht, weil dann doch wieder andere Menschen den Einfach Vegan Podcast hören und nicht alle hören tatsächlich hier den Von Herzen Vegan Podcast - sehr merkwürdig. Nein, das ist einfach sehr unterschiedlich - und Carsten hat mich ein wenig interviewt zum Buch und natürlich kam auch das Thema Gamification zur Sprache und ich habe noch mal gesagt, dass ich mich ja stark von Jane McGonagall habe inspirieren lassen mit ihrem „Gamify Your Life“ Buch und sie hat dazu einen Spiel entwickelt, das heißt Super Better

Und ja, Super Better impliziert ja einfach, dass es immer besser werden soll im eigenen Leben. Super besser, quasi. Sie schreibt in ihrem Buch auch, dass sie durch ihre Forschung und ihre Studien herausgefunden hat, dass es ein posttraumatisches Wachstum gibt und dass wir das nachbilden können durch bestimmte Funktionen oder Methoden, Übungen, Möglichkeiten, um zu wachsen, um besser zu werden, um super better zu werden, um das super bessere Leben zu führen, was wir anstreben.

Und als ich das damals gelesen habe, hat es mich nicht gestört, dass sie sowas geschrieben hat, dass auch Menschen ohne Trauma eben so die Möglichkeit haben zu wachsen. Was ich aber jetzt gemerkt habe, einfach im Laufe der Jahre, ist, dass es mir überhaupt gar nicht darum geht, zu wachsen oder super better zu werden, sondern mir geht es darum, dir in dieser Situation zu helfen in der andauernden Situation. Denn du hast ja durch die Entscheidung, vegan zu leben, ein Trauma erlitten, in dem du gemerkt hast, wie die Welt wirklich ist und das Tierleid gesehen hast und du wirst immer und immer wieder getriggert in deinem Leben durch den Auslöser, der dich dazu gebracht hat, vegan zu leben. Und es ist ganz natürlich, dass du immer und immer wieder neue Dinge entdeckst auf deinem Weg in deinem veganen Leben, die dich von Neuem schockieren und triggern.

Und deswegen geht es mir mit meiner Methode, mit meiner Arbeit überhaupt gar nicht darum, dich dazu zu bringen, immer besser zu werden oder immer toller oder eben diese Sache mit dem Higher Self, sondern es geht mir darum, dir zu helfen mit diesen Triggern und mit der Situation überhaupt klarzukommen. Damit zu leben und nicht nur zu überleben und dich so entlang zu hangeln, sondern gelassen zu leben und dich in dieser Welt, die ja quasi komplett aus den Fugen ist und die dann auch in einer gewissen Art und Weise eine neue Welt ist, dich zurechtzufinden und das ist mir wichtig.

Ich habe es in der Folge mit Carsten kurz erwähnt und ich habe dann gedacht, ich möchte ganz gerne nochmal eine Folge dazu machen, eine extra Folge hier im Von Herzen Vegan Podcast, weil mir das sehr wichtig ist, das nochmal abzugrenzen. Ja, ich beziehe mich auf die Arbeit von Jane McGonagall und ja, sie hat ein Spiel, das nennt sich „Super Better“ und die Intention ist eben, die beste Version deiner selbst zu werden, aber darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, dass diese spielerische Methode, also dass Gamification und die Adaption von Videospielmethoden und Mechanismen auf das reale Leben dir hilft, dich in dieser neuen Welt zurechtzufinden und mit den ganzen Triggern und der Trauma-Energie wirklich klarzukommen. Es geht mir nicht darum, dass du irgendeinem Ideal entsprechen sollst, dass du eben der·die Superveganer·in werden sollst und bestimmte Ansprüche zu erfüllen, sondern es geht wirklich ganz um dich.

Wie bist du in dieser neuen Welt? Wie kannst du sein? Und letztlich ist es ja tatsächlich eine Neuordnung, wenn du beginnst vegan zu leben und dann feststellst, okay, die Welt um mich herum zerfällt in Einzelteile, weil mir auf einmal klar wird, was da los ist. Und es hört ja nicht auf. Es hört nicht auf, du entdeckst immer wieder neue Sachen und das ist genau das, was ich einfach mit meiner Arbeit bewirken möchte: Ich möchte dich ausrüsten, dass du in dieser Welt nicht verzweifelst, dass du nicht untergehst unter diesem Triggerbeschuss quasi. Damit hast du ja auch schon genug zu tun.

Dann noch irgendwelche Ansprüche erfüllen zu müssen, wie du als Veganer·in zu sein hast ist nicht nur anstrengend, sondern auch ziemlich anmaßend. Du bist du und du bist gut so, wie du bist. Du musst nicht anders werden. Du bist schon. Das ist ja auch das, was wir zu unseren Kindern sagen, so, „wenn du mal groß bist, dann wirst du“. Oder wenn die irgendwas spielen oder irgendwas machen oder zum Beispiel Spiele entwickeln oder sich irgendwas ausdenken und wir ihnen sagen, „ja, und dann, wenn du erwachsen bist, dann wirst du mal Spiele entwickeln oder du wirst halt mal Polizist·in oder du wirst halt mal was auch immer.“ Ja, die Kinder sind das im Moment schon. Die sind schon. Ein Kind, das forscht und Spiele entwickelt, das ist schon Forscher·in und Spieleentwickler·in. Das ist schon, das muss nicht erst werden.

Ja, es wird sich immer weiterentwickeln. Allein der Körper wird sich weiterentwickeln. Es wird sich auch geistig weiterentwickeln. Das Leben ist kein Stillstand auf keinen Fall. Es ist immer im Fluss. Aber es ist nicht der Zweck, dass wir uns zu irgendeinem ominösen Superbetter entwickeln müssen.

Und genau so ist es ja auch bei dir, wenn du beginnst vegan zu leben, dann geht es nicht darum, dass du einen bestimmten Ideal entsprechen musst und irgendwie so und so zu sein hast, sondern das Wichtigste ist doch jetzt erstmal dich zurechtzufinden. Alles um dich herum geht in die Brüche. Deine ganze Wahrnehmung von dem, was vorher gut und richtig war, was falsch war, alle Werte generell, alles wird gerüttelt, durchgeschüttelt und du musst erstmal wieder Ordnung schaffen, erstmal wieder alles zusammensetzen und wieder aufbauen, was da so an Wirklichkeit und an Welt um dich herum ist. Und das musst du im Außen für dich machen und im Inneren für dich ja auch. Wie stehst du in dieser Welt? Wer bist du in dieser Welt? Und wie willst du auftreten? Wie willst du sein? Und das ist ja auch alles nicht mit einem Fingerschnipsen getan. Das ist ein Prozess.

Bei manchen heilt die Zeit alle Wunden tatsächlich, manches kommt einfach mit der Zeit. Viel Souveränität kommt mit der Zeit, auf jeden Fall. Wenn du dann erstmal drei, vier Jahre vegan lebst oder meinetwegen auch zwei, dann wirst du viele Dinge viel lockerer sehen und Souveräne angehen und manche Fragen stellen sich dann überhaupt gar nicht mehr. Aber es gibt einfach Dinge, die kommen immer wieder und wenn du die verdrängst oder dich reinwirfst in den Schmerz zum Beispiel, dann kann das für dich ungesund werden.

Und da will ich dich einfach begleiten und unterstützen hier in diesem Podcast und mit meinem Buch, dass du einen Weg für dich findest in deinem veganen Leben in dieser Welt, die einfach nicht unseren Werten entspricht und nicht dem Ideal entspricht, das wir eigentlich leben wollen. Damit du gelassen gehen kannst und souverän und in einem Tempo, das zu dir passt. Und mir geht es keinesfalls darum, dir von außen vorzuschreiben, wie du deinen Weg zu gehen hast und wie du zu sein hast als Veganer·in, sondern es geht mir darum, dich dabei zu unterstützen, herauszufinden, wie du sein willst in dieser Welt. Und da sind wir einfach alle anders. Also klar sind wir uns irgendwie ähnlich, denn wir teilen die gleichen Werte. Aber wir haben einfach alle unterschiedliche Voraussetzungen.

Vielleicht bist du Mutter oder Vater, vielleicht hast du keine Kinder, vielleicht bist du Anfang 20, vielleicht bist du auch schon Ende 50. Wer weiß, also vielleicht arbeitest du Vollzeit, vielleicht arbeitest du Teilzeit, vielleicht studierst du, vielleicht bist du arbeitslos oder keine Ahnung. Also es gibt ja die unterschiedlichsten Voraussetzungen, wie dein Leben gestaltet sein kann, vielleicht bist du Single, vielleicht in einer Beziehung und vielleicht pflegst du deine kranken Eltern oder was auch immer. Es gibt so viele Voraussetzungen, so unterschiedlich, wie wir Menschen einfach sind, so unterschiedlich sind unsere Voraussetzungen und die Rahmenbedingungen, die uns einfach umgeben.

Und deswegen hilft es auch nicht, wenn wir uns untereinander vergleichen. Ja, wir tun das, ich weiß, ich mach das auch, es ist ganz schlimm, es ist nichts, was du einfach ablegen kannst. Aber, lass es dir noch mal gesagt sein, es hilft nichts. Es hilft überhaupt nichts, wenn wir uns untereinander vergleichen, denn jede·r von uns ist irgendwie anders. Wir haben einfach nicht die gleichen Bedingungen, es ist kein Roboter-Experiment.

Und um es nochmal zusammenzufassen: es geht mir nicht darum, dich zu deinem höheren Selbst zu führen oder dich super besser zu machen oder einfach zur super Veganerin oder zum super Veganer zu machen, sondern dir zu helfen, deinen Weg zu finden in dieser nicht veganen Welt. Herauszufinden, wie du sein kannst in dieser Welt und auch wer du sein möchtest in dieser Welt.

Und bitte mach dir da keinen Stress, setzt dich dann nicht unter Druck, das ist nichts, was du mal eben so herausfinden kannst. Das ist etwas, was sich mit der Zeit herauskristallisieren wird. Du kannst dich da gezielt hinsetzen und über deine Werte nachdenken, darüber nachdenken, wie du dir deine vegane Traum-Zukunft vorstellst, wie könnte die aussehen. Du kannst es also schon alles etwas forcierter angehen, aber es wird auf jeden Fall seine Zeit brauchen und es wird immer wieder, immer, immer, immer, immer, immer wieder Menschen geben, die dir von außen sagen werden, wie du zu sein hast, weil du dich entschieden hast vegan zu leben. Und es wird immer wieder Menschen geben, die anders vegan leben als du, die aus deiner Sicht, aus deinem Blickwinkel, mit deiner Realitätsbrille gesehen veganer sind als du und vielleicht andere Dinge besser schaffen und was auch immer, das wird es immer geben, immer.

Und da lass dir nochmal gesagt sein: du musst nicht perfekt sein. Du gehst deinen Weg in deinem Tempo und das ist in Ordnung, es ist völlig in Ordnung. Die Hauptsache ist doch: du hast dich auf den Weg gemacht, du hast erkannt, was falsch läuft, du hast erkannt, dass es so nicht weitergehen kann und du hast den ersten Schritt gemacht. Wie schnell du jetzt weiter gehst, ist ganz individuell. Besser, du gehst langsam in kleinen Schritten, als dass du schnell rennst in riesen Schritten und dann schnell aus der Bahn geworfen wirst, weil das Tempo einfach nicht zu dir passt. Manche können gut in großen Schritten gehen und werden nicht aus der Bahn geworfen, das ist dann auch völlig in Ordnung so. Aber wenn wir ein Tempo wählen, was nicht zu uns passt, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es uns aus der Bahn wirft.

Das wollte ich nur noch einmal erwähnt haben, das war mir wichtig, das jetzt noch mal klarzustellen, worum es mir da wirklich geht, damit es da nicht zu Missverständnissen kommt. Du musst nicht werden, du bist schon und du bist gut so wie du bist. Natürlich kannst du dich weiter entwickeln, das ist völlig in Ordnung und wir entwickeln uns alle ständig irgendwie weiter. Du musst nicht perfekt sein.

Innehalten als Schlüssel zum Glück

Ein Beitrag

Folge 100 - Innehalten als Schlüssel zum Glück

In dieser 100. Folge des Von Herzen Vegan Podcast spreche ich über einige Neuerungen und über das Thema "Innehalten".

Innehalten klingt so einfach und doch ist es im Alltag extrem schwer.

Du kennst bestimmt schon die Übung "Die Glocke der Achtsamkeit", die ich Dir in einer der vorangegangenen Folgen vorgestellt habe. Immer wieder erklingt am Tag eine Glocke oder ein Ton z.B. auf Deinem Handy und jedes Mal lädt Dich der Klang ein innezuhalten. Dir die Frage zu stellen "Wie bin ich jetzt gerade da?"

Nur ganz kurz - höchstens eine Minute - aber eben doch wahrnehmbar, indem Du innehältst und achtsam Deine Umgebung wahrnimmst. Den Moment betrachtest und ganz bei Dir bist.

Eine ähnliche Übung habe ich im Wald ausprobiert und stelle sie Dir in dieser Folge vor.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und das hier ist Folge 100.

Hundert Folgen habe ich schon veröffentlicht im Von Herzen Vegan Podcast und doch feiere ich es nicht groß, weil ich schon mit dem Einfach Vegan Podcast bei über 200 Folgen bin und irgendwie ist es dann gar nicht mehr so ein großer Meilenstein, wenn ich das schon einmal geschafft habe. Vielleicht geht es dir ja auch so, wenn du etwas schon einmal geschafft hast, ist es was anderes, wenn du es nochmals schaffst als beim ersten Mal. Nichtsdestotrotz ist Folge 100 etwas Besonderes, denn es ist doch eine Leistung 100 Folgen zu veröffentlichen auf jeden Fall und ich möchte diese Folge dazu nutzen, um zum einen innezuhalten, was das Thema der heutigen Folge sein soll und zum anderen, dir einen kleinen Ausblick auf kleine Änderungen in diesem Podcast zu geben.

Als ich den Podcast gestartet habe, so ungefähr vor zwei Jahren, da war meine Intention, dich in deinem Alltag zu begleiten und zu bestärken und dir Methoden an die Hand zu geben, mit denen du gelassener und souveräner durch deinen Alltag gehen kannst. Nach 100 Folgen habe ich jetzt das Gefühl, dass ich langsam anfange, mich zu wiederholen, weil ich irgendwie schon alles gesagt habe und alle Themen schon behandelt habe. Vielleicht ist das nur so ein Gefühl, aber vielleicht ist es auch tatsächlich so und deswegen erlaube ich es mir jetzt, nach 100 Folgen das Format zu öffnen. Nachdem ich eigentlich wöchentlich gesendet habe, zu Beginn sogar öfter, werde ich jetzt nur noch Folgen veröffentlichen, wenn ich wirklich etwas mit dir teilen möchte, wenn da etwas ist, was mir aufgefallen ist und was dich unterstützen kann in deinem Alltag. So möchte ich vermeiden, dass es für mich hier zum Pflichtprogramm wird, jede Woche etwas aufzunehmen für dich und dass es für dich zu Wiederholungen kommt und du dir denkst, warum erzählt sie das denn schon wieder, das hat sie doch schon vor 50 Folgen erzählt und das weiß ich doch schon alles?

Natürlich kann ich Wiederholungen nicht ausschließen, denn die Themen kommen halt einfach immer wieder und oft ist es ja so, dass wir Übungen in unser Leben lassen und sie uns immer wieder anders berühren und wir immer wieder anders auf sie schauen, je nachdem wie viel Zeit vergangen ist. Also kann es durchaus sein, dass ich Dinge anspreche, die ich schon mal angesprochen habe, aber sie jetzt aus einem anderen Blickwinkel beleuchte. Es kann also in Zukunft sein, dass du mal zwei Wochen lang oder vielleicht sogar drei Wochen lang nichts von mir über den Von Herzen Vegan Podcast hörst und dann vielleicht drei Folgen in der Woche oder wöchentlich wieder oder wie auch immer, je nachdem, was ich gerade mit dir teilen möchte.

Soweit erstmal das Organisatorische und dann habe ich ja noch versprochen, über das Thema Innehalten zu sprechen. Innehalten ist ja eigentlich was ganz Einfaches, wir müssen einfach nur kurz anhalten und doch ist es im Alltag super schwer, das dann auch durchzuziehen oder zu integrieren in deinen Alltag, das Innehalten zu kultivieren, es zu praktizieren, obwohl es so einfach klingt. Wenn wir dem Buddhismus folgen, dann ist Achtsamkeit der Schlüssel zu deinem Glück und Innehalten gehört zur Achtsamkeit dazu, also Innehalten und Achtsam sein.

Du kennst bestimmt auch die Übung, die Glocke der Achtsamkeit, die wo, im Kloster auf jeden Fall, eine Glocke immer erklingt, stündlich oder halbstündlich oder zu bestimmten, in einem bestimmten Rhythmus und wo dann alle aufgefordert sind, kurz innezuhalten, eine Minute lang wahrzunehmen, was ist gerade, wie bin ich gerade da, wie bin ich in diesem Moment und genau das hilft eben auch im Alltag immer wieder bei dir selbst anzukommen und wahrzunehmen, wenn du mit den Gedanken ganz woanders bist, wenn du gar nicht da bist.

Ich habe das jetzt im Wald ausprobiert, wenn ich da unterwegs bin, vor allem am Wochenende, unter der Woche ist es für mich teilweise zu stressig, weil ich nur einen bestimmten Zeitrahmen habe und das setzt mich unter Druck, wenn ich dann eigentlich ganz entspannt durch den Wald gehen will und ich weiß, ich muss zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zu Hause sein. Das heißt im Moment ist es nur am Wochenende, wo ich dann sagen kann, ich kann so lange im Wald bleiben, wie ich möchte und ich habe mir da eine Strecke ausgesucht, auf der ich barfuß laufe, dann ziehe ich meine Schuhe aus und gehe den Weg barfuß. Danach habe ich immer dreckige Schuhe von innen, naja es ist halt einfach so, aber es gibt einfach Teilstrecken im Wald, die sind geschottert und da gibt es keine Möglichkeiten anders zu laufen, deswegen muss ich die Schuhe dann wieder anziehen.

Und ich versuche auf diesem Barfußpfad immer wieder anzuhalten, wenn ich mir dessen bewusst werde, dass ich gerade mit den Gedanken ganz woanders bin und nicht im Hier und Jetzt. Und das kann teilweise so ausarten, dass ich eigentlich jeden Schritt anhalten muss, weil ich, sobald ich losgelaufen bin, gleich wieder in irgendeiner Gedankenschleife festhänge und es fällt mir sehr schwer einfach anzuhalten, aber dieses bewusste, körperliche Anhalten in der Bewegung hilft mir dann wieder im Hier und Jetzt zu landen. Ich nehme dann die Umgebung wahr, indem ich laut Dinge benenne. Ich benenne etwas, was ich höre, ich versuche so viele Dinge, die ich höre zu benennen, also zum Beispiel Vogelgezwitscher, Autos in der Ferne, manchmal auch der Regen, der da heruntertropft, Knacken von Zweigen, der Wind in den Blättern, solche Dinge. Dann versuche ich auch Dinge zu benennen, die ich spüre, unter den Füßen ja vor allem, weil ich Barfuß laufe und dann auch noch was ich sehe. Was ich rieche, versuche ich manchmal auch, aber irgendwie rieche ich nicht so viel, deswegen ist es wahrscheinlich etwas, was ich noch mehr trainieren sollte. Und das hilft mir dann im Hier und Jetzt wieder anzukommen. Wahrzunehmen, was um mich herum passiert.

Wenn die Sonne scheint und dann ein großer warmer Lichtstrahl zwischen den Bäumen durchscheint und das wie so ein Scheinwerfer ist, dann stelle ich mich da auch ganz gerne rein und tue so, als würde ich in Liebe gebadet werden. Das klingt jetzt für manche vielleicht ein bisschen komisch, aber im Grunde ist Liebe doch etwas, womit wir eigentlich voll und ganz ausgefüllt sein sollten. Und ich stelle mir dann immer vor, ich würde aufgetankt werden. Du kennst ja bestimmt den Batteriestatus bei deinem Handy oder bei deinem Laptop, Smartphone, was auch immer, deinem Tablet, wenn der Batteriestatus so ein Stückchen, noch ein Stückchen, noch ein Stückchen aufgetankt wird und genauso stelle ich mir das auch vor, dass ich so Schritt für Schritt aufgetankt werde durch die Sonnenstrahlen und versuche das zu spüren. Und das hilft mir auch im Hier und Jetzt zu bleiben, die Sonnenstrahlen zu spüren und wahrzunehmen, wie ich mich in dem Moment fühle.

Ich kann dir das nur empfehlen das wirklich mal auszuprobieren und in der Bewegung anzuhalten, sobald du merkst, dass deine Gedanken wieder abdriften, dann das geht so schnell, wir sind ganz schnell immer in allen möglichen Gedankenschleifen unterwegs und laufen wie ferngesteuert durch den Wald oder überhaupt durch unseren Alltag und dieses Innehalten ist eigentlich so simpel, aber auch so schwer. Du musst es ja bewusst tun und das ist irgendwie etwas, naja wir funktionieren besser auf Autopilot, als wenn wir uns bewusst auf etwas konzentrieren müssen. Aber ich würde es dir nicht empfehlen, wenn es nicht sehr hilfreich wäre, denn dieses bewusste Innerhalten hilft dir immer mehr bei dir anzukommen und auch immer mehr dich selbst wahrzunehmen und nicht zu sehr abzudriften in all dem, was dein Kopf so produziert.

Wir sind viel mehr als unsere Gedanken und das ist auch etwas, was ich erstmal lernen musste, dass das, was in meinem Kopf ist, auch nicht alles wahr ist und dass das quasi so eine Art Fernsehsender ist oder irgendeine Art von Sender - es kann auch ein Radiosender sein, denn ich sehe ja nicht immer Bilder - und das, was da in meinem Kopf produziert wird, muss nicht alles wahr sein. Denn unser Gehirn ist ja ziemlich stark auf Drama gepolt und es ist einfach ein sehr archaischer Teil von uns, der dieses Drama hervorruft und da wird gleich aus allem etwas eher Schlimmeres gemacht und es ist wichtig, dass die Gedanken immer weitergehen und immer weitergehen, aber das ist einfach nicht das, was uns hilft und deswegen ist es halt wichtig, immer wieder innezuhalten.

Ich hatte schon mal in einer der vorangegangenen Folgen - ich weiß nicht mehr in welcher - von einer Methode erzählt, die ich auch über, ich bin mir nicht mehr sicher, ich glaube über Thich Nhat Hanh, aber es könnte auch Ajahn Brahm gewesen sein, kennengelernt habe und zwar, dass wir unsere Gedanken eigentlich so behandeln sollten wie Gäste, die zu uns ins Haus kommen. Einen Gästestrom, wo wir immer nur die Hand schütteln, freundlich nicken und dann uns dem nächsten Gast zuwenden, so dass wir nicht bei einem Gast verharren, sondern immer nur aha, guten Tag, hereinspaziert und dann den nächsten Gast rein bitten und immer so weiter und immer so weiter und nicht verharren bei einem Gast. Und dieses Bild finde ich sehr hilfreich und ich versuche das auch immer wieder zu praktizieren.

Und manchmal, wenn ich merke, ich bin schon wieder in so einer Gedankenschleife gefangen, die nicht hilfreich ist, wo ich genau weiß, ich kann ja jetzt ewig dran rumdenken, es wird keine Lösung geben, denn es ändert sich einfach nicht, denke ich auch einfach nur „Stopp!“ oder ich sage ganz laut „Stopp!“ und dann versuche ich wieder innezuhalten, im Hier und Jetzt zu sein und Dinge zu benennen, um mich herum, um ins Hier und Jetzt wieder zu finden.

Wenn es nicht nur Gedanken in deinem Kopf sind, sondern etwas, was dich unter Druck setzt, wo du halt genau merkst: okay, es ist etwas, du atmest flacher und schneller und dein Körper spannt sich an und alles Symptome für einen Notfall, für Druck, unter dem du stehst, dann ist es auf jeden Fall auch gut, wenn du auf die Notfallübung zurück greifst. Wie zum Beispiel dich schütteln oder eiskaltes Wasser über deine Handgelenke laufen lassen oder deinen Körper komplett anzuspannen und dann wieder auszuschütteln, um wieder ins Hier und Jetzt zu kommen. Also für solche Momente, wo du merkst, dass da etwas getriggert wird, was dich wirklich stark unter Druck setzt, brauchst du eine stärkere Übung.

Was ich jetzt beim Innehalten meine, ist das alltägliche Innehalten, wenn du wieder merkst, dass deine Gedanken wegdriften. Es kann, wie gesagt, helfen dir da eine Erinnerung vielleicht auch einzustellen auf deinem Smartphone oder deinem Handy, dass du alle halbe Stunde, alle Stunde, alle zwei Stunden oder welcher Rhythmus auch immer für dich passt, kurz daran erinnert wirst, dass du innehalten solltest und im Hier und Jetzt ankommen. Wie bist du gerade da? Oder du probierst es wirklich einmal in der Bewegung aus, wenn du unterwegs bist und merkst, deine Gedanken kreisen: halt an, bleib stehen und orientiere dich im Raum. Wie bist du gerade da? Was hörst du, was siehst du, was fühlst du, was riechst du, vielleicht auch was schmeckst du? Und wie bei jeder Übung, wenn du das immer und immer wieder machst und immer öfter, wird es irgendwann einfacher für dich werden. Du wirst viel mehr im hier und jetzt verweilen, als du es vorher geschafft hast und du wirst deinen Blick für den Moment schärfen.

Und dann danke ich dir für dein Vertrauen, dass du jetzt schon bei der hundertsten Folge dabei bist und an alle, die mir schon von Anfang an zu hören, ein ganz dickes Dankeschön und auch ein ganz herzliches Dankeschön an alle Steady-Unterstützer·innen. Ich freue mich jedes Mal riesig, dass es so viele liebe Menschen gibt, die bereit sind, mich finanziell zu unterstützen bei meiner Arbeit. Und wenn du mir etwas zurückgeben möchtest und mich noch nicht finanziell über Steady unterstützt oder mit PayPal Einmal Zahlungen, dann freue ich mich riesig, wenn du dich jetzt bei dieser hundertsten Folge dazu entscheidest und auch ein Steady-Mitglied wirst oder über PayPal eine Einmal Zahlung an mich sendest. Die Links dazu findest du wie immer hier unter der Folge und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Das ist doch alles nur Geschwurbel!

Ein Beitrag

Folge 099 - Das ist doch alles nur Geschwurbel!

In dieser Folge richte ich mich an alle Verstandes- und Vernunftmenschen.

Wir neigen dazu alles ins Lächerliche zu ziehen, wenn wir es nicht zu nah an uns heranlassen wollen. Wenn wir unsicher sind oder wenn wir uns nicht dafür öffnen wollen.

Wir ziehen harte Grenzen und tun alles als Geschwurbel ab, was sich nicht sofort mit dem Verstand erklären lässt.

Doch nur, weil wir etwas nicht verstehen oder keine Erklärung dafür haben, muss es nicht gleich Geschwurbel sein. Es gibt so vieles, das wir mit unserem Verstand nicht erklären können und sei es nur die Frage nach der Entstehung des Universums - wie kann etwas aus Null und Nichts entstanden sein?

Was war zuerst da - die Eiche oder die Eichel?

Frühere Generationen hatten dafür Mythen und Sagen - heute ist das rückständig oder eben Geschwurbel.

Dabei kann es so hilfreich sein Geschichten zu erzählen und Gefühle zuzulassen, die wir im ersten Moment vielleicht nicht verstehen. Es muss nicht immer ein Warum geben. Einfach nur da sein, mit den Gefühlen sitzen, in den Körper hineinfühlen - dabei kann Meditation helfen.

Ich stelle in dieser Folge auch kurz das Buch "Meditation für Skeptiker" von Ulrich Ott vor - Meditation von einem Neurowissenschaftler erklärt - das Dich bei Deinen ersten Schritten hin zur Meditation unterstützen kann.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge über „Meditation für Skeptiker“ reden und über Geschwurbel. Eigentlich alles, was so Verstandesmenschen davon abhält, sich für bestimmte Dinge zu öffnen, wie eben zum Beispiel Meditation.

“Meditation für Skeptiker“ stammt nicht von mir dieser Ausdruck, sondern das ist ein Buchtitel, das ich als Hörbuch mir angehört habe, ein Buch von Ulrich Ott „Meditation für Skeptiker“ und das gab es in der Onleihe nur als Hörbuch. Und es hat sich aber als Glücksgriff erwiesen, da dieses Hörbuch nicht nur theoretisch erklärt, wie Meditation auf uns wirken kann, sondern auch viele Übungen enthält, angeleitete Meditationen und Atemübungen, die du beim Hören des Hörbuchs direkt mitmachen kannst. Also meine Empfehlung ist, dir tatsächlich das Hörbuch auszuleihen, wenn du maximal von diesem Buch profitieren möchtest.

Der Untertitel von diesem Buch ist „Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst“ und quasi der Klappentext lautet: „Meditation wird oft dem Bereich Religion und Esoterik zugeordnet, was bei Skeptikern leicht zu einer ablehnenden Haltung führt. Ulrich Ott hingegen vereint in sich den rationalen Wissenschaftler mit dem langjährig Praktizierenden und vermittelt in diesem Hörbuch sowohl fundiertes Hintergrundwissen als auch konkrete Übungsanweisungen. In fünf Schritten gelangen Sie zu einer richtigen Sitzposition, förderlichen Atmung, Klärung emotionaler Regungen, Betrachtung des gedanklichen Bewusstseinsstroms und schließlich zu dem Punkt an dem in Stille der Übergang vom Denken zum Sein statt findet. Hier können Sie in einem entleerten Bewusstsein spirituelle Erfahrungen machen.“

Das Hörbuch ist zwei Stunden 42 lang und es lohnt sich aber das Anzuhören. Ich habe es mir komplett angehört und fand es sehr inspirierend, Im Grunde für mich nichts Neues, aber ich höre mir sowas immer ganz gerne an, um immer wieder in die Meditation zu finden und fand vor allem hier eben auch die neurowissenschaftlichen Hintergründe sehr interessant. Wenn du bisher noch keinen Zugang zur Meditation gefunden hast oder einfach mit den Gefühlen sitzen, zum Bewussten atmen, zum Innehalten, dann kann ich dir dieses Hörbuch sehr empfehlen. Wenn du zu den Skeptiker·innen gehörst, dann ist das wirklich ein Zugang, der dir helfen kann, die Meditation für dich zu erschließen.

Und ich möchte dir in dieser Folge nicht nur dieses Hörbuch ans Herz legen, sondern auch noch davon berichten, wie ich mich in den letzten sechs Jahren für Meditation geöffnet habe und für vieles, was viele Menschen, die eben mehr auf ihren Verstand vertrauen, als „Geschwurbel“ betrachten würden. Vor sechs Jahren war es bei mir definitiv noch so, dass ich vieles abgetan habe und mich über vieles lustig gemacht habe, meist auch ganz viel ins Lächerliche gezogen habe, um keinen Kontakt mit irgendwelchen Gefühlen haben zu müssen, sondern mich eben ganz auf meinen Verstand zu beschränken, auf die Vernunft und alles Erklärbare. Es kommt bei mir noch dazu, dass ich dadurch, dass ich auf einer bischöflichen Schule war, sehr geprägt bin von dem katholischen Denken, gleich nachdem ich die Schule verlassen habe, dadurch auch aus der Kirche ausgetreten bin, weil ich während meiner Schulzeit einfach einen sehr, sehr negativen Eindruck vom Katholizismus gewonnen habe. Und dadurch bin ich heute noch so skeptisch gegenüber Begriffen wie Engeln und ja allem, was irgendwie in eine christliche Richtung geht, was aber eben ja nichts mit dem Christentum an sich zu tun hat, sondern mit der Art und Weise, wie ich es kennengelernt habe.

Im Laufe der sechs Jahre, den Weg, den ich bisher gegangen bin, habe ich mich immer mehr geöffnet und immer wieder gemerkt, wie gut mir das tut, mich zu öffnen und nicht nur auf meinen Verstand zu vertrauen, sondern vor allem diesen Gedanken zuzulassen, dass es da mehr gibt in dieser Welt, als wir Menschen erklären können, als unser Verstand auch erfassen kann. Und letztlich reduziert es sich dann wieder auf die Frage: wo kommen wir her? Wie kann etwas aus Null und Nichts entstehen? Ich bin mit „Sofies Welt“ aufgewachsen von Jostein Gaarder und auch mit diesen philosophischen Fragen und dem Ergründen und letztlich der Feststellung, dass wir einfach nicht alles erklären können. Vielleicht leben wir ja alle in einer Geschichte, in einem Buch und jemand schreibt über uns, aber wird dann auch über den Autor irgendwo geschrieben? Wo befindet sich dann die Urquelle sozusagen und wie ist eigentlich das Universum entstanden, kann etwas aus Null und Nichts entstehen?

Also letztlich können wir philosophisch betrachtet noch nicht mal unsere Existenz sicher beweisen und diese Erkenntnis, dass wir eigentlich nichts wissen, sondern uns nur in diesem Kosmos befinden bis zu einem gewissen Punkt, wo für gläubige Menschen dann Gott steht oder ein Gott und für nicht gläubige Menschen, ja was, da ist nichts. Die Frage nach dem Ursprung und das wiederum löst dann Demut aus und dieses Demütig sein und das Anerkennen, dass ich nur ein winziger Teil bin von etwas Großen und dass ich einfach nicht alles erfassen kann, dass mein Verstand nicht alles erfassen kann und dass es einfach Dinge gibt, die ich nicht vernünftig erklären kann. Das ist etwas, was ich in den letzten sechs Jahren definitiv auch gelernt habe. Und nur weil es da Dinge gibt, die wir nicht erklären können, muss das nicht gleich „Geschwurbel“ sein, denn ja, ich glaube nicht, dass es einen Gott gibt, aber ich kann es auch nicht beweisen und genauso wenig kann ich beweisen, dass es Engel gibt oder sonst irgendwelche Lichtwesen und wenn es Menschen gibt, die daran glauben, dann ist es doch in Ordnung. Solange ich nicht beweisen kann, dass es diese Wesen nicht gibt, bewege ich mich doch da immer noch in einer Grauzone und genau das ist es ja: unsere Grenzen verwischen.

Wir haben keine scharfen Grenzen, dass wir sagen könnten, da hört etwas auf oder da fängt etwas an, wenn es um den Ursprung geht, die Entstehung des Universums, die Entstehung allen Lebens und eben auch bestimmter Dinge, von denen wir einfach nicht wissen, ob sie existieren können oder nicht und wenn es dir hilft daran zu glauben, dass es einen Gott gibt oder mehrere Götter oder irgendein Wesen, das auf dich aufpasst, das für dich da ist oder dass diese Welt geschaffen hat, warum solltest du nicht daran glauben?

Das Schlimme passiert ja erst, wenn wir im Namen dieser Gottheit dann anfangen Gewalt auszuüben, so wie es halt im Christentum vielfach passiert ist und auch in anderen Religionen. Nicht nur im Christentum auf jeden Fall, nur für mich ist das Christentum halt sehr prägend, aber auf jeden Fall auch in anderen Religionen, wenn wir als Menschen anfangen Gewalt auszuüben und genauso klar distanziere ich mich auch von Heilversprechen.

Darum geht es gar nicht, es geht wirklich nur darum wie gut es dir tun kann, wenn du dich öffnest und Gefühle zulässt, wenn du nicht versuchst alles mit deinem Kopf zu lösen und Deinen Verstand einzuschalten, die Vernunft dazu zu nehmen, sondern wenn du zulässt, dass da Gefühle sind in dir, die du vielleicht jetzt auf den ersten Blick nicht verstehen kannst, die aber da sind und gefühlt werden wollen und genauso dass es da eben Techniken gibt, die dir helfen können, diese Gefühle zu fühlen und auszuhalten und für sie da zu sein und da ist eben die Meditation eine davon, das achtsame Atmen, generell Atmen, das Innehalten.

Und wie gesagt, in diesem Hörbuch „Meditation für Skeptiker“ ist das nochmal alles dann auch neurowissenschaftlich belegt wie sich Meditation auf unseren Körper auswirkt. In diesem Sinne soll diese Folge ein Plädoyer für das Gefühl sein, das Hand in Hand mit dem Verstand gehen kann und die Einladung dich zu öffnen für deine Gefühle.

Das ist nicht immer angenehm, auf keinen Fall, es erfordert viel Mut und es wird uns oft überschwemmen. Meditation kann dir dabei helfen und es ist definitiv auch kein Dauerzustand, dass es dich überschwemmt und ganz fürchterlich ist, sondern es wird mit jedem Mal leichter sich da einzufinden, wenn du es zulässt und wenn du regelmäßig übst. Hier geht es auch wieder tatsächlich um die Regelmäßigkeit, wenn du einmal im Monat meditierst wird es kaum einen Effekt haben, wenn du das regelmäßig jeden Tag in deinen Alltag einbaust und sei es auch nur für 10 Minuten ist es eine bessere Übungseinheit als einmal im Monat.

Wenn du dich also bisher gegen Meditation gesperrt hast und gegen Atemtechniken und einfach nur das in Stille sitzen mit dir selbst, dann möchte ich dich mit dieser Folge einladen dir einen Ruck zu geben und es nochmal auszuprobieren. Sei mutig und vielleicht leihst du dir das Hörbuch aus und hörst dir das an und machst direkt während du das Hörbuch hörst ein paar Übungen mit und öffnest dich so ein wenig für die Kraft der Meditation.

Den Link zum Hörbuch findest du in den Shownotes und auch alle weiteren Informationen rund um diesen Podcast und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist. Das ist dann Folge 100, dann habe ich schon 100 Folgen in diesem Podcast veröffentlicht und da werde ich ein wenig zurückblicken und einen Ausblick halten, auf das, wie es weitergeht, da ich habe mir ein paar Neuerungen überlegt und in der nächsten Folge, also in der hundertsten Folge, wird es um das Thema Innerhalten gehen.

Links zur Folge

Das Buch "Meditation für Skeptiker" von Ulrich Ott
z.B. bei buch7.de

So findest Du Deinen Weg als Veganer·in

Ein Beitrag

Folge 098 - So findest Du Deinen Weg als Veganer·in

In dieser Folge erkläre ich Dir, wie Du Deinen Weg als Veganer·in in einer nicht-veganen Welt finden kannst und welche Unterstützung mein neues Buch dabei bietet.

Denn mir geht es nicht darum Dir einen bestimmten Weg zu zeigen oder Dir zu sagen, wie Du Dich als Veganer·in zu verhalten hast, sondern Dich dabei zu unterstützen mit den vielfältigen Frustrationen in dieser nicht-veganen Welt zurechtzukommen.

Ich möchte Dir die Ausrüstung geben, die Dir helfen wird Deinen Weg zu finden. Und dann bleibt es ganz Dir überlassen, auf welche Art Du diesen Weg gehst.

Es geht darum Gewohnheiten zu kultivieren und liebevoll mit Dir umzugehen, wenn Du in alte Muster fällst. Es geht hier ganz allein um Dich.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und in dieser Folge möchte ich darüber sprechen, wie du deinen Weg findest.

Und zwar nicht irgendeinen Weg irgendwo hin, sondern deinen Weg in deinem veganen Alltag, in dieser nicht veganen Welt. Ich stelle mir ja immer vor, dass wir, wenn wir vegan leben, uns entscheiden, diesen Schritt ins vegane Leben hinein zu tun, wir in einer neuen Welt erwachen, so wie wir aus der Matrix heraustreten und uns dann dort erst mal wieder zurechtfinden müssen. Denn zunächst ist dann ja erst mal alles anders und irgendwie neu. Und du siehst alles wie zum ersten Mal. Eigentlich hast du das alles schon immer gesehen, aber jetzt hat es eine andere Qualität, eine andere Dimension gewonnen. Du siehst auch nicht nur die Umgebung anders, sondern auch deine Mitmenschen. Und es kann sein, dass du sie infrage stellst, dass du ihre Motive infrage stellst, und du zu Beginn auf jeden Fall auch möchtest, dass sie sehen, was du jetzt siehst und sie mitnehmen möchtest auf deine Reise, auf deinen Weg und deine Erkenntnisse mit ihnen teilen möchtest.

Und da stoßen wir dann als neue, frische Veganer·innen und auch später noch im Leben oft auf Widerstand, weil jede·r von uns ihren oder seinen Weg in ihrem oder seinen Tempo geht und manche einfach noch nicht bereit sind, sich der Wahrheit zu stellen, so wie du das gemacht hast. Und so gibt es dann in deinem Leben, sobald du dich entschieden hast vegan zu leben, viele neue Herausforderungen, die es nun zu meistern gilt.

Und wenn du mich schon länger zuhörst, dann weißt du, ich habe ein Fable für Gamification und das spielerische Meistern von Herausforderungen und Frustrationen im Leben und deswegen lade ich dich ein, in dieser Folge, in diesem Podcast und auch natürlich in meinem neuen Buch, alles spielerisch anzugehen und dir jetzt in diesem Moment vorzustellen, dein Leben ist ein Spiel, vielleicht ein Videospiel und deine Mission in diesem Spiel ist es, gelassen vegan zu leben und in dieser Gelassenheit dann für die Tiere, für deine Werte einzutreten.

Und bevor du diese Mission erfüllen und dieses Ziel erreichen kannst, musst du erstmal für dich herausfinden, was bedeutet das gelassen vegan leben für dich persönlich, für dich ganz individuell und was bedeutet es auch für dich, für deine Werte einzustehen. Wie willst du das machen? Was willst du nicht mehr machen? Wer willst du sein in dieser Welt? Wie willst du diesen Weg gehen? Und was ist dir wirklich wichtig? Was möchtest du nicht verleugnen? Und was belastet dich nur? Und das sind alles Fragen, die du dir zu Beginn deines Weges stellen kannst und auch solltest, damit du deine Mission erfüllen kannst.

Dein Start ist also jetzt hier, wenn du schon vegan lebst oder wenn du vor hast vegan zu leben, dann mit dem Eintritt in das vegane Leben. Dann ist das dein Startpunkt. Und dort klärst du erstmal deine Ausrüstung und dafür habe ich auch mein Buch erstellt, dass du dort erstmal die Ausrüstung klärst und dann das Buch immer bei dir tragen kannst, um darauf zurückgreifen zu können.

Und wenn du dich dann auf deinen Weg machst, dann wird das ein ganz individueller Weg sein, den ich dir nicht vorgeben kann, sondern den du nur selbst erkunden kannst. Und es kann durchaus sein, dass du zwischendurch immer wieder vergisst, wo du eigentlich hingehen wolltest und in alte Muster zurückfällst. Und das passiert mir auch immer wieder, dass ich zum Beispiel eigentlich jeden Tag meditieren möchte und dann gibt es aber so Zeiten, wo ich denke, ich habe keine Lust, keine Zeit oder was auch immer. Dabei weiß ich genau, dass es mir gut tun würde und ich mache es aber trotzdem nicht. Und dann schaffe ich es aber irgendwann wieder, mich zu fangen und fange wieder an und merke dann wieder, wie gut es mir tut. Und das sind so Schleifen, in die ich reinfalle, die mir immer und immer wieder passieren und wo es dann wichtig ist, sich nicht selbst dafür zu verurteilen, dass mir das passiert, sondern liebevoll mir wieder aufzuhelfen und mich daran zu erinnern, dass es wichtig ist, diese neuen Gewohnheiten zu kultivieren.

Und so kann es dir eben auch ergehen, dass du zu Beginn deiner Reise, zu Beginn deines Wegs total motiviert bist und erstmal das Buch zum Beispiel ausfüllst, wirklich dich auf den Weg machst und dir Power-Ups überlegst und vielleicht eine Woche ganz klar dabei bist und jeden Tag drei Power-Ups aktivierst und völlig guter Dinge bist und dann passiert irgendwas und du fällst vielleicht in ein Loch oder du hast gerade einen stressigen Tag und du vergisst dann deine Power-Ups zu aktivieren und dann kommst du irgendwie raus. Du lässt es vielleicht schleifen, vielleicht einige Tage, vielleicht sogar Wochen, bis du dann wieder merkst, dass es dir eigentlich gar nicht so gut geht, ohne diese Hilfsstruktur, die du dir gebildet hast, ohne diese neuen Rituale und Gewohnheiten und du wieder an diesem Punkt bist, bevor du losgegangen bist und du dich eigentlich relativ hilf- und ziellos in dieser neuen Welt bewegst.

Wenn mir das passiert, dann versuche ich, mir neue Anker zu schaffen. Anker im Raum, im Sinne von zum Beispiel Postkarten oder einem Armband mit einem Anhänger, der mich daran erinnert, dass ich diese Hilfsstruktur brauche, um gelassen durch meinen Alltag zu kommen. Der mich daran erinnert, die Rituale regelmäßig durchzuführen und dafür zu sorgen, dass ich Dinge tue, die mir gut tun.

Was natürlich auch hilft, sind nicht nur Dinge wie Anker, sondern auch Verbündete, mit denen du dich vielleicht wöchentlich zu einem Termin verabredest, wo ihr gemeinsam über euren Weg sprecht oder euch austauscht oder du deine·n Verbündete·n darum bittest, dir regelmäßig Erinnerungen zu schicken, damit du dabei bleibst.

Es wird einfach eine Weile dauern, bis du neue Gewohnheiten in deinen Alltag verankert und kultiviert hast. Dabei geht es auf keinen Fall darum, irgendwelche Gewohnheiten zu kultivieren, die dir überhaupt nicht gefallen, die gar nicht zu dir passen, dass du jetzt jeden Tag eine Stunde joggen gehst, obwohl du dich immer quälen musst und das überhaupt nicht der richtige Sport für dich ist. Darum geht es auf keinen Fall. Es ist definitiv ein Ausprobieren und ein Herausfinden, was dir gut tut.

Und die Powerups zum Beispiel, die deine Resilienz ja stärken sollen, sind nicht dafür da, dir ein dauerglückliches Leben zu garantieren, sondern sie sind dazu da, dir die Stärke zu geben, in dieser nicht veganen Welt trotzdem gelassen leben zu können. Und dazu gehört definitiv auch, mal schlecht gelaunt zu sein, frustriert zu sein und einfach keine Lust auf alles zu haben. Und es geht auf keinen Fall darum, negative Gefühle wegzudrücken oder sie wegzumeditieren oder auf irgendeine Art und Weise wegzumachen, sondern Gefühle sind immer dazu da gefühlt zu werden und sie wollen anerkannt werden. Und durch das Fühlen - das ist auch etwas, was ich wirklich erstmal lernen musste - durch das Fühlen, durch das Annehmen dieser Gefühle, werden sie tatsächlich schwächer. Durch das Wegdrücken werden sie stärker und kommen dann in geballter Form wieder. Das war für mich ein schweres Lehrstück, aber ich habe es geschafft, ja.

Ich weiß jetzt, dass es gut ist, wenn ich bestimmte Gefühle habe oder generell Druck spüre oder wütend bin oder mich irgendwie emotional hochschaukele, dass es gut ist, wenn ich mich hinsetze und einfach nur dieses Gefühl da sein lasse. Ohne es unbedingt erkunden zu wollen, ist es völlig in Ordnung, es auch einfach nur da sein zu lassen. Thich Nhat Hanh sagte ja dazu, dass wir das Gefühl aus dem Keller quasi hoch bitten in unser Wohnzimmer und dann lassen wir es da sein und wenn es wieder runter sinkt in den Keller, dann ist es schwächer geworden. Und so können wir es immer wieder hoch bitten und runter und so wird es mit der Zeit abschwächen. Aber es kommt natürlich auf das Gefühl an, wie lange du das schon hast, wie tief das sitzt und überhaupt wie stark das ist, wie oft du das vielleicht auch schon weggedrängt hast, wie lange das dauert, bis es schwächer wird. Und ich kenne diese Situation, diesen Wunsch, das wegmachen zu wollen, sehr gut, so dass ich dir den Rat geben kann, tu es nicht.

Dieser Weg, auf den du dich jetzt begeben hast, als du beschlossen hast, vegan zu leben, ist also nicht immer ein einfacher Weg. Die pflanzliche Ernährung ist wirklich das Einfachste daran. Am Anfang wirkt es ja so, dass wir denken, was kann ich dann noch essen und bekomme ich dann überhaupt noch meine Lieblingsgerichte zusammen und ist das nicht alles viel zu teuer? Aber wenn wir da erstmal das überwunden haben, dann geht es ja relativ schnell, dann haben wir schnell unsere Lieblingsspeisen zusammen und wissen genau, was können wir essen, was nicht, wie ist vielleicht auch die Nährstoffzusammensetzung und wie ernähre ich meine Kinder, vegan gesund. Die pflanzliche Ernährung braucht natürlich erstmal ein bisschen Einarbeitungszeit, aber dann finde ich, ist es dann doch etwas, was quasi von selbst läuft.

Was dann noch bleibt, ist das soziale und natürlich, dass du ständig immer und immer wieder getriggert wirst. Durch die Umwelt, dadurch, dass wir leider immer noch in einer nicht veganen Welt leben. Und dabei soll dir mein Buch helfen, dich dabei begleiten und unterstützen, deinen Weg zu finden, wie du mit diesen Herausforderungen und Frustrationen umgehst und dich auch dabei bestärken, zu deinen Werten zu stehen. Ich weiß, dass es vielen Menschen so geht, vielen Veganer·innen, dass sie keine Umstände machen wollen, dass sie nicht auffallen wollen und dass sie darüber nachdenken, dass das ja auch nett gemeint ist, wenn andere für einen extra was kochen, dann ist es nicht vegan und dass wir es dann vielleicht doch essen sollten aus Höflichkeit. Und hier ist es wichtig, dass du für dich raus findest, was willst du wirklich. Ich bin auch keine Person, der anderen gerne von den Kopf stößt, auf keinen Fall. Ich versuche da auch immer wieder, meinen Weg zu finden. Ich lote das auch immer wieder neu aus. Nur bin ich jetzt auf meinem Weg natürlich schon so weit fortgeschritten, dass es in meiner näheren Umgebung niemanden gibt, der·die mir nicht-vegane einer Speisen anbieten würde.

Du wirst dich also auf deinem Weg, auf deiner Reise, immer wieder in Abstimmung mit dir selbst befinden. Und natürlich kann es sein, dass du jetzt sagst, ich will auf gar keinen Fall Umstände bereiten, aber vielleicht in einem Jahr relativierst du das wieder so ein bisschen und sagst, nee, ich möchte zwar keine Umstände bereiten, ich möchte jetzt niemanden vor den Kopf stoßen, aber bis zu einem gewissen Punkt mache ich keine Kompromisse mehr. Und dementsprechend kann es gut sein, dass du immer wieder dein Vorgehen anpasst und mit dir selbst abstimmst und natürlich mit deiner Umwelt. Und das ist jetzt wirklich ganz individuell. Es kommt ganz klar darauf an, wie bist du als Persönlichkeit in dieser Welt zu Hause. Bist du eher introvertiert oder extrovertiert? Und wie sind deine Lebensumstände? Mit Kindern ist wieder anders als ohne Kinder. Mit 20 ist es definitiv anders als mit 40. Und als Frau* ist es manchmal auch anders als als Mann*. Und es gibt einfach die unterschiedlichsten Möglichkeiten, wie dein Weg jetzt weitergehen kann.

Und deswegen habe ich das Buch auch so gestaltet, dass du quasi da deine Ausrüstung bekommst und Möglichkeiten, wie du deine Reise gestalten kannst, aber ich gebe dir nicht den Weg vor. Das Spiel an sich, wenn wir jetzt wieder bei der Analogie mit dem Videospiel sind, wo du dir überlegst, du bist in diesem Spiel, du bist die Heldin oder der Held, der oder die jetzt dieses Spiel meistern wird und diese Mission gelassen vegan zu leben und dabei aktiv für deine Werte einzustehen, erfüllen möchte, so wirst du dieses Spiel dann selbst erfinden quasi. Ich bin ja ein Fan von diesen Abenteuerspielebüchern, die habe ich auch schon mal öfter erwähnt, wo du so selber mitmachen kannst und selber den Lauf der Geschichte bestimmen kannst, in dem gesagt wird, okay, wenn du jetzt entscheiden möchtest, gehst du durch die Türe, dann mach weiter bei Abschnitt 305 und stellst du dich und kämpfst, dann mach weiter bei Abschnitt 100 oder so ähnlich. Diese Bücher meine ich. Ein bisschen habe ich mich daran orientiert, als ich mein Buch aufgebaut habe, dass du also deine Ausrüstung bekommst, die Spielanleitung, wie du jetzt deine Reise beginnen kannst, aber das Buch schreibst du selbst. Denn es ist deine Geschichte, es ist dein Leben und deine Reise. Ich kann dich nur begleiten und in diesem Fall tue ich das mit dem Buch.

Also nochmal zusammenfassend: Es geht nicht darum, den einen Weg zu finden, sondern es geht darum, deinen Weg zu finden. Deinen ganz individuellen Weg, wie du in dieser nicht-veganen Welt zurechtkommst und nicht nur zurechtkommst, sondern dein Leben arrangierst, so arrangierst, dich so einrichtest, dass du glücklich und gelassen sein kannst. Es geht nicht darum, dass du irgendwie anders wirst, sondern schlicht darum, deinen Weg zu finden. Du bist gut so, wie du bist. Du musst nicht anders werden, um gut für den Veganismus zu sein oder ein·e gute Veganer·in zu sein, sondern es geht in erster Linie um dich, darum, wie du als Veganer·in in dieser nicht-veganen Welt sein kannst. Und dabei möchte ich dir helfen, deinen individuellen Weg zu finden, herauszufinden, wie du sein kannst in dieser nicht-veganen Welt.

Ich möchte mich jetzt noch bedanken für das liebe, positive Feedback, was ich schon zu meinem Buch bekommen habe und es macht mich so glücklich, dass ich jetzt endlich das richtige Format gefunden habe, um dir helfen zu können.

Und dann danke ich dir natürlich auch fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Gelassen vegan leben - das Buch ist da!

Ein Beitrag

Folge 097 - Endlich gelassen vegan leben - das Buch ist da!

In der heutigen Folge stelle ich Dir mein neues Buch und erkläre, wie es Dir helfen kann im Alltag gelassener und souveräner zu werden.

Das Buch soll Dich in Deinem Alltag begleiten und Dich dabei unterstützen Deinen Weg in dieser nicht-veganen Welt zu finden. Es soll Dir helfen, herauszufinden, wie Du als Veganer·in inmitten von NIcht-Veganer·innen leben möchtest.

Zum Buch gehört auch eine geschützte Webseite mit Extras, wie z.B. Meditationen und Fantasiereisen zum Anhören.

Vom 26.8.2020 12 Uhr bis zum 27.8.2020 12 Uhr verlose ich außerdem im Von Herzen Vegan Clan drei Exemplare des Buchs.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte dir in dieser Folge mein neues Buch vorstellen und dir erklären, wie es dir in deinem Alltag in einer nicht-veganen Welt helfen kann.

Ich habe das Buch jetzt „dein Reisebuch“ getauft, weil ich mir immer vorstelle, dass ich auf dem Weg bin, auf einer Reise durch ein neues Land und dieses neue Land ist in unserer nicht-veganen Welt, die wir erst neu entdecken, wenn wir uns dazu entscheiden vegan zu leben. Das ist dann quasi so, als würde sich eine neue Welt auftun, obwohl wir uns immer noch in der Welt befinden, in der wir uns schon die ganze Zeit aufgehalten haben, in die wir hineingeboren wurden.

Mein Lieblingsbeispiel ist da immer die Matrix. Wenn du den Film gesehen hast - der ist ja jetzt schon tatsächlich sehr alt, aber immer noch sehenswert - und dann diese Analogie zu nehmen zur Matrix, dass du merkst, dass du eigentlich die ganze Zeit in einer Matrix gelebt hast und dann jetzt, wenn du dich dazu entschieden hast, vegan zu leben, die Wahrheit siehst, siehst wie die Welt wirklich ist. Und mein Reisebuch soll Dich jetzt in dieser neuen Welt, in der Welt außerhalb der Matrix begleiten und dir helfen Strukturen aufzubauen, die dich im Bedarfsfall auffangen und es dir ermöglichen trotz allem, trotz allem Tierleid und trotz all der Probleme, die es in dieser Welt gibt, trotz der Wahrheit gelassen und souverän durch deinen Alltag zu gehen und auch wieder Freude und Glück in deinem Leben zuzulassen.

Dieses Buch ist quasi die Essenz aus der Methode, die ich jetzt schon seit einigen Jahren anwende und seit ich vegan lebe für mich entwickelt habe. Die ich schon in verschiedene Kursformen gegossen und jetzt auch als Buch für dich verfügbar gemacht habe, weil ich immer nach einer Möglichkeit gesucht habe, dich wirklich im Alltag zu begleiten. Denn es ist zwar schön, wenn wir uns für einen Wochenende hinsetzen und an einem Workshop teilnehmen oder einem Retreat oder eine Woche in einem Retreat Methoden kennenlernen, die uns dann im Alltag helfen sollen, aber letztlich bleiben wir im Alltag dann doch wieder allein. Und das möchte ich mit diesem Buch verhindern, dass du allein bleibst und es geht darum, neue Gewohnheiten zu kultivieren.

Ich finde das kultivieren sehr schön. Ich habe immer üben und praktizieren und so was genutzt, solche Wörter, aber die sind doch immer sehr negativ konnotiert. Das klingt dann gleich nach Arbeit und das will ich dann nicht, auf keinen Fall. Oder es erinnert einen an gehasste Übungsstunden von vielleicht einem Musikinstrument oder einem Sport, den wir eigentlich gar nicht ausüben wollten oder das wir gar nicht lernen wollten als Kinder und kultivieren klingt für mich doch eher positiver und deswegen werde ich jetzt dieses Wort immer benutzen.

Also es geht darum, neue Gewohnheiten zu kultivieren und die erste neue Gewohnheit wäre dann, dieses Buch auch immer bei dir zu tragen. Es ist extra deshalb in einem kleineren Format. Das ist 20,5 Zentimeter hoch und 13 Zentimeter breit, sodass du es auch noch in deine Handtasche, deine Tasche stecken kannst. Vielleicht würde es sogar noch in deine Hosentasche passen, aber ich weiß jetzt nicht, ob du so gerne mit so einem Buch in der Hosentasche rumläufst. Es ist mein Wunsch, dass du dieses Buch immer bei dir trägst.

Und zunächst ist es wichtig das Buch auszufüllen und sich hinzusetzen und die verschiedenen Bausteine einmal auszufüllen, die dann deine Hilfsstruktur bilden werden. Denn als ethisch motivierte·r Veganer·in oder kennst du diese Momente, in denen du ganz stark getriggert wirst. Du siehst Tierleid, du siehst den Grund, warum du dich entschieden hast vegan zu leben und das kann dich dann jedes Mal retraumatisieren.

Das ist das, was die Claire Mann als Vystopie bezeichnet. Da habe ich schon drei Podcast-Folgen in diesem Podcast so veröffentlicht. Ich habe ihr Buch rezensiert und zwei Folgen zum Thema Vystopie noch veröffentlicht. Die verlinke ich hier auch noch mal unter dieser Folge, damit du, falls du sie noch nicht gehört hast, sie dir noch mal anhören kannst.

In diesem Zustand, wenn du vielleicht gerade auf der Autobahn an einem Tiertransporter vorbeifährst oder du mit dem Fahrrad vielleicht eine Fahrradtour machst und dann an einem großen Schweinestall vorbeikommst, oder, oder, oder - dir fällt bestimmt irgendetwas ein, dann kann es sein, dass dieser Moment so heftig ist, dass er dich in einen Zustand bringt, in dem du nicht mehr klar denken kannst, in dem du gefangen bist in dieser Trauma-Energie, in dem du einfach nichts mehr tun kannst und in dem du tiefe Verzweiflung fühlst und etwas ändern willst. Du willst es ändern, du musst irgendwie helfen, du musst etwas tun und du kannst aber nichts tun in dem Moment. Wenn du an einem Tiertransporter auf der Autobahn vorbeifährst, dann kannst du gerade einfach nichts tun, du bist hilflos gefangen in dieser Trauma-Energie und genau da soll dir das Buch helfen, dass du zum einen in dem Buch immer Notfallübungen hast, die dich aus so einer akuten Situation rausziehen, die dir helfen nicht ganz tief zu fallen, sondern wirklich dich rausziehen.

Und das ist eben etwas, was du vorher kultivieren solltest und genauso auch verschiedene andere Strukturen, die dir helfen dich auf solche Situationen vorzubereiten, denn die werden ja immer und immer wieder kommen. Wir können einfach nicht alle Tiere auf diesem Planeten retten, das schaffen wir einfach nicht ganz alleine und deswegen wird immer und immer wieder so eine Situation kommen und ich kenne das, ich weiß ganz genau wie das ist und ich kenne diese Verzweiflung und dieses Gefühl nichts tun zu können und diese Hilflosigkeit und diesen Wunsch, diese Tiere zu retten, hier jetzt eingreifen zu können, mich dagegen stellen zu können und sagen zu können stopp, ich will all diese Tiere retten, die jetzt in diesem Tiertransporter sind. Ich werde einen riesigen Lebenshof aufbauen, in den alle, alle, alle Tiere, die irgendwie auf dem Weg zum Schlachter sind, hineingehen und dann ein schönes Leben führen können. Das sind einige von diesen Gedanken, die dann in mir aufkommen, wenn mir das passiert und wenn ich dann erkenne, was gerade bei mir abläuft, dann ist es wichtig, dass ich erst einmal für mich sorge, denn ich kann in dem Moment nichts tun.

Wenn es eine Situation ist, in der du etwas tun kannst, sagen wir, du siehst wie ein Tier gequält wird und du hast die Möglichkeit einzuschreiten, du kannst etwas tun, dann solltest du natürlich auch einschreiten. Wenn du aber, wie zum Beispiel auf der Autobahn neben einem Tiertransporter herfährst, dann kannst du in dem Moment nichts tun und dann ist es wichtig, dich erst mal um dich zu kümmern, wieder atmen zu können, wieder zu dir zu kommen und aus diesem Schockzustand wieder herauszufinden. Um, falls du selber fährst, dann auf jeden Fall sicher zumindest bis zur nächsten Parkbucht fahren zu können oder generell erst mal wieder zu dir zu kommen und klar denken zu können. Dafür gibt es Notfallübungen, die ich dir auch schon hier in diesem Podcast in verschiedenen Variationen vorgestellt habe und es ist wichtig, dass du die Übungen findest, die gut für dich funktionieren und das kannst du zum Beispiel im Buch notieren und wenn du in so einer Situation das Buch bei dir hast und es dir angewöhnst es dann raus zu ziehen und da drin zu lesen, dann ist das schon mal ein Punkt, den du tun kannst.

Ein weiterer Punkt ist, dir einen Anker zu schaffen, vielleicht ein Armband oder eine Kette, etwas wodrauf dein Blick fallen kann, so dass du in dem Moment, wenn du merkst, ich weiß nicht, was ich tun soll, ich fühle mich so hilflos und ich muss etwas tun, wenn du in dieser Schleife feststeckst, in dieser Panik und Hilflosigkeit und all das in dir hochsteigt, dass du auf diesen Anker schauen kannst und der dich daran erinnert an die Hilfstrukturen, die du dir aufgebaut hast, mit Hilfe des Buchs. Und das sind Vorbereitungen auf solche Situationen, was du in so einer Situation tun kannst und Ressourcenübungen, die ich Powerups nenne, angelehnt an den Gamification Ansatz von Jane McGonagal und auch deine geheime Identität.

In dem Buch helfe ich dir, deine geheime Identität zu erschaffen und wenn du diese erschaffen hast, dann wirst du auch einen Anker dafür finden, das kann eben wie gesagt so ein Gegenstand sein, das kann aber auch ein Lied sein oder eine Postkarte oder ein Buch oder was auch immer, das passt dann zu deiner geheime Identität und du kannst dir dann überlegen, was würde deine geheime Identität in diesem Moment tun. Das funktioniert aber meist erst, wenn du aus diesem ersten Stadium der Traumaenergie raus bist, wenn du also die Notfallübung gemacht hast und wieder einigermaßen klar denken kannst, wenn du tief drin bist in dieser Hilflosigkeit musst du dir erst einmal dort raushelfen und es funktioniert umso besser, wenn du es vorher übst in Situationen, in denen es dir gut geht, in denen du keine Probleme hast, in denen du dich gut fühlst und in denen du dann sozusagen Trockenübungen durchführst und dir überlegst, wie könntest du in so einer Situation dich da wieder rausholen?

Und als nächsten Schritt: was könntest du tun, damit du dich nicht mehr so hilflos fühlst, denn es ist ja eines, dass du dich da wieder rausholst und wieder einigermaßen normal atmen kannst, aber die Hilflosigkeit, das ist eben das andere, die bleibt ja und diese Situation wird immer und immer wieder kommen und da sind wir dann beim Punkt der Selbstwirksamkeit, wo Claire Mann in ihrem Buch zur Vystopie schreibt, dass es wichtig ist, aktiv zu werden, für die eigenen Werte einzustehen, rauszugehen, sich aktiv einzubringen und wo ich dann sage: ja, aber es kommt drauf an, es kommt ganz auf dich an, auf deinen Charakter, deine Persönlichkeit und auch deine persönlichen Umstände, die Situation, in der du dich gerade befindest, nicht nur akut, sondern auch, wie geht es dir gerade generell, bist du vielleicht sowieso gerade gestresst, fühlst du dich eher nach Rückzug oder bist du jetzt gerade „nur“ in diesem Moment hilflos, aber sonst voller Energie und kannst sofort durchstarten?

Das ist sehr individuell und da helfe ich dir auch mit dem Buch deine Möglichkeiten rauszufinden, wie du aktiv sein kannst und zum Beispiel jetzt mit dem Tiertransporter könntest du dir überlegen: du wirst diesen einen Tiertransporter nicht stoppen können, selbst wenn du den Tiertransporter dazu zwingst, von der Straße abzuweichen und anzuhalten, wirst du es nicht alleine schaffen, diese Tiere zu befreien und dich um sie zu kümmern, im Rahmen der Legalität, also es wird so nicht funktionieren und deswegen brauchst du einen anderen Plan und der Plan sollte deinen Möglichkeiten und deinem Charakter, deine Persönlichkeit entsprechen. Vielleicht willst du dafür auf die Straße gehen, vielleicht möchtest du dich für die Schließung aller Schlachthäuser einsetzen und dafür demonstrieren, das wäre eine Möglichkeit, um Tiertransporte zu verhindern, vielleicht fühlst du dich aber auch nicht wohl auf der Straße und möchtest eher Petitionen oder Briefe oder E-Mails schreiben, etwas wo du nicht direkt als Person in Aktion treten musst, sodass du nicht sofort sichtbar wirst oder du kannst politisch aktiv werden und dort an diesem Hebel ansetzen und eine vegane Lebensweise in unsere Gesellschaft etablieren auf verschiedenen Wegen und so dann die Tiertransporte verhindern, denn wenn mehr Menschen vegan leben, müssen ja auch weniger Tiere geschlachtet werden und auf diesem Weg würde das also auch gehen.

Das sind jetzt einfach nur ganz grob einige Beispiele, was du tun könntest und jetzt ist es wichtig, dass du für dich herausfindest, was ist die Aktion, die dir hilft, denn aktiv zu werden, also Selbstwirksamkeit hilft dir aus deiner Hilflosigkeit herauszukommen. Wenn du wieder in so eine Situation kommst und an einem Tiertransporter vorbeifährst und es wieder diese Hilflosigkeit in dir auslöst, hast du dann im Hinterkopf den Gedanken, so ich werde jetzt dies oder das tun, um weitere Tiertransporte zu verhindern. Du wirst immer wieder in diese Situation kommen, in der du an einem Tiertransporter vorbeifährst, es sei denn du lässt es mit dem Auto fahren, so wie ich zum Beispiel, ich fahre gar nicht mehr Auto, also nicht, weil ich nicht auf der Autobahn an Tiertransportern vorbeifahren möchte, sondern aus Nachhaltigkeitsgründen, aber dadurch begebe ich mich natürlich auch nicht in diese Situation.

Colleen Patrick-Goudreau, die amerikanische Podcasterin, deren Podcast ich in meinen ersten veganen Jahren gehört habe, sagte in einer ihrer Podcastfolgen, dass sie extra in der Stadt wohnen würde, damit sie eben nicht ständig mit Schlachtungen und Tiertransporten und Tierfabriken konfrontiert wird und diese Frau engagiert sich auch schon seit Ewigkeiten für die Tiere, für den Veganismus und hat auch ihre Hilfsstrukturen entwickelt, damit sie nicht ständig getriggert wird und damit sie genug Kraft hat, um sich weiter zu engagieren. Es ist also wichtig für dich auszuloten, wie oft erträgst du so etwas.

Eine Bekannte von mir wohnt gegenüber von einer Tierfabrik, allerdings hat sie zuerst da gewohnt und dann ist zwei Felder weiter diese Tierfabrik gebaut worden und sie konnte nichts dagegen tun. Und sie lebt vegan und ihr wurde diese Tierfabrik vor die Nase gesetzt und sie wird ständig und ständig getriggert und das macht sie sehr labil. Jetzt ist natürlich die Frage: ziehe ich dann weg oder schaffe ich es irgendwie damit klar zu kommen und das ist eben eine Frage, die du nur selbst beantworten kannst, wie es dir damit geht, wo ich dir nicht sagen kann, also bitte zieh da weg, sondern wenn du für dich Möglichkeiten entwickelst, damit umzugehen und das deine psychische Gesundheit nicht belastet, dann ist es ja völlig in Ordnung. Wer bin ich dann dir zu sagen, was du zu tun hast?

Und so geht es also in meinem Reisbuch viel darum, dich auf den Ernstfall vorzubereiten, auf deine Reise vorzubereiten, deine Ausrüstung zusammenzustellen, wozu deine Liste der Power-Ups gehören, deine geheime Identität, festzustellen welche Situationen dich am meisten triggern, aber auch zu erträumen, wie eine vegane Welt für dich aussehen würde und dann natürlich auch Verbündete zu finden. Und das sind dann eigentlich Menschen, reale Menschen, die du in deinem Umfeld hast.

Zum Buch gibt es noch eine geschützte Webseite, die Zugangsdaten findest du im Buch, auf der du zum einen noch mal die Anleitungen alle ganz ausführlich findest, noch ein paar Hintergrundinformationen und dann die Arbeitsblätter noch als PDF, wenn du sie ausdrucken möchtest oder einfach nur runterladen oder einfach auf andere Art ausfüllen, dann kannst du das tun und noch Audios, also Meditationen, Fantasiereisen und auch noch eine Einstimmung auf deine Reise, die du dir dann anhören kannst.

Ich habe jetzt auch eine Informationsseite zu dem Buch erstellt, ich verlinke die hier unter der Folge, dann kannst du das alles noch mal genau angucken. Dann danke ich dir fürs Zuhören, und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Es ist, wie es ist - die Kunst der Annahme

Ein Beitrag

Folge 096 - Es ist, wie es ist oder die Kunst der Annahme

In den letzten Tagen ist bei mir mal wieder nichts nach Plan gelaufen.

Die Druckerei hat meine Bücher fehlerhaft geliefert, das Kind ist krank geworden und ich war auch nicht ganz fit - dabei hatte ich so viel vor.

Passend dazu habe ich das Buch "Widerstand zwecklos" von Andreas Knuf gelesen und versucht mich in der Kunst der Annahme zu üben.

Klar hat mich die fehlerhafte Sendung der Druckerei im ersten Moment geärgert. Mich aber tagelang darüber aufzuregen, hätte auch nichts geändert - vor allem die Fehler nicht rückgängig gemacht.

Also habe ich versucht das Beste daraus zu machen.

In dieser Folge zitiere ich außerdem die 7 Mythen zu Annahme und Akzeptanz, die sich im Anhang des Buchs "Widerstand zwecklos" von Andreas Knuf befinden- übrigens habe ich tatsächlich immer wieder einen Widerstand in mir gefühlt, wenn ich das Buch lesen wollte - ich musste mich regelrecht überwinden.

Darüber und über einige andere Aspekte spreche ich in dieser Folge.

Volständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen.

Ich bin Stefanie und ich wollte dir in der heutigen Folge eigentlich von meinem Buch berichten, vom Reisebuch und ich werde auch ein bisschen davon berichten, aber erst einmal möchte ich damit beginnen, was dieser Woche bei mir alles eigentlich so schief gelaufen ist, denn ich hatte ganz andere Pläne und du kennst das vielleicht, du nimmst dir Dinge vor und dann kommt wieder alles anders, als du denkst.

Erstmal ist die Lieferung mit den Büchern angekommen und ich war ganz aufgeregt und hab sie ausgepackt und musste feststellen, dass ein Drittel der Lieferung tatsächlich schief gebunden war. Also beim Schnitt sind die Seiten anscheinend verrutscht und dann schief geschnitten und dann gebunden worden, so dass die Bücher einfach überhaupt nicht benutzbar sind. Dann löst sich auch noch die Klebung des Umschlags bei einigen Büchern und zu guter Letzt habe ich nachgemessen und die Bücher sind ein halben Zentimeter zu kurz, sodass oben alles abgeschnitten ist, was ich in diesem Buch dort illustriert hatte. Und ich war so enttäuscht, weil ich einfach gedacht habe, so, jetzt sind die Bücher da, jetzt geht es los, jetzt kann ich ein Video davon machen, jetzt kann ich dir zeigen, wie es aussieht und kann die Verlosungen starten und ja, kann einfach dieses Buch in die Welt bringen und dich mit diesem Buch unterstützen, deinen Alltag gelassen und souverän zu meistern und deinen Weg zu finden in deinem veganen Leben. Und das war so der erste ernüchternde Schlag.

Dann habe ich eine Woche gebraucht, um mit der Druckerei abzustimmen, wie jetzt das weitere Vorgehen sein kann, erstmal die Reklamation an sich zu erfragen, was können wir denn jetzt tun, weil einfach 100 Prozent der Lieferung zu klein sind, nicht dem Format entsprechend und dem entsprechend eben alles oben abgeschnitten ist. Und jetzt habe ich mich letztlich dazu entschieden, alles nochmal neu drucken zu lassen und zwar in einer überarbeiteten Version, weil ich nun die Chance genutzt habe und da ich das Buch ja jetzt in der Hand hatte, es nochmal durchzugehen und das zu optimieren. Leider ist es nicht möglich, den Nachdruck, zu dem die Druckerei gesetzlich verpflichtet ist, mit neuen Daten zu machen, also dass ich jetzt eine Gutschrift bekomme, aber nur über 80 Prozent meiner Investition und dann den Rest extra zahlen werde, um das Buch dann noch einmal mit neuen Daten drucken zu können, also in einer neuen, optimierten Version. Und letztlich ist es mir das wert, dass du dann nur das optimierte Buch bekommst, dass ich dann nochmal jetzt die Chance hatte, durch diesen Fehldruck, durch den Fehler, eigentlich das Negative, das Desaster, dadurch jetzt die Möglichkeit hatte, nochmal das Buch durchzugehen und es soweit zu optimieren, dass ich denke, dass es dir noch besser gefallen wird und es noch dienlicher sein wird, noch besser lesbar.

Und mich dann aber natürlich auch zu bremsen, denn ja, dann kommt bei mir auch dieser Perfektionsanspruch durch, dass ich dann denke, das könnte ich noch besser machen und das könnte ich noch besser machen. Und hier und da und jenes und dann schätze ich, wirst du das Buch nie zu sehen bekommen, weil ich ja dann leider immer in der Optimierungsschleife zugange bin, also ich werde das Buch jetzt am Montag neu in Druck geben, dann dauert es wieder so 10 Tage oder zwei Wochen. Ich gehe im Moment davon aus, dass es im September dann auf jeden Fall zum Kauf bereitsteht, dann werde ich auch die Verlosung durchführen und alles Weitere wirst du dann auf der Informationsseite zum Buch lesen können, die ich jetzt in den nächsten zwei Wochen dann füllen werde, mit Informationen zum Buch.

Das Buch kommt mit einer Internetseite, einer geschützten Webseite, wo du dir dann deine eigenen Zugangsdaten anlegen kannst, wenn du das Buch erhalten hast und dort findest du dann noch weiterführende Ressourcen, dort findest du Meditationen und weitere Audios, Fantasiereisen, Arbeitsblätter, wenn du so was gerne hast zum Ausfüllen, zum runterladen. Das Buch funktioniert aber auch ohne die Webseite, du kannst auch einfach nur das Buch ausfüllen und nutzen. Die Webseite ist ein Extra, das dich noch weitergehender begleiten soll.

Ja, und das war tatsächlich noch nicht alles in der Woche. Nein, was ich mir dann für die vergangenen Woche noch überlegt hatte, war, dass das Kind wieder zur Schule geht und ich jetzt wieder ein geregelteren Alltag habe, aber wenn du Mutter oder Vater bist, weißt du, es ist alles nicht so einfach und planbar und das Kind ist dann prompt am dritten Schultag mit roten Punkten im Rachen aufgewacht, die ich noch nie gesehen hatte und ich habe gleich gedacht: oh Gott, Scharlach, ist das nicht ansteckend? Dann sind wir zur Ärztin gefahren, die hat gesagt, das ist einfach nur eine Erkältung, er kann einfach zur Schule gehen und dann aufgrund von Corona ist das ja jetzt alles etwas komplizierter, dann habe ich mir das von ihr bestätigen lassen, dass er keine ansteckende Krankheit hat außer Schnupfen und dass das nicht Corona ist und dass er also auch mit Schnupfnase, wenn er sich sonst gut fühlt, zur Schule gehen darf. Dann hat er sich danach aber nicht mehr gut gefühlt aufgrund der Hitze und dem ganzen Hin und Her - wir müssen auch mit dem Fahrrad dahin fahren – so dass er dann am nächsten Tag auch noch mal zu Hause geblieben ist und dann aber am Freitag, am letzten Tag in der Woche, doch wieder zur Schule gegangen ist und das ganze hat meine Woche sehr durcheinander geworfen.

Dann habe ich noch zyklischbedingt ausgesetzt, das ist also alles zusammengekommen und mein schöner Plan von ja, nach den Ferien starte ich richtig durch, ist völlig in sich zusammengebrochen. Ich habe es gerade noch geschafft, dann die Podcastfolge für den Einfach Vegan Podcast aufzunehmen mit Carsten und zu schneiden und alles zu veröffentlichen, aber das war es. Ich habe im Clan noch ein bisschen was gemacht, aber es war wirklich alles wieder ganz anders.

Und passend dazu habe ich ein Buch gelesen, zu dem ich mich aber tatsächlich immer wieder aufraffen musste, das da heißt „Widerstand zwecklos“ von Andreas Knuf. Und von Andreas Knuf habe ich schon vor einigen Jahren, ich meine 2015, ein Buch gelesen, das heißt „Sei nicht so hart zu dir selbst“. Das kann ich sehr empfehlen und das hatte mir damals meine Therapeutin ausgeliehen, weil ich damals sehr hart zu mir selbst war, also ich merke auch, es ist ein Prozess, es geht ja sehr viel um Selbstmitgefühl und ich kann es dir ans Herz legen dieses Buch zu lesen.

Andreas Knuf macht das immer so, dass er da auch Übungen drin hat, sodass du das Buch immer wieder zur Seite legen und diese Übungen machen kannst und dieses Buch habe ich mir jetzt auch wieder ausgeliehen aus der Bücherhalle, um es nochmal zu lesen, weil ich gemerkt habe, dass ich solche Bücher tatsächlich ganz gut immer mal wieder lesen kann, weil ich mich verändert habe in dieser Zeit und dann die Bücher ganz anders lese als vor einigen Jahren.

Jetzt habe ich aber aktuell eben dieses „Widerstand zwecklos“ Buch gelesen, das ist das aktuellste von Andreas Knuf - er hat auch noch andere geschrieben, die habe ich noch nicht gelesen, aber ich kann mir vorstellen, dass die auch empfehlenswert sind - und das Buch war so passend, weil es darin um Annahme geht, Situationen und Dinge anzunehmen, wie sie sind, also quasi sich zu sagen, „es ist wie es ist, ich kann es nicht ändern“ und ich habe wirklich während des Buchlesens mit mir selbst gehadert und habe gesagt: ja aber ich kann doch nicht alles annehmen, wie es ist, ich muss doch auch was ändern, also wenn wir jetzt als Veganer·innen uns überlegen, wir sagen, naja, die Welt ist wie sie ist und die Tiere leiden und das ist halt so, ich muss das jetzt so annehmen und bleiben dann da stehen, hilft uns das ja kein Stück weiter und den Tieren hilft es auch kein Stück weiter, also ist wichtig auch was zu tun.

Und während des Lesens habe ich dann verstanden, was Andreas Knuf meint. Es geht ihm zum einen darum, dass wir im ersten Schritt annehmen, dass die Situation jetzt gerade so ist, wie sie ist, aber dass es nicht darum geht, dass wir sie nicht ändern können. Er hat da ein Beispiel, wenn wir in einem Raum sind mit lauter Musik und uns stört diese Musik und wir wollen eigentlich Stille, dann ist der erste Schritt anzunehmen, dass uns das stört, dieses Störgefühl zu haben, dass das okay ist, ich habe jetzt dieses Gefühl und zu merken, okay ich möchte Stille, aber das ist jetzt gerade nicht.

Aber was er dann geschrieben hat, ist, dass wir dann nicht sagen: okay wir versuchen jetzt in dieser Situation mit der lauten Musik Stille in uns zu erzeugen, dass das nicht sinnvoll ist, sondern wir sollten einfach die Musik ausmachen, dann haben wir Stille. Dass es eben also in diesem Buch nicht darum geht, dass wir einfach alles so hinnehmen und nichts mehr tun, einfach passiv sind.

Dazu möchte ich einmal die sieben Mythen zu Akzeptanz und Annahme zitieren, die sich im Anhang dieses Buchs befinden. „Es gibt viele Mythen und Fehleinschätzungen über Akzeptanz. Sie bewirken, dass Menschen leider oft eine schlechte Meinung zur Annahme haben und nicht bereit sind, dem Leben mit einer annehmenden Haltung zu begegnen. Einige dieser Mythen habe ich hier zusammengefasst.

  • Mythos 1: „Annahme ist etwas, wozu wir uns entscheiden können.“
    Richtig ist, wir können uns nicht zur Annahme entscheiden, aber wir können lernen uns zu öffnen. Annahme ist die Folge eines gelungenen innerpsychischen Verarbeitungsprozesses. Dazu gehört unter anderem die Bereitschaft uns mit unseren Gefühlen auseinanderzusetzen, die durch die anzunehmende Tatsache ausgelöst werden.
  • Mythos 2: „Annahme bedeutet Passivität und nichts dazu beizutragen, dass sich die Dinge verändern.“
    Richtig ist, das Gegenteil ist oft der Fall. Durch Annahme entstehen ganz neue Handlungsmöglichkeiten, die zuvor nicht gesehen wurden.
  • Mythos 3: „Annahme bedeutet, ein Weichei zu sein und sich auf der eigenen Schwäche auszuruhen.“
    Richtig ist, das Gegenteil ist der Fall. Annahme ist eine besondere Form der Stärke. Es ist für die meisten Menschen viel leichter gegen das Unerwünschte zu kämpfen, als das Unerwünschte anzunehmen.
  • Mythos 4: „Annahme brauchten nur die Menschen in früheren Zeiten, als man seine Lebenssituation noch kaum beeinflussen konnte. Heute können wir die Dinge so verändern, wie sie für uns gut sind und wir brauchen keine Annahme mehr.“
    Richtig ist, auf die meisten wichtigen Geschehnisse in unserem Leben haben wir nur bedingten oder gar keinen Einfluss. In jedem Leben gibt es Ereignisse und Herausforderungen, die wir nicht kontrollieren können. Annahme ist die einzige Möglichkeit, um auf gute Art mit diesen Herausforderungen umzugehen.
  • Mythos 5: „Annahme bedeutet, etwas gut zu finden oder zu mögen.“
    Richtig ist, wir müssen das, was wir annehmen, nicht gut oder richtig finden oder gar mögen. Wir können auch Dinge annehmen, die wir eigentlich ganz fürchterlich finden.
  • Mythos 6: „Wenn man etwas annimmt, dann ist man einverstanden mit dem, was passiert ist.“
    Richtig ist, wir müssen nicht mit dem einverstanden sein, was wir annehmen. Wir können auch Dinge annehmen, die wir falsch finden. Wir nehmen aber an, dass sie sind, wie sie sind.
  • Mythos 7: „Was wir annehmen müssen, sind nur unsere unangenehmen Empfindungen.“
    Richtig ist, Annahme bezieht sich auf alles, was ist. Auf unangenehme und auf angenehme Empfindungen. Manchmal fällt es sogar noch schwerer, den angenehmen Empfindungen mit einem Ja zu begegnen.“

Und genau das habe ich jetzt in dieser Woche erlebt oder in diesen zehn Tagen, quasi, weil die Bücher an dem Mittwoch vorletzter Woche ankamen und alles andere dann ab da passiert ist. Also, es sind Dinge passiert, die ich nicht gut fand. Ich habe sie angenommen. Deswegen finde ich sie aber noch lange nicht gut. Und ich habe versucht, mit meinen Gefühlen zu sitzen, mit ihnen da zu sein und nicht gegen sie anzukämpfen. Und dann habe ich versucht, das zu ändern, was ich ändern konnte.

Und du kennst es bestimmt auch, dass du versuchst gegen unerwünschte Gefühle anzukämpfen. Die dürfen nicht sein. Diese Gedanken sollen nicht sein. Alles soll nicht sein. Und es ist eigentlich gefährlicher. Wir haben viel mehr Angst davor, die Gedanken zuzulassen. Wir haben Angst davor, dass sie uns überschwemmen und komplett in die Tiefe ziehen. Und ich probiere das in letzter Zeit immer wieder aus, dass ich die Gedanken zulasse. Es ist aber wichtig dabei noch eine begleitende Instanz in dir zu haben. Also einen Anteil in dir, der das Ganze beobachtet und begleitet, weil es sonst eben tatsächlich sein kann, dass du versinkst in diesen Gefühlen.

Andreas Knuf schreibt in seinem Buch, dass Annahme nichts ist, was wir irgendwie in einem 3, 5, 7 Punkteplan lernen können oder in einem 6, 8-Wochen-Kurs, sondern dass es ein Prozess ist und dass es keine Fähigkeit ist, die wir uns so aneignen können, sondern eine innere Einstellung, die mit der Zeit kommt und dass wir immer annehmender werden. Teilweise ist es auch so, dass plötzlich auf einmal dieser Moment kommt, in dem wir annehmen können. Und es bedarf aber einige Übung.

Und so ist es mit allem, was deinen Alltag angenehmer macht und leichter. Es bedarf Übung. Es geht viel um Selbstmitgefühl, um Freundlichkeit dir selbst gegenüber, um Dankbarkeit und Andreas Knuf schreibt auch von Demut, wobei er mit Demut nicht ein Herrschaftsgefälle meint, demütig gegenüber jemanden, der mehr Macht auf mich ausübt, sondern Demut gegenüber der Natur und dem Kosmos, quasi dem kosmischen Ganzen.

Und das, was er meint, was er da geschrieben hat, er erinnert mich ganz stark an eine Passage in dem Buch „Das Bernstein Teleskop“ aus der Trilogie „His Dark Materials“ von Philipp Pullman. Und ich habe mir das Buch jetzt extra nochmal ausgeliehen. Ich hatte das als Printbuch, ja, und ich habe es im Rahmen meiner Minimalismus-Aktion weggegeben. Und jetzt habe ich es mir ausgeliehen, um dir das vorlesen zu können, weil ich denke, dass das, was Andreas Knuf meint, sehr gut verdeutlicht. Falls du die Trilogie „His Dark Materials“ von Philipp Pullman nicht kennst: es geht da unter anderem um Paralleluniversen und eine Wissenschaftlerin aus unserer Welt ist in einem Paralleluniversum gelandet, wo Tiere mit rautenförmigen Körper sich ausgebildet haben, die keine Wirbelsäule haben. Also dort gibt es keine Wirbeltiere. Und es gibt rautenförmige Tiere mit Intelligenz, die auf Rädern fahren. Und diese Räder, das sind Samenkapseln von sehr großen Bäumen. Und in letzter Zeit sind diese Bäume krank geworden. Und die Tiere, die eigentlich gar keine Tiere sind, die sich Mulefa nennen, bitten die Wissenschaftlerin darum, dem auf den Grund zu gehen. Und dazu muss sie auf einen Baum steigen, wozu die Mulefa nicht fähig sind. Und sie steigt auf diesen Baum und hat dann in dieser riesigen Baumkrone folgendes Erlebnis.

“Nach zehnminütiger Kletterei befand sie sich im dichtesten Teil des Blätterdachs. Sie konnte die langen Blätter erreichen und durch die Hände gleiten lassen. Mary fand auch die unglaublich kleinen weißlichen Blüten, von denen jede eine münzgroße Frucht hervorbrachte, aus der später eine große eisenharte Samenkapsel entstand. Sie erreichte einen bequemen Platz, wo sich drei Äste gabelten, band dort das Seil fest zog das Geschirr straff und sah sich dann in Ruhe um. Durch die Lücken im Blätterdach sah Mary das blaue Meer am Horizont schimmern. Blickte sie über die Schulter in die andere Richtung, dehnte sich dort die goldbraune, hügelige Prärie aus, durch die sich die schwarzen Bänder der Basaltstraßen zogen. Eine leichte Brise trug den feinen Duft der Blüten heran und ließ die Blätter rascheln. Mary stellte sich vor, von einer großen, gültigen Hand emporgehalten zu werden. Während sie so in der Gabelung der mächtigen Äste lag, fühlte sie eine Seeligkeit, wie sie sie nur einmal in ihrem Leben erfahren hatte, und das war nicht die Stunde gewesen, in der sie ihr Ordensgelübte ablegte.“

Ein ähnliches Erlebnis hat auch Sofie in „Sofies Welt“ von Jostein Gaarder, wenn du das gelesen hast, weißt du, was ich meine. In einer Szene fühlt sie, wie ihr Geist ihren Körper verlässt und eins ist, mit dem Universum, mit dem Kosmos, mit allem.

Und Andreas Knuf geht es eben bei Demut darum, dass wir anerkennen, dass wir nur ein winziger Teil sind dieses Universums, ein unbedeutender Teil, und dass das Demut bedeutet. Und dass es nicht nur darum geht, Situationen anzunehmen, wie sie sind, Dinge anzunehmen, sondern auch uns selbst anzunehmen, wie wir sind, und nicht nach ständiger Perfektion zu streben.

Er kritisiert auch diese lebenslange Aufgabe der Selbstoptimierung in diesem Buch mit folgenden Worten: „Das Prinzip hinter all diesem Tun und dieser Daueranstrengung ist immer das Gleiche. So wie es jetzt ist, ist es nicht gut genug und es muss noch besser werden. Es ist letztlich das Prinzip des Kapitalismus, der Wachstum braucht, um sich am Leben zu erhalten. Dieses Wirtschaftsprinzip haben wir in den letzten Jahrzehnten unmerklich auf uns selbst und auf unser inneres Erleben angewandt. In der Soziologie wird diese Bewegung als Optimierungs- und Selbstoptimierungskultur bezeichnet, der Trend hin zu einem immer perfekteren Leben. Optimierung und Selbstoptimierung bedeuten vor allem, dass wir uns und unser Leben nach unseren eigenen Vorstellungen gestalten. Wir nehmen nicht an, was gegeben ist, sondern wir ändern das, was ist, so wie wir es gerne hätten.“

Und wie ich schon sagte, als ich die 7 Mythen zur Annahme vorgelesen habe, geht es nicht darum, passiv zu sein und zu sagen, ich kann ja doch nichts ändern und alles ist kacke und so, sondern es geht darum, auch die negativen Gefühle anzunehmen und anzuerkennen, dass wir sind, wie wir sind. Und das ist ein Prozess, das ist nichts, was wir einfach machen können, was ich dir jetzt in drei, fünf Schritten erklären kann und dann hast du es geschafft, oder in einem drei Monatskurs oder was auch immer, sondern es ist ein Prozess.

Und auch ich befinde mich noch mitten in diesem Prozess und es ist auch kein linearer Prozess, das ist ja gerade das Perfide daran, es wird nicht Schritt für Schritt besser. Das kann ich dir leider nicht versprechen, sondern es kann durchaus sein, dass du vorankommst und merkst, oh ja, ja, ich spüre das, ich kann das annehmen und dann triggert dich alles Mögliche in deiner Umgebung und du fällst in ein Loch und du lässt es schleifen und es geht bergab und dann geht es wieder bergauf. Und es ist ein verschlungenes Weg, es ist definitiv kein linearer Weg.

Und doch lohnt es sich, den Weg überhaupt zu gehen, denn du wirst nicht mehr so tief fallen, wenn du stetig weitergehst und stetig für dich da bist und dich öffnest, freundlich zu dir bist, dankbar, demütig gegenüber dem Leben und versuchst eine annehmende Haltung zu kultivieren. Ich finde das Wort kultivieren sehr schön, weil ich immer wieder versuche zu sagen: okay, es ist wichtig zu üben und üben ist so negativ konnotiert und kultivieren klingt zumindest in meinen Ohren sehr positiv und ja, eine annehmende Haltung zu kultivieren ist auch eine Lebensaufgabe.

Ich gehe diesen Weg jetzt seit sechs Jahren und ja, es ist nicht immer leicht und ich stolpere immer wieder und doch kann ich dir sagen, es lohnt sich, es lohnt sich wirklich sehr. Kein Weg ist gleich, es ist wichtig, dass du deinen Weg findest und genau das ist es auch, was ich mit dem Buch und generell mit meiner Arbeit tun möchte. Ich möchte dir helfen, deinen Weg zu finden, deine Art vegan zu leben in dieser nicht veganen Welt und es ist ein Prozess, es ist ein Weg, es wird quasi nie aufhören, weil du immer weitergehen musst, solange wir uns in dieser nicht-veganen Welt befinden.

Sobald wir uns in einer veganen Welt befinden, ist das Ganze ja hinfällig, denn dann werden diese ganzen Herausforderungen ja nicht mehr da sein, dann wirst du andere Herausforderungen haben, aber jetzt ist es wichtig, deinen Weg zu finden, deinen Weg wie du sein willst in dieser Welt, wie du für deine Werte einstehen möchtest und deine Möglichkeiten zu finden, dich selbst zu schützen und auch nach außen vor allem, was da so auf dich einprasselt und auch nach innen vor Ansprüchen, die du an dich selber hast, weicher zu werden.

Ich verlinkt dir die Bücher von Andreas Knuf, wenn du sie auch lesen möchtest, ich kann sie dir empfehlen. Und dann möchte ich mich ganz zuletzt nochmal bedanken bei Renate, die über PayPal mir Geld überwiesen hat, als Dankeschön für alle Podcasts. Und das war eine super Überraschung, ganz herzlichen Dank. Und auch bei allen Steady-Unterstützer·innen, die mich finanziell so treu unterstützen. Ganz ganz herzlichen Dank von mir. Und dir, liebe·r Hörer·in danke ich fürs Zuhören. Und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Buch "Widerstand zwecklos" von Andreas Knuf
z.B. bei buch7.de

Buch "Sei nicht so hart zu Dir selbst" von Andreas Knuf
z.B. bei buch7.de

Die Kraft der Gemeinschaft

Ein Beitrag

Folge 095 - Die Kraft der Gemeinschaft

In der Zeitschrift "Gehirn&Geist" (Ausgabe 08/2020) habe ich einen Artikel über die Heilkraft der Gruppe gelesen und stelle diesen Auszugsweise in dieser Folge vor.

Die Zugehörigkeit zu Gruppen und soziale Integration sind für unsere Gesundheit wichtiger, als Sport zu treiben oder mit dem Rauchen aufzuhören.

Wenn Du beginnst vegan zu leben, fällst Du automatisch aus Deiner gewohnten Gruppe heraus, wirst vielleicht sogar verstoßen, weil Du nicht mehr diegleichen Werte wie die anderen teilst.

Dann entsteht ein Vakuum, das Du um Deiner Gesundheit willen, mit dem Beitritt zu einer neuen Gruppe, die Deinen Werten entspricht und Dir etwas bedeutet, füllen solltest.

Das kann eine virtuelle Gruppe, wie der Von Herzen Vegan Clan sein, aber auch eine reale, wie ein veganer Stammtisch oder ein Sportverein. Wichtig ist, sich wieder Teil einer Gruppe (und auch gerne mehreren) zu fühlen.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge über die Kraft der Gemeinschaft sprechen.

Ich habe dazu einen Artikel in der der Zeitschrift „Gehirn und Geist“ in der Ausgabe 8.2020 gelesen, in dem es um Gesundheit dank Gruppen geht. Und natürlich ist dieser Artikel jetzt im Hinblick auf die Corona-Krise entstanden, gehe ich jetzt einfach mal von aus, weil dort jetzt natürlich viel geforscht wird und viel darüber berichtet wird, wie wir in der Krise trotzdem auch mental gesund bleiben und mit dem Stress klarkommen.

Ich fand diesen Artikel aber sehr hilfreich auch nochmal als Bestätigung, wie wichtig die Gruppe und Verbündete für dich und für mich, also für uns als Veganer·innen sind. In diesem Artikel geht es um reale und um virtuelle Gruppen. Und gerade in Zeiten von Corona ist es ja einfach nicht möglich, sich in größeren Gruppen real zu treffen. Dafür weichen wir dann aufs Internet aus, so dass wir uns dann virtuell treffen. Aber beides ist eben gleich wichtig und je nachdem, wie du die Möglichkeit dazu hast, ist es sehr sinnvoll in verschiedenen Gruppen sich zu Hause zu fühlen.

Der Artikel wird zu Beginn wie folgt zusammengefasst: „Menschen unterschätzen die Bedeutung sozialer Faktoren für die Gesundheit deutlich, dabei sind gute Beziehungen entscheidend für ein langes und glückliches Leben. Sie sind mindestens genauso wichtig, wie nicht zu rauchen und bedeutsamer als Sport zu treiben. Wie jemand sich selbst sieht und wie er denkt, empfindet und handelt, hängt stark davon ab, welchen Gruppen er sich zugehörig fühlt, sei es einem Freundeskreis, einer weltanschaulichen Bewegung oder einem bestimmten Fußballverein. Wenn Menschen wichtige Gruppen verlieren, birgt das Gesundheitsrisiken. Verschiedene Programme können dabei helfen, sich neuen Gemeinschaften anzuschließen. Das kann Einsamkeit reduzieren und das Wohlbefinden fördern.“

Soweit zunächst die Zusammenfassung dieses Artikels. Ich will jetzt im Folgenden einmal auf die einzelnen Punkte noch mehr eingehen, die natürlich in dem Artikel noch viel detaillierter erklärt werden und anhand dessen die Wichtigkeit der Gruppe für uns als Veganer·innen noch mal hervorheben. Dazu zitiere ich jetzt einige Abschnitte aus dem Artikel. „Der Soziologe Robert David Putnam von der Harvard University beobachtete, dass sich US-Bürger deutlich weniger als früher aktiv an Gottesdiensten, in Parteien oder Organisationen beteiligen, auf Kosten ihrer Gesundheit. ‚Wenn man keiner Gruppe angehört, dann aber beschließt, sich einer Gruppe anzuschließen, halbiert man das Risiko im Laufe der nächsten sechs Monate zu sterben’, erklärt er. ‚Wenn man raucht und keiner Gruppe angehört, kann man das statistisch gesehen einem Münzwurf überlassen, ob man aufhört zu rauchen oder sich eine Gruppe sucht.‘“

Das fand ich jetzt persönlich sehr interessant, dass gerade dieser Faktor einer Gruppe anzugehören, der soziale Faktor sehr hoch ist. Und dass uns das gar nicht so bewusst ist, wird in der Studie auch noch einmal durch eine Statistik dargestellt in der objektive Daten aus einer Metaanalyse mit den subjektiven Einschätzungen von Personen verglichen wurden.

In der objektiven Abstufung rangieren soziale Unterstützung und soziale Integration auf Platz 1 und 2, danach kommt dann nicht rauchen, aufhören zu rauchen, wenig Alkohol trinken, Grippeimpfung, dann kommt erst Sport, dann körperlich aktiv sein, kein Übergewicht, Medikamente und als letztes saubere Luft.

Und die subjektiven Einschätzungen von Personen, die befragt wurden, sind komplett anders. Also tatsächlich liegen soziale Unterstützung und soziale Integration auf den Rängen 11 und 9. Also wirklich ganz konträr zu dem, wo sie eigentlich objektiv sein sollten. Und das fand ich sehr interessant. Nicht zu rauchen liegt bei der subjektiven Einschätzung auf Platz 1 und aufhören zu rauchen auf Platz 5, was ungefähr dem entspricht wo es sein sollte.

Die Studie zeigt also, dass wir den Wert von Gruppen und sozialer Integration für unsere Gesundheit sehr stark unterschätzen. Und was bedeutet das für uns VeganerInnen? Wenn du dich entscheidest vegan zu leben und diesen Schritt machst, aus der Norm heraus, in das vegane Leben, dann trittst du ja auch aus deiner Gruppe heraus, zu der du vorher dazugehört hast und gehörst einfach nicht mehr dazu. Es kann sein, dass du verstoßen wirst, es kann sein, dass du jetzt anders behandelt wirst, aber jedenfalls hast du nicht mehr dieses warme Gruppengefühl, was vorher da war. Du bist jetzt anders. Und dadurch verlierst du die Verbundenheit mit den Menschen, mit denen du vorher ganz normal, natürlich verbunden warst.

Und jetzt entsteht da ein Vakuum, jetzt fehlt dir da was. Und du brauchst dann eine neue Gruppe oder auch mehrere Gruppen, die dich auffangen, zu denen du dich zugehörig fühlen kannst. Du gehörst dann ja per Definition zur Gruppe der Veganer·innen. Das kann schon helfen, dass du dich so definierst, damit du ein Zugehörigkeitsgefühl hast. Aber was dir dann fehlt, ist auf jeden Fall auch eine Gruppe mit Menschen, mit denen du in Interaktion treten kannst. Das kann eine virtuelle Gruppe sein, wie der Von Herzen Vegan Clan. Das kann aber auch eine reale Gruppe sein, wie ein Stammtisch von einer Tierrechtsorganisation zum Beispiel oder auch ein Sportverein, eine Gruppe, wo du vielleicht zusammen Ball spielst oder laufen gehst oder dich irgendwie auf andere Art und Weise sportlich betätigst oder auch eine Brettspielgruppe oder was auch immer dir einfällt, wo du das Gefühl hast, ja zu dieser Gruppe kann ich eine Verbindung aufbauen. Es muss eben etwas sein, wo du auch die Werte teilst und was für dich bedeutsam ist.

Also wenn ich mich jetzt irgendwie einem Fußballverein anschließen würde, dann wäre das für mich keine Gruppenerfahrung, die ich schätzen würde, weil ich einfach kein Fußballfan bin. Aber wenn dein Herz für den Fußball schlägt, dann ist es eben doch die richtige Entscheidung. Also da ist es halt wichtig, Gruppen zu finden, die für dich bedeutsam sind.

Und so passiert es uns häufig am Anfang unseres veganen Lebens, wenn wir dann uns aus unserer Gruppe lösen, gar nicht bewusst aus der Normgruppe, in der wir vorher einfach zu Hause waren, gar nicht weil wir es wollen, sondern weil wir uns weiterentwickelt haben und weil wir uns dazu entschieden haben, jetzt vegan zu leben und die anderen einfach nicht mitziehen und uns einfach nicht mehr verstehen, dass wir auf der Suche sind, nach einer neuen Gruppe, nach einer Zugehörigkeit und vielleicht auch erst mal das nicht so als Priorität ansehen und dann aber über kurz oder lang in ein Loch fallen. Und da sind eben Gruppen, mehrere Menschen, die mit dir verbunden sind und natürlich auch einzelne Menschen, die mit dir verbunden sind, sehr wichtig, um dich aufzufangen.

Aus diesem Grund habe ich auf jeden Fall auch den Von Herzen Vegan Clan gegründet [der mittlerweile geschlossen ist] und ich bin dankbar dafür, dass es jetzt eine wissenschaftliche Begründung dafür gibt für meine intuitive Entscheidung, das Gruppen und Verbündete einfach wichtig sind. Dafür, dass du dein Leben gelassen und souverän leben kannst, dass du glücklich sein kannst, dass es ein fester Bestandteil ist, um in dieser nicht veganen Welt nicht nur zu überleben, sondern auch ein zufriedenes Leben zu führen. Deshalb auch an dieser Stelle noch einmal die dringende Bitte an dich, such dir eine Gruppe, der dich zugehörig fühlen kannst. Es gibt jede Menge virtuelle Gruppen und auch reale Gruppen gibt es viele, natürlich jetzt in Corona-Zeiten mit Vorsicht zu genießen, aber vielleicht hast du trotzdem die Möglichkeit mit Abstand dich zu treffen und vielleicht in kleineren Gruppen einfach unterwegs zu sein.

Ich möchte dazu jetzt noch ein Zitat aus dem Artikel vorlesen: „Auf den ersten Blick mag es merkwürdig erscheinen, wie wichtig es für das Wohlbefinden ist zu einer mitunter auch abstrakten Gruppe zu gehören, etwa zu den Rentnern, Vegetariern oder zu einer Gilde bei einem Multiplayer-Spiel. Doch wir Menschen haben schon immer in Gemeinschaft gelebt. Diese sind, wie das Psychologen nennen, oft ein zentraler und integraler Bestandteil des Selbst. Das heißt, sie beeinflussen, wie wir uns beschreiben und wie wir denken, fühlen und handeln. Wie wir sind und wie wir uns selbst sehen, hängt in bedeutsamer Weise von unseren Gruppenmitgliedschaften ab. Wir Schmitz, wir Frauen, wir Vegetarier, wir Deutschen, alle diese Gruppen formen unsere sogenannte soziale Identität und tragen zu unserem Bewusstsein als wir und uns bei. Wird zum Beispiel unsere Identität als Europäer in einer Diskussion über den Brexit aktiviert, handeln wir nicht mehr nur gemäß unseren persönlichen Einstellungen und Erfahrungen, sondern als Europäer. Wir verteidigen die Normen dieser Gruppe und betonen die entsprechenden Werte. Und je mehr wir uns mit einer bestimmten Gemeinschaft identifizieren, desto stärker verinnerlichen wir deren Werte.“

Wenn du also noch am Anfang deines veganen Lebens stehst, dann ist es super sinnvoll, sich einer veganen Gruppe oder einer Gruppe von Veganer·innen anzuschließen, um auch deine Werte herauszuarbeiten, wie Gold aus dir selbst herauszuschürfen, um dir darüber klarer auch zu werden, was du möchtest und was du nicht möchtest und wie du dein veganes Sein definierst, wie du deinen Weg gehen möchtest. Eine Gruppe kann dir dabei helfen. Geh deinen Weg nicht allein. Du musst nicht alles alleine schaffen. Es gibt hier draußen ganz viele Veganer·innen, die dir auf deinem Weg gerne behilflich sind.

Und es geht auch nicht darum, irgendwie den einen genormten Weg dann zu finden, sondern deinen Weg zu finden. Dafür habe ich jetzt mein Reisebuch entwickelt, das Dich auf Deinem Weg durch die nicht-vegane Welt unterstützen soll.

Unterschätze den Wert der Gruppen nicht. Ich war sehr froh, als ich diesen Artikel entdeckt habe, weil es einfach meine Erfahrung bestätigt hat, dass die Ergänzung durch eine Gruppe sehr wichtig ist. Die Gruppe, die Verbündeten gehören einfach dazu, zu der ganzen Methodik, die wir brauchen, um in dieser nicht veganen Welt gelassen und souverän zu leben. Und ja, es ist ein ganzes Mosaikbild aus Dingen, die du brauchst, um gesund zu bleiben, um dich selbst auf diesem Weg zu begleiten, um dich in dieser karnistischen Welt zurechtzufinden. Und eine Gruppe oder mehrere Gruppen am besten auch sind definitiv ein großer Teil davon.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Diese Übung wirkt bei mir nicht.

Ein Beitrag

Folge 094 - Diese Übung wirkt bei mir nicht.

Kennst Du das auch, Du hörst von einer Übung, probierst sie aus und sie wirkt bei Dir nicht? Oder Du hörst von einer Übung und denkst Dir: "So verrückt bin ich nun auch nicht - diese Übung ist nichts für mich!"?

Ein gutes Beispiel dafür ist das Bäume umarmen - wenn Du davon hörst, denkst Du dann direkt "Das ist doch nur was für Spinner?" oder bist Du offen und überlegst es einmal auszuprobieren oder hast es gar schon getan?

Natürlich ist es immer möglich, dass eine Übung wirklich nichts für uns ist oder wir momentan einfach noch nicht offen für sie sind.

Wozu ich Dich mit dieser Folge einladen möchte, ist, eine offene, neugierige Einstellung zu kultivieren, mit der Du auf neue Übungen blickst. Und eine Übung nicht nach dem ersten Ausprobieren gleich als unbrauchbar abzutun, sondern Dich nach und nach dafür zu öffnen.

Denn oft müssen wir uns erst verletzlich machen und offen sein für eine Übung, damit sie bei uns wirkt.

Das ist gerade für uns Veganer·innen in einer nicht-veganen Welt ein Balanceakt und wir sollten immer darauf achten gleichzeitig gut für uns zu sorgen und uns zu schützen.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen.

Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge darüber sprechen, was da eigentlich passiert bei uns im Kopf und im Körper, wenn wir das Gefühl haben oder der Meinung sind, diese eine Übung, die wir gerade ausprobieren wollen, funktioniert für uns nicht.

Und die Erkenntnis kam mir tatsächlich beim Bäume umarmen, denn Bäume umarmen ist ja etwas, dem viele Menschen erst mal skeptisch gegenüberstehen, was gleich wieder in bestimmte Bereiche abgedrängt wird, was ein Etikett verabreicht bekommt. Und ja, auch ich habe früher immer gedacht, Bäume umarmen, was soll das denn? Jetzt habe ich in letzter Zeit mal des öfteren Bäume umarmt und habe aber bisher noch nicht irgendein Effekt erzielt oder irgendetwas gespürt dabei.

Und dann bin ich letztens durch den Wald gelaufen und habe gedacht, ja, ich muss mich auch darauf einlassen können. Ich muss mich dafür öffnen können für diese Übung und sie nicht direkt abtun, dass sie bei mir nicht wirkt, sondern es kann sein, dass ich einfach nicht offen bin für diese Übung. Natürlich funktioniert nicht jede Übung für jeden Menschen, das ist ganz klar. Aber ich möchte in dieser Folge darüber sprechen, wie schnell wir doch manche Übungen abtun und sie in gewisse Ecken drängen, mit denen wir nichts zu tun haben wollen, obwohl diese Übung uns vielleicht helfen würde.

Natürlich kann es auch sein, dass wir dann momentan einfach noch nicht bereit sind für diese Übung und wir uns erst noch in diese Richtung entwickeln müssen, damit wir auch von der Übung profitieren können. Aber manchmal brauchen wir vielleicht einfach nur einen kleinen Stupser, um uns dafür zu öffnen. Und ich dachte mir, dass wir als Veganer·innen ja eigentlich prädestiniert dafür sind, uns für Neues zu öffnen, denn den meisten ging es ja so, dass sie, bevor sie vegan geworden sind, gedacht haben: „Veganer·nnen, was sind das für Spinner·innen?“

So wie bei mir, dass ich halt als Vegetarierin gesagt habe: „na vegan, so verrückt bin ich jetzt auch wieder nicht. Ich mag ja verrückt sein, weil ich Vegetarierin bin, aber so schlimm ist es jetzt noch nicht, dass ich jetzt auch noch vegan werden würde.“ Und jetzt bin ich in meinem sechsten Jahr vegan und muss sagen: doch, so verrückt bin ich anscheinend schon. Und so sind mir jetzt in den vergangenen fünfeinhalb Jahren so viele Dinge passiert und es haben sich so viele Türen für mich geöffnet, dass ich immer und immer wieder eigentlich mich hab sagen hören: „was ist das denn so verrückt, bin ich nicht?“ Und dann habe ich es eben doch gemacht und mittlerweile empfinde ich es halt gar nicht mehr als verrückt.

Und so kann es eben sein, dass wir bei bestimmten Übungen, wie zum Beispiel beim Bäume umarmen - ich nehme jetzt einfach mal diese Übung, weil wir uns die so gut vorstellen können, du weißt genau, was da passiert und hast vielleicht bestimmte Reaktionen, wenn du hörst, komm lass uns doch mal ein Baum umarmen, wenn du das jetzt hörst, dann hast du vielleicht eine ablehnende Haltung dagegen oder du hast es schon selber ausprobiert oder du bist schon viel weiter und hast positive Erfahrungen gesammelt. Jedenfalls kannst du dir genau vorstellen, was diese Übung bedeutet. Und es kann eben sein, dass wir einfach genau wie wir vorher, bevor wir vegan geworden sind, noch diesen Schritt machen müssen, vom „so verrückt bin ich nicht“ hin zu, „okay ich bin neugierig, ich öffne mich dafür, ich probiere das mal aus“.

Und dann kann es auch sein, dass du es einmal ausprobierst oder zweimal ausprobierst und das Gefühl hast, okay jetzt habe ich mal schnell diesen Baum umarmt, vielleicht habe ich mich auch mal fünf Minuten dran gelehnt, aber irgendwie ist da nichts bei mir passiert, also funktioniert es nicht für mich - habe ich jetzt gemacht, abgehakt und das war es.

Und so war das bei mir jetzt die ersten Male eben einfach auch, dass ich das Gefühl hatte, ja ich umarmte diesen Baum einfach um das mal auszuprobieren, ich bin neugierig und offen dafür und ich habe nichts gespürt. Und dann habe ich einfach jetzt gemerkt, hey ich muss auch was tun, ich muss mich öffnen, ich muss mich verletzlich zeigen, ich kann hier nicht einfach nur diesen Baum umarmen und das als motorische Übung sehen, sondern es geht darum dann auch zu spüren.

Wir versuchen ja immer alles so mit unserem Verstand zu ergründen, aber wir als Menschen sind ja nicht nur unser Verstand, sondern vor allem auch unser Körper, denn ohne unserem Körper wären wir ja nichts. Es fliegen ja jetzt nicht so immaterielle Verstandes-Menschen durch die Gegend, sondern dein Verstand wird von deinem Körper durch die Gegend befördert und ohne deinen Körper wird da auch nichts sein, was denken kann, das funktioniert eben alles nur als Gesamtheit. Wir können daran glauben, dass es eine Seele gibt, die den Tod überdauert, aber auch die ist ja dann körperlos. Und letztlich, selbst wenn wir uns als vielschichtige Person wahrnehmen, mit Körper, Seele, Geist, was denkt da eigentlich, wer kann über die Seele, den Geist und den Körper nachdenken, was ist das denn jetzt noch?

Also selbst wenn wir uns spirituell ergründen, müssen wir doch zugeben, dass wir ohne den Körper nicht weit kommen. Und unser Körper funktioniert eben über Gefühle und nicht nur über den Verstand. Gefühle wiederum sind aber sehr individuell, die kann ich nicht wissenschaftlich basiert abrufen und ich kann anderen nicht ihre Gefühle aberkennen und sagen, es kann gar nicht sein, dass du es fühlst. Ich fühle das nicht, also kannst du das auch nicht fühlen. Wir können Gefühle nicht als falsch oder richtig einstufen, sondern für uns ist das, was wir fühlen immer richtig, weil wir es einfach fühlen. Und für dein Gegenüber ist das, was er oder sie fühlt auch richtig, weil er oder sie das einfach im Moment fühlt. Und wenn ihr unterschiedliche Dinge fühlt, dann ist nichts davon falsch. Aber wenn wir uns unseren Gefühlen öffnen, machen wir uns eben auch wieder verletzlich.

Und gerade so eine Übung wie ein Baum umarmen, hat ja viel mit Fühlen zu tun und gar nicht so sehr mit Denken. Und wenn ich mich da dann nicht öffne und mich verletzlich mache, dann werde ich wahrscheinlich auch die Vorzüge dieser Übung nicht genießen können. Und dann sind wir halt schnell versucht zu sagen, okay, ne, habe ich probiert, Übung wirkt bei mir nicht, funktioniert einfach nicht. Und dann wieder zu sagen, ja, okay, gib mir mal eine andere Übung, lass uns mal schauen, wie die Übung funktioniert, wie die Übung funktioniert. Und dann der Reihe nach, wirklich die verschiedensten Übungen abzutun, weil wir einfach noch keinen Zugang zu unseren Gefühlen haben.

Nun, habe ich aus eigener Erfahrung gemerkt, dass das vegan werden - wenn du aus ethischen Gründen vegan lebst, das muss ich immer einschieben - auch ein Prozess ist, indem du dich selbst erkundest und deine Gefühlswelt und deine Werte, denn du bist ja in dieser karnistischen Welt groß geworden und du bist darin aufgewachsen, dir wurden die Werte einer karnistischen Welt vermittelt und du musstest all deine Gefühle und alles, was du eigentlich ureigen in dir hast, diesen Werten unterordnen. Und dadurch, dass du jetzt vegan lebst, waren da ganz offensichtlich eigentlich andere Werte in dir, die du leben wolltest. Aber weil das eben nicht in dieses karnistische Weltbild gepasst hat, musstest du sie unterdrücken. Und das ist dir mal besser, mal schlechter gelungen, das kannst du nur selber sagen, wie das in deiner Biografie verhaftet ist. Und jetzt, in dem Moment, in dem du gemerkt hast, okay, nein, es geht nicht mehr, ich muss vegan leben, ich muss diesen Schritt gehen, hast du dich geöffnet und verletzlich gemacht. Und das hat weh getan, das hat richtig weh getan.

Du hast vielleicht wochenlang weinend vor irgendwelchen YouTube-Videos gesessen, in denen du dir die Zustände angeschaut hast, die da dann eben in den Massenbetrieben herrschen und die die Wahrheit zeigen. Und du hast dich mit Schuldgefühlen gequält und Scham. Und es war schrecklich, du hast dich gefragt, warum du nicht schon viel früher diesen Schritt gemacht hast. Und du hast dich geschämt dafür, dass du so lange in diesem System verharren konntest. Und wie du bei diesem Schritt, diesem Auslöser, diesem einem Moment, in dem du gemerkt hast, das ist es, jetzt lebe ich vegan, wie du da dann dich geöffnet hast und diesen Schmerz erfahren hast, war das der erste Schritt.

Und jetzt ist es natürlich sehr schwierig und auch ziemlich hart teilweise, weiterhin in dieser karnistischen Welt zu leben, in dieser nicht-veganen Welt zu sehen, was du sehen kannst, die Wahrheit zu sehen. Zu sehen, dass alles so weiterläuft wie bisher, aber zu wissen, dass es ganz schief läuft. Und dich dann nicht wieder zu verkriechen und alle Gefühle abzutöten und zu sagen: okay, nein, ich will nichts mehr fühlen, ich will nichts mehr fühlen, sondern den Weg weiterzugehen und deine Werte Schritt für Schritt freizulegen, dich zu öffnen und verletzlich zu machen, aber gleichzeitig zu schützen.

Das ist jetzt eine riesige Herausforderung und ich weiß, wie es ist. Ich meine, ich gehe diesen Weg jetzt im sechsten Jahr und ich weiß, wie es ist, sich zu öffnen. Und jede·r von uns geht diesen Weg in ihrem oder seinem eigenen Tempo und vielleicht gehst du ihn viel schneller als ich, vielleicht auch langsamer oder genauso schnell. Das ist überhaupt gar nicht richtig messbar, denn du hast eine ganz andere Biografie als ich. Kein Mensch ist mit dem anderen richtig vergleichbar und nur du kannst deinen eigenen Weg beschreiten und wissen, wo und wie du entlang gehen kannst. Und es ist ganz viel auch ein Ausprobieren. Und ein immer wieder Austesten, wie verletzlich kann ich mich wirklich machen und gleichzeitig aber den Notfallkoffer immer dabei zu haben und auch eine Schutzfunktion auszufahren.

Das ist das, weswegen ich jetzt auch dieses Reisebuch entwickelt habe und weswegen ich schon die ganze Zeit über diese Methode auch im Masterplan immer weiterentwickelt habe und mit der ich dir einfach helfen kann, gleichzeitig Methoden zu entwickeln, wie du mit den Herausforderungen in deinem Leben umgehen kannst, aber auch wie du dich schützt, wie du immer wieder gut für dich sorgst und auf dich aufpasst. Das muss gleichzeitig gehen. Denn wenn du einfach nur darüber nachdenkst, okay, wie meistere ich jetzt diese Herausforderung im Sinne von, wenn ich das höre, dann antworte ich das und ich eigne mir einfach ganz viel Wissen an oder welche Methode auch immer für dich am besten funktioniert, dann würdest du dich nicht davor schützen, wenn du immer und immer wieder in diese verletzenden Situationen gerätst in unserer nicht veganen Welt.

Und deswegen ist es wichtig, dass du gleichzeitig für dich einen Sicherheitsnetz aufbaust, einen Schutzmantel entwickelst, wie auch immer du es nennen möchtest und dann in diesem geschützten Rahmen dich weiter öffnest. Denn dann hast du die Möglichkeit auch von diesen Übungen wie zum Beispiel vom Bäume umarmen zu profitieren, weil du dich dann weiter verletzlich machen kannst. Es ist eine immense Herausforderung sich verletzlich zu machen in dieser verletzenden Welt. Es wirkt jetzt so wie ein Paradoxon, aber es ist machbar. Du musst nur wirklich darauf achten, dass du dich gut schützt und immer wieder zurückkommst in eine sichere Umgebung, die dich sozusagen immer wieder absicherst.

Und vielleicht kannst du es dir so überlegen, wie als wenn du an einer Felswand hochkletterst und du bist gesichert, du kletterst aber trotzdem weiter und meisterst diese Felswand, aber du hast diese Sicherung. Das heißt, wenn du irgendwo falsch trittst oder dich nicht richtig festhalten kannst, dass du nicht komplett abstürzt oder sonst irgendwie dir was Schlimmes tust, sondern dass immer dein Sicherungsnetz oder deine Sicherung generell greift, dass du immer gesichert bist.

Und dann hast du die Möglichkeit, deine Werte immer tiefer zu ergründen und immer stärker und auch feiner herauszukristallisieren. Was sind denn deine Werte? Wofür stehst du? Was ist dir wirklich wichtig? Und das immer wieder feinzuschleifen. Es ist ein Weg, definitiv. Es ist ein Prozess und es ist eigentlich so, dass du es frei legst. Also ich merke dann immer, dass ich denke, das ist so, als würde ich Gold schürfen oder so. Ich habe noch nie Gold geschürft, aber ich meine, ich stelle mir das so vor. Ich lege Schritt für Schritt diese Schichten frei und entdecke, was da eigentlich in mir verborgen ist und was eben von diesem karnistischen System mit diesen Werten, die uns vermittelt wurden, mit denen wir aufgewachsen sind, was mir da vermittelt wurde und was eigentlich gar nicht mit mir übereinstimmt.

So dass da drunter, unter diesem karnistischen Wertesystem dann eigentlich mein empathisches Wertesystem hervorkommt und es mir möglich macht, verletzlich zu sein, ohne beständig verletzt zu werden. Natürlich können wir nicht verletzlich sein, ohne verletzt zu werden. Das ist unmöglich, aber wie gesagt, wir können uns schützen. Wenn du also das Gefühl hast, es gibt Übungen, die hast du ausprobiert und dann abgetan, vielleicht hast du das früher eben auch als verrückt bezeichnest, aber du machst es jetzt und vielleicht kannst du mit diesem offenen Blick, mit dem neugierigen Blick, dann auf die Übung schauen und sagen, okay, ich gebe dir eine Chance.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Die schnelle Lösung für Deine Probleme

Ein Beitrag

Folge 093 - Die schnelle Lösung für Deine Probleme

Letztens las ich einen Bericht über die Therapiemethode "The Journey", in dem erwähnt wurde, dass die meisten Probleme in bereits einer Sitzung gelöst werden würden.

Ich war berauscht - das wollte ich ausprobieren. Nur eine Sitzung und dann endlich geheilt. Endlich rundum glücklich und zufrieden.

Ich besuchte die Webseite der Therapeutin, wollte wissen wie viel die Sitzung kosten würde und war schon bereit einen Termin zu machen. Nur endlich eine Lösung finden in möglichst kurzer Zeit!

Dann die Ernüchterung: ich fand keinen Hinweis auf die Kosten und so schloss ich die Webseite wieder - ich würde mich vielleicht morgen wieder damit beschäftigen. Was ich dann nie tat.

Daher weiß ich nicht, ob diese Methode tatsächlich der heilige Gral ist und mich in nur einer Sitzung erlöst hätte. Was ich aber weiß, ist, dass die Lösung meist ein Prozess ist und wir kontinuierlich daran arbeiten müssen.

Wir müssen uns darauf einlassen. Etwas dafür tun. Uns öffnen und das regelmäßig. Über einen längeren Zeitraum hinweg.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge mit dir über unseren Hang zu schnellen Lösungen sprechen.

Seit ich vegan lebe begegnet mir der Wunsch nach dem einen Argument oder dem einen Set an Argumenten sehr häufig, was Veganer·innen im Gespräch mit nicht-Veganer·innen dann anwenden können. Und vielleicht kennst du das auch sonst aus dem Alltag, wenn du schon mal versucht hast abzunehmen oder generell schon mal durch Zeitschriften geblättert hast, die gewisse Diäten anpreisen. Da wird immer und immer wieder von Diäten gesprochen, die Versprechen in kürzester Zeit ganz viel abzunehmen.

Oder, und das ist mir jetzt wieder passiert, dass ich durch eine Zeitschrift geblättert habe und etwas von einer Therapiemethode namens „The Journey“ gelesen habe. Das war ein Bericht darüber von einer Person, die das ausprobiert hat. Und was mich am meisten getriggert hat, quasi, war, dass gesagt wurde, „meist reicht schon eine Sitzung“. Und schon hatten sie mich und ich hatte das Gefühl, ja okay, das muss ich unbedingt ausprobieren. Eine Sitzung und ich bin von all meinen Problemen geheilt und auf einmal kann ich Frieden finden und Frieden schließen mit meiner Vergangenheit. Meine inneren Kinder werden aufjubeln und alles wird gut sein nach einer Sitzung. Ich habe dann auch direkt geschaut, welche Therapeutin war das da, die zufällig in Hamburg sitzt. Da konnte ich ja mal gucken und habe gedacht, na mal schauen, wie viel kostet das denn wohl und ob ich das wohl investieren kann. Und dann war ich auf der Internetseite von dieser Therapeutin und habe mir das alles angeschaut und es sah alles schön aus, aber da standen keine Preise.

Und dann habe ich es erstmal wieder vertagt und schließlich, bei einem Waldspaziergang, habe ich mich ertappt gefühlt, weil ich gedacht habe: okay, du versuchst jetzt wieder, all deine Probleme, die sich über Jahrzehnte angestaut haben und die wirklich über viele, viele Jahre lange Zeit sich entwickelt haben, durch eine Ad hoc-Lösung zu lösen. Also du versuchst, dort dann mit dieser Methode in einer Sitzung alles zu lösen. Kann das denn sein? Ich habe es noch nicht ausprobiert. Ich war noch nicht dort. Ich gehe aber momentan davon aus, dass es nicht möglich ist, alles in mir zu lösen in einer Sitzung. Höchstwahrscheinlich würde es irgendetwas anstoßen und dann müsste ich doch über die nächsten Tage, Monate, Jahre weiter daran arbeiten, kontinuierlich.

Der Wunsch ist groß, auch in mir auf jeden Fall, so etwas zu finden, die eine Lösung, die schnelle Lösung, etwas, was zack, zack geht. Ich merke es auch tatsächlich selbst in meinen Kursen, die ich bei der VHS gebe. Wochenendkurse bzw. kurze Kurse, die über vier Stunden gehen oder nur über zwei Stunden werden eher gebucht als ein Monatskurs. Sich wirklich kontinuierlich hinzusetzen und an einer Veränderung zu arbeiten, ist offensichtlich etwas, was uns Menschen widerstrebt.

Und bestimmt wirst du, genau wie ich, auch schon die Erfahrung gemacht haben, dass es diese eine schnelle Lösung einfach nicht gibt für die meisten Probleme, für die meisten Situationen, für die wir eine Lösung suchen. Wenn wir ehrlich zu uns sind, wissen wir, dass wir uns Fähigkeiten nur aneignen können, wenn wir kontinuierlich daran arbeiten oder üben, wie zum Beispiel Klavier spielen. Da reicht es nicht, wenn du ein Crashkurs Klavier spielen machst und dann innerhalb von zwei Wochen Klavier spielen lernst und dann nie wieder spielst und dann überlegst nach zwei Jahren, okay, ich habe doch mal diesen Crashkurs gemacht, dann müsste ich doch jetzt eigentlich Klavier spielen können. Aber nein, oh Wunder, nach zwei Jahren wirst du wahrscheinlich alles verlernt haben. Ich kann dir das aus Erfahrung sagen, ich habe fünf Jahre lang Klavier gespielt, als ich noch ein Kind war und ich kann jetzt nichts mehr. Das ist schon sehr lange her, das weiß ich auch, aber ich konnte auch schon kurz danach nichts mehr, also sagen wir mal ein halbes Jahr oder ein Jahr, das ging relativ schnell, dass ich das alles verlernt habe.

Es gibt also tatsächlich Fähigkeiten, die wir kontinuierlich schulen müssen, damit wir sie uns erhalten, im Gegensatz jetzt zum Beispiel zum Fahrrad fahren oder zum Laufen oder auch zum Schwimmen. Das sind ja alles Dinge, die wir immer können - wenn wir motorisch dazu in der Lage sind - aber wir werden es natürlich nicht zur Perfektion bringen, zum Beispiel beim Schwimmen, wenn wir nicht kontinuierlich trainieren und da kommt es eben drauf an, was wir uns als Ziel gesetzt haben.

Laufen, damit meine ich gehen, joggen ist klar, also es ist halt alles etwas, was mit unserem Körper auch zu tun hat. Wenn wir da ausdauernd dabei sein wollen, dann müssen wir unseren Körper eben auch kontinuierlich trainieren und genauso ist es auch mit unserem Geist. Wenn wir jetzt einmal für eine Woche jeden Tag meditieren zum Beispiel, dann hilft uns das sicherlich in dieser Woche, aber wenn wir dann aufhören und dann nur noch ab und zu meditieren, werden wir nicht so leicht wieder in diesen Zustand kommen, der uns gut getan hat und es wird auch nicht zu unserer dauerhaften Entspannung beitragen.

Und so ist es eben mit den meisten Übungen, dass es wichtig ist, sie kontinuierlich durchzuführen. Klar müssen wir da wieder die Balance halten, dass es nicht fanatisch wird, im Sinne von, dass es zu einem Zwang wird, dass wir das tun müssen, sondern es geht in erster Linie darum, dass es uns gut tut. Aber wenn wir wollen, dass es uns nachhaltig, kontinuierlich gut tut, müssen wir es regelmäßig tun und wir müssen es eben regelmäßig über einen gewissen Zeitraum hinweg tun.

Niemand erwartet von dem eigenen Körper, dass wir einen Marathon laufen können, wenn wir jetzt eine Woche lang jeden Tag eine Stunde joggen gehen. Das ist einfach nicht möglich, dazu müssen wir viel mehr trainieren und genauso ist es eben wichtig, unseren Geist zu trainieren und Rituale einzuführen, die wir regelmäßig üben.

Das Dankbarkeitsritual ist etwas, worüber ich in einer der vorangegangenen Folgen schon mal gesprochen habe, etwas, was durch die Regelmäßigkeit in uns eine Veränderung hervorrufen kann. Es wird keine Veränderung hervorrufen, wenn wir das jetzt für zwei Wochen machen, jeden Tag aufschreiben, wofür wir dankbar sind und dann wieder aufhören, sondern es ist wichtig, dass wir das regelmäßig tun und dann wird es sich irgendwann in unserem Leben so verankern, dass wir automatisch merken, wofür wir dankbar sind und dass wir uns öffnen für die Dankbarkeit.

Aber auch dann, das habe ich auch wiederum selbst bemerkt, ist es wichtig, dass wir uns immer wieder daran erinnern und immer wieder auf dieses Ritual besinnen, weil wir sonst den Fokus darauf wieder verlieren. Oder vielleicht können wir das auch als eine bestimmte Sensibilität beschreiben. Wir werden sensibler für bestimmte Empfindungen und für, in diesem Fall, positive Empfindungen wie die Dankbarkeit und wir stumpfen dann da ein wenig ab, wenn wir das nicht regelmäßig üben.

Und so reizvoll diese Idee mit einer schnellen Lösung auch ist, so wenig kann ich das in der Praxis bestätigen, dass das hilfreich sein kann. Ich weiß selber aus teilweise leidvoller Erfahrung, dass es wichtig ist, sich immer und immer wieder dazu anzuhalten, bestimmte Rituale einzuüben, sich daran zu halten und sich nicht davon von einem Wochenendseminar oder einem Retreat oder was auch immer zu erhoffen, dass dadurch alle Probleme gelöst werden. Es kann natürlich sein, dass es in deinem Fall, in diesem speziellen Fall, was auch immer es sein mag, so ist, dass du nur noch diesen einen Anstupser gebraucht hast und jetzt läuft alles. Wenn es aber tiefsitzendere Dinge sind, dann reicht die schnelle Lösung einfach nicht.

Und gerade in diesem Prozess, in dem wir uns als ethisch motivierte Veganer·innen befinden, in dem wir uns öffnen für unsere Umwelt, für unsere Mitlebewesen, für Gefühle, die wir vorher nicht gefühlt haben, ist es ein längerer Prozess, den wir dann über einen ganzen Zeitraum selbst begleiten müssen. Und ich weiß, wie schmerzvoll das ist, gerade zu beginnen, wenn wir realisieren, was da eigentlich schiefläuft und worauf wir uns jahrzehntelang teilweise eingelassen haben und woraus wir jetzt erwachen und wie weh das tut und wie sehr wir uns da eine Lösung wünschen, die schnell wirkt und womit wir einmal uns beschäftigen und was wir dann abhaken können.

Und leider kann ich dir so etwas nicht anbieten. Jede·r von uns muss da ihren oder seinen eigenen Weg finden. Und es wird teilweise ein schmerzhafter Prozess sein, immer und immer wieder, egal wie lange du vegan lebst. Denn dadurch, dass wir ja als Veganer·innen in einer nicht veganen Welt leben, werden wir immer und immer wieder getriggert. Und deswegen brauchen wir gerade diese Rituale, diese Übungen, die wir täglich, aber zumindest regelmäßig ausführen. Und nur das kann uns tatsächlich stützen und nur das kann wirklich dafür sorgen, dass wir nachhaltig gelassen und souverän reagieren können und dass wir nicht verrückt werden in dieser Welt, die sich so überhaupt nicht um Empathie und Mitgefühl kümmert. Gerade weil wir ja immer und immer wieder getriggert werden, durch genau das, was uns dazu gebracht hat, vegan zu leben.

Und genau deswegen, weil wir eben nicht als Einzelpersonen jetzt direkt alles ändern können, ist es wichtig, dass du regelmäßig für dich sorgst, dass du gut für dich sorgst, dass du auf dich achtest. Und ich kann den Wunsch verstehen nach einer Sofortlösung, ich kann ihn wirklich verstehen. Ich habe auch immer wieder diesen Impuls nach so etwas zu greifen, so etwas zu suchen und diesen dringenden Wunsch nach sofortiger Heilung, dass es sofort gut wird oder dass es endlich aufhört, weh zu tun oder nach solchen Dingen. Das kann ich total verstehen.

Ich meine, darum betäuben wir uns mit Alkohol, mit Essen, mit Fernsehen, mit verschiedenen Streamingdiensten, mit Büchern, mit aller möglichen Ablenkung. Und es hilft ja auch teilweise, aber es hilft eben nur für einen gewissen Moment und es betäubt uns tatsächlich nur, es drückt ja den Schmerz nur weg, es drückt die Gefühle nur weg und es hilft nicht auf lange Sicht. Auf lange Sicht müssen wir uns diesen Gefühlen stellen und auf lange Sicht ist es wichtig, das kontinuierlich zu tun. Und ja, die Angst ist groß vor diesem Schmerz, der uns dazu geführt hat, vegan zu leben, diesen Schmerz immer und immer wieder zu fühlen.

Und ich kann dir versichern, es wird besser. Wenn du dich dem Schmerz stellst und wenn du beginnst, begleitende Rituale einzuüben. Ich habe dafür jetzt mein Reisebuch erstellt. Es ist ein Buch, was ich aus meiner Methode entwickelt habe, die ich über die letzten Jahre hinweg aus dem Gamification Bereich stark inspiriert durch Jane McGonagall entwickelt habe und was dich begleitet in deinem Alltag als Veganer·in in einer nicht-veganen Welt. Was dir helfen soll, deinen Weg zu finden, deine Rituale zu finden und deine Herangehensweise mit den Herausforderungen in deinem veganen Alltag umzugehen. Ich habe länger daran gefeilt und ich wünsche mir sehr, dass dieses Buch ein Alltagsbegleiter für dich werden wird, der dir hilft, diese Rituale in dein Leben zu integrieren und dich täglich daran zu erinnern, wie du gut für dich sorgen kannst, wie du deinen Weg finden kannst in dieser nicht veganen Welt.

Es soll keine Sofortlösung sein, nichts, was du jetzt einmal durcharbeitest und dann weglegst, sondern es soll wirklich etwas sein, was du Tag für Tag zur Hand nimmst, was du ja am Anfang erstmal bearbeitest, weil es ein paar Schritte gibt, die zunächst einmal geklärt werden müssen, womit du für dich die Rahmenbedingungen festlegst, quasi die Reisevorbereitung und dich dann mit gepacktem Rucksack in dein Abenteuer stürzt und du dann das Buch immer dabei hast, um immer wieder nachschlagen zu können, was sind deine Werte, was sind deine Träume, wie gehst du mit deinen Herausforderungen um und welche Rituale kannst du regelmäßig in deinen Alltag integrieren. Und natürlich gibt es auch einen Notfallkoffer und natürlich gibt es auch eine Webseite zu diesem Buch, einen geschützten Bereich online, wo du dir dann auch noch einige Audios anhören kannst und alle Anleitungen auch nochmal durchlesen und auch Arbeitsblätter runterladen kannst, wenn du das möchtest. Das ist natürlich alles optional, aber auch diese Möglichkeit gibt es zu dem Buch. Und ich habe wirklich ganz viel Herzblut in dieses Buch gesteckt und ich bin sehr gespannt, was du dazu sagen wirst.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Erste Erfahrungen mit Waldbaden

Ein Beitrag

Folge 092 - Erste Erfahrungen mit Waldbaden

Während es in der vorangegangenen Folge um die Theorie des Waldbadens ging, erzähle ich Dir in dieser Folge von meinen Praxiserfahrungen im Wald.

Ich habe mir eine Woche eine Auszeit genommen und war jeden Tag im Wald. Mein Ziel war es meine 7 Bäume für meinen Shinrin Yoku Pfad zu finden.Ich wollte außerdem fasten - sowohl digital, als auch körperlich.

Was ich dabei erlebt und ob ich meine Ziele erreicht habe, davon berichte ich in dieser Folge.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und wie versprochen gibt es jetzt einen Erfahrungsbericht zu meiner Woche Waldbaden und ich habe diese Woche ein wenig ausgedehnt, das heißt es sind jetzt zehn Tage Waldbaden sozusagen.

Ich bin auch vorher schon drei Monate lang täglich in den Wald gegangen, aber nicht mit der Prämisse Wald zu baden oder im Wald zu baden, sondern eigentlich um Sport zu treiben, um mich zu bewegen und der Fokus lag eben wirklich auf der Bewegung und jetzt lag mein Fokus auf dem Waldbaden und wie du ja in der vorangegangenen Folge gehört hast, hatte ich auch vor zu fasten.

Das hat nicht funktioniert, denn an dem Entlastungstag habe ich auch meine Tage bekommen und das ist bei mir immer mit sehr viel Schmerzen verbunden meistens und auch sehr anstrengend für meinen Körper und ich wollte meinen Körper nicht noch zusätzlich belasten, indem ich dann faste und deswegen habe ich dann mitten im Entlastungstag quasi abgebrochen und doch wieder was gegessen und letztlich habe ich dann eigentlich die Woche über so was wie Intermediate fasten gemacht, denn dadurch dass ich die Vormittage immer im Wald verbracht habe und ich mir generell angewöhnt habe erst zu frühstücken, wenn ich von meiner Morgenrunde wieder da bin, habe ich dann erst mittags was gegessen. Denn meine Morgenrunde war ja dann so ausgedehnt, dass ich immer erst Mittags wieder da war und dadurch ist dann so ein Intermediate fasten entstanden. Ich habe dann auch versucht abends dann möglichst zeitig nichts mehr zu essen und habe das eine Woche lang gemacht und das hat ganz gut funktioniert, also ohne irgendwelche Entbehrungen oder dass ich mich zu irgendetwas zwingen musste und war eigentlich eine ganz gute Ergänzung zum Waldbaden.

Ich bin mit der Idee in den Wald gegangen und in diese Woche gestartet meinen Shinrin Yoku Pfad zu finden, diese sieben Bäume, die ich in der vorangegangenen Folge vorgestellt habe, für mich, in dem Waldstück, was mir zugänglich ist, zu finden und dann meinen Pfad zu gehen. Das war, wie ich gemerkt habe, sehr ambitioniert. Also ich habe bis heute noch nicht alle Bäume gefunden. Ich war jeden Tag im Wald und ich habe gemerkt, dass ich erst mal, als ich dann den ersten Tag im Wald war, gar nicht nach den Bäumen geschaut habe, sondern erst mal neue Wege gehen wollte. Ich bin dann einfach Wege weitergegangen, wo ich vorher immer abgebogen bin, damit die Runde nicht so groß wird und habe den Wald in einem weiteren Umfang erkundet. Bisher kenne ich nur einen Bruchteil von dem Wald, der hier vor unserer Haustür wächst. Und es war zeitlich bisher für mich nicht möglich, alles zu erkunden oder ich habe es mir nicht gestattet.

Und dieses mal habe ich es mir gestattet und habe gedacht, in dieser einen Woche Auszeit laufe ich so weit und so viel durch den Wald, wie ich das möchte. Und so war es dann die ersten Tage auf jeden Fall eher Bewegung im Wald, als dass es wirklich achtsames Gehen war oder dass ich mich irgendwo hingesetzt hätte, um zu meditieren oder generell irgendwelche Übungen zu machen. Ich bin sehr viel barfuß durch den Wald gelaufen. Es war nämlich ziemlich matschig und es kam dann noch dazu, dass die ersten zwei Tage es nicht geregnet hat, zumindest nicht viel und dann den Rest der Woche hat es eigentlich die ganze Zeit geregnet. Also dass es jetzt nicht die besten Voraussetzung waren, um sich dort sehr lange aufzuhalten und sich auch auf den Boden zu setzen oder irgendwelche Übungen zu machen, die sehr bodennah gewesen wären.

Ich habe mich aber von dem Regen nicht abschrecken lassen, denn unter den Blättern, unter dem Blätterdach kommt dann doch viel weniger Wasser an, als draußen außerhalb des Waldes. Und so war es trotzdem angenehm, durch den Wald zu laufen und weil es ja trotzdem eigentlich relativ warm war, konnte ich viel barfuß laufen und sonst laufe ich mit meinen Barfußschuhen, also mit Sandalen. Ich habe von Wildling diese Sandalen, damit laufe ich jetzt schon seit mittlerweile vier Monaten oder so durch den Wald, also seit vielen Wochen. Und ich habe sie auch schon durchgelaufen, tatsächlich. Ich musste jetzt nochmal meine Sohle da drin erneuern, die Einlegesohle und da ein Loch kleben, weil ich keine neuen Schuhe kaufen wollte, aus Nachhaltigkeitsgründen, und bin da jetzt auch noch so ein bisschen mit mir selbst im Clinch, ob es tatsächlich an den Wildlingen liegt, dass ich sie durchlaufe oder ob das einfach Verschleiß ist.

Jogger·innen kennen das ja wahrscheinlich von ihren Joggingschuhen, dass sie je nachdem, wie intensiv und viel sie joggen, relativ viele Joggingschuhe kaufen müssen. Ich hatte dieses Problem bisher noch nicht. Und jetzt habe ich eben dieses Problem mit meinen Barfußsandalen. Und ja, also ich bin wirklich sehr, sehr froh, dass ich diese Sandalen habe, weil sie super bequem sind und das Laufen auf Böden mit spitzen Steinchen und so sehr angenehm machen, was da barfuß halt wirklich eine sehr unangenehme Angelegenheit ist. Im Matsch zu laufen ging nicht so toll mit Sandalen und deswegen habe ich mich dann am ersten Tag auch schon entschieden Teile das Weges barfuß zu laufen. Ich hatte dann allerdings kein Handtuch dabei und dann, naja, war es halt etwas unangenehm, dann wieder in die Sandalen zu gehen mit den matschigen Füßen, aber auch das ist unproblematisch gelaufen. Auch das gehört zu den Erfahrungen dazu.

Und ich habe gemerkt, dass ich am achtsamsten bin, wenn ich barfuß laufe im Wald, weil ich dann einfach aufgrund der Bodenbeschaffenheit immer wieder aufpassen und im Hier und Jetzt sein muss. Wenn ich mit den Barfußschuhen laufe, dann ist es doch so angenehm, dass ich oft auch mit den Gedanken abschweifen kann, aber wenn ich wirklich barfuß laufe, dann muss ich auf den Boden achten und das hilft mir im Hier und Jetzt zu bleiben und das war auch eine schöne angenehme Erfahrung.

Eigentlich hatte ich mir diese Woche so vorgestellt, dass ich jeden Tag den ganzen Tag im Wald bin und dann mit dem Rucksack einfach durch den Wald laufe, mir eine Decke mitnehme und meinen Fastensaft und Wasser, damit ich dann ausgestattet bin und auch das Buch mit dem Shinrin Yoku Pfad von Jörg Meier, um dann einfach vor Ort Übungen zu machen oder nochmal etwas nachzulesen. Und am ersten Tag habe ich das noch nicht gemacht, da bin ich einfach in den Wald rein und bin gelaufen und gelaufen und gelaufen und bin wirklich auch die ganze Zeit gelaufen, ohne irgendwo Rast zu machen und nach vier Stunden war ich wieder zu Hause und war völlig geschlaucht und das war nicht wirklich Waldbaden, weil es nichts mit Entspannung und Erholung zu tun hatte. Ich habe dann aber bei mir selbst beobachtet, dass es mir irgendwie unangenehm ist, mit dem Rucksack durch den Wald zu laufen, wo ich sonst auch ohne eine Tasche oder einen Rucksack rumlaufe, weil ich ja nur irgendwie ein bis zwei Stunden durch den Wald laufe und meine tägliche Bewegungseinheit dort durchführe und deswegen kam mir das irgendwie merkwürdig vor.

Und es kam mir auch merkwürdig vor, so einen Ausflug zu machen von zu Hause aus in der Nähe von zu Hause und mich da irgendwie in dem Wald aufzuhalten, so als sei ich eine Touristin oder etwas in der Art. Ich habe gemerkt, dass ich da tatsächlich irgendwelche Vorbehalte in mir habe und ich bin am zweiten Tag dann mit dem Rucksack los und habe auch versucht, mich dort dann auf eine Decke zu legen und alles und was aber dann noch hinzukam, war eben, dass ich sowohl am ersten als auch am zweiten Tag noch ziemliche Schmerzen aufgrund meiner Menstruation hatte und ich auch deswegen relativ schnell erschöpft war und eigentlich mich nicht so viel hätte bewegen sollen und ich mir aber ja vorgenommen hatte, in den Wald zu gehen und das alles irgendwie miteinander in Konflikt geraten ist und ich dann den Rest des Tages, also als ich mittags dann wieder zu Hause war, dann doch auf dem Sofa verbracht habe.

Den dritten Tag habe ich dann ganz ausgesetzt und bin nur abends mit dem Nachbarshund eine Runde gegangen, weil ich einfach sehr erschöpft war von allem, was bei mir körperlich vorging und von den beiden Tagen im Wald, also den beiden halben Tagen und am vierten und fünften Tag war ich dann wieder beide Vormittage im Wald und es hat geregnet und war nicht wirklich so schön. Aber am fünften Tag habe ich dann erst angefangen nach meinen Bäumen zu suchen und ich hatte mir so einen Spickzettel gemacht, damit ich immer wieder gucken kann, wie finde ich denn jetzt diese Bäume?

Den Spickzettel teile ich hier einmal mit dir, damit du, wenn du auch auf der Suche nach deinen Bäumen bist, ihn auch für dich nutzen kannst. Jörg Meier schreibt in seinem Buch „Im Wald Baden“ von diesen sieben Bäumen, die seinen Shinrin-Yoku-Pfad ausmachen und der erste Baum ist der Baum der Motivation und der soll irgendwie individuell passen. Schon schwierig dann zu überlegen, okay, wie lege ich meinen Pfad an, wie kann ich dann jetzt die Bäume in die richtige Reihenfolge bringen und wie finde ich denn jetzt auch die passenden Bäume? Ich habe jetzt meinen Baum der Motivation gefunden, wobei ich irgendwie eigentlich auch keine Motivation brauche, um in den Wald zu gehen und ich bin immer noch nicht soweit, dass ich meinen ganzen Pfad aufgebaut habe und habe mittlerweile auch überlegt, ob es vielleicht einfach auch okay ist für mich jetzt erstmal, wenn ich nicht alle Bäume in meinem Pfad habe und ob es vielleicht auch ganz natürlich ist, dass bestimmte Bäume erst später mit dazu kommen und dass im Moment einfach bestimmte Bäume dringlicher sind als andere Bäume, weil einfach bestimmte Themen in meinem Leben dringlicher sind als andere Themen.

Das ist jetzt eine ganz persönliche Beobachtung, die aus dem resultiert, was ich an Erfahrungen gemacht habe. Dann war ich längere Zeit auf der Suche nach meinem Körperbaum, der der zweite sein soll, denn Jörg Meier hat geschrieben, dieser Baum sollte Vitalität ausstrahlen, so eine Art Urkraft, die fasziniert und vor dem Baum sollte sich eine ebene Fläche befinden, auf der ich sicher stehen kann und eine Sitzgelegenheit. Und das zu finden, war wirklich eine Herausforderung und ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich diesen Baum gefunden habe. Ich habe einen Baum gefunden, der für mich eine gewisse Urkraft ausstrahlt, vor dem es eine ebene Fläche und eine Sitzgelegenheit gibt und doch hatte ich das Gefühl, als ich jetzt mehrere Tage in Folge immer mal wieder mich vor diesem Baum eingefunden habe, dass es vielleicht doch nicht mein Körperbaum ist, sondern der dritte Baum, der Baum der mentalen Stärke.

Beim Baum der mentalen Stärke, schreibt Jörg Meier, dass es ein Ort sein soll mit hohem Wohlfühlfaktor, der zur Rast einlädt, eine spezielle Oase quasi und ich habe diesen Baum eben am fünften Tag gefunden. Das sind bis jetzt die einzigen Bäume, der Baum der Motivation und der Körperbaum oder Baum der mentalen Stärke, die ich bisher gefunden habe. Und ich habe den Baum jetzt schon öfter aufgesucht, an jedem Tag seitdem, das ist jetzt eine Woche her und ich habe mich auch davor gesetzt und meditiert tatsächlich. Auch heute hatte ich wieder das Gefühl, dass ich dort wirklich gut sitzen und meditieren kann, ich habe diesen Baum umarmt, ich habe davor Übungen gemacht, um meinen Rücken zu lockern und Rückenschmerzen zu mildern und solche Dinge und irgendwie hatte ich das Gefühl, es ist vielleicht eine Kombination aus Körperbaum und Baum der mentalen Stärke. Und ich habe in diesen Tagen jetzt, in den, sagen wir mal, zehn, elf Tagen, die ich durch den Wald gelaufen bin mit diesem bestimmten Vorsatz des Waldbadens und des Shinrin-Yoku-Pfads und mit offenen Augen für bestimmte Bäume das Gefühl gewonnen, dass es lange dauern kann, bis ich alle Bäume gefunden habe und dass es in Ordnung ist, sich Zeit zu lassen, weil diese Bäume eben auch stimmig sein müssen. Es müssen einfach Bäume sein, die zu mir passen, wo ich mich gerne aufhalte und wo ich das Gefühl habe, es ist in Ordnung für mich, ich fühle mich wohl und ich kann dort Übungen machen.

Der vierte Baum ist der Baum der Liebe, also ein Baum, der mich auf irgendeine Art und Weise an Liebe erinnert. Jörg Meier hat da geschrieben, dass es ja Bäume gibt in die Liebende Herzen ritzen und manche Bäume haben dann besonders viele Herzen und das könnte zum Beispiel so ein Baum sein oder wo die Kronen irgendwie zu einem Herz verwoben sind oder was auch immer dich an Liebe erinnert, den vierten Baum habe ich bisher noch nicht gefunden. Und ich habe zwar in der Nähe meines Baums der mentalen Stärke / Körperbaum, einen Baum gefunden, in dem ein Herz geritzt wurde, aber irgendwie hatte ich bisher noch nicht das Gefühl, das ist es jetzt.

Und auch beim Familienbaum, was der fünfte Baum ist, bin ich mir bisher noch nicht sicher. Ich habe einen Baum gefunden, wo ich das Gefühl habe, das könnte der Familienbaum sein, der befindet sich aber noch vor meinem Motivationsbaum und passt daher überhaupt nicht in meinen Pfad. Da habe ich jetzt ein Problem meinen Pfad in die richtige Reihenfolge zu bekommen und überlege tatsächlich, ob das wirklich so wichtig ist, dass die Bäume eine bestimmte Reihenfolge haben. Natürlich ist es sinnvoll, den Baum der Motivation am Anfang zu haben und den Wunschbaum als letzten Baum am Ende. Aber vielleicht ist es auch okay, wenn ich meinen Familienbaum quasi als Schlenker hinter dem Motivationsbaum setze und dann von dort aus los gehe ich zu meinem Körperbaum / Baum der mentalen Stärke, dann zum Baum der Liebe und der sechste Baum ist der Baum der Erkenntnis. Und der siebte Baum ist der Wunschbaum.

Diese drei Bäume könnte ich mir vorstellen, im Ewigforst zu finden. Das ist hier bei uns ein Waldfriedhof, also ein Friedhof, wo Urnen unter Bäumen bestattet werden. Und dieser Ort ist sehr spirituell aufgeladen aus meiner Sicht, einfach aufgrund dessen, dass es ein Ort der Bestattung ist, wo auch ganz viel Liebe rein fließt und ganz viele Wünsche und Glauben. Und ich könnte mir vorstellen, dass ich da den Baum der Erkenntnis, den ich intuitiv finden sollte, wenn ich mich für das Thema Spiritualität öffne, finden kann, weil für mich das da am meisten alles spirituell ist. Und auch den Wunschbaum, an den ich intuitiv finden soll, wenn es darum geht, Wünsche zu erfüllen, kann ich mir da in der Nähe vorstellen. Und deswegen dachte ich, den Baum der Liebe finde ich vielleicht auch irgendwie auf dem Weg dorthin.

Und ja, ich stehe tatsächlich noch am Anfang mit meinem Pfad und ich denke, es ist in Ordnung, wenn ich mir Zeit lasse. Das fühlt sich jetzt momentan ganz gut an, wenn ich immer diese zwei Bäume besuche auf meinem Weg durch den Wald. Und heute habe ich auch was ausprobiert, dass ich ein Barfußpfad eingebaut habe und dort wirklich durch den Schlamm teilweise gelaufen bin und mich dort dann auch am achtsamen Gehen, an Gehmeditation, versucht habe, so in Kontakt zu kommen mit meinen inneren Kindern und so auch in Richtung Heilung zu gehen. Und wie ich anfangs schon gesagt hatte, hilft mir tatsächlich, das Barfußgehen im Wald am meisten achtsam und im Hier und Jetzt zu sein. Und deswegen ist es auch die beste Grundlage für mich zur Gehmeditation.

Und es war wirklich ein sehr, sehr schönes Gefühl, diesen Barfußpfad noch in meine tägliche Runde mit einzubauen. Ich werde das wahrscheinlich nicht immer schaffen, nicht jeden Tag. Dafür ist er einfach zu lang. Ich war jetzt zweieinhalb Stunden unterwegs, einfach nur, um verschiedene Übungen zu machen und achtsam zu gehen und meinen Baum zu besuchen und mich überhaupt zu bewegen. Und das werde ich, wenn bei uns wieder Alltag einkehrt, einfach nicht jeden Tag praktizieren können. Aber es ist definitiv etwas, was ich zum Beispiel am Wochenende praktizieren kann. Und wie ich dir ja in der vorangegangenen Folge erzählt habe, ist es wissenschaftlich tatsächlich erwiesen, dass ein eintägiger Aufenthalt von ungefähr vier Stunden oder ein bisschen weniger, aber mindestens zwei bis zu vier, die meisten sagen vier Stunden, dein Immunsystem für eine Woche stärkt. Und wenn du an zwei aufeinander folgenden Tagen für vier Stunden jeweils im Wald bist, dann stärkt es dein Immunsystem für einen Monat. Da ich aber mittlerweile so ein Wald-Junkie bin und im Moment auch diesen Vorteil habe, den Wald direkt vor der Haustür zu haben, kann ich mir sehr gut vorstellen, die längere Tour mindestens einmal am Wochenende zu machen, wenn es möglich ist, zweimal. Und so einfach für die nächste Woche gewappnet zu sein, wobei ich da dann auch jeden Morgen in den Wald gehen werde, nur eben nicht so lange.

Ich hatte mich in der Auszeitwoche auch digital zurückgezogen, ich habe keine E-Mails gelesen, ich war nicht in den sozialen Netzwerken unterwegs und hatte mein Handy ausgeschaltet. Und ich habe auch gemerkt, dass mir das nicht sehr schwer gefallen ist. Also ich habe vorher schon gemerkt, dass wenn ich mein Handy angeschaltet habe, ich es oft in die Hand nehme und nach E-Mails schaue und das so reflexartig schon drin ist. Und das war eigentlich das einzige, was erst ungewohnt war und wo ich dann nicht die ganze Zeit aufs Handy geguckt habe, gibt es eine neue E-Mail, hat mir jemand geschrieben und es war sonst eigentlich nicht schwierig tatsächlich, weil ich einfach ja auch nicht mehr so stark in den sozialen Netzwerken vertreten bin und ja, es war schon komisch nicht in den Clan zu gucken und ich habe das auch vermisst. Ich war echt froh, als ich wieder reingucken konnte und habe mich sehr gefreut, dass ich diese Gemeinschaft aufgebaut habe und fühle mich da wirklich wohl. Aber es war jetzt digital gesehen keine große Entbehrung.

Ich habe gestern nochmal die Erfahrungen dieser Auszeitwoche Revue passieren lassen und habe gedacht, dass es tatsächlich intensiver und vor allem auch erholsamer gewesen wäre, wenn ich nicht zu Hause geblieben wäre. Ich bin natürlich zu Hause geblieben, weil das Kind eben nicht zu Hause war und ich dadurch ja eigentlich alle Freiheiten hatte und keine Verantwortung übernehmen musste. Aber in der gewohnten Umgebung zu bleiben hindert mich tatsächlich daran, mich komplett zu entspannen und ich denke, dass eine Auszeit viel erholsamer gewesen wäre, wenn ich sie woanders vielleicht in einer kleinen Ferienwohnung oder einem kleinen Ferienhaus für mich allein verbracht hätte oder mit Carsten zusammen, aber jedenfalls so, dass ich aus der gewohnten Umgebung rausgehe, irgendwo hin, wo ich dann tatsächlich auch im Wald sein kann, weil das Waldbaden ja mein Ziel war, aber jeden Tag wohin zurückkehre, wo ich mich komplett aus dem Alltag rausziehen kann.

So konnte ich das nicht und Carsten hat zu der Zeit auch noch gearbeitet und es war alles so ein bisschen, als würde ich einfach nur morgens länger im Wald bleiben und das war es. Meine Empfehlung, also für dich, wenn du eine Auszeit machen möchtest mit dem Fokus Waldbaden, dann überleg doch mal, ob du die Möglichkeit hast für eine Woche, dich irgendwohin zurückzuziehen, wo du dich nicht direkt auskennst, im Sinne von es ist nicht dein Zuhause. Und wo du eine neue Umgebung hast, wo du dich wirklich komplett fallen lassen kannst. Das muss ja nicht weit weg sein, also vielleicht kann das ja auch sein, dass du einfach nur irgendwie in 100 Kilometer Entfernung dir eine Ferienwohnung suchst und dort dann für eine Woche bleibst, sodass du das alles bequem in kurzer Zeit erreichen kannst und es nicht zu kostenaufwendig ist und auch nicht zu zeitaufwendig von der Entfernung her.

Eine weitere Erkenntnis ist noch, dass Waldbaden viel mit Langsamkeit zu tun hat. Es geht nicht darum, so schnell wie möglich durch den Wald zu hetzen. Das war mir eigentlich vorher klar, aber das nochmal wirklich zu erleben, dass ich automatisch diesen Fokus habe: ich gehe zügig durch den Wald und mich bewusst zu bremsen und zu sagen, nein, ich gehe langsam, ich gehe achtsam, ich halte an, ich setz mich hin, ich meditiere, ich mache Übungen, ich umarme Bäume, ich mache alles Mögliche im Wald, ich beobachte, ich nehme die Gerüche wahr, ich nehme die Geräusche wahr und das alles wirklich bewusst zu tun und langsam zu tun, das ist doch etwas, was für mich erst mal gewöhnungsbedürftig war. In der Theorie war mir das alles klar, aber in der Praxis hat es dann doch einige Tage gedauert, bis ich mich darauf einlassen konnte.

In jedem Fall kann ich dir das aber sehr empfehlen, in den Wald zu gehen und dich auch darauf einzulassen, auf die Langsamkeit und nicht darüber nachzudenken, dass du jetzt dringend eine Sporteinheit absolvieren musst, sondern dich darauf einzulassen, im Wald zu baden und nicht zu schwimmen, sondern zu baden, einfach dich darin aufzuhalten und alles viel bewusster, viel stärker wahrzunehmen. Und wenn du magst, dann teile deine Erfahrungen gerne mit mir per E-Mail an post [at] vonherzenvegan.de.

Und zum Ende hin noch einmal von Herzen Dank an all die treuen Steady-Unterstützer·innen, an Martin, der seinen Beitrag erhöht hat, das hat mich sehr gefreut, herzlichen Dank Martin! Und an dich liebe·r Hörer·in, dass du mir zuhörst und meine Arbeit wertschätzt. Dankeschön. Und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Folge 091 - Shinrin Yoku: Im Wald baden

Ein Beitrag

Folge 091 - Shinrin Yoku: Im Wald baden

Waldbaden fasziniert mich schon länger und seit ich einen riesigen Wald fast vor der Haustüre habe, keimt in mir der Wunsch mich in dieser Richtung fortzubilden.

Shinrin Yoku heißt es in Japan und wird dort schon seit Jahrezehnten praktiziert. In Europa ist das Waldbaden bisher noch nicht so bekannt, nimmt aber in letzter Zeit an Bekanntheit zu.

2016 wurde in Heringsdorf auf Usedom Europas erster Kur- und Heilwald staatlich anerkannt. Ein Ausflugsziel, das auf meiner Liste weit oben steht.

Baumwipfelpfade gibt es auch schon einige in Deutschland, wobei diese eher Lehrpfade sind und im engeren Sinne nichts mit Shinrin Yoku zu tun haben.

Denn beim Waldbaden geht es auch um Achtsamkeit und Meditation und darum den Wald bewusst mit allen Sinnen zu erleben.

In dieser Folge stelle ich Dir einige wissenschaftliche Fakten und drei Bücher zum Waldbaden vor.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge über das Waldbaden sprechen.

Vom Waldbaden habe ich das erste Mal in dem Buch „Gamify Your Life“ von Jane McGonagall gelesen, das mich ja so stark inspiriert hat zu meinem Ansatz und zu meiner Arbeit. Und dort war Waldbaden eines von vielen Power-Ups, das Jane McGonagall empfohlen hat. Und sie hatte eigentlich nur geschrieben: „Gehe in den Wald, setz dich unter Bäume, setz dich einfach nur unter Bäume, vielleicht auch in einem Park oder auf einem Friedhof und verbringe ein bisschen Zeit dort.“

Das war, was sie dazu geschrieben hat und was für mich bis zu diesem Zeitpunkt Waldbaden war. Mittlerweile bin ich jetzt auf verschiedenen Wegen immer wieder mit dem Begriff Waldbaden in Kontakt gekommen und habe mich ein wenig mehr belesen. Es juckt mir so ein bisschen in den Fingern, dass ich da noch eine Ausbildung zu machen wollen würde, aber das passt momentan einfach nicht in mein Budget und deshalb habe ich mir jetzt erst mal Wissen angelesen und reingeschnuppert in die Übungen und all das, was sich hinter dem Begriff Waldbaden verbirgt. Dieses Wissen möchte ich jetzt in dieser Folge mit dir teilen, mit der Einladung: geh in den Wald, halte dich dort lange auf und mach das so oft du es kannst.

Waldbaden wird in Japan Shinrin Yoku genannt und es ist dort schon seit langer Zeit, seit Jahrzehnten etabliert. 1982 ist in Japan der erste Heil- und Kurwald ins Leben gerufen worden, also zertifiziert und benannt worden. Das ist in Deutschland erst 2016 passiert. Europaweit ist in Heringsdorf auf Usedom der erste Kur- und Heilwald eröffnet worden.

Ich war selbst noch nicht dort, aber ich habe es auf meiner Ausflugsziel-Liste gesetzt, wobei Ausflugsziel etwas weitergefasst ist. Ich habe mal geschaut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln brauche ich 5,5 Stunden bis dorthin, also von daher ist es kein Tagesausflug für mich, aber vielleicht ja für dich oder eben als Urlaubsziel. Und Usedom lohnt sich ja auf jeden Fall auch immer als Urlaubsziel. Und gerade in diesem Sommer, wo wir doch eigentlich am besten innerhalb von Deutschland Urlaub machen sollten, sind solche Urlaubsziele wunderbar.

Und auch wenn du vielleicht nicht in diesen Kur- und Heilwald gehen möchtest, so sind doch alle anderen Wälder in Deutschland genauso interessant, nur dass du dort eben ohne Anleitung im Wald badest. Aber die Wirkung des Waldes ist überall gleich und hat verschiedene gesundheitliche Wirkungen auf dich.

“Der Aufenthalt im Wald reduziert Stresshormone, reguliert den Blutdruck sowie den Blutzuckerspiegel, beugt Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor, stärkt das Immunsystem und unterstützt die Krebsprophylaxe. Überdies hilft er bei Atemwegserkrankungen, Arthrose und Problemen wie Schlafstörungen oder Hyperaktivität.“

Diesen Text habe ich einem Buch zum Thema Waldbaden entnommen, ich habe da drei Bücher bis jetzt zu gelesen und dieser Text stammt aus dem „Kleinen Buch vom Waldbaden“ von Bettina Lemke. Dort sind sehr viel Theorie, Informationen über einige Bäume und deren Heilwirkung, aber auch einige Übungen enthalten. Und im Grunde sind die Informationen, also die wissenschaftlichen Hintergrundinformationen in all den Büchern natürlich sehr ähnlich, weil das alles auf Forschungen beruht, die in Japan stattgefunden haben von einem Professor Qing Li, der schon seit 2012 zu diesem Thema forscht und gemeinsam mit anderen Forscher·innen in Japan dazu Studien durchgeführt hat, wie der Wald als Medizin für Menschen wirken kann, also wie der Wald uns heilen kann.

Die Empfehlungen von Professor Qing Li werden in den Büchern unterschiedlich wiedergegeben. Der gemeinsamen Nenner ist auf jeden Fall, dass die größte gesundheitliche Wirkung erzielt werden kann, wenn du an zwei bis drei aufeinander folgenden Tagen für zwei bis vier Stunden mindestens im Wald verweilst. Dabei musst du keinen Sport treiben oder irgendwelche Übungen machen, sondern es geht darum, dass du dich in dieser Zeit im Wald aufhältst.

In den Büchern werden verschiedenste Achtsamkeitsübungen und Yoga und Meditationen, Qi-Gong und solche Dinge alle noch gezeigt. Das kannst du alles machen, ist aber keine Voraussetzung für diese Heilwirkung.

Das heißt, es geht erst einmal darum, dass du dich an zwei bis drei aufeinander folgenden Tagen im Monat für zwei bis vier Stunden pro Tag mindestens im Wald aufhältst und dann hält diese gesundheitliche Wirkung für einen Monat an, also für 30 Tage ungefähr.

Hier wird vor allem von der Krebsprophylaxe gesprochen und zwar, dass die natürlichen Killerzellen, die in unserem Organismus produziert werden, durch den Aufenthalt im Wald angeregt werden und die höchste Wirkung erzielt du eben, wenn du an diesen zwei bis drei aufeinander folgenden Tagen zwei bis vier Stunden im Wald dich aufhältst, dann wird die Produktion, die Bildung dieser natürlichen Killerzellen, den NK-Zellen auf 50 Prozent erhöht. Wenn du dagegen nur einen Tag so für vier Stunden im Wald verweilst, dann hält die Wirkung nur für eine Woche an und die natürlichen Killerzellen erhöhen sich auch nur auf ungefähr 25 Prozent.

Allerdings werden bei einem Tag im Wald schon die Stresshormone, Cortisol und Adrenalin um 50 Prozent reduziert. Das heißt, es ist auf jeden Fall sinnvoll in den Wald zu gehen, egal wie lang. Es hat immer eine gesundheitliche Wirkung auf dich, nur die Höchstwirkung erzielt du quasi bei diesen zwei bis drei aufeinander folgenden Tagen. Denn vielleicht hast du einfach auch nicht die Möglichkeit, jeden Tag für drei, vier Stunden in den Wald zu gehen. Ich denke, das ist den wenigsten von uns vergönnt, dass sie diese Möglichkeit haben. Und da ist es ja schon ganz interessant zu wissen, dass du vorbeugend einfach einmal im Monat so einen Kurzurlaub im Wald einlegen kannst und dann für einen Monat wieder aufgetankt bist, quasi, gewappnet für die Unwägbarkeiten in deinem Leben.

Und ich empfehle Waldbaden weiterhin als Power-Up, was du unbedingt ausprobieren solltest. Ich gehe jetzt seit Anfang der Corona-Krise jeden Tag in den Wald und habe natürlich das Glück, dass der Wald bei mir fast vor der Haustür beginnt, also dass ich einen riesigen Wald zur Verfügung habe, in den ich einfach hineinspazieren kann. Und nach diesen drei Monaten jetzt, das sind ja schon mehr als drei Monate, bin ich jetzt fast schon so ein bisschen abhängig, dass ich das Gefühl habe, ich will jeden Tag in den Wald, ich muss jetzt in den Wald. Das kann dir also auch passieren, dass du ein gewisses Abhängigkeitsgefühl entwickelst, was aber ja eigentlich bei jeder Sportart so der Fall ist.

Jetzt ist in den Wald gehen nicht direkt eine Sportart, aber Bewegung. Und zum Beispiel beim Joggen ist es ja auch so, dass wenn du einen gewissen Punkt erreicht hast, du einfach diesen Drang auch verspürst, jeden Tag dann joggen zu gehen und dich schlecht fühlst, wenn du es dann nicht tust. Nicht zu verwechseln mit einer Sucht.

Sport kann ja durchaus auch süchtig machen und kann andere Süchte dann ersetzen. Kennen vielleicht einige, wenn sie sagen, sie wollen abnehmen, machen sie mehr Sport und dann fangen sie auf einmal an, super exzessiv Sport zu machen, weil das einfach diese inneren Zwänge, die dich dazu geführt haben, mehr zu essen, ersetzen soll.

Und wie ich eingangs erwähnt habe, habe ich drei Bücher zum Thema Waldbaden gelesen und das waren alles ganz unterschiedliche Bücher tatsächlich, obwohl sie das gleiche Thema hatten, aber sie sind einfach ganz unterschiedlich damit umgegangen.

Und Anna Cavelius nennt in ihrem Buch „Waldbaden“ folgende zehn Zutaten für ein Waldbad. „Schlendern, Rasten, alle Sinne weit öffnen, staunen, Achtsamkeit, Meditation, Atmen, sanfte Bewegung, Augenentspannung und Solozeit“.

Diese zehn Zutaten zeigen nochmal, dass es jetzt nicht darum geht, dort irgendwie Sport zu treiben oder einfach nur spazieren zu gehen, sondern dass Waldbaden dann auch noch beinhaltet, dass wir gewisse Regeln befolgen, die uns dann helfen, noch mehr in den Wald einzutauchen. Und der Begriff „Baden“ im Waldbaden bezieht sich gar nicht so sehr auf die Blätter, die da um uns herum sind, sondern um die Duftstoffe, die Botenstoffe, die die Bäume untereinander austauschen, die sie aussenden, die Phytonzide, von denen es Tausende gibt. 2.000 wurden bisher entschlüsselt und es gibt noch viel mehr Botenstoffe, Duftstoffe, die die Bäume untereinander austauschen, um sich zum Beispiel vor Schädlingen zu schützen oder miteinander zu kommunizieren. Und wenn wir Menschen diese Phytonzide einatmen, dann hat es eine heilsame Wirkung auf unseren Organismus.

Und letztlich können wir uns das Waldbaden also so vorstellen, dass wir eintauchen in diese unglaublich vielen Teilchen, die dazwischen den Bäumen herum schweben, die wir aber nicht sehen und in diesen Botenstoffen, den Terpenen baden. Dabei haben Nadelbäume eine eher energetisierende Wirkung und Laubbäume eine eher beruhigende Wirkung. Das fand ich nochmal ganz interessant zu wissen, denn je nachdem wie es dir geht und was du für einen Effekt erzielen willst, kannst du dann gezielt eher unter Nadelbäumen spazieren gehen oder dir einen schönen Laubbaum suchen und darunter eine Stunde entspannen.

Das Buch „Waldbaden“, aus dem ich die zehn Zutaten des Waldbadens vorgelesen habe, empfehle ich dir, wenn du mit Kindern in den Wald gehen möchtest. Du kannst es natürlich auch lesen, wenn du keine Kinder hast, aber die Autorin hat tatsächlich sehr viele Tipps eingebaut, die auf das Waldbaden mit Kindern ausgerichtet sind. Wie du dich von Kindern führen lassen kannst durch den Wald, ohne daraus eine Lehrstunde zu machen und von ihnen zu verlangen Bäume zu benennen oder so etwas. Und nach der Lektüre dieses Buches hatte ich das Gefühl, nochmal mir rückwirkend auf die Schulter klopfen zu können, dass mein Kind einen Waldkindergarten besucht hat und es dadurch dann auch gesundheitlich besonders gut versorgt war, weil es damals täglich mehrere Stunden im Wald verbracht hat. Also wenn du die Möglichkeit hast, dein Kind in einen Waldkindergarten zu geben, dann gibt es viele gute Gründe dies zu tun und einer davon ist eben die positive gesundheitliche Wirkung des Waldbadens.

Das dritte Buch, was ich gelesen habe, heißt „Im Wald baden“ von Jörg Meier und Jörg Meier beansprucht für sich den Titel des ersten deutschen Shinrin Yoku Coaches und der Untertitel seines Buches lautet „Der Heilpfad zu Glück und Gesundheit“. Und auch hier gibt es natürlich Theorie, einen theoretischen Hintergrund, aber nicht so ausführlich wie es im „Kleinen Handbuch zum Waldbaden“ von Bettina Lemke zu finden ist. Und trotzdem ist dieses Buch, das „Im Wald baden“ im Moment mein Lieblingsbuch von diesen Dreien.

Einfach deswegen, weil Jörg Meier mir dort eine Anleitung an die Hand gibt, wie ich selber einen Shinrin Yoku Pfad in meinem Wald quasi, also in dem Wald, den ich hier immer aufsuchen kann, mir anlegen kann. Das heißt nicht, dass ich da mir einen Barfußpfad anlege in der Art, also dass ich etwas im Wald verändere, sondern er spricht von den sieben Bäumen, die seinen Pfad ausmachen und das wäre dann zuerst der Baum der Motivation, dann der Körperbaum, der Baum der mentalen Stärke, der Baum der Liebe, der Familienbaum, der Baum der Erkenntnis und der Wunschbaum.

Und er zeigt in dem Buch, wie du einen Shinrin Yoku Pfad für dich auswählen kannst, indem du diese sieben Bäume in deinem Wald für dich findest, also ganz individuell. Und ein Shinrin Yoku Pfad sollte maximal vier Kilometer lang sein und du solltest ihn in vier Stunden gehen. Du merkst also, es geht nicht um Schnelligkeit bei diesem Pfad, sondern darum an den einzelnen Stationen zu verweilen und dort auch zum Beispiel verschiedene Übungen zu machen oder einfach nur dort zu rasten.

Jörg Meier stellt in seinem Buch auch verschiedene Übungen vor, die du dann an den einzelnen Stationen machen kannst und ich fand es sehr spannend, wie er verschiedenste Achtsamkeitsübungen oder Rituale, die ich schon kenne, mit diesen Bäumen im Wald verbindet. Während die anderen beiden Bücher zwar auch Übungen hatten und deswegen nicht rein theoretisch waren, hat mich dieses Buch aber noch ein Stück weitergeführt, weil mich dieses Ritual, dieser Vorgang, einen eigenen Pfad zu kreieren, einfach gerade sehr stark inspiriert und ich möchte das jetzt auch ausprobieren.

Und wenn du diese Folge hörst, werde ich auch schon meinen ersten Schritt auf meinem eigenen Shinrin Yoku Pfad gegangen sein, denn ich habe mir vorgenommen, eine Woche Urlaub zu nehmen, in der ich jeden Tag in den Wald gehen möchte und zwar für den ganzen Tag, so lange, wie es mir gefällt, also nicht unter Zwang, sondern wirklich einfach so lange, wie ich es möchte und tatsächlich mal eine Woche nicht zu arbeiten und keine Podcast-Folgen aufzunehmen, nichts im Clan zu tun und auch sonst keine Inhalte für dich bereitzustellen. Und ich möchte mir diese eine Woche gönnen und von Carsten inspiriert werde ich in dieser Woche auch fasten und schauen, wie sich das vereinbaren lässt mit der Entwicklung meines Shinrin Yoku Pfads.

Da es da ja jetzt nicht um Marathon-Leistungen geht oder besonders viel Sport zu treiben, sondern langsam durch den Wald zu schlendern und verschiedene Stationen herauszufinden, für mich zu entdecken, neugierig zu sein, zu erforschen und einfach da zu sein, kann ich mir gut vorstellen, dass ich das mit dem Fasten vereinbaren kann.

Und die nächste Folge wird dann mein Erfahrungsbericht sein, wie diese Woche für mich war und was für Erkenntnisse ich dir mitgebracht habe, was ich mit dir teilen kann. Und so möchte ich diese Folge als theoretischen Teil zum Waldbaden beenden, mit der Einladung weiterhin, geh in den Wald, probier es aus, bade im Wald, bade in den Terpenen, in diesen Duftstoffen, die dich gesund machen können, die deinen Stresspegel senken können, die dich beruhigen oder energetisieren, je nachdem was du gerade brauchst, verbringe Zeit im Wald. Genau das tue ich jetzt, wenn du diese Folge hörst, weißt du, ich werde im Wald sein, ich werde jeden Tag in den Wald gehen und dort Zeit verbringen.

Und in der nächsten Folge wirst du von mir hören, wie das für mich war. Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Buch: "Im Wald baden" von Jörg Meier
z.B. bei buch7.de

Buch: "Waldbaden" von Anna Cavelius
z.B. bei buch7.de

Buch: "Das kleine Buch vom Waldbaden" von Bettina Lemke
z.B. bei buch7.de

Kur- und Heilwald in Heringsdorf auf Usedom
https://www.heilwald-heringsdorf.de/

Krisen meistern mit Geschichten

Ein Beitrag

Folge 090 - Krisen meistern mit Geschichten

Geschichten erzählen und schreiben hat eine ganz besondere Kraft.

In dieser Folge spreche ich darüber, wie Dich das Schreiben einer Geschichte aus einer Krise herausführen kann und wie Du Herausforderungen in Deinem Leben mit dem Erzählen dieser Situation meistern kannst.

Dabei gehe ich auch kurz auf Forschungsergebnisse ein, die in der Psychologie heute (Ausgabe 06/2020) veröffentlicht wurden.

Inspiriert hat mich ein Clanmitglied zu dieser Folge, da es gegenwärtig eine Fan-Fiction-Geschichte schreibt und diese ihm hilft auch seine eigene Lebensgeschichte zu reflektieren und teilweise in ein anderes Licht zu setzen.

Nutze das Geschichtenschreiben als Werkzeug, um Herausforderungen in Deinem Alltag in einer nicht-veganen Welt zu meistern.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte heute über die Macht des Erzählen sprechen.

Geschichten zu erzählen ist nicht nur ein schöner Zeitvertreib oder Wissen an andere weiterzugeben, Lagerfeuerromantik oder ähnliches, sondern es ist auch ein gutes Werkzeug, um Krisen zu bewältigen. Ich nenne dir mal das Beispiel einer Kundin, die zu einer Geburtstagsfeier eingeladen war und als sie dort vor Ort war, gesehen hat, dass dort ein ganzes Spanferkel gegrillt wurde und diese Anblick hat sie stark schockiert, was für jede·n Veganer·in und wahrscheinlich auch Vegetarierinnen sehr verständlich ist. Für die Nicht-Veganer·innen, die damals dort anwesend waren, war das überhaupt nicht verständlich. Die konnten das Entsetzen einfach nicht verstehen.

Und dieses Erlebnis hat meine Kundin, ich gebe ihr mal einen anonymisierten Namen, nennen wir sie Sarah, hat Sarah damals sehr stark verfolgt und wir haben da auch mehrmals darüber gesprochen und letztlich hatte ich ihr geraten, eine Geschichte zu schreiben, nämlich das Erlebnis noch einmal aufzuschreiben, aber so als würde sie eine Geschichte über sich aus einer neutralen Perspektive in der dritten Person singular schreiben, also zum Beispiel, „Sarah betrat die Geburtstagsfeier und das erste, was sie sah, war dieses Spanferkel.“

Dann beschreibst du was für Gefühle da hochkommen, wie sie reagiert hat und es alles so als sei es einer anderen Person passiert. Das hilft tatsächlich Abstand zu gewinnen zu diesem Erlebnis und es nochmal zu reflektieren und zu überlegen: warum hat Sarah in diesem Moment so reagiert und nicht anders, wie hätte sie vielleicht anders reagieren können und dann auch alternative Geschichten dazu zu schreiben und sich zu überlegen, wie könnte Sarah in diesem Moment reagieren, was könnte sie tun, um sich selbst zu schützen, wie könnte sie mit diesem Erlebnis anders umgehen?

Da ist dann der spielerische Ansatz sehr hilfreich, diese Geschichte so zu untersuchen, als sei es ein Rätsel und so neugierig und forschend daran zu gehen und nicht verurteilend, sondern tatsächlich offen und zu überlegen, warum hat sie das bloß getan und warum haben die anderen das getan und wie hätte diese Situation anders laufen können?

Das erfordert natürlich Mut, dich noch einmal mit dieser Situation auseinanderzusetzen, noch einmal in diese Gefühle einzutauchen, die du dort hattest. Es ist aber definitiv auch heilend, weil du dann, wenn du das aus dieser neutralen Perspektive betrachtest und daraus auch besprichst und analysierst, einen gewissen Abstand dazu gewinnen wirst und diese Geschichte nicht immer und immer wieder dich verfolgen wird oder in den unangenehmsten Momenten hochkommt. Vielleicht kannst du nicht einschlafen, weil du es immer wieder vor Augen hast und es hilft dir diese Krise zu meistern.

Ich hatte jetzt passend zu diesem Thema eine Ausgabe der „Psychologie heute“ gelesen zum Thema „An Krisen wachsen und wie wir mit Lebenskrisen umgehen“ und habe da einen sehr guten Artikel gefunden, in dem genau das, nämlich die Macht der Geschichte, die Macht der Worte, das Erzählens noch einmal wissenschaftlich beleuchtet wird aus verschiedenen Sichtweisen.

Manche Forscher·innen sagen, dass es helfen kann, wenn du einen Sinn in dem Erlebten findest. Wenn du also eine Erklärung für diese Krise, dieses Erlebnis finden kannst, dass du dann in deine große Lebensgeschichte mit einbauen kannst. Das kann helfen - hier aber Vorsicht, es ist nicht hilfreich, wenn du versuchst, den Sinn irgendwie übers Knie zu brechen quasi, da rein zu interpretieren, obwohl du das gar nicht so empfindest, obwohl du eigentlich gar keinen Sinn darin siehst, was dir passiert ist und es gibt einfach Situationen, wo es wirklich schwer ist und eine besondere Vorstellungskraft erfordert, darin einen Sinn zu sehen, dass dir das passiert ist und nur weil du jetzt keinen Sinn in der Krise in der Situation in dem Erlebten sehen oder finden kannst, bist du deswegen kein schlechter Mensch.

Es kann hilfreich sein, einen Sinn darin zu finden, diese Krise zu überwinden, aber es ist kein Muss. Wichtig ist, dass du das Gefühl behältst, dass dir das Leben nicht einfach so passiert, sondern dass du die treibende Kraft in deiner Lebensgeschichte bist. Du bist der·die Held·in deines Lebens und du schreibst deine Geschichte und ja, manchmal kommt es einem so vor, als würden einem Dinge passieren und das Leben passiert einem und nicht du selbst lebst dieses Leben und dann ist es wichtig, innezuhalten und zu überlegen, wie du wieder zur treibenden Kraft werden kannst, wie du den Stift, mit dem du die Geschichte deines Lebens schreibst, wieder in die Hand nehmen kannst und die Geschicke wieder selbst leiten kannst.

Und hierbei möchte ich dich unterstützen, deine Geschichte zu finden, deinen Weg. Es gibt einfach nicht nur einen Weg, sondern es gibt deinen Weg und deinen Weg in dieser nicht veganen Welt zu finden, deine Geschichte zu schreiben und deinen Abenteuer zu meistern, mit deinen Herausforderungen ganz individuell an dich angepasst. Und mein Buch, was dir dabei helfen soll, „Dein Reisebuch für ein Leben in einer nicht veganen Welt“, kann deine Alltagsbegleitung sein. Deine Reisebegleitung, die dich unterstützen soll, deinen Weg zu finden und deinen Weg zu gehen.

Und auch im Clan nutzen Mitglieder die Kraft des Schreibens, um sich selbst über ihre eigene Lebensgeschichte klar zu werden. Und das hat mich auch noch mal inspiriert, hier diese Folge aufzunehmen, weil da auch klar wurde, dass dieser Prozess des Schreibens ein wunderbarer Prozess ist, um dich selbst zu finden, dir über dich selbst bewusst zu werden und eben auch Krisen zu meistern.

Und ich möchte dazu auch nochmal einen Abschnitt aus der „Psychologie heute“ zitieren, die ich vorhin erwähnt habe. Und zwar geht es hier um expressives Schreiben und der Abschnitt lautet so: „Expressives Schreiben hat etwas Heilsames. Das hat James Pennebaker in vielen Arbeiten empirisch belegt. Pennebaker hat ein Selbsthilfeprogramm entwickelt, um traumatische Vorfälle und emotionale Krisen rückblickend aufzuarbeiten, indem man darüber schreibt. An vier Tagen jeweils 20 Minuten ohne Unterbrechung. Doch es gilt die Ausflipp-Regel: Brechen Sie ab, sobald Sie spüren, dass Sie an Ihre Schmerzgrenzen stoßen.

  • Tag 1. Schreiben Sie über eine emotional aufwühlende Episode, die Ihr Leben grundlegend beeinflusst hat. Schreiben Sie über das Ereignis selbst, sowie darüber, wie Sie sich damals fühlten. Und wie es sich jetzt anfühlt, wenn Sie daran denken. Versuchen Sie, sich zu öffnen.
  • Tag 2. Schreiben Sie erneut über dasselbe oder ein anderes Ereignis. Versuchen Sie diesmal vor allem, es mit anderen Bereichen Ihres Lebens in Beziehung zu setzen. Wie hat es Ihr Verhältnis zu Angehörigen und Freunden beeinflusst? Ihre Arbeit, Ihr Selbstbild und die Art, wie Sie über Ihre Vergangenheit denken?
  • Tag 3. Wieder wird das krisenhafte Ereignis beschrieben. Aus unterschiedlichen Perspektiven und Standpunkten. Erlauben Sie sich diesmal vor allem die Bereiche anzusprechen, in denen Sie sich besonders verletzlich fühlen. Nach Pennebakers Erfahrung ist der dritte Tag besonders kritisch, denn erst jetzt stoßen die Teilnehmer oft auf Themen, denen sie bis dahin aus dem Weg gegangen sind.
  • Tag 4. Nun ist es Zeit, einen Schritt zurückzutreten. Denken Sie an die Ereignisse, Themen, Gedanken und Gefühle, die sie in ihren Texten offenbart haben. Was haben Sie durch die Krise in Ihrem Leben verloren, aber vielleicht auch gewonnen und dazugelernt? Setzen Sie alles daran, Ihre Erfahrungen zu einer Geschichte zu verbinden, die Sie in die Zukunft mitnehmen können.
  • rät Pennebaker.“

Hier steht noch „Die ausführliche Anleitung samt Auswertung und Rat finden Sie in dem Buch „Heilung durch Schreiben“ - ein Arbeitsbuch zur Selbsthilfe von James W. Pennenbaker und ich werde das dann in den Shownotes verlinken. Dieser Ausschnitt stammt aus der „Psychologie heute“ 6.2020.

Ich konnte die „Psychologie heute“ über die Onleihe ausleihen. Vielleicht hast du auch die Möglichkeit dazu, das zu machen. Um das alles wissenschaftlich zu belegen, zitiere ich hier nochmal einen Abschnitt aus der „Psychologie heute“:

“Es kommt darauf an, zu verstehen, was eigentlich passiert ist und das geht am besten, indem man das Geschehen in eine stimmige Geschichte packt. Psychoanalytiker Habermas erklärt: ‚Ein Erlebnis nicht nur zu erinnern, sondern auch zu erzählen, bedeutet, dass ich es sehr stark strukturieren muss. Wer etwas erzählen will, muss die Ereignisse ja nicht nur in eine zeitliche Abfolge bringen, sondern auch überlegen, was wozu geführt hat. Was wollte ich, was der andere, was waren die Folgen. Wenn ich das Erlebnis erzähle, deute ich es gleichzeitig und versuche es anderen und mir selbst verständlich zu machen.‘ so Habermas. Sich auf sein Leben einen Reim machen zu können ist wichtig. Gelingt das, sprechen Fachleute von einem Gefühl der Kohärenz, also dem wohltuenden Empfinden von Zusammenhang, Bedeutung und Sinn in dem eigenen Dasein. Dieses Kohärenz-Befühl verringert das Risiko, depressiv zu werden und verlängert dadurch sogar die Lebenserwartung wie eine große Langzeitstudie eines Teams um Ari Haukala von der Universität Helsinki ergab.

Es reicht aber nicht, wenn die Geschichte des eigenen Lebens und seiner Tiefpunkte kohärent ist. Kohärent wäre schließlich auch eine Geschichte, in der der Betroffene ständig versagt und dem stetig übel mitgespielt wird. Besser ist es, eine Geschichte zu finden, in der man als Held in eigener Sache das Heft in die Hand nimmt und feststellt, dass man das eigene Schicksal beeinflusst kann. Psychologen nennen die Fähigkeit dazu Agency. Sie entspricht dem, was gemeinhin als Kämpfernatur bezeichnet wird. Der Held solcher Geschichten stellt sich tapfer schweren Krankheiten und anderen Zumutungen des Lebens entgegen.“

Und genau das ist meine Intention mit meinem Buch, dich dabei zu unterstützen, dass du die treibende Kraft in deinem Leben bist, dass du das Heft in der Hand behältst und deine Geschichte findest. Das heißt nicht, dass du immer stark sein musst und immer perfekt und immer das Beste und alles und überhaupt tun musst, sondern es heißt einfach, dass du dein Leben lebst und nicht gelebt wirst.

Und eine Möglichkeit mit Krisen umzugehen, die uns als Veganer·innen in unserem Alltag leider immer wieder passieren, ist, eine Geschichte zu schreiben oder Geschichten zu schreiben, generell zu erzählen. Also wenn du das nächste Mal mit einer Situation haderst, dann nutze die Macht des Erzählens und setz dich hin und schreib eine Geschichte über das, was du erlebt hast.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Buch: "Heilung durch Schreiben" von James W. Pennebaker
z.B. bei buch7.de

Wann war Deine letzte Pause?

Ein Beitrag

Folge 089 - Wann war Deine letzte Pause?

Diese Folge ist eine Erinnerung für Dich und mich regelmäßig Pausen zu machen.

Ich arbeite momentan unter Hochdruck an meinem Buch und nutze quasi jede freie Minute dazu. Dadurch bin ich gleich wieder in die "Ich mach das schnell noch fertig"-Falle getappt und habe weniger Pausen gemacht, als sonst.

Es ist ja auch reizvoll besonders schnell mit etwas fertig zu werden, um danach Zeit für andere Dinge zu haben. Nur leider brauchen manche Tätigkeiten einfach ihre Zeit und so ist es wichtig diese Tätigkeiten von Zeit zu Zeit ruhen zu lassen und einfach nichts zu tun.

Nur so können wir Kraft schöpfen und längere Zeit durchhalten.

Kleine Pausen sind dabei genauso wichtig wie große. Einfach mal ein oder zwei oder vielleicht noch mehr Wochen am Stück rauszukommen, abzuschalten und den Kopf freizubekommen, ist sehr wertvoll und unbedingt empfehlenswert.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und diese Folge ist mal wieder eine Erinnerung für dich und mich, nämlich daran auch mal wieder Pause zu machen.

Wann war deine letzte Pause? Je nachdem wie es dir gerade geht, wie dein Alltag so ist, kann es sein, dass deine letzte Pause schon länger her war. Ich bin gerade dabei, wenn ich diese Folge ja aufnehme, mein Buch fertigzustellen. „Das gelassen veganen Leben Buch“ ist im Moment mein Arbeitstitel. Ich muss nochmal gucken, ob ich noch einen anderen Titel finde und zwar das Buch, das Arbeitsbuch quasi, das Survival Kit, was dich begleiten wird durch deinen veganen Alltag, dein Anker, dein Hilfswerkzeug, um in dieser nicht veganen Welt zu überleben und nicht nur zu überleben, sondern auch glücklich und zufrieden, gelassen und souverän.

Und jetzt, wo ich endlich Zeit habe, mich diesem Buch zu widmen und das umzusetzen, was ich in den letzten Jahren alles erarbeitet habe und mir vorgenommen habe, jetzt will ich es natürlich auch schaffen, es möglichst schnell zu Ende zu bringen. Und so habe ich an einem Freitag Spätnachmittag begonnen mit der Illustration des Buches, hatte mir Icons gekauft und meine alten Illustrator-Kentnisse wieder aufgefrischt, die ich ja seit dem Studium eigentlich nicht mehr genutzt habe und dann das ganze Wochenende damit verbracht, Illustrationen zu gestalten für das Buch und mich wieder daran zu gewöhnen, wie das mit Vektor-Grafiken und dem Ganzen so ist und gar keine Zeit mit der Familie eigentlich verbracht.

Und dann am Montag, Dienstag und Mittwoch an den Vormittagen, die ich die Möglichkeit habe zu arbeiten, auch die ganze Zeit am Buch gesessen und musste mich einfach zwischendurch immer wieder rausreißen, weil ich so drin war und überlegt habe, ich will unbedingt an diesem Buch arbeiten, ich will, dass es fertig wird und es macht auch Spaß und ich möchte das jetzt einfach machen und es gibt aber so viel was getan werden muss, so dass es einfach auch Zeit in Anspruch nimmt. Und da ist mir nochmal wieder bewusst geworden, wie wichtig es ist, Pausen zu machen, vielleicht auch schon dann, wenn du noch gar nicht total ausgelaugt bist, sondern auch schon vorher und wenn du merkst, dass die Sachen, die du gerade machst, auf einmal viel länger dauern.

Momentan habe ich den Luxus, dadurch, dass Carsten im Homeoffice ist, dass er sich auch um das Kind kümmern kann, sodass ich einfach viel mehr arbeiten kann, als wenn er nicht da ist. Aber letztlich habe ich dann auch gemerkt, okay, irgendwann ist die Luft dann raus.

Und ich hatte mal von Ajahn Brahm in einem seiner Bücher gelesen, wie er bei einer Rede, glaube ich, bei einem Vortrag ein Beispiel gebracht hat, das ist mir im Kopf geblieben und das will ich dir kurz erzählen. Ich bekomme es jetzt nicht mehr ganz zusammen, aber der Sinn war, er hat ein Glas Wasser in der Hand gehalten und das ist eben eine Übung, die du selber auch ausprobieren kannst.

Nimm dir einen Gegenstand, den du in der Hand hältst und du kannst dir überlegen, wie lange willst du diesen Gegenstand halten. Und wenn du dir jetzt vornimmst, du möchtest ihn zehn Minuten halten, dann wird dir der Arm halt irgendwann sehr schwer werden und das wird super anstrengend sein, diesen Gegenstand wirklich zehn Minuten zu halten. Immer schlimmer wird es natürlich, je länger es wird. Wenn du den Gegenstand aber zwischendurch einmal abstellst und ihn dann wieder aufnimmst, dann kannst du viel länger durchhalten und genau dieses abstellen und wieder aufnehmen sind halt Pausen.

Und ich finde, solche Übungen, die unser Körpergedächtnis beanspruchen, immer sehr, sehr schön und sehr einprägsam. Also wenn du kannst, mach diese Übung einfach mal, dass du dir einen Gegenstand nimmst und einen Timer stellst und dann überlegst, wie lange wirst du das halten und dann im Vergleich dazu einfach zwischendurch, wenn du merkst, dein Arm wird schwer, eine Pause machst und dann wieder das Glas aufnimmst. So kannst du dann das Glas oder den Gegenstand viel länger halten und genauso ist es eben auch im generellen Alltag bei der Arbeit oder bei allem, was wir so tun.

Wenn wir zwischendurch kleine Pausen machen, dann können wir viel länger durchhalten, arbeiten oder die Tätigkeit weiterführen, was auch immer wir gerade tun.

Ich hatte schon mal eine Folge hier im von Herzen veganen Podcast zum Thema Pausen machen veröffentlicht und dort hatte ich die buddhistische Geschichte erzählt, „was getan ist, ist fertig“. Ich empfehle dir die Folge auch noch mal anzuhören, „Von der Kunst eine Pause zu machen“, denn diese Geschichte ist wirklich sehr schön und ich habe mir davon einen Bildschirmhintergrund für mein Smartphone gemacht, wo ich dann immer mal wieder drauf gucken kann und wo dann einfach steht, „Was getan ist, ist fertig. Wann war deine letzte Pause?“, um mich daran zu erinnern, dass ich einfach auch alles stehen und liegen lassen kann und eine Pause machen.

Denn wir sind ja immer dazu verleitet, zu sagen, okay, das mache ich noch schnell, noch schnell, das, das könnte ich jetzt noch schnell und das auch noch schnell und letztlich kommen wir dann doch nicht dazu, eine Pause zu machen und es ist wirklich, wirklich wichtig, deswegen nehme ich jetzt hier auch nochmal diese Folge auf als Erinnerung daran, wann war deine letzte Pause und ja, was getan ist, ist fertig, du darfst eine Pause machen, danach kannst du ja wieder weiter machen und es ist einfach wichtig für dich, für deinen Körper Pausen zu machen und so auch auf lange Sicht.

Eine Freundin hat mir erzählt, dass sie lange gemerkt hat, sie ist müde und abgespannt und hat sich die ganze Zeit gefragt, was ist denn da los, werde ich irgendwie krank oder was sind denn da für Probleme und dann ist ihr aufgefallen, dass sie seit über einem Jahr keinen Urlaub mehr gemacht hatte. Also geht es nicht darum, dass sie nicht irgendwo hingefahren ist, sondern dass sie nicht mal irgendwie für ein oder zwei Wochen am Stück wirklich pausiert hat und auch das ist eben wichtig, nicht nur die kleinen Pausen, sondern auch die großen Pausen im Blick zu haben und nicht einfach immer weiter und immer weiter und immer weiter zu arbeiten.

Das ist ja vor allem bei uns Selbstständigen so, dass wir die ganze Zeit immer weiter machen, weil wir eben auch darauf angewiesen sind, aber auch viele Angestellte unterliegen diesem Anspruch, dass sie möglichst die ganze Zeit für den·die Arbeitgeber·in da sind. Carsten erzählte mir von einem Kollegen, der sich den Arm gebrochen hat, krank geschrieben ist und trotzdem arbeitet, weil er so eine wichtige Position im Unternehmen hat und ja, Krankheiten und vor allem so, dass wir den Arm brechen, können ein Warnschuss von deinem Körper sein. Wenn du so unachtsam bist - in diesem Fall war es tatsächlich Unachtsamkeit, die zu diesem Armbruch geführt hat - dann ist es einfach etwas, was dich aufwecken kann, dass du dir diesen Arm gebrochen hast und das bedeutet, dass du mal eine Pause machen solltest und nicht immer weiter, immer weiter, immer weiter.

Viele von uns machen ja einfach immer weiter, bis der Körper komplett streikt und dann können wir nicht mehr weitermachen. Viel besser ist es natürlich, wenn du vorher schon mal pausierst und so eben auch die großen Pausen einzuplanen - wie bei meiner Freundin, die sich jetzt eben vorgenommen hat, dann bald mal zwei Wochen Pause zu machen. Das ist ja dann auch das nächste, dass wir dann nicht sofort sagen, okay jetzt höre ich einfach auf, ich lass alles liegen, das können wir ja meistens auch nicht, aber dann eben die Vereinbarung mit uns selbst zu treffen und zu sagen so, dann nehme ich mir zwei Wochen frei und dann mache ich mal gar nichts oder was ganz anderes oder ich mach dann auch mal eine Social Media und Smartphone Pause, bin nicht erreichbar, wie auch immer, mache lange Wanderungen, gehe ans Meer oder was auch immer zu dir passt.

In jedem Fall sind Pausen total wichtig, um gut für dich zu sorgen und so werde ich auch im Sommer für zwei Wochen pausieren, wenn das Kind zwei Wochen Urlaub bei Oma und Opa macht. Das ist dann mein Luxus, dass ich in der Zeit einfach Zeit für mich habe und die Versuchung ist ja da, dass ich dann einfach durcharbeiten könnte, weil ich ja dann mich nicht um das Kind kümmern muss und keine Ansprüche an mich bestehen, dass ich meine Aufmerksamkeit irgendwie teilen müsste und dennoch: hier kommt die Erinnerung: Pausen sind wichtig!

Wann war deine letzte Pause? Wenn du merkst, dass du viel zu wenig Pausen in dein Leben einplanst oder generell einfach zu wenig Pausen machst, dann versuch doch mal in den nächsten Wochen wirklich darauf zu achten und mehr Pausen einzuplanen und zu schauen, dass du jeden Tag kleine Pausen machst und auch zu gucken, wann war denn deine letzte größere Pause und wann könnte die nächste größere Pause sein. Und das ist natürlich auch alles wieder total individuell, wie viele Pausen du brauchst und wie oft du vielleicht längere Pausen brauchst, das kommt ganz darauf an, was du alles schon erlebt hast und wie du mit deinem Körper umgegangen bist bisher.

Ich bin bis vor fünf Jahren überhaupt nicht gut mit meinem Körper umgegangen, ich habe ihn immer und immer gepusht und über die Grenze getrieben und habe versucht, alles möglich zu machen und alles zu schaffen und 100.000 Dinge gleichzeitig zu schaffen und mir alles aufzuladen, für alle da zu sein und alles irgendwie hinzubekommen und das hat natürlich auch positive Effekte, aber in meinem Körper hat es einfach bleibende Schäden hinterlassen und deswegen brauche ich mehr Pausen und trotzdem ist die Versuchung immer wieder da, in alte Muster zu fallen und auch Zeiträume auszunutzen, wenn ich auf einmal die Möglichkeit habe, die ganze Zeit zu arbeiten an Dingen, die mir Spaß machen, dann das auch zu tun und da vergesse ich schnell mal, dass ich eigentlich mal wieder eine Pause machen sollte, dann kommt schnell das Gefühl wieder hoch, oh nein, die Zeit könnte ich doch viel besser nutzen, um hier noch was zu machen und da noch was zu machen und deswegen hier die Erinnerung:

Nein, es ist viel wichtiger, gut für dich zu sorgen, denn so kannst du langfristig auch weiter Projekte verfolgen, arbeiten, was auch immer du gerne tust und nicht nur jetzt, kurzfristig, gerade mal alles geben und dann für einige Wochen ausfallen oder länger. Also das nur als kurze Erinnerung und Inspiration: Wann war deine letzte Pause?

Und ich habe dir diesen Bildschirm Hintergrund hinterlegt in den Show Notes, dann kannst du da einfach runterladen, wenn du das möchtest, ich habe zwei verschiedene Varianten gemacht, das ist ein Bildschirm Hintergrund fürs Smartphone und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Bildschirmhintergründe für Dein Smartphone: "Was getan ist, ist fertig - wann war Deine letzte Pause?"
Variante 1
Variante 2

Folge 088 - "Vystopia" von Clare Mann

Ein Beitrag

Folge 088 - "Vystopia" von Clare Mann

Ich habe mich sehr darauf gefreut "Vystopia" von Clare Mann zu lesen. Leider ist es bisher nur auf englisch und über Amazon erhältlich.

Aber es gibt auch eine Audioversion des Buchs und die kannst Du z.B. über audiobooks.com anhören - kostenlos als Neukunde·in im ersten Monat.

Das soll keine Werbung sein, sondern einfach nur eine Möglichkeit an dieses Buch heranzukommen... :-)

Ich habe das Hörbuch angehört und erzähle Dir in dieser Folge warum ich enttäuscht war und wann ich Dir das Buch trotzdem empfehle.

Clare Mann erklärt in ihrem Buch "Vystopia" zum einen den Begriff "Vystopia" für Veganer·innen und für Nicht-Veganer·innen, wobei sie sich auch auf Melanie Joy und den Karnismus bezieht.

Zum anderen zeigt sie Wege auf, die Dich als Betroffene·n aus der Vystopie führen und widmet einen Teil des Buches der Frage wie Du der·die beste Advokat·in für die Tiere werden kannst.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge das Buch „Vystopia - the anguish of being vegan in a non-vegan world“ von Clare Mann besprechen.

Es wird nur eine kurze Besprechung, ich möchte einfach nur meinen Eindruck wiedergeben, den ich von diesem Buch gewonnen habe und dir erzählen, warum du es lesen solltest oder auch nicht. Dieses Buch ist bisher nur auf Englisch erschienen und auch nur im Selbstverlag. Du kannst es mittlerweile auch über buch7.de kaufen. Es gibt aber auch eine Audio-Version davon und die habe ich mir angehört. Und zwar über audiobooks.com, dort kannst du in deinem Gratis-Monat, dem ersten Monat dir ein Buch aussuchen, was du dir anhören kannst und ich habe dieses ausgewählt. (Ich habe mich nur deswegen bei audiobooks.com angemeldet, um mir dieses Buch anzuhören, weil ich sonst halt über die onleihe Bücher höre und das ist natürlich mit meinem Bibliotheksausweis kostenlos.) Und ich habe das gemacht, weil ein Clanmitglied gerade eine Hausarbeit zum Thema Depressionen bei Veganer·innen schreibt, also unter anderem. Und sie hat gefragt, ob jemand noch mehr Informationen zum Thema „Vystopie“ hätte als das, was wir schon genannt hatten und ich konnte ihr da jetzt nur noch das Buch empfehlen, hatte es aber noch nicht gelesen und jetzt habe ich das gemacht.

Also ich habe es nicht gelesen, ich habe es mir angehört und tatsächlich dauert es dreieinhalb Stunden sich das anzuhören. Es wird von Clare Mann selbst gelesen und ich erzähle jetzt einfach mal ein bisschen vom Inhalt und was für einen Eindruck dieses Buch bei mir hinterlassen hat.

Die Autorin Clare Mann ist eine australische Psychologin und sie hat den Begriff Vystopie und im englischen Vystopia erfunden, geprägt oder etabliert, könnte man sagen, so wie Melanie Joy den Begriff Karnismus geprägt hat. Und das ist auch schon ein gutes Stichwort, denn Clare Mann nimmt zu Beginn auch Bezug auf Melanie Joy und den Karnismus und im Grunde, wenn du das Buch Beyond Beliefs von Melanie Joy gelesen hast, sind sich die beiden Bücher doch sehr ähnlich, nur dass Clare Mann eben den Begriff Vystopie noch weiter ausbaut und nicht nur auf Beziehungen zwischen menschliche Beziehungen eingeht, sondern vor allem auch auf die Rolle des·der Veganer·in in dieser Welt.

So gibt es in diesem Buch ähnlich wie bei Beyond Beliefs auch ein Kapitel, das sich erstmal an Nicht-Veganer·innen richtet und was diesen Nicht-Veganer·innen die Weltsicht der Veganer·innen erklärt. Die Beispiele, die Clare Mann da nutzt, sind anders als die, die Melanie Joy nutzt, aber nichtsdestotrotz fand ich sie doch sehr treffend und ich habe mich selbst dabei erwischt, wie ich gemerkt habe, wie meine Prägung reagiert hat, dass ich tatsächlich genau so reagiert habe, obwohl ich vegan lebe und ethisch motiviert bin, wie Clare Mann es vorausgesehen und beabsichtigt hatte.

Ein Beispiel picke ich mal heraus und zwar erzählt Clare Mann, dass sie in ihrer Vergangenheit als Psychologin schon mit vielen Missbrauchsfällen konfrontiert gewesen sei, aber ihr ein Fall besonders in Erinnerung geblieben ist und das war der Fall einer jungen Frau, die als Produkt eines Missbrauchs entstanden war und nun das gleiche Schicksal erwarten sollte, wie ihre Mutter, die als junge Frau immer wieder geschwängert worden war und der ihre Kinder entrissen wurden und die einfach nichts dagegen tun konnte. Und sie erzählt es so, als sei es wirklich einem Menschen passiert und das hat bei mir tatsächlich solche Emotionen ausgelöst, „oh mein Gott, wie kann denn so was passieren?“ bis mir dann aufgegangen ist, dass sie natürlich von einem Kalb und einer Kuh spricht und dann hat bei mir genau das eingesetzt, was sie eben vorausgesehen hat, dass ich wieder gedacht habe, das ist ja schon fast normal.

Und das hat mir auch nochmal meine Prägung vor Augen geführt, dass ich das normal finde, diese Praxis, dass Kühen ihre Kälber weggenommen werden und wenn es weibliche Kälber sind, sie die gleiche Laufbahn wie ihre Mütter dann beginnen müssen und ich fand es einfach erschreckend zu sehen, wie tief diese Prägung doch bei mir geht und fand es schon gut, wie sie das gemacht hat, dass sie dann in diesem Kapitel für Nicht-Veganer·innen diese Mechanismen nochmal dargelegt hat.

Das Buch richtet sich an ethisch motivierte Veganer·innen, die sich gerade in einer Vystopie befinden, die traumatisiert sind durch das, was sie herausgefunden haben und die täglich, stetig, immer wieder retraumatisiert werden, dadurch, dass sich einfach das in der Welt ja noch nicht geändert hat. Wir leben noch nicht in einer veganen Welt und wir werden deswegen immer und immer wieder mit dem Auslöser konfrontiert, weswegen wir vegan geworden sind.

Und wenn ich diese Zielgruppe als Grundlage nehme, dann habe ich das Gefühl, dass dieses Buch doch zu sehr triggert. Also wenn du dich gerade in einer eher depressiven Phase befindest, dann würde ich dir das Buch nicht empfehlen, denn Clare Mann geht doch immer und immer wieder, über das ganze Buch hinweg, auf Beispiele ein, die ich so natürlich kenne, die Auslöser sein können für eine Depression und dafür, dass du immer tiefer versinkst in diese Vystopie. Sie nennt zwar auch Möglichkeiten, wie du da wieder rauskommst, aber letztlich war es für mich von der Empfindung her, als ich das Hörbuch gehört habe, doch zu vollgepackt mit diesen möglichen Auslösern, Beschreibungen von der Welt in der wir leben, als dass es mich dann bestärkt.

Also während ich das Buch gehört habe, hatte ich das Gefühl, dass sie immer und immer wieder diese Wunden aufkratzt, die ich mir zugezogen habe, weil ich mich entschieden habe, vegan zu leben und dass sie immer mal wieder da rein pikt in die Wunde und dann zwar auch erzählt, was du tun kannst, aber immer wieder in dieser Wunde rührt und das hat bei mir einfach kein durchweg positives Gefühl für dieses Buch hinterlassen. Ich persönlich kannst dir wirklich nur empfehlen es zu lesen, wenn du dich einigermaßen gefestigt fühlst. Also wenn du gerade wirklich in einer depressiven Phase bist oder gerade sowieso dich angegriffen fühlst, dann würde ich es dir nicht empfehlen, dieses Buch zu lesen.

Ich hatte in den beiden vorangegangenen Folgen zum Thema Vystopie schon erzählt, was Clare Mann als Hilfe und als Lösung ansieht, um aus der Vystopie wieder herauszukommen. Das hat sie hier in dem Buch auch wieder dargelegt, ein bisschen detaillierter. Du merkst auf jeden Fall, wenn du das Buch hörst oder liest, dass sie eine engagierte Tierrechtsaktivistin ist und dass sie aus diesem Aktivist·innen-Umfeld kommt und das schon viele Jahre macht und dementsprechend auch irgendwie nur da die Lösung sieht.

Ich lese und höre diese Aufforderungen immer wieder, die sie auch in diesem Buch beschreibt, wie du zu sein hast als Veganer·in in dieser nicht veganen Welt, um dann letztlich die Welt zu einer besseren Welt zu machen und der·die beste Advokat·in für die Tiere zu sein und sie schlägt mit diesem Buch in die gleiche Kerbe.

Sie sagt zum Beispiel, „to play our part in a vegan world, you must become the best invitation you can be to others.“ Frei übersetzt: „um deinen Teil in dieser veganen Welt zu spielen, musst du die beste Einladung werden für andere“ und sie sagt zwar auch, dass das erstmal bedeutet, dass du dich deinen Ängsten, deinen Gefühlen dem ganzen Negativen stellen solltest und dich erstmal um dich selbst kümmern, aber es steckt eben bei ihr so ein gewisser Druck dahinter.

Im letzten Drittel des Buches habe ich die ganze Zeit das Gefühl, dass sie mich dazu bringen will, einer Sekte beizutreten, die gewisse Regeln befolgen soll, um diese Welt zu einer anderen Welt zu machen. Gerade im letzten Teil erzählt sie viel darüber, wie Verkaufstechniken uns helfen können, als Veganer·innen andere Menschen zu veganisieren und sie sagt Dinge wie, „your job is to be a great salesperson, so you don't let the team or the animals down.“ Frei übersetzt: „dein Job ist es, eine perfekte, tolle, super Verkaufsperson zu sein, so dass du das Team, (das sind die Veganer·innen) oder die Tiere nicht im Stich lässt.“

Und ehrlich gesagt, gerade diesen Part finde ich sehr problematisch, weil das mit den Verkaufstechniken doch ganz stark in die Richtung geht, wie diese Menschen, die geschult werden, um an den Ständen, die du in der Stadt so siehst, dann Verträge zu machen. Also die auf dich zugehen und sagen: „hier spende für das und das und das“ und dich in Gespräche verwickeln und versuchen halt für einen guten Zweck zwar, aber trotzdem für sich dann irgendwo auch diese Verträge abzuschließen. Und jedes Mal, wenn ich durch solche Stände mich lavieren muss, habe ich ein ganz schreckliches Gefühl und das hat ganz viel natürlich auch mit Psychologie zu tun und das ist wirklich nicht das, wie ich sein möchte, auf gar keinen Fall.

Und deswegen kann ich das einfach auch nicht gut heißen, so etwas in ein Buch zu schreiben und Veganer·innen mit auf den Weg zu geben, sie sollen doch bitte sich zu guten Verkäufe·rinnen ausbilden und dann auch noch - bloß keinen Druck aufbauen - zu sagen: okay, sonst lässt du die anderen Veganer·innen oder die Tiere im Stich. Sie ergänzt es auch mit, „you must become a great Communicator, sell veganism“ und die ganze Zeit kommt immer, „you must, you must.“ Bei mir löst es immer gleich so eine Abwehrreaktion aus, weil ich wirklich der Meinung bin, dass das nicht der Weg sein kann.

Sie stellt da auch Punkte vor, was du tun kannst und sollst auch als Veganer·in. Dazu gehört „educate yourself, lifelong learning“ und „become an exquisite Vegan Communicator. You must learn to communicate effectively“ Als Übersetzung: Es geht ihr darum, dass du ein Leben lang lernst, da habe ich auch überhaupt gar kein Problem mit, nur es sollte halt kein Imperativ sein, sondern es sollte mir freistehen, mich selbst dazu entscheiden, was ich lernen möchte. Und ich finde eben gerade das sehr problematisch zu sagen, es kommt halt quasi diese Aufgabe mit dem Vegan sein, dass du so gut ausgebildet wie möglich sein musst, auf alle Fragen eine Antwort haben solltest und dieses „to be a great Communicator“, also dich in Gesprächstechniken ebenfalls fortbilden solltest.

Am besten solltest du eben auch sehr gerne sprechen und das ist ja der nächste Punkt, ich denke: aber was ist dann Menschen, die einfach introvertiert sind und Menschen, die einfach nicht gerne reden oder nicht gerne mit anderen oder vor anderen reden oder einfach schüchtern sind oder was auch immer? Also wieso müssen denn alle Veganer·innen jetzt zu so einer genormten Elite-Einheit ausgebildet werden? Denn genau so kommt es bei mir an, wenn ich das höre, dieses Bild von einer Elite-Einheit, von einer Sekte, von Verkäufer·innen, die zum Wohle der Tiere sich da in den Kampf stürzen.

Und sie ist ja nicht die einzige, die so argumentiert. Diese Argumente höre ich eigentlich überall in der veganen Welt, in der veganen Blase von allen möglichen Menschen, die immer und immer wieder damit argumentieren, dass du eine gewisse Verantwortung trägst, wenn du vegan lebst und nur gut für die Tiere und den Veganismus bist, wenn du einer gewissen Norm entsprichst. Und das spricht Clare Mann in ihrem Buch eben auch nochmal an, wenn sie sagt, „many people resist when they see a distressed vegan, you become attractive when you“ und so weiter und so fort. Das heißt so viel wie, dass viele Menschen das abstoßend finden, wenn du irgendwelche negativen Gefühle zeigst. Du sollst dein „happy face“ sozusagen aufsetzen, du sollst also eine gewisse Rolle spielen. Und das sagt sie eben dann auch nochmal im Buch: „the best thing a vegan can do is to be a great example of a happy, adjusted, open-minded, caring person who also happens to be vegan.“ Was auf Deutsch übersetzt ungefähr bedeutet, dass das Beste, was ein·e Veganer·in tun kann, ist, ein super Beispiel zu sein von einer fröhlichen, in sich ruhenden, glücklichen, offenen, mitfühlenden Person, die zufällig auch noch vegan lebt.

Und mal ganz ehrlich, kein Druck, ne? Also jedes Mal, wenn ich das höre, dass sagen so viele Menschen, dass wir diesen äußeren Auftrag haben, so zu sein. Und dass wir möglichst gesund sein sollen, das sagt sie auch in dem Buch, dass es total wichtig ist, dich gesund zu ernähren, kein fast food, sondern eben whole food, plant-based diet und da dann auch möglichst die ganzen nutrition facts zu haben, also die ganzen Nährstoffe zu wissen und überhaupt solltest du eine erweiterte Datenbank in deinem Gehirn haben, wo du alle Fakten zum Thema Veganismus präsent hast und jetzt, boah, hallo, wer macht denn das?

Also ich weiß, ja, es gibt viele Menschen, die versuchen so zu sein, also viele Veganer·innen, die versuchen diesem Ideal zu entsprechen, aber ich finde, das musst du nicht. Denn das Interessante ist ja auch immer, das gesagt wird, ja, wir als Veganer·innen sollten dieser Norm entsprechen und möglichst die ganze Zeit mit so einem dicken Grinsen durch die Welt laufen, aber die Nicht-Veganer·innen sollten wir so nehmen, wie sie sind, dort abholen, wo sie stehen, solche Geschichten auf Augenhöhe, also ich kenne noch mehr solche Floskeln. Also jedenfalls, das ist ja gerade dieses, auf der einen Seite sollen wir als Veganer·innen dieser Super-Happy-Yay-Norm entsprechen, aber die anderen, die dürfen so sein, wie sie sind. Aber nur so lange, wie sie halt nicht vegan leben, weil wenn sie vegan leben, rekrutieren wir sie ja in unsere vegane Armee, in unsere Elite-Einheit und dann müssen sie ja wieder so werden, wie wir, also dieser Norm entsprechen, damit sie wiederum dann Nicht-Veganer·innen möglichst attraktiv anziehen.

Und es stört mich kolossal - es tut mir leid, jetzt habe mich hier gerade ein Rage geredet, aber es stört mich echt kolossal, dass diese Anspruchshaltung unter Veganer·innen besteht. Ich verstehe, dass es wichtig ist, die Welt zu veganisieren für die Tiere, für den Planeten und letztlich auch für uns selbst. Ich wehre mich aber dagegen, dass wir alle, wie in Brave New World, gleichgemacht werden. Dass wir gewissen Kasten angehören sollen, dass wir genormt werden, dass wir am besten noch geklont werden und dann in diese Elite-Einheit über die Erde marschieren.

So sagt Clare Mann in ihrem Buch: „each of us must be the best we can be, a self-reflective individual who can proudly answer ‚yes‘ to the question, ‚would I follow me‘?“ Übersetzt ungefähr jeder und jede von uns sollte ein sich selbstbewusstes reflektiertes Individuum sein, dass stolz sagen kann, „ja, ich würde mir folgen“. Und ich hatte ehrlich gesagt mehr von Clare Mann erwartet, da sie doch Psychologin ist. Und ich befürchte, dass ihre Tierrechtsaktivist·innen-Selbst da in den Vordergrund tritt und quasi das Zepter in die Hand nimmt gegenüber der Psychologin, denn ich denke, eine Psychologin sollte mir nicht sagen, so und so hast du zu sein, sondern sie sollte mir Möglichkeiten aufzeichnen, sie sollte mich begleiten und sie sollte mir Wege zeigen, wie ich aus meiner Depression rausfinden kann, möglichst ohne mich unter Druck zu setzen.

Und das finde ich nämlich gerade in dem Buch nicht. Sie zeigt zwar Wege daraus, aber die sind eben sehr limitiert. Es geht darum, dass du aktiv wirst für die Tiere, für den Veganismus und ja, das kann ich auch unterstreichen. Die Selbstwirksamkeit zu erhöhen, aktiv zu werden, ist ein sinnvoller Weg daraus, aber ehrlich gesagt nicht mit diesem Druck, den sie da aufbaut, wo sie die ganze Zeit von you must, you must, you must spricht und mir erzählt, wie ich zu sein habe und wie ich mein Ich formen soll, meine Persönlichkeit formen soll, damit ich halt die Tiere und den Planeten und das Team eben nicht im Stich lasse. Und wenn ich denke, ich fühle mich stabil - ich persönlich jetzt, ich als Stefanie - und wenn ich mich aber da rein versetze, dass ich gerade in einer nicht stabilen Situation bin, dass ich mich also labil fühle und eben deswegen zu diesem Buch greife und denke, ja, Vystopie, das ist genau das, wie ich meine Situation beschreiben würde und jetzt lese ich das, dann würde ich mich ganz stark unter Druck gesetzt fühlen, dass ich jetzt einem gewissen Bild entsprechen muss, das eben nicht mir selbst entspricht.

Ja, es gibt Menschen, die diesem Bild entsprechend ganz freiwillig und von ihrer Natur aus. Aber das ist eben nur ein Teil der Menschheit. Und es ist doch gerade schön, dass wir bunt und vielfältig sind. Und dass wir nicht alle dieser genormten Form entsprechen, sondern dass Veganer·innen in allen Formen, Farben, Größen und Temperamenten, Charakteren und ja, allem, was dir noch einfällt, auf dieser Welt existieren können. Was für ein Vorbild bin ich, wenn ich Teile von mir verneine, verleugne und ja, Teile von mir abspalte quasi. Und was bedeutet das bitte psychologisch?

Ganz zum Schluss, zum Ende des Buchs, in den letzten drei Minuten ungefähr von dem Hörbuch, sagt Clare Mann, dass es vielleicht auch sein könnte, dass du eben nicht der Typ bist, um viel zu reden oder so. Also, dass es sein könnte, dass es dir nicht liegt. Dann kannst du vielleicht auch andere Möglichkeiten in Betracht ziehen und sie erwähnt irgendwie zwei, drei Beispiele. Aber das kommt in den letzten drei Minuten oder vielleicht sind es auch vier Minuten. Aber jedenfalls ganz zum Schluss erwähnt sie das in fünf Nebensätzen, dass es auch möglich sein könnte, dass du halt jetzt nicht gerne kommunizierst oder dir das einfach nicht so liegt, nach draußen zu gehen, auf die Straße zu gehen, Menschen anzusprechen und richtig aktiv in dem Sinne zu sein, dass du Straßenaktivismus zum Beispiel machst.

Und ja, das ist nett, dass sie das dann noch erwähnt so in den letzten Sätzen. Aber wenn ich das Buch bis dahin gelesen habe, dann fühle ich mich ja schon so, als ob es eigentlich nur diese eine Möglichkeit gibt, vegan zu leben. Und sonst, wenn ich das halt nicht mache, das schwingt ja die ganze Zeit mit, wenn ich das nicht mache, dann lasse ich die Tiere und die anderen Veganer·innen im Stich, dann schade ich dem Veganismus. Ich habe da schon mit Carsten im Einfach Vegan Podcast eine Folge zu gemacht, weil mich diese Haltung so aufregt, das tut mir leid, dass ich das jetzt wieder hier thematisieren muss. Aber es muss einfach raus, weil mir das jetzt ständig immer und immer wieder begegnet. Und eben auch in diesem Buch, was mich einfach in dieser Hinsicht dann auch enttäuscht hat.

Ich dachte eigentlich wirklich, dass Clare Mann als Psychologin da einen anderen Ansatz hat. Und mir war schon klar, dass sie Aktivismus und Gemeinschaft als die beiden Faktoren sieht. Aber ich hatte einfach die Hoffnung, dass sie nicht in die gleiche Kerbe schlägt, wie all die anderen, die uns Veganer·innen sagen, wie wir zu sein haben sollen, damit wir das beste Aushängeschild werden für den Veganismus. Und so ist dieses hier eine eingeschränkte Lese-Empfehlung nur für das Buch. Wenn du dich informieren willst über den Begriff Vystopie oder Vystopia, dann kann ich dir das Buch empfehlen. Wenn du es einfach lesen willst, mit der Vorwarnung, dass Clare Mann da sehr viel drüber schreibt, wie du als Veganer·in zu sein hast. Wenn du das im Hinterkopf hast und gewappnet bist, dann kannst du das Buch durchaus lesen. Es hat auf jeden Fall auch lesenswerte Passagen. So aus wissenschaftlicher Sicht denke ich, ist es sinnvoll, sich da nochmal durchzuarbeiten.

Nur wenn du dir jetzt erste Hilfe erhoffst von diesem Buch, weil du gerade in einer schweren Situation bist, dann würde ich es dir grad nicht empfehlen, weil es einfach zu viel Druck aufbaut und zu viele Situationen beschrieben werden, die dich dann wieder triggern werden. Also als Hintergrundlektüre, wenn du dich weiterbilden willst schon, als erste Hilfe kann ich es einfach nicht empfehlen. Das sollte jetzt eigentlich nur eine ganz kurze Buchbesprechung werden. Jetzt ist es doch länger geworden, weil ich mich so echauffieren musste. Es tut mir leid. Ich kann das aber einfach nicht mit mir selbst vereinbaren, dich da nicht vorzuwarnen vor diesen Aspekten. Und ich finde es super wichtig, dich darauf hinzuweisen, dass es auch noch andere Wege geben kann, als immer dieser Norm entsprechen zu müssen.

Denn du bist gut so, wie du bist. Du musst nicht anders sein. Wenn du nicht dieser Norm entsprichst, ist das völlig in Ordnung. Du gehst deinen Weg. Es ist dein Weg. Es ist dein Leben. Du tust das für die Tiere. Und du darfst trotzdem du selbst sein und auf deine Art aktiv sein, so wie es deinen Möglichkeiten entspricht. Denn da draußen sind viele Menschen, die dir vielleicht ähnlich sind und die eher sich von einem Veganer oder einer Veganerin angesprochen fühlen, die oder der so ist wie du. Und so möchte ich dich zum Schluss bestärken, dass du deinen Weg so weiter gehst, wie es für dich am besten ist. Schritt für Schritt, in kleinen Schritten, jeder Schritt ist wertvoll.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Wo Du das Buch "Vystopia" von Clare Mann findest
https://vystopia.com/

Folge 087 - Verlier Dich nicht in Details

Ein Beitrag

Folge 087 - Verlier Dich nicht in Details

Immer wieder passiert es mir, dass ich mich in Details verrenne und dabei den Blick aufs große Ganze verliere.

Da beiße ich mich stunden-, vielleicht auch tagelang an einem Detail fest, nur um später festzustellen, dass es in Bezug auf mein gesamtes Leben oder diese Welt eigentlich ziemlich unbedeutend ist.

Wenn ich in so einer Situation bin und es mir bewusst wird, hilft es mir innezuhalten und meine Situation in den richtigen Kontext zu setzen.

Ähnliche Situationen beobachte ich auch in den Webinaren, die ich für die VHS gebe und in denen es darum geht jetzt aktiv fürs Klima zu werden: Menschen diskutieren lange über die korrekte Art Glühbirnen gegen LEDs auszutauschen (was ist nachhaltiger: erst wenn die Glühbirnen kaputt sind oder sofort?) und übersehen dabei, dass der Austausch zwar sinnvoll ist, aber in Bezug auf den gesamten ökologischen Fußabdruck nur einen winzigen Teil ausmacht und somit auch nicht so viel Raum in der Diskussion einnehmen sollte.

Wenn Du Dich also das nächste Mal in einer Endlosschleife aus Diskussionen und vielleicht auch schlechtem Gewissen wiederfinden solltest: versuche innezuhalten und die Situation in einem größeren Kontext zu sehen. Das wird Dir helfen, die für Dich richtige Entscheidung zu treffen.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und diese Folge soll eine Erinnerung für dich und auch für mich sein.

Daran sich nicht in Details zu verlieren, sondern immer wieder innen zu halten und das große Ganze zu betrachten. Ich habe jetzt in den letzten Wochen mehrere Webinare für die VHS gehalten und dort erzählt, was du jetzt aktiv tun kannst für den Klimaschutz gegen den Klimawandel, wie du von zu Hause aus aktiv werden kannst. Und bei diesen Diskussionen habe ich immer wieder gemerkt, dass sich viele Teilnehmer·innen dann schnell in Details verrennen und daran festbeißen und vielleicht auch das dann zu der Entscheidung machen, ob sie weitermachen oder nicht.

Zum Beispiel haben wir darüber gesprochen, ob wir Glühbirnen durch LEDs ersetzen, was eben die nachhaltigere Variante wäre, aber dann auch die Frage, was ist denn mit Glühbirnen, die noch funktionieren. Wenn ich die jetzt schon durch LEDs ersetze, dann produziere ich ja Müll, der überhaupt gar nicht Müll sein sollte, also sinnlosen Müll. Und ist es dann nicht besser zu warten, bis die Glühbirnen dann ihren Geist aufgeben und dann diese durch LEDs zu ersetzen. Das ist natürlich die sinnvolle Variante und wir haben darüber ein bisschen hin und her diskutiert. Und letztlich ist das tatsächlich aber, was den ökologischen Fußabdruck betrifft - also den Gesamtabdruck, den eine einzelne individuelle Person hat in Bezug wirklich auf den kompletten Verbrauch, das, was wir beeinflussen können - sind Glühbirnen, nur ein ganz kleiner Teil. Also wir können, wenn wir uns auf die Glühbirnen konzentrieren, da relativ wenig nur bewirken. Natürlich wirkt es sich auch auf den Stromverbrauch aus und das ist definitiv nachhaltiger, wenn du LEDs benutzt, als wenn du herkömmliche Glühbirnen benutzt, aber es ist wirklich nur ein Detail.

Und solche Diskussionen zeigen mir immer wieder, wie wichtig es ist, innezuhalten und alles dann auch in eine Relation zu setzen. Und zu schauen, wo stehe ich eigentlich, verrenne ich mich da vielleicht gerade in Details und belastet mich da gerade etwas, was ich eigentlich loslassen könnte, weil es wirklich nur ein Detail ist und wenn ich das jetzt gerade nicht meistern kann, dann ist es nicht schlimm, ich kann es dann später nochmal angehen.

So auch, wenn du zum Beispiel dein Kind noch nicht vegan ernährst, das kleinere Kind, was das vielleicht auch noch nicht so versteht, weil du einfach gerade keine Zeit hast, dich in die Supplementierung einzuarbeiten und du jetzt überlegst, was machst du mit den Essensresten, isst du sie selbst oder schmeißt du sie weg und du da in ein Wertekonflikt gerätst, weil du beides eigentlich nicht vor dir selbst verantworten kannst. Dann verstehe ich dich vollkommen, dass das etwas ist, was dich immer wieder in Verzweiflung stürzen kann, weil du doch eigentlich alles richtig machen möchtest. Und du möchtest deinen Werten entsprechend leben. Und deinen Werten entsprechend leben heißt eben auch, dass du nichts Unveganes essen möchtest, aber genauso möchtest du auch kein Lebensmittel verschwenden. Und jetzt ist da natürlich die Frage, wie tarierst du das aus, was verursacht bei dir mehr Probleme, Gewissensbisse oder innere Konflikte, ob du jetzt das nicht-vegane isst oder ob du die Lebensmittelreste wegschmeißt, was ist da wirklich für dich das größere Übel? Das ist etwas, was nur du für dich entscheiden kannst.

Und der andere Punkt ist auch, die Umstände dann zu betrachten, wird das jetzt immer so weitergehen oder ist es tatsächlich nur temporär, dass du dir überlegt hast, ja jetzt gerade habe ich einfach keine Zeit, mich darum zu kümmern, dass mein Kind auch vegan lebt, weil ich da noch unsicher bin, was die Supplementierung angeht, aber bald werde ich mir Zeit nehmen, mich hinsetzen und mich darum kümmern und dann vielleicht auch sehen, dass das eigentlich gar nicht so viel Zeit kostet.

Es passiert mir immer wieder, wenn ich so Sachen vor mir her schiebe, dass ich denke, oh, dafür habe ich gar keine Zeit, es ist so ein Riesenzeitaufwand und wenn ich es dann doch einfach mal in Angriff nehme, dann erledigt sich das erstaunlicherweise meist relativ schnell und nimmt überhaupt gar nicht so viel Zeit in Anspruch. Also das könnte vielleicht auch noch eine Lösung sein, sich da vielleicht hinzusetzen und zu sagen, okay, eine Stunde widme ich mich jetzt diesem Thema und dann gucke ich mal, wie weit ich komme, eine Stunde kann ich vielleicht abzwacken.

Und letztlich ist das jetzt aber auch wieder nur ein Detail, also nicht die Supplementierung, sondern dieses Dilemma, schmeiße ich jetzt die Essensreste weg oder esse ich sie? Denn natürlich ist Lebensmittelverschwendung nicht in Ordnung und wir sollten so wenig Lebensmittel wie möglich, am besten keine wegschmeißen. Das ist definitiv so, da stimme ich dir vollkommen zu, nur wenn du jetzt in diesem Dilemma steckst und überlegst, was ist jetzt wichtiger für dich, dann kannst du auch auf das große Ganze schauen und sagen, okay: das ist jetzt nur ein kleiner Abschnitt in meinem Leben und es geht jetzt wirklich nur um diese Phase, das ist ein Detail. Und wenn ich mich aus dieser Mikroperspektive raushebe und meine Geschichte vielleicht im Ganzen anschaue und überlege: okay, wie lange kann diese Phase wohl dauern, dann ist es wirklich wahrscheinlich, ich prognostiziere das jetzt einfach mal so, ich prophezeie es dir: es ist wahrscheinlich nur ein Detail. Eine kleine Zeitspanne in deinem Leben, in der du diesem Dilemma ausgesetzt bist.

Und du wirst merken, dass diese Zeitspanne bald beendet sein wird, weil du entweder für dich beschlossen hast, dein Kind wird halt weiterhin nicht vegan ernährt oder du hast für dich rausgefunden, dass du entweder die Essensreste isst und das ist in Ordnung für dich oder du schmeißt sie weg, also du wirst dieses Dilemma auf jeden Fall lösen oder du wirst dich um die Supplementierung kümmern. Je nachdem, was für dich einfach am wichtigsten ist, das wird sich von ganz alleine lösen, weil du einfach diesen inneren Konflikt in dir trägst und der gelöst werden will. Und da orakele ich jetzt einfach, dass sich das bald lösen wird und wie gesagt, wenn du dir dieses Dilemma in Bezug auf deine Lebensgeschichte anschaust, ist es eben einfach nur ein Detail.

Und so passiert mir das auch immer wieder, dass ich mich in diesen Details verrenne und daran festbeiße und darüber nachdenke und sie mich teilweise in meinen Träumen verfolgen und wenn mir das dann bewusst wird. Dann versuche ich das in Relation zu sehen, zu meinem großen Ganzen, also meinem Leben und zu schauen - jetzt zum Beispiel bei den Glühbirnen - wie steht das denn in Relation zu dem gesamten ökologischen Fußabdruck und dann sehe ich, okay, es ist wirklich nur ein Mosaiksteinchen von vielen und es ist nicht schlimm, wenn ich diesen Schritt jetzt noch nicht gelöst habe. Dafür habe ich halt schon andere, viel größere Sprünge gemacht und kann einfach Schritt für Schritt jetzt noch die Details anpassen.

Um es mal so ganz verknappt zu sagen: mit dem Glühbirnenproblem werde ich nicht die Welt retten, womit ich natürlich nicht sagen will, dass es nicht sinnvoll ist, sich Gedanken darüber zu machen, sondern wirklich einfach, dass es darum geht, sich nicht in den Details so zu verrennen.

Eine andere Strategie, die mir hilft bei solchen Detailfragen oder Erlebnissen, die in dem Moment mein ganzes Leben dominieren, ist mir zu überlegen, dass mein Leben eine Geschichte ist und ich bin die Heldin, die Hauptcharakterin dieser Geschichte. Und wenn ich mir vorstelle, dass diese Geschichte bis jetzt noch nicht zu Ende erzählt ist und ich analog dazu meine Lieblingsgeschichten vielleicht raussuche und darüber nachdenke, wenn die Heldin dieser anderen Geschichte an diesem Punkt gestanden hätte und die Geschichte wäre dann vorbei, dann würde sie sich wahrscheinlich genauso fühlen, wie ich mich jetzt fühle, aber ihre Geschichte ist weitergegangen und sie hat immer wieder solche Situationen gemeistert und am Ende kam dann ein Happy End oder was auch immer heraus. Jedenfalls stelle ich mir dann immer vor, dass meine Geschichte gerade an so einem Punkt ist, an einer Herausforderung, die ich meistern muss, damit es weitergeht und dass ich, wenn ich das quasi von oben, also dem Plot quasi meiner Geschichte mir anschaue - ich weiß natürlich nicht, wie sie enden wird und wie es weitergeht, aber wenn ich so denke, dass ich jetzt gerade einfach nur an einem Punkt in meiner Geschichte stehe - dann hilft mir das tatsächlich, das in Relation zu setzen. Dann ist es nämlich nur ein Ereignis von vielen und nicht das Ereignis, das jetzt mein Leben umwirft oder beherrscht, sondern es ist wirklich nur ein Ereignis und dadurch wird es dann zu einem kleineren Detail in meiner Geschichte.

Ich habe ja in der letzten Folge diese Filme vorgestellt von den verschiedenen Frauen, die für ihre Rechte eingetreten sind und was ja auch quasi Biografien teilweise von Frauen waren und wenn wir uns da vorstellen, dass die an dem Punkt, an dem sie im Film, in ihrer Geschichte gescheitert sind, an einem gewissen Punkt, wenn sie da inne gehalten hätten und da hätte die Geschichte aufgehört, dann wäre es überhaupt gar keine Erfolgsgeschichte gewesen, dann wäre es einfach nur ein Leben, ich habe es probiert und bin gescheitert und habe aufgegeben. Aber in dem Moment haben sie nicht aufgegeben, sondern sie sind weitergegangen und vielleicht sind sie wieder gescheitert, haben was ausprobiert, sind wieder gescheitert, aber letztlich ist es immer dieses Aufstehen gewesen, dieses Weitergehen und dieses Wissen, dass sie es schaffen können, diese Gewissheit in sich zu tragen und weiterzumachen.

Das macht ja letztlich diese Geschichte zu einer positiven Erfolgsgeschichte und genauso kannst du dir deine eigene Geschichte auch denken. Du bist jetzt vielleicht an einem Punkt, an dem du merkst, dieses Detail, da hast du dich fest gefressen, du kommst irgendwie nicht weiter, aber wenn du dann inne hälst und versuchst, tief durchzuatmen und dich darauf zu besinnen, dass es einfach nur ein Punkt in deiner Geschichte ist, dann kann dir das vielleicht weiterhelfen.

Mir hilft es auf jeden Fall immer und so soll diese Folge jetzt einfach eine Erinnerung für dich und für mich sein, dass wir bestimmte Situationen immer in Relation setzen und wenn uns das bewusst wird - das ist ja auch immer der Faktor, wann wird es uns bewusst? Manchmal dauert es bei mir echt lange, bis mir bewusst wird, dass ich mich da wieder irgendwo festgefressen habe, aber tatsächlich wird es mit der Zeit leichter, weil jedes mal, wenn ich mir das bewusst mache, dass ich mich an so einem Detail festgesaugt habe, dann schärft sich meine Wahrnehmung dafür und ich kann es beim nächsten Mal leichter erkennen und so ist es einfach Übung, dass du dich da immer wieder leichter rausziehst aus dieser Situation.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Wann werden wir politisch aktiv?

Ein Beitrag

Folge 086 - Wann werden wir politisch aktiv?

Was motiviert einen Menschen dazu politisch aktiv zu werden? Was ist der Auslöser, der Menschen für die eigenen Rechte und die anderer eintreten lässt?

Im Von Herzen Vegan Clan haben wir darüber gesprochen, ob wir aus der Coronakrise für den Klimaaktivismus lernen können.

Was mir ganz klar aufgefallen ist, ist, dass Menschen bereit sind sich einzuschränken und auf ihre Grundrechte zu verzichten, wenn es um ihre Gesundheit geht. Ich weiß nicht, ob ich das wirklich so pauschalisieren kann, aber es wirkt auf mich so.

Für das Klima sind weit weniger Menschen bereit auf ihre Privilegien zu verzichten, während die Menschen im Laufe der Coronakrise bereit waren, um andere Menschen zu schützen - noch nicht einmal unbedingt, um sich selbst zu schützen - zu Hause zu bleiben. Natürlich gibt es auch hier uneinsichtige Menschen. Aber doch viel weniger, als wenn es ums Klima geht.

Vielleicht können wir aus der Krise lernen, dass die Bereitschaft etwas zu ändern da ist, dass Menschen generell die Fähigkeit in sich tragen, etwas zu ändern und sie unter bestimmten Umständen aktiviert werden kann.

Nur wie? Was hat die Menschen dazu gebracht, sich der Krise angemessen zu verhalten? Dazu teile ich einige Gedanken mit Dir in dieser Podcastfolge.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge einige Beobachtungen mit dir teilen.

Ich hatte im von Herzen Vegan Clan unter anderem die Frage gestellt, was wir aus der Corona-Krise lernen können für den Klimaaktivismus, ob wir da vielleicht etwas draus ableiten können, weil ja tatsächlich viele Menschen bereit waren, ihre Persönlichkeitsrechte einzuschränken für andere aufgrund des Virus. Menschen waren auf einmal bereit Dinge zu tun, wie zum Beispiel auf Flüge zu verzichten oder gar nicht mehr zu reisen oder eben eher zu Hause zu bleiben, als rauszugehen, weniger zu konsumieren und haben das tatsächlich auch getan, mal mehr, mal weniger mit Murren, aber auch vor allem eben für andere und nicht direkt für sich selbst.

Und das ist ja etwas, was wir in Bezug auf den Veganismus und auf den Klimawandel überhaupt gar nicht beobachten können, dass die meisten Menschen sich dessen tatsächlich auch einfach irgendwie immer noch nicht bewusst sind, dass es wichtig ist, etwas für das Klima zu tun und sie nicht dazu bereit sind, ihre Privilegien einzuschränken für das Klima und in diesem Fall eben auch für andere, denn der Klimawandel findet schon statt. Wir nehmen ihn nur hier im globalen Norden noch nicht richtig wahr, sondern die Menschen im globalen Süden leiden schon darunter, nur sehen wir das halt nicht direkt vor Ort. Und ich denke, dass jetzt gerade die Gesundheit betroffen war von den Menschen hier vor Ort, hat viele Menschen wachgerüttelt, die dann sich solidarisch gezeigt haben, was für mich irgendwie auch gezeigt hat, dass die Bereitschaft zum Handeln tatsächlich da ist, aber anscheinend nur durch bestimmte Faktoren aktiviert werden kann.

Und diese Frage, wann handelt jemand für andere oder tritt für die eigenen Rechte ein oder wird politisch aktiv, was es ja tatsächlich dann in jedem Falle wäre, die beschäftigt mich schon länger und ich habe in letzter Zeit einige Filme geschaut, in denen jetzt in diesem Fall vor allem Frauen für ihre Rechte eingetreten sind und in denen diese dann auch politisch aktiv geworden sind, obwohl sie es eigentlich ursprünglich überhaupt nicht vor hatten. Und das, was alle gemeinsam hatten in diesen Filmen, war, dass sie persönlich betroffen waren. Und ich mach das am besten mal an konkreten Beispielen fest.

Einen Film, den ich mir angeschaut hatte, war „Die Göttliche Ordnung“. Da geht es um das Frauenwahlrecht in der Schweiz, das tatsächlich erst 1971 in die Verfassung aufgenommen wurde. Und die Protagonistin, die Hauptdarstellerin, wird erst dann politisch aktiv, setzt sich für die Rechte ein, als ihr Mann ihr verbietet, wieder arbeiten zu gehen. Vorher fühlt sie sich gar nicht unterdrückt, obwohl sie die ganze Zeit dieses klassische Hausfrauendasein fristet und für alle den Haushalt schmeißt und ihre beiden Söhne machen nichts, weil sie halt „Jungs sind und keine Mädchen“ und so weiter und sofort. Also das Rollenbild hat sie völlig in sich aufgesogen und stellt es auch nicht in Frage, aber sie stellt es dann in Frage, als ihr Mann ihr verbietet, wieder arbeiten zu gehen und sie dann zeitgleich auch in Kontakt kommt mit Aktivist·innen, die für das Frauenwahlrecht eintreten. Und so politisiert sie sich quasi und wird dann zur Stimme in ihrem Dorf für das Frauenwahlrecht. Der Auslöser ist hier aber tatsächlich, dass sie persönlich sich in ihren Rechten nicht wahrgenommen fühlt. Also sie fühlt ein Unrecht, was ihr persönlich geschieht und dann wird sie aktiv.

Genauso bei dem Film „Suffragettes“, wo es um den Kampf um das Frauenwahlrecht in Großbritannien geht, viele, viele Jahre früher, Anfang des 20. Jahrhunderts. Und auch da wird die Geschichte einer Arbeiterin, einer Wäscherin erzählt, die eigentlich überhaupt gar nichts mit diesen Suffragetten zu tun haben will und die nur ihre Arbeit macht und sich eigentlich nur um ihr Auskommen, um ihren Sohn und den Mann kümmert und eben arbeitet. Da ist es ein anderes Verhältnis als in dem Film „Die Göttliche Ordnung“, wo die Frau nicht arbeiten soll. Hier ist es so, dass die Frau arbeiten muss, weil sie sonst nicht genügend Geld verdienen und das Kind wird fremdbetreut. Und da gerät die Protagonistin durch Zufall in Kontakt mit einigen Suffragetten und wird damit reingezogen in den Kampf um das Frauenwahlrecht und will sich das einfach nur mal angucken. Sie wird dann aber gleich schon bei einer Demonstration ins Gefängnis gesteckt und dann zu ihrem Mann zurückgebracht, der ihr das verbieten will, daran teilzunehmen und ihr auch in Aussicht stellt, dass sie dann ihren Sohn nicht mehr sehen darf. Und letztlich will sie eigentlich einfach nur für die Rechte der Frauen dann einstehen, will einfach nur friedlich auf die Straße gehen, wird aber wieder von der Polizei aufgegriffen und ihr Mann schmeißt sie dann von zu Hause raus und sie darf ihren Sohn nicht mehr sehen und das politisiert sie dann letztlich komplett. Sie ist erst noch so ein Kippkandidat quasi, dass sie erst noch überlegt, soll sie es machen, soll sie nicht, aber das ist letztlich der ausschlaggebende Punkt, weswegen sie wirklich zu einer überzeugten Suffragette wird, ist, dass ihr der Sohn weggenommen wird, dass sie keine Rechte hat, dass ihr Mann darüber bestimmen darf, was mit ihrem Sohn geschieht. Und das macht sie dann zur Kämpferin und das lässt sie dann über sich selbst hinauswachsen und für die Rechte aller Frauen zu kämpfen.

Dann habe ich mir noch den Film „Hidden Figures“ angeguckt, Unerkannte Heldinnen heißt er auf Deutsch und da geht es um drei schwarze Frauen bei der NASA, die dort Karriere machen und für ihre Rechte einstehen auf ganz unterschiedliche Art und Weise, je nachdem wie es ihrem Temperament entspricht. Und auch hier geht es tatsächlich darum, dass sie für ihre Rechte eintreten, weil es sie persönlich betrifft. Bei der einen Protagonistin geht es darum, dass sie sieht, dass ein Computer, der große IBM Computer, ihr wahrscheinlich ihren Arbeitsplatz wegnehmen wird und aber auch den der anderen Frauen, die da arbeiten, weswegen sie dann im Selbststudium sich die Programmiersprache beibringt und sich da einarbeitet und es so schafft den Arbeitsplatz für sich und ihre Kolleg·innen zu sichern.

Bei der anderen Protagonistin geht es darum, dass sie sich erkämpft, dass sie als People of Color in einer weißen Hochschule studieren darf, was - es spielt in der Zeit, in der die ersten Raketen ans All geschossen wurden und damals gab es dann in den USA immer noch diese Rassentrennung - was mich die ganze Zeit über, während ich den Film geschaut habe, so schockiert hat. Ich wusste das zwar alles schon, aber das nochmal wieder so zu sehen ist so, ja, also es ist ein ständiges mit dem Kopf schütteln, was wir Menschen uns gegenseitig antun und dass wir meinen, dass einige Menschen besser sind als andere Menschen, aber gut, das führt zu weit. Jedenfalls war es bei ihr auch dieser ausschlaggebende Punkt, dass sie sich ungerecht behandelt gefühlt und dann allen Mut zusammengenommen hat und vor Gericht gegangen ist und sich diesen Hochschulplatz erkämpft hat.

Und die dritte Protagonistin in diesem Film, die als geniale Mathematikerin bei der NASA gearbeitet hat, war zwar eigentlich immer sehr zurückhaltend, hat aber genau dann immer ihren Mund aufgemacht, wenn sie gesagt hat: okay, ich werde ungerecht behandelt und ich sage jetzt was dazu. Und sie hat auch dafür gesorgt, dass es ganz klare Veränderungen in der NASA dann letztlich gegeben hat.

Dann habe ich noch einen Film geschaut, „Self Made: Das Leben von Madam C.J. Walker“ heißt der, das ist so eine Netflix-Miniserie, wo es auch um eine schwarze Frau geht, die Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts gelebt hat und als erste Selfmade-Millionärin in den USA in die Geschichte eingegangen ist. Und auch bei ihr war dieser ausschlaggebende Punkt, dass sie sich gedacht hat: „okay, jetzt mache ich weiter, jetzt erst recht, jetzt geht es los“, dass sie sich ungerecht behandelt gefühlt hat und dass sie einfach für ihre Rechte eintreten wollte. Bei ihr ging es darum, dass sie Haarpflegemittel hergestellt hat. Eigentlich war der Ausgangspunkt, dass ihr selbst die Haare ausgefallen sind, dann kam eine Frau vorbei und hat ihr ein Haarpflegemittel angeboten und das hat bei ihr so gut gewirkt, dass sie dafür Werbung machen wollte und sie hat dieser Verkäuferin angeboten für sie diese Produkte zu verkaufen. Die hat aber abgelehnt, weil sie der Meinung war, dass die Hauptdarstellerin nicht attraktiv genug ist für dieses Geschäft und daraufhin hat die Hauptdarstellerin das erst mal auf eigene Faust verkauft. Das fand die Verkäuferin nicht gut und hat ihr dann die Meinung gesagt, woraufhin die Hauptdarstellerin dann richtig wütend geworden ist und gedacht hat: okay, dann mache ich das jetzt selber. Und dann hat sie selber ihre Haarpflegemittel angemischt und ausprobiert und ist so Schritt für Schritt immer weitergegangen und hat sich dann ein Imperium aufgebaut mit vielen Mitarbeiter·innen und viel Geld, denn sonst wäre sie ja nicht Selfmade-Millionärin geworden.

Sie hat dann eine Villa neben Rockefeller bezogen und alles mögliche geschafft, was sie sich in den Kopf gesetzt hat, hat sich gegen viele, viele Probleme durchgesetzt, die einfach nur dem Umstand entsprungen sind, dass sie eine Frau war und schwarz und hat das aber alles wirklich durchgesetzt, hat einen eisernen Willen bewiesen, hat zwischendurch natürlich auch gezweifelt und Sorgen gehabt, ist aber immer weitergegangen. Und wie gesagt der ausschlaggebende Punkt, dass sie das wirklich so durchgezogen hat, war, dass die andere Person sie gekränkt und ihr gesagt hat, sie sei nicht gut genug und sie würde das sowieso nicht schaffen und sie bräuchte die nicht. Dabei hatte sie ihr halt angeboten, wir können das gemeinsam machen, ich würde mit dir zusammen das alles verkaufen, aber die andere Person wollte das nicht.

Und bei all diesen Filmen und ich habe auch schon so viele Bücher gelesen, in denen vor allem Frauen ihren Weg gehen und gab es ganz klar einen Auslöser, der sie vor allem eben auch persönlich betroffen hat. Oder es sind Personen, die einen starken Ethos in sich tragen und dieses Gefühl haben, ich möchte etwas bewirken in der Welt, die dann Schritt für Schritt vorangehen und auch nicht aufgeben, wo es aber eben meistens einen persönlichen Grund gibt, warum sie sich letztlich dazu entschlossen haben diesen Weg zu gehen.

Und meine These ist jetzt tatsächlich, dass es genau das ist, was Menschen brauchen, um aktiv zu werden, um sich für das Klima einzusetzen, denn bei Corona war es ja etwas, was einen selbst existenziell betroffen hat, die eigene Gesundheit war betroffen, jetzt merken wir das ja auch schon wieder - bei mir ist es ja auch so, ich bin auch nicht betroffen und im näheren Bekanntenkreis ist auch niemand betroffen, so breitet sich in einem selbst das Gefühl aus, okay, es ist alles gar nicht so schlimm und deswegen muss ich gar nicht mehr so aufpassen und in manchen Bundesländern ist dieses Gefühl offensichtlich etwas größer und es breitet sich eine Sorglosigkeit wieder aus, die nicht sein sollte. Ich muss mich auch immer wieder ermahnen - ich bin momentan kaum unter Menschen - wenn ich unter Menschen bin, dass ich dann wirklich auch weiterhin Abstand halte und möglichst eben keine Berührung durch Hände schütteln oder so zulassen.

Und im Fall von Corona ist wahrscheinlich der Auslöser das Gefühl gewesen: „meine eigene Gesundheit ist bedroht, also muss ich jetzt was tun.“ Da waren auf einmal die meisten Menschen selbst zugänglich und haben super reagiert. Nur im Fall vom Klimawandel ist die Bedrohung anscheinend noch nicht groß genug, dass die Menschen sich persönlich angegriffen fühlen oder in ihren Rechten beschnitten, so dass sie etwas tun. Ich glaube, dass es auch viel mit Privilegien zu tun hat, dass wir hier vor allem in Europa, im nördlichen Europa und hier in Deutschland das Gefühl haben, unsere Privilegien seien so etwas wie Menschenrechte und deswegen müssen wir diese auf jeden Fall eher schützen, als dass wir global betrachtet schauen, wie können wir alle, alle Menschen auf diesem Planeten gemeinsam leben und auch alle Lebewesen.

Stellt sich natürlich jetzt die Frage, ob es erst so weit kommen muss wie im Film „Carnage“, wo eine Protagonistin da drüber geklagt hat, das bei ihr jetzt schon zum xten Mal das Haus unter Wasser steht, weil es eben immer wieder zu Überschwemmungen kommt aufgrund des Klimawandels und die damals in diesem Film sehr viel Hilfe erfahren hat und dann im Laufe der Zeit zu einer Stimme für den Klimaschutz geworden ist und dann kamen Aggressionen hoch gegen sie und so weiter und so fort, aber die dadurch, dass das greifbar war, das Problem, das auch noch mehr in die Medien gebracht hat und ob es wirklich so weit kommen muss, dass wir erst hier Überschwemmungen in großem Riesenausmaß haben müssen und überhaupt es wirklich schon extrem sein muss, bevor wir handeln.

Vielleicht kennst du das auch von dir selbst, dass du eher motiviert bist für irgendwas einzutreten, wenn es dich persönlich betrifft. Ich weiß noch, als wir noch in Finkenwerder gewohnt haben und ich da immer mit der Fähre gefahren bin, um das Kind zum Kindergarten zu bringen, da hat mich das tierisch genervt, dass die Menschen, die Touristen vor allem, dass die da nicht sich ganz normal anstellen konnten am Fähranleger, sondern in so einer Riesentraube sich da so ran gepflockt haben an die Fähre, so dass, wenn du aussteigen wolltest, du dich da quasi mit Ellbogen durchkämpfen musstest, weil die alle schon reingeströmt sind und du kamst gar nicht mehr aus der Fähre raus und es war fürchterlich. Das Kind ist regelmäßig fast überrannt worden und es war einfach kein Zustand und das hat mich so radikalisiert, dass ich da wirklich auch bei der HADAG angerufen habe, also bei der zuständigen Behörde und darüber mich beschwert habe, beziehungsweise gefragt habe, was wir da denn machen können, ob man da nicht mehr irgendwie so ein Zwei-Wege-System oder irgendwie so was einführen kann und ich weiß, dass sich da viele regelmäßige Pendler darüber beschweren, aber bisher ist noch nie was passiert.

Ich war schon länger nicht mehr da, ich weiß nicht, ob da mittlerweile was passiert ist, aber das ist ein Zustand, der da von denen, die da schon ewig pendeln, auch als ewig beschrieben wird. Die sich damit teilweise schon abgefunden haben oder halt die ganze Zeit die Leute nur noch anschreien. Das ist für mich aber auf jeden Fall auch ein Beispiel dafür, dass wenn es dich persönlich betrifft, du sehr bereit bist dagegen etwas zu unternehmen.

Also wäre die Überlegung, wenn wir jetzt auf den Klimawandel und den Klimaschutz schauen, ob es tatsächlich da nicht Punkte gibt, die unsere Mitmenschen persönlich betreffen, die sie in ihren Privilegien vielleicht beschneiden und wir sie darauf aufmerksam machen können, dass, wenn sie diese Privilegien weiter nutzen wollen, sie dann doch etwas für den Klimaschutz tun sollten. Ich weiß nicht, ob es so funktioniert, das sind jetzt erst mal so Gedanken, die ich hier einfach mal äußern möchte und vielleicht inspirieren sie dich zu Ideen und wenn du magst, kannst du sie gerne mit mir teilen, dann freue ich mich auf jeden Fall darüber. Du kannst mir eine E-Mail zu schreiben an post [at] vonherzenvegan.de.

Ich denke, wenn wir da gemeinsam mal darüber nachdenken, was könnten die persönlichen Punkte sein, die persönlichen Kipppunkte vielleicht, an denen Menschen bereit sind zu handeln, dann finden wir vielleicht Punkte, die wir ansprechen können, die wir thematisieren können und womit wir noch mehr Menschen mit uns ins Boot holen, die fürs Klima eintreten wollen, damit auch für alle Lebewesen und natürlich auch für den Veganismus.

Vegan zu leben ist einfach ein Teil, was du für das Klima tun kannst und nur wenn wir wieder im Einklang mit unserer Umwelt und den anderen Lebewesen leben, können wir überhaupt alle gemeinsam hier auf dieser Erde überleben. Und das ist ja momentan immer noch fraglich, werden wir es schaffen, dass sich die Erde nicht so weit erhitzt, dass genügend Fläche für alle Menschen auf dieser Welt, auf diesem Planeten übrig bleibt und damit auch genügend Fläche, um diese Menschen zu ernähren, wird das ausreichen? Also nicht nur für die Menschen, sondern auch die anderen Lebewesen, die hier noch leben. Und aus meiner Sicht reicht das alles schon aus, um mich fürs Klima zu engagieren, aber offensichtlich leben sehr viele Menschen immer noch in ihrer Blase voller Privilegien, die sie nicht loslassen wollen. Und wenn du da irgendwelche Ideen hast, dann freue ich mich natürlich sehr, wenn du sie mit mir teilst.

Und soweit erstmal für heute und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Film: "Die göttliche Ordnung"
>> über filmfriend schauen

Film: "Suffragettes"
>> Infos über Wikipedia

Film: "Hidden Figures"
>> Infos über Wikipedia

Film: "Self-made"
>> Infos über Wikipedia

Film: "Carnage"
>> Film über archive.org anschauen

Geh Deinen Weg in Deinem Tempo

Ein Beitrag

Folge 085 - Geh Deinen Weg in Deinem Tempo

Mit dieser Folge möchte ich für Verständnis bei Dir werben, dass jede·r ihren·seinen Weg im eigenen Tempo geht.

Es kann sein, dass Menschen den Schritt ins vegane Leben noch nicht gewagt haben, weil in ihrem Leben gerade so viel passiert, dass sie keine Kraft haben, sich mit dem Leiden der Tiere auseinanderzusetzen.

Das klingt für Dich in Deiner Position als jemand, der·die schon vegan lebt, vielleicht völlig unverständlich und so möchte ich in dieser Folge erzählen, welchen Weg ich gegangen bin und welche Voraussetzungen erst erfüllt sein mussten, damit ich bereit war vegan zu leben.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte heute mit dir darüber sprechen, wie wichtig es ist, jeden Menschen in seinem oder ihrem eigenen Tempo gehen zu lassen. <

Dazu möchte ich, zur Illustration sozusagen, meine Geschichte erzählen. Du kennst sie wahrscheinlich schon aus dem Einfach Vegan Podcast. Da haben Carsten und ich in der Pilotfolge erzählt, wie das war, wie wir vegan geworden sind. Und ich möchte jetzt nochmal auf Aspekte eingehen, die mir wichtig sind, mit denen ich verdeutlichen möchte, was für Voraussetzungen teilweise da sein müssen, damit jemand bereit ist, diesen Schritt zu gehen und vegan zu leben.

Bei mir war es damals so, dass ich ja schon lange vegetarisch gelebt habe, 20 Jahre lang. Und sagen wir mal, nach 18 Jahren vegetarisch leben ist mir aufgegangen, was mit den Hühnern eigentlich da los ist und was mit den Milchkühnen. Das war mir vorher überhaupt nicht klar, aber sagen wir so anderthalb bis zwei Jahre - ich bin mir nicht ganz sicher, aber zumindest schon eine Zeit lang, bevor ich dann vegan geworden bin - wusste ich darüber Bescheid. Und ich bin dann auch zunächst diesen Ausweichschritt gegangen, dass ich gedacht habe, okay, Bio ist besser. Dann kaufe ich jetzt nur noch Bio-Eier, um das Schreddern der Küken zu verhindern und Bio-Milch, weil es dann bestimmt den Kälbchen und den Milchkühnen besser geht.

Ein wichtiger Faktor bei mir war aber auch, dass ich so viel in meinem Leben hatte, was mich quasi gefangen gehalten hat, dass ich gar nicht offen dafür war, dieses Leid zu sehen und den Schritt zu gehen. Damals war bei mir so viel los und ich war so am Limit und ich war überhaupt total ausgelaugt und habe das aber gar nicht so wahrgenommen, dass ich keine Kapazitäten frei hatte, um jetzt noch darüber nachzudenken, wie es denn eigentlich den Kälbchen geht oder den Küken, wobei ich das ja mit den Küken relativ schnell dann gelöst hatte, nur dass ich halt nicht über das Leben der Legehennen nachgedacht habe und auch nicht über das Leben der Kälbchen und der Milchkühe generell.

Ich habe damals eine Therapie angefangen und erst nach einem halben Jahr Therapie hatte ich mein Leben soweit entwirrt und war auf einen Weg gekommen, dass ich mich entscheiden konnte, vegan zu leben. Den letzten Auslöser hat dann Carsten eigentlich gegeben, dadurch dass er diese Podcastfolge vom SWR gehört hatte und da ging es ja um Kuhmilch und wo er dann gesagt hatte, okay er trinkt jetzt keine Kuhmilch mehr und ich dann gesagt habe gut, dann mache ich das auch nicht mehr und jetzt werden wir vegan.

Dazu kamen dann noch, dass unsere Schwägerin uns die Zeitschrift „Kochen ohne Knochen“ zu Weihnachten geschenkt hat und wir dann auch darin gelesen haben - wobei die Zeitschrift kam erst im Februar und die Entscheidung vegan zu leben, haben wir im Januar getroffen. Und es war aber bei mir wirklich wichtig, dass ich vorher diesen Schritt gegangen bin, mir Hilfe zu suchen, um mein Leben anzufangen zu sortieren, dass da überhaupt Platz war für das Leid der Tiere und dass ich das überhaupt annehmen konnte und dahin gucken und sagen konnte: okay jetzt ändere ich was. Dass ich überhaupt die Kraft gehabt habe etwas zu ändern.

Und damit will ich nicht sagen, dass jede·r eine Therapie machen muss, bevor er oder sie vegan wird, sondern damit möchte ich sagen, dass wir in unserem Leben auch die Kraft und die Energiereserven haben müssen, um diesen Schritt zu gehen. Denn immer noch ist es ja so, dass wir dadurch aus dieser genormten Realität heraustreten aus der Masse und dann zu Außenseitern werden und wir aus diesem warmen Kollektiv heraus, aus dieser Gemeinschaft heraustreten und anerkennen, dass da etwas falsch läuft und das braucht ganz viel Kraft und Energie und du musst dafür bereit sein, du musst stark genug sein, um daraus zu treten.

Und ich war erst stark genug, als ich jemanden an meiner Seite hatte, die mir dabei geholfen hat, mein Leben zu sortieren und mir zu zeigen, wie ich mein Leben anders aufbauen kann und mein Leben dann letztlich auch selbstbestimmt zu leben und nicht fremdbestimmt.

So habe ich es dann später im Kindergarten auch mit einer befreundeten Mutter erlebt, die eigentlich offen war für das vegane Leben und das auch immer mal wieder probiert hat, die aber so viele Probleme sonst noch hatte und sich mit so viel rumschlagen musste, dass sie keine Kraft hatte, sich da wirklich konsequent mit dem Veganismus auseinanderzusetzen. Die erstmal für sich sorgen musste und wirklich völlig am Limit war und für die das einfach nicht der richtige Zeitpunkt war.

Was ich dir damit sagen will, ist, dass ich denke, dass jede·r von uns in ihrem·seinen eigenen Tempo diesen Weg geht. Manche werden vielleicht nie ankommen, manche werden niemals vegan werden, wer weiß das schon, aber andere drehen vielleicht noch die ein oder andere Extraschleife, weil sie gerade nicht die Kraft dazu haben oder ihr Leben ihnen gerade irgendwelche anderen Prüfungen aufdrückt oder sie nicht im entsprechenden Umfeld leben, das jetzt umsetzen können. Und dementsprechend versuche ich hier für Verständnis und Mitgefühl für unsere Mitmenschen zu werben.

Als du dich entschieden hast vegan zu leben, war das definitiv ein Kraftakt. Es war zu Beginn, als du die Ernährung umgestellt hast, sicherlich etwas aufregend und hat nach einiger Zeit super funktioniert. Was dann aber die ganze Zeit über passiert ist dieser Gegenwind, den du von deinen Mitmenschen bekommen hast, vielleicht auch direkt aus deinem näheren sozialen Umfeld. Und das ist eben etwas, was viele Menschen wieder dazu bewegt, nicht mehr vegan zu leben, weil manche nicht diesen Rückhalt bekommen aus einer Gruppe von Gleichgesinnten oder generell von Gleichgesinnten, von Verbündeten, die sie dann darin bestärken, weiterhin vegan zu leben.

Du weißt selbst, wie hart das sein kann, diese ganzen Sprüche und ständig irgendwelche Fragen und du sollst als Stellvertreter·in aller Veganer·innen agieren und immer auf alles eine Antwort haben, ein wandelndes Nährstofflexikon sein und am besten genau wissen, wie was in deinem Körper funktioniert, welche Nährstoffe, wie verarbeitet werden, in welcher Zusammensetzung du welche Nahrung brauchst. Und manche von uns wissen das. Manche von uns haben das alles auswendig gelernt, aber andere möchten das auch gar nicht auswendig lernen und wieder andere verzweifeln daran. Und so hat jede·r von uns eben ihren oder seinen eigenen Weg und auch ihren oder seinen eigenen Weg in den Veganismus hinein.

Und manche sind vielleicht einfach jetzt noch nicht bereit dazu, weil in ihrem Leben gerade andere Dinge die Oberhand haben, sie eher fremdbestimmt unterwegs sind, so wie ich damals und nicht selbstbestimmt und ihnen die Kraft fehlt, diesen Schritt zu gehen und sich gegen die Gesellschaft zu stellen und für die eigenen Werte einzustehen.

Denn wir stehen ja nicht nur für Tierrechte, sondern auch für unsere Werte, dass wir der Meinung sind, dass Tiere Rechte haben sollten, genau wie wir. Und so kann es eben sein, dass vielleicht sogar auch dein·e Partner·in immer noch nicht vegan lebt, Du aber schon länger vegan lebst und du dich fragst, was soll denn das? Warum lebt er oder sie immer noch nicht vegan? Und er oder sie hat einfach ein anderes Tempo und klar in Partnerbeziehungen können da auch noch andere Dynamiken, eine Rolle spielen, dass dein·e Partner·in da vielleicht eher in Opposition geht, weil er oder sie sich gedrängt fühlt. Aber das sind nochmal andere Aspekte und dazu hatte ich auch schon mal mindestens eine Podcastfolge gemacht.

Ich möchte mit dieser Folge um Verständnis werben, dass jede·r ihr oder sein eigenes Tempo hat. Und mir geht es mit dieser Folge auch darum, andere nicht zu verurteilen, weil sie diesen Schritt noch nicht gegangen sind. Vielleicht sind sie einfach noch nicht soweit und es gibt irgendetwas in ihrem Leben, dass sie gerade davon abhält. Das wissen wir ja nicht. Wir können ja immer nur unser eigenes Leben beurteilen. Wir sehen immer nur alles in unserer eigenen Wirklichkeit, unserer eigenen Realität. Aber wie es den anderen gerade geht, können wir ja nur erahnen. Und deswegen lade ich dich dazu ein, mit anderen geduldig zu sein und ihnen durch vorleben, die Möglichkeit aufzuzeigen, wie einfach es ist, vegan zu leben.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Ich bin voller Dankbarkeit.

Ein Beitrag

Folge 084 - Ich bin voller Dankbarkeit.

Vor etwa 6 Jahren hat mir eine weise Frau geraten ein Dankbarkeitstagebuch zu führen. Ich sollte jeden Abend drei Dinge aufschreiben, für die ich dankbar bin.

Aus einem Pflichtgefühl heraus habe ich es versucht, aber auch wieder schnell aufgegeben.

Irgendwie fiel mir abends nie etwas ein, für das ich dankbar sein konnte. Mein Fokus war eher auf das Negative gerichtet, das in meinem Leben passierte.

Dann habe ich mir doch einen Ruck gegeben und lange Zeit abends in mein Dankbarkeitstagebuch geschrieben. Mir fiel immer mehr ein und bald beobachtete ich eine wichtige Veränderung: über den Tag verteilt gab es immer wieder Momente, in denen ich mich dankbar fühlte.

Diese Momente häuften sich mit den Jahren und mittlerweile fühle ich mich so erfüllt von Dankbarkeit, dass ich mich wie von innen heraus gewärmt fühle.

Das hätte ich vor 6 Jahren nie erwartet und so möchte ich Dich mit dieser Folge ermutigen dem Dankbarkeitstagebuch noch einmal eine Chance zu geben.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge meine Erfahrung mit dem Dankbarkeitsritual mit dir teilen.

In Berührung gekommen mit diesem Ritual bin ich vor fast sechs Jahren. Als ich damals dazu aufgefordert wurde mir jeden Abend aufzuschreiben, für welche Dinge ich dankbar bin oder ein Dankbarkeits-Tagebuch zu führen, fand ich das da erstmal sehr anstrengend. Ich habe mir aber dann doch ein kleines Heft genommen, in das ich dann versucht habe, jeden Tag mindestens drei Dinge aufzuschreiben, für die ich dankbar bin. Und ich habe das, glaube ich, eine Woche durchgehalten und dann habe ich es wieder schleifen lassen. Der Start war wirklich ziemlich holprig. Ich habe mehrere Monate gebraucht, um da reinzukommen und dann habe ich es aber doch irgendwie geschafft, mal eine Zeit lang durchzuhalten und wirklich täglich in dieses Tagebuch hineinzuschreiben und täglich mir drei Dinge zu überlegen, für die ich dankbar bin.

Über die Jahre hat sich das in meinem Alltag verfestigt und ist mit der Zeit ein Ritual geworden, wo zunächst nur mein Kind und ich uns abends darüber ausgetauscht haben, wofür wir dankbar sind und mittlerweile auch mein Mann, mein Kind und ich, also wir zu dritt, abends uns erzählen, wofür wir dankbar sind. Und auch das machen wir jetzt schon eine ganze Weile und das ist ein fest etablierter Bestandteil des Abendrituals.

Was sich seit dem holprigen Start bis heute hin zu diesem Abendritual bei mir verändert hat, ist meine komplette Wahrnehmung. Ich erzähle also nicht nur abends, wofür ich dankbar bin, sondern ich empfinde auch den ganzen Tag über in den verschiedensten Situationen tiefe Dankbarkeit. Das kann sein, dass ich durch den Wald gehe und dankbar bin dafür, dass ich durch den Wald gehen kann, dass die Bäume so frühlingsgrün sind gerade, dass die Sonne so schön scheint, dass es warm ist und angenehm und dass ich die Möglichkeit habe, dies jetzt in diesem Moment zu erleben. Oder ich empfinde Dankbarkeit für einen schönen Sonnenuntergang, den ich gerade aus dem Fenster sehen kann. Oder für kleine Gesten, die mir gegenüber passieren. Den ganzen Tag über passiert das einfach so, dass ich sehe und merke und fühle, wofür ich dankbar bin.

Und abends bekomme ich das auch gar nicht mehr alles zusammen, wofür ich wirklich dankbar bin. Wir sind ja auch schon längst nicht mehr bei nur drei Sachen, sondern jede·r sagt einfach das, was ihr·ihm einfällt, so viele Sachen wie er oder sie möchte. Und ich merke einfach über den Tag verteilt, wie tief dieses Gefühl der Dankbarkeit in mir schon verwurzelt ist und wie warm und gut sich das anfühlt, wenn ich mich dankbar fühle.

Das heißt natürlich nicht, dass ich für alles und jede·n dankbar bin, sondern nur, dass ich meine Wahrnehmung geschärft habe, was dieses bestimmte Gefühl angeht. Und das ist tatsächlich im Laufe der letzten sechs Jahre passiert. Es war also bei mir ein längerer Zeitraum und es hat sich sehr gelohnt, dran zu bleiben.

Warum erzähle ich dir das jetzt? Vor zwei Jahren habe ich eine Veganerin begleitet auf ihrem Weg ins vegane Leben und habe ihr auch diese Aufgabe mit auf den Weg gegeben, jeden Abend sich aufzuschreiben, drei Dinge für die sie dankbar ist. Und sie hat mir ganz schnell zurückgemeldet, dass ihr das zu viel ist, dass sie das zu anstrengend findet und dass das einfach nicht in ihr Leben passt. Und wie gesagt, genauso habe ich mich zu Beginn dieser Übung auch gefühlt und ich kann das sehr gut nachempfinden.

Jetzt aber rückblickend, nach diesen vielen Jahren, wo ich es dann doch durchgehalten habe und es jetzt ein fester Bestandteil meines Lebens ist, kann ich nur sagen, dass es gut ist, durchzuhalten und nicht direkt aufzugeben, sondern wirklich jeden Abend sich hinzusetzen und drei Dinge für die du dankbar bist aufzuschreiben. Mit der Zeit kommt dann ganz von alleine dieses Dankbarkeitsgefühl in dein Leben und verankert sich ganz tief in dir, sodass du in den verschiedensten Situationen Dankbarkeit fühlen wirst.

Und Dankbarkeit auch für ganz kleine Dinge, die dir einfach passieren, wo du aber denkst, es ist so schön und dafür bin ich dankbar, woran du früher einfach vorbeigelaufen wärst, oder was du für selbstverständlich genommen hättest, oder was dir einfach gar nicht aufgefallen wäre, oder du es einfach nicht wahrgenommen hättest.

Und mir gibt es wirklich so viel und ich merke auch, wie das meinem Kind so viel gibt. Seit wir das zusammen machen - das machen wir jetzt auch schon seit einigen Jahren, dass wir uns abends dazu austauschen - hat er seinen Fokus auch schon viel mehr in Richtung Dankbarkeit gedreht und Dinge, die wir sonst selbstverständlich nehmen, sind für ihn gar nicht so selbstverständlich.

Der Hintergrund, warum ich mit meinem Kind angefangen habe, diese Übung zu machen und diesen Austausch, das Ritual, war, weil ich gedacht habe, wenn er das als Kind schon erfährt, wie das ist, dann kann er das mit in sein Erwachsenenleben hineinnehmen. Das ist dann etwas, was ihn trägt und was ihn stärkt. Und ich glaube da fest dran, wir haben ja unser Ritual mittlerweile auch noch erweitert, um das, worauf wir stolz sind, was wir erreicht haben an diesem Tag, was wir geschafft haben, ganz einfach, wofür wir uns auf die Schulter klopfen können.

Und da gibt es auch hier am Tag so viele Dinge, die wir nennen können, denn es geht nicht immer nur um die riesigen Meilensteine, die wir geschafft haben, sondern um all die kleinen Bausteine an diesem Tag, die wir erledigt haben, Aufgaben abgehakt haben. Darum geht es auch. Und ich möchte dich mit dieser Folge ermutigen, wenn du bisher Probleme hattest mit dieser Dankbarkeitsübung, versuch durchzuhalten.

Es lohnt sich wirklich, es lohnt sich wirklich sehr, es ist so ein schönes Gefühl, voller Dankbarkeit zu sein und dich davon tragen zu lassen und im Moment sein zu können und einfach die Welt mit anderen Augen sehen zu können, fast schon wie durch eine rosa rote Brille, dass ich dir das auf keinen Fall vorenthalten möchte und ich wünsche dir, dass du auch dieses Gefühl von Dankbarkeit in dein Leben integrierst und völlig davon erfüllt wirst.

Und auch ein kleiner Disclaimer, wie gesagt, es geht mir nicht darum, dass du für alles in deinem Leben dankbar sein sollst und du alles einfach nur hinnehmen sollst und Danke sagen, egal was passiert, darum geht es mir überhaupt gar nicht. Sondern es geht mir darum, diese vielen Dinge, die uns am Tag passieren, wofür wir wirklich dankbar sein können, die schönen Dinge, die uns Freude bereiten und glücklich machen, auch wahrzunehmen, denn ganz häufig passiert uns einiges davon am Tag und wir sehen es nur einfach nicht, weil es für uns selbstverständlich ist oder wir es eben einfach nicht wahrnehmen.

Und eine Sache, für die ich gerade ganz besonders dankbar bin, ist, dass Beate mir über PayPal einmalig Geld überwiesen hat und ich freue mich wirklich super über diese Wertschätzung, danke Beate. Und ebenso dankbar bin ich auch über die Rückmeldung von Hannah, die sagte, dass sie mich deswegen finanziell unterstützt, weil sie sich inspiriert und verstanden fühlt. Und jedes Mal, wenn ich so eine Rückmeldung bekomme, bin ich so voller Dankbarkeit, natürlich auch für all die anderen Menschen, die mich schon längere Zeit oder erst seit kürzerem finanziell unterstützen, über Steady monatlich oder jährlich mit einem kleinen Beitrag oder einmalig über PayPal.

Wenn du auch das Gefühl hast, dass ich dich inspiriere und verstehe und du mir etwas zurückgeben möchtest, dann bist du herzlich eingeladen, dich den Steady-Unterstützer·innen oder den PayPal-Einmal-Überweiser·innen anzuschließen. Den Link dazu, wie du das machen kannst, findest du hier unter der Folge.

Und dann danke ich dir, dass du bis hierhin zugehört hast. Und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Folge 083 - Wo liegen Deine Stärken?

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Folge 083 - Wo liegen Deine Stärken?

Durch die Coronakrise ist meine vorher schon begrenzte Zeit auf nahezu Null zusammengeschrumpft und auch wenn das in erster Linie eher unschön ist, habe ich dadurch doch einige wertvolle Erkenntnisse gewonnen.

Mir ist noch einmal ganz deutlich bewusst geworden, welche Aktivitäten mir mehr Kraft rauben als andere.

Denn auch wenn ich für meine Werte eintreten möchte, gibt es doch immer wieder Momente, in denen ich merke, dass ich meine kostbare Zeit nicht auf diese eine Aktivität verwenden möchte.

Bei mir ist es das Debattieren über Social Media- es raubt mir unglaublich viel Kraft und erschöpft mich so sehr, dass ich keine Energie mehr habe, um Podcastfolgen aufzunehmen oder den Clan zu betreuen. Also überlasse ich das jetzt Menschen, die Spaß am Debattieren haben und gerne in den Sozialen Medien unterwegs sind.

Vollständiges Transkript

Hallo und herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte dir in dieser Folge ein Geständnis machen.

Ich habe in den letzten Monaten ganz verstärkt gemerkt, dass ich einfach nicht für diese Social Media Diskussionen geeignet bin. Ich bin ja nur noch auf Twitter [mittlerweile nur noch auf mastodon] unterwegs und selbst da, wenn ich mich dann in irgendeine Diskussion einklinke, habe ich ganz schnell das Gefühl, dass mir das einfach zu viel ist und dass dieses Hin und Her mich irgendwie so absorbiert. Dass mein Kopf dann voll ist nur von diesen Argumenten und mir das so viel Kraft raubt, dass ich dann gar keine Kraft mehr habe für andere Dinge wie zum Beispiel Podcastfolgen aufnehmen oder den Clan betreuen.

Und ich bewundere, wie andere das machen, wie zum Beispiel der Graslutscher, der da virtuos sich in den sozialen Medien bewegt und mit einer Verve diskutiert, die ich anscheinend nicht aufbringen kann. Und es hat mir noch mal gezeigt, wie wichtig das ist, für mich herauszufinden, wo meine Stärken liegen. Und meine Stärken liegen ganz offensichtlich nicht darin, mich auf Social Media zu verbreiten und dort die vegane Fahne hochzuhalten und zu diskutieren. Meine Stärken liegen wohl eher darin, dass ich gerne Podcastfolgen aufnehme, produziere, dass ich den Clan betreue und vielleicht auch etwas gesetzter, langsamer mich gegen diesen super schnellen Strom stelle, in dem die Nachrichten auf uns einprasseln und uns gesagt wird, wie wir uns selbst optimieren sollen und einfach versuche, ich zu sein und ich zu bleiben in diesem ganzen Chaos.

Und es ist dann auch noch mal klar geworden, wie wichtig das ist zu wissen, wo meine Grenzen sind und diese auch zu schützen. Was bringt das mir, Was bringt das den Tieren, Was bringt das dem Veganismus, wenn ich beständig über meine Grenzen gehe, nur weil ich etwas mache, was anderen leicht fällt, mir aber nicht? Dafür ist es ja gerade gut, dass wir so unterschiedlich sind und wir uns deswegen aufteilen können und einige eben dann auf Social Media super aktiv sind und andere dann in anderen Bereichen punkten können und auch immer wieder darauf zu achten, wie es mir dabei geht und ob ich meine Kräfte überschätze und nachher vielleicht dann mehrere Tage aussetzen muss, weil ich mich voll in eine Sache reingeschmissen habe, die mir aber eigentlich gar nicht liegt.

Und das herauszufinden, das ist auch etwas, was ich jetzt seit vielen Jahren wirklich versuche, immer und immer wieder herauszufinden, wo sind meine Grenzen und wie kann ich meinem Wunsch gerecht werden, mich für die Rechte der Tiere einzusetzen, aber gleichzeitig meine Grenzen zu wahren und gesund zu bleiben. Denn es nützt wirklich niemanden etwas, wenn ich krank werde und wenn ich einfach immer über meine Grenzen gehe und überhaupt gar keine Energie mehr habe, um irgendetwas zu tun.

Was da halt auch sehr negativ mit rein spielt, sind Vergleiche. Wenn ich immer wieder nach rechts und links schaue und sehe, oh andere machen das auch so, dann muss ich das auch so machen und andere halten, die gesundheitlichen Aspekte, das Veganismus hoch, deswegen muss ich das auch so machen, damit ich wirklich den Veganismus vorantreibe, obwohl mir das vielleicht gar nicht so wichtig ist. Und diese Vergleiche mit den anderen, sind richtige Stolpersteine, die bringen uns von unserem eigenen Weg ab. Wir haben alle unseren eigenen individuellen Weg und wir haben unseren eigenen individuellen Grund, warum wir vegan geworden sind. Wir haben unser eigenes Warum und dieses Warum trägt uns.

Und wenn wir anfangen uns zu vergleichen mit anderen - was wir automatisch die ganze Zeit übertun, weil wir das auch so gelernt haben im Kindergarten, in der Schule, dass es einen Wettbewerbsdenken gibt und es darum geht, wer der·die Beste ist und Kinder, die nicht in dieses Raster passen, in Kurse gepackt werden, in denen ihnen beigebracht werden soll, wie sie sich der Norm entsprechend verhalten. Es steckt ganz tief in uns drin, weil das einfach gesellschaftlich verwurzelt ist, durch die ganzen Institutionen, durch die wir in unserem Leben schon gegangen sind.

Und da fällt es uns natürlich schwer, da wieder rauszukommen und einen eigenen Weg einzuschlagen und stark zu sein, auch wenn von außen Gegenwind kommt und diesen Weg weiterzugehen und herauszufinden, wo die eigenen Grenzen sind, wo die Bedürfnisse liegen, diese Bedürfnisse auch wahrzunehmen und zu verteidigen und zu sagen: ich brauche diesen Raum, ich kann das nicht. Und deswegen möchte ich einfach jetzt hier ganz offen sagen, ich kann das mit [dem kommerziellen] Social Media nicht. [Auf mastodon ist es mittlerweile tatsächlich anders.] Also ich bin auf Twitter durchaus da und ab und zu schreibe ich auch was, aber ich bin nicht in der Art da, wie es eigentlich sein sollte, dass ich mittendrin bin und diskutiere und die Fahne hochhalte und so weiter und so fort. Das liegt mir einfach nicht und das ist eine Erkenntnis, die ich jetzt auch erst so in den letzten Jahren gewonnen habe, dass meine Stärken wo anders liegen.

Und dass ich auch gemerkt habe, jetzt gerade durch die Corona-Krise, wo meine Zeit noch eingeschränkter ist als vorher schon, dass es mir wichtig ist, meine vorhandene Zeit so einzuteilen, dass ich Dinge tue, die mir gut tun und mit denen ich etwas bewirken kann. Und das ist in meinem Fall auf jeden Fall der Clan und die beiden Podcasts und mein Gamification Ansatz, wie ich dir helfen kann souverän und gelassen diesen nicht veganen Alltag zu meistern. Und das ist für die geringe Zeit, die ich zur Verfügung habe, schon mehr als genug, worauf ich mich fokussieren kann. Wenn ich dann noch versuche auf Twitter mitzudebattieren, dann fehlt mir die Zeit einfach und auch die Kraft und Energie, die ich da lasse, um meine Kernangebote, also den Clan, die Podcasts, den Masterplan und die Mentoring Session zu kümmern.

Und ich möchte dich in dieser Folge einfach dazu einladen, darüber nachzudenken, wo deine Stärken liegen und wo du auf deinem Weg ganz unabhängig von dem, was andere tun, am meisten umsetzen kannst, von dem, was du wirklich willst, also was du bewirken willst. Wo kannst du am meisten bewirken? Und das ist ja bei jedem und jeder von uns etwas anderes. Vielleicht liegt dir das Debattieren auf Twitter oder generell in den sozialen Medien sehr und das freut mich dann natürlich, weil wir uns dann super ergänzen. Vielleicht nimmst du aber auch lieber Podcasts auf und das ist völlig in Ordnung. Je mehr Podcasts es gibt rund um das vegane Leben, desto vielfältiger wird das auch und desto weniger ist es eine Geschichte, die immer wieder erzählt wird, desto mehr Facetten gibt es von dem veganen Leben und desto mehr werden wir auch als Individuen wahrgenommen.

Und das ist es ja letztlich, was wir sind. Wir sind Individuen, individuelle Personen mit individuellen Bedürfnissen, Möglichkeiten, Kraftreserven und Lebensumständen, die wir alle beschlossen haben, vegan zu leben und unseren Weg jetzt auf unterschiedlicher Weise beschreiten. Und das ist wichtig herauszufinden, wo liegen deine Stärken und wo raubst du dir einfach nur Energie, die du anderweitig viel besser einsetzen könntest.

Und vielleicht merkst du einfach, dass du gar keine Kraft hast im Moment, um irgendwie für den Veganismus einzustehen, aber selbst dann lebst du ja vegan und das ist ja auch schon eine Art, um für die Rechte der Tiere einzutreten, dass du dich entschieden hast vegan zu leben. Also wenn du momentan Dinge tust, weil du denkst, du musst sie tun, um die Fahne des Veganismus hoch zu halten, um für die Rechte der Tiere einzustehen und es sind Dinge, die zermürbend sind, kraftzehrend und einfach anstrengend, dann sind es vielleicht nicht die richtigen Dinge für dich. Vielleicht ist das dann nicht dein Weg und dann ist es wirklich sinnvoll sich umzuschauen nach Alternativen. Ich weiß, wir haben alle diesen starken Wunsch in uns, dass wir etwas bewegen wollen und dass wir für die Rechte der Tiere eintreten wollen, dass wir für das Klima eintreten wollen und etwas ändern wollen, dass endlich den anderen, die das noch nicht sehen, die Augen geöffnet werden. Aber da gibt es ganz ganz viele Wege und auch die Menschen, die das bis jetzt noch nicht so sehen, sprechen auf unterschiedlichste Art und Weise, auf Argumente an und auf Beispiele und einfach nur darauf, dass du das vorlebst.

Egal wie aktiv du momentan bist, du bist wichtig, du bist schon einen ersten Schritt gegangen und das verändert schon die Welt, denn wir verändern ja immer die Welt, ob zum Guten oder zum Schlechten. Und du hast dich schon entschieden, vegan zu leben und das ist ein sehr positiver Schritt in Richtung einer besseren Welt.

Soweit erst mal für heute und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Folge 082 - Wege aus der Ohnmacht

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Folge 082 - Wege aus der Ohnmacht

Jede·r Veganer·in, die·der von Herzen vegan lebt, kennt dieses Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit, wenn wir mit Tierleid konfrontiert werden und absolut nichts tun können.

Es aktiviert in uns vergangenes Leid, das wir erfahren haben, als wir vegan wurden. Als wir hinter die Kulissen gesehen und die Wahrheit entdeckt haben- ganz ähnlich wie Neo im Film "The Matrix".

Dieser Moment hat uns traumatisiert und nun werden wir stets aufs neue traumatisiert, wenn wir mit Tierleid konfrontiert werden.

Am schlimmsten sind die Momente, in denen wir nichts tun können, in denen wir passiv bleiben und mitansehen müssen, wie Leid geschieht.

Solche Momente stürzen uns in tiefe Löcher, machen uns hilflos und ohnmächtig. In dieser Folge zeige ich Dir Wege, wie Du aus der Ohnmacht wieder herauskommst und Deinen Absturz abfedern kannst.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu gehen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge aus gegebenem Anlass über Wege aus der Ohnmacht sprechen.

Sicher kennt jede·r Veganer·in, die oder der von Herzen vegan lebt, diesen Moment, in dem dich das Tierleid ganz hilflos macht und du dich ohnmächtig fühlst, weil du nichts daran ändern kannst. Du siehst vielleicht einen Tiertransporter an dir vorbei fahren oder in deiner Nähe leben Schweine in einer Mastanlage oder es stehen Kühe mit ihren Kälbern auf der Weide und du weißt genau, du kannst nichts gegen ihr Schicksal tun, du kannst ihnen nicht helfen, diesen Tieren, die du jetzt gerade siehst, du hast einfach nicht die Möglichkeiten dazu ihnen zu helfen, du bist machtlos, du bist hilflos und es macht dich ohnmächtig und wütend und traurig und alles zugleich und du weißt einfach nicht, was du tun solltest. Vielleicht fängst du an zu zittern, vielleicht stürzt dich das in einen Schockzustand, vielleicht fängst du an zu weinen, vielleicht fängst du an zu schreien, diesen Moment der Ohnmacht, dieses Gefühl, das meine ich, darüber möchte ich in dieser Folge sprechen und wie du da wieder rauskommen kannst.

Zunächst einmal möchte ich dir sagen, es ist nichts Falsches daran, sich hilflos und ohnmächtig zu fühlen, du musst nicht immer stark und anpackend sein und allem und jedem souverän begegnen, auch wenn ich sage, dass ich dir helfen kann, gelassen und souverän durch dein Leben zu gehen, ist es doch wichtig zu wissen und zu akzeptieren, dass du nicht immer und ausschließlich diesem Bild entsprechen musst. Wenn du dich in solchen Situationen hilflos fühlst und überhaupt gar nicht gelassen und souverän, dann ist das allein ein Zeichen dafür, dass du noch fühlen kannst, dass du nicht abgestumpft bist, sondern dass du ein mitfühlendes Wesen bist.

Und dein Mitgefühl ist auch dein Schlüssel, um da wieder rauszukommen, denn das ist deine Motivation, um etwas an der Situation zu ändern und es ist dann sinnvoll dir ein Sicherheitsnetz zu knüpfen, das dich auffängt, während du fällst, denn wir fallen ja in solchen Situationen in tiefes, tiefes Loch und dort geht es uns erst mal schlecht. Und es kann sein, wenn wir immer und immer wieder in so ein Loch fallen und immer und immer wieder retraumatisiert werden durch die verschiedensten Erlebnisse, die sich Tag für Tag ereignen, dass wir gar nicht mehr aus diesem Loch rauskommen und alles nur noch in dunkel und grau und schwarztönen sehen und überhaupt nicht mehr die Farben Vielfalt des Lebens sehen können, dass wir also nur noch das negative sehen und die Schlechtheit der Menschen und die Schlechtheit der Welt und wir in diesem Loch quasi ein Zuhause gefunden haben und es einfach nicht mehr schaffen, aus eigener Kraft da hinauszukommen.

Wenn es dir so geht und du das Gefühl hast, dass wirklich alles schlecht ist in dieser Welt und du anfängst deine Mitmenschen zu hassen für das, was sie tun, dann bitte ich dich: such dir Hilfe, such dir therapeutische Hilfe, denn dann kommst du mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr alleine aus diesem Loch heraus. Und ja es passieren ganz viele schlimme Dinge in dieser Welt und wir können sie nicht alle ändern und beheben und doch haben wir eine gewisse Macht und können etwas bewegen, wenn wir die Kraft dazu haben, aber wenn wir in diesem Loch festsitzen und nur noch das Negative sehen, dann fehlt uns einfach die Kraft, um auch etwas zu ändern und um etwas zu tun.

Und daher wirklich meine Bitte, wenn du es irgendwie schaffst, such dir Hilfe, wenn du dich in dieser Situation befindest, such dir professionelle Hilfe. Das kann schon anfangen, wenn du jetzt in dieser Corona Situation keine Möglichkeit hast eine·n Therapeut·in zu finden, mit einer Hotline oder einem Chat, es gibt von der telefonischen Seelsorge auch einen Chat und es gibt verschiedene Möglichkeiten mit den Menschen dort in Kontakt zu treten und sich dort helfen zu lassen.

Ich weiß sehr gut, wie es ist in so einem Loch zu sitzen und nur noch das negative zu sehen und ich weiß auch, wie heilsam es ist, Hilfe anzunehmen. Worum es mir in dieser Folge geht, ist ein paar Schritte vorher, bevor du wirklich tief, tief unten in diesem Loch versunken bist, ein Sicherheitsnetz einzubauen und wenn du dann fällst aufgrund einer traumatisierenden, beziehungsweise retraumatisierenden Situation, dass du dann nicht so tief fällst, sondern sicher aufgefangen wirst von deinem Netz.

Und wie knüpfst du jetzt dein Sicherheitsnetz? Das Zauberwort ist auch hier wieder Resilienz und du kannst dein Sicherheitsnetz aus vielen kleinen Fäden knüpfen, die deine Widerstandskraft stärken und dich dann auffangen, wenn du fällst. Das heißt, hier geht es wieder um die Powerups, um die Energieschübe, darum jeden Tag etwas für dich zu tun, was dir gut tut. Kleine Dinge, die sich anhäufen. Jeden Tag etwas zu tun, was dieses Netz noch fester knüpft und am Anfang kann es sein, dass das Netz einfach noch nicht fest genug ist und du durchfällst, das es reißt wie Spinnenweben und es dann etwas länger dauert, bis du wieder mühsam aus diesem Loch geklettert bist.

Aber mit der Zeit, wenn du präventiv etwas tust und immer und immer wieder jeden Tag etwas für dich machst, was dir ein kleines bisschen Mut schenkt, ein kleines bisschen Glück, ein kleines bisschen Verbindung auch zu anderen Menschen und ein kleines bisschen Kraft, dann kannst du dein Sicherheitsnetz immer fester weben. Und dabei ist es auch wichtig, Menschen zu haben, Gleichgesinnte, mit denen du in solchen Situationen reden kannst, vielleicht auch die dich dann in den Arm nehmen und dir einfach zuhören, wenn du darüber sprichst über dieses Erlebnis, was du gerade hattest, die dich begleiten in deiner Trauer, in deiner Emotion und die nicht sagen, ach ist doch nicht so schlimm und stell dich nicht so an, sondern die dich unterstützen und einfach da sind und nicht bewerten.

Ich habe in diesem Podcast schon jede Menge Erste Hilfe Tipps veröffentlicht und die sind in so einer Situation, wenn du gerade etwas retraumatisiert bist, also ein Erlebnis, was mit diesem Ausgangspunkt, weswegen du vegan geworden bist, noch einmal verstärkt und die Wunde wieder öffnet, das aufreißt, wenn du so etwas erlebt hast, was du dann auf jeden Fall machen kannst - also diese Erste Hilfe Übungen findest du, wie gesagt, hier in dem Podcast, vor allem in den ersten Folgen des Podcasts - ist zum Beispiel den ganzen Körper, alle Muskeln anspannen und dann wieder loslassen und dabei ganz stark ausatmen. Und so etwas kannst du direkt nach diesem Erlebnis machen um dann erstmal runterzukommen.

Ich spiele auch sehr gerne Tetris dann nach solchen Erlebnissen, mindestens 10 Minuten, um mein Gedanken davon abzuhalten um dieses Erlebnis zu kreisen. Und das passiert ja sehr gerne, dass wir da dann feststecken und immer nur daran denken. Und dann ist es natürlich noch schön darüber nachzudenken, wenn du dich einigermaßen wieder beruhigt hast und deine Emotionen den Raum gegeben hast, den sie brauchten, was du tun kannst, wenn du etwas tun kannst. Und vielleicht kannst du jetzt in dem Moment, in dem du an diesem Tiertransporter vorbeigefahren bist, zum Beispiel, nichts für diese Tiere tun, aber für spätere Tiere, die dann auch dieses Schicksal erleiden müssten.

Also kannst du dir überlegen, ob du vielleicht im Internet mal nachschaust, ob es kampagnen gibt gegen Tiertransporte und da überlegen, ob du entweder die Menschen unterstützt, die das machen oder wenn du dich fit genug dazu fühlst, selber an so etwas teilzunehmen, sei es online, was im Moment die bevorzugte Variante ist aufgrund von Corona, oder offline, was zum Beispiel Mahnwachen sind vor Schlachthöfen, wo dann die Tiertransporter ankommen oder Menschen, die den Tieren zu trinken geben in den Tiertransportern.

Was aber natürlich ziemlich hart ist, weil du dann ja mit dem Tierleid direkt konfrontiert wirst und das musst du dir wirklich gut überlegen, ob du so was aushalten kannst oder dass du darüber sprichst oder schreibst oder aufklärend tätig wirst in einer Form, die dir liegt. Vielleicht zeichnest du gerne Comics oder vielleicht schreibst du gerne Geschichten oder du gestaltest gerne Filme und egal wie, es ist immer ein guter Beitrag, um anderen Menschen zu erklären, was du siehst, wie du die Welt siehst.

Und ich möchte dir mit dieser Folge auch sagen, dass du nicht alleine bist, wir alle, die wir von Herzen vegan leben, fühlen diese Ohnmacht immer und immer wieder, es reißt uns immer und immer wieder das Herz auf. Eine Freundin von mir sagte, dass es ja gerade das Problem sei, wir haben unsere Herzen geöffnet und sind deswegen vegan geworden und jetzt müssen wir unsere Herzen wieder irgendwie verschließen, damit wir das ertragen können, dass die Welt weiterhin nicht vegan ist und trotzdem wollen wir versuchen so mitfühlend wie möglich zu sein und das funktioniert einfach nur, wenn wir uns dieses Sicherheitsnetz bauen und uns auch immer und immer wieder zurückziehen aus dem Alltag, jeder und jede so, wie es für sie oder ihn am besten ist, so wie es deinem naturell entspricht und jede·r so, wie es auch ihrer·seiner Energie entspricht.

Denn manche von uns haben einfach mehr Kraft zur Verfügung und gehen nicht so belastet durch die Welt und andere tragen schon viele, viele andere Päckchen noch mit sich herum und haben sich nun auch noch für alle anderen Lebewesen geöffnet und müssen jetzt die verschiedenen Päckchen irgendwie jonglieren und damit klarkommen, also brauchen manche von uns vielleicht mehr Pausen und Rückzugsorte als andere und dementsprechend wichtig ist es, dass wir uns dann nicht mit den anderen vergleichen.

Ich weiß, ich weiß ich mache das selber auch, dass ich immer wieder mich umschaue und denke oh nein, der oder die macht viel mehr als ich, aber ich kann immer nur so viel tun, wie ich es kann. Es gibt keinen Soll, dass jede·r Veganer·in erledigt haben muss pro Tag und wenn du das nicht erledigt hast, dann bist du ein·e schlechte·r Veganer·in, sondern wir versuchen alle unser möglichstes zu tun und dazu gehört ganz sicher auch, dass wir gut auf uns achten und unseren Weg in unserem Tempo gehen.

Wenn du also gerade eine Situation erlebt hast, die dich in diese Ohnmacht gestürzt hat, dann such dir Unterstützung, such dir Menschen, die dir wohlgesonnen sind und die dich auffangen wollen, die dich verstehen, die dich nicht ändern wollen, sondern die dich einfach begleiten möchten in deinem Erlebnis, in deinen Gefühlen, nutze die Erste Hilfe Tipps und versuche weiterhin auch präventiv etwas für dich zu tun, um dich zu stärken und dann wenn du merkst, das reicht dir nicht, du möchtest unbedingt etwas tun, um aus dieser Ohnmacht herauszukommen und du willst etwas für die Tiere tun, dann schau dich am besten um, was für Aktivismusformen es gibt und wo du da am besten momentan tätig werden kannst. Das gibt dir dann ein Gefühl der Selbstwirksamkeit und das gibt dir quasi den letzten Schub.

Wenn du da Unterstützung brauchst, schau dir gerne mein Buch an, in dem du nicht nur lernen kannst, wie du deinen Sicherheitsnetz spannst und fest verknüpft, sondern auch wie du die täglichen Herausforderungen meistern kannst und deine Superkräfte in Form einer geheimen Identität aktivierst.

Und wenn du noch Fragen hast dazu, dann schreib mir gerne eine E-Mail an post [at] vonherzenvegan.de und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Eine·r macht immer den ersten Schritt

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Folge 081 - Eine·r macht immer den ersten Schritt

Im letzten Herbst und Winter war ich viel im Wald unterwegs und als die Wege zusehends schlammiger wurden, bildeten sich kleine Pfade, die um diese schlammigen Stellen herumführten.

Diese Beobachtung und das regelmäßige Laufen auf diesen alternativen Pfaden hat mich dazu inspiriert diese Podcastfolge aufzunehmen.

Ich teile hier meine Analogie zum Vegansein und möchte Dich ermutigen Deinen Weg auch in dieser schwierigen Zeit weiterzugehen. Denn Du kannst viel mehr bewirken, als Du vielleicht gerade denkst.

Du bist wichtig! Achte gut auf Dich.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte dich mit dieser Folge dazu ermutigen, deinen Weg trotz der schweren Zeiten weiterzugehen.

Dazu möchte ich eine kleine Beobachtung mit dir teilen. Seit ich im vergangenen August in ein kleines Dorf gezogen bin, das direkt neben einem Wald liegt, bin ich ziemlich oft in diesem Wald unterwegs. Und im vergangenen Herbst und Winter waren dann die Wege teilweise so verschlammt und matschig, dass ich da gar nicht mehr lang laufen konnte und mich irgendwie durchs Dickicht schlagen musste, wenn ich denn da immer noch weiter entlanggehen wollte. Und dabei konnte ich beobachten, dass sich da mit der Zeit kleine Pfade neben dem eigentlichen Weg gebildet haben, die nicht ausschließlich von mir stammten, sondern von den vielen anderen Spaziergänger·innen, die dort auch entlang gelaufen sind. Und ich fand es sehr spannend zu beobachten, wie aus diesen erst eher Trampelpfaden, kleinen, noch nicht sehr ausgeprägten Pfaden, richtig ausgelaufene, etwas breitere, tiefere Spuren geworden sind, die ganz gleichberechtigt neben dem eigentlichen Weg entlang liefen. Mittlerweile sind die Wege wieder trocken und diese Ersatzpfade, die alternativen Pfade, sind immer noch da. Ich bin schon gespannt, ob sie wieder überwuchern werden, wenn jetzt alle wieder auf den normalen Wegen laufen werden. Ich werde davon berichten.

Ich bin deswegen so gespannt, weil ich dann darüber nachgedacht habe, wie wichtig es doch ist, diese Wege immer wieder abzugehen, damit sie begehbar bleiben und damit, wenn du diesen Pfad gelaufen bist, dir andere auch noch folgen können. Diese Beobachtung fasziniert mich auch deswegen so, weil es ja eine Person gegeben haben muss, die den ersten Schritt gemacht hat, die statt durch den Schlamm zu waten, dann durchs Dickicht gegangen ist und dort die ersten Schritte für einen alternativen Pfad gegangen ist.

Und ich finde es immer besonders schön, wenn ich solche Gedankengänge dann auch im Alltag, in der Praxis umsetzen kann, so dass sie erspürbar werden, erfahrbar, so dass ich quasi das selber nicht nur im Kopf durchdenken kann, sondern auch meinen Körper das spüren lassen kann, wie das ist, einen neuen Weg zu beschreiten und wie das dann ist, diesen alternativen Pfad, der schon etabliert ist und vielleicht auch festgetreten ist, dann zu begehen.

Und vielleicht hast du auch die Möglichkeit, so etwas selber einmal zu praktizieren oder zu beobachten in einem Wald, in deiner Nähe oder auf unbefestigten Wegen, unbefestigten Gelände, zu schauen, das zu erspüren, wie das tatsächlich ist, wenn du einen alternativen Weg einschlägst.

Dabei geht es natürlich nicht darum, dass du dich querfeldein durchs Dickicht schlägst und dort die Tiere aufscheuchst und die Pflanzen zerstörst, sondern wirklich nur um diese Erfahrung, dass es einen Parallelweg geben kann, einen alternativen Pfad zu dem allseits bekannten Pfad, zu dem anerkannten Pfad auch.

Mich hat das zu dieser Analogie gebracht, dass ich gedacht habe, ja, wir Veganer·innen, wir sind momentan noch Pionier·innen, wir sind diejenigen, die den ersten Schritt machen, die diesen noch nicht sehr ausgetretenen Pfad gehen, die vielleicht auch einen ersten Pfad anlegen, je nachdem, in welcher Umgebung du dich befindest. Und wenn du in dieser Analogie weiter denkst, dann ist es tatsächlich am Anfang erst mal so ein Nervenkitzel, sich zu überlegen, ist das denn überhaupt okay, was ich da mache? Darf ich denn jetzt hier einfach so neben dem Weg entlang laufen, ich will ja auch nichts zerstören, aber dann machen das die anderen nach und ich glaube, sobald du merkst, andere laufen hinter dir her, den gleichen Weg und der Weg wird immer fester und breiter, dann merkst du, dass es richtig war, dass es eine richtige Entscheidung war, diesen Weg zu ebnen, neu zu gehen, den ersten Schritt zu machen.

Du warst jetzt schon so mutig und hast dich dazu entschieden, vegan zu leben. Und ich möchte dich jetzt wirklich mit dieser Folge dazu ermutigen, auch weiter zu gehen und immer weiter zu machen, auch wenn du das Gefühl hast, dass du momentan die·der einzige bist, der oder die vegan lebt oder dass das Thema im Moment einfach nicht in den Medien präsent ist und dass du dich vielleicht ohnmächtig fühlst, weil du nicht demonstrieren gehen kannst, weil du gerade gefühlt nichts bewegen kannst.

Meine Erfahrungen mit den Pfaden im Wald hat mir gezeigt, dass gerade einfach diese Entscheidung vegan zu leben, dieser erste Schritt ist, der anderen hilft dir nachzufolgen und das macht dich so wichtig, du bist wichtig, du veränderst die Welt, du gehst Schritt für Schritt voran und bleibst dir treu, du lebst weiterhin vegan, du bist ein Vorbild für andere, die dir nachfolgen und je mehr Menschen auf deinem Pfad gehen, desto einfacher wird er zu gehen sein. Und wenn du dich umschaust und auf diesen Pfad blickst, dann siehst du zum einen, dass dir ganz viele Menschen nachfolgen und zum anderen, dass der Weg schon gar nicht mehr nur ein sich durch das Dickicht schlagen ist, sondern ein richtig ausgetretener befestigter Pfad.

Und wenn wir jetzt bei der Analogie im Wald bleiben, gehen die meisten von uns da ja in die Runde und nicht immer weiter und weiter und weiter und hören nie auf und dadurch festigt sich der Pfad ja auch, dass du ihn immer und immer wieder gehst und wenn wir jetzt aufhören, ihn zu gehen und ihn auch sonst niemand mehr geht, dann kann er natürlich auch wieder zuwachsen und deswegen möchte ich dich ermutigen, sei standhaft, geh diesen Weg weiter, auch wenn du im Moment vielleicht das Gefühl hast, nichts bewirken zu können. Du bewirkst immer etwas, du bewirkst alleine etwas dadurch, dass du dich entschieden hast vegan zu leben und sobald du dich als vegan lebend outest, können andere dir auf diesem Pfad nachfolgen und den gleichen Weg gehen, den du gegangen bist und du kannst ihnen den Weg ebnen, du machst es leichter für sie, du bist eine Inspiration.

Und dabei ist es überhaupt nicht schlimm, wenn du mal stolperst zum Beispiel über eine Wurzel oder wenn du mal nicht weiter weißt, das ist alles nur allzu menschlich, du musst nicht perfekt sein wirklich nicht, es geht einfach nur darum, dass du deinen Werten treu bist und dass du diesen Pfad, diesen Weg, den du jetzt gewählt hast, weiter gehst. Mir hilft es, so was zu verinnerlichen, wenn ich das mit meinem Körper erfahren oder erspüren kann, also wenn ich in der Natur diesen Weg gehe und dann sehe okay, ich kann da einen Pfad gehen, wenn ich mir diese Pfade anschaue, wenn ich sie selber begehe, wenn ich sehe, dass sich da nur ein ganz kleiner Pfad befindet oder ein noch nicht ausgetretener Pfad und ich quasi erspüre Schritt für Schritt wie das ist diesen Weg zu gehen und so kann ich diese Erkenntnis tatsächlich viel besser in mir verankern, als wenn ich nur ganz theoretisch darüber nachdenke.

Vielleicht hast du das auch selber schon gesehen, diese kleinen Pfade, die um riesige Matschpfützen herumführen und kannst die einmal abgehen und zulassen, dass du dich öffnest für Gedanken, die dann aufkommen und einfach nur da bist in diesem Moment und diesen Weg entlang gehst und zulässt, dass dein Körper das erspüren darf. Das ist genauso wie mit der Übung zu den großen und kleinen Schritten, den Trippelschritten, die ich vor 5,5 Jahren ungefähr gemacht habe, so ungefähr bald 6 Jahren und ich zehre heute noch davon, dass ich damals diese Übung machen durfte und ich habe sie auch jetzt schon mehrfach weitergegeben. Und das ist wirklich etwas, was sich in deinem Körpergedächtnis verankert und was zu einer viel tiefer greifenden Erkenntnis letztlich führt, als wenn du nur darüber nachdenkst, dass kleine Schritte besser sind als große Schritte.

Also pass gut auf dich auf in dieser Zeit, sei mutig und geh weiter deinen Weg, du bist wichtig, du veränderst die Welt und du bist ein·e Pionier·in und wenn du dich als vegan outest, dann nehmen andere dich als Vorbild und gehen deinen Weg hinter dir her, so wie du diesen Weg gegangen bist und damit möchte ich mich für heute verabschieden und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Anderssein erfordert Mut und Stärke

Ein Beitrag

Folge 080 - Anderssein erfordert Mut und Stärke

Wenn wir uns als vegan outen, geraten wir schnell ins Rampenlicht. Wir werden nur noch als die Veganerin oder der Veganer wahrgenommen und nicht mehr als Individuum.

Manche können damit besser umgehen als andere.

Wenn Dich solche Situationen stressen und Du Dich deswegen meist lieber nicht als vegan outest, ist diese Folge für Dich.

Selbstbewusst mit dem Anderssein umzugehen, erfordert Mut und Mut kannst Du wie einen Muskel trainieren.

In dieser Folge zeige ich Dir einige Möglichkeiten auf, wie Du in kleinen Schritten Deine Komfortzone verlassen und wieder betreten kannst. Dadurch weitest Du Deine Komfortzone auf lange Sicht aus und stärkst Deinen Mutmuskel.

Situationen in denen Du Dich als vegan outest werden Dir dann auf lange Sicht nicht mehr so unangenehm sein wie gegenwärtig und Du wirst automatisch selbstbewusster.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte heute über Mut sprechen, über den Mut anders zu sein und kleine Schritte dorthin.

Inspiriert hat mich dazu ein Clanmitglied, das auf die Frage, wo warst du diese Woche besonders mutig geschrieben hatte, dass sie sich sehr mutig gefühlt hat, als sie barfuß draußen war. Und ich habe gedacht, ja genau das ist es tatsächlich, denn wir brauchen diesen Mut, um anders sein zu können, um offenen vegan leben zu können. Leider, muss ich sagen, weil wir immer noch als Minderheit in dieser nicht-veganen Welt agieren und daher, sobald wir uns als vegan outen, aus der Norm heraustreten und automatisch anders und dann auch irgendwie im Rampenlicht stehen und anders angesehen werden.

Und da braucht es Mut und Stärke, um da nicht zusammenzuknicken, sondern gerade stehenzubleiben und für deine Werte einzutreten und offen zu sagen: ja, ich lebe vegan und ich stehe dazu. Ich habe meine Gründe und es gibt Gründe, warum du es auch tun solltest und egal was du sagst, ich werde nicht davon abweichen, vegan zu leben. Und das ist nicht so einfach, wie ich das jetzt gerade sage, du wirst es wahrscheinlich auch immer wieder in deinem Alltag erleben und wenn du eher vom Charakter, vom Typ her zurückhalten bist und nicht so gerne im Rampenlicht stehst, dann ist das für dich schon eine größere Herausforderung, diesem Rampenlicht, diesem besonderen Blick, Stand zu halten, wenn du dich als vegan outest.

Und du kannst dich darauf vorbereiten, indem du kleinere Schritte in Richtung anders sein gehst, wie zum Beispiel das Barfuß laufen. Also du kannst mutig sein üben und anders sein üben und du bist dadurch ja nicht schlechter als die anderen oder es ist auch nicht negativ anders zu sein, sondern du bist einfach nur nicht mehr der Norm entsprechend.

Ich habe da jetzt schon öfter darüber gesprochen, seit ich das Buch „Sprache und Sein“ von Kübra Gümüşay gelesen habe, spreche ich viel von Benannten und Unbenannten. Du trittst also aus diesem Raum der Unbenannten heraus und wirst benannt und das ist meist erstmal ein sehr unangenehmes Gefühl, weil du nur noch als Stellvertreter·in eines Kollektivs wahrgenommen wirst und nicht mehr als Individuum. Und das ist genau das, was wirklich dieses Problem auch ausmacht, dass du quasi darum kämpfen musst, wieder als Individuum wahrgenommen zu werden. Bevor du dich geoutet hast, bevor du zu einer·m Benannten geworden bist, warst du noch Teil einer kuscheligen Gemeinschaft, Teil einer gewissen Normalität, Teil einer anerkannten Norm und jetzt bist du daraus getreten und das ist im ersten Augenblick ein sehr unangenehmes Gefühl.

Manche Menschen können sich das einfach nicht aussuchen, sie sind so geboren, dass sie nicht der allgemein anerkannten Norm entsprechen, man sieht es ihnen an oder sie verhalten sich von Natur aus so, dass sie nicht der anerkannten Norm entsprechen und sie können das nicht verhüllen und nicht ablegen, an- und abstellen, so wie wir entscheiden können, ob wir sagen, dass wir vegan leben oder nicht und deswegen ist es tatsächlich auch für uns ein Privileg, dass wir inkognito sein können oder eben nicht. Dass wir selber darüber entscheiden können, ob wir nun Benannte sind oder untergehen in dieser Masse von Unbenannten.

Wenn du gerade nicht wirklich verstehst, wovon ich rede, unbenannte, benannte, dann empfehle ich dir nochmal die Folge über „Sprache und Sein“ im Einfach-Vegan-Podcast anzuhören. Da haben Carsten und ich das Buch besprochen und eben auch darüber gesprochen, was es damit auf sich hat mit der Unterteilung in Benannte und Unbenannte.

In dieser Folge möchte ich dich jetzt einladen, mutig zu sein und zwar in kleinen Schritten. Das Barfuß laufen ist tatsächlich eine sehr schöne Möglichkeit, dieses Anderssein zu erproben, denn sobald du Barfuß durch die Stadt läufst und nicht am Strand, wo es alle machen, sondern durch die Stadt oder generell über Wege da, wo normalerweise Menschen nicht Barfuß laufen, wirst du Blicke ernten. Und da geht es darum, dass du versuchst, damit klarzukommen und merkst, was das mit dir macht und da kannst du dich selbst erkunden, wie es dir damit geht. Und vielleicht nimmst du am Anfang doch nochmal ein Paar Schuhe mit, so dass, wenn du es nicht mehr aushältst, also nicht vom Laufen her, dass es weh tut, sondern von den Blicken her, du dir dann deine Schuhe anziehen kannst. Ich finde, dass das Barfuß laufen zum einen natürlich eine wunderbare Massage ist, auch für die Füße und eine tolle Verbindung mit der Erde und es fühlt sich einfach rundum gut an. Es ist gleichzeitig auch ein Training dafür, anders zu sein. Und du kannst es beliebig an- und abstellen.

Ich praktiziere das selber auch. Im Sommer laufe ich öfter Barfuß und ich habe auch Barfußschuhe mittlerweile und ich versuche dann so viel wie möglich auch ohne die Schuhe zu laufen. Nur merke ich dann auch, über Stock und Stein zu laufen durch den Wald ist tatsächlich mit den Schuhen dann angenehmer als ohne. Aber wenn du zum Beispiel auf Asphalt läufst oder Waldwege, die angenehm gepolstert sind und wo nicht überall dicke Steine herum liegen, die dir möglicherweise Löcher in die Füße piksen, dann ist das eine sehr, sehr angenehme Erfahrung. Und so findest du vielleicht auch andere Dinge, die für dich Mut erfordern. Einen kleinen Schritt aus deiner Komfortzone heraus und auch aus der anerkannten Norm heraus, wo du denkst, okay, ich probier das jetzt einfach mal aus, ich mach das jetzt mal und es ist für mich ein Schritt, der Mut erfordert und wo ich mich den Blicken der anderen aussetze, wo es sein könnte, dass ich negative Kommentare ernte. Und ich teste das aus, solange wie ich das aushalte und dann lasse ich es wieder sein.

Was das jetzt genau sein könnte, ist für jeden und jede von uns sehr unterschiedlich, denn für manche ist zum Beispiel auch das Barfußlaufen ganz normal, für den oder diejenige wird es auch nicht mehr funktionieren als sogenannte Mutprobe oder wirklich das anders sein zu trainieren. Ich habe quasi schon mein Leben lang ein Training erfahren, im anders nicht der Norm entsprechend zu sein und habe so verschiedene Strategien entwickelt, damit umzugehen. Und so war es für mich auch nicht so schwer, das zu ertragen, dass ich jetzt, wenn ich vegan lebe, dann wieder in eine bestimmte Schublade gesteckt werde als Stellvertreter·in eines Kollektivs wahrgenommen werde.

Und wenn du aber bisher in deinem Leben eigentlich immer so in der Masse der Unbenannten mitgeschwommen bist und eigentlich immer gut überall reingepasst hast, dann ist es jetzt schon ein großer Schritt daraus zu treten und diese unangenehme Erfahrung zu machen, benannt und in den Mittelpunkt gerückt zu werden, ins Rampenlicht und nicht mehr als Individuum gesehen zu werden.

Vielleicht kannst du dir zwei, drei Sachen überlegen, von denen du das Gefühl hast, dass sie etwas sind, womit du aus deiner Komfortzone raus trittst, die Mut erfordern und wo du weißt, dass du die Blicke der anderen auf dich lenken wirst und mal testen, ob du das aushältst und immer mal wieder das austesten und einfach mutig sein in kleinen Dosen, so wie du es aushältst. Es geht wirklich nicht darum, dich jetzt mit anderen zu vergleichen - der oder diejenige ist ja viel mutiger als ich und der oder diejenige macht viel mehr als ich - sondern es geht wirklich nur um dich, um das besser aushalten zu können, dass wenn du dich als vegan out hast, die Blicke auf dich gerichtet werden. Das stärkt dein Selbstbewusstsein und hilft dir dabei, dich so richtig zu fühlen, wie du bist und das ist quasi wie ein Muskel, den du trainierst. Da geht es dann um die Regelmäßigkeit, dass du immer wieder ein kleines bisschen etwas tust und immer wieder mutig bist, etwas neues wagst, dich diesen Blicken aussetzt und dann wieder ins Inkognito zurückkehrst.

Wie gesagt, sehr plastisch funktioniert das mit dem Barfuß laufen. Wenn ich Barfuß rausgehe, dann merke ich irgendwie, wie dann die Blicke auf mich gerichtet werden, mache ich das mit Schuhen guckt mich keiner an. Mache ich das Barfuß, gucken mich ganz viele Menschen an und so kann ich das quasi ganz klar an und abschalten, wie ich wahrgenommen werde. Das kannst du aber auch machen, wenn du mit der Stofftüte zum Bäcker gehst und sagst, dass sie bitte die Brötchen, Brote, Brezeln, was auch immer du kaufst, in diese Stofftüte packen sollen, denn je nach Bäcker machen die das nicht direkt selber, nehmen die Tüte an, sondern geben dir das irgendwie rüber, so dass du das selber einpackst, aber jedenfalls schon allein diese Handlung, dass du nicht automatisch dir das alles in eine Papiertüte packen lässt, sondern du darauf bestehst, dass das in deine Stofftüte wandert, lässt dich schon wieder anders dastehen. Damit trittst du aus der anerkannten Norm heraus und Menschen gucken dich an. Habe ich alles schon ausprobiert.

Also, es ist durchaus machbar mit vielen kleinen Handlungen die Aufmerksamkeit der anderen auf sich zu ziehen und das ist tatsächlich alles ein Trainingsfeld. Du kannst das selber entscheiden, wie du das machst, wie oft du das machst, wann du das machst und ob du vielleicht gerade keine Kraft für sowas hast, keine Energie. Das ist alles etwas, was du selber für dich individuell entscheiden musst. Probier es einfach mal aus, so ganz spielerisch, überleg dir was, was du tun könntest, was für dich ein wenig Mut erfordert, wie du anders sein kannst, wie du das anders sein trainieren kannst und wenn du magst, kannst du mir auch gerne schreiben und zurückmelden, was sich da bei dir tut, was du ausgewählt hast, wie deine Erfahrungen damit sind. Ich freue mich wirklich, wenn du diese Folge als Einladung, als Inspiration nimmst, ein wenig Mut in deinen Alltag einzubauen und das anders sein, wie ein Muskel zu trainieren.

Und bevor ich diese Folge beende, möchte ich mich noch ganz herzlich bei Julia bedanken, die als neue Steady-Unterstützerin hinzugekommen ist. Ganz herzlichen Dank Julia, ich habe mich so gefreut, als ich die Benachrichtigung bekommen habe. Wir sind jetzt bei 80 Euro im Monat über Steady, wie gesagt, ich bekomme das nicht komplett ausgezahlter, gehen noch einige Gebühren von ab, 19 Menschen unterstützen und wertschätzen meine Arbeit damit sehr und es freut mich wirklich riesig, dass du, Julia, jetzt dabei bist und du mit diesem Betrag, den du monatlich zahlst, etwas zurückgeben möchtest.

Ganz herzlichen Dank von mir und wenn du, liebe·r Hörer·in, dich Julia und den anderen 18 Unterstützer·innen anschließen und auch etwas zurückgeben möchtest, dann freue ich mich wirklich sehr, wenn du mich über Steady unterstützt. Wenn du keine monatliche oder jährliche Mitgliedschaft abschließen möchtest, dann kannst du es wie eine andere Unterstützerin machen und mich über PayPal zum Beispiel mit einem einmaligen Geldbetrag unterstützen. Ich freue mich wirklich riesig über diese Unterstützung und nochmal ganz, ganz herzlichen Dank an dich, liebe Julia und dann wünsche ich dir ganz viel Kraft und natürlich Gesundheit in dieser besonderen Zeit und freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Wenn Du mit der Situation haderst...

Ein Beitrag

Folge 079 - Wenn Du mit der Situation haderst...

Wenn Du gerade mit der Ausnahmesituation haderst, dann ist diese Folge für Dich.

Ich möchte Dir sagen, dass Du mit diesem Gefühl nicht allein bist und Dir Wege zeigen, wie Du damit umgehen kannst.

Wir leben gerade in außergewöhnlichen Zeiten und doch geht es den meisten sehr gut dabei. Dennoch hadern wir mit der Situation und fühlen uns schlecht - dann fühlen wir uns schlecht, weil wir uns schlecht fühlen und es doch anderen viel schlechter geht als uns.

Es wird immer einen Menschen geben, dem es schlechter geht als Dir. Trotzdem darfst Du Dich schlecht fühlen und mit der gegenwärtigen Situation hadern. Wichtig ist, dass Du gleichzeitig gut für Dich sorgst.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und diese Folge ist für dich, wenn du gerade mit der Situation haderst in der du dich befindest.

Mir geht es eigentlich gut, ich bin sehr dankbar dafür, dass wir hier in dieses kleine Dorf gezogen sind, wo der Wald direkt vor der Haustür ist und ich jeden Tag wirklich rausgehen kann und im Wald kaum jemanden treffe, da muss ich zur besten Tageszeit unterwegs sein, dass mir da mehrere Menschen über den Weg laufen und trotzdem können wir uns gut aus dem Weg gehen. Unsere Wohnung ist so groß, dass wir uns jeder und jede in ein Zimmer zurückziehen können, wenn wir das Bedürfnis dazu haben. Ich bin gesund, meine Familie ist gesund, uns geht es gut, wir haben genug zu essen, wir sind gut ausgestattet mit Alternativen zu Toilettenpapier und es gibt wirklich eigentlich keinen Grund zur Klage und trotzdem hadere ich mit meiner Situation.

Denn bevor die Krise losging, hatte ich zumindest die Vormittage für mich, in denen ich arbeiten und meine Projekte voranbringen konnte. Und jetzt fällt das alles weg, weil das Kind zu Hause ist und Carsten in meinem Arbeitszimmer sitzt, weil er halt von dort Homeoffice machen muss und er der Vollzeitverdiener ist und ich mich jetzt fügen muss in meine Rolle als Mutter und Hausfrau. Zu meinem Glück ist unser Kind schon so alt, dass es sich auch ein bisschen länger selbst beschäftigen kann und ich kleine Fragmente des Tages für mich beanspruchen kann. Trotzdem hadere ich mit dieser Situation, weil ich vorher schon so viel weiter war.

Ich hatte das schon einmal, bevor das Kind die Schule gewechselt hat und in die freie Schule gekommen ist, musste es an der Regelschule an zwei Tagen wirklich acht Stunden zur Schule gehen und ich hatte dann wirklich zwei lange Tage nur für mich zum Arbeiten und konnte konzentriert mehrere Stunden durcharbeiten. Das hat sich dann wieder zurückreguliert, als wir letztes Jahr umgezogen sind und ich dann nur noch drei Stunden vielleicht am Tag zur Verfügung hatte. Das hat sich jetzt wieder ausgeweitet und kurz vor der Krise waren wir soweit, dass das Kind alleine zur Schule und wieder zurückgefahren ist, sodass ich am Tag so ungefähr fünf Stunden für mich hatte.

Und natürlich hatte ich Träume und Pläne jetzt vor allem für die Osterferien, in denen das Kind eigentlich zwei Wochen bei Oma und Opa sein sollte und ich hier mit Carsten allein gewesen wäre. Carsten hätte für diese Zeit keinen Urlaub genommen, sodass ich dann an den normalen Werktagen wirklich den ganzen Tag hätte an meinen Projekten feilen und arbeiten oder einfach irgendwas für mich tun können und wir hatten auch ein neues Podcast-Projekt tatsächlich vor, was wir schon seit Jahren eigentlich mit uns herumtragen und das wir jetzt als erste Staffel in den Osterferien umsetzen wollten und ja, ich hatte viele Träume und Pläne und Wünsche für diese Zeit und jetzt ist es alles verpufft und ich hadere tatsächlich mit meiner Situation, dass alles, was ich momentan tun kann, sehr fragmentarisch ist und ich mich halt in erster Linie um den Haushalt und das Kind kümmere, weil es einfach nicht anders geht.

Carsten würde sich gerne beteiligen, aber er muss Vollzeit arbeiten, weil irgendwo her das Geld kommen muss und solange ich nicht so viel Geld verdiene, dass ich diesen Haushalt stemmen kann, müssen wir in dieser Rollenverteilung bleiben und dann fühle ich mich wieder schlecht, weil es mir doch eigentlich gut geht, ich bin gesund, mein Kind ist gesund, mein Mann ist gesund, wir haben genug zu essen, wir haben eine richtig schöne Wohnung und wir haben Platz und wir haben die Möglichkeit rauszugehen, es ist schönes Wetter und es gibt so viele Möglichkeiten und doch bleibt dieses Gefühl immer noch da und vielleicht erkennst du dich so ein bisschen wieder, hast vielleicht auch viele Dinge geplant für diese Zeit und dein Alltag sieht jetzt ganz anders aus als vorher und du haderst vielleicht auch mit dieser Situation.

Vielleicht nicht ganz genauso wie ich, aber vielleicht ähnlich, vielleicht hattest du vor deine Eltern zu besuchen oder Freund·innen und hattest den Wunsch mit anderen Menschen etwas zusammen zu erleben, vielleicht hast du dich auch auf das Osterfest gefreut und jetzt sitzt du heute allein zu Hause oder mit deiner Kernfamilie und hast nicht die Möglichkeit das Osterfest in dem Rahmen zu feiern, wie du es sonst getan hättest. Vielleicht hattest du Urlaub gebucht, vielleicht hattest du dir irgendetwas Schönes vorgenommen und jetzt ist alles durcheinander und du haderst damit.

Ich möchte dir sagen, es ist okay, es ist in Ordnung damit zu hadern, es wird immer jemanden geben dem oder der es schlechter geht als dir und nur weil es diese Person immer geben wird, heißt das nicht, dass du dich nicht schlecht fühlen darfst. Was ich in dieser Situation, wenn dieses negative Gefühl so stark werden, mache, ist tatsächlich mich hinzusetzen und zu versuchen einfach das Gefühl da sein zu lassen, einfach nur da sein und zu sagen ja es ist grad beschissen, es ist grad einfach nicht schön. Und dann, wenn ich das gemacht habe den Fokus wieder auf etwas Positives zu lenken, auf etwas was mir doch Freude bereitet, denn es gibt doch ganz viele Dinge, die ich in meinem Alltag tun kann, die mir Freude bereiten, es sollte aber auf jeden Fall eben der Raum da sein anzuerkennen, dass dieses Gefühl seine Berechtigung hat.

Das hat seine Daseinsberechtigung und es ist völlig in Ordnung mit dieser Situation zu hadern, es ist in Ordnung wütend zu sein und alles blöd zu finden und alles rauszulassen, nicht an anderen Menschen das auszulassen, das kann ich jetzt nicht befürworten, aber du kannst es zum Beispiel alles aufschreiben, was du grade denkst, was du fühlst und das alles rauslassen und einfach sagen: ja es ist grade beschissen, es ist grade einfach so und dir auch Zeit dafür zu nehmen, Zeit dafür dieses Gefühl fühlen zu dürfen und es nicht wegzudrücken und zu sagen anderen geht es schlechter, ich darf mich nicht so fühlen, stell dich nicht so an - das ist alles andere als hilfreich.

Wenn du dich allerdings so ausschließlich darauf fokussierst, was du jetzt grade alles verpasst oder hättest machen können, womit du haderst und was du grade alles blöd findest, dann kann es natürlich sein, dass du da so drin versumpfst und eher in so eine Abwärtsspirale gerätst und das ist dann tatsächlich gefährlich und deswegen ist es gut, wenn du dir weiterhin überlegst, was es für Dinge gibt, die du jetzt akut in dieser Situation tun kannst, in dieser besonderen Situation, die dir Freude bereiten, die dich neugierig machen, die dich glücklich machen, die vielleicht auch Verbindung schaffen mit Gleichgesinnten oder mit deinen Freund·innen.

Du könntest ja auch mit Freund·innen telefonieren oder übers Internet telefonieren, ich sage jetzt extra nicht Skype, weil es verschiedenste Möglichkeiten gibt. Oder wenn es dir gar nicht so sehr darum geht, die Verbindung zu anderen Menschen zu halten, wirklich zu schauen, was ist denn etwas, was dich jetzt im Moment glücklich machen kann, was dir ein bisschen Freude bereitet und vielleicht findest du ein gutes E-Book, was du lesen möchtest. Viele Büchereien bieten momentan kostenlose Zugänge an, sodass du über die Onleihe dort Titel ausleihen kannst, wobei ich auch gemerkt habe, nachdem ich das jetzt ausprobiert habe, dass halt dadurch fast alles vergriffen ist, zumindest bei den Bücherhallen in Hamburg, vielleicht ist es bei deiner Bibliothek, bei deiner Bücherei anders.

Wenn du die Möglichkeit eines Tablet oder E-Book Reader hast, dann gibt es auch sowas wie E-Book Flat Rate Anbieter und da hat man immer die Möglichkeit, das 30 Tage kostenlos zu testen, also wäre das zum Beispiel auch eine Möglichkeit, das zu überbrücken in der Zwischenzeit und da dann Titel zu lesen, wobei da auch das Angebot relativ eingeschränkt ist. Aber zumindest sind dann die Bücher dort, wenn du einen Buch gefunden hast, was dich interessiert, sofort verfügbar.

Wenn es dir geht wie mir und du gerade in eine Rolle als Hausfrau und Mutter gedrängt wurdest, die du eigentlich so gar nicht wahrnehmen möchtest, dann hilft es dir vielleicht, wenn du dir vorstellst, dass das, was du tust, bezahlte Arbeit ist, denn im Grunde, wenn du das nicht tun würdest, müsstest du jemanden dafür bezahlen, der oder die das macht. Deswegen ist die Wohnung putzen, Geschirr abspülen, mit dem Kind lernen oder spielen, durchaus alles eine Tätigkeit, die du genauso abrechnen kannst wie jeden anderen Job auch. Mir hilft das tatsächlich, wenn ich daran denke und sage, okay, ich mache jetzt gerade Hausarbeit, die mir nicht wirklich viel Freude bereitet und ich könnte in dieser Zeit eigentlich viele andere Dinge tun, die mir viel mehr Freude bereiten würden und mit denen ich anderen Menschen helfen könnte und andere Menschen unterstützen und so weiter und so fort, ja, aber ich muss jetzt hier sauber machen, ich muss jetzt mich um das Mittagessen kümmern, weil Carsten dafür keine Zeit hat, aber es ist Arbeit, genau wie andere Erwerbsarbeit auch und so leiste ich ebenfalls meinen Beitrag.

Es hängt da meiner Meinung nach viel an unserem Verständnis von Arbeit. Es gibt ja viel Erwerbsarbeit, die eigentlich total sinnlos ist, also viele Produkte in dieser Welt, die hergestellt werden, wofür Marketing betrieben wird und ein großer Aufwand und viele Menschen beschäftigt und bezahlt, brauchen wir ja überhaupt gar nicht, also ist die Arbeit eigentlich ziemlich sinnlos. Aber sich um Kinder kümmern, um ältere Menschen kümmern, sich darum kümmern, dass es etwas zu Essen gibt und dass die Wohnung sauber ist, sind alles Tätigkeiten, die sehr sinnvoll sind und die etwas zu unserer Gemeinschaft beitragen, aber diese Tätigkeiten werden meist nicht bezahlt und gelten deswegen nicht als Erwerbsarbeit.

Es ist einfach dieses sehr merkwürdige Ungleichgewicht, dass wir in unserer Gesellschaft entwickelt haben, das uns dazu führt und mich jetzt im Besonderen zu denken, dass die Hausarbeit und die Carearbeit quasi weniger wert ist als das, was Carsten für seinen Job macht, wobei weitere Ausführungen zu diesen gesellschaftlichen Grundsätzen jetzt die Folge hier sprengen würden und ich nochmal zurückkommen möchte auf das mit der Situation hadern.

Wenn du in der privilegierten Lage bist, das Beste aus dieser Krise zu machen, dann versuche etwas zu finden, was dir jeden Tag ein bisschen Glück vermittelt, was dich jeden Tag ein bisschen stärkt und dir Freude schenkt und am besten, dann sind wir wieder bei den Powerups, sind das drei Dinge, die du täglich machst, wie gesagt, sie müssen nicht zeitintensiv sein und besonders aufwendig, sondern es sollte wirklich etwas sein, was dich stärkt und in dieser Situation aufmuntert. Und das ist völlig in Ordnung zu hadern, wenn du zeitgleich auch versuchst, das auszugleichen, indem du gut für dich sorgst.

Ich mache das, indem ich viel rausgehe, so gut es geht, viel lese, so gut es geht und mit meinem Mann und meinem Kind Zeiten ausmache, in denen ich Zeit für mich habe, so wie jetzt gerade, sind die beiden draußen, damit ich diese Podcastfolge aufnehmen kann. Ich will immer wieder sagen, dass es nur eine Phase ist und auch dies vorbeigeht, denn es wird irgendwann vorbeigehen und wir werden wieder in einen neuen Alltag kommen. Wie der dann aussehen wird, weiß ich nicht und auch dies wird wieder vorbeigehen.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft für diese Zeit und hoffe, du bist gesund und alle, die dir nahestehen auch und wenn du diese Folge zeitnah hörst, wünsche ich dir ebenfalls ein frohes Osterfest und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Selbstfürsorge in unsicheren Zeiten

Ein Beitrag

Folge 078 - Selbstfürsorge in unsicheren Zeiten

Nun befinden wir uns schon einige Wochen im Ausnahmezustand und viele von uns geraten an ihre Grenzen.

Jetzt ist ein sehr guter Zeitpunkt um neue Rituale einzuüben und auszuprobieren, um Deine Widerstandskraft zu stärken und gut für Dich zu sorgen.

In dieser Folge erzähle ich Dir, wie ich momentan vorgehe und welche Rituale und Übungen mir helfen die Zeit einigermaßen stressfrei zu überstehen.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge ein paar Anregungen mit dir teilen, wie du in dieser Krisenzeit gut für dich sorgen kannst.

Selbstfürsorge ist tatsächlich jetzt gerade ein super wichtiges Thema, vor allem wenn du mit mehreren Menschen in einer Wohnung oder in einem Haus und nicht allein lebst, aber natürlich auch wenn du allein lebst, weil natürlich diese selbstgewählte Isolation auch zur Einsamkeit führen kann. Wenn du die Möglichkeit hast, ist es natürlich toll, wenn du täglich rausgehen kannst, wenn du dich bewegst, wenn du in den Wald gehst, zum Beispiel oder ans Meer oder ans Wasser, sei es Fluss oder See und in der Natur einfach sein kannst. Am besten alleine und sehr gerne auch langsam und achtsam insofern, als dass du wahrnimmst, was da um dich herum passiert, welche Vögel da zwitschern, wie der Wind sich bewegt, wie sich die Sonnenstrahlen anfühlen, vielleicht tatsächlich ein paar Bäume berühren, wenn du im Wald bist oder deine Hand durchs Wasser ziehen, wenn das möglich ist und so Kontakt aufzunehmen zur Natur und dich zu erden.

In dieser Zeit ist es wirklich sehr wichtig auf deine eigenen Bedürfnisse zu achten, dafür musst du sie natürlich erstmal kennen und das ist leichter gesagt als getan. Dieser erste Schritt rauszufinden, was für Bedürfnisse du eigentlich hast, ob du jetzt allein sein möchtest, ob du Gesellschaft brauchst, ob du Stille brauchst, ob du irgendwie einfach was zum Abschalten brauchst, das ist etwas, was wir erst wieder langsam erspüren lernen müssen, denn wenn es dir so geht wie mir, dann wurde dir das eigentlich über die Jahre wegtrainiert, du wurdest perfekt in diese Gesellschaft hineingenormt. Dazu trainiert zu funktionieren, egal in welchem Zustand. Wenn du krank bist, nimmst du halt Medikamente und gehst trotzdem zur Arbeit, wenn du als Mensch mit einer Gebärmutter blutest und deine Menstruation hast, dann wird die möglichst irgendwie geregelt, so dass du keine Schmerzen hast und dich nicht um dich kümmern musst. Und alles was dein Körper zu tun hat, ist zu funktionieren und deinem Verstand die Möglichkeit zu geben, so effizient wie möglich zu arbeiten.

All das hat bei mir dazu geführt, dass ich überhaupt nicht mehr spüren konnte, was für Bedürfnisse ich eigentlich habe und es war für mich jetzt ein langer Weg dorthin, dass ich das wieder spüren kann. Und der Weg ist für mich auch noch nicht zu Ende gegangen, sondern ich bin immer noch unterwegs. Ich bin vor sechs Jahren losgegangen und ich denke, ich nähere mich immer mehr einem inneren Kern quasi und doch denke ich, dass diese Reise nie zu Ende sein wird. Es wird nur immer leichter werden, meine Bedürfnisse zu erkennen und doch wird es immer wieder Stolpersteine geben.

Selbstfürsorge, gut auf deine Bedürfnisse zu achten, ist nichts wofür du dich rechtfertigen musst. Wenn du Stille brauchst, wenn du Zeit für dich brauchst, wenn du die Zeit in der Natur brauchst, dann ist das solange das eben möglich ist, etwas was du dir irgendwie einrichten solltest und es ist völlig in Ordnung für deine Bedürfnisse einzustehen. Wir machen das bei uns im Moment in unserer kleinen Familie so, dass wir miteinander besprechen, was wir uns für diesen Tag wünschen, was für Bedürfnisse wir haben, die berücksichtigt werden sollten und versuchen so auszutarieren, wie wir den Tag gestalten. Es gibt ein paar Rahmenbedingungen, zum Beispiel das Carsten eben vom Home Office aus eine gewisse Anzahl an Stunden arbeiten muss, die er aber ja aufgrund des Home Offices sich ein bisschen so einteilen kann, dass er im Zweifel dann vielleicht mal länger Mittagspause macht oder zwischendurch mal eine längere Pause, um dann mir vielleicht die Möglichkeit zu geben, dass ich eine Podcastfolge aufnehmen kann oder mit dem Kind zu spielen, weil das einfach gerne mit Papa spielen möchte. Und so verhandeln wir jeden Tag neu. Das ist jetzt im Moment unser Modell für diese Corona-Krise, um zu schauen, welche Bedürfnisse können wie abgedeckt werden.

Das haben wir früher auch schon am Wochenende immer gemacht, um zu schauen, dass jede·r von uns möglichst zum Zuge kommt und dann zu schauen, okay du brauchst so und so viel Zeit für dich, du möchtest gerne Zeit gemeinsam verbringen, du möchtest gerne Film gucken. Um dann zu schauen, wie viel Zeit braucht jede·r einzelne von uns für sich, wer möchte etwas gemeinsam machen, das ist dann meist eben unser Kind, das gerne mit Papa spielen möchte oder mit Papa und Mama zusammen sein möchte und etwas spielen möchte oder das gerne Spiele auf dem Handy spielen möchte oder das Film gucken möchte und so tarieren wir das eben aus, dass wir sagen: okay ich möchte gerne wenigstens eine Stunde jetzt für mich allein haben und da bitte ich euch darum, dann mich in Ruhe zu lassen und dann möchte das Kind gerne wenigstens eine Stunde mit Papa Lego spielen. Und wir versuchen das irgendwie hinzubekommen, dass jede·r von uns dann so gut es unter diesen Umständen gerade geht, ihren oder seinen eigenen Bedürfnisse folgen kann.

Und das ist völlig in Ordnung, sogar sehr sehr wichtig auf deine eigenen Bedürfnisse zu achten. Das gibt dir dann die Kraft, diese Krise souverän und gelassen zu überstehen. Jetzt ist vielleicht auch die Zeit, wo du verschiedene Rituale ausprobieren kannst. Gut ist es, wenn du wenigstens dreimal am Tag etwas tust, was deine Resilienz stärkt, das muss nichts Großes sein, das können auch kleine Dinge sein, so etwas wie laut singen oder wild tanzen stärkt auch deine Resilienz.

Wir haben zum Beispiel auch ein Abendritual, dass wir uns jeden Abend erzählen, wofür wir dankbar sind und das kann unterschiedlich lang dauern, je nachdem wie wir gerade gelaunt sind und was uns so einfällt. Und danach erzählen wir uns, was wir alles geschafft haben, worauf wir stolz sind, wofür wir uns auf die Schulter klopfen können. Es gibt meistens wenigstens eine Sache, die uns einfällt, was wir geschafft haben und sei diese Sache noch so klein.

Vielleicht empfindest du nicht immer so, dass du darauf stolz bist oder dir dafür auf die Schulter klopfen kannst, aber es gibt doch ganz viele Dinge, die du über den Tag verteilt geschafft hast und das ist super, wenn du dich abends noch mal hinsetzen und den Tag Revue passieren lassen kannst und dann siehst, wie viel du wirklich geschafft hast. Und da gehören auch Dinge wie den Abwasch erledigen, Mittagessen machen und den Müll rausbringen mit dazu.

Im Clan erzählen wir uns zum Beispiel jeden Montag, worauf wir uns in der Woche freuen, wenigstens zwei Sachen, klein oder groß ist ganz egal, das ist ein Ritual, das dir hilft, entspannter in die Zukunft zu schauen, denn es ist immer schön, etwas zu wissen, worauf du dich freuen kannst. Das Dankbarkeitsritual hat in mir ausgelöst, dass ich mittlerweile auch über den Tag verteilt viel mehr Dankbarkeit spüre. Daran kann ich mich dann abends nicht mehr erinnern an alles, was ich da wirklich tagsüber an Dankbarkeit gespürt habe, doch merke ich in den Momenten, dass ich dann zum Beispiel dankbar dafür bin, dass die Sonne scheint oder die Vögel zwitschern oder für den schönen Sonnenuntergang und dass ich einfach diese Dankbarkeit schon in mir trage und das einfach spüre. Das war nicht schon immer so, das ist tatsächlich jetzt erst so seit drei Jahren vielleicht so. Das war ein Prozess und es hat angefangen damit, dass ich ein Dankbarkeitstagebuch geführt habe und jeden Abend drei Dinge für die, ich dankbar bin aufgeschrieben habe. Und dadurch bin ich sensibler geworden für die Dankbarkeit.

Wenn du die Verbindung zu deinem·r Partner·in oder deinem Kind / deinen Kindern stärken möchtest und ihr gemeinsam nach draußen geht, dann hilft es, wenn ihr eine Zeit lang quasi im Gleichschritt lauft, also wenn ihr eure Schrittlänge und das Tempo aneinander anpasst. Wenn ihr das wenigstens für eine Minute macht, dann stärkt ihr die Verbindung zueinander und seid zueinander aufgeschlossener. Es geht auch nebeneinander schaukeln zum Beispiel im gleichen Tempo, wobei momentan die Spielplätze geschlossen sind. Also solltet ihr keine Schaukeln im Garten haben, zwei Stück, dann funktioniert es jetzt gerade nicht.

Und was bei uns gut funktioniert ist dieses „ein Hut, ein Stock, ein ...“ - Spiel, das kennst du bestimmt aus deiner Kindheit. Da läufst du ja sowieso synchron und das macht halt ganz viel Spaß und ja, die Leute gucken dich an, wenn du das als Erwachsene zusammen mit einem oder einer anderen Erwachsenen machst, aber wer schert sich schon um die Leute? Also es ist auf jeden Fall total lustig und damit stärkst du die Verbindung zu den Menschen, mit denen du das machst und alles wird ein wenig positiver.

Wenn du nach noch mehr Beispielen suchst, was du jetzt so tun kannst, um deine Resilienz zu stärken, dann hör dir wirklich noch mal die anderen Folgen hier in diesem Podcast an, da habe ich ganz viele Beispiele genannt. Wir leben gerade in einer außergewöhnlichen Zeit und wenn ich dich da irgendwie unterstützen kann, dann schreib mir gerne eine E-Mail an post [at] vonherzenvegan.de und ich schaue, was ich tun kann und dann freu ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Gut, schlecht - wer weiß das schon?

Ein Beitrag

Folge 077 - Gut, schlecht - wer weiß das schon?

Wir leben gerade in einer Ausnahmesituation und gehen teilweise täglich an unsere persönlichen Grenzen.

Momentan kommt mir immer wieder die Geschichte zu der buddhistischen Weisheit "Gut, schlecht - wer weiß das schon?" in den Sinn und darum teile ich sie in dieser Podcastfolge mit Dir.

Es geht mir dabei keinesfalls darum, Dein Leiden oder Deine Situation kleinzureden, solltest Du Dich in einer weniger priviligierten Lage befinden, als ich.

Es geht mir vielmehr darum, Dir eine Perspektive zu geben, solltest Du zur Zeit immer mal wieder mit Deiner Situation hadern.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän in deinem veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge mit dir eine buddhistische Geschichte teilen, an die ich jetzt in letzter Zeit immer wieder denken muss, in dieser Krisenzeit, in dieser Zeit des Ausnahmezustands.

Natürlich sind wir hier in Deutschland sehr privilegiert und ich bin insbesondere privilegiert, weil ich jetzt momentan eher ländlich wohne und dadurch viel mehr Möglichkeiten habe rauszugehen und ich bin mir dessen sehr bewusst. Ich habe schon viel Kritik gelesen über Menschen, die sagen, dass sie diese Corona-Krise als Chance sehen sollten und ich verstehe natürlich, dass es viele Menschen gibt, die diese Krise sehr hart trifft und die vielleicht zum einen finanziell jetzt stark eingeschränkt sind.

Zum anderen trifft es auch Kinder, die zuhause häusliche Gewalt erfahren und jetzt dieser Gewalt viel stärker ausgesetzt sind als zuvor, weil sie nicht zur Schule gehen können und das sind natürlich alles Probleme, die vorher vor der Krise auch schon existiert haben und jetzt in dieser extremen Situation dann noch viel stärker zu Tage treten und all das will ich keinesfalls irgendwie kleinreden, auf gar keinen Fall.

Wenn du dich in einer ähnlich privilegierten Situation wie ich befindest und du finanziell abgesichert bist und es quasi „nur“ darum geht, dass du nicht durchdrehst, weil du jetzt zuhause immer wieder mit verschiedensten neuen Situationen konfrontiert wirst oder es eben darum geht, jetzt deinen Alltag neu zu strukturieren, Rückzugspunkte für dich zu finden, in dem Zusammenleben mit deiner Kernfamilie, dann kann dir vielleicht diese buddhistische Geschichte helfen. Ich habe sie jetzt gerade nicht mehr als Text vorlegen und erzähl sie dir so aus dem Gedächtnis, wahrscheinlich ist sie nicht mehr hundertprozentig so wie sie aufgeschrieben wurde, aber vom Kern her wirst du sie verstehen. Und zwar ist es wieder eine Geschichte, die ich in einem Buch von Ajahn Brahm gelesen habe, es ist also eine buddhistische Geschichte und sie geht ungefähr so:

Es gab einmal einen König vor langer, langer Zeit, der bei einem Ausritt einen Unfall hatte und sich an der Hand verletzte und es sah sehr schlimm aus und sein Leibarzt versucht ihn gesund zu pflegen und es dauerte einige Zeit und der König fragte immer: „Wird es besser werden oder schlechter?“ und der Leibarzt sagte: „Gut schlecht, wer weiß das schon?“ und das regte den König total auf und er wollte einfach wissen, ob er jetzt noch weiterleben konnte oder nicht.

Letztlich war es dann so, dass der König gesund wurde, aber es musste einen Finger von seiner Hand amputiert werden, der einfach nicht mehr zu retten war und der König war wütend auf seinen Leibarzt und sagte: „Von wegen gesund, mein Finger ist weg, das ist ja wohl unverschämt, das geht gar nicht und das ist ja wohl total schlecht und nicht gut!“ und der Leibarzt sagte dann: „Gut schlecht, wer weiß das schon?“. Daraufhin war der König so wütend, dass er seinen Leibarzt in den Kerker werfen ließ.

Als er dann am nächsten Tag wieder zur Jagd ausritt, wurde er von seiner Gefolgschaft getrennt und war ganz allein im Wald und wurde dort dann von einer Gruppe Ureinwohner·innen aufgegriffen, die ihn als Opfergabe für ihren Gott hinrichten wollte. Und er war schon gefesselt und die Vorbereitung war im vollen Gange, da rief einer dieser Ureinwohner: „Halt, das geht nicht, wir können diesen Mann nicht opfern, er hat nur neun Finger! Ihm fehlt ein Finger und für unseren Gott brauchen wir einen vollkommen Menschen mit zehn Fingern, sonst ist es keine gute Opfergabe, sondern minderwertig und dann wird der Gott uns zürnen!“

Und so wurde dann der König freigelassen und er rannte so schnell er konnte wieder nach Hause und lief dann auch direkt in den Kerker zu seinem Leibarzt und entschuldigte sich wortreich bei ihm und sagte, das täte ihm so leid und das hätte ihm jetzt das Leben gerettet, dass er diesen einen Finger verloren hatte und er hätte ihn nie in den Kerker sperren dürfen. Der Leibarzt sagte: „Nein, nein, auf gar keinen Fall, wenn ich jetzt nicht in den Kerker gesperrt worden wäre, wäre ich mit dir ausgeritten und dann hätten die Ureinwohner mich auch mit dir gefangen und ich habe ja noch alle Finger und dann hätten sie mich geopfert.“

Diese Geschichte „Gut schlecht, wer weiß das schon?“ kommt mir in letzter Zeit immer öfter in den Sinn, denn natürlich ist das mit der Corona-Krise eine Krise und eine Pandemie und ist furchtbar für viele Menschen und wir erleben jetzt momentan gezwungenermaßen in dieser extremen Situation Momente, die wir uns nicht freiwillig ausgesucht hätten und im ersten Augenblick fühlen die sich schlecht an. Das gute jetzt zum Beispiel bei mir in dieser Situation ist, dass ich tatsächlich mehr Zeit mit meinem Mann verbringen kann und wir abends einen Spaziergang machen können, was wir vorher nicht machen konnten, weil Carsten einfach so lange gearbeitet hat. Dadurch, dass die Fahrzeit jetzt wegfällt zur Arbeit, hat er mehr Zeit und wir können diese Zeit dann gemeinsam nutzen. Also gut, schlecht, wer weiß das schon.

Andererseits ist es natürlich so, dass ich jetzt mit meinem Business stark zurückstecken muss, weil ich einfach nicht damit unseren kompletten Lebensunterhalt bestreiten kann und Carsten das mit seiner Arbeit kann und deswegen muss ich so ganz klassisch zurückstecken und das wurmt mich natürlich sehr und ich würde gerne viel mehr machen, aber da ist eben noch unser Kind und um das muss ich mich kümmern. Also gut, schlecht, wer weiß das schon.

Dafür haben mein Kind und ich jetzt viele neue Möglichkeiten entdeckt, wie wir uns gemeinsam beschäftigen können und was es alles so für interessante Spiele gibt und können unsere Verbindung stärken. Also gut, schlecht, wer weiß das schon.

Carsten hat erlebt, dass seine Kolleg·innen früher immer dachten, wenn er im Homeoffice ist, dann dürfen sie ihn nicht anrufen, weil er dann da Stillarbeit macht und er will nicht gestört werden, was aber gar nicht der Fall war. Und jetzt merken sie, dass es völlig okay ist und dass sie ihn halt anrufen können und dass sie mit ihm reden können und lernen so, dass Homeoffice auch funktionieren kann, was für die Zukunft bedeuten könnte, dass er vielleicht dann einige Tage in der Woche dann Homeoffice machen kann. Also gut, schlecht, wer weiß das schon.

Wenn ich mir das so vorsage, dann hilft mir das tatsächlich nicht so sehr ins Negative abzudriften und darüber nachzudenken, wie schrecklich alles ist. Und das bremst mich auch so ein bisschen beim Höhenflug, wobei es natürlich beim Buddhismus immer um diesen mittleren Weg geht und deswegen ist es natürlich dieses ausgewogene, nicht zu negativ, nicht zu positiv. Ich finde, dass große Glücksgefühle und tiefe Schmerzen auch ihre Daseinsberechtigung haben, natürlich wünschen wir uns mehr Glücksgefühle als Schmerzen. Mir hilft eben dieses „gut, schlecht, wer weiß das schon“ in Situationen, in denen ich mich ärgere und denke, warum muss das jetzt sein? Und wenn ich dann das schaffe, diesen Switch hinzukriegen und zu sagen, okay, „gut, schlecht, wer weiß das schon“, wer weiß, wofür das gut ist, dann hilft mir das damit umzugehen.

Wie gesagt, immer mit diesem Disclaimer, dass wir hier sehr privilegiert sind und dass es Situationen gibt und Lebenssituationen, einfach, für die diese buddhistische Weisheit nicht greifen kann. Also häusliche Gewalt kann nie für irgendetwas gut sein. Aus meinem Blickwinkel ist häusliche Gewalt nichts, was du irgendwie angezogen hast, wenn du Opfer dieser Gewalt bist, was du durch irgendwelche Handlungen verdient hast oder so, sondern da bist du ganz klar das Opfer und es gibt kein „gut, schlecht, wer weiß das schon“.

Also wenn dir in deiner Corona-Isolation jetzt etwas sauer aufstößt und dich nervt und nicht existenziell bedroht, sondern tatsächlich einfach unangenehm ist und dich aus deiner inneren Mitte rausreißt, dann versuchst doch wirklich mal mit dieser Geschichte, das „gut, schlecht, wer weiß das schon“ und überlegt dir, ob das, was du gerade erlebst, vielleicht auch irgendetwas Positives hat und für irgendetwas gut ist.

Wenn du in dieser besonderen Zeit besondere Fragen hast oder dir bestimmte Themen für den Podcast wünscht, dann schreib mir gerne eine E-Mail an post [at] vonherzenvegan.de. Ja und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Wenn eine Geschichte zur einzigen wird.

Ein Beitrag

Folge 076 - Wenn die eine Geschichte zur einzigen wird.

Im Buch "Sprache und Sein" von Kübra Gümüşay stieß ich auf den TedTalk von Chimamanda Adichie, in dem sie die Gefahr beschreibt, wenn eine Geschichte zur einzigen und damit auch zur einzigen Wahrheit wird.

Nachdem ich mir den TedTalk angeschaut hatte, wurde mir klar, wie leicht sich dieser Gefahr auf den Veganismus und die Veganer·innen übertragen lässt.

In den Medien streben wir danach eine Geschichte wieder und wieder nachzuerzählen: die Geschichte der·des schlanken, sportlichen und eloquenten Veganer·in.

Viele Veganer·innen versuchen diesem Ideal zu entsprechen, um diese Geschichte wieder und wieder wahr werden zu lassen, weil sie denken, dass es das ist, was die Nicht-Veganer·innen hören und sehen wollen.

Einige Veganer·innen verwenden viel Zeit darauf jegliche Geschichten, in denen Veganer·innen nicht dieser einen Geschichte entsprechen, aufzuspüren und Gegendarstellungen dazu zu verfassen.

Das alles führt dazu, dass Veganer·innen nicht als Individuen wahrgenommen werden, sondern lediglich als Teil eines Kollektivs.

Was wir brauchen sind viele verschiedene Geschichten, die alle gleichwertig nebeneinander existieren dürfen und Veganer·innen in allen Facetten zeigen, die eine diverse Menschheit zu bieten hat.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte mit dir in dieser Folge über die Gefahr sprechen, wenn die eine Geschichte zur einzigen Geschichte wird und damit auch zur einzigen Wahrheit.

Vorab möchte ich kurz zur aktuellen Situation Stellung nehmen. Durch die Corona-Krise sind wir alle irgendwie ein wenig aus dem Alltag gefallen, manche mehr, manche weniger und wahrscheinlich bleibst du auch zu Hause wie die meisten von uns und versuchst dadurch die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Nicht zu verhindern, aber wenigstens zu verlangsamen und hilfst damit dann die Auslastung der Kliniken, Krankenhäuser und der Menschen, die dort arbeiten, so weit zu begrenzen, dass sie sich eben nicht entscheiden müssen, ob jetzt der·die 80-Jährige operiert werden soll oder an die Herz-Lungen-Maschine gepackt werden soll oder der·die 40-Jährige Raucher·in.

Und ich weiß, diese selbst auferlegte Quarantäne zu Hause ist ein ziemlicher Stress-Test für uns selbst und auch für das Gesellschaftssystem. Manche werden viel weniger Zeit zur Verfügung haben als vorher, weil sie Kinder haben und sich um diese kümmern müssen oder weil sie in einem Beruf arbeiten, der gerade sehr wichtig ist und deswegen viel Zeit in Anspruch nimmt. Andere haben jetzt vielleicht viel mehr Zeit zur Verfügung und wenn du zu diesem Personenkreis gehörst, dann ist diese Folge auf jeden Fall für dich. Wenn du dir überlegst, was könntest du jetzt tun, um einerseits auch für deine Werte einzustehen, für die Tiere da zu sein, aber andererseits eben aufgrund der Corona-Krise zu Hause zu bleiben und dich deinen Mitmenschen gegenüber sozial zu verhalten.

Was ich damit sagen will ist, wenn du gerade keinen Kopf dafür hast, dann ist es gar kein Problem, dann hör dir die Folge einfach später nochmal an und nimm den Impuls, den ich in dieser Folge setzen möchte, einfach später nochmal mit. Es ist also überhaupt gar kein Problem, wenn du jetzt das Gefühl hast, du hast einfach keine Zeit, dich noch um irgendetwas anderes zu kümmern, als um dich selbst, deine Familie, deinen Alltag, das irgendwie so zu meistern und dass du nicht verrückt wirst und ihr nicht aneinander geratet und du irgendwie noch für dich da bist.

Dazu will ich noch sagen, das ist jetzt die Zeit für die Power-Ups, wirklich die zu üben und dir zu überlegen, was tut dir gut, dir wirklich jeden Tag drei Dinge vorzunehmen, die dir gut tun und die irgendwie in deinen Alltag einzubauen. Das müssen keine riesen Dinge sein, sondern das können auch ganz kleine Sachen sein und wenn du jetzt zum Beispiel mit den Kindern aneinander gerätst, wäre eine Möglichkeit, dass ihr vielleicht einfach wild und ausgelassen zu einer Musik eurer Wahl tanzt. Das funktioniert natürlich auch sehr gut mit dem·der Partner·in, wenn die Stimmung einfach extrem gestresst ist und angespannt und dieses Aufeinanderhocken euch einfach so sehr aus dem Takt bringt. Dann hilft so was zum Beispiel auch. Einfach irgendwie die Musik auswählen, was euch gerade am besten gefällt und dann mal fünf Minuten wild und ausgelassen durch die Gegend hüpfen und tanzen und springen und vielleicht auch ganz laut mitsingen. Das stärkt alles die Resilienz und das stärkt auch eure Bindung miteinander.

Viele Übungen stelle ich hier in diesem Podcast vor, wenn du dir dann so die ersten Folgen nochmal anschaust und anhörst, dann findest du da einige Vorschläge, was du jetzt tun kannst. Miteinander spielen, da sind nicht nur Brettspiele oder Puzzle mit gemeint oder Kartenspiele, sondern auch Online-Spiele, die du mit anderen Menschen, mit denen du jetzt halt nicht in Kontakt kommen kannst, aufgrund der Situation der selbstgewählten Quarantäne, sind gerade jetzt eine gute Möglichkeit, um die Verbindung zwischen deinen Mitmenschen mit denen du, also deinen Verwandten, Bekannten Freund·innen, mit denen du jetzt nicht zusammenkommen kannst, physisch in der realen Welt, diese dann virtuell zu stärken. Da gibt es die verschiedensten Spiele von kleinen Handyspielen hin bis zu Videospielen und da gibt es eine ganze Welt, die es zu entdecken gilt und auch dass ist eine Möglichkeit, wie ihr jetzt miteinander Verbindung halten könnt, auch wenn du in selbstgewählter Quarantäne bist.

Und nun zum Thema dieser Folge, der Gefahr der einen einzigen Geschichte, also wenn die eine Geschichte zur einzigen Geschichte wird, im Englischen: The Danger of The Single Story, das einem Ted Talk der Schriftstellerin Chimamanda Adichie entnommen ist. Und ich bin darauf gekommen durch das Buch „Sprache und Sein“ von Kübra Gümüşay und es hat es bei mir so klick gemacht, dass ich daraus eine eigene Podcast Folge machen wollte. (Zum Buch „Sprache und Sein“ gibt es eine Rezension im Einfach Vegan Podcast.)

Und diese Gefahr der einen einzigen Geschichte, also wenn die eine Geschichte zur einzigen Geschichte wird, The Danger of The Single Story, ist etwas, was ich in der veganen Bewegung ganz klar sehen kann. Also wenn eine einzige Geschichte die Wahrnehmung einer ganzen Gruppe von Menschen dominiert, dann existieren diese Menschen nicht mehr als Individuen. Eine Wahrheit wird zur einzigen Wahrheit. Und genau das ist etwas, was ich in der veganen Bewegung und im Veganismus beobachten kann.

Wir erzählen die Geschichte von der oder dem schlanken, eloquenten, sportlichen Veganer·in und versuchen dieses Ideal, diese eine und einzige Geschichte immer und immer wieder zu erzählen. Andere Veganer·innen haben da keinen Platz. Wenn ich die Medienlandschaft anschaue, dann dominiert diese Geschichte in verschiedenen Variationen. Also sie wird in verschiedenen Variationen immer und immer wieder erzählt, aber im Kern ist es diese eine einzige Geschichte, die Wahrnehmung des·der Veganer·in als schlank, sportlich, eloquent. Und das bedeutet nicht, dass es keine schlanken, sportlichen, eloquenten Veganer·innen geben darf, sondern die Gefahr dahinter ist, dass Veganer·innen mit diesem Bild von Vegan gleichgesetzt werden. Es dürfen keine anderen Veganer·innen neben diesem Bild existieren.

In den Köpfen der Menschen sind Veganer·innen immer schlank, sportlich und eloquent. Und indem wir als Veganer·innen versuchen, diesem Bild zu entsprechen, formen wir wieder diese eine einzige Wahrheit. Und wir werden dadurch nicht mehr als Individuen wahrgenommen, sondern nur noch als Stellvertreter·innen dieser Gruppe der Veganer·innen. Was wir aber brauchen, sind ganz, ganz viele Geschichten, eine beständige Vielzahl an Perspektiven auf dieser Welt. Wir leben alle Vegan, aber wir sind unterschiedlich. Unsere Werte sind gleich, aber wie wir leben, das ist total unterschiedlich. Manche von uns sind schlank, sportlich und eloquent. Aber andere von uns sind vielleicht dick, sportlich und eloquent, auch das geht. Oder sie sind schüchtern, introvertiert, unsportlich. Also es gibt die unterschiedlichsten Möglichkeiten. Du kannst auch unsportlich, eloquent und introvertiert sein. Oder unsportlich, schlank und extrovertiert, eloquent, wie auch immer. Also es gibt die verschiedensten Möglichkeiten.

Es gibt einfach unendlich viele Kombinationsmöglichkeiten und genauso viele Geschichten sollte es über oder von Veganer·innen geben. Denn nur so kann eine andere Perspektive entstehen auf den Veganismus und auf uns Menschen. Nur so können wir diese eine einzige Wahrheit entkräften und den Individuen gerecht werden.

Als ich damals vegan geworden bin, war ich gerade in Therapie und meine Therapeutin fand das irgendwie etwas merkwürdig, dass ich jetzt vegan geworden war. Und sie hat mir dann gesagt, dass sie vor längerer Zeit mal einen Veganer kennengelernt hätte und der sei einfach so missmutig, immer in einem Gefühl von Mangel und einfach lebensunlustig gewesen, dass sie das sehr abgestoßen hätte. Und für sie existierte nur diese eine einzige Geschichte. Veganer·innen sind so wie diese eine Veganer, den sie kennengelernt hatte. Andere Veganer·innen kannte sie nicht. Und jetzt, wo ich vegan geworden war und da sie mich ja schon ein bisschen besser kannte aufgrund der Therapie, musste sie ihr Bild noch einmal überdenken.

Und genau das liegt auch diesen vielen Vorurteilen zugrunde mit denen uns Mitmenschen begegnen. Diese Menschen haben vielleicht eine·n Veganer·in bisher kennengelernt oder eine Geschichte gehört oder eben die Wiedererzählung dieser einen Geschichte von der schlanken, sportlichen, eloquenten Veganer·in. Und wenn sie dann auf dich stoßen und du bist nicht so wie diese Geschichte, dann finden sie das merkwürdig. Und dann kommt es irgendwie zu einem Problem, weil sie dich nicht in diese Kategorie einordnen können. Es ist dieser Abgleich mit dieser einen einzigen Wahrheit, der dann zu solchen Gesprächen führt.

Und die Schriftstellerin Chimamanda Adichie erzählt in dem TED Talk, den ich dir auch sehr empfehle anzuschauen, um nochmal wirklich tiefer einzusteigen in dieses Thema, von verschiedenen Geschichten aus ihrer eigenen Erfahrung, wie sie mit dieser einen einzigen Wahrheit konfrontiert worden ist in verschiedensten Situationen. Und sie erzählt da von einer Situation, in der sie von einem Studenten angesprochen wurde, der ihr Buch gelesen hatte und gesagt hat, dass es ihm sehr leid täte, dass afrikanische Väter immer so gewalttätig seien, so wie der Vater in dem Buch, das sie geschrieben hatte, in dem Roman. Und sie war sehr irritiert und meinte, ja, sie hätte kürzlich auch ein Buch gelesen, „American Psycho“ und sie fände es auch sehr traurig, dass junge Amerikaner doch regelmäßig zu Serienmördern würden.

Und natürlich würden wir niemals Rückschlüsse aus einem Roman wie „American Psycho“ auf die US-amerikanische Gesellschaft schließen, was allerdings daran liegt - und das ist mir dann auch erst bewusst geworden, als ich dieses Beispiel gelesen und auch nochmal in dem TED Talk gehört habe - dass wir uns einfach sehr gut in US-amerikanische, weiße Männer hineinversetzen können, weil es darüber sehr viel Literatur gibt, sehr viele Filme, die aus dieser Perspektive gefilmt oder geschrieben wurden. Wohingegen es sehr wenig Literatur gibt, die aus der Perspektive von afrikanischen Männern geschrieben wurde. Und dass diesem Studenten deswegen möglich gemacht hat, daraus die eine einzige Wahrheit abzuleiten, es uns allen aber unmöglich macht, aus einem amerikanischen Buch eine Verallgemeinerung über die US-amerikanische Gesellschaft abzuleiten.

Und das ist genau der Punkt, der eben auch im Veganismus und in der veganen Szene passiert. Dadurch, dass wir immer nur diese eine einzige Geschichte in verschiedensten Variationen wiederholen und uns innerhalb der Szene auch noch dahingehend zensieren, dass wir genau in diese Richtung gehen sollten, dass es Veganer·innen gibt, die extra abnehmen, wenn sie auf Events sind, um möglichst schlank auszusehen, die vorher noch trainieren, um möglichst fit auszusehen, obwohl sie das eigentlich nicht tun würden.

Natürlich, wie gesagt, wenn du sowieso der sportliche, schlanke, eloquente Typ bist oder die weibliche, diverse Form davon, dann ist das natürlich völlig in Ordnung, wenn du weiterhin einfach du selbst bist. Aber wenn du versuchst, so zu sein, weil du denkst, du müsstest so sein, dann ist das eben das Resultat dieser einen einzigen Geschichte, die dann zur einzigen Wahrheit wird und die aus uns, die wir vegan leben, keine Individuen mehr macht, sondern eine homogene Masse. Wir werden als die Veganer·innen wahrgenommen und die entsprechen einem bestimmten Bild und die Individuen verschwinden in dieser Masse. Und durch unsere Selbstzensur, mit der wir versuchen, genauso zu sein, wie wir denken, dass uns die anderen haben wollen, befeuern wir immer wieder diese eine einzige Geschichte.

Und was wir brauchen, sind viele Geschichten, viele verschiedene Geschichten. Deine Geschichte, deine ganz individuelle Geschichte, die brauchen wir. Deine Sicht auf die Welt. Wie siehst du als Veganer·in diese Welt? Welche Charaktereigenschaften hast du? Welche Hobbys? Welche Vorlieben? Was ist dein Blick auf diese Welt? Es geht also um zahlreiche Betrachtungen, die gleichberechtigt nebeneinander stehen. Nicht um die eine einzige Wahrheit, mit der wir versuchen, irgendwie uns bei allen anderen anzubiedern, weil wir das Gefühl haben, dass wir dann so irgendwie eher der Norm entsprechen, sondern es geht darum, deine Geschichte zu erzählen. Deine Wahrheit, dein Blick auf diese Welt.

Und wenn du jetzt gerade mehr Zeit hast als sonst und Leerlauf und Lust dazu hast, dann wäre es total fantastisch, wenn du deine Geschichte erzählen würdest, in welchem Format auch immer. Vielleicht hast du Lust, darüber eine richtige Geschichte zu schreiben. Vielleicht hast du auch irgendwie Lust, ein Buch zu schreiben, in dem eben die Menschen vegan leben. Oder einfach aus deiner Perspektive. Vielleicht hast du auch einfach nur Lust, deine Geschichte aufzuschreiben. Wie bist du vegan geworden? Wie siehst du die Welt? Vielleicht hast du Lust, sie aufzusprechen oder ein Video zu machen. Vielleicht möchtest du ein Blog starten oder ein Peertube-Kanal oder einen Podcast. Oder du möchtest ein Kinderbuch schreiben oder einen Erwachsenenbuch oder ein Teenie-Buch oder was auch immer. Es gibt die verschiedensten Möglichkeiten, wirklich deine Sicht auf die Welt in die Welt zu bringen. Und es braucht diese Sicht. Also wenn du dich jetzt motiviert fühlst und das Gefühl hast, ja, ich habe Zeit und ich möchte das jetzt machen und das ist super, das mache ich jetzt, dann erzähle deine Geschichte, in welchem Medium auch immer, auf welche Art auch immer.

Bestimmt gibt es noch ganz viele andere Möglichkeiten. Sie fallen mir nur nicht ein. Aber es liegt dann nicht daran, dass es die nicht geben kann, sondern einfach nur, weil ich nicht alle Möglichkeiten hier gerade in meinem Kopf parat habe und vielleicht fallen dir ja einfach noch ganz andere Möglichkeiten ein. Wenn du keine Möglichkeit hast, deine Geschichte zu veröffentlichen, aber es gerne möchtest, dann kannst du sie mir gerne als Text zuschicken. Dann veröffentliche ich sie auf meiner Webseite oder als Audiobeitrag. Dann veröffentliche ich sie in meinem Podcast, wenn du das möchtest. Das ist mein Angebot an dich. Kannst du sehr gerne annehmen und ich würde mich riesig freuen, wenn du deine Geschichte mit der Welt teilst, deine Perspektive, denn wir brauchen so viele Perspektiven wie möglich, die gleichberechtigt nebeneinanderstehen können, damit wir als Veganer·innen nicht als ein Kollektiv wahrgenommen werden, sondern als Individuen, die ganz normal in dieser Gesellschaft existieren und einfach nur zufällig die gleichen Werte teilen.

Und zum Abschluss möchte ich mich noch ganz herzlich bei Mara bedanken, die mich jetzt neu finanziell über Steady unterstützt und wir kommen jetzt wirklich nah an den Betrag heran, den ich brauche, um all die kostenlosen Angebote weiterhin anbieten zu können und ich freue mich wirklich sehr über diese Wertschätzung. Ganz ganz herzlichen Dank, liebe Mara. Und natürlich auch weiterhin ein herzliches Dankeschön an alle Steady-Unterstützer·innen, die mich schon länger unterstützen. Es ist wirklich wunderbar zu wissen, dass ihr das wertschätzt, was ich tue. Herzlichen Dank. Und wenn dir das, was ich tue, auch etwas gibt und du etwas zurückgeben möchtest, dann freue ich mich sehr, wenn du mich auch finanziell über Steady unterstützt. Den Link findest du hier unter der Folge und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Folge 075 - Ich bin nicht aktiv genug.

Ein Beitrag

Folge 075 - Ich bin nicht aktiv genug.

Neulich überraschte mich ein Clanmitglied, das schon viel länger als ich vegan lebt, mit der Aussage, dass sie sich nicht aktiv genug fühle.

Sie war gerade umgezogen und hatte ihr tierrechtliches Engagement zugunsten des Alltags zurückgeschraubt und fühlte sich nun schuldig.

Da mir dieses Gefühl "nicht aktiv genug zu sein" sehr gut bekannt ist, habe ich dieses Ergeignis zum Anlass genommen eine Podcastfolge dazu aufzunehmen.

Meiner Meinung nach wird das Gefüh durch zweierlei Umstände ausgelöst: einmal durch die Tatsache, dass wir nie aktiv genug sein können, um all das Tierleid auf dieser Welt zu beenden. Und dann durch Vergleiche mit anderen Veganer·innen, die in unseren Augen immer viel aktiver sind als wir.

Wie ich damit umgehe und was ich aus den vergangenen Jahren Aktivismus gelernt habe, das erzähle ich Dir in dieser Folge.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte heute über das Gefühl sprechen, nicht aktiv genug zu sein, aktiv für den Veganismus, für die Tiere, für unsere Umwelt und für unsere Zukunft.

Und inspiriert hat mich dazu ein Clanmitglied, die schon sehr lange vegan lebt, aber trotzdem immer wieder dieses Gefühl, sie macht einfach nicht genug, sie ist nicht aktiv genug, auch wenn sie sich engagiert und entsprechend ihrer Möglichkeiten aktiv ist, hat sie trotzdem immer wieder das Gefühl, nicht aktiv genug zu sein, nicht genug zu tun und fühlt sich deswegen schlecht. Und ich kenne das Gefühl auch ganz klar und wahrscheinlich kennst du es auch und wir kennen es alle und das führt mich auch zu der Frage, wann ist es denn genug, was bedeutet denn genug?

Und im Vergleich zu dem Tierleid, was auf der Welt existiert, kann es natürlich nie genug sein, was wir tun. Und wir werden es natürlich auch nie schaffen, genug zu tun, als Einzelpersonen. Nichtsdestotrotz ist aber das, was jede·r Einzelne von uns tut, wirklich wichtig. Und wenn alle sagen würden: okay, ich kann einfach nie aktiv genug sein, ich höre jetzt auf, aktiv zu sein, dann würde natürlich das den Tieren auch eher schaden als nützen.

Wenn ich dieses Gefühl habe und denke, ich bin nicht aktiv genug, dann rührt es meistens daher, dass ich mich mit anderen vergleiche, was die gerade alles machen, dass ich schaue, was tun andere Podcaster·innen, wie aktiv sind die denn und was schaffen die alles und wie kriegen die das denn alles hin, dass die noch zu dieser Veranstaltung gehen und zu jener Veranstaltung und überall sind und aktiv sind und das alles schaffen und so. Oder sie sind auf Social Media sehr aktiv und immer dabei und argumentieren und debattieren und diskutieren und greifen alles auf und haben gefühlt 24 Stunden am Tag nichts anderes zu tun, als sich wirklich zu engagieren. Und wenn mir dann bewusst wird, dass ich mich da wieder vergleiche, dann versuche ich mir selbst bewusst zu machen, dass ich einfach nur entsprechend meiner Möglichkeiten aktiv sein kann. Wenn ich versuchen würde es genauso zu machen, wie die, mit denen ich mich vergleiche, dann würde ich ganz ganz schnell ausbrennen.

Ich kann nur entsprechend meiner Möglichkeiten aktiv sein und kann einfach nur das geben, was meiner Energie auch entspricht, meiner Kraft entspricht, alles was mir als Individuum, als individuelle Person möglich ist. Denn wir sehen natürlich auch immer nur die lauten Menschen, die, die wirklich vorne stehen, nach draußen gehen und sich zeigen und so auf diese Art und Weise aktiv sind. Wir sehen nicht die Leisen, die im Hintergrund sind und vielleicht sich in einer Partei engagieren oder vielleicht im Hintergrund diese Aktion koordinieren oder sie vielleicht auch einfach finanzieren, weil sie einfach nicht die Möglichkeiten haben, sich zeitlich zu engagieren und deswegen diese Aktionen erst durch ihre finanzielle Unterstützung möglich machen.

Wenn es also darum geht, dass ich mich nicht aktiv genug und mich deswegen schlecht fühle oder schlecht rede und denke ich mache nicht genug und die anderen die machen viel mehr und es gibt so viel Tierleid auf der Welt und so viel Leiden generell, da müsste ich doch viel mehr machen, dann ist es total wichtig mal zu schauen: was kann ich denn überhaupt machen und was mache ich auch schon. Ich besinne mich dann darauf was ich alles schon tue, ich schreibe mir das auf, ich überlege okay was habe ich alles schon geschafft, was mache ich wirklich alles schon und dann schaue ich außerdem auch was kann ich überhaupt tun, was ist überhaupt in meinen Möglichkeiten, um dann auch zu schauen: was würde denn mit mir passieren, wenn ich jetzt wirklich 100 Prozent mich engagieren würde. Was bedeutet das dann? Was würde ich dann vernachlässigen und für wen oder was könnte ich dann nicht mehr da sein?

In meinem Fall ist es dann definitiv auch die Familie, mein Kind und mein Mann, für die ich dann nicht mehr da sein könnte, für die ich aber sehr gerne da sein möchte und zumindest was mein Kind betrifft, für die ich auch eine gewisse Verantwortung trage, da sein zu sollen quasi und da gibt es eben verschiedene Ansprüche in meinem Leben, denen ich gerecht werden möchte und der Tierrechtsaktivismus ist einer davon, den ich aber mit mir selbst abwägen muss, mit meinem Privatleben, meinem Alltag, mit den Menschen und Dingen, die sich sonst noch in meinem Alltag befinden.

Und dann natürlich nicht zu vergessen, wie viel Kraftreserven habe ich denn selber und was bin ich überhaupt für ein Typ Mensch, was für einen Charakter habe ich, was für Eigenschaften? Bin ich eher extrovertiert oder introvertiert, was macht mich aus und was kann ich gut ertragen und was nicht? Wenn ich regelmäßig erschöpft bin, wenn ich auf größeren Veranstaltungen war und unter Menschenmengen, dann ist das auch einfach nichts für mich, dann ist es besser, mir wirklich eine Aktionsform zu suchen, die besser zu mir passt und wo ich mehr Energie reinstecken kann, als sie dann tatsächlich aus mir rauszieht.

Das ist natürlich ein Ausprobieren, ein Rausfinden und was ich für mich auch rausgefunden habe, ist, dass ich das eine Zeit lang sehr gut konnte, auf die Straße zu gehen und mit Menschen zu reden und für sie da zu sein und eher meine extrovertierte Seite auszuleben und ich im Moment einfach merke, ich kann das jetzt nicht mehr, ich habe keine Kraft mehr, mich da an so einen Infostand zu stellen und mit den Menschen, die immer und immer gleichen Fragen zu klären oder eben dann wirklich auf Demonstrationen zu gehen und da in einem riesen Menschenpulk unterwegs zu sein. Und ich glaube nicht, dass ich mich jetzt irgendwie in meinem Wesenskern geändert habe, sondern dass es tatsächlich Phasen sind.

Ich bin gerade einfach in einer eher zurückgezogenen Phase, in der ich nicht so gerne auf die Straße gehe und in der mich das sehr viel Kraft kostet, auf die Straße zu gehen und dort aktiv zu sein und in der ich sehr gut abwägen muss, ob ich jetzt tatsächlich einen Vortrag vor vielen Menschen halte oder nicht und in der ich diese Aktion sehr gut dosieren muss, weil mich das sehr, sehr viel Kraft und Energie kostet und das konnte ich einfach alles auch nur rausfinden, indem ich mehr auf mich geachtet habe, indem ich Zwiesprache mit mir selbst gehalten habe, indem ich auch mehr Kontakt zu meinem Körper aufgenommen habe und Signale meines Körpers immer besser deuten kann.

Wir haben nur diesen einen Körper und auch wenn wir alle gerne sehr rational nur in unserem Kopf unterwegs sind, können wir das nicht ohne unseren Körper sein, denn ohne Körper existieren wir einfach nicht mehr. Wir können jetzt natürlich philosophische Fragen anstellen, wer denkt denn da überhaupt in uns und wer bin ich denn überhaupt, wenn ich über meinen Körper nachdenken kann und über meine Seele und was denkt denn da, also das können wir natürlich alles machen, nur was ich damit sagen möchte, ist, dass es total wichtig ist, auf deinen Körper zu achten und auf die Kraft- und Energiereserven, die du hast und die verändern sich eben über die verschiedensten Lebensphasen ganz individuell, je nachdem was du in deinem Alltag alles noch stemmen musst.

Und das geht eben Hand in Hand mit diesem Gefühl, ich bin nicht aktiv genug, ich müsste eigentlich noch mehr machen, weil zum einen andere auch viel mehr machen und zum anderen eben tatsächlich nie genug getan werden kann, um endlich dieses Tierleid zu beenden.

Gerade bei dem letzten Punkt besteht natürlich die Gefahr dann abzurutschen und zu verbittern und dann wirklich in dieses Gefühl reinzurutschen, es wird nie gut werden, alles wird nur schlechter werden, wir werden es niemals schaffen. Wenn dieses Gefühl gerade akut bei dir ist, dann hast du mehrere Möglichkeiten. Du kannst so als erste Hilfestrategie dir auf jeden Fall nochmal die ersten Folgen dieses Podcasts anhören, da sind Resilienzstrategien, die dir helfen in so einer Situation wieder aus diesem Loch herauszukommen.

Wenn du aber immer und immer wieder in diesem Loch landest, dann ist es vielleicht Zeit dir therapeutische Hilfe zu suchen, denn dann kann es gut sein, dass du da nicht alleine rausfindest und dass da noch viel mehr dahinter steckt und das Tierleid einfach jetzt der letzte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat und dich einfach in so ein Strudel gezogen hat, aus dem du alleine nicht mehr herauskommst.

Das nur als Anmerkung von mir: das Gefühl nicht aktiv genug zu sein und sich deswegen eben schlecht zu fühlen, kann natürlich auch ein Teil deiner kritischen inneren Stimme sein. Diese inneren Stimmen kennst du unter Garantie und bei Menschen mit Gebärmutter treten diese inneren Stimmen sehr häufig in der prä-menstruellen Phase auf. Das ist überhaupt nichts diffamierendes, sondern das gehört einfach zu diesem Zyklus dazu, zum Menstruationszyklus und die Stimmen können natürlich ständig auftauchen, nur gehäuft, wenn du darauf achtest, treten sie da dann in dieser prä-menstruellen Phase auf. Und die Stimmen sind tatsächlich wichtig, es ist nichts, was du wegdrängen solltest und du kannst über sie nachdenken und über die Kommentare und die Fragen und diese Gefühle, die sie in dir auslösen. Nur es muss nicht alles wahr sein, was du dann denkst.

Und so verhält sich eben auch mit diesem Gefühl, dass du nicht aktiv genug bist. Das kann natürlich immer wieder auftauchen und es ist dann auch berechtigt, denn du kannst nie aktiv genug sein, das ist einfach eine Tatsache. Und letztlich geht es darum zu sagen, okay, ich bin meinen Möglichkeiten entsprechend aktiv genug und ich kann einfach nicht mehr geben, als das, was ich jetzt gerade gebe. Und das muss dann in Ordnung sein. Das ist etwas, was du dann mit dir selbst verhandelst, denn von außen kann dir niemand den Segen geben. Es kann sein, dass du diesen Segen auch gar nicht annehmen kannst, weil du trotzdem weiterhin dieses Gefühl hast, du bist nicht aktiv genug. Es ist quasi eine stetige Übung darin, dich nicht mit anderen zu vergleichen und dich so anzunehmen, wie du bist.

Das sagt sich jetzt natürlich ganz leicht, auch ich hadere da immer und immer wieder mit mir, du bist definitiv nicht allein und du bist definitiv nicht die einzige, die denkt, sie sei nicht aktiv genug.

Und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Das richtige Argument im richtigen Moment

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Folge 074 - Immer das richtige Argument parat haben.

Nie im richtigen Moment die richtigen Argumente parat zu haben, sondern immer erst im Nachhinein, ist eine Herausforderung, die von vielen Veganer·innen genannt wird.

Wir wünschen uns permanente Schlagfertigkeit und fühlen uns schlecht, wenn wir in dieser einen Situation die vegane Fahne nicht hochgehalten haben.

Doch auch wenn wir Schlagfertigkeit lernen können, hat es mir geholfen, die wissenschaftlichen Hintergründe zu dieser Herausforderung zu kennen.

Wenn wir in eine solche Situation geraten, in der wir sprachlos sind und uns die passenden Argumente erst später einfallen, dann hat unser Stammhirn uns in den Erstarrungsmodus geschaltet.

Das Stammhirn ist der älteste Teil unseres Gehirn und schon über 500 Millionen Jahre alt. Dieser Teil steuert unser Überleben und hat die Fähigkeit in Extremsituationen alle anderen Gehirnteile "einzufrieren".

Wenn Dir also in einer Situation nicht die passenden Argumente einfallen und Dir erst viel später in den Sinn kommen, dann liegt es daran, dass das Stammhirn Dich in den Erstarrungsreflex geschaltet hat und Du später, wenn die anderen Gehirnregionen wieder zugeschaltet werden, erst wieder klarer denken kannst.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge darüber sprechen, was du tun kannst, wenn dir die passenden Antworten immer erst im Nachhinein einfallen.

Diese Herausforderung, nie im richtigen Moment die richtigen Antworten oder Argumente parat zu haben, höre ich häufiger. Und viele Menschen, die davon betroffen sind, leiden da auch sehr stark darunter und wünschen sich schlagfertiger zu sein und immer die passenden Argumente parat zu haben. Das kannst du zu einem gewissen Grad auch lernen, aber was ich halt sehr interessant finde, ist, dass es einen wissenschaftlichen Hintergrund gibt zu diesem Phänomen.

Das ist nämlich so, dass dein Stammhirn, das Reptilienhirn, dich in solchen Momenten einfach in den Erstarrungsmodus fahren lässt. Das Stammhirn ist der älteste Teil unseres Gehirns und ist schon über 500 Millionen Jahre alt. Das ist der Teil des Gehirns, den wir mit Reptilien gemeinsam haben. Da haben unsere Instinkte ihren Sitz und dort wird über Verteidigung, Leben und Tod entschieden, von dort werden die Reflexe gesteuert und der Schlaf und eben auch Erstarrung, denn Erstarrung ist ja eine Möglichkeit für Kampf oder Flucht. Also du kannst kämpfen, fliehen oder du fällst einfach um und erstarrst.

Das sind die Überlebenschancen, die uns die Evolution mitgegeben hat, die damals, als wir noch als Jäger·innen und Sammler·innen unterwegs waren, sehr hilfreich waren und heute kann das eben auch immer noch passieren, dass das Stammhirn alle anderen Hirnregionen überschreibt und dich in den Erstarrungsreflex schaltet.

Und wenn dir das passiert, dann fällt dir das passende Argument gerade in dieser Situation einfach nicht ein und erst später, wenn du quasi langsam wieder aufgetaut wirst und die anderen Gehirnregionen wieder dazugeschaltet werden, fallen dir dann diese schlagfertigen Argumente ein, die du eigentlich die ganze Zeit schon wusstest, die aber in dem Moment nicht greifbar waren, weil das Stammhirn einfach durchgegriffen hat.

Ich finde dieses Wissen sehr hilfreich, weil ich dann auch sagen kann, okay es liegt nicht an mir. Denn viele fühlen sich ja schuldig, dass sie in der Situation die Fahne für den Veganismus nicht hochgehalten haben, dass sie nicht als eloquent wahrgenommen werden oder eben „die anderen gewonnen haben“. Und das bist nicht du, der oder die schuldig ist, sondern das war einfach nur dein Stammhirn, das dich in diesen Erstarrungsreflex geschaltet hat und dann erst später dir die Möglichkeit gegeben hat, die anderen Gehirnregionen wieder zu nutzen.

Und mit diesem Wissen im Hinterkopf kannst du dich also auf solche Situationen, in denen dir das passiert, besser vorbereiten, denn das Stammhirn macht das ja eigentlich nur, wenn du überfordert bist mit der Situation, um dich zu schützen. Das ist ja kein böswilliger Akt, sondern das passiert, um dich zu schützen. Und wenn du dann im Vorhinein weißt, okay, es gibt die und die Situation, da fehlen mir einfach immer die Argumente, dann ist es tatsächlich sehr hilfreich, dir diese Situation mal aufzuschreiben und sie vorab in aller Ruhe, wenn es dir gut geht, mal durchzuspielen, einfach nur auf dem Papier.

Oder wenn du Verbündete hast, die das gerne mit dir machen, kannst du das natürlich auch in einer Art Rollenspiel machen und den oder die anderen bitten, mal diese Argumente vorzubringen oder Sprüche abzusondern, die dich dazu bringen, dass du in den Erstarrungsreflex fällst. Und in dieser Situation, die ja dann eine ganz klare Übungssituation ist, dann zu versuchen, Argumente zu finden oder Möglichkeiten damit umzugehen und dann verschiedene Szenarien auch durchzuspielen, um für dich das beste Szenario rauszufinden. Und dann bist du für das nächste Mal, wenn dir das dann mit anderen Menschen passiert, auf jeden Fall vorbereitet und kannst dich davor schützen, von deinem Stammhirn ausgeschaltet zu werden und hast dann höchstwahrscheinlich tatsächlich die passenden Argumente parat.

Natürlich kann es immer vorkommen, dass du in eine Situation gerätst, in der du vorher noch nicht warst, sondern in der du einfach sprachlos bist und gar nicht weißt, was du antworten sollst. Und hier ist es eben sehr wichtig, dass du liebevoll mit dir umgehst. Es geht wirklich nicht darum, dass du immer die Fahne des Veganismus hochhältst und als makellose·r Stellvertreter·in des Veganismus gesehen werden musst, sondern es geht darum, nach deinen Möglichkeiten zu agieren. Und wir sind leider immer noch so wenige Veganer·innen, die tatsächlich für die Tiere eintreten und es gibt vielmehr Nicht-Veganer·innen, so dass es sehr wichtig ist, dass wir auf uns achten, damit wir auch auf lange Sicht noch aktiv für die Tiere sein können.

Ich gehöre auch zu denen, die sich früher alles Mögliche auf die Schultern geladen haben, bis ich wirklich wie eine Comicfigur eines Esels, der mit Packen beladen war, alle Viere von mir gestreckt dann darunter begraben war. Und ich musste das auch erst wieder lernen, Schritt für Schritt zu gehen und langsam zu gehen und nicht ungeduldig zu werden und wirklich mit mir selbst liebevoll umzugehen. Das mache ich jetzt seit über sechs Jahren und versuche, immer weiter zu gehen und immer mehr zu mir zu finden und es ist ein Weg, es ist ein Prozess und es wird sicher immer wieder Stolpersteine geben und immer wieder werde ich über meine Grenzen gehen und dann erkennen okay, da habe ich wieder zu viel von mir verlangt und das funktioniert gerade jetzt so nicht, aber es ist ein wichtiger Prozess.

Und so ist es auch mit dieser Situation, dass du gefühlt nie die richtige Antwort oder die passenden Argumente in der Situation parat hast und sie dir erst später einfallen, dass es hier auf jeden Fall auch darum geht, dich dafür nicht zu geißeln und zu verdammen, sondern das erstmal so zu akzeptieren, wie es ist und dann zu schauen, wie ich jetzt vorhin beschrieben habe, ob du vielleicht durch Vorbereitungen und spielerische Umgang damit dich ein bisschen entspannter beschäftigen kannst, denn viele Situationen kehren ja immer wieder, sodass wir nach einigen Jahren dann doch mit den Augen rollen, wenn wir immer und immer wieder die gleichen Argumente hören.

Und auch hier gehört es natürlich dazu, dass wir versuchen trotzdem wertschätzend mit unserem Gegenüber umzugehen, denn er oder sie wird dieses Argument vielleicht zum ersten Mal äußern, während wir es zum millionsten mal hören und da ist es dann nicht wirklich fair und nett, wenn wir dann genervt reagieren und auch das kann natürlich an die Grenzen führen und so ist es eben ein ständiges ausbalancieren und austarieren.

Und wie gesagt, mir hilft das, dass ich weiß, es gibt da tatsächlich einen wissenschaftlichen Hintergrund. In meinem Gehirn passiert da was und es gibt da einfach diesen dieses Stammhirn, das Reptiliengehirn, diesen ältesten Teil der über 500 Millionen Jahre überdauert hat und immer noch in unserem Gehirn vorhanden ist und der im Notfall tatsächlich alle anderen Gehirnteile ausschalten kann und dann die Steuerung übernimmt. Und dass es nicht daran liegt, dass ich nicht gut genug bin oder mich nicht gut genug vorbereitet habe oder so, sondern das ist mein Gehirn und das haben wir Menschen alle und das steuert uns eben manchmal. Und vielleicht lässt uns das ein bisschen demütig werden, dass eben einfach nicht alles kontrollierbar ist und dass wir Menschen keine Maschinen sind, sondern ein kleines, biologisches Wunder.

Also wenn du das nächste Mal in so eine Situation gerätst und merkst okay, mir fällt gerade überhaupt nichts ein und Stunden später fallen dir auf einmal diese ganzen Dinge ein, die du hättest sagen können, dann schreib sie alle auf, protokolliere die Situation und versuch beim nächsten Mal genau diese Argumente dann zu nennen und schau was dann passiert.

Ich möchte mich in dieser Folge noch einmal ganz herzlich bei allen Steady-Unterstützer·innen bedanken und heute auch vor allem bei einer Person, die mir über PayPal Geld geschickt hat, weil sie einen einmaligen Betrag zahlen wollte und so meine Arbeit honorieren möchte und ich war total überrascht, als sie mir das geschrieben hat. Ich wusste überhaupt nicht, was ich sagen sollte. Ich war so dankbar dafür, dass sie mir diesen Geldbetrag schicken wollte und ja, wenn du eben nicht über Steady mich unterstützen möchtest, aber schon irgendwie Geld geben möchtest, gibt es jetzt auch die Möglichkeit, das über PayPal zu tun. Ich habe so ein PayPal-Me-Link erzeugt und du findest ihn auf der Unterstützenseite. Und das freut mich natürlich sehr, weil ich ja schließlich einige monatliche Kosten habe für die Dinge, die für dich kostenlos sind und mit dieser Unterstützung kann ich die kostenlosen Dinge alle aufrecht erhalten.

Also ganz, ganz herzlichen Dank an diese Person, ich wusste jetzt nicht, ob ich den Namen nennen darf, deswegen habe ich das nicht gemacht und du weißt, wer gemeint ist und ja, wenn du das auch machen möchtest, mich finanziell unterstützen, dann freue ich mich natürlich sehr, den Link zu den Möglichkeiten, wie du mich unterstützen kannst, habe ich hier unter die Folge gepackt und genauso riesig freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Vystopie - das kannst Du tun

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Folge 073 - Vystopie - das kannst Du tun

In Folge 45 habe ich den Begriff "Vystopie" schon einmal vorgestellt und erklärt, was es damit auf sich hat.

Den Begriff "Vystopie" hat die Psychologin Claire Mann geprägt.

Nachdem das Thema nun von mehreren Seiten an mich herangetragen wurde, habe ich mich dazu entschieden, noch eine Folge zur Vystopie zu machen.

Denn natürlich ist es gut zu wissen und zu verstehen, worunter ich leide, aber das ist nur der erste Schritt.

Der zweite ist, herauszufinden, wie ich mein Leiden lindern kann.

In dem verlinkten Artikel und auch in dem Interview mit Claire Mann, das ich gelesen habe, wurden zwei Lösungen vorgeschlagen: Gemeinschaft und Aktivismus.

Ich möchte in dieser Folge noch zwei weitere Faktoren vorstellen, die meiner Meinung nach essenziell sind, um mit Vystopie umzugehen und ein lebenswertes Leben zu führen.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und weil im Von Herzen Veganen Clan das Thema Vystopie jetzt wieder aufgetaucht ist und mir das jetzt von verschiedenen Seiten auch wieder so über den Weg gelaufen ist und an mich herangetragen wurde, habe ich gedacht, ich mache noch eine zweite Folge zur Vystopie.

Ich hatte in Folge 45 schon mal einmal darüber gesprochen, wenn du da noch mal reinhören möchtest, das war die erste Folge dazu und das hier ist jetzt quasi so eine kleine Fortsetzungsfolge. Ich hatte damals einen Artikel verlinkt, den ich dann jetzt natürlich auch wieder verlinke, der im Clan auch noch mal geteilt wurde, in dem ganz deutlich gezeigt wird, was eigentlich diese kanistische Gesellschaft mit uns als Aussteiger:innen, als Veganer:innen macht und wie wir immer und immer wieder retraumatisiert werden.

Der Artikel ist im Juni 2018 erschienen, ist also jetzt auch schon anderthalb Jahre her oder noch ein bisschen länger. Und am Ende des Artikels steht, das einzige, was gegen die Vystopie hilft, ist sich zu vernetzen, also Gemeinschaft und Aktivismus. Und das wollte ich jetzt hier nochmal so ein bisschen ergänzen, weil aus meiner Sicht eben da noch ein bisschen mehr helfen kann und ein bisschen mehr dazugehört und auch noch mal so ein bisschen erörtern, was Aktivismus dann heißen kann.

Also ich stimme vollkommen zu, Gemeinschaft ist ein wichtiger Faktor, deswegen habe ich ja auch den Von Herzen Vegan Clan ins Leben gerufen und bin auch wirklich froh und dankbar über die Menschen, die Mitglied geworden sind und über diesen wertschätzenden Umgang miteinander und ja auch quasi das Niveau, auf dem wir diskutieren. Wenn ich da in andere Gruppen reinschaue, dann bin ich teilweise total erschrocken, wie da miteinander umgegangen wird, weil ich einfach nur noch in meinem Clan unterwegs bin.

Also Gemeinschaft ist total wichtig. Wenn es irgendwie möglich ist, ist es gut Verbündete außerhalb der digitalen Welt zu haben, also reale Verbündete, sei es der Partner oder die Partnerin, vielleicht die eigenen Eltern, oder Freunde, Bekannte, andere Verwandte, wenn es da einfach Menschen gibt, bei denen du sicher sein kannst, dass sie dich verstehen, dass du ihnen vertrauen kannst, dass du einfach offen reden kannst und sie für dich da sind, wenn du wieder und wieder diesen Situationen ausgesetzt wirst, die dich schließlich dazu gebracht haben, vegan zu werden.

Aktivismus ist natürlich eine sehr gute Form der Selbstwirksamkeit und ich bin der Meinung, dass jede·r Veganer·in seine und ihre eigene Form von Aktivismus finden muss. Wir sind alle Individuen und diese Vielfalt, die Diversität ist gerade das Schöne an uns Menschen, dass wir keine Klone sind, dass wir nicht alle gleich sind, dass wir nicht alle genormt sind und wie in „Schöne, neue Welt“, vielleicht in Alpha, Beta, Gamma und so weiter Menschen unterteilt sind und jede Kaste für sich gleich ist, sondern dass wir einfach so verschieden sind.

Und da gehört es einfach dazu, dass es Menschen gibt, die gerne nach draußen gehen, die wild und frei sind sozusagen, denen es Spaß macht auf die Straße zu gehen, im Kuhkostüm Menschen anzusprechen und einfach mittendrin zu sein. Das sind meist ja die Menschen, die von der Gesellschaft gefördert werden. Aber es gibt eben auch noch ganz viele Schattierungen bis hin zu den Menschen, die mit sowas gar nichts anfangen können, die vielleicht auch Angst davor haben und die eher stiller sind und vielleicht auch eher sich irgendwie digital unterhalten oder eben per Textnachrichten und gar nicht so gerne telefonieren und gar nicht so gerne auf andere Menschen zugehen und sie spontan ansprechen und im Mittelpunkt stehen und die vielleicht auch Probleme haben mit Geräuschen und vielen Menschen und überfordert sind, das gibt es ja alles auch.

Es gibt alles zwischen diesen Polen dazwischen und bestimmt auch noch ganz viele andere Charaktereigenschaften, Möglichkeiten zu sein, einfach ein Mensch zu sein, die ich vielleicht noch gar nicht erfasst habe. Und wenn du eher zur stilleren, introvertierteren Seite tendierst, dann sind diese ganzen Straßenaktivismusaktivitäten nichts für dich oder sie brennen dich halt ganz stark, ganz schnell aus. Und dann bleibst du mit leeren Händen zurück und fühlst dich nicht wirksam.

Deine Selbstwirksamkeit wird nicht angesprochen, weil du das Gefühl hast, nichts tun zu können oder das Gefühl hast, dass was du tust, ist nicht gut genug. Die anderen machen ja viel mehr, weil die eben auf die Straße gehen und du nicht. Und so bist du dann noch mal in so einer Extraspirale, wo du dich richtig fertig machst, weil du denkst, okay, ich müsste eigentlich, aber ich kann es nicht. Und dann versuchst du es vielleicht und brennst sehr stark aus und bist dann erst mal für Wochen nicht mehr ansprechbar, weil du zwei Tage Straßenaktivismus gemacht hast oder vielleicht auch nur einen, weil dich das so stark mitgenommen hat.

Und da ist es eben wichtig, sich zweierlei zu überlegen. Einerseits, du bist okay so, wie du bist. Du bist gut so, wie du bist. Das ist total wichtig, dir das zu sagen. Es gibt nicht nur diesen einen Typ Menschen, diese eloquenten, extrovertierten, schlanken Norm-Menschen, also Fitness und so weiter. Es spricht natürlich nichts dagegen, dass es diese Menschen gibt, aber es gibt halt nicht nur diesen einen Typ Menschen, sondern neben diesem einen Typ Mensch gibt es halt eine ganze Bandbreite an Menschen, die auch alle eine Daseinsberechtigung haben und die eben auch alle vegan leben können.

Und das zweite ist, dass es eben auch noch andere Formen von Aktivismus gibt, mit denen du dich selbstwirksam fühlen kannst und die auch wichtig sind, genauso wie der Straßenaktivismus. Sei es, dass du dich vielleicht in einer Partei politisch engagierst und da vielleicht eher im Hintergrund arbeitest, sei es, dass du vielleicht bloggst oder ein Podcast machst, sei es, dass du vielleicht einfach nur in deinem Bekanntenkreis offen darüber sprichst, wie es ist vegan zu leben. Oder dich einfach nur als vegan outest und dann als Anlaufstelle, als Quelle für vegane Inspiration einfach dienst, in dem du möglichst entspannt und gelassen auf diese ganzen Fragen antwortest, die immer und immer wieder kommen.

Und wenn du einfach gar nicht die Möglichkeit hast, aktiv zu werden, weil es nicht deiner Situation gerade entspricht und du einfach nicht die Möglichkeit hast dazu, dann kannst du z.B. Aktivist·innen per Steady oder auf irgendeinem anderen Wege finanziell unterstützen. Oder eben vegane Organisationen deiner Wahl, wo du denkst, dass dein Geld am besten genau das unterstützt, was du auch möchtest. Das ist auch ein Weg, um sich selbstwirksam zu fühlen, weil du dann einfach die Menschen darin unterstützt, das zu tun, was du jetzt gerade nicht kannst oder vielleicht generell nicht kannst und du ihnen aber damit die Möglichkeit gibst, noch mehr zu tun und noch mehr zu erreichen.

Also ich denke, es ist total wichtig, dass du deinen Weg der Selbstwirksamkeit findest und das muss ja auch nicht nur eine Form sein, sondern es kann ja auch eine Mischung aus verschiedenen Formen sein und es wird auch definitiv variieren, je nachdem, wie du dich gerade fühlst.

Ich hatte das schon in der vorangegangenen Folge so erzählt, dass es ja auch phasenabhängig ist und es kommt einfach ganz darauf an, wie es dir gerade geht, ganz individuell in deinem Leben.

Und ergänzend zur Gemeinschaft und dem Aktivismus möchte ich noch zwei weitere Faktoren hinzufügen. Das eine ist die Selbstfürsorge und das andere ist, sich auf die Herausforderungen im Leben vorzubereiten.

Das Thema Selbstfürsorge ist super wichtig und es ist etwas, was dich dein Leben lang begleiten wird, denn es ist nichts, was du einmal machst und dann ist es erledigt, sondern es geht darum, dass du Rituale für dich entwickelst, die dir gut tun und die dich ausbalancieren und die das Positive höher halten als das Negative. Das Negative hat immer eine Daseinsberechtigung und es geht nicht darum, es wegzudrücken, sondern es geht darum, es auszubalancieren und in manchen Situationen geht es auch darum, es zu erkunden, was das denn ist, dieses negative Gefühl in deinem Leben.

Selbstfürsorge bedeutet nicht in erster Linie Selbstoptimierung, dass du versuchst dich irgendwie besser zu machen, höher, schneller, weiter, sondern es geht wirklich darum, gut für dich zu sorgen. Das ist für mich ein ganz, ganz fester Bestandteil, der hilft mit der Vystopie umzugehen. Wenn wir einfach nur aktiv sind, können wir, wie gesagt, ganz schnell ausbrennen und in einer Gemeinschaft können wir natürlich aufgefangen werden, aber wir können uns da auch hochschaukeln und uns so verbünden, dass wir nur noch merken, okay, das ist negativ, das ist negativ und diese blöden Karnisten und das ganze Doofe und alle im Außen und das kann uns eben auch in die Verbitterung führen.

Deswegen ist es wichtig, dass die Selbstfürsorge für dich an erster Stelle steht. Du bist wichtig, du bist kostbar, denn du hast erkannt, dass in dieser Welt etwas nicht stimmt. Du bist eine der wenigen Stimmen für die Tiere und du solltest gut auf dich achten. Ich mag ja diesen Matrix-Vergleich sehr gern, du hast die rote Pille gewählt, du bist ausgestiegen und auch in dem Film die Matrix gibt es einfach ganz, ganz wenige Aussteiger im Vergleich zu den vielen, die alle noch in der Matrix stecken und es ist halt super wichtig, dass du gut auf dich achtest, um weiterhin ein Leuchtturm zu sein, für alle diejenigen, die langsam erkennen, dass sie in dieser Matrix stecken und raus wollen.

Übungen, was du alles tun kannst für deine Selbstfürsorge, findest du hier in diesem Podcast. In den vorangegangenen Folgen, habe ich ganz, ganz viele Übungen vorgestellt und da geht es jetzt natürlich auch darum, dass du deine eigenen Übungen findest. Das, was zu dir passt, was dich stützt, wie du gut für dich sorgst.

Und der andere Punkt, sich auf Herausforderungen gut vorzubereiten, bedeutet schlicht, dass du überlegst, welche Frustrationen, welche Herausforderungen in deinem Alltag kehren immer wieder, wie kannst du damit so umgehen, dass du nicht ausbrennst, dass es dir dabei gut geht und du zu deinen Werten stehst, wie könntest du darauf reagieren. Dass du dich da vorbereitest und das schon mal durchspielst, gern auf einem Blatt Papier und diese verschiedenen Situationen aufschreibst und auch dann im Alltag protokollierst. Einfach schlicht aufschreibst: diese Situation habe ich heute erlebt, so habe ich reagiert, war das gut, habe ich mich gut gefühlt, habe ich mich schlecht gefühlt, was könnte ich anders machen beim nächsten Mal? Und so auch dann mit der Zeit rauszufinden: das habe ich alles schon ausprobiert, das hat alles nicht funktioniert, das hat gut funktioniert, also nehme ich das in mein Standardrepertoire auf und kann dann beim nächsten Mal, wenn so eine Situation kommt, genauso reagieren, weil ich einfach weiß, dass das gut für mich funktioniert.

Und das ist natürlich alles ein Prozess, alles eine Übungssache und es dauert seine Zeit. Es ist nichts, was du an einem Wochenende machst und dann bist du für dein Leben gewappnet, sondern es sind einfach Schritte, die du kontinuierlich in deinen Alltag integrierst. Das ist genauso wie ein Musikinstrument oder eine Sportart lernen, da wirst du auch nicht von heute auf morgen zur Meister·in, sondern das bedeutet einfach regelmäßig zu üben und dann geht es irgendwann in Fleisch und Blut über und du kannst ganz automatisch reagieren und weißt okay, in der Situation, da kann ich das sagen oder weggehen oder was auch immer und das tut mir dann gut.

Und Vorsicht! Es wird wahrscheinlich nicht für immer dann so bleiben, denn du bist ja ein Mensch und du veränderst dich, du bist keine Maschine und so wie du dich in deinem Leben veränderst und sich dein Körper verändert, du einfach älter wirst und in andere Phasen deines Lebens übergehst, kann es auch sein, dass du einfach auf andere Art dich schützen möchtest, dass du auf andere Art reagieren möchtest, dass du vielleicht auch weiser geworden bist und weicher vielleicht auch und mitfühlender mit anderen Menschen reagieren und umgehen kannst und das ist wie gesagt alles ein Prozess. Es gibt einfach nicht die eine Antwort, die eine Lösung, sondern es gibt nur deine Lösung.

Das ist meine Ergänzung, wie du mit der Vystopie umgehen kannst, für mich gehören zu Gemeinschaft und Aktivismus einfach diese Punkte Selbstfürsorge und dich auf Herausforderungen vorbereiten dazu. Wenn du da Unterstützung brauchst, schau dir gerne mein Buch an. Das ist ein haptisches, richtiges Buch, ein Art Survival Kit, das dich dann in deinem Alltag begleitet, in das du deine Konstanten reinschreiben kannst, wie deine Werte, die Herausforderungen, die du so generell meistern musst und die Selbstfürsorgepunkte, die ich Power-Ups nenne und natürlich noch vieles mehr. Ein Büchlein, was dich in deinem Alltag unterstützen soll.

Ja und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Wann sage ich, was ich wirklich denke?

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Folge 072 - Wann sage ich, was ich wirklich denke?

Kennst Du das, Dein nicht-veganes Gegenüber sagt etwas und Du würdest gerne ganz offen und ehrlich antworten, aber Du verkneifst Dir Deine Antwort lieber, weil Du genau weißt, dass es Dein Gegenüber nicht verstehen würde? Oder es zu Diskussionen käme. Oder Dein Gegenüber verletzt wäre. Oder Du dann das Best of der Argumente hörst, die Nicht-Veganer·innen in solchen Situationen standardmäßig abzusondern scheinen?

Wann und wie entscheidest Du, ob Du nun doch besser antwortest oder nicht- und was Du am besten sagst?

Darüber spreche ich in dieser Folge.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte heute über die Frage reden, wann du das sagst, was du denkst und wann vielleicht nicht.

Das klingt jetzt erstmal so ein bisschen abstrakt. Ich mache es direkt mal an einem Beispiel fest und zwar hatte ich mich mit Carsten unterhalten, der erzählt hat, dass es in seiner Firma eine Snackbox gibt und da gibt es so die üblichen süßen Riegel unter anderem Kinderschokolade und diejenige, die diese Snackbox befüllt, hatte Carsten gefragt, welche veganen Riegel er denn gerne hätte, damit nicht nur für die Nicht-Veganer·nnen etwas in dieser Snackbox wäre, sondern auch für die Veganer·innen, was ja an sich super ist. Nur bei Carsten ging dann gleich der Gedankengang los, dass er die Snackbox eigentlich an sich blöd findet und schon allein dieser Begriff Kinder-Riegel, der mit dem Blut der Kälbchen getränkt ist, total unpassend ist und das hätte er am liebsten gesagt, hat es aber dann nicht.

Ein anderes Beispiel, das schon länger her ist: als ich angefangen habe vegan zu leben, da war ich auch noch sehr sensibel, was die verschiedenen neuen Entdeckungen anging, die ich getätigt habe und die ganzen Informationen und diese Grausamkeiten, die sich mir da offenbart haben. Und ich habe mit diesem Wissen und in dieser Anfangseuphorie dann einer Freundin damals geschrieben: „Aber du weißt schon, dass Hühner einfach nicht normalerweise so viel Eier legen würden und dass der Mensch sie dazu nötigt und dass sie dann auch geschlachtet werden, wenn sie nicht mehr genug Eier legen und dass das alles überhaupt nicht positiv ist.“ so ungefähr, ich weiß es nicht mehr genau, aber es war so ein: „dir ist schon klar, dass das alles nicht okay ist?!“ und sie ist halt auf dem Bauernhof aufgewachsen und war auch mal mit einem dieser Hühnerstallinhaber liiert in ihrem Landkreis und der hat ihr natürlich was ganz anderes erzählt und da hat sie dann auch gesagt: „naja, aber die sind doch so gezüchtet, die können doch gar nicht anders, also ist das doch okay, wenn die Eier legen, also ist doch in Ordnung“ und da habe ich mich dann auch auf Diskussionen eingelassen, die dann unsere Freundschaft doch stark gefährdet haben, was ich jetzt so im Nachhinein einfach auch nicht mehr tun würde.

Oder du bist auf einer Social Media Plattform unterwegs und liest dann da Kommentare, wo du denkst du möchtest diese Person am liebsten wachrütteln, wieso sie nicht, was ich sehe, ich würde jetzt so gern etwas schreiben und da ist eben die Frage, wann mache ich das und wann mache ich das nicht und warum und letztlich geht es darum, welche Rolle du einnehmen möchtest. Möchtest du als Vertretung aller Veganer·innen, als Stellvertreter·in gelten und dich dahin stellen und im Namen dieser sprechen und agieren, möchtest du im Namen der Tiere sprechen und dich da in eine Diskussion stürzen, was ja völlig in Ordnung ist oder möchtest du dich selbst schützen und antwortest deswegen vielleicht nicht.

Ich musste das auch erst mal lernen, was mich jetzt unglücklich macht, welche Kommentare ich besser nicht äußere, sondern einfach nur denke und letztlich ist das natürlich auch wieder ganz individuell. Carsten hat in dem Fall zum Beispiel eben nicht seine Gedanken geäußert, weil er sich selber schützen und sich nicht auf diese Diskussion einlassen wollte, die dann vielleicht auch dazu geführt hätte, dass ihn seine Kolleg·innen dann eher schief angeguckt bis gemobbt hätten. Denn seine Gedankengänge sind für nicht-Veganer·innen im besten Fall einfach nur unverständlich. Im schlimmsten Fall verstehen sie das allerdings als Angriff und da Carsten sich ja in der Firma in der Minderheit befindet in seiner Rolle als Veganer, würde das dann eben zu einem sozialen Ausschluss führen und da war es dann einfach seine Entscheidung, sich selbst zu schützen und abzuwägen, was er jetzt sagt und was nicht.

Und das gehört ja auch die ganze Zeit zu unserer Rolle als Veganer·innen abzuwägen, will ich zu dieser Gemeinschaft gehören, dann versuche ich mich irgendwie so auszubalancieren, dass ich trotzdem zu meinen Werten stehe, aber vielleicht nicht alles in der Schärfe sage, wie ich es denke. Und das ist dann wirklich wieder ein Ausprobieren und zu schauen, was kann ich sagen, was stößt sowieso auf taube Ohren, wie schütze ich mich jetzt am besten da und wie schaffe ich es, dass mein Leben in dieser Gemeinschaft, in der ich mich gerade befinde, nicht zu einem Spießrutenlauf wird und ich noch mehr zum Außenseiter oder zur Außenseiterin werde, als ich schon bin durch diese Rolle als Veganer·in.

Und das ist natürlich auch Veranlagungssache, denn es kann ja auch sein, dass du eher extrovertiert bist und es dir überhaupt nichts ausmacht, wenn die Kolleg·innen über dich tuscheln oder irgendwie negative Kommentare auf dich einprasseln und du einen richtig starken Schutzpanzer entwickelt hast, der das alles an dir abprallen lässt und dir das wichtig ist und du dich einfach nur wohl mit dir selbst fühlst, wenn du deine Werte ganz offen vertrittst. Ich für mich habe herausgefunden, dass es mir am ehesten hilft, wenn ich möglichst wertschätzend mit allen Menschen um mich herum umgehe und anerkenne, dass sie, genauso wie ich, einen Prozess durchlaufen.

Und ich durchlaufe diesen Prozess des Veganseins und Veganwerdens schon um einiges länger als die meisten Personen um mich herum und deswegen, wenn ich mit Nicht-Veganer·innen zusammentreffe, bereite ich mich einfach innerlich schon darauf vor, dass ich auf die immer gleichen Fragen treffen werde und ja, das kann durchaus ziemlich nervig sein. Ich versuche aber immer wieder mir zu sagen, dass ich die Fragen vielleicht zum millionsten Mal höre, aber mein Gegenüber diese Frage vielleicht zum ersten Mal äußert und dann eben auch nicht genervt zu reagieren. Oder mein Wissensstand sich von meinem Gegenüber unterscheidet, was das Mensch-Tier-Verhältnis angeht und die Realität, in der wir leben, sehr weit von dem Wissensstand entfernt ist, den mein gegenüber hat oder zulässt zu haben. Denn meist wissen wir das ja eigentlich alles schon, aber wir verdrängen es dann und wollen es irgendwie nicht wissen und dann ist es natürlich noch unangenehmer, wenn mir da jemand vorlebt, dass es doch auch anders geht und dass es möglich ist, in einer Welt zu leben, in der die Missstände, die wir heute haben, behoben sind.

Und so ist das reagieren auf die nicht-vegane Umwelt definitiv immer ein Abwägen zwischen, will ich jetzt mich selbst schützen oder möchte ich in der Stellvertreter·innenfunktion aller Veganer·innen nun für die Veganer·innen, für die Tiere auch sprechen oder schweigen, denn es kann ja auch sein, dass du das nicht sagst, weil du der Meinung bist, sonst würdest du dem Veganismus schaden und das kann ja auch sein. Das kann aber auch in die Nähe dieser Normfixiertheit kommen, dass ein·e gute Veganer·in ausschließlich schlank, fit und eloquent ist und wenn du das nicht bist, dann outest du dich bitte auch nicht als Veganer·in. Das ist wiederum etwas, was ich überhaupt nicht unterstützen kann. Ich würde immer in erster Linie davon ausgehen, wenn du etwas sagst oder nicht sagst, dass du abwägst, ob du dich damit schützt oder nicht, denn wir sind eine Minderheit in dieser nicht-veganen Welt und wenn wir da nicht untergehen wollen und weiterhin ausreichend Kraft haben möchten, um für unsere Werte einzustehen, um für die Tiere einzustehen, für die Rechte der Tiere, dann ist es wichtig, uns an erster Stelle zu stellen und uns zu schützen. Das hat für mich überhaupt nichts mit Egoismus zu tun, sondern dient einfach unserem Überleben in dieser nicht-veganen Welt.

Was das Diskutieren und Debattieren in Social Media angeht, da habe ich ja schon mal den Graslutscher zu interviewt, denn ich selber neige auch dazu, mich da in etwas reinzusteigern, wenn ich solche Kommentare lese und ich mache das einfach generell nicht. Ich diskutiere und debattiere einfach nicht auf Social Media, weil mir das nicht liegt. Ich werde da viel zu schnell emotional, dann kreisen die Gedanken bei mir und ich lasse mich dann auf irgendwelche Trolldebatten ein und deswegen mache ich das einfach nicht und das ist für mich meine Schutzfunktion, um mich davor zu schützen, dass mich das ausbrennt, in Social Media zu debattieren. Wenn dir das aber liegt und wenn du das gerne machst und es dir was gibt, dann hör dir gerne nochmal die Folge mit dem Graslutscher an, der hat da einige gute Tipps formuliert, wie du effizient auf Social Media debattieren kannst. Es gibt einfach Menschen, die können das gut und der Graslutscher gehört für mich auch dazu, deswegen unterstütze ich ihn auch über Steady, weil er auch diese Artikel schreibt und generell da sehr aktiv ist. Der macht einfach was, was ich nicht kann und das ist für mich auch ein Stück weit Diversität, dass wir uns auf das konzentrieren, was wir einfach gut können.

Und was du vielleicht für dich auch überlegen kannst, was ist denn eine Form von Aktivismus, die dir liegt, die du gerne machst und die dich nicht ausbrennt? Denn wir müssen ja nicht alle auf die Straße gehen, wir müssen nicht alle auf Social Media debattieren. Es kann eben auch sein, dass das für dich einfach nur ist, dass du in deinem Bekanntenkreis, in deinem sozialen Umfeld als Vorbildfunktion gilst, einfach nur dadurch, dass du vegan lebst, also dass du überhaupt nicht großartig irgendwas machen musst, sondern einfach nur, indem du dein Ding machst, bist du ein Vorbild.

Und das alles, was ich jetzt so beschrieben habe, ist natürlich nichts, was du so ad hoc einfach kannst und umsetzt, sondern etwas, was sich für dich entwickelt, etwas, was du für dich erforscht und rausfindest, was für ein Typ Mensch du bist, was für eine Art von Aktivismus dir vielleicht liegt, wie du mit Kommentaren umgehst und in welcher Situation auch - weil auch das ist nicht nur phasenabhängig von deinem veganen Leben, wie lange du schon vegan lebst oder vielleicht auch, wie intensiv du dich gerade mit verschiedensten Bereichen beschäftigst - sondern natürlich auch mit deinem Leben, also wie alt du gerade bist so, also das spielt auch noch eine Rolle, in welcher Lebensphase du dich befindest. Ob du vielleicht Mutter oder Vater bist, ob deine Kinder noch klein sind oder schon älter, ob du keine Kinder hast, ob du schon Oma bist oder Opa, das spielt alles mit eine Rolle, in welcher Situation du dich gerade befindest. Und als Frau* spielt da dann auch noch der Zyklus eine Rolle, dass du da schaust, okay, in welcher Phase du dich befindest und je nachdem in welcher Phase du dich befindest, ist das dann auch wieder ein Indikator dafür, wie aktiv du sein kannst oder wie du dich schützt, weil du halt vielleicht in einer Phase extrovertierter bist als sonst und in anderen Phasen mehr auf dich achten musst.

Und das sind alles so Faktoren, die dazu beitragen, dass du deinen individuellen Weg findest, wie du ganz persönlich mit dieser nicht-veganen Außenwelt umgehst und lernst dich so zu schützen, dass es dir gut geht und dass du einfach gelassen vegan leben kannst.

Und dann freu ich mich natürlich auch, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Wie kann ich für meine Werte einstehen?

Ein Beitrag

Folge 071 - Wie kann ich für meine Werte einstehen?

In der letzten Folge habe ich über die große Vision einer veganen Gesellschaft gesprochen- leider ist das noch Zukunftsmusik.

Wenn ich erkannt habe, dass Veganismus für mich mehr ist als nur Ernährung, dann bin ich in der gegenwärtigen, nicht-veganen Gesellschaft weiterhin Teil einer Minderheit.

Ich stehe Tag für Tag vor Herausforderungen, die ich mit meinen Werten abgleichen muss, z.B. wie es ein Clanmitglied formuliert:

"Soll/darf ich Kompromisse schließen um des Friedens willen und weil sich meine Familie so schon schwer tun oder muss ich hart bleiben um meine eigenen Werte und Überzeugungen (meine Weltanschauung) nicht zu verraten?"

In dieser Folge erzähle ich Dir, wie ich vorgehe.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und diese Folge ist quasi eine Fortsetzung der vorangegangenen Folge. In der vorangegangenen Folge habe ich darüber gesprochen, wie eine Gesellschaft aussehen könnte, wenn Veganismus die Basis dafür ist.

Und das ist eine Zukunftsvision, die ich gemeinsam mit meinem Mann Carsten im Einfach Vegan Podcast ausarbeite, im Laufe des Jahres und ich habe darüber gesprochen, was es bedeuten könnte für eine Gesellschaft, wenn Veganismus als Weltanschauung anerkannt würde und wenn das die Grundlage wäre für unsere Gesellschaft. Nun leben wir ja momentan noch nicht in so einer Gesellschaft und sind als Veganer·innen eine oft eine verspottete Minderheit. Eine Minderheit, die oft auf ihre Ernährung reduziert wird und jedoch im Alltag vor den verschiedensten Herausforderungen steht. Solange wir also noch nicht in einer Welt leben, in der Veganismus die Norm ist, das Normale, ist ist es wichtig, dass wir Schutzmechanismen entwickeln, damit wir als Individuen nicht unter die Räder kommen.

Ein Clanmiglied hatte als Antwort auf die vergangene Podcastfolge Nummer 70 geschrieben: „Da kommen dann auch wieder Gedanken und Sorgen hoch, wie ich meiner Familie damit begegnen sollte, die dem Thema sehr kritisch gegenübersteht. Darf ich Kompromisse schließen, um des Friedens willen und weil sie sich so schwer tun oder muss ich hart bleiben, um meine eigenen Werte und Überzeugungen (meine Weltanschauung) nicht zu verraten?“

Und das ist definitiv die Kernherausforderung, vor der jede·r ethisch motivierte Veganer·in steht, denn so bald du erkennst, dass Veganismus mehr als Ernährung ist und dass das ein Wertesystem ist, nach dem du dich richtest und du diese Werte in dir freigelegt hast, quasi eine Ausgrabung gemacht hast und dich vom Karnismus auch befreit hast von diesem Glaubenssystem, dann stehst du vor diesem Problem, wie du deine Werte schützen kannst und wie du sie verteidigen kannst gegenüber der Umwelt und da gibt es einfach keine Patentlösung.

Es gibt nicht die eine Antwort auf diese Frage, auf diese Herausforderung. Die Herausforderung hat viele Facetten, du kennst es aus deinem Alltag, es ist ganz individuell, wie du sie löst. Mir hilft da sehr der spielerische Ansatz, den ich in den vergangenen Jahren entwickelt habe und auch eine etwas lockerere Herangehensweise, um einfach auszuprobieren, welcher Weg da für mich der Beste ist und es kann in jeder Situation ein anderer Weg sein.

Jetzt speziell auf diese Herausforderung mit der Familie, die das Clanmitglied angesprochen hatte, stellt sich mir da als erstes die Frage, wie das Verhältnis dann zur Familie ist, ob das wichtig ist, das Verhältnis zu erhalten oder ob es wichtig ist, sich zu distanzieren.

Und das kannst du alles herausfinden, indem du Geschichten erzählst, indem du deine eigene Geschichte erzählst, indem du dich hinsetzt und Szenarien entwirfst. Wie könnte ein Szenario aussehen, wenn du überlegst, okay ich konfrontiere dich jetzt damit, ich mache das so und wie würdest du dich verhalten in der Situation, was würdest du sagen und was denkst du, wie würde deine Familie, die Bekannten / Verwandten auf dich reagieren, was würde dann passieren. Am besten ist es, wenn du das so detailliert wie möglich aufschreibst und auch immer zu überlegen, was fühle ich, was ist wichtig für mich.

Am Ende läuft es für mich immer darauf hinaus, ob ich mich noch im Spiegel anschauen kann, ob ich ein gutes Gefühl dabei habe, ob ich mir selbst noch in die Augen schauen kann, bei dem was ich tue und wie ich handle. Das hängt ganz stark mit deinem Selbstverständnis zusammen, mit deinen Werten und was dir wichtig ist, was dir wirklich, wirklich wichtig ist und wo du keine Kompromisse eingehen möchtest. Meistens merkst du es dann auch erst nachher, wenn du deine eigenen Werte verraten hast und dann die Gedanken kreisen und du dich schlecht fühlst und du denkst nein, das war nicht richtig, das hätte ich nicht tun sollen und das nächste mal mache ich es anders.

Und genau das ist der Punkt, es dann beim nächsten Mal anders zu machen. Dass du dir überlegst, wie könntest du beim nächsten Mal besser für deine Werte einstehen? Denn in erster Linie geht es darum, dich selbst zu schützen und deine Werte zu schützen und einen Schutzmantel um dich herum zu ziehen und dann zu schauen, wie du in Beziehung zu den Menschen um dich herum reagieren kannst. Gerade bei der Familie ist es natürlich schwierig, denn da sind Spannungen vorhanden, die aus eventuellen Konflikten noch aus der Kindheit herrühren und das ist einfach ein ganz anderes Verhältnis als zu Freund·innen. Familie kannst du dir nicht aussuchen, deine Freund·innen schon.

Dementsprechend ist es halt tatsächlich manchmal sehr schwierig da einen Weg zu finden. Ein wichtiger Bestandteil bei dem Konzept, was ich in den letzten Jahren ausgearbeitet habe und was ich in mein Buch gegossen habe, ist die geheime Identität. Das ist ein sehr spielerischer Bestandteil dieses Konzepts, ist aber etwas, was mir immer hilft. Du kannst es Dir vorstellen, wie ein Avatar aus einem Videospiel und du kannst diesen Avatar gestalten, wie du es für richtig hältst und bei Bedarf schlüpfst du in die Rolle dieses Avatars und schlüpfst wieder heraus. Diese geheime Identität hat ganz viel mit deinen Stärken zu tun, mit Menschen, ob fiktiv oder nicht, die du bewunderst und ganz viel mit Fantasie.

Es hat nichts mit diesem Fake-It-Till-You-Make-It Gedanken zu tun, dass du dadurch zu jemand anderen wirst, weil du so tust, als wärst du jemand anders, darum geht es nicht, sondern es geht wirklich darum, deine Stärken auszuleben in diesen Moment. Und du kannst diese geheime Identität, deswegen ist es ja auch eine Geheimen Identität, sowie Superman oder Spiderman oder Catwoman oder wer auch immer, einfach an- und ablegen, so wie es gerade passt. In manchen Momenten in deinem veganen Alltag brauchst du Superkräfte, um dich gegen diese Herausforderungen zu wappnen.

Und mir hilft meine geheime Identität auch immer dann, wenn ich im Zweifel bin, wie ich mich entscheiden soll, entsprechend meiner Werte. Und dann denke ich darüber nach, was würde meine geheime Identität tun, die auf einer Fantasie-Figur basiert aus einem meiner Lieblingsbücher. Und wenn ich mich in die Rolle hineindenke und überlege, okay, wie würde sie sich entscheiden, dann fällt es mir leichter, mich selbst zu entscheiden, den Weg zu gehen, der meinen Werten entspricht.

Die Frage des Clanmitglieds war ja auch: darf ich Kompromisse eingehen oder muss ich hart bleiben? Das impliziert für mich immer so ein von außen, dass jemand mir sagt, was ich zu tun habe. Ich beantworte solche Fragen aber immer aus mir selbst heraus im Abgleich mit meinen Werten. Und was sagen meine Werte mir? Was darf ich tun? Was verbietet sich mir zu tun? Und wie kann ich dafür einstehen? Und wie gesagt, das ist ganz individuell für dich herauszufinden, was ist dein Punkt, an dem du sagst, okay, da kann ich ein Kompromiss eingehen. Und was sind Dinge, Werte, die für dich einfach so felsenfest sind, dass du sie nicht verrücken kannst? Und wenn du es doch tust, dass du dich danach tagelang schlecht fühlst und mit Bauchschmerzen im Bett liegst und nachts nicht schlafen kannst und das Gefühl hast, dich und die Welt verraten zu haben.

Daran merkst du ganz schnell, dass es eigentlich Grundwerte für dich sind, die du nicht hättest verraten sollen. Und dann ist es natürlich wieder wichtig, liebevoll mit dir selbst umzugehen, denn wir sind Menschen, wir machen Fehler. Und auch ich, ja auch ich, mache immer wieder Fehler. Ich stolpere immer wieder durch mein Leben und für mich ist es dann wichtig, das zu erkennen und es beim nächsten Mal anders zu machen. Besser im besten Fall.

Und da hilft mir, wie gesagt, das Aufschreiben total, Tagebuch zu schreiben, da hilft mir, Geschichten zu schreiben, zu überlegen, wie könnte diese Situation anders verlaufen, verschiedene Variationen auszutesten, um zu gucken, okay, wie fühle ich mich denn dabei, wie wäre das denn und so eine Art Rollenspiel in meinem Kopf oder auf dem Papier zu veranstalten. Du kannst natürlich auch, wenn du Freunde hast, die das mit dir machen oder Bekannte, Verwandte, wie auch immer, mit denen so eine Art fiktives Rollenspiel machen und dann verschiedene Situationen mit ihnen durchspielen, das geht natürlich auch. Ich mache das halt immer auf dem Papier und mir hilft es halt sehr, dann rauszufinden, was fühle ich denn eigentlich wirklich und dann natürlich auch Verbündete zu haben, die mich auffangen, wenn irgendetwas passiert oder passiert ist, die dann auch nochmal mit ihrem Blick auf das Geschehene schauen und dann nochmal sagen können, wie sie das eigentlich alles sehen und bewerten.

Denn wir sehen ja alle durch unsere eigenen Wirklichkeitsbrillen, quasi, wir haben alle unsere eigene Realität und wenn wir etwas irgendwie durch die Vergangenheit oder was auch immer wir erlebt haben, emotional aufgeladen haben, dann hören wir vielleicht einfach Dinge, die eigentlich gar nicht gesagt wurden oder wir nehmen einfach Aussagen nur selektiv war und wenn dann noch andere da ihre Meinung zu sagen, kann das helfen, muss aber natürlich nicht immer, denn das kommt auch immer darauf an, wen du fragst. Fragst du in dem Fall jemanden, der oder die nicht vegan lebt, dann kann das natürlich sein, dass die sagen, hey, du überreagierst total, was stellst du dich so an? Da sollten das natürlich Verbündete sein, die dich verstehen und dir nahestehen und genau wissen, worum es dir geht.

Ja, das sind Bausteine dieses Konzepts, das ich in den letzten Jahren entwickelt habe und die alle Teil meines Buchs sind. So eine Art Survival Kit Buch, ein kleines Büchlein, was du immer dabei haben kannst, also ein richtiges Buch, ein haptisches Buch, dass du immer dabei haben kannst, wo du diese wichtigsten Dinge wie deine Werte, deine geheimen Identität und deine Herausforderungen, deine Power-Ups und Notfallpläne und die Erinnerung daran, dass du nicht perfekt sein musst und vieles mehr, dann in diesem Büchlein immer mit dir herum tragen kannst.

Ich finde einmalige Events auch total wichtig, vielleicht kennst du das auch, dass du, wenn du zu so einem Retreat gehst oder zu halt einfach irgendwie einer Veranstaltung, dann bist du so total beschwingt und hast ganz viel gelernt, aber dann im Alltag wird es irgendwie schwierig, das einzubauen und umzusetzen und genau da möchte ich dir halt helfen mit diesem Buch.

Und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Folge 070 - Veganismus ist die Lösung

Ein Beitrag

Folge 070 - Veganismus ist die Lösung

In dieser Folge berichte ich Dir ein wenig von den mentalen Prozessen, die ich seit meinem Entschluss vegan zu leben durchlaufen habe.

Im Von Herzen Vegan Clan sprechen wir gerade über das Thema "Veganismus als Religion" und ich merke, wie sich langsam einige Puzzlestücke bei mir zusammenfügen und sich das Potenzial des Veganismus vor mir entfaltet.

Ich bin der Meinung, wir müssen weg von diesem Klein-Klein der selbstauferlegten veganen Norm eines fitnessbewussten, schlanken, eloquenten Menschen und der Reduzierung auf Ernährung-Gesundheit-Lifestyle.

Unser Weg sollte uns zu viel größeren, die Gesellschaft betreffenderen Gedanken führen - denn nur der Veganismus hat das Potenzial wirklich alle Lebewesen und damit auch Individuen in ihren verschiedenen Bedürfnissen zu berücksichtigen.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen.

Ich bin Stefanie und ich habe länger darüber nachgedacht, worüber ich in dieser Folge sprechen möchte. Angeregt durch das Thema, das wir gerade im Von Herzen Vegan Klan diskutieren, nämlich Veganismus als Religion, bin ich in einer Art emanzipatorischen Prozess geraten, der sich in mir schon etwas länger vollzieht. Und ich dachte, ich berichte dir einfach in dieser Folge davon. Und auch rückblickend darauf, wie sich jetzt in den letzten fünf Jahren, die ich jetzt vegan lebe, mein Vegansein gewandelt hat. Einfach um dir auch zu zeigen, dass Vegansein, Veganerin oder Veganer sein, bzw. vegan Leben ein Prozess ist. Dass sich das entwickeln kann und dass du Schritt für Schritt Neues erforscht.

Als ich vor fünf Jahren die ersten Schritte in mein veganes Leben gemacht habe, da ging es eigentlich zunächst nur um Essen. Also darum zu schauen, okay, vorher habe ich vegetarisch gelebt, jetzt will ich vegan leben. Wie ersetze ich jetzt Milch und Eier? Und wie kann ich denn jetzt dann auch vegan backen?

Das Kochen fand ich nicht so kompliziert. Das Backen war für mich die erste Hürde und es ging tatsächlich nur um Essen. Kleidung und andere Aspekte des Lebens sind dann erst später dazu gekommen, dass ich auch diese Bereiche dann in Frage gestellt habe und mich da dann informiert habe und Alternativen gefunden habe. Aber auch das waren alles Aspekte, die einfach nach und nach dazugekommen sind und die ich für mich abgehakt habe, quasi.

Das war jetzt nichts, was ich jetzt mein Leben lang erforschen müsste, sondern mir war nach einiger Zeit klar, wie ich denn jetzt vegan backen kann und vegan kochen. Und ich probiere immer noch gerne neue Rezepte aus. Aber ich habe einfach so ein paar Standards, die jetzt in meinem Leben integriert sind. Und mittlerweile habe ich tatsächlich auch durch das vegane Leben gelernt, frei zu kochen.

Vorher habe ich nur nach Rezept gekocht und mittlerweile kann ich tatsächlich auch schon einfach Gerichte so frei nach Gusto zusammenstellen, wie es mir gerade gefällt. Und es schmeckt dann auch noch. Das heißt, auch da habe ich eine Entwicklung hingelegt. Aber das ist wirklich ein Aspekt, der einfach so die Basis, wie ernähre ich mich denn jetzt tierleidfrei berücksichtigt. Und damals, als ich also angefangen habe vegan zu leben, habe ich noch nicht darüber nachgedacht, was für Dimensionen das veganen Leben eigentlich annimmt und was da alles hintersteckt. Was für Werte damit verknüpft sind.

Und wenn ich jetzt hier vom veganen Leben spreche, ist das ethisch motiviertes vegane Leben. Denn Menschen, die rein gesundheitlich orientiert vegan leben und, sagen wir mal, einfach nur, wo es nur um Ernährung geht tatsächlich und alles andere uninteressant ist, für die wird sich das jetzt nicht stimmig anhören, was ich erzähle.

Wenn du ethisch motiviert bist, wovon ich ausgehe, wenn du diesen Podcast hörst, dann kann es sein, dass du diese Schritte, die ich dir jetzt erzähle, ebenfalls in deinem Leben nachempfinden kannst und vielleicht schon gemacht hast oder sie vielleicht noch vor dir liegen.

Wie gesagt, zunächst kam bei mir die Ernährung und dann, als ich da sicherer geworden bin, kam noch die Nachhaltigkeit dazu. Wie stehe ich im Zusammenhang mit der Umwelt? Was kann ich da besser machen? Wie kann ich nachhaltiger leben? Und das habe ich ja alles mit Carsten zusammen im Einfach Vegan Podcast dokumentiert. Wie wir da vorgegangen sind und was sich da alles entwickelt hat.

Hier in dieser Folge möchte ich jetzt auf die mentale Entwicklung eingehen, die ich in dieser Zeit durchlaufen bin. Natürlich bin ich noch an keinem Endpunkt angekommen. Ich bin immer noch mittendrin und ich denke auch, ich werde niemals an einem Endpunkt ankommen, an dem ich dann erleuchtet bin, oder irgendwie in diese Richtung. Sondern ich gehe im Moment einfach von meinem jetzigen Wissensstand davon aus, dass ich immer weiter, immer tiefer forschen werde und da hingegen dann mein Handeln auch dementsprechend anpassen werde.

Jetzt im Moment befinde ich mich einfach an so einem Punkt, wo ich das Gefühl habe, eine Art Entwicklungsstufe zu erklimmen, die mich noch einmal ein ganzes Stück weiter wegführt von dieser Definition, vegan ist Ernährung.

Ich bin in der Vergangenheit vielen Menschen begegnet, die gesagt haben, sie labeln sich nicht mehr als vegan, weil sie nicht in diese Schublade gesteckt werden wollen. Dann wiederum bin ich einigen begegnet, die gesagt haben, Veganer·innen halten sich für etwas Besseres, einfach weil sie vegan leben.

Ich bin Veganer·innen begegnet, die gesagt haben, dass Veganer·innen, die nicht in einer gewissen Norm entsprechen, sich nicht öffentlich als Veganer·innen outen sollten und nicht für den Veganismus eintreten sollten, weil sie sonst dem Veganismus schaden. Und diese Norm ist eben eine gesundheitliche Norm, ein Schlankheitsideal, entsprechend sportlich fit und möglichst redegewandt. Das ist die Norm.

Dann bin ich wieder Veganer·innen begegnet, die sich stark abgrenzen gegen „Esogeschwurbel“ und das führt mich jetzt auch so ein bisschen zu dem Thema „Veganismus als Religion“, dass ja auch in diese Richtung geht, womit ich jetzt nicht sagen will, Religion ist „Esogeschwurbel“, sondern meinen Gedanken weiterführt, was ist denn jetzt überhaupt „Esogeschwurbel“? Also was verstehen wir denn darunter und was stößt uns denn da so ab? Was ist das denn, womit diese Veganer·innen nicht in Beziehung gesetzt werden wollen?

Und bei all diesen Begegnungen, die ich eben in den vergangenen Jahren hatte, habe ich mittlerweile immer stärker das Gefühl, dass Veganismus und vegan Leben, ethischer Veganismus eigentlich viel größer ist als diese Diskussionen um eine Schlankheitsfitnessnorm, um einen Ernährungstrend, um „Esogeschwurbel“, um all diese Worte, die da immer wieder genannt werden. Und dass es eigentlich etwas ist, was uns alle angeht. Dass es ein Wertesystem ist, was wirklich grundlegend ist für unser Miteinander auf dem ganzen Planeten.

Und gerade jetzt im Hinblick auf das Urteil, was in Großbritannien gefällt wurde. Dass Veganismus als Weltanschauung anerkannt wurde in Großbritannien, ist genau das, was wiederum natürlich Diskussionen ausgelöst hat, aber eine Grundlage bietet, wenn wir aufhören, uns so mit diesem Klein-Klein zu beschäftigen, darüber nachzudenken, was Veganismus für die Gesellschaft bedeuten kann. Und da stehe ich im Moment auch. Am Anfang der Diskussion habe ich auch überlegt, okay, Veganismus als Religion, religiös, das ist ja dann auch wieder was, das irgendwie nicht passt.

Und mittlerweile habe ich dazu dank eines Clanmitglieds -Danke Mareike - ein Video angeschaut, das schon 2017 von Peta veröffentlicht wurde, wo dafür plädiert wurde aus rechtlicher Sicht Veganismus als Weltanschauung zu schützen. Und dieses Video habe ich mir jetzt zweimal angeschaut und verstehe mittlerweile, warum das wichtig ist. Und da geht es auch wieder um ethisch motivierten Veganismus, nicht darum eine pflanzliche Kost zu schützen, was ja nur ein winziger Bruchteil ist, das veganen Lebens, sondern darum die Menschen, Veganer·innen, die aus ethischen Gründen vegan Leben zu schützen, vor Diskriminierung im Alltag und vor allem ihnen auch Rechte einzuräumen, in öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Schulen, Mensen oder auch Kantinen, so dass wir ein Recht darauf haben, dort eine vegane Speise zu bekommen.

Aber das ist eben nur der eine Aspekt, was passieren könnte, wenn Veganismus als Weltanschauung geschützt würde und anerkannt würde. Denn Veganismus hat so viel Potenzial, wir gehen schließlich von einem friedvollen Miteinander mit allen Lebewesen auf diesem Planeten aus, auf dieser Erde. Und das schließt für mich das Miteinander mit jedem Menschen, so wie er oder sie ist, ein, egal welche Hautfarbe, egal welche sexuelle Orientierung, egal welche körperlichen Einschränkungen ein Mensch hat, egal woher er oder sie stammt und dann eben auch egal welcher Spezies er oder sie angehört. Ein friedvolles Miteinander, eine Gleichberechtigung zwischen all diesen Lebewesen auf dieser Erde.

Und das führt dann automatisch dazu, dass wir nachhaltig handeln, dass unser Handeln dann gut für die Umwelt wird, dass es gut für die Menschen wird, die hier leben, aber eben auch gut für alle anderen Lebewesen auf der Erde und dass wir ein Miteinander entwickeln, das nicht auf Gewalt aufbaut, sondern auf Frieden.

Meine Gedanken sind da im Moment auch noch sehr im Prozess. Ich bin gespannt, wir stehen jetzt erst am Beginn des Monats und wie wir dann noch weiter diskutieren werden und es wird dazu auch dann noch eine zusammenfassende Folge geben des Monatthemas geben. Und ich habe jetzt schon sehr viel gelernt.

Ich höre parallel auch noch den „Planet B“ - Podcast und habe da jetzt gerade eine Folge zu „Sprache und Sein“ gehört und fand es total interessant, dass unsere Sprache uns automatisch in „Benannte“ und „Nicht Benannte“ einteilt. „Nicht Benannte“ sind quasi alle, die dieser Norm entsprechen, die hier z.B. in Deutschland oder im deutschsprachigen Raum existiert, die nicht aus dieser Norm herausfallen. Und wir als Veganer·innen sind „Benannte“ einfach dadurch, dass wir Veganer·innen sind und weil wir aus der Norm herausfallen und das haben wir gemeinsam mit allen anderen, die aus der Norm herausfallen, seien es Geflüchtete, seien es Homosexuelle, seien es Menschen einfach mit anderer Hautfarbe, Menschen mit Kopftuch, oder, oder, oder, alle, die nicht der Norm entsprechen, sind damit „Benannte“ und werden, wie Kübra Gümüşay das in der Podcast Folge gesagt hat, in Käfige gesteckt. Sie hat das als das „Museum der Sprache“ beschrieben.

Und in diesem Museum gibt es eben die „Unbenannten“, die da einfach durchlaufen und sich das angucken. Und die „Benannten“ sind quasi die Ausstellungsstücke und die sind da dann in Käfigen ausgestellt, weil die „Benannten“ nur als ihr Kollektiv wahrgenommen werden. Du siehst nicht mehr das Individuum, sondern du siehst nur noch den Veganer oder die Veganerin.

Und genau das passiert ja, genau das passiert uns täglich, wenn wir uns outen. Wenn wir automatisch in diesen Käfig, in das Kollektiv geschoben und dann nur noch als der Veganer·in wahrgenommen und auch so befragt werden. Also immer und immer wieder mit diesen immer und immer wieder gleichen Fragen konfrontiert oder Vorurteilen oder Spötteleien, und wir werden nicht als Individuum gesehen, als Mensch, der oder die bestimmte Vorlieben, Interessen, Erfahrungen in seinem oder ihrem Leben hat, sondern als Teil dieses Kollektivs oder als Vertreter·in des Kollektivs Veganer·innen.

Und das ist es tatsächlich, was uns so einschränkt, was uns auch teilweise so müde macht, was mich auf jeden Fall so müde macht, wenn ich immer und immer wieder dahin gedrängt werde und immer und immer wieder die gleichen Fragen beantworten muss. Und das ist es wahrscheinlich auch, was Menschen dazu bewegt, sich nicht als Vegan zu outen. Wir sind einfach auf Gemeinschaft angewiesen, wir sind soziale Wesen, wir brauchen andere Menschen und dadurch, dass wir uns als Vegan outen, werden wir automatisch dann aus dieser Normgesellschaft rausgedrückt, in diesen Käfig der Sprache als „Benannte“, als Veganer·innen und dadurch müssen wir uns gleich wieder rechtfertigen. Und das ist wahrscheinlich auch das, weswegen einige Veganer·innen sagen: okay, ich grenz mich ab, ich bin hier unterwegs ohne „Esogeschwurbel“ - immer noch dahingestellt, was jetzt „Esogeschwurbel“ genau bedeutet - weil sie das Gefühl haben, dass sie das irgendwie negativ belasten könnte und sie unter diesem diffusen Begriff „Esogeschwurbel“ verstehen, dass es irgendwie sich negativ auf den Veganismus auswirken könnte, wenn sie damit in Zusammenhang gebracht würden.

Und der Versuch wirklich innerhalb des Käfigs sich nochmal irgendwie abzugrenzen, zeigt ja dann auch wieder, wie wir irgendwie versuchen, uns dann als Vertreter·innen dieses Käfigs, dieses Kollektivs dann auch zu zeigen. Und als Veganer·innen sind wir ganz klar eine Minderheit in dieser Gesellschaft und müssten deswegen eigentlich auch unter Minderheitenschutz stehen. Aber dadurch, dass die Gesellschaft Vegan und Veganismus als Ernährungsform oder Ernährungstrend wahrnimmt, ist das Verständnis dafür, dass Veganer·innen eine schützenswerte Minderheit sind, noch nicht gegeben.

In meiner Wahrnehmung des Veganismus und der veganen Szene hier zumindest auch in Hamburg und der veganen Szene so in den sozialen Medien der deutschen, deutschsprachigen veganen Szene, wobei, ich würde sagen der deutschen veganen Szene, weil ich Österreich und Schweiz zwar bei Podcaster·innen kenne, aber sonst nicht viel von der Szene mitbekomme. Also sagen wir in der deutschen, veganen Szene, Medienlandschaft so, ist mein Gefühl, dass da viel versucht wird, über diesen fitnessernährungsorientierten Lifestyle zu gehen. Und genau das befeuert ja dann die Wahrnehmung, dass Veganismus eigentlich nur Ernährung ist. Und ich nehme das auch persönlich immer wieder wahr, wenn ich mit anderen Menschen darüber spreche.

Zum Beispiel hatte ich einer Bekannten von meiner „Gelassen Vegan durch die Weihnachtszeit-Challenge“ erzählt und sie gefragt, ob das für ihren Bekanntenkreis nicht interessant wäre. Und sie meinte, nein, sie wollte das nicht teilen, weil sie in ihrem Bekanntenkreis, ihren Bekannten die Entscheidung selbst überlassen wollte, wie sie sich denn jetzt ernähren wollen würden. Und ich habe dann gedacht, na ja gut, irgendwie hat sie das nicht verstanden, dass es in der Challenge erstmal überhaupt nicht um Ernährung geht. Und zum anderen, dass vegan leben, zwar auch etwas mit Ernährung zu tun hat, aber eben nicht nur Ernährung bedeutet. Ernährung ist halt ein Baustein von vielen und einfach nur die konsequente Umsetzung der Achtung von Tierrechten.

Oder auch sonst, wenn ich sage, mein Thema ist Veganismus, dass ich dann in die Rubrik Ernährung einfach gesteckt werde. Und darum geht es halt überhaupt nicht. Mein Thema ist vielleicht eher Gesellschaft und Politik und Soziales und so, aber nicht wirklich Ernährung. Und das ist aber eben noch so häufig die Wahrnehmung von anderen Menschen, von unserem Umfeld, dass das wirklich ein Ernährungstrend ist, so wie Paleo oder Low Carb oder High Carb oder was auch immer für ein Carb oder die neuste Brigitte-Diät oder was auch immer.

Und das hat mich damals schon irgendwie irritiert, als ich Vegetarierin war und eine Kollegin, die auch Vegetarierin war, zu mir gesagt hat: „Ja übrigens, du kannst jetzt auch wieder Hühnchen essen, das ist ja doch nicht so fett wie gedacht, also davon nimmst du dann auch nicht zu.“ Und dann habe ich sie sehr verständnislos angeguckt: „Warum soll ich denn jetzt Hühnchen essen?“ Und dann war sie so: „Ach ja, stimmt, du machst das ja aus anderen Gründen.“ Und sie war halt nur Vegetarierin, weil sie abnehmen wollte. Für mich ist meine Entscheidung, vegetarisch oder vegan zu leben, immer ethisch motiviert gewesen. Und das Gesundheitliche stand nie im Vordergrund.

Natürlich gehört das Gesundheitliche irgendwie mit dazu, weil es ja auch nicht sinnvoll ist, wenn wir krank werden. Aber es ist nicht mein Warum, das hinter dem Veganismus steht. Und deswegen reift in mir immer mehr diese Überzeugung, dass wir wegkommen sollten von dieser Gleichung Veganismus als Ernährungsform, als Schlankheitsideal, als Norm für Fitness. Ich habe da einfach das Gefühl, dass wir da irgendwo auf einer Ebene kämpfen, die zu klein gedacht ist, dass wir unser Denken da öffnen sollten und gesellschaftlich, philosophisch vielleicht auch, aber wirklich als Gesellschaftssystem, als Gemeinschaft, als großes Ganzes denken sollten.

Und ich finde Veganismus ist da wirklich vielen voraus. Denn was ich immer wieder mitbekomme bei all diesen Bewegungen, bei der Transitionbewegung und bei den verschiedensten Gedanken von den verschiedensten Menschen, die alle aus diesem Normbereich herausfallen und nicht mitgemeint sind in unserer Sprache, dass sie das Mensch-Tier-Verhältnis doch vergessen oder nicht daran denken. Und das ist wahrscheinlich genau das, was Melanie Joy mit Karnismus meint, dass das unser unsichtbares Glaubenssystem ist, das wirklich der gesamten Gesellschaft zugrunde liegt und weswegen es bisher noch nicht abgestreift wurde.

Und ich denke, der Veganismus hat einfach die Chance, hier zu sagen, okay, es geht nicht nur um Menschen in ihrer gesamten Individualität, sondern es geht wirklich um alle Lebewesen und um unser gesamtes Ökosystem. Auch um das Zusammenwirken von allen miteinander und dass alle auf dem ganzen Planeten global betrachtet, alle Lebewesen, das gesamte Ökosystem ein gutes Leben führen kann, dass sie alle gut miteinander auskommen können. Und es ist möglich, es ist wirklich möglich. Es ist alles schon da. Wir müssen es nur anders zusammenstecken. Und ich denke, der Veganismus ist eine Superbasis, um wirklich alles zu berücksichtigen. Dafür müssen wir als Veganer·innen aber loslassen. Loslassen, diese Idee, dass es wichtig ist, so eine vegane Norm zu etablieren, dass auch hier, dass wir quasi im Kleinen, in dem Kollektiv Veganismus noch einmal festlegen, wer benannt und wer unbenannt ist. Also, dass es da drin nochmal so einen kleinen Mikrokosmos gibt von „Benannten“ und „Unbenannten“. Und wir da dann nochmal sagen, okay, du entsprichst der veganen Norm nur, wenn du so und so aussiehst und so und so fit bist und das und das isst und so und so eloquent bist. Aber wenn du das nicht bist, dann bist du esoterisch, dann bist du adipös, dann bist du was auch immer. Also, denk dir was aus.

Wir übernehmen dadurch ja einfach nur dieses System, was in der Gesellschaft generell schon existiert und schließen dadurch ja nicht alle ein, sondern ganz viele wieder aus. Und es geht doch wirklich darum, dass wir eine große Gemeinschaft bilden und dass wir es gemeinsam schaffen, unsere Lebensgrundlage zu retten. Und der Veganismus wäre dafür wirklich eine super Grundlage, wenn wir es schaffen, aus diesem Klein-Klein zu steigen und größer zu denken.

Und genau da stehe ich im Moment, dass ich denke, es muss doch möglich sein, dass ich darüber nachdenke, wie das möglich sein kann, dass wir den Veganismus als Basis nehmen für eine neue Gesellschaftsform, die wirklich alle Lebewesen berücksichtigt und sich die Erhaltung unserer Lebensgrundlage als Ziel setzt. Für mich war das schon eine ganze Weile klar, dass Nachhaltigkeit ohne Veganismus nicht funktionieren kann. Also nicht alles, was vegan ist, ist nachhaltig, aber alles, was nachhaltig ist, sollte auch vegan sein.

Und ich bin jetzt ganz gespannt darauf, wie sich das Thema im Clan weiterentwickelt, was wir da noch diskutieren werden und wie sich der Prozess dann an meinem Gehirn weiterentwickeln kann. Und ich bin wirklich sehr gespannt, wie sich das alles noch weiterentwickeln wird und ob wir es schaffen werden, da wirklich rauszukommen aus diesem Klein-Klein und diesen Kämpfen zwischen Veganer·innen und das ganze größer denken können, denn so viel Zeit bleibt uns ja gar nicht mehr, um unsere Welt, um unsere Lebensgrundlage zu retten. Und da wäre es doch super, wenn wir uns mit allen anderen zusammen tun würden, die ebenfalls die Welt retten wollen und dann einen gemeinschaftlichen Gesellschaftsentwurf wagen würden.

Carsten und ich machen das ja jetzt schon im Einfach Vegan Podcast für uns mit dir zusammen, wenn du das möchtest und überlegen uns, wie ein neues Wohlstandsmodell aussehen kann.

Soweit erst mal zu meinem mentalen Prozess. Und wenn du Fragen hast oder Anregungen, dann bist du immer herzlich eingeladen, mir auch eine E-Mail zu schreiben an post [at] vonherzenvegan [punkt] de. Und ich möchte mich an dieser Stelle auch nochmal bei allen Steady-Unterstützer·innen bedanken, die mich monatlich finanziell unterstützen. Ihr seid wirklich klasse. Danke schön.

Ja und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Planet B | Sprache und Sein – Kübra Gümüsay
https://viertausendhertz.de/plb06/

Gerichtsurteil: Veganismus als Weltanschauung in Großbritannien
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-01/grossbritannien-veganismus-philosophische-glaubensrichtung-ernaehrung-vegan

Video: Vegan - Ernährungsform oder Weltanschauung?
https://www.youtube.com/watch?v=9ranVDIizus&feature=youtu.be

Ich kann nicht immer nett sein.

Ein Beitrag

Folge 069 - Ich kann nicht immer nett sein.

Bist Du die ewig gleichen Fragen und Diskussionen auch manchmal so satt?

Gerade wenn es Menschen sind, die Dir nahe stehen oder Du nett findest, willst Du sie eigentlich wohlwollend auf ihrem Weg ins vegane Leben unterstützen.

Aber "Lächeln, loben, nicken, Verständnis aufbringen... Das fällt mir nicht (immer) leicht.", wie eine Kundin von mir schreibt.

Mir ist das jetzt aktuell auch passiert und für mich persönlich ist es immer ein Warnsignal, dass ich mehr auf mich achten und für mich sorgen sollte.

Wenn ich meinen Mitmenschen nicht mehr offen und wertschätzend gegenübertreten kann, habe ich mich meist in der Vergangenheit vernachlässigt und bin über meine Bedürfnisse und Grenzen hinweggangen.

Wie ich damit umgehe, berichte ich in dieser Folge.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und diese Folge ist quasi eine Fortsetzung der vorangegangenen Folge. Du kannst sie aber auch völlig unabhängig voneinander hören.

Ich habe die Geschichte einfach nur aus dem selben Setting gezogen. Sie hat jetzt einfach einen anderen Schwerpunkt und zwar war ich bei einer Fortbildung für Kursleiterinnen der VHS und wir hatten schon einige Zeit miteinander verbracht. Dann gab es eine längere Pause, damit wir was zu Mittag essen konnten und ich bin dann losgezogen und habe mir einen veganen Burger besorgt, habe den in meiner Metalldose zurück transportiert in den Pausenraum und habe mich da dann mit, ich glaube, sechs anderen Teilnehmer·innen an einen Tisch gesetzt und jede hatte etwas anderes dabei.

Die meisten hatten sich auch was gekauft, aber eben nicht in ihre Dosen packen lassen, sondern in ein Verpackungsmaterial, was sie danach weggeschmissen haben. Eine·r hatte sich was von zu Hause mitgebracht und da die anderen wussten, dass ich Kurse zum Thema Nachhaltigkeit gebe, hat mich die eine, die mir gegenüber saß, dann gleich gefragt: Was ist denn da auf deinem Klima Burger? Woraufhin ich gesagt habe, das ist ein veganer Burger und ich glaube, das Patty ist ein Seitan Patty. Woraufhin mich die Person, die neben mir saß, gefragt hat, wie denn da der Verbrauch sei im Vergleich jetzt so? Und da habe ich den Fehler gemacht, nicht zu fragen im Vergleich zu was, sondern gleich anzunehmen, dass sie Fleisch meint und ich habe dann auch gedacht, ob sie vielleicht irgendwie nicht ganz informiert ist und habe sie gefragt, meinst du Soja, weil ja die meisten immer mit diesem Soja Argument kommen und bei Seitan hatte ich das bisher noch nicht gehört und sonst kommt ja immer Soja, dein Sojakonsum zerstört den Regenwald und so weiter.

Sie meinte das aber dann in Bezug auf Wasser und da habe ich mich tatsächlich noch nicht informiert, was ich jetzt auf jeden Fall nachholen werde, wie hoch der Wasserverbrauch eines Seitanpatties ist und wie das dann im Vergleich zu anderen vergleichbaren Produkten steht.

Und dann kam wieder die Diskussion zu Plastik, eingeschweißte Biogurke in Plastik und der konventionellen Gurke ohne Plastik. Ich kaufe zum Beispiel mittlerweile Salatgurken, nur noch wenn sie Saison haben und dann halt auf dem Wochenmarkt oder im Hofladen und da sind sie dann eben nicht eingepackt. Und klar, wenn du sie im Supermarkt kaufst, dann kann das sein, dass die Biogurke in Plastik eingeschweißt ist. Heißt eben, ich verzichte zu der Zeit, jetzt im Moment zum Beispiel, im Winter auf Gurken und Tomaten, weil sie einfach keine Saison haben und ja, mein Leben ist dadurch etwas eingeschränkter, aber es ist mir wert.

So, die gleiche Person hatte mich dann auch nochmal so mit dem „Jetzt test ich dich mal“ - Ton in der Stimme gefragt: „Ja wie stehst du denn so zu Avocados?“ und das war halt, ja das ich gedacht habe, Mensch, warum, warum und dann habe ich ihr gesagt, dass ich keine Avocados esse, früher habe ich sie schon gegessen, aber mittlerweile denke ich eben, das muss ja nicht sein.

Und ich merke einfach auch, dass es Situationen gibt, in denen es mir schwer fällt, immer und immer wieder die gleichen Fragen zu beantworten, auch wenn diese Menschen sie wahrscheinlich zum ersten Mal stellen und ich weiß, dass es unter meinen Hörer·innen auch Menschen gibt, denen es schwer fällt, immer zu lächeln und freundlich zu sein und kleine Schritte zu bejubeln, die andere tun und das wertzuschätzen, was die anderen tun, auch wenn es nur ganz klein ist. Obwohl wir dann doch irgendwie diesen Hintergedanken haben, meine Güte, das reicht nicht, mach doch mal bitte jetzt einen großen Schritt und nicht so einen kleinen. Das in dem Moment dann laut auszusprechen, wäre natürlich kontraproduktiv, es aber in mich reinzufressen, ist auch nicht gut.

Und deswegen schreibe ich solche Sachen immer auf, spreche auch viel mit anderen darüber, vor allem mit Carsten und teile das dann mit Gleichgesinnten, die mich verstehen, wo ich offen sein kann und einfach darüber reden kann.

Und was mir auch hilft, sind meine Powerups, diese Energieschübe, die kleinen Übungen, die ich in meinen Alltag einbaue, ganz regelmäßig. Dinge, die mir gut tun und die mich stärken und dann mich auch solche Situationen überstehen lassen und auch dieses Mitgefühl in mir dann öffnen für die Menschen, die einfach noch einen längeren Weg vor sich haben, die den Weg in ihrem Tempo gehen und die mir helfen, nicht ungeduldig zu sein mit meinen Mitmenschen, obwohl ich ihnen vielleicht schon so viele Schritte voraus bin, dass ich mittlerweile denke, meine Güte, was brauchst du so lange dafür?

Wenn ich mich dabei ertappe, dass ich so denke, dass ich mein Gegenüber dafür verurteile, dass es noch nicht den großen Schritt gemacht hat und immer noch da fest steckt und sagt, ich könnte nie auf Käse verzichten oder ich schaffe es einfach nicht zum Unverpackladen zu gehen (obwohl der Unverpackladen direkt um die Ecke liegt, also nicht, wenn der Unverpackladen 100 Kilometer entfernt in der nächsten Stadt ist, also hat alles eine Relation), dann ist es für mich ein Warnsignal, dass ich wieder mehr für mich sorgen muss.

Meine Intention, meine Wertvorstellung, mein Ideal ist es, dass ich Mitgefühl für alle Lebewesen habe, quasi bedingungslos und das kann ich nur leben, wenn ich gut für mich sorge. Wenn ich merke, dass ich andere verurteile für das, was sie tun oder noch nicht tun, dann sorge ich gerade nicht gut genug für mich selbst, dann kann ich mein Herz einfach nicht öffnen, dann bin ich innerlich eigentlich mehr mit mir selbst beschäftigt, als dass ich die Kraft habe, für andere da zu sein und Fürsorge für uns selbst sieht für jeden Menschen anders aus.

Ich ziehe mich oft zurück, gehe gerne alleine in den Wald oder alleine irgendwo hin, wo keine Menschen sind, ich lese, ich schreibe, ich male, ich hör schöne Musik, ich tausche mich mit meinem Mann aus, ich spiele Spiele mit meinem Mann und meinem Kind, wir puzzeln zusammen, das sind alles Dinge, die ich für mich tue und wenn ich dann wieder mehr in mir ruhe, dann kann ich mich auch wieder mehr für andere öffnen und für sie da sein und das abfedern, dass sie mir Dinge erzählen, die für mich eigentlich nicht in Ordnung sind, aber diesen Menschen zubilligen, dass sie den Weg in ihrem Tempo gehen.

Ich habe auch lange Jahre gebraucht, um vegan zu werden und ich habe auch lange Jahre gebraucht, um zu verstehen, was Nachhaltigkeit wirklich bedeutet und ich lerne immer noch, ich lerne die ganze Zeit dazu, ich bin nicht perfekt, ich lerne, ich lerne die ganze Zeit und wenn ich mir vorstelle, dass es da Menschen gibt, die viel weiter sind als ich und dass sie mich verurteilen dafür, dass ich noch nicht so weit bin und mir Vorhaltungen machen, dann fühlt sich das für mich ganz furchtbar an.

Ich möchte lieber offen angenommen und liebevoll unterstützt werden dabei, dass ich meinen Weg weitergehe und genau das, was ich mir für mich wünsche, möchte ich eben auch für andere weitergeben.

Ich verstehe dich total, wenn du in so einer Situation bist und einfach keine Kraft mehr hast zu lächeln und freundlich zu sein, obwohl du innerlich das Gefühl hast, es ist überhaupt nicht so - jetzt, verzichte endlich auf Käse, lass es endlich sein, da ist so viel Unendliches Leid damit verbunden - aber vielleicht ist dein Gegenüber einfach noch nicht so weit und wenn du jetzt das aussprichst, was du denkst und damit Druck erzeugst, wird er·sie vielleicht nie so weit sein.

Deswegen ist mein Weg, mich dann zurückzuziehen und für mich zu sorgen, bis ich wieder so viel Kraft habe zu lächeln und mein Gegenüber freundlich zu unterstützen und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Die ideologische Stoffserviette

Ein Beitrag

Folge 068 - die ideologische Stoffserviette

Bei einer Veranstaltung wurde ich während der Mittagspause darauf angesprochen, ob ich meine eigene Stoffserviette mitbringe, weil ich die Nutzung von Papierservietten aus ideologischen Gründen verweigere.

Diese Frage hat mich zunächst stark irritiert, war doch "Ideologie" für mich eher negativ besetzt.

In dieser Folge nehme ich die Stoffserviette zum Anlass kritisch über meine Definition von "Ideologie" nachzudenken und auch mein Handeln in diesem Zusammenhang zu erörtern.

Bin ich dogmatisch, wenn ich konsequent handele? War die Frage überhaupt so gemeint? Wie gehe ich damit um?

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte dir heute eine kleine Geschichte erzählen, die mir vor kurzem passiert ist.

Ich war bei einer Fortbildung für VHS-Kursleiter·innen und in der Mittagspause bin ich dann losgezogen, um mir einen Burger zu besorgen, weil ich in letzter Zeit so selten in die Stadt komme, dass das für mich ein Highlight war zu Vincent Vegan zu gehen und mir einen Burger zu holen. Wir hatten nur ganz wenig Zeit und ich musste ganz schnell hin und wieder zurück und eine von den Teilnehmer·innen hat mich begleitet und sie hat sich dann woanders was geholt und ich habe mir meinen Burger direkt in meine Dose einpacken lassen.

Ich hatte mich vorbereitet, ich nehme meistens eine Dose, eine Stoffserviette, einen Strohhalm aus Metall und Besteck mit, da ich jetzt aber wusste, ich werde auf jeden Fall einen Burger essen und brauche kein Besteck, hatte ich das Besteck zu Hause gelassen. Ich war also vorbereitet, ich habe dann den Burger mir direkt in meine Dose packen lassen, bin damit wieder zurück und dann haben wir uns in dem Pausenraum gesetzt und gegessen und wir waren irgendwie so sechs Leute und jede·r hat so unterschiedlich etwas gegessen.

Manche hatte sich selbst was von zu Hause mitgebracht und die anderen hatten sich was gekauft, zwei mit Styroporverpackungen so To-go Sachen, eine hatte sich wohl was beim Bäcker besorgt und die anderen weiß ich jetzt nicht mehr, jedenfalls habe ich dann meine Dose dahingestellt und habe in meinem Rucksack nach meiner Stoffserviette gekramt und da hat mir dann hilfsbereit eine Teilnehmerin eine Papierserviette angeboten und ich meinte, ich habe eine Serviette dabei, ich muss sie nur eben finden, dann habe ich sie auch gefunden.

Und dann meinte die andere Teilnehmerin, die neben mir saß und mit mir auch das Essen geholt hatte, dass sie mir auch eine Papierserviette angeboten hätte, aber dass sie gedacht hat, dass ich die wahrscheinlich aus ideologischen Gründen ablehnen würde. Und das hat mich im ersten Moment total abgestoßen, dass ich gedacht habe: „Was? Ideologisch? Ich und eine Stoffserviette - wie kann die denn ideologisch sein, was ist das denn?“

Dann habe ich da länger darüber nachgedacht, ich habe in dem Moment ganz spontan erst mal gar nichts dazu gesagt, nur einfach das quasi überspielt, indem ich die Serviette benutzt und weiter gegessen habe.

Im Nachhinein hat es aber dann in mir gewirkt, weil ich dann gedacht habe: warum denkt sie denn, dass das ideologisch ist, dass ich eine Stoffserviette benutze und keine Papierserviette? Für mich ist es einfach nur konsequent, weil ich denke, wenn ich gut vorbereitet bin, dann ist es auch gar kein Problem, wirklich auf diese ganzen To-go Sachen zu verzichten und ein bisschen was für die Umwelt zu tun. Und in der Vergangenheit habe ich halt öfter mal sowas einfach nicht mitgenommen und dann hat mich das total genervt, wenn ich dann doch eben wieder die Papierserviette genommen habe oder doch mir was To-go einpacken lassen habe und dann womöglich noch eine Plastiktüte dabei hatte und alles.

Und deswegen bin ich jetzt vorbereitet und für mich ist es, wie gesagt, einfach nur konsequent, ich habe dann aber nochmal nachgeschaut, was heißt denn jetzt ideologisch eigentlich, was bedeutet Ideologie und warum ist mir das so sauer aufgestoßen, dass sie mich als ideologisch oder meine Handlung als ideologisch bezeichnet hat und auch eben mir quasi unterstellt hat, dass ich eine Ideologie folge.

Früher hätten wir natürlich im Brockhaus nachgeschaut, heute ist das wohl Wikipedia, ich habe jetzt allerdings im Wiktionary geschaut und da steht: „Ideologie ist eine Anschauung, oft auch Weltanschauung, eine bestimmte Meinung, ein Ergebnis eines Diskurses, eine Idee, eine Denkweise über Mensch und Gesellschaft, die zu bestimmten Zielen, Ergebnissen führen und diese unterstützen soll. Eine politische und soziale Theorie, ein System von Anschauung, Begriffen und anderen ideellen Komponenten, welches einen gesellschaftlichen Standpunkt darstellt“

Und wenn ich das so sehe, dann kann ich dem zustimmen, also es ist für mich ein gesellschaftlicher Standpunkt, dass ich dafür stehe, so nachhaltig wie möglich zu handeln und ja, natürlich ist es bequemer sich da keine Gedanken drüber zu machen, aber ich finde es einfach konsequent und ja, es ist für mich ein gesellschaftlicher Standpunkt. Insofern hat sie damit eigentlich recht, dass ich aus ideologischen Gründen auf die Papierserviette verzichte und die Stoffserviette nehme.

Und dann habe ich mich aber gefragt, warum ist es denn so negativ bei mir angekommen, warum habe ich denn da so ein Problem mit und es gibt auch eine zweite Definition, vor der „negativ besetzt“ steht: „Ein häufig erstarrter dogmatischer Diskurs, eine in dieser Art aufzufassende Meinung, eine Meinung, die mit der Absicht vertreten wird, andere oder sich selbst zu täuschen“ und ich glaube, dass in mir eben diese negativ besetzte Definition von Ideologie vorherrscht und ich dadurch ihren Kommentar bewertet habe und gedacht habe: nein, das bin ich nicht, ich will mich nicht täuschen und ich möchte auch andere nicht täuschen und ich möchte niemanden meine Meinung aufzwingen, das ist das alles gar nicht und deswegen habe ich mich so dagegen gewehrt und fand das einfach unpassend, dass sie das gesagt hat. Weil ich gedacht habe, hey, es ist konsequent, die Hütte brennt, wir müssen handeln, wir haben keine Zeit mehr, wir müssen etwas tun und da ist Menschen, die konsequent dann etwas tun, als, ja, einer Ideologie verfallen zu bezeichnen eher kontraproduktiv.

Jetzt weiß ich natürlich nicht, ob ihr Kommentar die erste Definition zugrunde gelegt hat oder die zweite Definition, ob sie es eher negativ gesehen hat oder nicht, ich habe sie nicht gefragt und deswegen sind das alles nur Spekulationen, die ich anstellen kann.

Letztlich spielt sich die ganze Diskussion, die ich jetzt gerade eben aufgesprochen habe, nur in meinem Kopf ab, ich reagiere auf das, was sie sagt, sie sagt, dass ich wahrscheinlich aus ideologischen Gründen in die Papierserviette ablehnen werde und ich interpretiere das so, dass sie mich verurteilt, dass sie das negativ sieht und dass sie denkt, dass ich einem Dogma verfallen bin.

Es kann aber eben auch sein, dass sie denkt, dass ich gewisse Ideale habe und dass ich die eben nicht verraten möchte und dass sie denkt, dass ich bestimmte Werte habe, denen ich folge. Aber wie gesagt, das weiß ich nicht, das ist alles nur in meinem Kopf und letztlich liegt es dann an mir zu reagieren.

Bei mir hat sich dieser Kommentar auch lange festgesetzt und auf der Rückfahrt, das war eine etwas längere Rückfahrt von dem Kurs, habe ich dann da immer wieder darüber nachgedacht und habe mich dann so hochgeschaukelt und gedacht, meine Güte, wie kann sie das nur so nennen, ideologisch und also, was soll das denn und das kann doch gar nicht wahr sein. Ich habe mich dann regelrecht so daran festgebissen und als ich zu Hause war, habe ich dann erst mal alles aufgeschrieben, was in meinem Kopf war, weil mir das mittlerweile hilft, um klarer zu denken und auch all das negative rauszulassen.

Manchmal schreibe ich es tatsächlich auf Toilettenpapier und spüle es ab, wenn es ganze negative Sachen sind, so wie Ajahn Brahm das empfiehlt, aber oft hilft es, einfach das aufzuschreiben und dann nochmal zu reflektieren. Oder ich rede mit Carsten da drüber, um mir dann nochmal meine Meinung von außen einzuholen, weil eben vieles einfach nur durch unsere Wahrnehmung gesehen wird, durch unsere subjektive Brille.

Und mittlerweile, seit ich jetzt auch nochmal die Definition gelesen habe, kann ich damit jetzt auch schon wieder viel besser umgehen und kann auch sagen, ja okay, ich folge ideellen Werten und in der positiven, nicht negativ besetzten Definition kann ich dieser Aussage zustimmen.

Was natürlich nichts an der Situation ändert, dass ich dann wieder irgendwie der Freak war, diejenige, die es anders macht und den anderen damit dann auch wieder den Spiegel vorhält. Und das ist natürlich etwas, was du als Veganer·in auch gut kennst, allein dadurch, dass du es anders machst, hältst du deinen Mitmenschen den Spiegel vor und das löst natürlich wieder in den Mitmenschen negative Gefühle aus, die sie dann wiederum mit spitzen Kommentaren an dir auslassen. Und natürlich ist auch so etwas bei diesem Treffen passiert, bei diesem Pausenessen und darüber werde ich dann in der nächsten Folge noch einmal sprechen.

Ja und dann freue ich mich natürlich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Welche Geschichten erzählst Du Dir?

Ein Beitrag

Folge 067 - Welche Geschichten erzählst Du Dir?

Welche Geschichten erzählst Du Dir über Dich?

Wir alle erzählen uns immer wieder Geschichten über uns- warum wir z.B. niemals auf Käse verzichten oder warum wir heute einfach nicht zum Aquajoggingkurs gehen können.

Genauso häufig schreiben wir aber auch unsere Geschichten neu, wenn wir dann doch vegan leben und regelmäßig zum Aquajogging gehen.

Vieles passiert nur in unserem Kopf und wir sollten nicht alles glauben, was wir denken.

Wenn es eine Geschichte gibt, die Du Dir immer wieder über Dich erzählst und die Dich belastet, dann versuch doch einmal sie neu zu schreiben. Setz Dich gemütlich hin, schnapp Dir Stift und Papier und schreib los: wie müsstest Du die Geschichte ändern, damit sie sich gut anfühlt?

Wenn Du die Geschichte aufschreibst, kann sie wahr werden.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge darüber sprechen, was für Geschichten du dir über dich selbst erzählst.

Zunächst möchte ich dich einmal fragen, ob du gut ins neue Jahr gekommen bist. Ich habe die Zeit zwischen den Jahren genutzt, um ein wenig Abstand zu gewinnen von allem und mich ein bisschen zurück zu ziehen, viel spazieren zu gehen und viel mit meinem Mann und meinem Kind zu unternehmen. Und ich nutze die Zeit zwischen den Jahren und so die ersten Tage des neuen Jahres auch immer dazu, auf das vergangene abgeschlossene Jahr zurück zu blicken und mir einige Fragen dazu zu stellen. Und ich möchte dich dazu einladen, wenn du magst, stell dir doch auch diese Fragen, wenn du das alles noch nicht gemacht hast, denn häufig hetzen wir ja so durch unseren Alltag und schauen gar nicht zurück und feiern das, was wir erreicht haben, sondern wir nehmen das vielleicht in dem Moment wahr, wenn wir es erreicht haben, aber dann vergessen wir es auch ganz schnell wieder und gucken nur wieder nach vorne, was alles noch gemacht werden muss und was du alles noch nicht geschafft hast.

Und ich habe mir folgende Fragen gestellt: Wie fühlt sich für mich 2019 an? Was waren die wichtigsten Wendepunkte für mich und meine Familie? Wie ausgefüllt war für mich das letzte Jahr? Was macht 2019 besonders für mich? Wofür bin ich dankbar? Warum hat mich 2019 stärker und weiser gemacht? Was habe ich gelernt? Was nehme ich mit von 2019 in 2020? Was hat funktioniert? Und was lasse ich los?

Und das sind so die Fragen, in die ich mir jetzt auch schon seit mehreren Jahren immer wieder stelle und das ist auch ganz schön, das zu dokumentieren und dann im Rückblick zu sehen über die verschiedenen Jahre, wie sich das so entwickelt. Da kennst du bestimmt auch einige Werkzeuge schon. Und ja, wenn du magst und wenn sich das stimmig und gut für dich anfühlt, dann setz dich doch mal hin, nimm dir eine schöne Tasse Tee oder was auch immer du gerne trinkst, machs dir ganz gemütlich und lass mal diese Fragen in deinem Kopf kreisen und lass das Jahr 2019 mal Revue passieren. Was hast du alles geschafft? Was hast du erreicht auch vor allem? Wofür kannst du dich feiern? Wofür kannst du dir auf die Schulter klopfen? Was war wirklich gut? Und nimm dir dafür wirklich auch ein bisschen Zeit, ein, zwei Stunden, dass du in Ruhe ganz allein dich dahin setzen kannst und wirklich ganz gemütlich dir da deine Gedanken zu machen kannst.

Ja und wie ich zu Beginn gesagt habe, in dieser Folge möchte ich darüber sprechen, was für Geschichten du dir über dich selbst erzählst. Und Geschichten über Erfolge sind natürlich auch Geschichten über dich, über deine Erfolge. Und häufig passiert es ja, dass wir uns immer wieder Geschichten über uns erzählen, zum Beispiel warum wir dies oder das nicht schaffen können. Und das sind tatsächlich einfach nur Geschichten, die wir erzählen und die wir auch neu erzählen können.

Und ich möchte dich einfach mit dieser Folge ein wenig dazu anstiften, dir einmal zu überlegen, was sind denn das für Geschichten, die du dir erzählst, warum dein veganer Alltag anstrengend und schwer ist, vielleicht, warum irgendwelche Hürden immer wieder kommen und warum du das einfach nicht schaffen kannst oder warum vielleicht Konflikte mit dem Partner oder der Partnerin immer wieder kommen und welche Geschichte du dir dazu erzählst.

Letztlich gibt es ja nicht die eine Realität, sondern immer nur unsere Realität, unsere Wahrnehmung und die Wahrnehmung der anderen. Das heißt, es gibt nicht nur den einen Blick auf das, was passiert, sondern ganz viele Geschichten, die darüber erzählt werden, denn wir sind ja alle ganz unterschiedlich aufgewachsen, sind ganz individuelle Menschen und haben ganz individuelle Erfahrungen gemacht. Und je nachdem, wie wir geprägt sind, sehen wir die Welt einfach durch unsere Brille und erzählen dann auch dementsprechend unsere Geschichte, unsere Realität. Und so wie ich etwas wahrnehme, heißt es nicht, dass du das genauso wahrnimmst.

Vielleicht ein Beispiel. Wenn du dir erzählst, dass du nicht auf Käse verzichten kannst. Wenn du jetzt schon vegan lebst und auf Käse verzichtest, dann hast du diese Geschichte erfolgreich neu geschrieben, aber vorher hast du das geglaubt, dass du niemals auf Käse verzichten könntest. So ging es mir auch jahrelang, dass ich dachte, Käse, da kann ich niemals darauf verzichten, aber ich habe es dann letztlich geschafft und mich eines Besseren belehren lassen und meine Geschichte dazu neu geschrieben.

All diese Gedanken, die in deinem Kopf kreisen, diese Wahrheiten, die du in deinem Kopf hast über dich und dein Leben, das sind letztlich alles die Ergebnisse deiner Vergangenheit, deiner Erfahrung, die du gemacht hast. Und das sind letztlich Geschichten. Und ich finde es einfach schön, das aus dieser Perspektive zu sehen und ganz vorsichtig, das alles einmal zu beleuchten und zu schauen, ob du da nicht vielleicht doch etwas ändern kannst, wenn du belastende Geschichten in dir trägst.

Oft sind diese Geschichten ja auch mit Ansprüchen verknüpft. Wir haben oft sehr hohe Ansprüche an uns, diese Perfektionsgedanken tragen wir oft in uns. Und wenn wir das Ganze ein bisschen spielerisch angehen und uns überlegen, wie könnte ich diese Geschichte neu schreiben, was wären da Handlungselemente und was wären da für Möglichkeiten, die ich dann als Person, als Hauptcharakter in dieser Geschichte dann erleben würde? Wie würde sich das anfühlen und wie könnte das sein? Denn sobald wir diese Geschichten in die Welt bringen und das so aufschreiben, als würde es tatsächlich passieren, da ist das aufschreiben auch wieder sehr wichtig, dann können diese Geschichten auch wahr werden. Denn dann haben wir sie erst mal in unserem Kopf und wir tragen sie mit uns herum und es arbeitet dann einfach weiter in uns und es fällt uns dann viel leichter, diese Geschichten wahr werden zu lassen.

Also wenn du dir irgendeine Geschichte über dich erzählst, warum du etwas nicht schaffst oder einfach nicht kannst und dich das belastet, denn es kann ja auch sein, dass du sagst, naja, ich kann einfach nicht singen und es stört dich aber auch nicht. Also, dass du einfach keine Lust hast zu singen und deswegen erzählst, du könntest es halt nicht, weil dir dann in der Vergangenheit mal eine Musiklehrerin gesagt hat, du könntest es nicht und du das seitdem einfach als Ausrede nutzt, weil du keine Lust hast zu singen. Das wäre auch wieder eine Geschichte, die du über dich erzählst und vielleicht kannst du ja singen und eigentlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass alle Menschen irgendwie singen können, das hört sich halt unterschiedlich an, aber wenn du einfach keine Lust dazu hast, dann ist es doch völlig in Ordnung, wenn du diese Geschichte weiterhin erzählst.

Aber wenn es da eine Geschichte gibt, die dich belastet, dann versuch sie doch einmal umzuschreiben. Überleg dir, wie es für dich entspannter sein könnte, wie du dich besser fühlen würdest und wie diese Geschichte dann für dich funktionieren würde, wie würde sie aussehen, ganz detailliert und am besten in der Gegenwart geschrieben. So als würde sie gerade stattfinden.

Generell ist eine Psychologie-Regel, wir sollten nicht alles glauben, was wir denken, denn in unserem Kopf findet ganz viel statt, was eigentlich gar nicht wahr ist. Und auch da kann eben das Geschichten schreiben über dich selbst und dir überlegen, was für Geschichten du dir erzählst sehr hilfreich sein.

Und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Wann bin ich eigentlich vegan?

Ein Beitrag

Folge 066 - Wann bin ich eigentlich vegan?

In den vergangenen 5 Jahren habe ich viele Veganer·innen kennengelernt. Manche lebten schon viel länger als ich vegan, andere kürzer und wieder andere wollten sich nicht mehr vegan nennen, weil ihnen der Begriff vegan als zu negativ besetzt erschien.

Ich habe viele Diskussionen verfolgt und auch selbst geführt, rund um die Frage wie vegan etwas ist.

Und ich habe immer wieder gemerkt, wie sehr es Menschen, die gerade am Beginn ihres veganen Lebens stehen, verunsichert, wenn langjährige Veganer·innen sie mit Tatsachen konfrontieren, über die sie noch gar nicht nachgedacht haben.

Darum blicke ich in dieser Folge auf die ursprüngliche Definition der Vegan Society of England, die besagt:" Veganism is a way of living which seeks to exclude, as far as is possible and practicable, all forms of exploitation of, and cruelty to, animals for food, clothing or any other purpose."

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen.

Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge über die grundsätzliche Definition von vegan sprechen.

Ich lebe jetzt seit fast fünf Jahren vegan und habe in dieser Zeit sehr, sehr viele Veganer·innen kennengelernt und auch ihre verschiedene Art vegan zu leben. Also vom anfänglichen her nur das Essen betreffend, über die Kleidung und verschiedene Kosmetika hin auch zu keinen Zoobesuchen mehr, sich mit Tierversuchen beschäftigend und auch generell Firmen zu boykottieren, die viel Tierleid verursachen. Und da habe ich eine ganze Bandbreite an Menschen kennengelernt, die alles vereinen oder nur vereinzelt einige Dinge leben, aber alle vegan leben und sich alle auch als vegan bezeichnen.

Dann habe ich wiederum Menschen kennengelernt, die sich nicht mehr als vegan bezeichnen wollen, weil sie das Gefühl haben, dass dieser Begriff negativ besetzt ist und sie nicht mit diesem Negativen in Verbindung gebracht werden wollen. Die gar nicht sagen, dass sie vegan leben, es aber eigentlich tun und vielleicht sagen, dass sie sich pflanzlich ernähren oder einfach gar nicht darüber sprechen. Dann habe ich vor allem in Facebookgruppen Menschen kennengelernt, die schon länger vegan leben, die Menschen, die noch nicht so lange vegan leben vorhalten, dass sie, wenn diese zum Beispiel jetzt ein veganes Produkt im Supermarkt entdeckt haben und freudig darüber berichten, dass dieses Produkt aber eben nicht palmölfrei sei. Oder von einem Hersteller, der viel Tierleid verursacht oder nicht verpackungsfrei oder, oder, oder.

Und all diese Erlebnisse und Erfahrungen haben in mir dieses Gefühl ausgelöst, dass es doch einige Veganer·innen gibt, die veganer als andere sind oder sein wollen oder sich so sehen. Und dass es vielen Menschen, die am Anfang stehen und gerade im Begriff sind, vegan zu werden, dadurch sehr schwer fällt sich überhaupt auch selbst als vegan zu bezeichnen, so dass viele sagen „Ich bin im Übergang, ich lebe noch nicht so richtig vegan.“ Und wenn ich dann da nachfrage „Was ist denn da? Warum sagst du, du lebst noch nicht so richtig vegan?“ dann haben diese Menschen vielleicht noch Lederschuhe oder sie machen noch Ausnahmen für ihre Oma, die sie nicht enttäuschen wollen und essen einmal im Jahr ihre Kekse oder so was. Und da herrscht einfach eine große Verunsicherung, auch bei Menschen, die gerade beginnen, vegan zu leben.

Und ich möchte das jetzt einmal zum Anlass nehmen und die offizielle Definition von Veganismus oder Vegan der Vegan Society zitieren, und zwar die deutsche Übersetzung. Die Begriffsdefinitionen geht nämlich auf die bereits 1944 gegründete Vegan Society of England zurück, genauer gesagt auf dessen Mitbegründer Donald Watson. Und die heute verwendete Definition entstand mit der offiziellen Anerkennung der Vegan Society als gemeinnützige Organisation im Jahre 1979 und lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:

„Veganismus ist eine Lebensweise, die versucht - soweit wie praktisch durchführbar - alle Formen der Ausbeutung und Grausamkeiten an leidensfähigen Tieren für Essen, Kleidung und andere Zwecke zu vermeiden; und in weiterer Folge die Entwicklung und Verwendung von tierfreien Alternativen zu Gunsten von Mensch, Tier und Umwelt fördert. In Bezug auf die Ernährung bedeutet dies den Verzicht auf alle Produkte, die zur Gänze oder teilweise von Tieren gewonnen werden.“

Diese Übersetzung habe ich der Internetseite der Veganen Gesellschaft von Österreich entnommen und die wichtige Komponente dieser Definition ist tatsächlich „so weit wie praktisch durchführbar“.

Und das nimmt natürlich allen Menschen, die einem erzählen: „Was machst du denn auf einer einsamen Insel? Hm, aber für dein Getreide, da wurden auch Tiere getötet. Was machst du denn mit den ganzen Insekten, die getötet wurden? usw. und so fort.“ Also diesen ganzen Argumenten nimmt diese Definition definitiv den Wind aus den Segeln und macht das alles auch realistisch. Wir leben in einer nicht veganen Welt. Das ist leider so. Wir sind immer noch eine Minderheit. Der Idealzustand wäre, dass alle Menschen vegan leben würden und es keinen Grund mehr gäbe, Tierleid zu verursachen. Solange wir aber noch auf dem Weg dorthin sind, ist es das für uns gesündeste und praktikabelste uns an diese Definition zu halten, „so weit wie praktisch durchführbar“, unseren Veganismus zu leben.

Und ich möchte diese Definition auch auf alle ausweiten, die sich in der Entwicklung befinden, die gerade eingestiegen sind, vegan zu leben. Dass du deinen Veganismus immer so weit durchführst, wie gerade praktisch möglich, denn Menschen, die schon länger vegan leben, hatten schon viel mehr Möglichkeiten, sich mit der Materie zu beschäftigen. Und ich kann aus Erfahrung sagen, dass es ein Bewusstwerdungsprozess ist, was eigentlich alles hinter Veganismus steckt und was das alles bedingt. Bei mir war es so, dass erst mit dem vegan leben dann auch das Bewusstsein für die Nachhaltigkeit kam und ich erst nach und nach in Frage gestellt habe, was ich da eigentlich alles tue und ich auch nach und nach erst mein Verhalten angepasst habe. Ich habe auch ganz lange noch Lederschuhe getragen, weil ich sie einfach nicht wegschmeißen wollte. Für mich ist das immer ein Abwägen „Was ist jetzt wirklich sinnvoll und was ist auch nachhaltig?“ Und ich konnte irgendwann einfach keine Lederschuhe mehr anziehen, weil sich das für mich komisch angefühlt hat. Und dann habe ich die Lederschuhe, die ich noch hatte, verkauft oder verschenkt und mir dann ein neues Paar vegane Schuhe gekauft, so dass ich heute keine Lederschuhe mehr besitze.

Das war aber alles ein Prozess. Das kam nicht mit einem Fingerschnippen auf einmal. Natürlich kann es sein, dass du ein Mensch bist, der sofort alles radikal auf den Kopf stellt. Das kann natürlich sein. Wir sind einfach unterschiedliche Menschen und jeder und jede von uns geht da ihren oder seinen eigenen Weg. Ich finde es dabei sehr erleichternd, wenn ich mich immer wieder auf die Definitionen der Vegan Society zurückbesinne und mir überlege, soweit praktisch durchführbar. Das gilt ja auch für Medikamente zum Beispiel. Wenn ich jetzt ein bestimmtes Medikament dringend brauche und das ist leider nicht vegan oder es ist mit Tierversuchen an Tieren getestet worden und ich kann aber kein anderes bekommen. Dann würde ich in diesem Fall höchstwahrscheinlich dieses Medikament nehmen, auch wenn es eben nicht meinen Grundsätzen entspricht. Und auch da würdest du vielleicht anders handeln. Und auch das ist eben ganz individuell. Das kommt jetzt wieder ganz darauf an, wie du als Mensch gestrickt bist und welche Möglichkeiten, welche Kraftreserven dir vielleicht auch zur Verfügung stehen.

Um noch mal zu verdeutlichen, was ich damit meine: Eine Bekannte von mir hat lange versucht vegan zu leben und hatte aber gleichzeitig so viel um die Ohren und große Probleme mit dem Vater ihrer Kinder, der ihr die Kinder wegnehmen wollte und es letztlich auch tatsächlich gemacht hat, dass sie einfach in ihrem Leben keinen Platz hatte für diese Gedanken um den Veganismus. Da waren andere Dinge, die für sie viel existenzieller waren, um die sie sich zuerst kümmern musste. Und da war einfach kein Platz zu schauen, wie sie das jetzt schaffen kann, vegan zu leben. Und das meine ich auch mit Möglichkeiten und Kraft und Energiereserven. Denn wenn du in deinem Leben an verschiedensten Fronten unterwegs bist und sehr viel Kraft und Energie in verschiedensten Bereichen aufwendest und gerade am Anfang stehst, um vegan zu werden, dann kann es gut sein, dass du das vegan werden erst mal verschiebst, weil andere Dinge für dich gerade jetzt in diesem Moment wichtiger sind oder später in diesem Prozess, dass du vielleicht schon vegan lebst, dass du dich also vegan ernährst, aber gerade keine Kraft hast, sich jetzt auch noch mit den Tierleid verursachenden Firmen zu beschäftigen oder dich mit Kleidung zu beschäftigen oder mit Nachhaltigkeitsaspekten.

Und deswegen plädiere ich auch dafür, diese Definition so zu sehen, dass ich eben meinen Möglichkeiten entsprechend den Veganismus in mein Leben integriere. Und wenn ich eben gerade erst nur meine Ernährung umstellen kann, dann bin ich eben nur in diesem Bereich vegan. Dann ist es halt gerade so und dann wird die Zeit kommen, dass ich mich auch noch mit den anderen Bereichen beschäftigen kann. Ich bin aber immerhin schon einen wichtigen Schritt gegangen. Wenn wir beginnen, wirklich alles ins Detail zu hinterfragen, dann können wir eigentlich gar nichts mehr essen, trinken, kaufen oder generell irgendwie auf diesem Planeten existieren, weil wirklich alles irgendwie auf irgendeinem Weg mit Tierleid zusammenhängt. Das ist dann definitiv nicht praktikabel.

Denn auch das Gemüse oder Obst, was angebaut wird, ist nicht vegan, weil es unter Umständen eben mit nicht veganem Dünger gedüngt wurde oder Pflanzenschutzmittel gespritzt wurden, die wiederum andere Tiere töten oder bei der Verarbeitung Tiere getötet wurden oder beim Transport Tiere getötet wurden. Und es gibt immer irgendwie irgendwas. Vielleicht sind auch die Maschinen, die die Ernte verarbeiten, aus tierlichen Materialien hergestellt. Also irgendwo in den Reifen oder generell irgendwo in der Maschine ist irgendetwas drin. Also es kann immer irgendetwas sein. Wir können da immer tiefer bohren und immer wieder schauen. Oder derjenige oder diejenige, die jetzt da geerntet hat, lebt nicht vegan und verursacht deswegen Tierleid. Das kann alles möglich sein.

Also das Konsequenteste, um Tierleid zu vermeiden, um den Planeten zu entlasten, wäre tatsächlich, wenn die Menschheit aussterben würde. Und solange wir das nicht wollen, müssen wir da leider Kompromisse eingehen. Da hilft es eben, sich an diese Definition zu halten und zu sagen „Soweit praktisch durchführbar, lebe ich diesen Veganismus und versuche so wenig Tierleid wie möglich zu verursachen.“ Und da ist für mich wirklich jeder Schritt wertvoll. Jeden Schritt, den du da gehen kannst, jedes Mal, wenn du merkst okay, da könnte ich noch was verbessern, da könnte ich noch was ändern, das könnte ich anders machen. Das ist jedes Mal ein wertvoller Schritt, den du gehst, so dass wir dann irgendwann unser Ziel erreichen und in einer Gesellschaft leben, die friedvoll und liebevoll mit allen Lebewesen umgeht.

Und in der Definition heißt es ja auch an allen leidensfähigen Tieren also geht es da auch wieder um die Definition: Was macht das Tier jetzt leidensfähig? Und kann ein Regenwurm tatsächlich Leid erfahren? Leidet der? Und wie ist es mit Mikroben und Bakterien? Können die leiden und Bäume und Pilze und ich weiß nicht was, also können die leiden? Sich diese Definitionen immer wieder vor Augen zu führen und das Handeln, dein Handeln damit abzugleichen, das hilft mir enorm und ich hoffe auch, dass dir das hilft, wenn du mal wieder vor einer Entscheidung stehst und dir überlegst „Sollte ich nicht besser so oder so handeln?“ Oder in einer Endlosschleife grübelst, ob das jetzt okay ist zum Beispiel eine Wurmkiste dir in die Küche zu stellen? Ist es in Ordnung, Würmer zu halten? Ist das überhaupt noch vegan? Das ist nämlich zum Beispiel so eine Endlosschleife, in der ich mich jetzt die ganze Zeit befunden habe. Also da hilft mir das zu sagen okay, das ist keine Ausbeutung an leidensfähigen Tieren. Also ist es für mich in Ordnung. Und auch da kannst du natürlich wieder anderer Meinung sein.

Wichtig ist mir tatsächlich, dich auf deinem individuellen Weg entsprechend deiner Möglichkeiten zu unterstützen. Und dazu gehört auch, dass du gut auf dich achtest und gut für dich sorgst. Und entsprechend dieser Maxime habe ich beschlossen, dass ich jetzt eine Winterpause für diesen Podcast einläuten werde. Die nächste Folge erscheint dann am 12.01.2020. Für spezielle Unterstützung in Notfallsituationen hör dir gerne noch mal die Folgen 13, 14 und 15 an. Die hatte ich letztes Jahr extra aufgenommen für die Weihnachtszeit und die sind natürlich nach wie vor aktuell. Das heißt, da findest du ganz viele Tipps, wie du die Weihnachtszeit auch noch ganz souverän überstehst oder wie du nach einem nervenaufreibenden Familienessen deine kreisenden Gedanken stoppst, zum Beispiel. Also Folge 13, 14 und 15 dieses Podcasts lohnt es sich noch anzuhören, wenn du dich da vorbereiten möchtest.

Und dann wünsche ich dir eine schöne Vorweihnachtszeit, entspannte Weihnachtsfeiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2020. Und ich wünsche dir, dass all deine Träume und Wünsche in Erfüllung gehen. Und dann freue ich mich, wenn wir uns im nächsten Jahr wieder hören.

Links zur Folge

Zwischen Heißhunger und Perfektionismus

Ein Beitrag

Folge 065 - Zwischen Heißhunger und Perfektionismus

Auch diese Folge ist inspiriert durch ein Thema, das im Live Chat im Rahmen der Gelassen Vegan durch die Weihnachtszeit Challenge aufkam.

Ein Clanmitglied, nennen wir sie Maria, bat mich um Rat, weil sie bei Heißhunger immer wieder Gelüste nach nicht-veganen Speisen hat.

Maria lebt seit etwa einem Jahr vegan und hadert immer wieder mit sich, weil sie in stressigen Situationen am liebsten einen Döner oder ähnliches Fast Food kaufen würde.

Im Laufe des Chats sprachen wir auch über Ersatzprodukte von Firmen, die kein rein veganes Sortiment vertreiben und ob es in Ordnung ist diese Produkte im Notfall zu kaufen oder nicht.

Meine Meinung dazu und einen kleinen Exkurs zum Thema Heißhunger hörst Du in dieser Folge.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge über Heißhunger und unsere Ansprüche an uns selbst sprechen.

Inspiriert hat mich dazu ein Clanmitglied. Nennen wir sie Maria, die seit ungefähr einem Jahr vegan lebt und während eines Livechats mich um Rat gefragt hat, was sie bei Heißhungerattacken tun kann. Da entwickelt sie immer Gelüste auf nicht-veganes Fastfood, vor allem so wie Döner oder Pizza oder Berliner. Und es fällt ihr schwer, da veganen Ersatz zu finden. Im Laufe dieser Diskussionen, die wir mit mehreren Teilnehmerinnen geführt haben, kamen dann auch Ersatzprodukte zur Sprache von Herstellern, die wir aus ethischen Gründen nicht unterstützen sollten. Und wir haben darüber diskutiert, ob das in Ordnung ist, wenn Maria zu diesen Ersatzprodukten greift, obwohl das eigentlich ethisch nicht in Ordnung ist, sie damit aber zumindest nichts Veganes isst und ihre Heißhunger Gelüste damit befriedigen kann.

Und es mündete darin, dass eine andere Teilnehmerin Maria, gesagt hat, dass sie sich doch nicht von uns unter Druck gesetzt fühlen sollte, wenn wir sagen, wir essen diese Produkte oder wir kaufen diese Produkte aus ethischen Gründen nicht und sie einfach im Moment das noch braucht und diese Produkte die einfachste Variante sind, um ihre Heißhunger Gelüste zu befriedigen. Und Maria antwortete darauf: „Das ist lieb von dir, dass du das schreibst und keinen Druck aufbaust, aber den mach ich mir ein wenig selber. Klingt vielleicht etwas kindisch, aber ihr seid alle schon so etwas wie Vorbilder und ich möchte dann schon irgendwann mit euch aufschließen können.“

Und über diesen Druck möchte ich jetzt hier einmal sprechen. Es geht beim vegan leben nicht darum, perfekt zu sein. Wenn wir diesen Anspruch an uns selbst haben, perfekt zu sein und einem Ideal zu entsprechen, das makellos ist und ethisch zu 100 % korrekt, dann können wir nur scheitern. Wir sind Menschen und Menschen sind einfach nicht perfekt. Ich kann dieses Streben nach Perfektion sehr gut verstehen. Ich ertappe mich auch immer wieder dabei, dass ich denke, aber ich müsste doch eigentlich und mich da unter Druck setze und versuche einem Ideal zu entsprechen und andere können das doch auch. Und mich dann vergleiche und dann immer wieder feststelle, dass das Vergleichen mit anderen einfach so nicht funktioniert.

Niemand anders hat dieses Leben, das ich lebe. Wir sind alle ganz individuell und niemand kann 100 % dir selbst entsprechen. Das kannst nur du. Und auch du veränderst dich ständig, denn du bist jetzt gerade eine andere Person, als du noch vor zwei Sekunden warst, einfach weil sich dein Körper beständig verändert und deine Umgebung. Die Zeit schreitet fort. Alles ist im Fluss und alles verändert sich. Warum ist es immer so erstrebenswert, jemand anders zu sein? Warum sind die andern überhaupt besser? Du bist gut so, wie du bist. Du gehst deinen Weg. Schritt für Schritt. In deinem Tempo nach deinen Möglichkeiten. Wenn ich eins gelernt habe in den letzten Jahren und durchaus auch durch die Reflektion der letzten Jahrzehnte, dann, dass Menschen einfach extrem unterschiedlich sind. Und nur weil ich bestimmte Möglichkeiten habe, müssen andere diese Möglichkeiten nicht auch haben. Und nur weil ich die Situation auf diese Art und Weise empfinde, können andere sie doch anders empfinden.

Und du kennst das vielleicht auch. Du liest eine Nachricht an dich und Du empfindest bestimmte Emotionen und liest gewisse Informationen daraus. Und dann gibst du sie deiner Freundin, deinem Freund, deinem Partner, deiner Partnerin zu lesen und der·diejenige liest da was ganz anderes raus. Wir haben einfach alle unsere eigene Realität und beurteilen Situationen aus dieser Realität heraus. Und deswegen funktioniert das Vergleichen auch einfach gar nicht.

Ich möchte dich dazu ermutigen, deinen eigenen Weg zu gehen. Wenn du jetzt noch nicht so weit bist, dass du auf bestimmte Ersatzprodukte verzichten kannst, dann ist das völlig in Ordnung. Dann ist das dein Weg. Das Bewusstsein wird wachsen und du wirst irgendwann die Möglichkeit haben auch da wieder deinen Werten entsprechend zu entscheiden. Wenn du dir zu viel auf einmal vornimmst, dann kannst du leider nur stolpern. Große Schritte sind immer prädestiniert dazu, zu stolpern oder aus der Bahn zu geraten, weit weg zu schlingern. Kleine Schritte, Trippelschritte, winzige Mäuseschrittchen, die sind dazu da, dass du den Kurs hältst. Und immer wieder, selbst wenn du da aus der Bahn geworfen wirst, schnell dann Richtung wieder korrigieren kannst.

Ich möchte dich dazu einladen, liebevoll mit dir selbst umzugehen. Du bist gut so, wie du bist. Wenn du danach strebst, so wie andere zu sein, dann verlierst du dich auch in gewisser Weise auf diesem Weg dorthin. Du kannst dir nur treu sein und du selbst sein. Wenn du auf dich achtest und deinen Weg in deinem Tempo entsprechend deiner Möglichkeiten gehst. Als grobe Richtung eignen sich Vorbilder durchaus, dass du sagen kannst in die Richtung möchte ich gehen. Das ist was, was mich inspiriert. Aber dann mach dein eigenes Bild daraus. Habe das Vertrauen in dich, dass du deinen Weg finden wirst, dass du herausfinden wirst, wie du entsprechend deiner Möglichkeiten so vegan wie möglich leben kannst.

Und ich möchte jetzt zum Abschluss noch einen kleinen Exkurs zum Thema Heißhunger hinzufügen. Ich beschäftige mich schon lange mit dem Thema emotionales Essen und ich kann jedem und jeder Maria Sanchez mit der Webseite sehnsuchtundhunger.de empfehlen. Wenn du dich da angesprochen fühlst, was Essen ohne Hunger angeht - denn Heißhungerattacken und generell Frustessen, emotionales Essen, Essen, wenn du eigentlich gar keinen Hunger hast, das ist alles nichts, was du innerer-Schweinehund-mäßig bekämpfen musst, sondern das bedeutet, dass du psychisch irgendwo nicht satt geworden bist. Du isst stellvertretend für etwas in dir, für Bedürfnisse in dir, die nicht satt geworden sind. Und Maria Sanchez hat da mehrere Bücher geschrieben zu diesem Thema, die du teilweise auch als Hörbücher anhören kannst. Sie gibt Seminare und ich meine, sie hat jetzt gerade auch Onlinekurse zu diesem Thema entwickelt. Ich habe ihre Bücher alle gelesen und ich war auch schon in einem ihrer Seminare und ich kann ihre Arbeit sehr empfehlen, wenn du unter emotionalem Essen leidest.

Denn für mich ist Essen ohne Hunger zu haben, nichts, was ich durch Disziplin unterdrücken müsste. Das habe ich viele Jahre getan und damals auch sehr erfolgreich. Und dann habe ich losgelassen und mich Maria Sanchez Büchern zugewandt. Und ich bin mit dem Thema auch noch nicht durch und bin da auch noch dabei, meinen Weg zu finden. Ich kann dir aber Maria Sanchez Arbeit wirklich nur wärmstens empfehlen und ans Herz legen.

Soweit dieser kleine Exkurs und ich möchte dich noch einmal bestärken: Geh deinen Weg in deinem Tempo. Jeder Schritt ist wertvoll und nur weil du noch nicht die Möglichkeit hast, auf Ersatzprodukte zu verzichten, heißt das nicht, dass du weniger vegan bist als andere Veganer·innen, die diese Möglichkeiten schon haben. Es erfordert ganz viel Kraft, diesen Weg zu gehen. Und ich möchte dich ermutigen, diesen Weg in kleinen Schritten zu gehen.

Und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Maria Sanchez - Emotionales Essen
https://www.sehnsuchtundhunger.de/

Wie gehe ich mit vegan-kritischem Besuch um?

Ein Beitrag

Folge 064 - Wie gehe ich mit vegan-kritischem Besuch um?

Während des Live-Chats in der Gelassen vegan durch die Weihnachtszeit Challenge kam das Gespräch auf die Frage, wie ich mit vegan-kritischem Besuch umgehen soll.

Gemeint war in diesem Fall der Besuch der eigenen Eltern beim erwachsenen Sohn mit seiner eigenen Familie. Konkret: "Wie kann ich meinen Eltern erklären, dass es, wenn sie uns besuchen, bei uns zu Hause nur veganes Essen gibt?"

Andere Clanmitglieder haben ähnliche Probleme mit ihren Schwiegereltern oder Geschwistern.

In dieser Folge gehe ich auf darauf ein und lasse noch einige Clanmitglieder zu Wort kommen.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte heute über das Thema vegan-kritischer Besuch reden.

Dieses Thema kam während eines Live-Chats, während der "Gelassen vegan durch die Weihnachtszeit-Challenge" auf, als ein Teilnehmer fragte, ob wir Tipps hätten, wie er mit seinen Eltern umgehen sollte, wenn sie dann für zwei Wochen zu Besuch kommen, wie er ihnen erklären kann, dass es bei ihnen zu Hause nur veganes Essen gibt.

Vorab, wie immer, es ist natürlich ganz individuell, wie diese Situation gehandhabt werden können. Es gibt nicht den ultimativen Tipp. Alles, was ich jetzt hier sage, sind einfach nur Tipps, im Sinne von: du kannst es ausprobieren, aber es kann sein, dass es für dich nicht funktioniert, weil wir einfach alle ganz individuell sind und unsere Lebensumstände, in denen wir leben, auch ganz individuell sind. Es kann sein, dass die Tipps für dich funktionieren, aber es kann eben auch sein, dass sie nicht funktionieren. Dafür kenne ich deine Lebensumstände einfach nicht.

Im Falle dieses Teilnehmers habe ich ihm dazu geraten, erst einmal mit der Person, also entweder der Mutter oder dem Vater, zu sprechen, der oder die am offensten für dieses Thema ist und generell Diskussionen offen gegenübersteht. Bei den eigenen Eltern herrscht ja immer eine gewisse Dynamik, das Eltern-Kind-Verhältnis können wir auch als erwachsene Kinder nicht ändern, es ist sehr schwierig, weil da im Laufe unseres Lebens gewisse Beziehungen entstanden sind, die uns ganz anders miteinander umgehen lassen, als wenn es zum Beispiel die Schwiegereltern sind, mit denen wir ja normalerweise nicht aufgewachsen sind, oder ganz fremde Personen.

Die eigenen Eltern sind also definitiv ein sehr heikles Thema immer und es ist wirklich ungemein individuell, je nachdem, was für eine Beziehung ihr zueinander habt, wie du aufgewachsen bist, was für Probleme da vielleicht auch noch zwischen euch stehen. Es kann ja durchaus sein, dass du eine schöne Kindheit hattest und dass deine Eltern liebevoll mit dir umgegangen sind und ihr ein gutes Verhältnis zueinander habt. Es kann aber auch genauso gut sein, dass du eine furchtbare Kindheit hattest, deine Eltern die schrecklichsten Menschen der Welt waren und du überhaupt kein gutes Verhältnis zu ihnen hast und dann gibt es natürlich noch alle Schattierungen dazwischen und deswegen ist es halt so schwierig da jetzt den einen ultimativen Tipp zu geben.

In dem Fall von diesem Teilnehmer habe ich ihm empfohlen mit seiner Mutter, die jetzt die offenste Person war, das Gespräch zu suchen und ihr unter vier Augen zu erklären, worum es ihm eigentlich geht. In seiner Situation geht es auch nicht nur um ihn selbst, sondern um seine Frau und sein Kind, was dann eben auch wieder bedeutet, dass da Sorgen von den Großeltern hochkommen können, dass das Kind mangelernährt sein könnte und das sind halt all das Faktoren, die da mit rein spielen. Also mein Tipp ist auf jeden Fall, das Gespräch unter vier Augen mit der Person zu führen, die am offensten für das Thema ist und dann möglichst klar in Ich-Botschaften äußern, wie es dir geht und was dir wichtig ist.

Ich habe mal in einem Film die Protagonisten sagen hören, dass es nicht die Aufgabe der Kinder ist, ihre Eltern zu lieben, sondern die Aufgabe der Eltern ihre Kinder zu lieben. Und ja, ich weiß, es gibt dieses Phänomen, dass Mütter zum Beispiel nach der Geburt ihre Kinder einfach nicht lieben können. Das meine ich damit nicht, sondern dass wir eigentlich als Kinder davon ausgehen können sollten, dass unsere Eltern uns lieben und so annehmen, wie wir sind. Ich kann aus eigener Erfahrungen ganz klar sagen, dass es vielen Eltern nicht leicht fällt und auch für mich selbst als Mutter ist es immer wieder eine Herausforderung, mein Kind so anzunehmen, wie es ist. Und doch habe ich es mir zum Leitsatz gemacht, dass er so sein darf, wie er ist und ich lerne so viel von ihm dadurch, dass ich ihn einfach sein lasse, dass er wütend sein darf und traurig sein darf und dass er seine Meinung haben darf.

Und genauso wäre in einer idealen Welt es so, dass es gar kein Problem darstellen sollte, wenn wir sagen, in unserem Haushalt gibt es nur veganes Essen, das ist unsere Prämisse und da gibt es keine Diskussion, das ist das, wofür ich stehe, dann sollten unsere Eltern das einfach akzeptieren. Und es kann sein, dass deine Eltern das tun, aber es kann eben auch sein, dass sie es nicht tun, weil wir einfach nicht in einer idealen Welt leben.

Und dann hat es ganz viel damit zu tun, dass du deine innere Haltung stärkst, dass du dich quasi gerade machst und dir bewusst machst, bevor du mit ihnen sprichst, was du möchtest, was sind deine Werte, wo kannst du Kompromisse eingehen und wo nicht, was ist dir wirklich wichtig. Setz dich am besten vorher einmal hin, bevor du ein Gespräch führst mit deiner Mutter oder deinem Vater, deiner Schwiegermutter oder deinem Schwiegervater oder deinen Geschwistern, was ja nochmal eine ganz eigene Dynamik ist, und schreib dir auf, was dir wirklich wichtig ist. Wo kannst du Kompromisse eingehen, wo nicht, wo auf gar keinen Fall, das Aufschreiben ist ja tatsächlich so wichtig, weil wir natürlich vieles einfach durchdenken können, aber so bald wir es zu Papier bringen oder halt abtippen, wird es viel klarer.

Ich habe früher auch immer gedacht, na es reicht doch, wenn ich das jetzt ausgesprochen habe oder einfach daran gedacht habe, aber es macht tatsächlich einen Unterschied, ob du es aufschreibst oder einfach nur denkst. Und dann, wenn du diese innere Klarheit hast, kannst du ins Gespräch gehen und mit Ich-Botschaften vermitteln, was dir wichtig ist. Und vielleicht überrascht dich dein Gesprächspartner oder deine Gesprächspartnerin dann und sagt, na klar, ist doch selbstverständlich, ist dein Zuhause und da gelten deinen Regeln, das ist doch ganz klar. Das weißt du vorher nicht, das könnte ja sein. Wir neigen oft dazu vom Schlimmsten aus zu gehen, ich nehme mich da nicht aus, ich habe auch diese Tendenz, und doch überrascht mich das Leben immer wieder und vielleicht überrascht es dich ja auch, und das ist alles gar nicht so schlimm. Und die Gesprächspartnerin oder der Gesprächspartner sagt dann klar, kein Problem, mach ich doch.

Wenn es dann doch nicht so einfach ist, kannst du in die Verhandlungen gehen und dir überlegen, wo kannst du Kompromisse machen und wo nicht. In jedem Fall fühlst du dich aber viel klarer und stärker, wenn du dir vorher bewusst gemacht hast, wofür du stehst. Ich habe diese Frage, wie gehst du mit vegan-kritischem Besuch um, auch noch mal im Clan gestellt und einige Clanmitglieder haben darauf geantwortet.

Zum Beispiel Heike, die geschrieben hat: „Ich lasse vegan-kritischem Besuch gar nicht erst rein. Das ist ein bisschen ernst und ein wenig scherzhaft gemeint. In der Regel weiß mein Besuch, dass ich vegan bin und dass es bei mir nichts Unveganes gibt. Wenn mich jemand besucht, die oder der mich noch nicht gut kennt und ich das erläutern muss, damit die Person nichts Tierisches mitbringt, sage ich meistens: ich weiß, ich lebe in einer nicht-veganen Welt, ich bin in meinem Alltag häufig mit Tierleid konfrontiert und es macht mich dann sehr traurig. Daher habe ich mich entschieden, dass mein Zuhause ein veganer Rückzugsort ist. Wenn du mich besuchst, bitte ich dich, dies zu respektieren.“ Damit hatte ich noch nie Schwierigkeiten. Ich habe auch schon Besucher·innen gehabt, beispielsweise zu meinem Geburtstag, die sich extra informiert haben, ob der Wein, den sie mitbringen, tatsächlich auch vegan ist. Damit ist dann alles erreicht, was ich mit dieser Äußerung erreichen möchte. Erstens, Menschen beschäftigen sich im positiven Sinne mit Veganismus, auch wenn sie dadurch nicht gleich selbst zu Veganerinnen oder Veganer wären. Zweitens, ich habe einen wundervollen veganen Rückzugsort.“

Und Rebecca schreibt: „Durch meine ganze Recherche, die hilfreichen Podcasts zum Thema Veganismus und dieser Community fühle ich mich eigentlich sehr gut gerüstet, um in Auseinandersetzung zu bestehen. Meine Eltern sind eigentlich sehr offen und probieren gerne viele Sachen aus. Zuhause biete ich gerne Veganes zum Essen an, da mein Mann omnivor isst und eigentlich der leidenschaftlichere Koch gibt es meistens auch nichts Veganes. Die meisten in meinem Freundeskreis sind eigentlich auch sehr interessiert und achten darauf, dass ich auch immer was essen kann. Natürlich gibt es aber auch einige, die nicht daran denken, aber meistens finde ich dann doch etwas. Ein Stück Brot oder so gibt es ja doch meistens.“

Elisa schreibt: „Zuhause habe ich eigentlich recht wenige Probleme. Ich mache einfach etwas Veganes und gehe nicht groß darauf ein. Zu Not gibt es bei uns auch einen Bäcker, der Veganes anbietet und ein Café mit teurem veganen Kuchen, wo ich was besorgen kann. Die meisten wissen eh Bescheid und respektieren es. Meine Schwiegermutter macht eigentlich meistens auch etwas Veganes zum Mitbringen. Manchmal greift sie aber auch einfach in die Gefriertruhe und nimmt nicht-veganen Kuchen mit. Sie tut sich sehr schwer, damit beim Backen auf vegan umzustellen, wenn dann macht sie so Rohkostbällchen, die mir blöderweise gar nicht schmecken. Aber ich bin froh, dass sie sehr offen ist und denke, dass es einfach noch ein bisschen Zeit braucht, gerade weil sie einfach seit Jahren in ihrem gewohnten Koch- und Backmuster ist. Insgesamt finde ich Gäste zuhause viel entspannter als selbst Gast zu sein. Da gibt es nämlich oft nichts Veganes, außer man bringt es mit und man muss eigentlich immer darüber reden, warum man etwas nicht essen will.“

Moira schreibt: „Mich stresst es, wenn Besuch kommt oft, dass dieser etwas nicht Veganes mitbringen könnte. Gleichzeitig möchte ich bei Leuten, die ich nicht so gut kenne, auch nicht gleich darüber sprechen. Ich muss dann immer daran denken: woran erkennst du eine Veganerin, daran, dass sie es dir erzählt. Ich möchte dann immer, dass nichts mitgebracht werden muss und stresse mich zusätzlich damit, den Besuch etwas Besonderes Leckeres aufzutischen. Kennt ihr das? Manchmal wünschte ich mir so, ich könnte einfach kurz zum Bäcker und einen veganen Kuchen holen, um nicht immer alles selber machen zu müssen. Meine Eltern unterstützen mich zum Glück sehr, meine Mutter lebt unterdessen auch schon fast vegan. Bei meinen Schwiegereltern ist es komplizierter, da wir uns aber nicht allzu oft sehen bleiben die Konflikte im Rahmen.“

Heike hat darauf geantwortet: „Du könntest auch leckere vegane Kekse im Petto haben, dann musst du nicht backen, wenn es zeitlich und von deiner Energie her nicht hinhaut.“

Meine Idee dazu war noch, dass es zum Beispiel auch sehr gute Backmischungen mittlerweile gibt im Bio-Supermarkt oder im Reformhaus, die sich dann auch relativ schnell zubereiten lassen. Wobei ich die Idee mit den Keksen auch super finde, da muss man ja dann gar nichts mehr machen. Man kann einfach auf Vorrat ein paar Kekse besorgen und die dann auslegen.

Ich kann das verstehen, dass dich das unter Druck setzt, wenn Gäste immer irgendwas mitbringen wollen, die wollen ja einfach nett sein. Die machen das ja nicht um einen zu ärgern, sondern die wollen nett sein und dann muss man denen sagen, jetzt hör auf nett zu sein, bring mir nichts mit. Und das ist total schwierig. Eine Möglichkeit wäre da, mit einem Gast zu sprechen, der oder die dir etwas näher steht, also zu dem oder der du Vertrauen hast und mit ihm oder ihr darüber zu sprechen, wie er oder sie das sieht, also die Situation einmal durchzuspielen und zu sagen, dass dich das unter Druck setzt, dass du nicht möchtest, dass etwas nicht-veganes mitgebracht wird, dich das unter Druck setzt, wenn dann Gäste sagen, ich will aber etwas mitbringen und wie du das vielleicht höflich ablehnen kannst.

Vielleicht hat dein Gast ja eine Idee, denn wir sehen das ja immer nur so von unserer Warte und vielleicht gibt es da jemanden, wie gesagt, mit dem oder der du offen reden kannst und die oder der da eine Idee zu hat, vielleicht wird er oder sie dir dann auch sagen, hey, für mich ist das überhaupt kein Problem, wenn du mir sagst, bring nichts mit, das stört mich überhaupt nicht, das kann ja auch sein und das andere wäre dann, dass vielleicht die Person dann sagt, ja stimmt, ich fühle mich dann verletzt, vielleicht könntest du es so und so sagen, dann fühle ich mich nicht mehr verletzt, also das Gespräch suchen und mal überlegen, ob du jemanden kennst, mit dem oder der du darüber reden könntest.

Anja schreibt noch: „Wenn es Kritik aus meiner Familie gibt, gehe ich sehr schlecht damit um. Bei Besuch von Freunden habe ich nicht das Gefühl, dass ich etwas tierisches anbieten muss, bei meiner Familie schon. Da werden die veganen Speisen gar nicht angerührt, wenn ich dann noch darauf angesprochen werde, reagiere ich genervt, weil ich mich nicht bei einer großen Runde von veganen Kritikern darüber unterhalten und mich rechtfertigen möchte. Beim letzten Besuch bei uns zu Hause habe ich auf eine kritische Bemerkung von meinem Papa genervt entgegnet, dass ich mich nicht bei jedem Treffen über meine Ernährung unterhalten möchte, weil wieder alle Augen auf mich gingen und ich dann eh nichts Richtiges sagen kann und alle nur auf mich einreden, das wollte ich damit abkürzen, natürlich nicht besonders souverän. Ich hatte dann vor, mich am nächsten Tag bei meinem Papa zu melden und ihm das zu erklären und ihm nochmal meinen Standpunkt aufzuzeigen, ohne Publikum, leider ist dann etwas Wichtiges dazwischen gekommen und jetzt gerade vor Weihnachten, dem Fest der Liebe bzw. der Schlachtung, könnte ich mir dieses Vorhaben eigentlich wieder vornehmen.“

Ich hatte Anja geschrieben, dass ich das gut finde, wenn sie das Gespräch unter vier Augen mit ihrem Vater sucht, gerade unter vier Augen, das ist wichtig, das ist ja auch die Erfahrung, die du Anja gemacht hast, dass wenn ihr in einer Gruppe seid, alle auf dich einreden. Es ist total sinnvoll das Gespräch unter vier Augen zu suchen und dann mit deinem Vater darüber zu reden, wie es dir geht und auch hier empfehle ich dir genau wie dem Clanmitglied zu Beginn alles niederzuschreiben und dir vorher klar zu werden, was willst du, was ist dir wirklich wichtig, was sind deine Werte, wofür stehst du, was erwartest du von deinem Vater, wie er mit dir umgeht und was erwartest du von deiner restlichen Familie, wie sie dich behandeln, da dich mal hinzusetzen und zu überlegen, was ist dir wirklich wichtig.

Es gibt Eltern, die wollen, dass wir einer bestimmten Vorstellung entsprechen und es kann sein, wenn deine Eltern dazugehören, dass sie nicht akzeptieren können, dass du dieser Vorstellung nicht entsprichst und es kann sein, dass sie dann von dir verlangen, dich diesen Vorstellungen entsprechen zu ändern und dass sie dich nicht akzeptieren, solange du nicht ihren Vorstellungen entsprichst. Ich wünsche niemanden, dass es ihm oder ihr mit ihren Eltern so geht, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es solche Eltern gibt und sollten deine Eltern sich so verhalten, dann ist es umso wichtiger, dass du darauf schaust, was dir selbst wichtig ist und nicht was deinen Eltern wichtig ist, denn du bist wichtig und du bist gut so, wie du bist. Du bist nicht auf dieser Welt, um den Vorstellungen deiner Eltern zu entsprechen, sondern du bist einfach um deiner Selbstwillen hier, du bist gut so, wie du bist.

Dann wünsche ich dir einen entspannten ersten Advent und freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Meditationen zur mentalen Stärkung

Ein Beitrag

Meditationen zur mentalen Stärkung in der Weihnachtszeit

Ich schenke Dir an jedem Adventssonntag eine Meditation, um Dich gelassen durch die Weihnachtszeit zu geleiten.

Diese Meditationen sind für Dich,

  • wenn Du Dich mental stärken möchtest vor und nach anstrengenden Situationen,
  • Du die Weihnachtszeit endlich einmal in Frieden erleben möchtest,
  • Du oft denkst "ich schaffe das alles nicht, ich bin nicht gut genug, ich müsste viel mehr tun",
  • sich Deine Gedanken nach jedem Familientreffen im Kreis drehen,
  • Du einfach keine Kraft mehr hast immer nur zu lächeln und nett zu sein.

In dieser Folge kannst Du Dir eine erste Meditation anhören, um herauszufinden, ob sie Dir zusagt.

Wenn Du Von Herzen Vegan Letter Leser·in oder Clanmitglied bist, wirst Du die Meditationen automatisch erhalten und brauchst nichts mehr zu tun.

Wenn Du keins von beidem bist, aber trotzdem Zugang zu den Meditationen erhalten möchtest, kannst Du Dich hier kostenlos anmelden und bekommst ganz bequem an jedem Adventssonntag den Link zur aktuellen Meditation mit einigen ergänzenden Worten von mir per E-Mail zugeschickt: https://von-herzen-vegan.de/gelassen-vegan-durch-die-weihnachtszeit

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser Sonderfolge des Von Herzen Vegan Podcasts.

Ich bin Stefanie und ich möchte Dich in dieser Folge auf eine Aktion hinweisen, inspiriert durch die Teilnehmerinnen der "Gelassen Veganen durch die Weihnachtszeit"-Challenge, die sich im Anschluss noch mehr Unterstützung gewünscht haben. Und da dachte ich, ich probiere etwas Neues aus und habe eine Meditation entwickelt, die Du Dir zum Beispiel auf dem Weg zur Familienfeier anhören kannst, um Dich mental zu stärken. Und das ja in der Vorweihnachtszeit und auch an der Weihnachtszeit um Geschenke geht, schenke ich Dir jetzt jeden Adventssonntag eine weitere Meditation.

Du kannst Dir hier im Anschluss direkt die erste Meditation anhören, um Dir ein Bild davon zu machen, wie sich sowas dann anhört, wenn ich sowas mache. Und ob Dir das dann überhaupt gefällt oder nicht.

Geplant habe ich eine weitere Meditation zur Stärkung auf dem Weg zur Familienfeier. Eine andere Variante, ein bisschen dynamischer als die, die Du jetzt gleich anhörst. Dann noch eine, um loszulassen, wenn Du auf dem Rückweg bist von einer Feier, wenn Du vielleicht irgendwas gesagt hast, was Du nicht hast sagen wollen, etwas gegessen hast, was Du nicht essen wolltest, um dann loszulassen.

Und zum dritten Advent dann eine Meditation, um Dich zu stärken, wenn Du das Gefühl hast, Du bist nicht gut genug oder nicht vegan genug oder nicht perfekt genug.

Und für den vierten Advent habe ich mich noch nicht festgelegt, das ist also eine kleine Überraschung. Und wie gesagt, so Heiligabend bekommst Du dann noch einen kleinen Weihnachtsgruß von mir.

Meine Intention ist es, Dich dadurch wirklich entspannt und gelassen durch die Weihnachtszeit zu bringen.

Die Challenge hat Dir das Handwerkszeug gegeben, wie Du Dich vorbereiten kannst und die Meditationen begleiten Dich noch mal und sollen Dich mental stärken. Das soll etwas sein, was Du Dir immer und immer wieder anhören kannst, um Deine innere Kraft zu aktivieren.

Und jetzt wünsche ich Dir ganz viel Entspannung mit meiner Meditation.

Mach es Dir ganz bequem.

Wenn Du sitzt, stell Deine Füße auf den Boden, um Dich zu erden.

Wenn Du liegst, leg Dich ganz bequem auf Deiner Unterlage zurecht.

Atme jetzt tief in den Bauch ein und wieder aus.

Ein und aus.

Wenn Du magst, leg Deine Hände auf Deinen unteren Bauch und beobachte beim nächsten Einatmen, wie sich Deine Hände leicht heben.

Ein und aus.

Atme beim Einatmen durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus.

Zähle beim Einatmen langsam bis vier.

Eins,

zwei,

drei,

vier.

Und beim Ausatmen langsam bis acht.

Eins,

zwei,

drei,

vier,

fünf,

sechs,

sieben,

acht.

Ein und aus.

Wenn Du magst, schließe jetzt Deine Augen und konzentriere Dich ganz auf Deinen Atem.

Atme weiterhin tief in Deinen Bauch hinein.

Gedanken kommen, Gedanken gehen, lass sie ziehen.

Befürchtungen kommen hoch, wende Dich ihnen einzeln zu, wie einem Gast, der Deine Party betritt.

Begrüße sie einzeln, freundlich und wende Dich dann, dem nächsten Gast zu.

Beginne kein Gespräch mit einem Gast, sondern begrüße Befürchtungen für Befürchtungen nacheinander.

Lass jede Befürchtung gehen, um Dich der nächsten Befürchtung zuzuwenden und sie zu begrüßen.

Lass sie kommen und gehen, was geschehen wird, wird geschehen.

Atme dabei weiterhin tief in den Bauch ein und wieder aus, ein und wieder aus.

Spüre, wie sich Deine Hände bei jedem Atemzug bewegen, konzentriere Dich ganz auf dieses Gefühl.

Du bist gut so, wie Du bist.

Du musst nicht perfekt sein.

Du musst nicht auf jede Frage eine Antwort kennen.

Du musst nicht immer die Veganismusflagge hochhalten.

Du musst nicht immer diskutieren.

Lass dein Gefühl entscheiden, wann Du bereit bist für eine Diskussion und wann nicht.

Dein Gefühl ist dein Kompass.

Es wird Dich sicher leiten.

Und wenn Dir alles zu viel wird, darfst Du auch einfach gehen.

Atme weiterhin tief ein und aus.

Was geschehen wird, wird geschehen.

Achte auf Dich, sorge gut für Dich.

Bleib bei Dir.

Du bist wichtig.

Du musst nicht perfekt sein.

Geh Deinen Weg in Deinem Tempo, nach Deinen Möglichkeiten.

Atme noch einmal tief ein und wieder aus.

Du darfst so sein, wie Du bist.

Lss die Befürchtung ziehen.

Du musst nicht perfekt sein.

Du musst nicht diskutieren, wenn Du es nicht möchtest.

Dein Gefühl wird Dich leiten.

Atme nun noch ein paar mal tief ein und wieder aus.

Ein und wieder aus.

Komm nun langsam zurück.

Öffne Deine Augen.

Recke und strecke Dich.

Klopfe Dich ab oder schüttel alles einmal aus.

Und starte nun bestärkt in Deinen Alltag.

Das war jetzt die erste Meditation und wenn Du magst, dann schick mir gerne ein Feedback wie es Dir gefallen hat, z.B. per E-Mail an post@vonherzenvegan.de. Und dann freue ich mich, wenn Du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Du musst nicht immer effizient sein.

Ein Beitrag

Folge 063 - Du musst nicht immer effizient sein.

Ich stolpere immer wieder über den Wunsch möglichst effizient zu sein.

Lange habe ich in jede freie Minute eine Podcastfolge oder Hörbuch zur Weiterbildung gequetscht. Die Hausarbeit habe ich grundsätzlich mit den neusten Podcastfolgen im Ohr erledigt und auch wenn ich unterwegs war, wollte ich die Zeit nicht ungenutzt lassen und habe noch etwas mehr Wissen aufgesaugt.

Vor Jahren konnte ich sogar gar nicht joggen, ohne dabei nicht wenigstens Musik zu hören.

Heute ist das anders. Heute merke ich, wann ich einfach kein Wissen mehr aufnehmen kann und erledige viele Dinge ganz ohne Knopf im Ohr.

Multitasking und effizientes Handeln stehen hoch im Kurs- ich habe gemerkt, dass mir diese Einstellung nur Energie raubt und ich gesünder vorankomme, wenn ich meinen Weg Schritt für Schritt gehe.

 

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte aus aktuellem Anlass mich einmal ganz ganz herzlich für all das nette Feedback bedanken, was mich so erreicht für meine Arbeit, für meine Podcasts, für diesen Podcast, für den Clan und alles, was ich so in die Welt hinausgebe, um dir zu helfen, die Herausforderungen deinem Alltag zu meistern.

Und gerade hat mich eine wirklich sehr berührende E-Mail erreicht, in der sich eine Hörerin sehr, sehr liebevoll bedankt hat für das, was ich tue und damit den Wunsch zum Ausdruck gebracht hat, auch einfach mal etwas zurückzugeben. Und wenn du auch diesen Wunsch hast, etwas zurückzugeben, mich und meine Arbeit zu unterstützen, dann findest du auf meiner Webseite einen Button „Unterstützen“ im Menü ganz oben rechts, oder wenn du mobil unterwegs bist, dann ist es ganz unten. Und dort findest du einige Möglichkeiten aufgelistet. Wenn du hier speziell diesen Podcast unterstützen möchtest, dann freue ich mich immer sehr über iTunes-Rezensionen.

Eine weitere Möglichkeit ist auch, wenn du mich finanziell unterstützen möchtest, um die laufenden Kosten reinzubekommen und vor allem auch, um diese kostenlosen Angebote Menschen zur Verfügung zu stellen, denen es finanziell nicht möglich ist, mich zu unterstützen, dann kannst du über Steady gehen, den Link dazu findest du ebenfalls auf dieser „Unterstützen“-Seite. Das fängt schon mit drei Euro im Monat an, du kannst auch fünf Euro im Monat oder zehn Euro im Monat geben, ich bin für alles sehr dankbar. Momentan fehlen mir noch ungefähr die Hälfte der laufenden Kosten für meine kostenlosen Angebote. Also wenn du mich unterstützen möchtest, dann schau gerne dort einmal rein und wähle die Optionen, die sich für dich stimmig anfühlt.

Auf diesem Weg möchte ich mich auch ganz herzlich bei denen bedanken, die mich schon finanziell unterstützen und die auch schon eine Rezension geschrieben haben. Das ist superklasse und sehr wertvoll. Vielen, vielen Dank.

Diese Folge möchte ich dem Thema Effizienz widmen. Dazu möchte ich dir eine kleine Geschichte erzählen. Du bist ja auch Podcast-Hörer·in, sonst würdest du hier nicht zuhören und ich habe 2006, also vor 13 Jahren, zu Weihnachten, einen iPod geschenkt bekommen. Ich habe damals mein Praxissemester in einer Internet-Agentur gemacht und das war ganz wunderbar da und die Inhaber haben dem Azubi und mir, der Praktikantin, einen iPod geschenkt und ich war total dankbar dafür und habe mich riesig gefreut. Vorher hatte ich noch ein iPod-Shuffle, das ist ja schon ewig her, ich weiß und ich habe mich riesig über diesen iPod gefreut.

Der hat auch bis vor kurzem noch existiert und den habe ich für mein Kind noch genutzt als Medium, also der hat tatsächlich fast 13 Jahre überlebt, dann ist aber leider diese Steckerbuchse, wo du das Kabel reinsteckst, kaputt gegangen und ich konnte ihn nicht reparieren.

Und damals habe ich überlegt, was kann ich mit diesem iPod noch alles machen, außer Hörbücher hören und damals bin ich dann auf Podcasts gestoßen und das war für mich eine riesige neue Welt, eine tolle Entdeckung und ich habe mir unendlich viele Podcasts runtergeladen und habe damals auch den Braincast gehört, vielleicht kennst du den, das war total spannend. Ich habe mir alle Folgen runtergeladen und habe in jeder freien Minute Podcasts gehört und damals war ich noch viel mit dem Auto unterwegs und habe dann währenddessen kein Radio gehört, sondern Podcasts und ich war beim Joggen unterwegs und habe Podcasts gehört und immer wenn ich es irgendwie in meine Zeit einbringen konnte, habe ich Podcasts gehört und das war immer eine super Möglichkeit mich auch weiterzubilden und neue Dinge zu lernen und natürlich auch zur reinen Unterhaltung und das hat sich bei mir so etabliert, dass ich versucht habe in jeder freien Minute möglichst effizient dann auch solche Podcasts zu hören, die mich weiterbringen. Und dann auch beim Abspülen, also beim Haushalt, wann auch immer, beim Staubsaugen dann einen Podcast zu hören oder eben bei jeder freien Möglichkeit.

Und als ich dann vor fünf Jahren angefangen habe, mich mehr um mich selbst zu kümmern und mal in Frage zu stellen, was ich da eigentlich alles tue und mehr auf mich zu schauen, ist mir dann mit den Jahren auch aufgegangen, dass in jeder freien Minute etwas zu tun nicht zielführend sein kann und nicht immer zu Gelassenheit beiträgt. Während ich früher gar nicht joggen konnte, ohne dabei irgendwie Musik oder ein Podcast zu hören, bin ich seit vielen Jahren beim Joggen völlig ohne Kopfhörer unterwegs und mittlerweile auch völlig ohne Handy, weil ich einfach nicht mehr meine Jogging-Routen tracken und die Zeit stoppen möchte. Es geht mir jetzt nicht mehr um den besser, schneller, weiter Wettbewerb, sondern ich jogge einfach, weil es mir gut tut, um das Joggens willen.

Und ich habe das früher auch gemacht, ja, also vor sechs Jahren, als mein Kind noch klein war, hatte ich einen Jogging-Kinderwagen und dann bin ich mit dem Kind und dem Hund durch das Moor gerast und habe da meine elf Kilometer jeden Tag gelaufen und habe das auch getrackt und habe geguckt, dass ich auf 10 km/h komme, da war ich noch sehr stark darauf fokussiert, Leistung zu bringen und mich daran zu messen, was habe ich geschafft. Und mittlerweile jogge ich einfach um das Joggens willen, aber zurück zu dem Podcast.

Ich habe also in jeder freien Minute gehört und irgendwann habe ich dann gemerkt, als mir das alles bewusster wurde, was ich da eigentlich tue, dass eine gewisse Sättigung auch erreicht ist und mich das unter Druck setzt, wenn ich in jeder freien Minute irgendetwas höre und ich habe dann bewusst aufgehört zu hören und dann auch Tätigkeiten wie zum Beispiel Spülen, was ich nicht so toll finde, gemacht, ohne dabei irgendwie mich abzulenken, sondern mich ganz auf diese Tätigkeit zu konzentrieren.

Du kennst das wahrscheinlich auch von Achtsamkeitsübungen und jede buddhistische Lehre sagt dir, dass du dich auf eine Sache konzentrieren sollst und die machst du dann und genau das habe ich eben da auch erlebt, dass es mir mehr Ruhe und Gelassenheit gibt, wenn ich einfach nur spüle, ohne dabei was zu lernen, ohne die Zeit zu nutzen und mir irgendwelche neuen Gedanken anzueignen, sondern mich eben ganz und gar auf diese Tätigkeit einzulassen und so auch zum Beispiel draußen spazieren zu gehen, ohne irgendwie Kopfhörer auf den Ohren zu haben oder in den Ohren je nach dem, was du für Kopfhörer hast, einfach nur die Natur zu genießen und draußen zu sein und das mit allen Sinnen wahrzunehmen, zu versuchen im Hier und Jetzt zu sein.

Was ja quasi die Schlüsselbotschaft ist, im Hier und Jetzt zu sein. Nur wir sind ganz stark darauf gepolt, möglichst effizient alles zu erledigen und so habe ich auch immer versucht, diese Tätigkeiten, bei denen ich die Möglichkeit hatte, dann nochmal irgendwie was Neues zu lernen und nochmal ein Podcast zu hören oder nochmal irgendwie ein Hörbuch zu hören, das alles zu vereinbaren, mit der Möglichkeit dann im Haushalt sauber zu machen oder irgendwie eine Arbeit zu erledigen, bei der ich nicht unbedingt nachdenken muss und bei der ich dann aber auch nochmal nachdenken kann im Sinne von: ich höre dann was, was mich irgendwie weiterbringt. Und das hat mich extrem viel Energie gekostet und das habe ich erst viel später erkannt.

Also wirklich erst seit ich mich auf den Weg gemacht habe, habe ich erkannt, dass Effizienz sehr viel Energie kostet und dass es mir gut tut, wenn ich nicht so effizient unterwegs bin. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass ich mittlerweile ganz klar merke, wenn ich zu viel gehört habe oder wenn ich irgendwas nicht mehr aufnehmen kann, sei es jetzt irgendwie ein Podcast oder ein Hörbuch gehört habe oder ein Buch gelesen. Wenn ich merke, da passt nichts mehr rein in meinen Kopf, ich kann jetzt gerade nichts mehr aufnehmen, ich brauche jetzt eine Pause und die Pause kann kurz sein und lang, die kann Tage dauern oder nur Stunden oder Minuten, aber ich brauche auf jeden Fall eine Pause und ich kann mich nicht pausend los mit neuen Gedanken füttern.

So merke ich mittlerweile, was ich gerade brauche, ob ich bereit bin, neue Dinge aufzunehmen oder ob ich vielleicht eher mich in andere Welten begeben möchte, indem ich Hörbücher wie Harry Potter oder His Dark Materials höre. (His Dark Materials kennst du vielleicht unter dem deutschen Namen, da gibt es „Der goldene Kompass“, „Das magische Messer“ und „Das Bernstein Teleskop“, ich kann dir die Serie sehr, sehr, sehr empfehlen, wenn du sie noch nicht kennst. Und vor allem die Hörbücher sind von Rufus Beck gelesen und das ist so mein absoluter Lieblingssprecher.) Oder halt ein Krimi, aber jedenfalls nichts, was irgendwie Sachliteratur wäre.

Was ich auch immer wieder gerne zwischendurch höre, sind die Hörbücher zu den Büchern von Ajahn Brahm, also „Die Kuh, die weinte“ und „Der Elefant, der das Glück vergaß“. Das ist wirklich schön einfach diese buddhistischen Geschichten, die kleinen lustigen Geschichten sich alle anzuhören und jedes Mal beim Neu-Hören entdecke ich darin neue Facetten. Das ist wirklich was, was du dir immer wieder anhören kannst.

Das ist auch etwas, was ich mir erst erlauben musste, weil ich gedacht habe, ich muss mich ständig weiterbilden, ich muss ständig irgendwelche Podcasts oder Hörbücher hören, die mich weiterbringen und ich darf keine Hörbücher hören, die zum reinen Vergnügen sind, weil ich dadurch möglicherweise auf der Stelle trete und mich nicht weiterentwickele. Dabei ist es eben so wichtig, gut für dich zu sorgen und zu schauen, was dir gut tut und in diesem Fall hat mir die Sachliteratur in dem Moment einfach nicht gut getan. Es gibt einfach Zeiten, in denen mir die Sachliteratur nicht gut tut und in denen ich einfach nichts mehr aufnehmen kann und in denen ich in eine andere Welt verschwinden möchte.

Und dann gibt es wieder Zeiten, in denen es für mich am besten ist, wenn ich einfach gar nichts höre, sondern einfach mal vielleicht mich hinlege und die Augen schließe. Oder wenn ich jetzt irgendeine Tätigkeit ausübe, einfach nur diese Tätigkeit ausübe und nichts anderes dabei tue.

Ich weiß, ich schneide mir damit ins eigene Fleisch. Ich produziere ja Podcasts und ich möchte natürlich, dass die auch gehört werden. Ich möchte nur auf gar keinen Fall, dass du dich dadurch in einer Art Burnout-Situation begibst, weil du die ganze Zeit in jeder Situation Podcasts hörst. Mir hat es sehr geholfen, dass ich geschaut habe, wann tut mir das überhaupt gut und wann sollte ich erstmal von dieser Effizienz lassen? Multitasking wird ja sowieso immer in den höchsten Tönen gelobt. Ich habe für mich gemerkt, dass ich so viel Energie verschleudere, wenn ich versuche, alle möglichen Dinge auf einmal zu machen und dann so schnell ausgebrannt bin und auch keine Energie mehr habe für andere Menschen in meinem Alltag. Vor allem eben für die Menschen, die mir am nächsten stehen.

Und deswegen ist es für mich ein reiner Selbstschutz, mich gegen Effizienz und Multitasking zu entscheiden und dafür, die Dinge Schritt für Schritt zu gehen und eine Sache nach der anderen zu erledigen. Ich bin dann natürlich auch nicht perfekt. Ich lerne immer und immer dazu und ich finde mich auch ab und zu in Situationen wieder, in denen ich versuche, ganz viel auf einmal zu machen und dann merke ich es und dann versuche ich es wieder sein zu lassen.

Der Weg mag dir länger erscheinen, wenn du ihn nur Schritt für Schritt gehst und in kleinen Schritten. Trotzdem wirst du auf Dauer schneller ans Ziel kommen, als jemand, der oder die große, lange Schritte macht und vielleicht ab und zu springt, denn der oder diejenige wird leichter umfallen, wird sich leichter aus der Bahn werfen lassen. Und du verfolgst einen sicheren Weg, einen für dich gesünderen Weg, wenn du in einen kleinen Trippelschritten gehst.

Vielleicht magst du auch in deinem Alltag einmal schauen, wo versuchst du möglichst effizient zu sein und wie geht es dir damit überhaupt? Und einfach mal auszuprobieren, ob es auch möglich ist, nicht effizient zu sein und wie es dir dann damit geht. Mach einfach ein Experiment draus. Du musst dein Leben jetzt nicht radikal verändern, mach es spielerisch, mach ein Experiment draus und überleg dir, hm, heute probier ich es mal anders und dann schaue ich, wie das so für mich ist. Geh es in kleinen Schritten an.

Und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Konflikte mit dem·der nicht-veganen Partner·in

Ein Beitrag

Folge 062 - Konflikte mit dem·r nicht-veganen Partner·in

Während der Gelassen vegan durch die Weihnachtszeit Challenge haben wir zunächst einige Herausforderungen gesammelt und eine davon möchte ich in dieser Folge herausgreifen: das Zusammenleben mit einem·r nicht-veganen Partner·in.

Vielen Veganer·innen geht es ähnlich wie dieser Teilnehmerin, die schreibt:

"Ich bin im Konflikt, einerseits möchte ich meinen Mann seinen Weg gehen lassen, andererseits habe ich das Bedürfnis, ihm zu zeigen, wie schlimm das tagtäglich für mich ist, möchte ihn aber nicht "umerziehen", sondern möchte gelassen warten, bis er sich aus freien Stücken entscheidet."

In dieser Folge berichte ich, wie ich diesen Konflikt für mich selbst gelöst habe und gebe Dir Tipps, wie Du diese Herausforderung auch meistern kannst.

Vollständiges Transkript

Herzlich willkommen zu dieser neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte heute darüber sprechen, wie du damit umgehen kannst, wenn dein·e Partner·in noch nicht vegan lebt.

Diese Herausforderung begegnet mir öfter, jetzt gerade auch während der „Gelassen vegan durch die Weihnachtszeit- Challenge“ ist sie wieder aufgetaucht und in diesem Fall schrieb eine Teilnehmerin: „Ich bin im Konflikt. Einerseits möchte ich meinen Mann seinen Weg gehen lassen, andererseits habe ich das Bedürfnis, ihm zu zeigen, wie schlimm das tatsächlich für mich ist, möchte ihn aber nicht umerziehen, sondern möchte gelassen warten, bis er sich aus freien Stücken entscheidet.“

Und genauso wie dieser Teilnehmerin geht es vielen Veganer·innen, sei es, dass der Partner oder die Partnerin noch Fleisch isst oder dass er·sie Vegetarier·in ist. Mir ging es damals auch nicht anders. Als ich Carsten kennengelernt habe, war ich Vegetarierin und er ein eingefleischter Fleischesser. Das ist jetzt schon viele, viele Jahre her und ich war damals halt auch schon viele, viele, viele Jahre Vegetarierin, weshalb ich das auch gar nicht thematisiert habe. Ich denke, wenn ich damals schon Veganerin gewesen wäre, wäre ich das Thema auch anders angegangen und das hätte mich stärker gestört. Als Vegetarierin war es für mich tatsächlich einfacher, ihn einfach sein zu lassen und es hat dann auch einige Jahre gedauert, bis Carsten dann beschlossen hat, Vegetarier zu werden.

Letztlich war es so, dass ich gesagt habe, unser Kind wird vegetarisch ernährt, keine Diskussion. Und dann hat Carsten gesagt, naja gut, dann ist es ja auch blöd, wenn wir dann immer extra für mich kochen und dann kochen wir doch alle zusammen und dann sind wir jetzt alle vegetarisch. Und es war letztlich also das Ausschlaggebende, dass dann zwei Vegetarier·innen zu Hause waren und er dann der einzige Fleischesser und letztlich sind wir dann gemeinsam vegan geworden. Also ist Carsten einige Jahre später vegetarisch und dann mit mir zusammen vegan geworden. Da war er dann irgendwie auch das Zugpferd, weil er diese Podcastfolge zum Thema Milch gehört hatte und wenn du den Einfach Vegan Podcast hörst, dann kennst du die Geschichte natürlich schon. Wir haben unsere gemeinsame Reise begonnen, das ist aber nur unsere Geschichte und für mich war es damals nicht schwer, das zu tolerieren, dass er weiterhin Tiere gegessen hat, weil ich das sowieso schon die ganzen Jahre davor immer tolerieren musste, weil ich meistens die einzige Vegetarierin in meinem Umfeld war und das war dann eine Gewohnheitssache quasi.

Wie gesagt, wenn ich damals Veganerin gewesen wäre, dann hätte ich wahrscheinlich ganz anders reagiert und das sind aber dann auch alles nur Vermutungen, weil ich es jetzt einfach nicht mehr nachstellen kann, wie ich dann mit Carsten umgegangen wäre, ob wir uns überhaupt kennengelernt hätten, ob ich nicht vielleicht doch dann ein ganz anderes Leben gelebt hätte und ja, dann wäre wahrscheinlich alles ganz anders und du würdest mir hier gar nicht gerade zuhören, weil ich vielleicht überhaupt gar kein Podcast in die Welt hinaus schicken würde. Das ist also alles rein hypothetisch und natürlich auch sehr individuell und deswegen als kleiner Disclaimer vorab: alle Tipps, die ich dir jetzt geben kann, sind genau das, nur Tipps.

Wenn ich mich jetzt dieser konkreten Situation zuwende, dem Konflikt, dass einerseits da eine geliebte Person ist, die anders handelt, als es meinen Werten entspricht und ich diese geliebte Person so ihren Weg gehen lassen möchte, wie es ihr selbst entspricht, ich aber andererseits auch jedes Mal im Konflikt mit meinen eigenen Werten stehe, dann ist das natürlich etwas, was dir Kraft und Energie raubt und wo du täglich einen Kampf für dich ausfechtest. Da wäre meine Vorgehensweise die folgende und wie gesagt, ich weiß nicht, ob sie für dich funktioniert, das ist immer ganz individuell und kommt auf dich an, was für eine Persönlichkeit du hast, kommt auf deine·n Partner·in an, welche Persönlichkeit sie·er hat, das ist wirklich ganz individuell.

Ich würde, gerade wenn es ein·e geliebte·r Partner·in ist, ein Gespräch suchen und in Ich-Botschaften erklären, wie es dir geht. Dazu musst du natürlich erstmal vorher wissen, wie es dir überhaupt geht damit. Und vielleicht kannst du dann in einem Vorbereitungsschritt das erstmal aufschreiben und du könntest auch fiktiv ein Gespräch schon einmal führen, ohne das dann auch durchzuführen und dir überlegen, was könntest du deinem·r Partner·in sagen, wie es dir geht, wie die Situation aus deiner Sicht aussieht. Und du könntest dir aufschreiben, welche Situationen mit deinem·r Partner·in welche Gefühle bei dir auslösen und überlegen, wie diese Situationen anders laufen könnten, damit du nicht gestresst bist oder dich völlig fertig fühlst oder angeekelt oder unter Druck gesetzt und wenn du das alles aufschreibst, dann wird das alles viel klarer, als wenn du es nur durchdenkst.

Wenn du es dann alles aufgeschrieben hast, kannst du dir überlegen, wie du am besten vorgehst, dass du einen ruhigen Moment dir aussuchst, an dem du ein Gespräch unter vier Augen mit deinem·r Partner·in führst und ihm oder ihr erklärst, wie du dich in den verschiedenen Situationen fühlst und dass du auf keinen Fall ihm oder ihr irgendetwas vorwerfen möchtest, sondern einfach deine Gefühle mit ihm oder ihr teilst. Wie gesagt, es kommt darauf an, was dein·e Partner·in für ein Mensch ist, wie er oder sie so drauf ist und ob er oder sie für so etwas offen ist oder nicht.

Wenn ich jetzt auf das konkrete Beispiel, was ich am Anfang vorgelesen habe, eingehe, dann ist das ein·e liebevolle·r Partner·in, der·die sensibel ist und offen, also kann ich davon ausgehen, dass er·sie mir wohlgesonnen ist und auch mir zuhören würde. Generell ist meine Erfahrung, dass offene Gespräche und über Gefühle zu sprechen und über das, was mich bewegt, zu sprechen in einer Partnerschaft sehr heilsam sein kann. Es kommt eben darauf an, wie offen der·die Partner·in damit umgehen kann und generell ist es natürlich wichtig, dass du Ich-Botschaften benutzt. Oft entstehen ja auch Missverständnisse dadurch, dass wir nicht miteinander sprechen, sondern nur unseren Teil denken, warum hat der·diejenige irgendetwas getan und dann war es überhaupt nicht so. Es existiert dann einfach nur in unserem Kopf und wir konstruieren da irgendetwas drum und am Ende meinte der·die andere das gar nicht so, sondern ganz anders und wir werden es nur herausfinden, wie er oder sie das wirklich meinte, wenn wir ihn oder sie danach fragen.

Deswegen ist meine erste Wahl immer das Gespräch zu suchen und ein offenes, absichtsloses Gespräch zu führen. Es geht nicht darum, den Partner oder die Partnerin zu veganisieren und sie·ihn zu überzeugen, dass sie oder er genauso vegan werden soll wie du oder ich. Sondern es geht darum darzulegen, wie du dich fühlst, wie du dich mit dieser Situation fühlst und dann könnt ihr auf dieser Basis vielleicht Kompromisse finden und vielleicht hat dann dein·e Partner·in, auch schon Vorschläge, wie er oder sie damit umgehen könnte. Vielleicht kann er oder sie einfach nur außerhalb des gemeinsamen Haushalts nicht vegan essen. Wenn er oder sie das nicht anders kann, das kommt ganz darauf an, was für dich als Kompromiss in Ordnung wäre und wie dein·e Partner·in darauf reagiert, vielleicht sagt er oder sie hey, ich will dir auf keinen Fall weh tun und ich will dich verstehen, erklär mir doch einfach nochmal, warum du das alles machst und hilf mir, ich schaff das nicht alleine vegan zu werden, hilf mir dabei, vegan zu leben und dann mache ich das sehr gerne für dich. Das kann alles sein, es ist alles möglich, das liegt ganz individuell an euch beiden.

Ein Konfliktaspekt, den es auch noch gibt in solchen Beziehungen, wo der·die eine Partner·in vegan lebt und der·die andere nicht, ist zum Beispiel, wenn dein·e Partner·in schon vegetarisch gelebt hat, als ihr eine Beziehung eingegangen seid und du warst noch Fleischesser·in und jetzt bist du vegan geworden und er oder sie ist immer noch vegetarisch.

Das habe ich auch schon erlebt und das ist tatsächlich ein ganz heikles Thema, weil dein·e vegetarische·r Partner·in vorher eine Art Vorreiterrolle gespielt hat und eigentlich dir schon ein bisschen voraus war und jetzt hast du ihn oder sie überholt und da fühlen sich viele etwas zurückgesetzt und reagieren dann verständlicherweise erstmal so ein bisschen eingeschnappt - mir fährt gerade kein besseres Wort ein, das soll jetzt nicht negativ klingen, aber so ein bisschen nun zurückgestoßen dadurch, dass jetzt auf einmal der·die Partner·in, der·die vorher noch Fleisch gegessen hat, mir als Vegetarier·in, die oder der ich ja schon lange vegetarisch lebe, auf einmal die Welt erklärt und sagt, wie ich das eigentlich richtig machen sollte.

Also ich habe dann so ein Gefühl von „der oder die will mir sagen, ich habe das falsch gemacht, ich habe das noch nicht richtig gemacht, ich habe es noch nicht richtig durchdacht“, dann reagiere ich erstmal wie eine Schnecke, die ihre Fühler wieder einzieht und bin vielleicht auch erstmal ein bisschen bockig, weil ich denke: ich habe die ganze Zeit vegetarisch gelebt und lebe jetzt immer noch vegetarisch und jetzt kommst du auf einmal, der·die die ganze Zeit Fleisch gegessen hast und willst mir jetzt irgendwie was erzählen, dass ich jetzt noch mal was ändern sollte und dass das, was ich mache, gar nicht gut ist, sondern es wäre viel besser, wenn ich vegan leben würde.

Es ist so ein: jetzt habe ich das doch schon die ganze Zeit gemacht und ich war die·der Vorreiter·in und auf einmal ändern sich da die Rollen. Es sind dann tatsächlich diese Rollenbilder, die dann verschoben werden und das kann zu Spannungen führen unter den Partner·innen. Da ist dann tatsächlich ganz viel Fingerspitzengefühl gefragt und da ganz offen drüber zu reden und zu klären, warum du denn jetzt beschlossen hast, vegan zu leben.

Und bei Carsten und mir war es ja eben auch so, dass wir beide Vegetarier·innen waren und er dann eben erklärt hat: hey guck mal, ich trinke jetzt keine Milch und esse keine Milchprodukte mehr, weil das gesundheitlich überhaupt nicht okay ist und ich dann gesagt habe, gut, dann lass uns überhaupt nicht mehr und lass uns jetzt tatsächlich vegan leben. Wir waren halt ständig im Dialog, wir haben über unsere neuen Erkenntnisse gesprochen und uns ausgetauscht. Und das war so ein fließender Prozess, dass wir gesagt haben, ja, komm, wir machen das gemeinsam, wir gehen diesen Weg zusammen, wir sind eine Familie dadurch, dass das Kind ja auch schon da war und ein Haushalt und da machen wir das alle zusammen. Und wir sind diesen Weg seitdem eben auch gemeinsam weitergegangen, sodass wir uns immer wieder über unsere Erkenntnisse austauschen und überlegen, was ergibt Sinn. Carsten experimentiert ganz viel mit seinen besonders gesunden Lebensmitteln, da mache ich nicht immer mit, aber ich profitiere da durchaus auch von, weil ich mich dann ganz darauf verlassen kann, dass er den gesundheitlichen Part bei uns steuert und darauf achtet, dass wir mit allen Nährstoffen versorgt sind und sich da auch immer informiert.

Es ist also wie gesagt ganz individuell und ein Clanmitglied hatte während der Challenge auch erzählt, dass es ihm genauso ging. Er ist mit seiner Frau zusammengekommen, da war sie Vegetarierin und er war noch Fleischesser und sie hat es einige Jahre lang ausgehalten, bis er dann von alleine gesagt hat: okay, ich werde jetzt Vegetarier und dann ist er auch als erster Veganer geworden und dann sind sie jetzt alle Vegan. Und er meint auch im Nachhinein, denkt er sich, oh Gott, wie konnte seine Frau es nur so mit ihm aushalten, aber sie hat es gemacht und sie hat es toleriert und das ist ein schönes Beispiel dafür, dass es gelingen kann.

Jetzt haben wir im Clan auch einige Mitglieder, die eine·n vegane·n Partner·in haben und kleinere Kinder noch dabei und da entstehen dann natürlich noch viel mehr Konflikte, wenn nicht beide an einem Strang ziehen, wenn in diesem Fall der·die Partner·in noch nicht Vegan ist und der·die Partner·in vegan lebt und auch möchte, dass die Kinder vegan leben und der·die Partner·in damit nicht klar kommt und das nicht akzeptieren kann und da quer schlägt. Dann gibt es natürlich ganz besondere Konflikte und das ist wirklich sehr individuell. Da kann ich nur so oberflächliche Tipps geben.

Wir sind alle immer auf der Suche nach dem ultimativen Tipp, doch es ist ganz schwierig, den tatsächlich auf die eigene Situation anzuwenden, weil wir ja ganz individuelle Menschen sind und die Konstellationen sind sehr individuell. Ich habe damals einfach zu Carsten gesagt, unser Kind wird vegetarisch ernährt, keine Diskussion und er hat es akzeptiert und dann ist das so gewesen. Das war mein Weg und das ging auch nur in dieser Konstellation, dass ich so aufgetreten bin und dass Carsten das akzeptiert hat. Bei dir kann das ganz anders sein, wenn du betroffen bist, je nachdem was für eine Persönlichkeit du hast und was für eine Persönlichkeit dein·e Partner·in hat. Und natürlich auch dann, das war jetzt vor der Geburt, dass ich gesagt habe, das Kind wird vegetarisch ernährt, vegan geworden sind wir aber erst drei Jahre später und da war auch keine Diskussion, dass das Kind auch vegan wird, aber da kam dann viel mehr von außen, was mich dann verunsichert hat. Und mittlerweile sind wir da ja total gefestigt, nur da sind dann wieder andere Faktoren noch, die noch dazukommen.

Mir geht es jetzt hier in dieser Folge tatsächlich nur um diese Konflikte, die aufkommen, wenn du vegan lebst und deine·n Partner·in noch nicht und da gibt es eben viele verschiedene Spielarten, wie das aussehen kann. Ich würde in jedem Fall immer das Gespräch suchen und dann eben das Gespräch unter vier Augen in einer ruhigen Minute, also vielleicht nicht nur eine Minute, sondern in einer ruhigen Stunde, die ihr dann gemeinsam verbringt, um ruhig in Ich-Botschaften darüber zu sprechen, was ihr beide fühlt und was eure Intentionen sind dahinter. Wenn es um die Kinder geht, dann sind da ja meist Ängste, dass die Kinder mangelernährt werden. Da wäre es dann total wichtig, wenn du schon alle Fakten bereitliegen hast, die zeigen, dass das Kind nicht mangelernährt sein muss, wenn es vegan lebt. Und vielleicht, dass du da auch nochmal in eine Ernährungsberatung investierst, wenn du da total unsicher bist, das Buch „Vegan Klischee Adé“ von Niko Rittenau ist sehr empfehlenswert. Und dann gibt es da noch zwei Bücher „Vegan in anderen Umständen“ und „Vegan für unsere Sprößlinge“ - ich verlinke das auch alles in den Show-Notes - die beide von Carmen Hercegfi geschrieben wurden. Und wie gesagt, wenn dir die Bücher nicht reichen, ist es tatsächlich sinnvoll, sich da nochmal individuelle Beratung zu holen, Ernährungsberatung bei der veganen Ernährungsberaterin deiner Wahl und dann so vorbereitet ins Gespräch zu gehen, um deinem·r Partner·in alle Ängste zu nehmen, was die vegane Ernährung von Kindern anbelangt.

Denn das ist es meistens, worum es geht, dass dein·e Partner·in Angst hat, dass die eigenen Kinder mangelernährt werden könnten. Und wir tragen als Eltern eine große Verantwortung. Und das ist natürlich total wichtig, dass wir gut informiert sind. Und wenn du gut informiert bist, dann kannst du deinem·r Partner·in die Ängste auch nehmen. Aber wie gesagt, es kommt halt ganz individuell auf euch beide an, wie ihr da gestrickt seid und wie eure Partnerschaft auch abläuft, ob ihr da offen miteinander sprechen könnt oder eher nicht. Es gibt einfach ganz viele verschiedene Faktoren.

Also zusammenfassend möchte ich nochmal sagen: ich plädiere dafür, das Gespräch zu suchen und deinem·r Partner ·in mitzuteilen, wie es dir damit geht, dass er oder sie noch Fleisch isst oder vegetarisch lebt, wenn dich das auch stört. Also dass er oder sie noch nicht vegan lebt und das Gespräch vorzubereiten, indem du alles runter schreibst und dir überlegst, was ist das, was sind die Situationen, die dich stören, was löst das in dir aus, was für Emotionen kommt da hoch und vielleicht dir auch schon mal überlegst, wo könntest du Kompromisse eingehen, was für Vorschläge könntest du machen und dann mit dieser Vorbereitung in ein Gespräch gehst unter vier Augen, um dann deinem Partner oder deiner Partnerin die Möglichkeit zu geben, sich auf dich einzulassen und dir eventuell auch entgegenzukommen.

Dann wünsche ich dir viel Erfolg bei diesem Gespräch und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Buch "Vegan Klischee Adé" von Niko Rittenau
https://www.ventil-vegan.de/produkt/vegan-klischee-ade-erweitert/

Buch "Vegan in anderen Umständen" von Carmen Hercegfi
https://veganverlag.de/produkt/vegan-anderen-umstaenden/

Buch "Vegan für unsere Sprösslinge" von Carmen Hercegfi
https://veganverlag.de/produkt/vegan-sproesslinge/

Nehme ich mein Vegan-Sein noch ernst?

Ein Beitrag

Folge 061 - Nehme ich mein Vegan-Sein überhaupt ernst?

In dieser Folge möchte ich noch einmal über Schuld und Scham sprechen.

Stell Dir vor, Du lebst schon lange vegan, sagen wir 6 Jahre. In diesen Jahren hast Du Dich rein pflanzlich ernährt, Dir wäre auch gar nichts anderes in den Sinn gekommen.

Und dann hast Du diesen stressigen Tag. Du sehnst Dich nach einer Pause. Kaffee. Kaffee ist für Dich ein Seelentröster, eine Entspannungspause. Du möchtest Dir etwas Gutes tun und einfach nur für 5 Minuten einen schönen Kaffee mit Milch trinken.

Dummerweise hast Du Deine Pflanzenmilch zuhause vergessen. Du hast schon zwei Tassen schwarzen Kaffee getrunken und Du sehnst Dich nach einem Schuss Milch im Kaffee.

Du weißt auch nicht was Dich da gerade reitet, doch Du greifst zur Kuhmilch und schüttest sie in Deinen Kaffee. Du trinkst davon und es schmeckt grauenvoll. Kein bisschen nach Entspannung, wie Du es Dir gehofft hattest. Du schämst Dich, schüttest den Kaffee weg und fühlst Dich ungemein schuldig.

Gedanken gehen Dir durch den Kopf. "Wie konnte ich nur?! Kuhmilch?! Meine ich es überhaupt ernst mit dem Vegan-Sein?" Du bist sauer auf Dich. Du hasst Dich regelrecht. Es frisst Dich innerlich auf.

Was kannst Du nun tun? Darüber spreche ich in dieser Podcastfolge.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte in dieser Folge noch einmal über Schuld und Scham reden.

Stell dir vor, du lebst schon lange vegan, sagen wir sechs Jahre und du arbeitest als Grundschullehrer·in und du hast einen stressigen Tag. Die Kinder sind wilder als sonst und du hast nicht gut geschlafen und dir geht's einfach nicht so gut und du willst jetzt einfach mal eine Pause machen. Du hast aber deine Sojamilch vergessen, sodass es keine Pflanzenmilch in der Küche gibt und für dich ist ein Kaffee mit einem Schuss guter Milch, in deinem Fall guter Pflanzenmilch, eine Art zu entspannen. Und du hast schon zwei Tassen schwarzen Kaffee getrunken und jetzt willst du einfach entspannen und einfach mal einen Kaffee mit Milch trinken, nur für fünf Minuten Ruhe von diesem turbulenten Alltag bekommen.

Und du weißt nicht, was dich da reitet, aber du greifst nach der Kuhmilch und schüttest sie in deinen Kaffee. Du trinkst ein bisschen davon und es schmeckt widerlich und du ekelst dich und du kannst es gar nicht trinken und du wolltest dir was Gutes tun, aber es hat einfach nicht funktioniert. Es konnte auch gar nicht funktionieren und du schämst dich und du schüttest den Kaffee weg und fühlst dich schuldig und es ist alles ganz falsch gelaufen. Du fühlst dich kein bisschen besser, was es dir eigentlich sollte, nachdem du diesen Kaffee getrunken hast. Du plagst dich mit diesen Schuldgefühlen, dieser Scham, du weißt nicht, was du jetzt tun sollst.

Und dann kommen Zweifel hoch, nimmst du das eigentlich wirklich ernst mit dem Vegan sein, du lebst zwar schon seit 6 Jahren vegan, aber du hast jetzt Kuhmilch getrunken und du wolltest dir damit was Gutes tun und was geht in deinem Kopf ab, was ist denn da los? Also bist du ne Heuchlerin? Ja, da kommen die ganze Zeit Zweifel hoch und du fühlst dich schuldig und du schämst dich total und du weißt überhaupt nicht, ob du das überhaupt je jemanden erzählen kannst und du fürchtest dich auch davor, dass andere Veganer·innen jetzt sagen werden: nein, du lebst nicht vegan, du bist nicht vegan, wenn dir so etwas passiert. Und du bist auch total sauer auf dich, also du schämst dich und du bist sauer auf dich, dass dir das passieren konnte und es lässt dich einfach nicht mehr los.

Was kannst du in so einer Situation tun, wenn dir so etwas passiert? Ganz wichtig ist erstmal Schuld und Scham voneinander zu unterscheiden. Wir, in unserer christlichen Gesellschaft, nutzen den Begriff Schuld oft im Zusammenhang mit sündig und Sünde und ewiger Verdammnis und wir neigen dazu uns zu geißeln, uns gedanklich mit der neunschwänzigen Katze zu schlagen und „mea culpa, mea maxima culpa“ zu sagen und damit auch gar nicht aufzuhören, das verbinden wir mit Schuld, dass wir ewig daran gebunden sind. Aber diese Definition von Schuld ist tatsächlich in unserer Gesellschaft entstanden, um Menschen klein zu halten und sie abhängig zu machen, von denen die damals und heute etwas zu sagen haben.

Eigentlich bedeutet Schuld, ich habe etwas falsch gemacht und ich übernehme die Verantwortung dafür. Ich sage: ja, ich habe etwas falsch gemacht und ich werde jetzt schauen, wie ich es beim nächsten Mal besser machen kann. Also bei Schuld geht es um deine Handlung und darum, dass du etwas Falsches getan hast und bei Scham geht es darum, dass du selbst falsch bist, du bist falsch, das ist Scham und deswegen sitzt Scham eigentlich noch viel tiefer, weil sie dich selbst in deinem Kern angreift.

Du im Kern bist falsch, nicht deine Handlung ist falsch, sondern du bist falsch und das ist in diesem Beispiel ganz klar, dass du deinen Werten entsprechend falsch gehandelt hast, also bist du in diesem Sinne schuldig, aber du bist nicht als Person falsch.

Wir neigen aber dazu, uns dann selbst an Frage zu stellen, bin ich wirklich richtig, bin ich vegan genug? Meine ich es ernst, bin ich als Person überhaupt zurechnungsfähig? Wir stellen uns also selbst in Frage und solche Gedanken machen uns dann handlungsunfähig. Wir bleiben dann in diesem Gefühl, Schuld und Scham vermischt sich und wir kommen da nicht raus.

Es geht keinesfalls darum, Gefühle zu unterdrücken, das keinesfalls, es ist wichtig den Gefühlen Raum zu geben und sie zu beobachten und ihnen einfach zu gestatten da zu sein und dann ist es ebenso wichtig, dir zu überlegen, wie du beim nächsten Mal anders handeln kannst, die Verantwortung zu übernehmen und zu sagen: ja ich habe einen Fehler gemacht, das war falsch und beim nächsten Mal mache ich es anders. Und dich dann hinzusetzen und dir aufzuschreiben, wie ist es denn überhaupt zu der Situation gekommen, also wie konnte es dazu kommen, dass du zur Kuhmilch gegriffen hast und wie könntest du verhindern, dass es nochmal passiert? Könntest du vielleicht einen größeren Vorrat anlegen, an Sojamilch oder anderer pflanzlicher Milch oder liegt es vielleicht dann doch eher daran, dass du total ausgelaugt warst und am Ende und könntest du da vorbeugen und vielleicht besser für dich sorgen und dich um dich kümmern, dass du überhaupt gar nicht erst an diesem Punkt anlangst, dass du total gestresst bist und jetzt ganz dringend einen Kaffee mit Milch brauchst?

Was genau du da an Strategien aufschreibst, ist ganz individuell, es hängt ganz stark mit deiner Persönlichkeit zusammen und natürlich auch mit der Situation, was passt zu dir und was hast du für Möglichkeiten überhaupt in dieser Situation, was kannst du tun, es ist sehr individuell. Wichtig ist nur, dass du es dir aufschreibst und dich damit beschäftigst, damit du beim nächsten Mal anders handeln kannst. Und dann ist es wichtig, dir Zeit zu geben. Gib dir Zeit, dass all das, was du jetzt fühlst und dieser Schuld- und Scham-Cocktail, dass der vergehen kann.

Wenn du in diesen sechs Jahren noch kein Mal bewusst nach der Kuhmilch gegriffen hast und das jetzt das erste Mal ist, dann sehe ich keinen Grund, dein vegan sein in Frage zu stellen, denn das war eine einmalige Situation und ich sehe es als sehr viel sinnvoller an, dann zu schauen, wie konnte es dazu kommen und dass wie einen Fall, ein Detektivfall vielleicht, nachzukonstruieren und zu überlegen, wie kam es dazu, wie konnte ich so handeln, wie kam es dazu, dass ich zur Kuhmilch gegriffen habe und dann rekonstruierst du den Tathergang und überlegst, was hat dazu geführt, dass ich letztlich zur Kuhmilch gegriffen habe? Ich bin ein großer Fan davon, das alles spielerisch anzugehen, das wäre jetzt eine Möglichkeit zu schauen, du gehst mit der Lupe ran und guckst den Tathergang an und schaust nach Indizien und schaust, wie konnte das passieren und dann natürlich auch zu gucken, was muss ich tun, damit es beim nächsten Mal nicht noch einmal passiert?

Du kannst diese Geschichte auch aus der dritten Person niederschreiben, also er·sie, nimm einen Namen - deinen Namen oder einen anderen Namen - und schreibst in der dritten Person Singular alles nieder, er ·sie trank Kuhmilch, wie konnte das passieren? Als Marianne an diesem Tag aufwachte und so weiter und sofort. Also rekonstruiere den Tathergang, überlege dir, wie es passieren konnte und dann überleg dir, wie du es besser machen kannst, denn es ist wissenschaftlich bewiesen, dass es uns leichter fällt mit unseren Gefühlen und Erlebten klarzukommen, wenn wir das Ganze aus der dritten Person Singular betrachten, also wenn wir die Geschichte nochmal erzählen und nicht sagen, ich tat dies und das, sondern Stefanie trank einen Kakao oder sowas. Probier das doch gerne mal aus, also sei neugierig, sei experimentierfreudig und schreib eine Geschichte über dich in der dritten Person Singular.

Ganz wichtig, wenn dir so etwas passiert, wie ich es gerade geschildert habe und du dir einmal einen Fehltritt leistest, dann bist nicht du falsch, sondern die Handlung war falsch. Nicht du bist es, sondern deine Handlung. Und deine Handlung kannst du jederzeit ändern und dir vornehmen, es beim nächsten Mal anders zu machen.

Ich weiß, dass es schwer ist und doch empfehle ich dir, sei liebevoll zu dir selbst. Versuche, dich liebevoll zu begleiten und nicht zu streng mit dir zu sein. Wir sind immer so hart zu uns selbst und wir machen uns immer so fertig und wir urteilen so stark über uns, wie wir nie über andere urteilen würden. Ja, du hast dann einen Fehler gemacht und jetzt geht es darum, die Verantwortung dafür zu übernehmen, dich gerade zu machen und zu sagen, ja, ich habe das getan und ich gucke jetzt mal, wie ich es beim nächsten Mal besser machen kann.

Und dann freue ich mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Blogartikel "Schuld und Scham" von Dami Charf
https://www.traumaheilung.de/wie-scham-entsteht/

Video zum Thema Scham von Dami Charf
https://www.youtube.com/watch?v=3BVM9pQPoAE

Souverän debattieren mit dem Graslutscher

Ein Beitrag

Folge 060 - Souverän debattieren mit dem Graslutscher

In dieser Folge freue ich mich sehr über meinen Gast: den Graslutscher.

Mir passiert es oft, dass mich Kommentare und Diskussionen in den sozialen Medien aufregen und ich neige dazu sie zu ignorieren, damit ich nicht getriggert werde.

Das ist meine Strategie- um Dir auch noch andere Strategien vorzustellen habe ich mich an einen Experten gewandt, der beruflich viel in den sozialen Medien debattiert und dabei meist gelassen bleibt.

Jan, besser bekannt als der Graslutscher, schreibt nun seit 2014 Artikel, die sich kritisch mit anti-veganen Argumenten auseinandersetzen und steht so ganz bewusst in der Öffentlichkeit und macht sich angreifbar.

  • Wie er damit umgeht,
  • woher er die Energie dazu nimmt sich täglich aufs neue in den Debattierring zu stürzen und
  • welche Tipps er Dir geben kann,

darüber haben wir in dieser Folge gesprochen. Hör doch gleich einmal rein.

Transkript (Korrektur gelesen von Lakoja)

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, die Herausforderungen in deinem veganen Alltag gelassen und souverän zu meistern. Ich bin Stefanie und in dieser Folge freue ich mich ganz, ganz riesig, einen Gast zu haben. Der Graslutscher hatte nämlich Zeit für mich und ich konnte ihn befragen. Ich hatte nämlich einige Fragen zum Thema Social Media. Mir passiert das häufiger und vielleicht dir ja auch, dass da Kommentare auftauchen, die mich emotional triggern und wo es mir dann schwer fällt, sachlich zu bleiben. Und der Graslutscher ist da ja ein Experte in diesem Gebiet, da er das auch zu seinem Beruf gemacht hat, zu debattieren und kritische Artikel zu schreiben. Ich folge ihm auf Twitter. [Anmerkung: mittlerweile bin ich auch nicht mehr bei Twitter, sondern nur noch bei Mastodon und folge dort dem Graslutscher.] Ich bin ja nicht auf Facebook, aber ich schaue immer auf Twitter, was er so schreibt und finde es sehr bewundernswert, wie souverän er dabei bleibt. Und deswegen habe ich ihn gefragt, ob er mir in einer Folge seine Tipps verrät und er hat zugesagt. Und hör doch gleich mal rein.

Stefanie In dieser Folge freue ich mich sehr, dass ich Jan zu Gast habe. Und Jan ist besser bekannt als der Graslutscher. Und für diejenigen Hörerinnen und Hörer, die dich vielleicht noch nicht kennen, könntest du dich bitte einmal vorstellen, Jan?

Jan Hey, guten Morgen. Jetzt hast du schon gespoilert. Mein Name ist Jan und ich betreibe seit 2014 einen Blog. Klingt jetzt erst mal ganz oldschool. Der heißt „Der Graslutscher“. Und den habe ich eigentlich mal angefangen, um Zeit zu sparen, die ich ansonsten verschwendet hätte, mit Diskussionen im Internet. Ich hatte so den Plan, dass ich einfach für jede blöde Frage eine tolle Antwort vorformuliere. Und wenn sie irgendwo gestellt wird, dann poste ich einfach die Antwort rein. Hat dann in der Praxis nicht so gut funktioniert. Ich diskutiere jetzt noch viel mehr als früher, aber das war so die erste Intention. Und ja, deswegen gehört es zu meinem Alltag, sehr viel online zu diskutieren.

Stefanie Und das ist quasi ein super Einstieg, weil das auch der Grund ist, warum ich dich eingeladen habe, weil du so ein Profi im Diskutieren bist. Und ich merke das immer wieder bei mir selbst, wenn ich solche Kommentare jetzt zum Beispiel auf Twitter oder so lese, dann, wenn da wieder irgendwas kommt von wegen „Veganer sind alles religiöse Ideologen oder Fanatiker oder Terroristen“, dann fällt es mir schwer, da irgendwie ruhig zu bleiben und sachlich zu argumentieren. Wie machst du das denn? Woher nimmst du diese Souveränität?

Jan Ja, okay, das unterstellt jetzt, ich wär immer souverän. Das klingt natürlich jetzt für alle Zuhörenden so, also so ist es nicht. Ich bin auch manchmal furchtbar sauer und würde am liebsten irgendwo reinbeißen. Ich glaube, ich mache es einfach schon so lange. Also ich habe, ich überlege gerade, wann habe ich angefangen, kein Fleisch mehr zu essen? Das war irgendwie mit Anfang 20, das ist jetzt über 15 Jahre her. Da gab es auch noch gar kein Facebook und auch kein Twitter. Da habe ich mich mit Leuten im Counter-Strike Forum darüber gestritten, ob man Fleisch essen sollte. Ich weiß, das klingt jetzt ein bisschen verrückt und da habe ich, glaube ich, die ersten zwei, drei Jahre bin ich genauso eskaliert, wie viele andere auch. Und ich glaube, dass es einfach eine Frage der Übung ist, in erster Linie.

Stefanie Und also Übung kann ich mir gut vorstellen. Also du machst es ja beruflich auch, dass du dich jetzt mit anderen rumstreitest. Wie schaffst du es denn, dass du jetzt nicht den ganzen Tag Amok läufst?

Jan Okay, also wenn man jetzt pro vegan argumentiert im Internet, erster Tipp: versuchen, das Thema, wie soll ich sagen, ein bisschen zu abstrahieren. Also wenn ich mir tatsächlich vor so einer Diskussion zum Beispiel jetzt einen Schlachthof-Video angucken würde oder irgendwelches Videomaterial, in dem Tiere gequält werden, dann hätte ich ein großes Problem damit, ruhig zu bleiben, weil dann die Ungerechtigkeit viel stärker triggern würde. Dann würde ich denken „Boah, da sitzt jetzt einer, der macht sich über mich lustig und versucht das alles so ein bisschen als lächerlich darzustellen.“ Und ich habe dann diesen Eindruck noch ganz frisch im Kopf, wie ungerecht das eigentlich ist. Und dann finde ich es auch persönlich schwer, da ruhig und sachlich zu bleiben oder ja auch mit diesen wahnsinnig unlustigen Witzen klarzukommen, die dann da inflationär mal rein gepostet werden. Ich versuche tatsächlich, auch wenn ich irgendwas schreibe, das so ein bisschen von mir wegzuschieben. Ich weiß natürlich rein rational noch was für schlimme Sachen passieren. Ich versuche mich davon emotional ein bisschen loszulösen in dem Moment, einfach um auf eine Sachebene kommen zu können. Ich weiß nicht, ob das alle so können, ob das vielleicht auch eine Frage der Einstellung ist. Ich kann das auch manchmal, wenn ich irgendwie, keine Ahnung, super traurige Filme gucke, mich davon irgendwie abzukoppeln, denn wenn ich es nicht mache, ist vielleicht so ein bisschen so ein Symptom, wie auch manche Ärzte das machen, dass die versuchen, zu manchen Patienten nicht mehr so ein ganz enges Verhältnis aufzubauen, weil es dann umso schwerer wird, auf rein rationaler Ebene damit umzugehen. Und das hilft oft dann. Denn mein Eindruck ist, dass viele Anti-Veganer oder Leute, die halt dagegen argumentieren, versuchen, einen von der Sachebene runter zu bekommen, die versuchen, einen in so einen emotionalen Schlagabtausch zu bekommen, wo dann Beleidigungen fallen und in denen praktisch ein neutraler Beobachter am Ende denken muss „Okay, die sind alle verrückt, die Hardcore Fleischer sind verrückt, aber die Veganer genauso. Und deswegen mache ich so wie alle anderen, ich bin so in der Mitte, ich bin ein moderater Fleischesser und damit fahre ich genau richtig.“ und dann hat man so ein bisschen verloren. Deswegen versuche ich immer, von dieser Ebene wegzubleiben und und wirklich ganz sachlich nur die reinen Argumente auseinander zu nehmen, die die Leute haben. Und dann hat man nämlich ein leichtes Spiel, denn es gibt eigentlich ja kein gutes, plausibles Argument dafür, warum man Fleisch essen sollte, also zumindest im Jahr 2019 nicht.

Stefanie Und wenn dann so jemand aber unsachlich wird und dich irgendwie angeht, machst du dann weiter oder brichst du dann die Diskussion ab?

Jan Das kommt immer ein bisschen darauf an, wo die Diskussion stattfindet. Ich habe ganz oft zum Beispiel Leute, die scheuen dann die offene Bühne, die diskutieren mit mir auf meinem Profil oder sowas und wissen natürlich dann, dass dann potenziell 40.000 Leute mitlesen können. Und dann schreib ich auch zum Beispiel keine Privatnachricht und sage hier, ich wollte nochmal in Ruhe mit dir reden oder sowas. Da gehe ich zum Beispiel gar nicht drauf ein, weil das dann eine Diskussion ist, die ich alleine mit einem sehr überzeugten Fleischesser führe, den ich vermutlich nicht überzeugen werde und der mich auch nicht überzeugt. Das, finde ich zum Beispiel, ist komplett verlorene Zeit. Ich diskutiere nicht mit Leuten, ja, wo ich davon ausgehe, dass die nicht mehr überzeugt werden können, nur weil andere Leute das mitlesen können oder zuhören. Denn das sind eigentlich die Personen, für die ich die Diskussion dann führe, um die zu überzeugen. Die meisten Leute, die so richtig hardcore drauf sind, die, die so ein Schnitzel da reinposten und sagen “Oh. Ich habe von der Diskussion Hunger bekommen. Ich ess’ jetzt Steak.” Das sind Leute, ich glaube, die müssen schon wirklich irgendwann mal aus Versehen in Schweinetransporter reinfahren, um noch mal zum Nachdenken bewegt zu werden. Ansonsten werden die, glaube ich, so bleiben, wie sie sind. Aber die große Menge von Menschen, die da eben nicht so festgelegt ist, die halt jetzt zum Beispiel Fleisch essen einfach aus Gewohnheit, die erreicht man sehr gut, wenn man in so einer Diskussion der sachliche und, ja, sympathischere Part ist. Das war jetzt eine lange Antwort, Entschuldigung.

Stefanie Nein, es ist alles gut. Deswegen frage ich dich ja, nicht, damit ich reden kann, sondern damit du redest. Es klingt so, als würdest du dich auch darauf vorbereiten, auf solche Diskussionen. Ist das so?

Jan Ja, jetzt nicht so richtig wissentlich. Also, es ist jetzt nicht so, dass ich morgens hier am Coworking Space ankomme und sage “So, heute diskutiere ich mal ein bisschen”. Aber wenn ich zum Beispiel sehe, keine Ahnung, dass jemand mit viel Reichweite irgendwas gepostet hat, was sehr leicht angreifbar ist, dann dann räume ich manchmal ein bisschen Zeit frei und sage okay, da investiere ich jetzt mal eine Stunde und guck mal, wie weit wir kommen. Aber meinst du jetzt das? Oder meinst du, dass ich jetzt wirklich sage okay, Dienstag Morgen, mach ich, keine Ahnung, Facebook Diskussion.

Stefanie Zum Beispiel. Aber auch, dass du sagst “okay, ich gehe jetzt nicht einfach so auf Facebook und guck mal, was da so los ist und stürzt mich einfach so in eine Diskussion.”

Jan Ja, das mache ich leider manchmal. Aber das ist nicht schlau. Das mache ich nur, wenn es mich zu sehr triggert. Wenn ich sehe, dass, ja, keine Ahnung, also wenn jetzt zum Beispiel irgendein Bildredakteur was Dummes schreibt oder sowas, dann reagiere ich da eigentlich nicht mehr drauf, weil ich halt weiß, okay, ist ein Bildredakteur oder wenn, wenn Clemens Tönnies von dieser Groß-Schlachterei irgendwelchen Unsinn schreibt, dann gehe ich da auch nicht drauf, weil ich weiß, okay, das ist ein Typ, dem gehört ein Schlachtkonzern. Das ist jetzt nicht groß überraschend. Was mich spontan manchmal noch kriegt, wenn jemand, der es eigentlich besser wissen sollte, sowas macht. Wenn jemand, keine Ahnung, aus irgendeiner Orga, die sich um Umweltschutz kümmert oder die da auch irgendwie verbandelt ist, wenn die dann irgendwie sagt, keine Ahnung, irgendwie so ein bisschen Bullshit Bingo spielt und zum Beispiel sagt, wie toll Rindfleisch aus Weidehaltung ist oder sowas, dann reagiere ich da eher spontan drauf.

Stefanie Und hast du dann irgendwelche Regeln für dich aufgestellt? Irgendwie was in der, du machst das ja jetzt schon viele, viele Jahre, dass du irgendwie so Grundregeln hast, dass du sagst okay, darauf reagiere ich gar nicht, das hast du ja vorhin schon gesagt. Aber so im Sinne von ich habe irgendwie Grundsätze, die ich befolge?

Jan Äh, ja, also wenn jemand zu weit draußen ist und wirklich, wenn er sich praktisch so selbst schon demontiert, dass niemand ihn ernst nimmt, dann ignoriere ich das auch. Wenn jemand, keine Ahnung, einen riesen Absatz nur voll mit Beleidigungen reinpackt oder auch, was du gerade gesagt hast, wenn die direkt mit der sagen, es sind alles Fanatiker oder Extremisten oder so was, dann reagier ich da meistens nicht mehr drauf oder halt, es gibt natürlich auch leider in dem Feld auch mal ein paar Rechtsextreme, die irgendwas schreiben. Die blocke ich dann mittlerweile sofort. Ich diskutiere nicht mehr mit Leuten, die irgendwie schreiben: “Früher wärt ihr vergast worden”, irgendwie so was. Das habe ich früher auch gemacht. Aber ein paar schlaue Leute, die sich mit Extremismus auskennen, haben mich überzeugt, dass das nicht schlau ist, mit diesen Leuten überhaupt zu reden.

Stefanie Und du hast ja gesagt, manchmal packt dich das doch und triggert dich irgendwas und du bist auch nicht immer souverän. Also, das heißt, wenn jetzt deine Emotionen überkochen, hast du irgendwelche Strategien, wie du dann wieder runterkommen kannst?

Jan Ja, sofort aufhören zu schreiben, wenn man merkt, man schreibt irgendwas. Also bei mir ist es mal so, ich ich lösche dann den Satz direkt wieder, schreibe neu hin, lösch den wieder und merke währenddessen, dass ich meine Hand die ganze Zeit zur Faust balle oder irgendwie so was. Dann weiß ich, was immer ich jetzt hier hinschreibe, das ist nicht klug. Ich stehe dann eigentlich meistens auf und gehe einmal zur Kaffeemaschine oder sowas oder hol mir irgendwas anderes und fünf Minuten später ist es bei mir schon wieder verraucht. Dann ist es schon wieder in Ordnung und dann übernimmt irgendwie wieder das rationale Zentrum die Kontrolle. Aber einfach früh genug aufhören. Also ich glaube, man kann nicht aus der, also ich zumindest nicht, ich kann nicht aus der Emotion heraus dann irgendwas Vernünftiges zu Papier bringen, naja was Vernünftiges schon, aber wenn ich es dann danach nochmal lese, bereue ich es eigentlich immer. Dann denk ich immer “Boah, das sieht dann immer anreifbar aus”. Wenn jemand das liest, dann kann jeamdn denken “Ja, guck mal hier, der ist jetzt emotional” oder was weiß ich.

Stefanie Das klingt jetzt so, als würdest du relativ schnell runterkommen wieder von diesem emotionalen Hoch. Hast du dann auch manchmal so Situationen, vielleicht nicht unbedingt von Kommentaren, aber vielleicht auch von Videos oder so, dass die dich völlig fertig machen? Oder hast du das gar nicht?

Jan Ja, habe ich. Und zwar eigentlich immer alles Videomaterial, auf dem wirklich Tierquälerei zu sehen ist. Das schockiert mich nach wie vor ganz genauso. Ich glaube, das ist auch was Gutes. Ich glaube, wenn man das ausblenden könnte, dann stimmt irgendwas nicht mit einem. Tatsächlich versuche ich mir das nicht allzu oft anzugucken, weil ich ja weiß, was da gemacht wird und ich gemerkt habe, dass das auch keine gute Wirkung auf mich hat, wenn ich das zu oft sehe. Ich weiß noch, so vor fünf, sechs Jahren kannte ich ganz viele Leute bei Facebook, deren ganzer Feed ständig voll war mit diesen Videos, die von alleine auch angehen, wo man sofort so ein Schwein in einer von diesen Ferkelbuchten sieht. Und man sieht in der ersten Sekunde schon grauenvolle Dinge und es hat mich echt dann auch fertig gemacht. Dann sitze ich da mal eine halbe Stunde und werde unglaublich wütend. Und bin dann in so einer unproduktiven Wut drin und, keine Ahnung, google wo welche Fleischkonzerne sind oder wo wieviel Tiere geschlachtet werden. Aber das bringt alles eigentlich nichts. Deswegen gucke ich das tatsächlich nur noch zu Recherchezwecken, wenn ich irgendwas ganz speziell wissen muss für einen Artikel. Ansonsten versuche ich es einfach nicht mehr anzugucken.

Stefanie Und wenn du so jetzt aus deiner Erfahrung heraus Tipps ableiten könntest für jetzt die Hörerinnen und Hörer, vielleicht irgendwie so drei Tipps, was sie beachten sollten bei solchen Diskussionen in Social Media, hast du da was?

Jan Ich weiß nicht, ob ich jetzt drei zusammen kriege, aber erstens ist es immer sehr hilfreich, wenn man sich ein bisschen damit auseinandersetzt, was für Fehlschlüsse es in Diskussionen gibt. Das braucht man ja nicht nur in Fleisch-Diskussionen. Aber es gibt so ein paar immer wiederkehrende Muster, mit denen Menschen diskutieren, die, ich will nicht sagen, im Unrecht sind, das klingt jetzt ein bisschen sehr eingebildet, als wenn ich immer im Recht wäre. Ich bin ja auch manchmal im Unrecht. Aber so verbale Kommunikation ist nicht immer zwingend dazu geeignet, dass man sofort sieht, wer die besseren Argumente hat. Und da gibt es halt so ein paar Fehlschlüsse, mit denen man das sehr gut verschleiern kann. Und wenn man sich da ein paar anguckt oder zumindest die gängigsten, zum Beispiel was ein Strohmann-Argument ist, was ein naturalistischer Fehlschluss ist. Das klingt jetzt alles total trocken und nach Theorie und so, aber das ist, ich würde mal sagen, so in jeder zweiten Vegetarierdiskussion kommt das eigentlich vor, dass Leute, dir zum Beispiel irgendwas vorwerfen, was du gar nicht gesagt hast. Und wenn man da nicht drin geschult ist, dann geht man manchmal auf diesen Vorwurf ein, was aber komplette Zeitverschwendung ist, denn man hat diesen Vorwurf überhaupt nie geäußert. Typisches Beispiel: Fleischesser sagt ja, aber ihr wollt ja, dass Löwen jetzt in Zukunft nur noch Salat essen dürfen oder so was. Und da kann man jetzt entweder zehn Minuten lang erklären, wie Veganer zu Löwen eingestellt sind oder man sagt halt einfach “Du, das habe ich gar nicht behauptet” und sagt halt, dass das ein schlechter Stil ist, denn damit kann man das meistens eingrenzen. Das zweite ist, das zweite beliebte Muster ist so ein totales Themenspringen, dass jemand wirklich so dieses ganze Omni-Bingo mit einem so abarbeitet. Der sagt zuerst “ja, aber vegetarisch ist ungesund” und dann antwortet man dem lang und breit, warum vegetarisch nicht ungesund ist. Und dann reagiert er aber nicht darauf, sondern springt direkt zum nächsten und erzählt einem, keine Ahnung, irgendwas von Weideland oder von Soja im Regenwald. Und da kann man sehr viel Zeit drauf drauf verwenden. Wenn man dem jetzt die ganze Zeit hinterher läuft und alles entkräftet. Aber je nachdem wie viel Publikum man so hat, wenn da jetzt ja nicht viele zuhören und man sich wirklich mit der Person auseinandersetzt, dann sage ich mittlerweile eigentlich “Du, was ist denn jetzt mit dem ersten Punkt eigentlich? Was ist mit dem Regenwald?” Denn oft ist es so, dass man dann merkt, die Person will eigentlich gar nicht diskutieren. Die will eigentlich nur ihre eigene Meinung präsentieren und dafür Applaus bekommen und möchte gar keine Gegenargumente hören. Und wenn das der Fall ist und jemand eigentlich gar keine Diskussion führen möchte, dann lohnt es sich manchmal gar nicht, groß weiter zu reden und dann beende ich das. Ja, und das dritte ist eigentlich das, was wir eben schon gesagt haben. Da haben wir jetzt gespoilert. Also wenn man merkt, man ist gerade mega emotional und auch wirklich getroffen, kann ja auch sein, also mit viel Übung prallt das zwar an einem ab, aber wenn jemand was richtig beschissenes sagt, dann sitze ich natürlich auch erst mal da, denk “Boah. Das war jetzt übel”. Dann einfach mal überlegen, ob man da jetzt überhaupt antworten möchte. Oder es gibt ja meistens zeitgleich noch 3 Millionen andere Dinge, die man tun kann. Und oft ist es so, dass die beste Entscheidung da ist zu sagen “Komm, ich diskutiere mit jemand anderem.”

Stefanie Du springst ja jetzt quasi jedes Mal wieder in diesen Pool, sage ich jetzt mal. Scheint, dass du immer wieder in den oder springst immer wieder in den Ring, wie auch immer wir das nennen wollen. Woher nimmst du die Kraft dafür?

Jan Hm, ich glaube, ich habe so eine krankhafte Freude daran zu debattieren. Das ist natürlich in dem Fall super praktisch. Aber ich merke das schon, auch wenn ich wenn mit anderen Leuten über ganz andere Themen rede, dann kriege ich manchmal so ein genervtes Augenrollen und die sagen “Boah, wie lange willst du jetzt noch darüber reden?” Weil, das ist jetzt keine Rechthaberei, ich geh manchmal halt gerne Dingen auf den Grund. Und es ist oft auch so, dass ich durch solche Diskussionen selber erst irgendwelche Dinge richtig begriffen habe für mich. Also ich sag mal die beste Diskussion, die ich geführt habe, war die, in der ich unrecht hatte, weil ich durch die gelernt habe, ja, was eigentlich wichtig ist. Ich habe auch mal in irgendeinem ich weiß nicht, ob es ein Internetforum war, aber ich habe auch mal irgendwelche Fleischi-Sprüche gemacht und irgendjemand Schlaues hat sie dann entkräftet. Und dadurch stehe ich jetzt da, wo ich bin. Ich glaube, das kommt so aus mir heraus. Es ist ja nicht so mit nur Fleischessen. Ich diskutiere auch wahnsinnig gern über über andere Sachen, einfach weil ich Erkenntnisgewinn mag, glaube ich.

Stefanie Also du meinst, es ist eher eine Typsache?

Jan Ja, einerseits schon und es macht mir auch einfach Spaß. Also das merke ich auch jetzt. Ich habe meinen bisherigen Job auf 1/4 gekürzt und und schreibe jetzt 3/4 des Tages. Und das ist eine ganz andere Geschichte. Ich bin viel stärker selbst motiviert. Also wenn ich rein für Geld arbeite, dann sitze ich da und lasse mich wahnsinnig schnell ablenken und keine Ahnung, habe das Handy neben mir liegen und zocke ein bisschen oder guck, was auf Twitter gerade losgeht. Und wenn ich in einem Text drin stecke oder in der Diskussion, dann bin ich da richtig im Tunnel drin. Dann will ich auch nichts anderes wissen. Dann vergesse ich manchmal, dass ich eigentlich was zu essen mir holen sollte oder dass es schon viel zu spät ist und dass das eigentlich mal ein gutes Zeichen ist, dass man das macht, wofür man halt brennt. Und dann kostet das auch eigentlich keine Kraft, dann kommt die Kraft aus einem selber. Es ist natürlich trotzdem irgendwie anstrengend. Also nach vier Tagen FAZ Artikel zerlegen merke ich natürlich auch Boah, jetzt bin ich ganz schön ausgepowert gerade. Aber das ist eigentlich, das ist ein angenehmes Gefühl: Wie nach zehn Kilometer Joggen oder so was.

Stefanie Und was machst du dann, wenn du dich so ausgepowert fühlst? Machst du auch mal Pause?

Jan Ja, ja, auf jeden Fall. Da habe ich wirklich schon ein paar Sachen geändert. Ich habe mir im Coworking Space hier endlich einen Spind besorgt und versucht, das Notebook so oft wie ich kann, auch wirklich dann abends hier zu lassen, denn ansonsten war ich manchmal versucht, eine Ahnung, ich komme dann nach Hause und sehe da auf meinem Handy, dass irgendjemand einen blöden Kommentar unter einen von den Artikeln gepackt hat. Und dann war ich manchmal versucht, da noch rumzudiskutieren und dann sagen Freundin und Kinder natürlich irgendwann “Ey, machst du auch mal irgendwann Feierabend?” Und ja, das kann ich nur jedem empfehlen, dann wirklich alles abzuschalten und zu sagen hier, es ist nicht schlimm, wenn man dem erst zehn Stunden später antwortet.

Stefanie Das war aber wahrscheinlich nicht von Anfang an so, dass du das so geschafft hast, oder?

Jan Ja, stimmt, stimmt. Ganz, ganz am Anfang habe ich das ja eigentlich nur nebenbei gemacht. Da hatte ich eigentlich einen Fulltimejob und habe währenddessen gebloggt. Und das habe ich eigentlich immer dann in den Feierabend reingelegt oder hab das während Zugfahrten gemacht oder wenn ich irgendwie bei Kunden war. Woanders, habe ich abends an der Hotellobby gesessen und Texte geschrieben. Das war auch irgendwie cool, weil das alles ganz neu war und da lief das auch so nebenher. Aber das würde ich zum Beispiel jetzt nicht mehr können. Das würde mich total ausbrennen, glaube ich. Ja, musste ich erst lernen.

Stefanie Und du hast ja jetzt gerade schon gesagt: Freundin und Kinder. Also machen wir jetzt die Überleitung.

Jan Gute Überleitung!

Stefanie Mich würde natürlich auch interessieren, wie du jetzt diese ganzen Emotionen, die da hochkommen, immer mit diesen Artikeln. Und du stürzt dich da immer rein und machst es zwar schon gerne, aber ich kann mir schon vorstellen, dass da immer so ein emotionales Hoch und Runter ist, wie du das vereinbarst jetzt mit der Familie, weil da muss man ja auch präsent sein irgendwie für die Kinder und für die Freundin.

Jan Ja, stimmt. Das versuche ich einmal dadurch zu machen, dass ich da sage “Pass auf, Feierabend ist Feierabend”. Da reagiere ich nur, wenn jetzt wirklich, keine Ahnung, wenn ich merke, mir schreibt irgendein Faschist 10.000 Kommentare irgendwie rein, dass ich dann einmal sage hier, muss ich mal ganz kurz blocken, aber das passiert auch nicht oft. Und Wochenende ist auch, ja, wir haben da meistens so ein Agreement. Wenn wir sowieso da so sitzen und, keine Ahnung, Kinder zocken irgendwie oder spielen irgendwas und meine Freundin zockt dann auch irgendwas auf ihrem Handy und dann gucke ich natürlich auch manchmal nochmal auf Twitter oder so was. Aber ansonsten haben wir versucht, das irgendwie so aufzuteilen, also Quality Time sagt man auf Neudeutsch, wo dann auch Handy aus ist oder halt irgendwie nicht online und man dann was zusammen macht, ohne aufs Handy zu gucken. Wir haben so ein paar Regeln aufgestellt und gucken, wie gut man sie einhalten kann.

Stefanie Ich denke einfach nur, dass ja dieses Thema einen ja die ganze Zeit bewegt und auch einem immer begegnet. Diskutierst du das auch mit deinen Kindern und deiner Freundin oder redet ihr über andere Dinge dann oder hast du solche Sachen, irgendwie, “der hat schon wieder so einen Kommentar gepostet. Unverschämt.” Also teilst du das auch?

Jan Nee. Ach so, ja, das mache ich eigentlich nicht. Also ich versuche auch, rede mit meiner Freundin darüber, wenn zum Beispiel ich jetzt gerade irgendeinen längeren Text schreibe und da manchmal wirklich erstaunt bin, was im Jahr 2019 manche Leute wirklich ernst gemeint irgendwo hinschreiben, das ist so was nach dem Motto, so, hier jetzt letzte Woche habe ich diesen Artikel zur FAZ gemacht, da habe ich auch erzählt, hier, der Typ wusste zum Beispiel nicht, dass das englische Wort “diet” nicht mit Diät übersetzt wird in der Regel, sondern dass es halt Ernährungsweise heißt. Und das erzähle ich dann schon irgendwie abends, weil ich weiß, dass sie das auch lustig findet. Und weil sie dann oft auch die Texte noch mal lektoriert. Sie liest sie dann sowieso irgendwann. Aber mit meinen Kindern rede ich da eigentlich, also ich komm jetzt nicht nach Hause und sage ihnen, was ich gerade so gemacht habe, weil ich glaube, das wird sie auch langweilen. Außerdem sind sie jetzt in dem Alter, da will ich irgendwie wissen, was sie gemacht haben. Das ist schon so dieser Bereich, wo ich dann sage “Na, wie war es in der Schule?” und ich kriege dann einfach so “ja, war okay” oder irgendwie sowas. Und versuche dann meistens so 15 Minuten lang irgendwas aus denen rauszukriegen. Das passiert eigentlich eher von deren Seite. Also wenn wir über Fleisch und sowas reden, dann liegt das daran, dass die irgendwas erlebt haben und das dann oft so an uns reflektieren. Eine Freundin von meiner Tochter hat ihr gesagt, man müsse Fleisch essen, weil das ansonsten ungesund sei oder kann, also sie fands sehr faszinierend, dass ihre eine Klassenkameradin, die ist Muslimin, dass die halt kategorisch kein Schweinefleisch ist, aber alles andere Fleisch und hatte das einfach überhaupt nicht verstanden das Konzept und dann haben wir drüber gesprochen was so die verschiedenen Ursachen sind und die sind auch alle in dem Thema drin. Also, wenn wir einkaufen gehen, dann suchen die irgendwie in der Süßigkeitenabteilung, die Gummibärchen ohne Gelatine und so was und wissen das auch und haben das für sich auch angenommen. Das ist jetzt nicht so, dass ich da irgendwie groß das Thema setzen muss, kennst du ja wahrscheinlich. Die fragen sich irgendwann wieso? Wieso essen wir eigentlich kein Fleisch, oder kein Käse oder keine Milch? Und haben das alles eigentlich schon ziemlich gut verstanden.

Stefanie Das heißt, ihr lebt auch wirklich alle vegan und nicht die Kinder vegetarisch, oder?

Jan Ja, also zu Hause gibt es nichts Unveganes, weil ich auch keine Lust habe, das einzukaufen. Ich weiß noch, einmal war ein Kumpel zum Übernachten da, dann habe ich gesagt, wir bestellen für alle Pizza und dann wollte der halt eine Pizza mit Schinken drauf. Ich habe mir dann auch eine bestellt, aber irgendwie habe ich mich dabei total komisch gefühlt, weil ich sie halt bezahlt habe. Hab es beim nächsten Mal auch irgendwie anders gemacht. Ich weiß aber nicht, was sie unterwegs machen. Also ich weiß zum Beispiel, dass in der Schule es nicht zwingend immer vegane Verpflegung gibt und dass sie auch nicht genau wissen, was alles vegan ist. Also zum Beispiel, keine Ahnung. Die essen dann auch Kartoffelbrei und wissen in dem Moment einfach nicht, dass da Kuhmilch drin ist, weil sie nicht wissen, wie man Kartoffelbrei kocht. Die Freiheit lasse ich ihnen aber, weil ich glaube, dass es nachhaltiger ist, wenn sie diese Entscheidungen selber für sich treffen und ich nicht sage “Hier das und das könnt ihr nicht essen, weil da Tierprodukte drin sind”. Das führt dazu, dass ich würde mal sagen, sie sind zu 90 % Veganer und ich habe die große Hoffnung, dass sie dadurch sich von alleine dafür entscheiden, dass das der richtige Weg ist und das dann auch wesentlich konsequenter leben können, als wenn sie irgendwelche Regelungen von ihren Eltern befolgt haben und irgendwann sagen “Boah, finde ich irgendwie blöd. Ich mache jetzt mal meine rebellische Phase” und machen ein Praktikum bei McDonald's oder sowas.

Stefanie Ja, das ist auch schon so, denke ich auch. Wer weiß, was dann als Teenie passiert.

Jan Ja, genau, ich habe jetzt schon Angst.

Stefanie Das ist das Worst Case Szenario. Essen nur noch bei McDonald's und.

Jan Kommen mir immer jeden Abend mit so einem Riesenpacken vom Metzger nach Hause. Und dann streiten wir uns, welche Pfanne sie benutzen dürfen, um das zuzubereiten.

Stefanie Wo du gerade bei Zukunftsperspektiven bist. Noch eine Frage. Jetzt haben wir viel über Klimawandel, auch die ganze Zeit in den Medien. Gott sei Dank auch, dass das jetzt so ein bisschen präsenter geworden ist. Wie sieht das bei dir aus? Bist du hoffnungsfroh? Schaust du hoffnungsfroh in die Zukunft? Oder eher pessimistisch? Pessimistisch, habe ich pestimistisch gesagt?

Jan Das ist aber eher pessimistisch. Ich bin so ein Berufsoptimist. Ich glaube, anders könnte ich das auch nicht machen. Deswegen habe ich eigentlich immer die Grundüberzeugung, dass das schon irgendwie funktionieren wird. Das soll jetzt nicht naiv klingen. Das heißt nicht, dass ich das nicht sehr, sehr ernst nehme. Ich habe auch manchmal Tage, wo ich erst mal Tweets von all den ganzen Klimaforschern lese, denen ich auf Twitter folge und erst mal krieg ein bisschen Panik und muss dass dann irgendwie wieder ein bisschen in den Griff bekommen. Ich weiß aber, dass es theoretisch gar kein Problem wäre. Das ist so ein bisschen der Faktor, aus dem ich so meine Hoffnung schöpfe. Ich weiß, dass es technisch und organisatorisch eigentlich total simpel machbar wäre, dieses Problem in den Griff zu bekommen und dass es nur ein, nur in Anführungszeichen ein politisches ist, dass wir einfach nicht die richtigen Leute haben, die willens sind, diese Schritte zu gehen. Es wäre schlechter, wenn wir Leute hätten, die das wollen, und es wäre aber überhaupt nicht mehr möglich, irgendwas zu machen. Es gäbe keine Möglichkeit, klimaneutral zu reisen oder klimaneutral seine Wohnung zu beheizen. Ich meine, dann wären wir echt im Arsch. Aber das ist etwas, was mich an der Debatte meistens wahnsinnig nervt. Das triggert mich übrigens am meisten. Da werde ich eher emotional und muss mich zusammenreißen. Wenn Leute irgendwo schreiben: Wir brauchen jetzt keine Verbote und Regeln, sondern wir brauchen jetzt ganz viel Geld für Leute, die schlaue Innovationen entwickeln. Das liest man ja irgendwie jeden zweiten Tag am liebsten bei der FDP oder der Werte-Union. Und das ist so ein Bullshit. Wir müssen da nichts groß erfinden, das gibt es alles längst. Es gibt da für jeden Lebensbereich Lösungen. Und wenn einfach jedes Land sagen würde: “Pass mal auf, das ist jetzt Prio Nummer eins, wir müssen das als erstes machen und alle anderen Dinge sind nicht so wichtig.” Ja, dann wäre das fast schon trivial eigentlich. Es ist nur eine Frage davon, ja, mit wie viel Geld wir welche Maßnahme fördern und daraus schöpfe ich so ein bisschen die Hoffnung, dass wir das vielleicht noch in den Griff bekommen. Aber wenn das jetzt jemand hört und denkt “Boah, Jan ist ja total naiv”, ich weiß, wie ernst das ist. Ich weiß, dass man das nicht auf die leichte Schulter nehmen kann. Ich versuche noch ein bisschen Kraft daraus zu schöpfen, mir zu sagen, dass wir durchaus noch eine Option haben.

Stefanie Okay. Ja, weil viele ja auch sagen, “die Politik macht gar nichts. Und was nützt das überhaupt, was ich mache? Und ich gebe jetzt einfach auf.”

Jan Ja, ich kann das menschlich sogar ein bisschen nachvollziehen, wenn jemand das sagt, wenn jemand von den ganzen Entwicklungen so übermannt ist und sich dann in dem Moment wahnsinnig klein und unbedeutend fühlt und denkt “Boah, das hat ja gar keine Auswirkung, was ich mache. Aber das ist erstens zu leicht gedacht, also alles hat eine Auswirkung. Gut, wir sind halt siebeneinhalb Milliarden Menschen, das heißt, was man persönlich macht, hat immer nur eine Wirkung von ein siebeneinhalb Milliardstel. Wobei man als Europäer sowieso schon ein paar Größenordnungen drüber ist. Aber spätestens wenn man im wahlfähigen Alter ist, hat man noch einen viel größeren Wirkhebel, indem man halt Leute wählt, die das Thema ernst nehmen. Und ja, damit kann man sehr viel erreichen. Das finde ich noch viel schlimmer, wenn jemand dann sagt, das ist ja sowieso egal, die sind sowieso alle gleich, da muss man nur mal ein Parteiprogramm lesen, da sieht man starke Unterschiede. Gerade bei dem Thema kann man durchaus was machen. Und letztes Jahr, da war ich richtig frustriert, sechs Monate lang, ging es nur darum, keine Ahnung, ob Horst Seehofer die Koalition sprengt und weiß nicht, was war da noch? Dann war noch irgendein Fußball-Event und noch irgendwas. Und ich habe die ganze Zeit gedacht “Boah Leute, wir haben die Klimakatastrophe und ihr redet über Horst Seehofer.” Und das macht mich auch ein bisschen hoffnungsvoll, dass wir mittlerweile Massendemonstrationen haben und die auch nicht locker lassen. Ich denke mal, das wird noch interessant werden. Was mir noch aufgefallen ist, gerade was das Klimawandel-Thema angeht, gibt es bei Social Media wirklich eine ganze Menge, ja, wie soll ich das nennen, Trolle oder Leute, die mit sehr viel Zeit und sehr viel Energie ganz bewusst Falschmeldungen streuen? Ich weiß nicht, ob sie selber wissen, dass es Falschmeldungen sind, aber ich mache jetzt dieses Jahr ein bisschen mehr auf Twitter und da ist das wesentlich verbreiteter. Das sind winzig kleine Accounts, da sieht man, denen folgen kaum Leute, die haben kein Profilbild und die ballern jeden Tag dutzende Links raus. Ja, zu irgendwelchen Klimaleugner-Seiten. Und die Strategie dahinter ist oft das, dass sie versuchen einen dann in eine Diskussion rein zu reinzubekommen, um einem einfach Zeit zu stehlen. Und da habe ich gemerkt, also da lohnt es sich wirklich einfach dann zu blocken, ich, normalerweise weigere ich mich mal dagegen Leute zu blocken, weil das so ein, ja, weil meine innere Überzeugung ist, dass dass Gespräche eigentlich immer was bringen und dass man immer Erkenntnisse gewinnen kann, wenn man sich sachlich über irgendwas unterhält. Aber es gibt da Leute, denen geht es nicht darum, sich sachlich zu unterhalten. Die wollen eigentlich einfach nur der Gegenseite die Zeit und Energie stehlen. Und da muss man manchmal erkennen, wann das der Fall ist und dann einfach sagen Pass auf, den haue ich jetzt raus und kümmere mich um irgendjemanden, der wirklich an einer Unterhaltung interessiert ist. Da habe ich, glaube ich, ein paar Tage komplett in den Sand gesetzt mit sowas und habe irgendeinem Typen die halbe Welt erklärt und am Ende gemerkt, der wollte gar keine Erklärung, der wollte einfach nur sehen, wie lange ich so durchhalte. Bisschen undankbar.

Stefanie Aber das sind ja dann alles zumindest Erfahrungen, aus denen du dann schöpfen kannst, oder? Dann weißt du, beim nächsten Mal machst du es nicht mehr.

Jan Ja, auf jeden Fall. Also jetzt mache ich es gar nicht mehr so sehr. Lessons learned sagt man dazu, glaube ich in der IT.

Stefanie Dokumentierst du irgendwo auch so was? Deine ganzen Erfahrungen, dass du irgendwie weißt, okay, das habe ich ausprobiert, das funktioniert nicht. Oder geht das so in Fleisch und Blut über, dass du das einfach intuitiv kannst?

Jan Das mache ich wirklich intuitiv. Ich habe ganz am Anfang, wie am Anfang gesagt, viel darüber gelesen, was es für Debatten gibt und was für verschiedene Argumentationsweisen, einfach um es besser zu identifizieren. Aber je nachdem. Also wenn jetzt jemand irgendwas reinschreibt, dann schreibe ich meistens tatsächlich von ganz vorne irgendeine Antwort. Ich verlinke auch eigentlich nur selten jetzt einen Artikel von mir, wenn irgendwas ist, auch wenn ich das schon mal ganz toll irgendwo aufgeschrieben habe, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass nur wenig Leute überhaupt noch so einen langen Text dann lesen, wenn das schon so ein Schlagabtausch ist, dann muss man versuchen, das irgendwie kurz und knackig auf den Punkt zu bringen. Und das wirkt meistens am besten.

Stefanie Das heißt, wenn ich mich nicht in der Lage dazu fühle, das so kurz und knackig zu machen und mich das total aufregt, dann lass ich es lieber?

Jan Boah, das ist fast schon philosophisch. Also wenn du merkst, es regt mich total auf, gerade dann würde ich tatsächlich sagen: guck mal zehn Minuten, ob mich das dann immer noch so aufregt und auch, kommt auch mal drauf an, wo man das macht. Ich diskutiere zum Beispiel nie auf der Seite vom Fleischerei-Verband oder geh auch nie jetzt auf die Seite von der AfD Thüringen und rede da über Migrationspolitik oder irgendwie sowas. Weil es umso schwerer wird, je asymmetrischer das Verhältnis ist, wenn man ganz alleine gegen zehn Leute argumentiert. Da braucht man schon echt ein dickes Fell. Besonders wenn das dann so Leute sind, die sehr aggressiv sind und beleidigend oder so was. Das kann ich auch nicht empfehlen. Ich versuche eigentlich, das immer entweder auf meiner Seite zu machen, weil ich es besser kann oder auf möglichst neutralen. Auf der Facebookseite von der ARD oder von der Tagesschau oder irgendwie sowas. Weil da ist ja ein ganz normaler Bevölkerungsdurchschnitt unterwegs. Und ja, wenn du es da auch nicht kannst, dann weiß ich nicht. Ich will jetzt niemandem raten, er soll sich bitte unglücklich machen und den ganzen Tag debattieren und am Ende weinend im Bett liegen. Dann, wenn man trotzdem irgendwas tun möchte. Gibt ja auch 1000 andere Sachen, wie man sich irgendwie einsetzen kann. Ich kann dafür andere Sachen nicht. Ich kann zum Beispiel ganz schlecht in die Fußgängerzone gehen, Leuten einen Flyer in die Hand drücken und ihnen erklären, was die Vorzüge von einer veganen Ernährungsweise sind. Andere Leute können das irgendwie aus dem Stegreif. Die haben überhaupt kein Problem, auf Leute zuzugehen, ist gar nicht mein Ding. Kann ich nicht.

Stefanie Ok, also meine Theorie ist auch, dass jeder für sich seine passende Form des Aktivismus finden sollte. Also das heißt, das ist auch so, was du sagst, deine Neigung ist eben das Debattieren, das macht dir Spaß, dann machst du's auch. Also wenn das nicht meine Neigung ist, dann mach ich es besser nicht, oder in Maßen?

Jan Ansonsten ja. Also, was heißt denn, wenn du merkst, es tut dir nicht gut, dann würde ich es, glaube ich, nicht machen. Denn es gibt genug andere Aufgaben. Und es ist jetzt auch nicht so, dass ich der Einzige bin, der im Internet für Veganismus diskutiert. Da gibt es ja wirklich eine ganze Menge Leute, die was auf dem Kasten haben. Wenn es jetzt einer von euch hört oder eine und ihr denkt “Boah, was mache ich denn jetzt, wenn ich irgendwas lese, wo Leute totalen Blödsinn behaupten? Und ich will eigentlich, dass das mal irgendjemand widerlegt und habe aber keine Zeit, Kraft oder Lust dazu.” Es gibt auch bei Facebook zum Beispiel ein paar, ein paar Gruppen “Vegan activism” oder so was. Da kann man reingehen und so Hinweise geben. “Hier Leute, da ist gerade eine Diskussion.” Und wenn dann jemand Zeit Lust hat, dann kann der selber da reingehen und gucken. Oder manche markieren mich auch einfach. Wenn das jetzt irgendwie gerade eine große Diskussion ist, sagen “Ey, hast du das schon gesehen?” dann markieren die mich bei Facebook als Graslutscher. Und wenn ich Zeit Lust habe, dann gehe ich natürlich auch selber rein und diskutiere mit oder postest einfach irgendwo. Und da finden sich eigentlich immer ein paar Leute, die gerade online sind und sagen: “Ja, gut, das sind so blöde Argumente, die kann ich auch widerlegen”.

Stefanie Okay, ja, das klingt sehr vernünftig. Also, wenn du eine Botschaft an alle Menschen auf der Welt schicken könntest, welche wäre das?

Jan Boah, die ist aber jetzt hart? Eine Botschaft an alle Menschen auf der Welt? Oh, krass. Eine Botschaft? Ich weiß jetzt gar nicht, ob die bezogen auf Veganismus wäre oder ob ich sie ein bisschen ultimativer fassen würde. Aber wahrscheinlich ja doch. Ich würde gerne allen Menschen vermitteln, wie viele wir eigentlich sind und dass das wir alle, alle siebeneinhalb Milliarden Menschen und alle ich weiß nicht wie viele Milliarden Nutztiere in Anführungszeichen es gibt weltweit, dass wir alle die selben Grundbedürfnisse haben und es eigentlich möglich wäre, dass wir alle diesen Planeten bewohnen und es uns irgendwie einigermaßen gut geht. Und so wie wir das momentan machen, es dem Großteil all dieser Lebewesen ziemlich schlecht geht und das alles nur für den Fun von irgendwie, keine Ahnung, den obersten 10% davon und wär irgendwie ne geile Sache, wenn wir das irgendwann in den nächsten Jahren mal lassen könnten.

Stefanie Ja, vielen Dank. Wo findet man dich denn jetzt so im Internet? Und vor allem wie kann man dich denn unterstützen?

Jan Eine sehr gute Frage. Wie alle modernen Influencer? Nein, war ein Scherz. Ich hasse das Wort Influencer. Da habe ich natürlich so eine ganz tolle Facebookpräsenz und Twitterpräsenz jeweils unter Graslutscher oder Der Graslutscher und natürlich auch den Blog unter graslutscher.de. Und da gibt es einen kleinen Reiter, der heißt Unterstützer. Da fällt mir auf, eigentlich müsste es Unterstützerinnen heißen. Und wenn ihr da drauf klickt, dann gibt es verschiedene Möglichkeiten. Entweder ganz einfach per PayPal oder so verschiedene von diesen neumodischen, na wie heißt das, diesen Plattformen, wo man so Mikrospenden machen kann. Wer mich unterstützen möchte, muss nicht viel Geld ausgeben. Ich bin total dankbar, wenn ich von irgendwem einen Dollar pro Monat oder sowas bekomme. Das tut eigentlich niemandem wirklich weh, aber wenn das viele machen, dann hilft mir das natürlich, meine Miete damit zu bezahlen, denn momentan liege ich leider noch drunter. Momentan knappse ich ein bisschen was von meinem Ersparten ab, um die Lücke zu füllen und es wäre total toll, wenn ich einfach nur genug hätte, um zu leben. Ich will auch gar nicht reich werden damit. Also ich bin natürlich auch total dankbar für die Leute, die das schon alle machen, falls jemand das jetzt gerade hört. Find ich super cool, denn ich habe ja auch was davon. Ich kann das machen, was mir wahnsinnig viel Spaß macht. Und habe ja mein Hobby zum Beruf gemacht, könnte man so sagen. Und wenn ihr das gut findet, dann könnte es irgendwann anstatt 3/4 sogar 4/4 sein. Das ist so mein großes Ziel.

Stefanie Ja, über, über Steady und über Patreon kann man dich unterstützen. Und ich finde das Modell halt ziemlich cool, dass du sagst, okay, je mehr zahlen, also wenn du eine gewisse Summe erreicht hast, kannst du soundso viele Tage arbeiten dafür. Das ist ziemlich cool.

Jan Ja, also ich bin jetzt einfach ein bisschen ins kalte Wasser gesprungen, weil ich gemerkt habe, dass man bestimmte Dinge auch nur machen kann, wenn man wirklich genug Zeit dafür hat. Ich habe die Jahre vorher immer gesagt “Pass auf, ich mach jetzt drei Tage im Monat reines Schreiben”, also zum Beispiel sowas wie letzte Woche diesen FAZ-Artikel. Also da sitzt man halt locker drei Tage am Stück dran. Das kann man eigentlich nicht machen, wenn man noch einen richtigen Job nebenher macht. Das geht so nicht. Und ich hoffe natürlich, dass ich dadurch auch echt ein paar coolere Sachen mache, mit denen ich mehr Leute erreiche und dass das dann am Ende sich so ausgeht, anstatt jetzt halt immer zu warten, ob was geht. Weil es geht mir auch wahnsinnig durch die Lappen, wenn das so ist, ich sehe dann okay, in der FAZ hat jemand Blödsinn geschrieben und gleichzeitig ist aber in der Süddeutschen noch was viel blöderes und ich muss mich dann entscheiden und weiß, irgendwas davon wird unwidersprochen im Internet bleiben und das finde ich unerträglich.

Stefanie Ja, okay, und dann, wenn wir dich unterstützen, dann kannst du beides machen.

Jan Ja, kann ich beides machen? Genau. Und wenn immer noch was Drittes kommt, dann muss ich mich klonen oder Praktikanten einstellen. Oder irgendwie sowas. Weiß ich auch noch nicht genau.

Stefanie Also, du hast auch schon Expansionspläne. Ja, dann bedanke ich mich auf jeden Fall für deine ganzen Tipps und die Einsichten in deine Arbeit und, ich freue mich, dass du hier im Podcast dabei warst.

Jan Ja, gerne. Danke für die Einladung.

Stefanie Das war das Interview mit dem Graslutscher und wir hätten noch viel mehr bereden können. Wir haben tatsächlich auch danach noch, als ich die Aufnahme schon beendet hatte, noch ein bisschen was gesprochen. Aber die Zeit war knapp und so haben wir uns auf Social Media beschränkt. Und, ja, ich hoffe, du bist inspiriert und konntest diese Tipps mitnehmen. Die Links findest du natürlich alle wieder, wie immer in den Shownotes.

Und dann freue ich mich auch noch, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Der Graslutscher im Internet
http://graslutscher.de/

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https://chaos.social/@JanHegenberg

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Was kann ich allein schon bewirken?

Ein Beitrag

Folge 059 - Was kann ich allein schon bewirken?

Diese Folge ist für Dich, wenn Du gerade das Gefühl hast, Du kannst ja doch nichts bewirken, Du allein.

Ich habe sie aufgrund einer E-Mail aufgenommen, die mich nach dem Global Strike Day am 20. September 2019 erreichte. Rund 1,4 Millionen Menschen sind an diesem Tag in Deutschland auf die Straße gegangen, um für die Rettung unseres Planeten zu demonstrieren.

Und doch blieb die Politik untätig.

Und das führte bei vielen dazu, dass sie den Mut verloren und ihre eigene Wirksamkeit in Frage stellten.

Es ist ein weit verbreitetes Phänomen bei Aktivist*innen, die schon länger für eine Sache eintreten: sie haben gerade dann ein Gefühl von Ohnmacht und Versagen, wenn sie dabei sind, die Mehrheit der Bevölkerung für ihre Sicht der Dinge zu gewinnen.

Und genau das ist momentan der Fall. Es gibt Hoffnung!

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte heute über dieses Gefühl sprechen, dass du ja doch nichts bewirken kannst und dass dein Handeln die Welt nicht retten wird.

Ich habe kurz nach dem Global Strike Day am 20. September 2019 einen Von-Herzen-Vegan-Letter geschrieben, in dem ich über Hoffnung geschrieben habe und auch über meine Erlebnisse bei der Demonstration, aber auch darüber, was dann in den sozialen Medien wieder an Reaktionen kam und über diese ewig ständigen Diskussionen. Und auch darüber, was ich für mich jetzt meine Aufgabe entdeckt habe und als meinen inneren Auftrag quasi, denn ich habe das Gefühl, es gibt Hoffnung und ich glaube ganz ganz fest daran, dass wir es schaffen können, diese Welt zu retten, unseren Planeten zu retten und dass wir es schaffen können, ein neues Miteinander zu entwickeln.

Und wenn es so weit ist, dann freue ich mich darauf, dieses Miteinander auszuarbeiten, zu leben und wir machen ja jetzt schon - Carsten und ich mit dem Einfach Vegan Podcast - da die ersten Schritte hin, dass wir rausfinden, wie kann ein neues Wohlstandsmodell aussehen, das ganz weit entfernt ist von höher, schneller, weiter, mehr, mehr, mehr, sondern miteinander eine Gesellschaftsform wie zum Beispiel die Postwachstumsökonomie und wie kann das aussehen? Und das ist was, woran ich mitarbeiten möchte und was ich entwickeln möchte und woran ich eine große Freude habe und wo ich auch immer wieder nachdenke, wie sieht Arbeit dann aus, wie sieht das Leben dann aus? Und mein Traum von einem veganen Dorf und einem Prototypen und ja, es gibt ganz viele Träume, die ich habe und ich bin mir ganz sicher, dass wir, wenn wir einfach nur weitermachen, diese Träume umsetzen können und dass wir es schaffen können, denn es sind mittlerweile so viele Menschen auf der Straße und so viele Menschen, die dieses Bewusstsein jetzt auch dafür haben und es wird immer mehr.

Und dieses Gefühl, ich kann ja doch nichts bewirken, ich als einzelne Person, das beschleicht ganz oft die Menschen, die schon länger dabei sind. Dazu habe ich auch eine Folge im Einfach Vegan Podcast gemacht, das ist der Movement Action Plan, ich verlinke den auch nochmal hier unter der Folge, das ist ein Modell, nachdem quasi so bestimmte Phasen beschrieben werden und das vor allem beschreibt, dass wenn Menschen, die schon länger aktiv sind für eine Sache, wie wir jetzt für Tierrechte und Umweltschutz, für Nachhaltigkeit und dafür unseren Planeten überhaupt zu erhalten, dass diejenigen, die eben schon länger dabei sind, genau in dem Moment denken, es ist aussichtslos und deprimiert sind und einen Tief quasi erleben, in dem das Thema in der breiten Masse richtig präsent wird.

Das heißt, es ist quasi ein Gegensatz. Also wir als Aktivist·innen, ich bezeichne uns alle so, weil wir automatisch eigentlich irgendwie Aktivist·innen sind, sobald wir für diese Sache eintreten, sobald wir vegan leben. Wir leben das schon länger und sind schon länger auf der Straße und stehen schon länger für unsere Rechte ein und haben dementsprechend enorm viel Energie da reingesteckt und erleben jetzt mittlerweile, je nachdem wo du stehst, dann dieses Tief und im gleichen Moment, wo wir alle dieses Tief erleben, gibt es aber eben ein viel größeres Bewusstsein in der Bevölkerung und genau das ist es, was ich jetzt auch beobachte.

Das Bewusstsein geht hoch, es gehen immer mehr Leute auf die Straße, es gibt immer mehr Menschen, die sich dafür interessieren und es wird immer präsenter in den Medien und es wird immer mehr darüber gesprochen. Und ich gebe ja auch Kurse bei der Volkshochschule in Hamburg zum Thema Nachhaltigkeit, was kann ich jetzt tun, was kann ich aktiv tun, um den Klimawandel aufzuhalten und welche Schritte kann ich jetzt schon machen und das wird immer besser angenommen. Es gibt auch immer mehr Kurse in diesem Bereich und immer mehr, wie kann ich Plastikfrei leben und so weiter und so fort.

Also es gibt ganz viel und die breite Masse wird immer besser erreicht und das ist quasi diese Diskrepanz, dass wir als Veganer·innen das Gefühl haben, ich mach das jetzt schon so lange und das bringt irgendwie überhaupt nichts. Es wird irgendwie nicht mehr und dann kann ich auch gleich aufhören, wobei wir, die wir ethisch motiviert sind, das jetzt nicht auf das vegane beziehen, sondern eher auf Müll trennen oder Dinge selber machen, Plastikfrei leben, also auf den Nachhaltigkeitsaspekt. Ich will dir sagen, nein, es ist ein natürliches Moment in diesem Modell, dass in dem Moment, in dem es die breite Masse erreicht, dass du dann dieses Gefühl hast.

Und wenn wir den Blick wieder weiten, sehen wir, dass da tatsächlich das Bewusstsein steigt und ich will in diesem Zusammenhang noch einmal eine E-Mail vorlesen, die ich als Antwort auf meinen Von Herzen Vegan Letter bekommen habe und in der du dich sicherlich wiederfindest:

„Und dann lese ich am Tag danach in der Zeitung, dass AKK und Frau Merkel in unterschiedlichen Flugzeugen, jeder für sich angereist sind, dass die Grünen den Plan in Brandenburg ein Verbandsklagerecht für den Tierschutz zu fordern, wohl jetzt kippen werden und frage mich, warum mache ich eigentlich, was ich mache? Warum trenne ich meinen Müll? Warum lebe ich bio? Warum achte ich auf die Umwelt? Das bringt doch gar nichts. Das zieht mich total runter und gibt meinem Bemühen einen völlig wertlosen Anstrich. Aber dann denke ich mir, okay, ich steh doch dafür. Mir ist es doch wichtig, also mache ich das weiter. Auch wenn ich dann gedanklich ganz schön vielen von denen, die über Umwelt- und Tierschutz grinsen, Arschkrampen nenne, wenn ich freundlich drauf bin. Sonst fallen mir auch noch schlimmere Gedanken ein. Zuverlässig greift dann aber irgendwann mein Hirni und schickt mir den Gedanken, dass ich mir damit nur selber schade und Energie verschwende. So ist es halt. Dann kriege ich mich irgendwie wieder ein, aber ein tiefer Kummer, eine tiefe Restraurigkeit und eine Restverzweiflung bleibt.“

Und es ist genau dieses Gefühl. Warum mache ich das ja eigentlich? Die Politik, sie handelt nicht. Wir gehen auf die Straße, es passiert einfach nichts. Und was soll ich tun? Was hat das für einen Sinn, was ich da mache? Und ganz klar, ich kenne diese Gedanken auch. Es bezieht sich bei mir nicht auf das vegane Leben, denn das ist für mich so tief verwurzelt, das kann ich nicht in Frage stellen und es geht da auch wirklich ja um die Tiere. Also ich könnte jetzt nicht einfach anfangen, wieder Tiere zu essen, weil ich denke, naja, es bringt ja eh nichts. Denn das ist für mich eine 1 zu 1 Handlung. Denn das steht für mich außer Frage.

Worüber ich immer mal wieder ins Grübeln geraten ist, Plastikfrei zu leben und möglichst Müll zu vermeiden. Und das bedeutet eben, dass ich ganz viel selber mache. Und dann stehe ich tagelang in der Küche und mache und mache und irgendwann bin ich so fertig, dass ich denke, meine Güte, wenn ich jetzt in den Supermarkt gegangen wäre, dann hätte ich das in 10 Minuten erledigt. Und so stehe ich hier und backe und koche und bereite Dinge vor. Und das ist ganz schön anstrengend. Was bringt es überhaupt? Wenn ich mich in der Straße hier umschaue oder in dem Ort hier umschaue, alleine wie viel gelbe Säcke da auf der Straße stehen und wie viel Müll weggeschmissen wird und wie wenig das Bewusstsein doch da ist. Und dann denke ich wieder, was ist denn, wenn alle so denken wie ich und sich sagen, naja, es bringt ja eh nichts. Also wenn ich mich hier umschaue und die vielen gelben Säcke sehe, was soll ich denn da machen, dann höre ich einfach auf.

Und dann denke ich, was wäre denn, wenn alle so handeln würden wie ich, wenn ich etwas für die Umwelt tue und für die Tiere, für alle Lebewesen, wenn ich also weitermache und nicht aufgebe, was wäre, wenn alle so handeln würden, was wäre, wenn alle vegan leben würden, wenn alle Menschen versuchen würden auf Plastik zu verzichten, wenn alle Menschen ihren Müll reduzieren, wenn alle Menschen Bio kaufen, wenn alle Menschen versuchen, ihr Auto nicht mehr zu nutzen, sondern irgendwie auf andere Weise sich fortzubewegen, und was wäre dann? Wie würde die Welt dann aussehen? Und da wären wir doch schon einen riesen, riesen, riesen Schritt weiter.

Ich weiß, das Thema Auto ist so ein Ding, das kommt immer darauf an, wo man lebt. Es liegt aber auch tatsächlich an der Infrastruktur. Wenn die Infrastruktur mehr auf öffentliche Verkehrsmittel, Fahrräder, Fußgänger ausgelegt wäre als auf Autos, dann bräuchte man ja gar keine Autos. Und ja, was wäre dann? Was wäre dann? Und das motiviert mich ganz, ganz stark weiter zu machen, weil ich denke, ich mache einen Unterschied. Und wir alle machen einen Unterschied. Und ich bin dann in diesen Bereichen eine Pionierin. Und auch du bist ein·e Pionier·in, du gehst voran, du machst den ersten Schritt, du bist total wichtig. Du bist eine riesen Inspirationsquelle für all deine Mitmenschen, für alle, die mit dir in Kontakt kommen. Du bist ein Wahnsinnspotenzial. Also du hast ein Wahnsinnspotenzial und du bist ein Potenzial. Also du, du bist total wichtig und dass du weiter machst und nicht aufgibst, das ist total wichtig.

Und das ist eben auch der Grund, warum ich mein Buch entwickelt habe, das unterstützt dich dabei, nicht aufzugeben. Es unterstützt dich dabei, deine Träume zu erreichen und dann deinen Potenzial völlig zu entfalten und Methoden zu entwickeln, wie du nicht verzweifelst und nicht in Trauer absinkst, sondern bei dir bleibst und gut für dich sorgst und gelassen für deine Werte einstehen kannst. Denn ich finde es so wichtig, so, so wichtig, dass du dabei bleibst. Du machst einen Unterschied in dieser Welt. Du machst einen Unterschied allein dadurch, dass du so handelst, wie du handelst. Und wir verändern die Welt sowieso, egal was wir tun. Wir verändern sie immer und da wäre es doch super, wenn wir sie zum Guten verändern würden. Und ich sage, es gibt Hoffnung. Solange es Menschen wie dich gibt, gibt es Hoffnung. Es gibt so viele tolle Projekte, diese ganze Transition Bewegung ist ein Superprojekt. Der Film „Tomorrow“ ist etwas, wo ganz viele Projekte, die es schon gibt, die die Welt verbessern, gezeigt werden. Es geht darum, diese Projekte sichtbar zu machen, sie zu zeigen, damit wir Hoffnung schöpfen können. Es sind alles Leuchtfeuer. Es sind alles Möglichkeiten, wie wir einer besseren Gemeinschaft, einer nachhaltigeren Gemeinschaft zusammenleben können.

Also verzweifle nicht. Ich kann es total verstehen, wenn du das Gefühl hast, was bewirkt das denn schon, was ich da mache. Was nützt es denn? Und ich, ich allein, wenn die Politik noch nicht mal was macht, wenn es alles nichts bringt, was, was kann das denn schon bewirken? Ich kann es verstehen. Und doch will ich dir sagen: du bewirkst ganz viel. Du bist total wichtig. Jede·r einzelne von uns ist total wichtig. Das, was du tust, rettet die Welt. Es waren schon immer Einzelpersonen und kleine Gruppen, die etwas bewegt haben in der Welt. Schau dir das an, Greta Thunberg, die als einzelne Person angefangen hat. Und jetzt ist es eine riesen Bewegung. Mahatma Gandhi. Dir fallen bestimmt noch ganz, ganz viele Menschen ein, die alle als Einzelpersonen etwas bewegt haben. Und wir als Veganer·in, wir können auch ganz viel bewegen.

Und ich freue mich so, im Clan sind einige dabei, die in ihren Orten, Ortschaften ganz viel bewegen, die da Dinge auf die Beine stellen, die sich Sachen trauen, die nach vorne gehen, obwohl sie Angst haben, eine Rede halten, die Demonstrationen organisieren, die ganz viel bewegen in ihrem Ort, in ihren Möglichkeiten. Es gibt so vieles, was du tun kannst. Und es reicht auch schon, dass du einfach dabei bleibst. Das ist total wichtig. Bleib bitte dabei. Lass dich nicht von der Politik demotivieren. Ich weiß, dass es demotivierend ist. Und doch ist es total wichtig, dass du dabei bleibst.

Und dann danke ich dir fürs Zuhören und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Links zur Folge

Gefühle brauchen keinen Grund

Ein Beitrag

Folge 058 - Gefühle brauchen keinen Grund

Neulich ist es mir wieder passiert: ich habe hier am Bildschirm gesessen und gearbeitet und auf einmal stieg ein Gefühl der Trauer in mir auf, ich hatte ein großes Bedürfnis zu weinen.

Meine erste Reaktion war: Warum? Es war überhaupt nichts passiert, was die plötzliche Trauer gerechtfertigt hätte. Und doch war das Gefühl einfach da und dazu noch sehr stark.

Da mir das, seit ich mich mehr um mich kümmere, öfter passiert, war mir klar: es ist in Ordnung, das Gefühl braucht keine Daseinsberechtigung, keine Erlaubnis um gefühlt zu werden, es darf einfach sein.

So oft versuchen wir krampfhaft das Warum zu ergründen, stellen uns tausend Fragen und verurteilen uns sogar dafür, dass wir so fühlen, wie wir fühlen.

Dabei ist es viel heilsamer, wenn wir unsere Gefühle schlicht liebevoll begleiten.

Und das muss keine Stunden dauern- meist will das Gefühl einfach nur wahrgenommen werden und dann rückt es wieder in den Hintergrund.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und ich möchte heute darüber sprechen, dass es nicht immer ein Warum, einen Grund für unsere Gefühle braucht.

Vielleicht kennst du das auch? Trauer steigt auf einmal in dir auf und du weißt gar nicht warum das so ist oder Wut oder irgendein starkes Gefühl und vielleicht musst du weinen und du fragst dich warum? Warum denn jetzt gerade, warum, was ist denn da los? Und du versuchst es zu ergründen und überlegst das geht doch gar nicht, ich kann doch jetzt überhaupt nicht traurig sein, da ist doch überhaupt nichts. Wo kommt das denn jetzt her? Was soll das jetzt? Und du verstrickst dich völlig in diesen Fragen und vielleicht setzt du dich auch hin und meditierst darüber, warum du denn jetzt traurig bist und wo das herkommt oder du sprichst mit anderen darüber und fragst sie was die meinen, warum du jetzt auf einmal traurig bist und darüber lässt du eine Möglichkeit völlig außer Acht: nämlich das Gefühl einfach so anzunehmen wie es ist.

Gefühle sind dazu da um gefühlt zu werden und mir ging es auch letztens genauso. Ich saß da und habe gerade gearbeitet und auf einmal habe ich so eine Trauer in mir aufsteigen gefühlt und hatte das Bedürfnis zu weinen und habe mich sofort im ersten Moment gefragt warum? Wo kommt das denn jetzt her? Und dann im zweiten Moment habe ich gedacht: okay es darf einfach sein, es muss nicht immer einen Grund geben für die Gefühle und wenn du die Möglichkeit hast in so einem Moment dich ruhig hinzusetzen und dem Gefühl Raum zu geben, dann ist das der einfachste Weg um das Gefühl zu ergründen. Denn meist stammen solche Gefühle aus der Vergangenheit und teilweise aus einer weit zurückliegenden Vergangenheit und wie Luftblasen steigen sie an die Oberfläche und steigen vielleicht in Momenten an die Oberfläche, in denen wir überhaupt nicht mit ihnen rechnen und da kann es auch passieren, dass sie mal zeitverzögert hochsteigen und nicht in dem Moment, in dem wir durch irgendetwas getriggert werden, sondern einfach da sind. Und dass das einfach ein Ausdruck dieser Traurigkeit oder dieser Wut ist, die da noch in uns ist und die zu unterschiedlichsten Zeiten dann zum Vorschein kommt.

Und selbst wenn du dir das jetzt gerade nicht erklären kannst und nicht sagen kannst: ach ja okay, ich fühle mich jetzt traurig, weil damals das und das passiert ist und dieser Moment erinnert mich jetzt daran. Wenn du also in dem Moment, in dem diese Trauer in dir hochsteigt und dieses Bedürfnis zu weinen, wenn du davon völlig überrascht wirst und dich fragst: warum? Dann versuch doch mal dem Raum zu geben und das warum beiseite zu stellen und die Gefühle einfach nur sein zu lassen.

Meist haben wir nicht die Möglichkeit einfach zu weinen, wenn uns danach ist. Vielleicht hast du die Möglichkeit dich an einen stillen Ort zurückzuziehen und zumindest die trauer zu spüren und ihr Raum zu geben und dich selbst liebevoll zu begleiten. Wenn du das Gefühl in dem Moment einfach wegdrückst wird es auf jeden Fall wiederkommen und wahrscheinlich auch stärker. Wenn du heilen möchtest und wenn du gut für dich sorgen möchtest, dann ist es sehr sinnvoll, wenn du in solchen Momenten innehältst und diesem Gefühl Raum gibst. Das kann sein, dass du dich dann in einen anderen Raum zurückziehst oder vielleicht, wenn du gerade arbeitest und nirgendwo anders hin kannst, dann zur Toilette gehst und dich dort für fünf Minuten hinsetzt.

Ich merke das oft bei mir, dass ich dann denke: oh nein, dann muss ich ja jetzt mich eine Stunde hinsetzen und mich um mich kümmern und das dauert doch viel zu lange und dafür habe ich jetzt gar keine Zeit! Ich habe aber in der Vergangenheit gelernt, dass es viel zeitintensiver wird diese Gefühle zu ignorieren und auch sie ständig zu ergründen im Sinne von: Warum ist das so ,was soll das, das doch nicht ok, wie kann das denn jetzt sein, darf ich denn jetzt überhaupt, sowas fühlen, das ist doch völlig absurd?! Es ist viel weniger zeitintensiv wenn du dir fünf Minuten nimmst und hinein spürst. Oft sind dann diese Gefühle sehr schnell wieder verschwunden und sie wollten einfach nur anerkannt und wahrgenommen werden.

Also, wenn dir das das nächste mal passiert, dass du von einem Gefühl überrascht wirst, dann versuch doch dir ein wenig Zeit zu geben und dieses Gefühl einfach nur zu begleiten.

Und dann danke ich dir fürs zuhören und ich freue mich wenn du beim nächsten mal wieder mit dabei bist

Oh nein, ich bin vor Wut explodiert!

Ein Beitrag

Folge 057 - Jetzt ist es passiert: ich bin vor Wut explodiert!

Und dann ist es passiert: Du hast in der Öffentlichkeit geschrien, hast Dich mitreißen lassen und Deinem Gegenüber so richtig die Meinung gesagt.

Jetzt schämst Du Dich und hast Schuldgefühle, weil Du vielleicht doch keinen guten Eindruck als Veganer*in hinterlassen hast. Womöglich hast Du dem Veganismus sogar geschadet? Hast das Bild des*der wilden, missionierenden Veganer*in hinterlassen?

Normalerweise wäre Dir das nicht passiert- Du bist gar nicht der Typ dazu. Nur in diesem Moment hat Dich Dein Gegenüber so gereizt, dass Du einfach aus der Haut gefahren bist. Und jetzt wünschst Du, es wäre nie geschehen.

Oder es passiert Dir öfter und Du willst es aber gar nicht- Du weißt doch, dass Du auf diese Art gar nichts erreichst, bist aber ständig kurz vorm Überbrodeln.

Was Du in diesen Situationen tun kannst und wie es mir selbst ergangen ist, darüber spreche ich in dieser Podcastfolge.

Vollständiges Transkript

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des Von Herzen Vegan Podcasts, der dir hilft, dich gelassen und souverän durch deinen veganen Alltag zu bewegen. Ich bin Stefanie und in dieser Folge möchte ich dich noch einmal daran erinnern, dass es nicht darum geht, perfekt zu sein.

Du kennst diese Situation vielleicht auch. Du wirst in der Fußgängerzone angesprochen von Aktivist·innen, von Menschen, die für eine Organisation arbeiten oder generell von Menschen, die gerne eine Unterschrift von dir haben möchten. Und es gibt da auch diese sehr penetranten Vertreter·innen, die das beruflich machen und wahrscheinlich auch eine Provision dafür bekommen und die dann versuchen, dich irgendwie festzunageln. Die rhetorisch geschult sind und alle möglichen Kniffe anwenden, die die Menschenmenge scannen und dich dann fast schon anspringen, damit du da stehen bleibst und die dich dann mit möglichst emotionalen Argumenten dazu bringen wollen, eine Mitgliedschaft abzuschließen oder möglichst viel Geld zu spenden.

Das ist mir in der Vergangenheit schon häufiger passiert und mittlerweile halt weniger, weil ich einfach gar nicht mehr so häufig in den Fußgängerzonen unterwegs bin. Aber wenn dann gezielte ausweiche, weil ich sie schon von Weitem sehe oder ich versuche diese Personen zu ignorieren. Ich habe auch schon mal, wenn mich so ein Greenpeace-Aktivist angesprungen hat, gesagt, na, lebst du vegan oder lebt doch erstmal vegan oder so, also solche Dinge.

Und ich hatte eine Situation, da war ich in Rostock, das war im letzten Jahr, da sind wir da durch die Fußgängerzone gegangen und da hat mich ein Vertreter von „Plan“ angesprochen, so eine Kindernothilfe-Organisation und er hat uns direkt schon so als Familie angesprochen, hat uns allen die Hand gegeben, hat sich vorgestellt und hat uns gefragt, wie wir heißen und ich sage dann immer einen falschen Namen, weil ich einfach nicht möchte, dass Menschen wissen, wie ich heiße, also zumindest nicht auf der Straße - du weißt es natürlich - und der fing dann eben an uns irgendwie so zu befragen und Carsten ist dann schon mit unserem Kind weitergegangen und der Mann hat mich dann so ins Gespräch verwickelt, dass ich gemerkt habe, dass ich immer emotionaler werde.

Und ich weiß nicht mehr genau, wie es gelaufen ist, aber jedenfalls hatte ich dann auch gesagt: naja, ich möchte nichts geben und er ist dann nicht sachlich gewesen, sondern sehr persönlich. Und ich habe dann auch gesagt: okay, also lebst du denn vegan und dann hat er gesagt: nein, vegetarisch und dann habe ich gesagt: naja, durch deinen Milchkonsum sterben die Kinder in Afrika auch und dann ist er auch immer emotionaler geworden und letztlich haben wir uns dann gegenseitig angeschrien und das ist natürlich auch für jemanden der bei so einer Organisation arbeitet, nicht gerade zielführend und ich bin dann weggegangen, also einfach weggegangen und danach habe ich es natürlich bereut, überhaupt mit dem das Gespräch angefangen zu haben und habe dann auch gedacht, dass er jetzt einen echt schlechten Eindruck von einer Veganerin hat, dass sie ihn halt so anschreit und ja, das ist passiert.

Das ist tatsächlich passiert und ganz ehrlich, das ist menschlich und manchmal sind wir einfach nicht die besten Vertreter·innen des Veganismus und auch wir machen Fehler und auch wir dürfen Fehler machen, denn wir sind Menschen und Menschen sind einfach nicht perfekt und dann ist das passiert, dann hast du in der Öffentlichkeit geschrien und hast einen schlechten Eindruck hinterlassen. Und es nutzt dann gar nichts, sich da ewig lange Vorwürfe zu machen. Ich habe in dem Moment natürlich auch nicht gesagt: oh ja, hast du gut gemacht, dass du den jetzt angeschrien hast! Fehler sind dazu da daraus zu lernen. Deshalb habe ich mir gedacht, ich werde jetzt erstmal solche Menschen meiden, solche Stände und habe das auch seitdem gemacht, weil ich einfach merke, dass mich das zu sehr angreift und ich dann Gefahr laufe wiederum zu schreien. Denn je nachdem, was für rhetorische Kniffe da angewandt werden, wird da ja einiges bei einem berührt und offensichtlich hat der da irgendwas bei mir gedrückt, irgendeinen Knopf, der mich dann vollkommen in Rage gebracht hat. Und meine Intention war es dann zu sagen, okay, ich ignoriere solche Menschen jetzt erstmal.

Dieser Vorfall hat mich dann natürlich eine Weile verfolgt, ich habe dann einige Techniken angewandt, um da nicht mehr die ganze Zeit dran denken zu müssen, sondern also wirklich auch die Emotionen da dann rauszunehmen und wie gesagt letztendlich habe ich für mich dann mitgenommen, dass ich nicht mehr in Konfrontation mit solchen Menschen treten werde, das ist jetzt meine Entscheidung, also mein Weg.

Und vielleicht passiert Dir sowas auch. Im Straßenverkehr passiert einem das ja auch, dass man dann irgendwie in Rage gerät und generell, also kann ja jedem passieren, dass man in Rage gerät, manche geraten früher in Rage als andere und bei manchen muss schon wirklich viel passieren, bis sie dann anfangen, loszuschreien.

Carsten ist es auch mal passiert, das hat er schon mal im Clan berichtet. Da war gerade Wahlen und da hatte die FDP einen Stand auf dem Wochenmarkt und dann ist er mit einem sehr engagierten FDP-Vertreter aneinander geraten und hat den auch erst mal angeschrien. Und Carsten ist eigentlich nicht der Typ, der jetzt einfach so grundlos irgendwelche Menschen anschreit und da muss halt auch schon einiges passieren, dass er so in Rage gerät. Und manchmal ist das einfach so, manchmal passiert das und es bringt halt keinem von uns dann was, wenn wir uns ewig lange dafür schämen und in Schuldgefühlen wälzen. Es ist natürlich erst mal was, wo wir durchgehen müssen. Kinder können das noch gut, wenn wir sie lassen, dass sie eine Emotion durchleben. Uns ist es als Erwachsene meist abtrainiert worden.

Du kennst es sicherlich, wenn Kinder hinfallen, dass ihnen sofort gesagt wird, steh auf. Oder früher, als unser Kind klein war, hatten wir Nachbarn, deren Kind ein halbes Jahr älter als unser Kind, also so im ähnlichen Alter war. Und wenn das geweint hat, dann wurde dem gesagt: so, hör erst mal auf zu weinen und dann bekommst du das und das, aber erst aufhören zu weinen! Dabei ist das Weinen halt so wichtig, um mal diese Emotionen rauszulassen. Und auch nicht zu sagen wenn ein Kind hinfällt: „Ist ja nicht so schlimm!“ Das mag für uns vielleicht nicht so schlimm sein, aber für das Kind ist es in dem Moment schlimm und das ist halt subjektiv, ob was schlimm ist oder nicht. Das kann ich nicht beurteilen als Außenstehende·r und da kann ich nicht von außen sagen: okay es ist nicht so schlimm, jetzt mach halt mal. Für das Kind oder die Person generell ist das in dem Moment aber schlimm und auch wenn wir das nicht nachvollziehen können, was daran denn jetzt so schlimm ist, ist es wichtig, dass die Person oder das Kind, jetzt in diesem Fall, durch diese Emotionen durchlaufen darf.

Und ich konnte das immer sehr gut bei unserem Kind beobachten, das muss da einmal durchgehen und hat dann einfach geweint und das rausgelassen und dann war es gut, dann ist das raus. Wenn du da nicht durchgehst, staut sich die Energie in dir auf und dann rotierst Du immer wieder und rotierst und irgendwann bricht es aus dir raus, aber wenn du in dem Moment halt schon alles so rauslässt und dann vielleicht auch weinst oder darüber redest, dann meisterst du diese Situation viel einfacher.

Ich kann vielleicht nochmal Übungen sagen, wenn du jetzt so einen Moment gehabt hast, wie zum Beispiel du bist in Rage geraten und hast jetzt so ein·e Vertreter·in einer Organisation angeschrien, dass du dann, wenn du dann ein bisschen Abstand von ihm hast zumindest, dich erst mal schüttelst. Alles abschüttelst, deinen Körper abklopfst, um dann runterzukommen.

Ich habe ja auch die Folge mit dem Notfallkoffer, da sind einige Übungen drin. Es ist wichtig, dass diese angestaute Energie rauskommt und das ist ja das, was Kinder ganz automatisch durch Weinen machen und dass sie vielleicht auch irgendwie um sich schlagen oder so, also da kommt die Energie dann raus. Das ist ganz automatisch und das ist total gesund. Es geht natürlich jetzt nicht darum, dass du dich irgendwie ausagierst und Leute verprügelst oder so, sondern in Maßen anspannen, loslassen, atmen oder abklopfen und so, dass das rauskommt.

Und dann, wenn diese ganze Anspannung erstmal weg ist und du Abstand gewonnen hast, dann zu überlegen, okay, was ist denn da schief gelaufen, warum bin ich in Rage geraten? Was hat mich denn da getriggert und wie könnte ich es beim nächsten Mal anders machen? Und ich kann ja aus meiner Erfahrung sagen, dass ich früher, bevor ich angefangen habe, mich mehr um mich selbst zu kümmern, viel, viel häufiger in Rage geraten bin, also exponentiell häufiger, als ich es heute tue. Es wird tatsächlich besser, wenn du dich mehr um dich kümmerst. Was dem ja zugrunde liegt, ist dann auch die Anzeichen zu erkennen, zu schauen, wann ist das Fass kurz davor überzulaufen und dann nochmal ein paar Schritte zurück, also so, dass du nicht immer merkst, oh, gleich explodiere ich oder halt gar nicht merkst, dass du gleich explodierst und dann explodierst du, sondern vorher schon zu merken, okay, stopp, Alarm, Alarm, Alarm, ich brauche jetzt Zeit für mich. Ich muss mich jetzt um mich kümmern, ich habe keine Energie mehr, denn wenn du immer kurz vorm Anschlag bist, dann ist es halt relativ wahrscheinlich, dass du gleich und häufig explodierst.

Wenn du es aber schaffst, so gut für dich zu sorgen, dass du ein Level erreichst, in dem du entspannt bist und gelassen mit anderen Menschen umgehen kannst, dann kannst du auch beobachten, wann du dieses Level verlässt, wann du merkst, okay, was sind die ersten Warnanzeichen, woran erkennst du, dass du jetzt wieder mehr für dich sorgen solltest, weil du sonst bald explodierst beim nächsten Problem, bei der nächsten Herausforderung oder wenn dich jemand schief anguckt. Das ist, wie immer, nicht durch ein Fingerschnippen zu machen, sondern ein Weg, ein Prozess und das ist auch etwas, was ich jetzt über die Jahre hinweg gelernt habe und immer noch lerne. Es gibt immer noch Zeiten, in denen ich mich übergehe und das dann wirklich bereue, weil ich merke, okay, ich bin schon wieder am Limit, ich kann nicht mehr oder ich habe das Kind harsch angefahren, obwohl ich es nicht wollte. Für mich ist mein Kind ein sehr guter Indikator, je nachdem wie es auf mich reagiert weiß ich, okay, jetzt darfst du mal wieder runterschrauben. Wir sind quasi so gut aufeinander eingeschwungen, dass ich an ihm beobachten kann, wenn ich mich nicht gut genug um mich kümmere, weil er sehr sensibel auf mich reagiert und ich sehe sofort an ihm, wenn ich mich im Ton vergriffen habe.

Das ist nicht schon dieses Extrem, dass ich ihn jetzt irgendwie zusammenschreie oder so, da muss ich schon wirklich explodiert sein. Es sind wirklich schon so ganz kleine Nuancen, dass ich merke, okay, jetzt sollte ich mal wieder ein bisschen Zeit für mich nehmen, ich gehe mal raus, also alles, was ich so machen kann, damit ich einfach runterkomme und auch gut für ihn sorgen kann und das ist was, was ich eingespielt habe. Wenn du jetzt aber kein Kind hast - du brauchst nicht unbedingt ein Kind, um herauszufinden, wann du explodierst - wenn du also kein Kind hast, dann geht es sicherlich auch anders und dann ist es noch viel wichtiger, dass du wirklich in dich reinhorchst und auch an Außenfaktoren erkennst, okay, das hat mich schon wieder aufgeregt. Und du kannst vielleicht - das ist eine Einladung nur, also kein Muss - und du kannst vielleicht ein Tagebuch führen und dir aufschreiben, wann es dir besonders gut geht, wann es dir besonders schlecht geht und ein wenig austarieren und schauen, okay, das tut mir gut, das tut mir nicht gut und wann ist das vielleicht so.

Für uns Frauen* kommt ja dann auch immer noch der Menstruationszyklus dazu und ich h