Folge 293 - Die Menschheit ist flexibler als Du denkst

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Folge 293 - Die Menschheit ist flexibler als Du denkst

In dieser Folge thematisieren wir die soziale Flexibilität, welche tatsächlich eine maßgeblichen Teil unserer Menschheitsgeschichte ausmachte. Carsten ist eher zufällig auf das aktuelle Buch von David Graeber und David Wengrow mit dem Titel "Anfänge - Eine neue Geschichte der Menschheit" aufmerksam geworden. Beim Lesen wurde schnell klar, dass die Geschichte der Menschheit ganz anders verlaufen ist, als gemeinhin angenommen. Statt eines linearen Verlaufs von Jäger·innen und Sammler·innen, über seßhaft gewordene Landwirtwirt·innen hin zu hierachisch strukturierten Städten und Staaten, ist unsere Menschheitsgeschichte durch eine Vielzahl soziale Experimente geprägt.

Carsten berichtet über die Erkenntnisse, die er aus dem Lesen des Buches erhalten hat und welche Rolle diese für unsere Vorstellungen einer klimagerechten, bzw. enkeltauglichen Zukunft haben.

Links zur Folge

Buch: "Anfänge - eine neue Geschichte der Menschheit" von David Graeber und David Wengrow
https://buch7.de/produkt/anfaenge-david-graeber/1042212236?ean=9783608985085

Podcastfolge zu Annette Kehnel - "Wir konnten auch anders"
https://von-herzen-vegan.de/podcastfolgen/folge-247-wir-konnten-auch-anders-von-annette-kehnel

Podcastfolge zu Robin Wall Kimmerer "Geflochtenes Süßgras"
https://von-herzen-vegan.de/podcastfolgen/folge-254-buchbesprechung-die-weisheit-der-pflanzen

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Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Aufmerksame Hörer·innen haben gemerkt, dass es zwischen den vergangenen zwei Folgen etwas größere Lücken gab. Stille. Meditative, komplementative Stille. Also, was sehr positives...

Carsten Wir sind aber noch keinen Zen Podcast geworden.

Stefanie Genau. Also jedenfalls aufmerksame Hörer·innen haben das bemerkt. Das liegt nicht daran, dass uns die Themen ausgegangen sind, sondern einfach schlicht und ergreifend, dass uns mal wieder die Zeit fehlte, uns hier hinzusetzen und eine Folge aufzunehmen. Eigentlich stauen sich die Themen. Wir würden auch gerne wieder wöchentlich aufnehmen, aber unser Alltag lässt das nicht zu. Und jetzt haben wir es aber geschafft. Wir haben gedacht, jetzt müssen wir mal wieder eine Folge aufnehmen, denn es drängte ein Thema und zwar möchte Carsten ein Buch vorstellen. Sag doch mal, um welches Buch es geht.

Carsten Also dieses Mal geht es um das Buch „Anfänge - eine neue Geschichte der Menschheit“. Und zwar geschrieben von David Graeber und David Wengrow.

Stefanie Also zwei Davids. Und bevor wir jetzt da einsteigen, möchte ich mich noch einmal ganz, ganz herzlich bei zwei Menschen bedanken. Nämlich bei Martin H. und Birgit G., die jetzt gerade aktuell ihre jährliche Unterstützung über Steady verlängert haben.

Carsten Dankeschön!

Stefanie Leider hat auch eine Person ihre jährliche Unterstützung jetzt gekündigt. Aus sehr nachvollziehbaren Gründen, muss ich dazu sagen, auch sehr inspirierenden Gründen. Allerdings klafft da jetzt eine Lücke, ein Finanzierungsloch. Es ist auch generell so, dass eigentlich das Geld, was ich jeden Monat bräuchte, um die Ausgaben für die Podcasts und generell die ganzen Sachen, die ich so kostenlos auf den Webseiten zur Verfügung stelle, zu decken, noch nicht erreicht ist.

Das heißt, solltest du jetzt das Gefühl haben, du könntest dir überlegen, diesen Podcast oder die ganzen anderen Dinge, die ich so kostenlos zur Verfügung stelle, finanziell zu unterstützen, dann ist jetzt auch wieder eine gute Gelegenheit, das zu tun. Du kannst dann auch dir überlegen, wenn du das über Steady machen möchtest, die finanzielle Unterstützung, dir das quasi schenken zu lassen. Denn es gibt auch Geschenkmitgliedschaften, die verlängern sich auch nicht automatisch, sondern du könntest sagen: ich wünsche mir das jetzt zu Weihnachten oder keine Ahnung zu Nikolaus oder wann auch immer du dir gerne etwas wünschen möchtest und sagst dann, wenn Menschen fragen: Was kann ich dir denn bloß schenken? - Ich habe hier was ganz Sinnvolles. Guck mal, hier ist der Link https://steadyhq.com/de/stefanie-rueckert/gift_plans und da kannst du dir eine Mitgliedschaft aussuchen und die kannst du mir dann schenken.

Sowas zum Beispiel könntest du auch machen, wenn das eine Option für dich ist. Denn oft suchen ja Menschen sinnvolle Geschenke zu Weihnachten, vielleicht auch im Arbeitsumfeld, wer weiß. Also jedenfalls wäre das toll. Ich habe meine Ausgaben schon so gut es geht herunter geschraubt. Aber so ganz kostenlos geht es nicht und deswegen wäre es super, wenn wir da die Summe erreichen könnten, die ich monatlich brauche, um diese Ausgaben zu decken. Da geht es, wie gesagt, nicht darum, meine Zeit-Ausgaben zu decken, denn dann bräuchten wir doch viel mehr Geld. Wenn ich mit diesen ganzen Dingen, die ich hier kostenlos anbiete, meinen Lebensunterhalt bestreiten würde, kannst du dir ausrechnen, dass das etwas mehr ist als das, was jetzt über Steady reinkommt. Also wenn du das Gefühl hast, das ist eine Möglichkeit, Du hast die finanzielle Ressourcen, mit denen du diese Arbeit hier unterstützen kannst, dann freue ich mich sehr. Und Carsten natürlich auch.

Carsten Ja, natürlich.

Stefanie Sprühende Freude von dieser Seite her. Wenn du sagst ja, ich würde euch gerne unterstützen, aber finanziell sieht es bei mir jetzt gerade nicht so rosig aus, ich habe aber Zeit, dann gibt es da noch was anderes, nämlich die ganzen Transkripte, die noch Korrektur gelesen werden müssen für den Mehr als Vegan Podcast. Da sind immer noch 164 Transkripte offen. Aufmerksame Hörer·innen wissen, dass sich seit der letzten Folge nichts verändert hat, was unter anderem daran liegt, dass ich es nicht geschafft habe, ein Transkript überhaupt noch mal Korrektur zu lesen.

Eigentlich hatte ich mir das vorgenommen, aber wie das so ist, es kommen immer Sachen dazwischen und ich werde es dann wohl auch nicht schaffen, mein Ziel zu erreichen bis zum Ende des Jahres diese 164 Transkripte Korrektur zu lesen. Aber wer weiß. Wir sagen niemals nie - vielleicht melden sich ja jetzt 164 tolle Hörer·innen, die jeweils ein Transkript Korrektur lesen und das dann bis zum Ende des Jahres schaffen und dann ist das Ziel erreicht.

Carsten Ja, wäre doch gelacht, wenn nicht.

Stefanie Genau. Also von daher gib dir einen Ruck, wenn du das Gefühl hast ein bisschen Zeit kann ich erübrigen. Es kostet dich vielleicht je nach Folge eine halbe Stunde oder es kann auch eine Stunde sein, je nachdem, wie schnell du liest und je nachdem, wie lang die Folge ist. Du musst es nicht selbst transkribieren, sondern es geht wirklich nur darum, das Transkript Korrektur zu lesen. Das Transkribieren übernimmt ein Programm, aber das ist nicht ganz fehlerfrei. Und da entstehen dann merkwürdige Wortverdrehungen und die müssen auf jeden Fall Korrektur gelesen werden.

Also wäre das eine super Möglichkeit, diesen Podcast zu unterstützen, dass du dich dazu bereit erklärst, ein Transkript Korrektur zu lesen. Schon mal im Voraus vielen Dank! Wenn du das machen möchtest, wende dich an folgende E Mail Adresse: post@vonherzenvegan.de und du kannst dir dann unter diesen 164 Folgen auch eine aussuchen. Du kannst auch schon mal auf die Internetseite gehen und die ganzen Podcastfolgen durchsuchen. Wenn du sagst ja, ich interessiere mich für das Thema, dann lese ich das gerne, ist das eine Möglichkeit. Oder du sagst mir: ich möchte gerne eine Folge Korrektur lesen, die höchstens so und so viel Minuten lang ist, das Thema ist mir egal, dann kann ich das auch für dich raussuchen. Also es gibt viele Optionen. Melde dich sehr gerne.

Soweit das Organisatorische. Jetzt zurück zu den beiden Davids. Warum möchtest du dieses Buch in diesem Podcast vorstellen?

Carsten Das war mir, als ich das Buch gesehen habe, auch gar nicht klar, dass es ein Thema für einen Podcast ist, weil - da muss ich kurz ein bisschen was vorschieben: Ich hatte im Vorfeld schon mal ein Buch von David Graeber gelesen: „Bullshitjobs“ und fand die Art und Weise, wie er Themen behandelt, aber auch seinen - ich nenne es jetzt mal Humor, so eine Spitzfindigkeit, die haben bei mir Anklang gefunden. Und ich stand in der Bibliothek, in unserer Hamburger Bücherhalle und habe dieses Buch gesehen und habe gesagt: Ich will das jetzt lesen. Ich wusste gar nicht, worum es geht. Ich war auf den Autoren fixiert.

Leider, leider habe ich dann festgestellt, dass tatsächlich von diesen beiden Davids nur noch einer lebt. David Graeber, weswegen ich mir dieses Buch ausgeliehen habe, ist drei Wochen nach Fertigstellung des Buches gestorben.

Und ja, warum will ich dieses Buch jetzt eigentlich durchsprechen? Weil wir in unserem Podcast ja allgemein im übergeordneten Sinne die Frage stellen: Wie kann diese klimagerechte, enkeltaugliche, name it Zukunft aussehen?

Stefanie Hast Du gerade „name it“ gesagt?

Carsten Ja.

Stefanie Woah.

Carsten Ich bin da voll fancy...

Stefanie Das haut mich jetzt hier voll raus, okay, puh, ja. Aber no hustle…

Carsten No hustle…

Stefanie Okay! Also...

Carsten Genau. Also, bei dieser Art und Weise, wie können wir uns die Zukunft vorstellen? Stoßen wir in unserer Lebensrealität, also gerade wir beide, Stefanie und ich, immer häufiger in Gesprächen so an die Grenzen, dass andere Menschen einfach Probleme damit haben, sich etwas anderes vorzustellen als das, was heute schon ist.

Stefanie Genau. Also nicht in Gesprächen, wenn wir miteinander reden, sondern du meinst jetzt in Gesprächen mit anderen Personen.

Carsten Genau. Da fehlt einfach die Vorstellungswelt. Da kann man tatsächlich so den Eindruck erhalten, wir haben tatsächlich das Ende der Geschichte erreicht, das ist schon das Maß der Dinge. Viel mehr geht da nicht mehr. Wir können so weitermachen wie bisher, aber alles andere ist irgendwie undenkbar.

Und dieses Buch, was ich da gelesen habe, ist tatsächlich noch mal so rückwirkend betrachtet ein Schlüsselerlebnis für mich gewesen, um zu verstehen, dass diese Menschheitsgeschichte, so wie uns das, ich sage jetzt mal „angelernt“ wurde, eigentlich ganz anders verlaufen ist.

Diesen klassischen Werdegang der Menschheit stellen wir uns allgemein sehr linear vor. Wir sind damals als kleinere Horden Jäger und Sammler umhergelaufen, waren quasi so, keine Ahnung, anarchistische, egalitäre kleine Gruppen, vielleicht Familienverbünde, kleine versprenkelte Gruppen, die durch die Lande gezogen sind und dann über tausende von Jahren eigentlich nichts anderes gemacht haben, als Beeren zu pflücken und Wild zu jagen. Und irgendwann kam dann quasi die große Revolte damals, die erste Revolution der Menschheitsgeschichte, die neolithische Revolution, die völlig atypisch verlief, weil sie sich ja über Hunderte und Tausende von Jahren hinweg ereignete. Und je nachdem, in welche Weltregionen wir reingucken, mal vor 10.000, mal vor 20.000 Jahren stattfand. Also überall irrsinnig lange Zeiträume in der Revolution.

Und damals gab es ja nicht die Guillotine. Damals gab es dann die Sense. Das heißt also, es wurden keine Köpfe gefällt, sondern es wurde Weizen geerntet. Das war so das Narrativ, dass dadurch dann die Sesshaftigkeit eintrat. Der Mensch hat damals auch tatsächlich das erste Mal Land für sich beansprucht, also quasi so auch die Ursprünge vom Eigentum werden da irgendwie mit reingedichtet. Und ab dem, je nachdem, was für Bücher man liest, begann da das Grauen. Da ging es bergab.

Vorher war alles tutti. Wir waren alle irgendwie gleichberechtigt und jetzt auf einmal kam Eigentum rein. Wir konnten Lebensmittel horten und dadurch sind dann auch Hierarchien entstanden. Menschen haben sich zu größeren Gruppen konzentriert, es sind Städte entstanden, es sind Staaten entstanden, Verwaltungsapparate sind entstanden. Und ja, irgendwie hat sich dadurch dann quasi unsere heutige Zivilisation ereignet. So, das ist so ganz grob zusammengefasst die Art und Weise, wie Menschheitsgeschichte allgemein verstanden wird, wie wir sie in den Schulen lernen.

Und dieses Buch zeigt einfach auf: Das war gar nicht so so und die Autoren haben eigentlich gegen diese Geschichte, die ich jetzt ganz grob mal so skizziert habe, so drei grundlegende Einwände formuliert. Und zwar sagen sie: das ist schlicht und einfach unwahr. Und es hat zu schlimmen politischen Konsequenzen geführt. Und es macht die Menschheitsgeschichte viel, viel langweiliger, als sie eigentlich war.

Und der letzte Aspekt, dieses langweilige, das ist inhaltlich für mich zumindest mal interessant. Wenn wir die Geschichte so sehen, sind das immer so diese großen Taten gewesen Heldentaten, große Feldzüge, große Kriege oder große Bauten. Also Pyramiden wurden erbaut, Weltwunder sind entstanden und wieder verschwunden. Das sind so die Momente der Menschheitsgeschichte, die unser Geschichtsbild prägen. Und dazwischen war irgendwie tote Phase. Tausende von Jahren, wo anscheinend nicht viel passiert ist. Da hat der Mensch irgendwie vor sich hingedümpelt. Und es sind ja auch so von den Zeitverläufen, die man so sieht, tatsächlich ganz, ganz, ganz große Zeiträume, wo augenscheinlich nichts passiert ist.

Und da zeigen David Graeber und David Wengrow, dass genau da eigentlich die Musik spielt. Das sind exakt die Bereiche in der Geschichte, wo die größten sozialen Erfahrungen der Menschheit stattfanden. Und das ist etwas, was ich für Zukunftsperspektiven, mit denen wir uns heute auseinandersetzen, für sehr wichtig halte. Dass die Menschheitsgeschichte davon geprägt ist, immer wieder zwischen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Formen und Ordnungssystem hin und her zu pendeln. Es gibt da nicht diese lineare Geschichte, die wir uns erzählt haben, sondern in diesem Buch werden zahlreiche Beispiele gezeigt.

Dass teilweise jahreszeitlich bedingt Gesellschaften im Sommer als Jäger und Sammler unterwegs waren, völlig egalitär waren, also quasi hierarchisch frei waren, gleichberechtigt. Die gleiche Gesellschaft sich dann aber in den Wintermonaten als sesshaft eingerichtet hat. Da dann quasi Ackerbau betrieben hat und starke hierarchische, gesellschaftliche Strukturen entwickelt hat, die dann zum Frühjahr wieder aufgelöst wurden und die gleiche Gesellschaft dann in anderer Form wieder zu Jägern und Sammlern wurde.

Oder auch dass Städte und Staaten entstanden sind, die auch diese Verwaltungs- und Machtapparate, Polizei, Könige, Kaiser, gottähnliche Figuren hatten oder auch Personen, die die ultimative Macht hatten, die über Tod und Leben in einer Willkür entscheiden konnten und das auch gemacht haben, die heute nicht mehr vorstellbar ist. Und irgendwann im Laufe der Zeit hat man sich von diesen Strukturen wieder verabschiedet, ist wieder auseinander gegangen, hat kleinere Strukturen geschaffen, vielleicht größere Strukturen und Herrschaftssysteme und Hierarchien wieder abgebaut, hat sich mehr auf Selbstverwaltung wieder konzentriert.

Und das ist am laufenden Band passiert. Weltweit, in unterschiedlichsten Kontexten, zu unterschiedlichsten Zeitpunkten, in unterschiedlichsten Gesellschaften. Und das ist etwas, das finde ich hochgradig interessant, weil es einfach zeigt: Wir waren nie so versteinert wie heute. Ich weiß nicht, ob wir uns immer irgendwas anderes vorstellen konnten, aber wir haben es anders gemacht. Wir sind aus verfestigten Strukturen, die teilweise tausende von Jahren existierten, irgendwann hingegangen und haben gesagt: das passt jetzt für uns nicht mehr, wir machen es grundlegend anders.

Und das ist ja auch das, was uns heute fehlt, was wir brauchen, einfach so diesen Überschlag zu sagen: Hey, wir haben eine kapitalistisch profitorientierte, wachstumsorientierte Wirtschaft. Wir haben eine Gesellschaftsstruktur, die sehr stark mittlerweile auf Vereinzelung ausgelegt ist. Wir brauchen da den Überschlag. Wir müssen einfach radikal anders denken.

Stefanie Ja, es ist einfach ein Experiment. Das haben wir ausprobiert und es funktioniert nicht. Wir müssen uns schlicht eingestehen, dass es nicht funktioniert. Und wenn wir dann das so sehen, wie du das gerade beschrieben hast, von wegen das ist so versteinert ist und es gibt keine Alternative, Alternativlos, ja dann schaffen wir es natürlich da auch nicht raus. Aber wenn wir das eher so als Experiment ansehen und sagen: okay, wir haben das jetzt ausprobiert, es hat ja auch eine Zeit lang funktioniert, für manche sehr gut, für andere nie. Aber jedenfalls, es hat irgendwie funktioniert und es ist ja auch besser geworden. Es ist mehr Wohlstand da und da auch wieder nicht für alle usw aber es hatte auch gute Seiten. Aber es funktioniert nicht. Es läuft gegen die Wand, das kann nicht funktionieren. Die Basis ist einfach falsch. Die Annahmen sind falsch, die getroffen wurden und deswegen kann es nicht funktionieren. Eigentlich ist das klar, aber wir wollen es irgendwie nicht einsehen. Aber wenn wir jetzt sagen okay, es ist ein Experiment, es hat nicht funktioniert, jetzt machen wir einfach ein neues Experiment. Das wäre es, oder?

Carsten Ja, genau darum geht es. Einfach diese Experimentierfreudigkeit wieder aufzubauen, die uns als Menschheit ja im Laufe unserer kompletten Menschheitsgeschichte sehr stark begleitet hat. Aber das findet bisher in den Geschichtsbüchern, die geläufig sind und auch in den Lehranstalten noch nicht wirklich den Raum. Da gehen die Autoren jetzt in diesem Buch auch drauf ein. Warum ist das eigentlich so?

Das sind wissenschaftliche Erkenntnisse, die sich so in den letzten 10, 20, 30 Jahren ergeben haben. Wissenschaftliche Erkenntnisse meint in diesem Kontext: David Wengrow ist Archäologe. Der guckt so aus dieser Perspektive. Und David Graeber war Anthropologe. So, und diese beiden Wissenschaftler, die haben sich persönlich schon seit zig Jahren gekannt und haben auch zehn Jahre lang an diesem Projekt gearbeitet, irgendwann festgestellt: Mensch, das ist so hochgradig wichtig, dass wir da ein Buch raus verfassen.

Und die haben quasi nichts anderes gemacht, als zu gucken, was für Erkenntnisse haben wir eigentlich mittlerweile über die Menschheitsgeschichte? Und im Rahmen dieser Betrachtung haben sie festgestellt, das ist ja eigentlich anders als das, was bisher gedacht wurde. Und der Umstand, dass das noch nicht in die Breite getragen wurde, das führen die beide darauf zurück, dass die Wissenschaft sich zwar immer erneuert, das heißt also, so dieser allgemeine Gedanke, wenn sich in der Wissenschaft neue Erkenntnisse ergeben, dann verdrängen diese neuen Erkenntnisse das vorherige.

Das ist aber in diesem Wissenschaftsbetrieben, das führen sie so ein bisschen pessimistisch an, auch daran gekoppelt, wann die vorherigen Wissensträger sterben, damit neue Gedanken entstehen können. Also konkret Professoren oder Menschen, die als Lehrende auftreten, die noch diese alten Ansichten mittragen und sich vielleicht aus irgendwelchen Gründen auch dagegen weigern, das neue Wissen aufzunehmen oder dem so viel Stellenwert zuzuweisen.

Die predigen ja quasi noch die althergebrachte Ansicht dieser Menschheitsgeschichte und die wirst du wahrscheinlich auch nicht davon abhalten können und auch nicht überzeugen können, neuere Erkenntnisse aufzunehmen und ihr eigenes Menschheitsbild oder das eigene Bild der Menschheitsgeschichte irgendwie zu revidieren, sondern da müssen wir wahrscheinlich abwarten, bis die dann irgendwann nicht mehr da sind und jüngere Kaliber, die da offener sind, die auch die neueren Forschungsergebnisse anschauen, dass die das dann propagieren. Nur so viel Zeit haben wir jetzt natürlich nicht.

Stefanie Das habe ich auch gerade gedacht: Haben wir überhaupt die Zeit, so lange zu warten?

Carsten Deswegen machen wir jetzt die Folge, damit ich jetzt schon mal darauf hinweisen kann: Leute, es ging auch anders. Wir konnten auch anders.

Stefanie Da hatten wir ja schon mal ein Buch vorgestellt von Annette Kehnel, „Wir konnten auch anders“. Also von daher, das ist ja keine neue Erkenntnis. Und ich wollte noch mal einschieben mit den Geschichtsbüchern und auch der Geschichtsschreibung. Das ist ja immer eine Fokussache. Und wer schreibt diese Geschichte überhaupt? Das ist ja sehr privilegienbehaftet, wer wie darüber schreibt. Und jetzt hier in unserem globalen nördlichen Kontext, sage ich mal, sind es ja eher weiße Männer -ob es immer alte, weiße Männer sind, weiß ich nicht - aber eher weiße Männer, die den Fokus dann auch darauf legen, was weiße Männer in der Geschichte gemacht haben, so dass ja alle anderen eigentlich immer wegfallen. Also es werden kaum andere Menschen genannt.

Carsten Ja, genau. Du hast zum Beispiel aus weiblichen Perspektiven keine Geschichtsschreibung oder wenn, dann nur ziemlich dürftig. Aber die Rolle ist tatsächlich so von diesen männlichen Perspektiven geprägt und das finde ich interessant, weil hier ist auch noch eine andere Facette, die in dem Buch genau da reingreift. Relativ am Anfang wird schon klar, dass, als hier in Europa damals so der Aufbruch stattfand, also zum Zeitpunkt der Aufklärung, da hat man ja grundlegend anders über Gesellschaft, über Gesellschaftsformationen nachgedacht. Da sind ja auch so diese Ideale, die in der Französischen Revolution mit reinspielen, dieses Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit entstanden und propagiert worden, die ja nie so richtig umgesetzt wurden oder werden konnten.

Aber diese Aufbruchsstimmung, dieses grundlegende: Hey, wir denken mal über die bestehenden Zustände nach. Muss das eigentlich so sein oder können wir das anders? Das war ja so eine Aufbruchsituation. Die ist, und das fand ich super interessant, ganz, ganz maßgeblich und stark von nordamerikanischer indigener Kritik ausgegangen. Tatsächlich in persona, dass damals im Rahmen von diesen Siedlungsprojekten, wo wir Europäer·innen den nordamerikanischen Kontinent für uns entdeckten und gesagt haben: Hey, da ist ja so viel Land, was irgendwie verfügbar ist, da gehen wir so rein.

Stefanie Wie du das beschreibst, ist das ja sehr euphemistisch.

Carsten Ja, da sind die Europäer·innen auf indigene Völker und Gesellschaften gestoßen. So, und bevor diese massive Ausrottung von vielen dieser Menschen stattfand, gab es da tatsächlich auch mal den einen oder anderen Dialog. Und im Rahmen dieser Dialogführung wurden massive Kritikpunkte seitens der Indigenen genannt, die gesagt haben: Hey, das was ihr da gerade im europäischen Kontext auf dem europäischen Kontinent mit Gesellschaftsstrukturen, Wirtschaftsstrukturen, Herrschaftsstrukturen macht, das ist irgendwie total falsch. Das heißt also, dieser Freiheitsbegriff, der dann irgendwann im Rahmen der Aufklärung bei uns entstanden ist, der basiert eigentlich auf dem Freiheitsbegriff, der damals in diesen nordamerikanischen indigenen Gesellschaften schon vorhanden war.

So, der war aber nicht immer dort vorhanden. Auch das war durch soziale Experimente und Herantasten, war das ein Entwicklungsschritt. Also der war nicht naturgegeben, sondern auch das musste sich die Menschheit quasi erarbeiten. Aber interessant finde ich einfach, dass wir immer davon ausgehen, wir Europäer·innen waren irgendwann so plietsch und haben das selber für uns herausgefunden und dann quasi unsere eigene Aufklärung bedient. Und die hätte so nicht stattfinden können, wenn wir nicht den Kontakt zu den „rückständigen, unzivilisierten Wilden“ gehabt hätten. Das wurde ja damals so wahrgenommen und bzw auch als Rechtfertigung genannt, da ganze Gesellschaften zu massakrieren, wollte ich gerade schon sagen, zu verdrängen...

Stefanie Ist doch auch so, oder nicht? Kolonialisierung ist auch Gewalt.

Carsten Ja, genau, genau. Und es gab auch Austausche, wo indigene Wortführer·innen nach Europa gebracht wurden und hier in Europa mit Staatsmännern, mit Philosophen in Kontakt gekommen sind, wo man sich mit denen unterhalten hat. Man wollte einfach genau diese Perspektive hören, weil man das total interessant fand, eine Außensicht zu bekommen, so radikal anders die auch war. Und darüber sind genau diese intellektuellen Befruchtungen gekommen, die bei uns diese Aufklärung maßgeblich beeinflusst haben.

Das ist total spannend, denn hier werden Schriftzeugnisse von Zeitzeugen besprochen, die mehr oder weniger scharf oder unscharf sind, aber die darauf hinweisen, dass genau dieser Befruchtungsprozess stattgefunden hat. Und davon erfährst du ja so nichts. Also die ganz normale europäische Geschichtsschreibung spart das total aus. Warum solltest du dich von „wilden, unzivilisierten Völkern“ so stark beeinflussen lassen? Also im Grunde genommen musst du die ja missionieren, bekehren, musst sie auf deinen eigenen Zivilisationsstand bringen. Aber jetzt diese Blöße zu geben, zu sagen hey, eigentlich sind die uns, was die Sozialformen betrifft, meilenweit voraus, da müssten wir eigentlich hin.

Und das fand ich total spannend, dass das hier in diesem Buch auch dargestellt wurde. Ich würde gerne noch mal so auf zwei Passagen dieses Buches eingehen, weil die für mich sehr sinnbildlich sind für das, was da als Inhalt drinsteht. Für das erste, was ich so nenne, muss ich nochmal einschieben, dass die beiden Autoren von bestimmten Grundfreiheiten ausgehen, die der Mensch per se hat.

So, und da schreiben sie: „Wie bereits gesagt, existieren bestimmte Grundfreiheiten. Die Freiheit, sich zu bewegen, wohin man will, Befehlen anderer nicht zu gehorchen und soziale Bindungen neu zu definieren, die für jeden Menschen selbstverständlich sind. Es sei denn, man wurde entschieden zum Gehorsam erzogen, was leider auf so ziemlich jeden Leser dieses Buches zutreffen dürfte.“

Da musste ich schmunzeln, weil ich einfach gedacht habe okay, es sind Grundfreiheiten, denen kann ich per se zustimmen. Aber ja, meine eigene Sozialisation hindert mich daran Befehlen nicht gehorchen zu müssen. Ich bin insofern geprägt. Ja, und das Letzte, was ich aus diesem Buch noch mal zitieren möchte, ist ein kleinerer Abschnitt, der genau in diese Richtung der Zukunftsperspektiven geht. Also dass wir uns andere soziale und generell Zukünfte vorstellen können.

Da schreiben die beiden Autoren: „Wer weiß, womöglich werden wir, wenn unsere Spezies überlebt, eines Tages auf diese heute noch unvorhersehbare Zukunft zurückblicken und Aspekte der fernen Vergangenheit, die heute wie Anomalien wirken - Bürokratien, die im Gemeindemaßstab arbeiten; Städte, die von Nachbarschaften und Nachbarschaftsräten regiert werden; Regierungssysteme, in denen Frauen eine Mehrheit der offiziellen Posten bekleiden; Formen der Landverwaltung, die eher auf Pflege als auf Besitz und Ausbeutung beruhen -, als die wirklich bedeutenden Durchbrüche erkennen und große Steinpyramiden oder Statuen eher für historische Kuriositäten halten. Wie wäre es, wenn wir diesen Ansatz jetzt schon wählten und das minoische Kreta oder Hopewell

[Das sind so Sachen, die in dem Buch vorher besprochen wurden, auf die ich jetzt nicht eingehe.]

nicht mehr als zufällige Schlaglöcher auf einem Weg betrachten, der unvermeidlich zur Bildung von Staaten und Imperien führt, sondern als alternative Möglichkeiten, als Wege, die wir nicht eingeschlagen haben? Diese Dinge hat es schließlich wirklich gegeben, auch wenn unser gewohnter Blick auf die Vergangenheit sie offenbar eher an den Rand als ins Zentrum rückt. Ein Großteil dieses Buches widmete sich der Neukalibrierung solcher Maßstäbe, um uns daran zu erinnern, Menschen haben tatsächlich viele Jahrhunderte und sogar Jahrtausende auf diese Art gelebt. In mancher Hinsicht mag diese neue Perspektive sogar noch tragischer erscheinen als unsere bisherige Standarderzählung von der Zivilisation als unvermeidlichen Sündenfall. Sie bedeutet, wir hätten mit radikal anderen Konzepten von dem, was die menschliche Gesellschaft eigentlich ausmacht, leben können. Sie bedeutet Massenversklavung, Völkermord, Straflager, ja sogar das Patriarchat und die Produktion durch Lohnarbeit hätten niemals geschehen müssen. Andererseits jedoch lässt sich auch vermuten, die Möglichkeiten menschlichen Eingreifens seien auch heute noch weitaus größer, als wir zu denken geneigt sind.“

Stefanie Mich erinnert es jetzt stark auch an „Geflochtenes Süßgras“ von Robin Wall Kimmerer. Da haben wir ja auch eine Podcastfolge schon zu gemacht. Aber sie spricht in ihrem Buch ja auch von dieser Sündenfallthematik, also dass der christliche Glaube letztlich auch zu diesen verheerenden Schlussfolgerungen und geschichtlichen Ereignissen geführt hat, vor allem dann bei indigenen Völkern, die es zu missionieren galt. Und ich denke, da sind Schriften von indigenen Autor·innen auch noch mal sehr wichtig, um auch, wie du das ja gerade gesagt hast, da noch mal zu sehen, was wurde denn schon anders gedacht? Und letztlich wäre es ja dann nur ein Rückbesinnen, wenn das tatsächlich damals schon so stattgefunden hat, dass quasi so die Französische Revolution und die ganze Aufklärung daraus resultiert hat, dass es einen Austausch gab mit indigenen Menschen, die einfach die Wissensgeber·innen waren damals, dann sollten wir uns einfach nur zurückbesinnen und diesen Menschen einen höheren Stellenwert einräumen.

Carsten Ja, definitiv. Das haben wir ja in anderen Folgen auch schon besprochen. Und hier jetzt tatsächlich noch mal die wissenschaftlichen Belege zu holen, das ist ja das, was bei uns in der Gesellschaft immer wichtig ist, das wissenschaftliche.

Stefanie Fakten, Fakten, Fakten.

Carsten Genau davon hast du hier 560 Seiten!

Stefanie Also eine Leseempfehlung von dir uneingeschränkt. Oder gibt es da Einschränkung?

Carsten Ja, massive Einschränkung. 560 Seiten sind sehr einschüchternd, die lassen sich auch nicht einfach so weglesen. Ich habe gerade mal überlegt, es gibt ja „Die kurze Geschichte der Menschheit.“ Harari hat die geschrieben. Das finde ich viel leichter zu verdauen, auch wenn der jetzt in diesem Buch „Anfänge“ so ein bisschen in die Kritik gekommen ist, weil Harari dieses Narrativ von wegen neolithische Revolution etc. ja auch mit eingebracht hat und denkt ja auch in diese Richtung noch. Aber die Art und Weise, wie er schreibt, ist, ich glaube, zugänglicher ist schneller, süffiger.

So, und hier in diesem Buch „Anfänge“ habe ich den Eindruck, da sprechen tatsächlich ein Archäologe und ein Anthropologe und die gucken schon sehr stark in ihre jeweiligen Fachbereiche, nennen auch entsprechende Beispiele - für meinen Alltagsgeschmack teilweise schon so ein bisschen zu detailliert, wahrscheinlich für wissenschaftlich orientierte Menschen nicht detailliert genug. Kann ich mir vorstellen. Also irgendwie so diesen Zwischengrat zu finden zwischen „Hey, wir präsentieren hier gerade die aktuellen wissenschaftlichen Fakten“ und versuchen die aber zugänglich zu schaffen und beide Publikumsebenen, wissenschaftliche, aber auch die Allgemeinheit irgendwie zu treffen. Das ist eine schwierige Gratwanderung und ich glaube, das ist das, was dieses Buch auch eher zäh macht. Also ich habe länger gebraucht, um das Buch durchzulesen, als ich gedacht hatte.

Stefanie Du solltest dich also für das Thema interessieren und schon mal wissen, dass es wahrscheinlich ein bisschen anstrengender ist, das zu lesen.

Carsten Genau also diese Quintessenz, die ich jetzt gerade versucht habe, in dieser Folge zu vermitteln, die ergibt sich zwischendurch immer. Aber das Buch ist eigentlich geprägt durch die zahlreichen Beispiele, die hochgradig interessant sind. Wenn Du mal sehen möchtest, in was für Strukturen Gesellschaften existierten, ob hierarchiefreie Gesellschaften vielleicht auch in ein in Megastädten in größeren Städten existierten - Spoiler, Spoiler, Spoiler ja, war so, kannst du hier nachlesen - dann ist das hochgradig interessant. Gleichzeitig ist es aber, und das ist tatsächlich etwas, was da in dem Buch auch noch mal hervorgeht, der Anfang dieser neuen Geschichte.

Also das Material, was da im Laufe dieser 10-jährigen Korrespondenz zwischen beider Autoren hin und her getauscht wurde, ist so umfangreich, dass sich da wahrscheinlich mehrere Bücher heraus ergeben. Und wenn ich das richtig gelesen habe, wollte David Wengrow das Werk auch weiterführen. Also wird es da wahrscheinlich weitere Bücher in diesem Bereich geben, die noch intensiver und stärker genau auf das eingehen: Was ist da passiert? Was hat jetzt die Wissenschaft mittlerweile an Forschungsergebnissen drin? Aber wie gesagt, das ist alles sehr stark archäologisch und anthropologisch gefärbt. Wenn du da einen Hang zu hast und dich das nicht abschreckt, dann lies es gerne.

Stefanie Ich habe gerade auch noch mal nachgeguckt. Das gibt es auch als Hörbuch. Nicht überall frei verfügbar, aber auf Englisch ist es wohl auch bei uns in der Bücherhalle verfügbar. Ansonsten hatte ich es jetzt nur bei Audible gesehen, aber vielleicht findest du es ja sonst auch noch mal? Aber jedenfalls, das wäre ja noch eine Möglichkeit, dass du sagst lesen nicht, aber nebenbei hören, das wäre vielleicht was, wenn du es nicht gerade auf mal 1,5 oder 2 hörst. Dann rauschen vielleicht die Informationen zu schnell vorbei.

Carsten Wir können auch gleich im Anschluss einfach dranbleiben. Und ich lese das Buch einfach vor.

Stefanie Aber das gibt es dann wahrscheinlich Probleme mit den Rechten - also den Urheberrechten, meine ich, nicht politisch Rechten - weil na ja, gut, muss ich nicht weitersprechen. Okay. Also okay, dann war das jetzt so eine Kurzvorstellung von diesem sehr seitengewaltigen Buch, sage ich jetzt mal und auch inhaltlich gewaltigem Buch.

Und Carsten und ich haben uns selbst gechallenged, eine Herausforderung gesetzt: Wir wollen bis zum Ende des Jahres noch bis Folge 300 kommen. Das heißt, du kannst dich darauf freuen, wenn jetzt nichts schiefgeht und so, das jetzt noch einige Folgen dieses Jahr kommen und wir wissen noch nicht genau, welche Themen wir so behandeln werden. Aber du wirst auf jeden Fall noch mehr Folgen hören können.

Carsten Ja, zur Not machen wir tatsächlich eine Zen-Folge.

Stefanie Stille.

Carsten Eine halbe Stunde Stille. Ja, genau.

Stefanie Nein. Also jedenfalls ist das jetzt so unsere kleine Herausforderung, dass wir das auf jeden Fall schaffen wollen. Und natürlich gibt es keine inhaltlichen Müllfolgen...

Carsten Zen ist doch kein Müll, das ist, also echt jetzt...

Stefanie Gut. Bevor das jetzt hier abdriftet, beenden wir das mal! Und ich würde sagen, in diesem Sinne.

Carsten In Hamburg sagt man Tschüss.

Stefanie Und auf Wiederhören.

Folge 292 - TransFARMation: Eine zukunftsfähige Landwirtschaft ohne Tiernutzung

Ein Beitrag

Folge 292 - Transfarmation: Eine zukunftsfähige Landwirtschaft ohne Tiernutzung

In dieser Folge gehen wir der Frage nach, wie für einzelne Landwirtschaftsbetriebe der Ausstieg aus der Tierhaltung gelingen kann. Carsten hat auf dem diesjährigen Tierrechtskongress in Leipzig einen Vortrag zur TransFARMation angeschaut und den Referenten Daniel Hausmann im Anschluss in unserem Podcast eingeladen. TransFARMation begleitet und berät Landwirtschaftsbetriebe auf dem Weg heraus aus der Tierhaltung, hin zu alternativen Landwirtschaftsmodellen.

Wie genau TransFARMation vonstatten geht, welche Perspektiven damit geschaffen werden können und wie Interessent·innen die ganz persönliche TransFARMation starten können, dass erfahrt ihr jetzt im Gespräch zwischen Carsten und Daniel.

Links zur Folge

TransFARMation Deutschland
https://transfarmation-deutschland.de/
E-Mail: info@transfarmation-deutschland.de

Tierbefreiung Magazin
https://www.tierbefreiung.de/

Mein Newsletter
https://steadyhq.com/de/stefanie-rueckert/newsletter/sign_up

Wall of thanks
https://von-herzen-vegan.de/wall-of-thanks

So kannst Du meine Arbeit unterstützen:
https://stefanie-rueckert.de/unterstützen

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Bevor wir mit der heutigen Folge starten, noch ein paar einleitende Wörter, Sätze von mir, denn ich werde in dieser Folge überhaupt gar nicht zu Wort kommen. Deswegen muss ich natürlich vorher so viel wie möglich reden. Kleiner Scherz.

Zunächst einmal möchte ich mich ganz herzlich bei Hanna und Johanna bedanken, dafür, dass sie Transkripte Korrektur gelesen haben. Johanna hat tatsächlich drei Transkripte jetzt in den vergangenen Wochen Korrektur gelesen. Hanna hat ein weiteres eingereicht und so sind wir dem Ziel schon ein wenig näher gekommen. Ich habe in der Zeit auch noch einen Schwung Transkripte Korrektur gelesen und deswegen sind jetzt im Mehr als Vegan Podcast noch 164 Transkripte offen, die Korrektur gelesen werden müssten. Bei der letzten Folge waren es noch 204 Folgen. Das heißt also, wir haben immerhin jetzt schon 40 Transkripte in der Zwischenzeit Korrektur gelesen.

Und wenn du da mitmachen möchtest und mich und uns und generell diesen Podcast unterstützen möchtest, dann melde dich doch sehr, sehr gerne. Es ist wirklich toll. Ich freue mich über jedes Transkript, das ich nicht Korrektur lesen muss. Denn natürlich ist es einfach ein großer Berg und es gibt kurze Transkripte und lange Transkripte und thematisch sehr unterschiedliche Transkripte. Und du kannst da einfach auswählen zwischen den 164 verbleibenden Transkripten, dir eines aussuchen oder gerne auch mehrere. Und mir schreiben an post@vonherzenvegan.de . Melde dich einfach.

Du kannst auch sagen, dass ich dir was raussuchen soll. Du kannst auch sagen: Bitte, ich möchte ein Transkript Korrektur lesen, wo das Audio eine halbe Stunde lang ist oder welche Zeiteinheit für dich passend erscheint. Oder sagen ich möchte etwas zu folgendem Thema Korrektur lesen. Oder du suchst dir selbst eine Folge raus. Das ist alles möglich und wenn du es möchtest, wird dein Name dann auch dazu geschrieben, dass du das Korrektur gelesen hast und du wirst dann auch namentlich auf der Wand des Dankes, der Wall of Thanks genannt, wo du dann für immer eingraviert sein wirst, solange es diese Website gibt. Und wenn du das nicht möchtest, dann kannst du natürlich auch anonym bleiben. Alles ist möglich.

Ich freue mich über jede Hilfe und ich freue mich auch, wenn du sagst, ich habe gar keine Zeit, aber dafür habe ich Geld. Wenn du diesen Podcast und meine Arbeit finanziell unterstützt, alle Möglichkeiten, wie das geht, findest du wie immer hier unter der Folge in den Shownotes oder einfach auf der Webseite unter dem Menüpunkt „Unterstützen“. Also noch einmal ein herzliches Dankeschön an alle die diesem Aufruf schon Folge geleistet haben. Ich freue mich wirklich über jede einzelne Person. Herzlichen Dank!

Und dann gibt es noch eine Neuigkeit zu verkünden: Die neue Ausgabe des Tierbefreiungsmagazins ist jetzt endlich erschienen, Ausgabe Nummer 120 mit meinem Artikel zur Historie der Kuhmilch und noch weiteren interessanten Artikeln natürlich, zum Thema Tiermilch. Also das heißt, wenn du dich dafür interessierst, für diesen Schwerpunkt oder auch generell für Tierrechte, dann bist du herzlich willkommen, jetzt auf die Tierbefreiungsseite zu gehen, das Magazin dir zu bestellen oder es in einem Laden deines Vertrauens zu erwerben. Und dann natürlich den Artikel und auch die ganzen anderen Artikel, die nicht von mir stammen, zu lesen.

Newsletter Abonnent·innen wussten schon davon. Diese Personen, die sich für den Newsletter bei mir angemeldet haben, hatte ich schon informiert. Das heißt, wenn du sowas so schnell wie möglich erfahren möchtest, all die Neuigkeiten, dann melde dich gerne für meinen Newsletter an! Menschen, die da schon länger angemeldet sind, wissen, ich schreibe nicht sehr häufig. Wenn es einmal im Monat ist, dann ist das schon sehr regelmäßig. Eigentlich schreibe ich wirklich seltener, also wenige Male im Jahr. Wenn jetzt tatsächlich mehr interessante Dinge gehäuft vorkommen, kann das auch mal sein, dass ich dann zweimal im Monat schreibe, vielleicht. Aber bisher ist es noch nicht vorgekommen. Das heißt, du wirst auf keinen Fall zugespamt und du findest den Link zum Newsletter auch wieder hier unter der Folge in den Shownotes.

So, dann kommen wir mal zum Inhalt dieser Folge. Carsten hat da keinen Monolog produziert, sondern hatte einen Gast, hat also ein Interview geführt. Und in dieser Folge gehen Carsten und sein Gast der Frage nach, wie für einzelne Landwirtschaftsbetriebe der Ausstieg aus der Tierhaltung gelingen kann.

Das fand ich auch sehr interessant und finde es immer noch interessant. Deswegen hatte ich Carsten auch ein paar Fragen aufgeschrieben, die er dann für mich auch stellen konnte.

Carsten hat auf dem diesjährigen Tierrechtskongress, also 2023, in Leipzig, einen Vortrag zur TransFARMation angeschaut und den Referenten Daniel Hausmann im Anschluss in unseren Podcast eingeladen.

TransFARMation begleitet und berät Landwirtschaftsbetriebe auf dem Weg heraus aus der Tierhaltung hin zu Alternativen Landwirtschaftsmodellen.

Und wie genau eine TransFARMation vonstatten geht, welche Perspektiven damit geschaffen werden können und wie Interessent·innen die ganz persönliche TransFARMation starten können, das erfährst du jetzt im Gespräch zwischen Carsten und Daniel. Viel Spaß damit!

Carsten Hallo, Daniel. Vielen Dank, dass du heute die Zeit gefunden hast, für uns in diesem Podcast die TransFARMation und auch dich als Person einmal vorzustellen. Auch nochmal vielen Dank für deine zeitliche Flexibilität. Wir hatten dieses Gespräch ja schon mal anders geplant, aber dann musste ich das aus gesundheitlichen Gründen leider verschieben. Jetzt hat es glücklicherweise geklappt. Und ja, vielleicht stellst du dich einmal kurz vor, wer du als Person bist und dann vielleicht gleich hinterher was ist TransFARMation und was ist da deine Rolle? Wie ist da der Kontext zwischen euch beiden?

Daniel Ja, kann ich gerne machen. Erstmal Hallo Carsten nochmal und auch danke für euer Interesse an der Sache. Mein Name ist Daniel. Ich bin jetzt 32 Jahre alt. Ich habe 2012, das ist mittlerweile schon über zehn Jahre her, den Hof meiner Eltern übernommen. Der war damals konventionell. Mein Vater hatte Getreide angebaut und Rinder gehalten und ist dann aber relativ plötzlich verstorben. Da habe ich den Betrieb übernommen und erstmal Ökolandbau in Eberswalde studiert. Weil ich selber nicht auf dem Hof war, habe ich die Rinder erstmal verkauft und das Getreide haben wir im Lohn bewirtschaften lassen.

Im Studium selbst habe ich mich dann für die vegane Lebensweise entschieden und erst den Hof 2014 auf Bio umgestellt, gleichzeitig auch bio vegan und seit 2016 bin ich zurück auf dem Hof. Da habe ich dann angefangen mit meiner Mutter zusammen Gemüse anzubauen. Sie hat ihren Job gekündigt und einfach mitgemacht und im Prinzip immer bio vegan, auch quasi nach besten Wissen und Gewissen. Und seit letztem Jahr 2022 haben wir uns dafür entschieden, das auch zertifizieren zu lassen. Nach den bio-zyklisch-veganen Richtlinien, einfach dass es auch nachvollziehbarer ist für andere. Ansonsten kann ja jeder kommen.

Und seit diesem Jahr 2023 engagiere ich mich mit bei der TransFARMation. Die ist relativ neu in Deutschland. Ja, meine Motivation. Warum mache ich das? Ich komme selbst aus der Landwirtschaft und habe mich auch im Studium schon viel mit bioveganem Landbau beschäftigt. Ob das möglich ist, wie genau und was man damit macht und setze das seit einigen Jahren selbst auch um und denke, mittlerweile ist es auch an der Zeit, das mehr nach außen zu tragen. Ich kann hier die schönste Sache machen auf der Welt, auf so einem kleinen Fleckchen Erde. Wenn da niemand was davon mitbekommt, wächst das nicht großartig.

Und über TransFARMation ist es mir auch möglich, mein Wissen und meine Erfahrungen weiterzugeben. Vielleicht auch Fehler, die ich gemacht habe, weiter zu geben. Dass andere die nicht unbedingt wiederholen und einfach Leute dazu motivieren, aus der Tierhaltung auszusteigen und pflanzenbasiert zu wirtschaften. Und da sind wir eigentlich auch schon bei meiner Rolle im TransFARMation.

Ich kümmere mich hauptsächlich um landwirtschaftliche Belange, denn ist mein Fachgebiet. Wenn irgendwelche Fragen auftauchen, kann ich da zielgerichtet recherchieren oder einfach irgendwas dazu sagen, meinen Senf dazugeben. Das betrifft jetzt nicht nur Landwirtschaft selber, sondern auch vor oder nachgelagerte Bereiche wie zum Beispiel verarbeitende Unternehmen oder abnehmende Betriebe. Und ab und an mache ich auch Vorträge bzw stelle die TransFarmationsarbeit vor, weil ich es sehr wichtig finde von der Sache auch zu reden und einfach den Gedanken unter die Menschen zu bringen.

Carsten Wie ist das denn damals gelaufen? Wie hast du von TransFARMation erfahren? Sind die auf dich zugekommen, weil sie gemerkt haben: Mensch, da ist jemand, der jetzt hier einen Bio zertifizierten Hof hat, der interessant ist? Oder ist es andersrum gewesen? Dass du von TransFARMation erfahren hast und gesagt hast Mensch, cool, exakt das, was ich eigentlich möchte, da will ich jetzt mit einsteigen?

Daniel Das war eher eine zufällige Begegnung. Das war in so einer Zoomkonferenz, da ging es um Tierrechte. Und ja, der Matthias, der auch mit im Team jetzt ist, hat TransFARMation vorgestellt und auch gesagt, dass sie da noch Leute suchen, die landwirtschaftliche Expertise haben. Und das war gerade Winter. Ich hatte viel Zeit und habe mir gedacht: Mensch, das ist genau das, was du machen willst und habe mich gemeldet. Und so haben wir zueinander gefunden.

Carsten Und ich hatte jetzt dadurch, dass wir uns schon auf dem Tierrechtskongress begegnet sind, in Leipzig schon rausgehört, dass TransFARMation hier in Deutschland, ich sage jetzt mal, „neu“ ist, gerade dabei ist Fuß zu fassen, den Ursprung aber woanders hat. Kannst du da noch mal ein bisschen was zu sagen zu dieser Konstellation?

Daniel Genau. Der Ursprung der TransFARMation kommt aus der Schweiz. Dort gibt es das schon seit ungefähr fünf Jahren. Sarah Heiligtag hat es mitgegründet mit ihrem Mann. Und dort wurden in den letzten fünf Jahren 130 Betriebe schon umgestellt oder begleitet. Und jetzt dachten wir, ist es an der Zeit, die Idee auch nach Deutschland zu bringen. Deutschland ist viel größer, hier gibt es viel mehr Betriebe und natürlich auch ein unglaubliches Potenzial.

Carsten 130 Betriebe ist ja schon eine richtige Kennziffer. Wie viele Leute sind denn da in der Schweiz jetzt in TransFARMation als Team vorhanden oder vielleicht darüber hinaus? Noch eine Frage: Ist das eher ein Kernteam, was die die gesamte Arbeit leistet? Gibt es eine bestimmte Fluktuation, je nachdem, in welchen Fachbereich da reingeguckt werden muss, dass dann mal mehr Personen hinzugenommen werden und da vielleicht nur ein stabiles Kernteam ist, was das Ganze koordiniert? Wie ist das momentan in Deutschland gestaltet?

Daniel Also zur Schweiz kann ich gar nicht so viel sagen, wie genau die organisiert sind und wer alles mithilft. Aber in Deutschland kann ich sagen, wir sind im Moment fünf Leute im Kernteam, das sind Samara, Matthias, Timo und Mirjam und ich und offiziell haben wir am 1. Juli 2023 angefangen. Natürlich haben wir inoffiziell schon länger die Sache vorbereitet und verschiedene organisatorische Sachen geklärt. Und wir sind jetzt ungefähr drei Monate schon dabei.

Carsten Seid ihr regional alle in der gleichen Region unterwegs oder zerstreut sich das übers Bundesgebiet und ihr trefft euch vornehmlich virtuell?

Daniel Wir sind tatsächlich in ganz Deutschland verteilt unterwegs. Von Norden, Westen, Osten, Süden und Mitte ist eigentlich alles was dabei. Das macht es auf der einen Seite interessant. Auch für Veranstaltungen können wir es natürlich so einteilen, dass die Leute dorthin gehen, die den geringsten Weg haben. Aber ja, teilweise ist ein bisschen schwierig mit Absprachen, ist meistens online. Wir sehen uns jetzt selten, aber ja, im heutigen Zeitalter ist ja auch schön, dass das überhaupt möglich ist.

Carsten Wie ist das jetzt fachlich? Wenn du sagst, ihr seid jetzt fünf Personen, die zwar übers Bundesgebiet verstreut sind und da auch geguckt werden kann, wer jetzt die kürzesten Wege hat, funktioniert das fachlich genauso, dass jede·r von euch fünf eigentlich, ich sag jetzt mal, jeden Hof, der jetzt gerade an euch herantritt, bedienen kann? Oder stellt der·die dann fest: Mensch, das sind Kompetenzen, die muss ich dann doch bei einer von den anderen vier Personen mit einholen, der·die dann eventuell auch Reisewege in Kauf nehmen muss.

Daniel Die Betriebsbesuche machen doch eher Samara und Matthias und die nehmen dann noch weitere Wege in Kauf. Aber wir versuchen auch vieles miteinander zu verbinden und sprechen uns dann trotzdem auch wieder ab und was sie jetzt vielleicht an Kompetenz nicht haben oder Fragen haben, kann man ja dann online oder telefonisch direkt danach auch im Anschluss klären. Und von daher, durch die technische Digitalisierung gerade ist es fast trotzdem, als wäre jede·r überall dabei.

Carsten Kannst du vielleicht in so einen Prozess mal skizzieren, also angefangen von da ist jetzt ein Hof, der schon bereits Kontakt mit euch aufgenommen hat. Wie geht ihr dann inhaltlich eigentlich vor? Was passiert dann konkret?

Daniel Da passiert eine ganze Menge. Also als erstes nimmt der Hof Kontakt auf zu uns. Das ist immer ganz wichtig zu sagen, wir gehen jetzt nicht hausieren und fragen Höfe von wegen: „Hey, habt ihr nicht Bock, die Tierhaltung abzuschaffen? Wir hätten eine bessere Idee.“ Da wird man wahrscheinlich schnell die Tür wieder vor der Nase zugeschlagen bekommen. Also die Landwirt·innen melden sich bei uns. Das hat den Vorteil, die sind auch schon motiviert das zu machen und haben sich selber auch schon mit dem Thema auseinandergesetzt.

Und als erstes ist meistens ein Anruf oder eine Email ganz unverbindlich. Da kommt man kurz ins Gespräch. Wir haben dann ein Kontaktformular, wo nochmal ausgefüllt wird, spezielle Gegebenheiten des Hofes: Was ist das überhaupt für ein Hof? Was für Tiere gibt es da und was sind vielleicht Stärken von den Menschen, die da arbeiten? Wo wollen die hin? Da haben wir schon mal einen groben Überblick und als nächstes erfolgt dann den Termin vor Ort.

Das ist ganz wichtig erstmal, dass man sich gegenseitig auch kennenlernt, hat ja auch ganz viel damit zu tun. Ist ja alles ganz individuell. Die Menschen sind individuell, die Höfe auch noch mal und dass man sich einfach ein bisschen beschnuppert, Vertrauen aufbaut, kennenlernt und vielleicht auch schon die ersten Ideen und Wünsche bespricht.

Danach wird es erstmal wieder bisschen bürokratischer, da wird der Betrieb analysiert. Da werden dann neue Möglichkeiten ausgelotet, von wegen: was kann ich machen oder anstellen mit den Gegebenheiten vor Ort? Welche Wünsche oder Ziele haben die Landwirte? Und ja, dann geht es irgendwann an die Umsetzung.

Das müssen die Landwirt·innen im Prinzip selber machen. Das sind ja auch die, die jeden Tag auf dem Betrieb sind und die damit leben müssen. Und wir sind aber trotzdem immer noch da als Begleiter·innen. Es ist nicht so, dass wir jetzt sagen: Tiere sind abgeschafft, zack und tschüss! Die Landwirt·innen können trotzdem jederzeit auf uns zukommen, wenn irgendwelche Fragen sind oder noch irgendwelche Unklarheiten.

Das war jetzt ein ganz allgemeine Sache, aber man muss immer dazu sagen, das ist alles sehr individuell und immer interaktiv. Es gibt jetzt auch keine klare Linie, wie das abläuft. Das ist natürlich auch in jedem Betrieb ein bisschen anders.

Carsten Genau. Man hört schon raus, dass Ihr auf die individuellen Gegebenheiten vor Ort sehr stark achtet. Du hattest schon angesprochen, was für Kompetenzen da auf dem Hof sind. Kannst du zu dieser Analysephase noch mal ein bisschen was sagen? Also wie kann ich mir das vorstellen? Sind das jetzt tatsächlich nur die Personen, die du vorhin genannt hast? Also das Fünfer Team, das im Rahmen dieser Analyse mit dem Landwirtschaftsbetrieb spricht? Oder holt ihr euch dort weitere externe Beratungskapazitäten mit rein, weil vielleicht da das Themenspektrum irgendwie zu speziell ist, was da eventuell noch ausgelotet werden soll?

Daniel Das kommt wieder ganz auf den Betrieb an, bzw auf die Wünsche von den Landwirt·innen oder die Menschen, die da arbeiten. Ich habe jetzt zum Beispiel Ahnung von Landwirtschaft, aber ich kann nicht viel über Tourismus erzählen. Wer jetzt zum Beispiel Ferien auf dem Bauernhof machen will oder irgendwelche touristischen Angebote, da wäre es natürlich dann sinnvoll, auch jemanden dazu zuholen, der davon damit Bescheid weiß. Und das ist auch unsere Aufgabe, so ein bisschen dieses Netzwerk zu erstellen. Wir können selber vielleicht nicht alles abdecken und alles wissen, aber wir haben den Anspruch, dann für alles, auch jemanden zu kennen, der uns helfen kann.

Carsten Und wie weit ist dieses Spektrum der Möglichkeiten da gegeben? Also ich sage jetzt mal, das große Ziel ist ja, die Landwirtschaftsbetriebe aus der Tierhaltung rauszunehmen. Da habe ich trotzdem noch mal ein Spektrum, wo es dann in Zukunft mit diesem Betrieb hingehen kann. Angefangen von was du jetzt gerade schon gesagt hast, so Tourismus, vielleicht Lebenshof, vielleicht irgendwie Richtung Market Gardening? Keine Ahnung. Also kannst du da ein bisschen was zu erzählen, was für Möglichkeiten ihr offerieren könnt oder was generell denkbar ist?

Daniel Also denkbar ist eigentlich fast alles, was der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Und genau, unser Ziel ist es jetzt nicht, die Tiere abzuschaffen, quasi die letzten Schweine zum Schlachthof zu bringen und dann zack, sind wir vegan. Wir versuchen natürlich auch so viel wie möglich Tiere zu retten. Und da ist zum Beispiel die erste Frage für den Betrieb: Wollt ihr weiter wirtschaften oder weiter euren Hof haben, mit oder ohne Tiere? Und da reden wir nicht von den sogenannten Nutztieren, sondern von lebenden Tieren. Und da geht es darum auch: wie viele Tiere kann oder möchte ich behalten?

Wenn ich jetzt zum Beispiel im Extremfall einen großen Schweinemastbetrieb habe und gar nicht die Flächen dazu habe, wenn ich dann will, dass es den Tieren gut geht in Form von Lebensstil, brauche ich eine enorme Fläche auch und einen enormen Arbeitsaufwand. Da geht es dann natürlich auch los. Das muss irgendwie finanziert werden. Da müssen zum Beispiel Pat·innen gesucht werden oder eventuell auch Tiere umplatziert werden. Vielleicht gibt es andere Höfe, die die Tiere aufnehmen können oder andere Privatpersonen. Bei einem Schwein oder bei einer Kuh ist es wahrscheinlich schwierig als Privatperson. Aber wenn ich zum Beispiel Hühner retten möchte, kann ich durchaus auch wenn ich einen großen Garten habe, da eine kleinen Gruppe einen schönen Platz bieten.

Carsten Und wie lange dauert so gefühlt oder vielleicht auch Erfahrungsgemäß eine Gesamtumstellung eines Hofes? Das hängt wahrscheinlich genau von dieser Fragestellung ab: Was möchte der Landwirt oder die Landwirtin? Aber so PI mal Daumen - redet ihr da jetzt eher so von einem Jahr oder von fünf Jahren? Oder von zehn Jahren? Was sind so, so erfahrungsgemäß realistische Zeiträume, die man berücksichtigen muss?

Daniel Wie du schon gesagt hast, es ist auch sehr individuell wieder. Auf einer Seite hängt es davon ab, was der Hof für Tierhaltung betreibt. Und wo er hin möchte. Und das kann relativ schnell gehen, wenn ich jetzt einfach eine extensive Mutterkuhhaltung habe, da brauche ich nicht so viel verändern. Aber wenn ich jetzt eine sehr intensive Schweinehaltung habe oder Hühnerhaltung, muss schon einiges getan werden. Und dann geht es ja schon wieder los.

Wenn ich jetzt zum Beispiel Verarbeitung machen will. Ich baue zum Beispiel Hafer an und möchte Hafermilch herstellen. Das muss ja auch alles organisiert werden. Vielleicht gebaut werden. Da geht es ja schon los mit der Bürokratie, die Bauanträge und wir erstellen dann immer einen groben Zeitplan und dann ist das alles auch nachvollziehbar. Von wegen bin ich im Zeitplan, wird das was oder wird das nicht? Das ist natürlich auch alles sehr flexibel zu sehen, aber sollte auch - also zehn Jahre wäre mir ein bisschen hochgegriffen. Ein Jahr ist schon sportlich und genau kommt drauf an, was man alles mit betrachtet.

Eigentlich ist ja auch der Weg das Ziel. Und wichtig ist, dass die sogenannte Nutztierhaltung relativ schnell aufhört, dass einfach keine Tiere mehr sinnlos geschlachtet werden müssen und dann muss man schauen oder Konzepte erarbeiten: Was mache ich mit den Tieren, die wir behalten und was muss ich vielleicht umbauen und wie schnell geht das?

Carsten Und genau für diese Phase, wo das bestehende Geschäftsmodell erstmal gestoppt wird bis zur Findung eines weiteren Geschäftsmodells, das ist ja genau diese TransFARMation, die ijr durchführt. Das muss wirtschaftlich auch irgendwo berücksichtigt werden. Wie könnt ihr da sicherstellen, dass dann genau in dieser neuralgischen Phase der Landwirtschaftsbetrieb trotzdem noch genügend Einnahmen generiert?

Daniel Ja, wie stellen wir sicher, dass der landwirtschaftliche Betrieb in der Phase genügend Einnahmen generiert? Wir haben natürlich vorher einen Plan und auch einen Finanzplan. Und da wird dann geschaut, wann kommen welche Einnahmen rein. Wir arbeiten auch mit Stiftungen zusammen, also wir haben auch Budgets für Transformationen. Das ist natürlich auch wieder individuell und kommt darauf an, was der Betrieb möchte. Und dann kommt es auch darauf an, wo er hin will, um an neue Einnahmen ranzukommen. Wenn ich jetzt zum Beispiel Bäume pflanze, dauert das ja eine gewisse Zeit auch bis sie wachsen und Früchte geben. Und ansonsten kann ich mir doch vorstellen, eine Crowdfunding Aktion, das ist wieder unser Vorteil. Durch unsere Reichweite können wir natürlich dann wieder viele Menschen erreichen, die da auch mithelfen können. Und es ist natürlich trotzdem wichtig, sich vorher zu überlegen was für finanzielle Mittel brauche ich und wie komme ich da hin?

Carsten Das heißt also, wäre ich jetzt ein Landwirt und ich würde ganz gerne meinen Landwirtschaftsbetrieb von euch umgestalten lassen, hätte aber tatsächlich noch Tierhaltung und kein finanzielles Polster: Wie realistisch ist es dann zu sagen, ich erreiche da trotzdem die Zielgerade, dass ich aus der Tierhaltung aussteige? Könnt ihr dann Mut machen? Sagen Hey, selbst ohne finanzielles Polster, kein Thema, wir finden irgendwie einen Weg, dass du die Einnahmen anders kompensieren kannst oder ist dieses finanzielle Polster irgendwie schon eine Grundvoraussetzung, dass überhaupt so ein Prozess gestartet werden kann?

Daniel Genau deswegen arbeiten wir auch mit den Stiftungen zusammen. Dass da auch ein gewisses Budget vielleicht da ist, kommt dann immer darauf an, was die Betriebe wollen. Für uns ist es natürlich schön, wenn die zum Beispiel Bildungsarbeit betreiben und in die Öffentlichkeit gehen. Das wäre so unser Idealfall von der TransFARMation. Das hilft ja auch der Sache an sich wieder, weil dann wird die Idee mehr ausgebreitet und die Menschen erfahren davon. Und wie gesagt, mittlerweile, man kann ja auch mit Crowdfunding eine gewisse Zeit überbrücken bzw Investitionen tätigen. Und ja, dann kommt es auch darauf an, was ich möchte. Wenn ich jetzt Bildungsarbeit betreibe, brauche ich gar nicht so die großen Investitionen und kann relativ schnell einsteigen.

Carsten Jetzt hattest du gerade schon die Stiftung genannt, das führt mich jetzt zur Frage: was diese Unterstützung von der TransFARMation kostet und wie ihr euch generell finanziert? Ist das tatsächlich primär über diese Stiftung oder wie findet das statt?

Daniel Die TransFARMation ist für die Landwirt·innen erstmal kostenlos. Das ist uns wichtig, dass es nicht abschreckt. Von wegen, dass die Beratung Geld kostet und es dann Menschen daran hindert, die ganze TransFARMation gar nicht erst anstoßen zu lassen. Und wir selber als Verein werden hauptsächlich durch zwei Stiftungen finanziert und natürlich auch durch kleinere Spenden und mit größerer Bekanntheit hoffen wir natürlich, dass auch die finanziellen Mittel dann größer werden, dass wir möglichst viele Höfe unterstützen können.

Carsten Ich will mal ganz kurz zurück so auf euren Beratungsprozess gehen. Da ist mir noch so eine Frage im Kopf geblieben. Du hast jetzt gerade so den Weg skizziert, hin zu einer sehr intensiven Analyse. Das Ganze wird begleitet. Mich interessiert jetzt mal, wie intensiv ist denn die Begleitung in diesem gesamten Umstellungsprozess? Findet da immer eine Person den regelmäßigen Kontakt zum Landwirtschaftsbetrieb, läuft das irgendwann aus und ihr guckt nach ein paar Jahren noch mal wieder. Wie kann ich mir das vorstellen?

Daniel Das ist natürlich auch sehr unterschiedlich. Es gibt Landwirt·innen, die sind sehr eigenständig bzw machen so ein bisschen ihr eigenes Ding, brauchen gar nicht so viel Unterstützung, brauchen bloß ab und zu mal einen Tipp oder dass sie wieder auf dem richtigen Weg bleiben. Wobei das auch komisch klingt, aber du weißt, was ich meine. Ja und dann gibt es Leute, wenn ich jetzt wirklich was ganz anderes mache, brauche ich vielleicht mehr Unterstützung.

Wenn ich jetzt vorher zum Beispiel eine Schweineanlage hatte oder Mastschweine gehalten habe, heißt das nicht zwangsläufig, dass ich sofort auch nur, weil ich Schweine gehalten habe, auch einen grünen Daumen habe. Oder dass meine Mitarbeitenden einen grünen Daumen haben. Und da brauche ich vielleicht ein bisschen mehr oder habe speziellere Fragen von wegen zum Anbau oder zur Bodenfruchtbarkeit, Fruchtfolge was auch immer bzw. können ja ständig auch Rückfragen kommen, von wegen wenn ich meine Produkte verkaufe, mein Abnehmer ist abgesprungen und ich suche gerade jemand neues und da können wir zum Beispiel wieder helfen durch das Netzwerk.

Ja und wann ist so eine TransFARMation eigentlich vorbei? Also wann sind wir raus? Ich würde sagen, so richtig raus sind wir nie. Schon alleine, weil es mich aus privaten Gründen auch interessiert: Wie geht es mit dem Hof weiter? Natürlich wird die Betreuung nach hinten raus dann immer weniger. Aber ja, unsere Hauptaufgabe ist es, den Anstoß zu geben und bei den ersten Schritten zu helfen.

Carsten Netzwerken hattest du vorhin auch schon mal angesprochen. Gilt das dann auch für die Landwirtschaftsbetriebe, dass du die Interessierten oder die, die vielleicht schon so was gestartet oder schon abgeschlossen haben, miteinander in Verbindung bringst, dass da noch mal so eine Ideenbefruchtung oder auch Motivationsbefruchtung stattfindet?

Daniel Ja, das ist tendenziell auch wichtig. Oder es kann helfen, weil nicht jede·r das Rad neu erfinden muss. Man kann ja durchaus von anderen lernen, auch von den Fehlern anderer Leuten lernen. Und wenn Leute ähnliche Sachen machen, macht es natürlich Sinn, die auch zu verknüpfen oder die Leute zu verbinden.

Carsten Ja, vor allen Dingen stelle ich mir das vor, wenn ich jetzt als alteingesessenene·r Landwirt·in in einer sehr ländlichen Region, auf einmal genau diesen Weg beschreite, dann bin ich ja sehr exponiert. Das muss man ja auch irgendwo wollen und mittragen. Und je nachdem, wie das persönliche Standing dann in diesem Umfeld ist, kann das natürlich dann auch schwierig sein, anderen Landwirtschaftsbetrieben gegenüber zu treten und vielleicht nicht als Sonderling oder sowas dazustehen. Wenn da natürlich dann irgendwo im Hintergrund ein Netzwerk existiert, wo ich weiß, Mensch, da sind andere Personen, die genauso ticken wie ich, die sitzen vielleicht nicht direkt nebenan, aber vielleicht ein paar Regionen weiter, dann ist es natürlich wahrscheinlich von der Psychologie her auch nochmal eine gewaltige Unterstützung.

Daniel Ja, das macht auf alle Fälle viel aus. Also das soziale Milieu, das darf man nicht unterschätzen. Natürlich, das spielt eine riesengroße Rolle. Und das ist, wenn ich das vergleiche, sehen wir ja, wenn wir uns vegan ernähren, wenn wir auf Familienfeier sind, wo Leute sich vielleicht nicht vegan ernähren, die wir trotzdem gern haben. Und es kann schon provokant sein, wenn ich zu Weihnachten einfach ein veganes Stück Tofu bekomme, während die anderen ihre Ente essen. Und ich brauche gar nichts sagen und es kann sich schon für die anderen so anfühlen wie versteckte Kritik.

Und genauso ist das natürlich auch bei der Tierhaltung. Man grenzt sich ja schon auch so ein bisschen ab von den anderen. Man will denen vielleicht auch nicht wehtun oder Ratschläge geben, aber das passiert ja automatisch schon mit. Und da hilft es natürlich ungemein, wenn man auch Leute um sich weiß, die quasi dasselbe auch machen, ethisch dieselben Vorstellungen haben. Und ja, man kann auch ganz anders ins Gespräch kommen.

Carsten Ins Gespräch kommen ist ein guter Übergang zu meiner Frage, wie denn jetzt interessierte Landwirtschaftsbetriebe mit euch in Kontakt treten können. Woher weiß ein Landwirtschaftsbetrieb eigentlich von eurer Existenz? Und wenn da dieses Wissen vorhanden ist, was sind dann so die Anknüpfungspunkte, die Anschreiben, die Mail? Kommen die vorbei? Wie passiert das dann?

Daniel Wie erfahren die landwirtschaftliche Betriebe von uns? Ich würde sagen über die Medien, über Instagram, vielleicht ein TV Bericht und verschiedene Veranstaltungen. Vielleicht ist es auch einfach ein Tipp von jemanden, der uns auf einer Messe oder auf einer Veranstaltung gesehen hat. Kann ich mir vorstellen. Vielleicht auch einen Zeitungsartikel. Und der·die Landwirt·in, der¯die das hört, der·die denkt ja nicht sofort: Oh, TransFARMation ist genau das, was ich machen will. Das ist ja auch ein Prozess. Und manchmal ist es, dass die Leute uns irgendwo sehen. Dann arbeitet es ein bisschen im Kopf und ein Jahr später kommen sie auf uns zu: Hey, ich kenne euch von der und der Veranstaltung. Ich habe überlegt und vielleicht wäre das was für mich. Und ja, das ist dann erstmal eine Email oder ein Anruf bzw dass unser Onlineformular ausgefüllt wird. Vorbeikommen ist schwierig, wir haben kein wirkliches Büro, aber im Prinzip ist es erstmal eine einfache Anfrage und dann sehen wir weiter.

Carsten Gibt es da schon irgendwelche Projekte, die ihr als Referenz nennen könnt und wo ihr sagt: „Okay, Mensch, genau in der Region, wo du gerade sitzt mit deinem Landwirtschaftsbetrieb, da haben wir direkt um die Ecke schon jemanden, den du auch noch mal als Referenz kontaktieren kannst.“ Oder ist das, weil du schon sagtest, ihr startet jetzt gerade in Deutschland, ist das hier jetzt zu neu und ihr müsstet im Zweifelsfall auf Referenzen im schweizerischen Umfeld irgendwie verweisen?

Daniel Sowohl als auch, würde ich sagen. Also wir sind relativ neu. In den drei Monaten konnten wir jetzt ja noch nicht so viele Höfe gewinnen. Unser Hauptaugenmerk lag erstmal darin, bekannt zu werden. Deswegen sind ja auch gerade so Podcasts, wie wir es jetzt machen, so wichtig, dass die Leute von uns erfahren. Wir sind aber trotzdem auch schon mit zwei Höfen ernster im Gespräch. Einer ist in Schleswig Holstein und einer in Bayern und ansonsten können wir immer noch auf die Höfe in der Schweiz zurückkommen.

Carsten Gibt es da irgendwie ein Herzensprojekt, wo du sagst Mensch, das ist total super? Wo du mitgearbeitet hast wahrscheinlich jetzt nicht, weil du sagtest, du bist relativ jung noch mit dabei in dieser TransFARMation. Aber eins, wo du sagst, das wäre tatsächlich etwas, was du persönlich präferieren würdest als Herzensprojekt oder als Referenz?

Daniel Herzensprojekt selber habe ich keins, glaube ich. Und ich denke, das Interessante an der ganzen Sache ist ja auch, dass alles so individuell ist und dass man so viele verschiedene Sachen machen kann. Und ja, die Arbeit mit den Menschen zusammen und da denke ich, ist jeder einzelne Betrieb für sich spannend. Aber was mir mit am Herzen liegt, ist wirklich auch die Bildungsarbeit, einfach um den Gedanken in die Welt zu tragen. Und dass möglichst viele Höfe bereit sind davon zu erzählen, ist aber nicht Voraussetzung. Und was natürlich mir auch sehr am Herzen liegen würde, wenn ein Hof bei mir in der Gegend umstellen oder transformieren würde, wo ich wirklich in kurzer Zeit auch mal hinfahren kann und wo man einfach intensiv oder noch intensiver in Kontakt ist.

Carsten Okay, was mich auch noch mal interessieren würde, wenn jetzt andere Personen, die euer Vorhaben total cool finden, diese Podcastfolge hören und die sagen Mensch, ich würde mich da ganz gerne einbringen. Wäre das prinzipiell möglich oder sagt ihr: Moment, wir haben mit fünf erstmal gerade genug, haben uns gerade irgendwie eingegroovt. Wir müssen jetzt erstmal einen Schritt in diesem Team weitergehen. Oder habt ihr generell die Tore offen, um weitere Expertisen, Kompetenzen wie auch immer gelagert ins Team zu nehmen und alle engagierten und interessierten Personen dann erstmal offen zu empfangen und zu sagen wir, wir bauen ein riesiges TransFARMationsnetzwerk auf und je mehr, desto besser?

Daniel Je mehr, desto besser. Das wäre ja der Traum. Also wir haben uns tatsächlich jetzt so weit eingegroovt, dass wir denken, wir sind soweit, neue Leute oder mehr Leute mit aufnehmen zu können. Also vorrangig Ehrenamtler·innen. Ja, da muss man nichts besonderes kennen oder können. Natürlich wäre so Fachgebiet Landwirtschaft wunderschön. Darum geht es ja im Endeffekt. Aber wir sind da flexibel oder offen für breit gestreute Fähigkeiten. Was mit Medien hilft immer oder Leute, die sich mit Werbung auskennen, die gut Kommunikation können, die uns vielleicht auf Messen auch mit vertreten können. Oder jemand, der Ahnung hat von Bildungsarbeit.

Also vorstellen können wir uns einiges. Wichtig ist, dass die Leute motiviert sind und so ein bisschen Wissen und Erfahrung mitbringen. Und da sind wir wirklich im Moment auch auf der Suche und sind dabei, ein Kontaktformular noch mal auf der Website zu erstellen, ansonsten, wer das hört, kann sich gerne per Email melden unter info@transfarmation-deutschland.de. Und da würden wir demnächst noch mal auch einen Workshop machen mit interessierten Leuten und schauen - wir können jetzt die schönsten Vorstellungen haben, von wegen wir brauchen das, das, das und das. Aber ja, man muss ja da auch schauen, was sind das für Menschen, wie kann man am besten zusammenarbeiten, wann? Wer bringt welches Wissen mit? Welche Zeit und wie können wir aus dem ganz großen Suppentopf das Beste für jeden rausholen?

Carsten Also ich werde die Kontaktdaten, die du gerade genannt hattest, also die E Mail Adresse und auch die Internetseite noch hier unter der Podcastfolge mit einbringen und auch in den Shownotes nennen. Das heißt also für die Personen, die jetzt hier gerade wirklich Blut geleckt haben und sagen Mensch, da will ich jetzt ein bisschen mehr auf Tuchfühlung gehen, die können dann über den Weg Kontakt mit euch aufnehmen.

Daniel Genau, super gerne, Danke.

Carsten Ein Thema, was mir so in den letzten Wochen tatsächlich verstärkt über den Weg läuft, was jetzt aber mit reiner TransFARMation erstmal originär nicht so viel am Hut hat, ist die Frage, wie die Landverhältnisse oder Landbesitz gerade im Landwirtschaftsbereich aufgestellt ist. Da ist das sogenannte Ackersyndikat in letzter Zeit so ein bisschen umtriebig geworden. Sagt dir das was? Arbeitet ihr mit denen zusammen? Ist sowas interessant?

Daniel Sag mir was. Wir arbeiten noch nicht zusammen, aber interessant ist es schon. Zumindest um es in der Hinterhand zu behalten. Ist natürlich individuell. Wenn ich jetzt ein Landwirt aus Bayern habe, nützt mir das nicht viel, Land irgendwo in Mecklenburg zu kaufen. Es muss schon sehr passen und Land ist knapp und nicht immer und überall zu verkaufen. Aber ja, tendenziell sage ich immer, es geht nicht darum, für die Landwirte immer mehr Land selber zu bekommen oder zu bewirtschaften. Klar müssen Einnahmen, die von Tieren kommen, irgendwie kompensiert werden. Und ja, es ist schwierig, wenn wir jetzt, wenn jede·r Tierhalter·in seine·ihre Tiere abschaffen würde. So viel Land haben wir gar nicht in Deutschland, dass da jede·r sich irgendwie eine Fläche vergrößern kann, unbegrenzt oder im gewissem Maß.

Und wir brauchen vor allem andere Alternativen. Das ist zum Beispiel Obst oder Gemüsebau oder Pilzzucht. Da kann ich auch auf kleiner Fläche unheimlich viel Wertschöpfung betreiben, unheimlich viel Lebensmittel auch produzieren. Wir haben erneuerbare Energien. Wer es noch nicht hat, auf den Stallgebäuden, die dann vielleicht umgenutzt werden, ist Platz für erneuerbare Energien. Man kann Tourismus betreiben, Hof Events, Ferien auf dem Bauernhof, den Lebenshof. Man kann auch Verarbeitung mitmachen, zum Beispiel wer Hafer anbaut, auch Hafermilch produzieren oder wer einen einen Hof mit kleiner Molkerei oder Metzgerei dran, was dann mgestaltet wird zu einer veganen Käserei oder eine veganen Metzgerei. Und da ist Land klar eine Möglichkeit, wie ich auch den Hof vergrößern oder verbessern kann, aber bei weitem nicht die einzige.

Carsten Jetzt mal ein anderer Aspekt: Thema Gegenwind. Wir haben jetzt ja auch schon so gerade über Thema vegan gesprochen und auch noch mal darauf hingewiesen, dass ja Personen, die nicht vegan sind, gerne mal sich angetriggert fühlen, wenn dann vegan lebende Menschen da jetzt irgendwie erkennbar werden. Das ist ja jetzt bei den Landwirtschaftsbetrieben, die ihr da umstellt, auch etwas, wo vielleicht Kontroversen anbrechen. Merkt ihr da Gegenwind gegen das, was ihr tut?

Daniel Bisschen Gegenwind bekommt man immer, meistens sind es aber nur einzelne Menschen, die vielleicht mal einen blöden Kommentar ablassen bzw irgendwas bei Instagram schreiben. Aber natürlich ist es ein großes Thema. Und ich muss noch mal betonen, die meisten tierhaltenden Betriebe sind keine schlechten Menschen, die ihre Tiere unbedingt ausbeuten wollen und das möglichst meiste Geld damit verdienen wollen. Die meisten Menschen wollen, dass es den Tieren gut geht. Und die tun auch viel. Aber natürlich endet es meistens mit einem gewaltsamen Tod und da sind wir dagegen. Und wenn wir mit dem bösen Wort ankommen und sagen „vegan“, ist das meistens gleich ein persönlicher Angriff. Von wegen aber meinen Tieren geht es doch gut und ich tue doch mein Bestes. Also da muss man auch sehr sensibel sein, bzw auch vorsichtig und darf nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.

Carsten Du hattest vorhin mal angedeutet, dass ihr auch auf Messen aktiv seid. Ist das so ein Forum, wo ihr persönlich dann mit Anfeindungen und Gegenwind konfrontiert werdet? Ich weiß nicht, was für Messen das sind, aber da steht ihr ja quasi auch sehr exponiert dann da. Ist das ein Umfeld, was schwierig ist?

Daniel Das kommt ganz auf die Messe an, wir waren bis jetzt eher auf veganfreundlichen Veranstaltungen. Da ist natürlich mehr oder weniger positives Feedback, was man bekommt. Was wir nicht machen, ist so eine reine Tierhaltungsmesse. Uns da hinzustellen, das wäre ein bisschen dreist. Also das denke ich, gehört sich nicht. Und interessant wäre es auf so gemischten oder neutralen Messen. Ich war im Juni auf den Ökofeldbau Tagen bei Stuttgart und da war der Konsens von den Landwirt·innen, die Tiere haben, eher so von wegen „Ja eigentlich ganz cool was ihr da macht, aber uns betrifft es ja nicht, wir machen ja schon Bio.“ So von wegen das Thema schön abgewälzt an die anderen.

Carsten Okay... Ja, eigentlich habe ich jetzt noch eine Abschlussfrage, die mich so ein bisschen umtreibt: Gibt es eine große Vision hinter der TransFARMation? Oder anders gefragt: Wenn du dir so eine ideale Welt vorstellst und alles läuft ideal für euch, was ihr da vorhabt, wie würde denn so eine Welt dann aussehen aus deiner Sicht?

Daniel Ja, die große Vision ist natürlich, dass wir keine Nutztiere mehr halten. Es ist sehr weit gegriffen, wird meiner Meinung nach jetzt auch nicht so bald passieren. Genauso wie jetzt nicht in den nächsten zwei, drei Jahren alle Menschen vegan werden, werden natürlich auch nicht alle Landwirt·innen ihre Tiere abschaffen und wir machen überall Bio vegane Landwirtschaft. Aber dass wir generell von den Tierhaltungszahlen runter müssen, schon aus Ressourcengründen, aus Klimagründen, das ist ja mittlerweile in der breiten Masse der Gesellschaft angekommen. Und da denke ich, können wir einen guten Beitrag dazu leisten und einfach Menschen mit unterstützen. Und trotzdem möchte ich dass so schnell wie möglich, so viele Betriebe wie möglich vegane Landwirtschaft betreiben.

Carsten Ja super, dann drücke ich die Daumen, dass der Bekanntheitsgrad von TransFARMation möglichst rasch noch größer wird. Dass vielleicht auch diese Podcastfolge einen Teil dazu beiträgt, dass sich jetzt ganz viele interessierte Personen, sei es von Landwirtschaftsbetrieben, sei es aber auch aus dem aktivistischen Umfeld, die sagen ich möchte Kompetenzen und Expertise mit beibringen, mit euch in Verbindung setzen und auch so eine richtige Welle anstoßen.

Daniel Ja, das hoffen wir doch alle.

Carsten Super, meine Fragen sind tatsächlich beantwortet. Mein Fragenkatalog ist jetzt abgehakt. Gibt es etwas, wo du sagst: Mensch, das würde ich ganz gerne jetzt trotzdem noch mal irgendwie einschieben, Carsten hat es vergessen zu fragen, es ist aber trotzdem noch wichtig?

Daniel Puh, das ist eine gute Frage. Was würde ich noch? Eigentlich habe ich auch schon so viel gesagt. Ich glaube, da war alles dabei.

Carsten Gut, dann würde ich tatsächlich, wenn jetzt noch irgendwie offene Punkte da sind, mehr aus dem Hörer·innenbereich auf die Kontaktdaten verweisen, die TransFARMation betreffen. Wie gesagt, E Mail Adresse und Internetseite findest Du in den Shownotes. Da habt ihr dann jederzeit die Möglichkeit, Kontakt aufzunehmen. Das gleiche gilt natürlich auch für interessierte Landwirtschaftsbetriebe, die diese Podcastfolge hören sollten und jetzt sagen Mensch, das ist aber ein interessantes Konzept, dem würde ich ganz gerne mal so ein bisschen nachspüren und auf Kontakt gehen. Ja, und dann würde ich tatsächlich sagen: Vielen Dank für das Gespräch, Daniel, vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast und toi, toi, toi und viel Erfolg.

Daniel Danke. Etwas würde ich gerne noch anmerken, weil du gesagt hast, interessierte Landwirte, die vielleicht mal auf Tuchfühlung gehen wollen würden. Das ist, wie gesagt auch ganz unverbindlich bei uns. Man kann so eine TransFARMation sich auch anhören und allemal noch sagen: Hey, das ist vielleicht doch nichts für mich, aber ich würde mich schon freuen, wenn man einfach sich Gedanken darüber macht. Und dann können wir ja schauen, wo der Weg hingeht.

Carsten Das ist doch mal ein tolles Schlusswort. Dann würde ich auch sagen in diesem Sinne und vielen Dank, Daniel.

Daniel Ja, gerne. Danke dir auch.

Folge 291 - Den Kopf voller Träume: "Unser Leben mit Permakultur"

Ein Beitrag

Folge 291 - Den Kopf voller Träume: "Unser Leben mit Permakultur"

In diesem Jahr ist im Löwenzahnverlag die deutsche Ausgabe des Buches "Unser Leben mit Permakultur - Ein Haus, 6.500 Quadratmeter Land in der Normandie, den Kopf voller Träume " von Perrine und Charles Hervé-Gruyer erschienen, welches wir in dieser Podcastfolge besprechen. In dem Buch wird die Entstehung und die Entwicklung der weltbekannten Permakulturfarm Ferme de Bec Hellouin in der französischen Normandie geschildert. Diese Farm ist u.a. durch Dokumentationen wie den Film "Tomorrow" medial bekannt geworden und mittlerweile auch Gegenstand wissentschaftlicher Untersuchungen zu deren landwirtschaftlicher Produktivität.

Carsten hat dieses Buch gelesen, weil Permakultur mittlerweile eines seiner Herzensthemen ist und ihn interessiert, wie Permakultur erfolgreich in der Praxis eingesetzt werden kann.

Links zur Folge

Buch "Unser Leben mit Permakultur - Ein Haus, 6500 Quadratmeter Land in der Normandie, den Kopf voller Träume" von Perrine und Charles Hervé-Gruyer
https://www.loewenzahn.at/produkt/2976/unser-leben-mit-permakultur/

Buch "Vivre avec la Terre: manuel des jardiniers-maraîchers : permaculture, écoculture, microfermes" von Perrine und Charles Hervé-Gruyer (bisher nur in französisch erhältlich)

Webseite von Perrine und Charles Hervé-Gruyer (französisch)
https://www.fermedubec.com/

Film: "Tomorrow - die Welt ist voller Lösungen"
https://www.tomorrow-derfilm.de/

Klartext-Tool vom FC St.Pauli zur Übersetzung von Texten in Einfache Sprache
https://einfachesprache.xyz/

Wall of thanks
https://von-herzen-vegan.de/wall-of-thanks

So kannst Du meine Arbeit unterstützen:
https://stefanie-rueckert.de/unterstützen

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie In der heutigen Folge wollen wir wieder ein Buch vorstellen. Das Buch hat nur Carsten gelesen, denn es thematisiert sein allerliebstes Herzenslieblingsthema: die Permakultur.

Und bevor wir darüber sprechen, möchte ich noch etwas nachholen, was ich in der letzten Podcastfolge vergessen habe, nämlich mich bei den Menschen zu bedanken, die Podcastfolgen transkribieren bzw. Transkripte korrekturlesen. In diesem Fall sind das Birgit und Astrid, die zwei Transkripte eingereicht haben. Und dafür: ein Herzliches Dankeschön.

Carsten Dankeschön!

Stefanie Wenn dir also eine finanzielle Unterstützung nicht möglich ist oder du deine finanzielle Unterstützung ergänzen möchtest durch Zeitunterstützung, dann freue ich mich sehr, wenn du es machst wie Birgit und Astrid und auch Transkripte Korrektur liest. Denn von diesem Podcast, der „Mehr als vegan Podcast“, sind noch 204 Transkripte nicht korrekturgelesen. Bzw. die Transkripte gibt es noch gar nicht, die müsste ich erst erstellen. Aber jedenfalls wäre das eine sehr, sehr sehr sehr sehr - füge noch ganz viele „sehrs“ ein - große Unterstützung, wenn du dir die Zeit nimmst und dir eine Folge aussuchst, wo es noch kein Transkript gibt und dann das Transkript Korrektur liest.

Du bekommst das Transkript von mir. Also, ich lasse das von einem Programm erstellen und da das Programm nicht fehlerfrei ist, ist es notwendig, dieses Transkript Korrektur zu lesen und das wäre dann deine Aufgabe. Also wenn du dich jetzt angesprochen fühlst und sagst: so, ich habe eine Stunde Zeit oder vielleicht auch zwei oder drei Stunden, je nachdem wie lang die Podcastfolge ist, dann such dir eine Podcastfolge raus oder schreibt mir und ich such dir eine raus und investiere diese Zeit für diesen Podcast. Das wäre eine Riesenhilfe. Schreibt gerne an, post@vonherzennvegan.de. Vielen Dank schon einmal.

Und wenn du nicht anonym bleiben möchtest, wenn du das Transkript Korrektur gelesen hast, dann findest du deinen Namen auf der Wall of Thanks wieder, der großen Dankesseite, wo ich dann unter jedem Namen, der genannt werden möchte und nicht den Namen, der nicht genannt werden darf und so... du weißt... hö, hö, hö. Ja, also Carsten hat es jetzt auch verstanden… Also jedenfalls, wenn also dein Name genannt werden darf, dann findest du unter deinem Namen dann den Link zu der Podcastfolge, deren Transkript du Korrektur gelesen hast.

Also wäre es super, wenn wir das dieses Jahr noch schaffen würden, die restlichen 204 Folgen zu transkribieren. Dann wäre der komplette Podcast transkribiert. Und jetzt habe ich ganz oft Transkript und Transkribieren gesagt. Das ist auch total suchmaschinenfreundlich. Dann findet man auch wenn man nach Transkript sucht, diese Seite also ganz toll. Ja, also jedenfalls bin ich ja jetzt schon dabei, dass ich von diesem Podcast seit Anfang des Jahres alle Folgen immer direkt transkribiere und Korrektur lese. Das heißt, es kommen keine neuen Folgen dazu, die noch transkribiert werden müssen von anderen Menschen, sondern das übernehme ich direkt. Aber diese 204 immer noch offenen Folgen, die sollten wir gemeinsam noch schaffen.

Carsten Tschaka!

Stefanie Genau. Und mit diesem „Tschaka“ leiten wir jetzt über zu dem eigentlichen Inhalt dieser Podcastfolge. Nämlich haben wir wieder mal ein Buch geschenkt bekommen vom Löwenzahn Verlag. Und das Buch hat den Titel.

Carsten Unser Leben mit Permakultur.

Stefanie Und ist geschrieben von.

Carsten Jetzt kommen meine Französischkenntnisse wieder. Also Perrine und Charles Hervé Gruyer.

Stefanie Wir haben uns vorhin... Ich habe extra so eine Seite gefunden, wo französische Wörter und Namen ausgesprochen wurden. Ich habe mir das ganz oft angehört. Also ich glaube, es klingt genauso, wie Du es gerade ausgesprochen hast.

Carsten Richtig. Ja, ich glaube schon. Ich fühle mich jetzt auch sicherer, wenn du das noch bestätigst.

Stefanie Weil meine Französischkenntnisse auf jeden Fall viel besser sind als deine.

Carsten Ja, garantiert. Ja, meine zwei Jahre in der Schule liegen ja schon so ein bisschen zurück.

Stefanie Ich glaube, ich hatte nur ein Jahr. Meine Kenntnisse beschränken sich auf „j’ai seize ans“ und das ist schon lange her. Okay, gut.

Carsten Aber ich kann dich beruhigen. Also Französisch ist hier nicht die Grundvoraussetzung, um dieses Buch zu lesen, das es hier gibt. Ja, es ist die deutsche Übersetzung. Nur bei der bei der Namensfindung dieser Farm kommt tatsächlich so ein bisschen Französisch vor. Also Perrine und Charles, leben auf einer selbstentworfenen, selbst designten, selbstentwickelten Farm. Und das ist die. - jetzt hoffe ich, dass ich das auch richtig ausspreche - die Ferme du Bec Hellouin.

Stefanie Da hätten wir es vorhin doch noch mal das Ausspracheding bemühen müssen...

Carsten Aber und das ist ja das Schöne daran die beiden Personen, die dieses Buch geschrieben haben - eigentlich ist es Charles, der das Buch geschrieben hat. Der berichtet über seine Frau Perrine, aber da beide diese Farm aufgebaut haben, werden beide im Titel genannt. Aber beide sind auch sehr, sehr, sehr bekannt und nicht nur im Rahmen der Permakultur Szene, sondern generell alles was irgendwo mit mit alternativen Lebensmodellen und auch zukunftsweisenden Lebensarten zu tun hat. Das heißt, die tauchen in diversen Dokumentationen und Filmen auf und einer der prominenteren Filme ist zum Beispiel „Tomorrow“.

Stefanie Genau da hatte ich nämlich auch gedacht, das sind die.

Carsten Das sind die beiden, ja definitiv. Also wenn du den Film „Tomorrow“ schon gesehen hast oder jetzt in Kürze noch mal sehen wirst. Da wird von einer Farm in der französischen Normandie - ich weiß nicht, ob es noch eine nicht französische Normandie gibt… - aber berichtet. Sehr ausführlich auch im Rahmen von von der Permakultur Thematik wird das vorgestellt und das ist exakt das, worum es hier in diesem Buch geht. Also von daher, die haben einen gewissen Bekanntheitsgrad.

Und was jetzt dieses Buch betrifft, ist es tatsächlich so, dass hier die Entwicklung dieser Farm und dieser beiden Personen beschrieben wird. Ich kann dieses Buch tatsächlich nur sehr schmackhaft machen, weil es eine sehr schöne Erzählung ist, wie Perrine und Charles sich persönlich entwickelt haben, wie sie sich getroffen haben und wie sie dazu gekommen sind, überhaupt diese Farm zu gründen und auch wie diese Farm entstanden ist. Und allein die Tatsache, dass sie jetzt mittlerweile einen sehr hohen Bekanntheitsgrad erreicht haben, Gegenstand von Forschungsprojekten geworden sind - also jetzt nicht die beiden persönlich, sondern die Farm und ihre Anbaumethoden, die dort sind oder angewendet werden und auch in diversen Dokumentationen und Filmen auftauchen. Das ist alles so dieser Werdegang, der wird in diesem Buch sehr schön und plastisch dargestellt, sehr anekdotenhaft.

Das ist jetzt kein Sachbuch, was total trocken daherkommt, sondern eher so ein persönlicher Reisebericht. Also nicht stakkatomäßig wie Tagebucheinträge, sondern schön flüssig geschrieben. Auch auf eine Art und Weise, die zumindest mich persönlich auch sehr stark berührt hat.

Das war tatsächlich etwas, wo ich, als ich das Buch angefangen habe zu lesen, in den ersten Kapiteln, gemerkt habe: Hey, da spricht jemand, der eine ähnliche Sicht auf die Welt hat! Und ich habe mich da wieder wiedererkannt, auch auch gesehen, gefühlt mit meiner Art und Weise, wie ich momentan so die Welt wahrnehme und auf die Welt blicke. Und tatsächlich sind mir an den einen oder anderen Stellen so ein bisschen die Tränen gekommen, weil ich mich so tief berührt gefühlt habe. Gar nicht, weil das Thema an sich jetzt irgendwie so diesen Anklang in mir geweckt hat, sondern einfach so weil der Blick auf die Welt meinem Blick so ähnlich ist. Es kommt relativ selten vor, dass ich ein Buch lese, wo ich merke, die Person, die das Buch verfasst hat, hat eine hohe Übereinstimmung mit meiner aktuellen Weltsicht Und das war in diesem Fall tatsächlich so gegeben und hat mich sehr stark berührt. Und deshalb kann ich dieses Buch auch persönlich sehr gut empfehlen, weil es sehr, sehr tiefgreifende Erfahrungen und Erkenntnisse bringt. Über diesen Prozess, diese Farm und der Lebenswege.

Stefanie Hat es denn bestimmte Voraussetzungen? Also an wen richtet sich das Buch? Hast du das Gefühl, ich muss jetzt schon ganz viel über Permakultur wissen? Oder ich muss einen bestimmten Weg gegangen sein, damit dieses Buch wirklich für mich gut ist? Oder ist es für Alle?

Carsten Ich würde so zwei Zielgruppen sehen. Ich weiß nicht, ob ich damit falsch liege, aber mein Gefühl ist es: Entweder du kennst dich mit Permakultur schon aus, weißt also was Permakultur ist und möchtest einfach nur sehen, wie haben andere Personen Permakultur in ihrem Leben integriert und auch im Rahmen der praktischen Anwendung wirklich produktive Landwirtschaft damit aufgebaut? Und weil... das ist es. Diese Farm selber…. Da zitiere ich vielleicht noch mal kurz den Untertitel dieses Buches. Da steht nämlich: „Ein Haus, 6500 Quadratmeter Land in der Normandie und den Kopf voller Träume.“ Das heißt, die ganze Farm selber spielt sich auf diesen sechseinhalbtausend. Quadratmetern – wollte schon Kilometern sagen.

Das war also ein relativ kleines Stückchen Land, was aber ausreicht, um einen hochproduktiven landwirtschaftlichen Betrieb darzustellen. Und die haben Produktivitätsraten, die jetzt ja auch mehrfach Gegenstand von Forschungen geworden sind, weil viele Leute sich gefragt haben „Wie machen die das eigentlich?“ Wie kriegen die das hin, auf so wenig Land so viele Lebensmittel zu produzieren, dass sich das Ganze wirtschaftlich rechnet und von der Ausbringungsmenge, von der Erntemenge pro Quadratmeter alles andere in den Schatten stellt, was so in der normalen konventionellen, aber auch biologischen Landwirtschaft gängig ist.

Also die brechen da mit ganz vielen landwirtschaftlichen Konzepten. Da wo viele erfahrene Landwirte, die auch in deren Umgebung leben, vielleicht auch heute noch sagen würden Hey, das kann nicht funktionieren. Und das widerlegen die jeden Tag aufs Neue. Und wenn du wissen möchtest, wie das alles funktioniert, was für Erfahrungen damit gemacht wurden, dann bist du zumindest in der richtigen Zielgruppe für dieses Buch. Du kennst dich mit Permakultur schon aus.

Weil... das macht dieses Buch nicht. Es erklärt nicht die einzelnen Bestandteile der Permakultur. Das ist also kein Sachbuch, kein Fachbuch über Permakultur. Du müsstest an der Stelle tatsächlich schon wissen, was Permakultur an sich so ist. Du liest dann quasi dieses Buch und merkst okay, jetzt werden die und die Werkzeuge oder die und die Elemente der Permakultur dort eingebaut. Dann kriegst du ein Gefühl dafür, dass Permakultur auch wirklich im wirtschaftlichen Kontext, im landwirtschaftlichen Kontext erfolgreich eingesetzt wird. Das ist so die eine Zielgruppe, die ich für mich so sehe.

Und die andere Zielgruppe sind Menschen, die vielleicht mit Permakultur gar nichts am Hut haben, denen dieses Konzept noch gar nichts sagt, für die dieser Begriff vielleicht auch komplett noch neu ist, die aber gerne mal wissen möchten, was für alternative landwirtschaftliche Konzepte gibt es eigentlich? Die einfach vielleicht noch mal gucken wollen? Hey, es gibt konventionell, es gibt Bio, es gibt vielleicht biozyklisch vegan, es gibt… keine Ahnung... Unterarten und und und... Was gibt es vielleicht so noch an darüber hinaus laufenden oder gehenden Konzepten? Und können die eigentlich erfolgreich sein? Also wenn so eine Neugierde da ist, Alternativen kennenzulernen, dann wäre dieses Buch ebenfalls richtig. Das sind so die zwei Zielgruppen, die ich da sehe.

Ähm, ach ja: Ausschlusskriterium. Und das, was das Buch nicht ist, es ist wie gesagt kein Fachbuch, kein Handbuch „Wie setze ich Permakultur konkret im Alltag um, um eine produktive Landwirtschaft aufzubauen?“ Das macht es nicht.

Stefanie Okay, dann lass uns mal ins Buch reingucken. Wie ist es denn aufgebaut?

Carsten Also das Buch selber hat einen Umfang von knapp 290 Seiten. Und auch wenn ich gerade gesagt habe, es ist kein Sachbuch, kein Fachbuch, kein Handbuch, ist es eine unglaubliche Inspirationsquelle. Also ich werde noch einen kleinen Moment brauchen, um all die Anmerkungen und Personen und auch Literatur, die hier genannt wird, für mich noch mal runterzuschreiben und mal zu gucken, wie komme ich an diese Informationsquellen ran. Was muss ich mir vielleicht an Buchbeständen noch ausleihen? Oder welche Internetseiten muss ich noch mal aufsuchen? Also das ist ein Quell der Inspiration.

Stefanie Ja, stimmt, Deine Merkliste für die Bücherhalle ist auch wieder länger geworden.

Carsten Also die nimmt keine neuen Bücher mehr auf...

Stefanie Ja, siehst du, das sprengt schon den Rahmen.

Carsten Aber wenn du dir dieses Buch selber zulegen wirst, wirst du im hinteren Teil im Anhang tatsächlich eine Literaturliste finden. Das ist das, was Charles in diesem Buch auch erwähnt, dass auf seiner Farm an allen Ecken und Kanten quasi Literatur zu finden ist. Ich weiß nicht, wie ich mir das vorzustellen habe. Es klingt manchmal so, dass da unterschiedliche Gebäude auf diesem Gelände sind und in den einzelnen Gebäuden die Wände mit Büchern vollgestopft sind. So ungefähr kommt es beim Lesen rüber. Und die wichtigste Literatur, die einfach auch zeigt, was haben die selber gelesen? Was für Techniken haben die eingesetzt? Was setzen die heute noch ein? Wo haben sie sich inspirieren lassen? Diese Liste der wichtigsten Bücher steht hier im Anhang drin und ist damit alleine schon ein riesiger Fundus. Also allein das ist es schon wert, dieses Buch in die Hand zu nehmen.

Stefanie Und ich muss noch mal kurz eingrätschen, bevor Carsten jetzt da ins Inhaltsverzeichnis einsteigt. Normalerweise verschenken wir das Buch ja hier innerhalb des Podcasts. Jetzt haben sich aber Menschen schon vorgedrängelt, die das Buch haben wollen, nämlich aus Carstens 72 Stunden Permakulturkurs. Da wird es erst mal die Runde machen und deswegen werden wir es jetzt in diesem Podcast nicht zur Verlosung stellen. Du musst es also auf eigene Faust irgendwie an das Buch kommen. Unser Rezensionsexemplar hat schon eine Abnehmerin gefunden.

Carsten Und damit steigen wir mal ein in den Aufbau des Buches. Ich werde jetzt hier nicht das komplette Inhaltsverzeichnis von vorne bis hinten mal vorlesen, sondern mehr so über die für mich wesentlichen Aspekte mal sprechen.

Stefanie Es sind ja auch 22 Punkte, wie ich sehe.

Carsten Kleinere und auch größere Kapitel, die sehr schnell durchgelesen werden können. Also das Buch ist sehr flüssig geschrieben. Also es ist jetzt nicht so, dass das irgendwie lange Zeit braucht, sondern sehr kurzweilig ist und es hat mich auch total mitgerissen.

Es fängt an mit einem Reisebericht an, weil Charles Seefahrer war. Zumindest mal mehrere Jahre, ich glaube 22 Jahre oder so was zur See gefahren ist und da die Welt tatsächlich entdeckt hat. Und was ich sehr spannend und inspirierend finde, ist, dass er gerade vornehmlich die indigenen Völker kennengelernt hat, teilweise auch für längere Zeit in diesen Gemeinschaften mit gelebt hat und diese Erfahrungswerte in diesem Buch teilt. Und das ist etwas, was insofern auch wichtig und interessant ist, weil Permakultur genau dieses indigene Wissen aufgreift, also diese Naturnähe. Wie kann ich mit der Natur leben? Wie kann ich aus der Natur lernen, dass ist ein Wissensbestand, der genau aus indigenem Fundus stammt, der ja quasi, ich sage jetzt mal so, seinen Weg in diese verwissenschaftlichere Welt der Permakultur, der praktischen Umsetzung der Permakultur eingeflossen ist. Und hier in diesem Buch tatsächlich dann jemanden zu finden, der das persönlich durch seine Reisen, durch sein Leben in diesen indigenen Kulturen mitgenommen hat und erst später festgestellt hat: Hey, ich setze hier ja Permakultur ein. Also die sind quasi so mit mit ihrer landwirtschaftlichen Planung gestartet, ohne exakt zu wissen was ist Permakultur und sind erst im Nachgang darauf gekommen. Das finde ich total spannend und das ist tatsächlich etwas... das ist auch der Teil gewesen, wo ich mich persönlich berührt gefühlt habe. Da sind mir teilweise so ein bisschen die Tränen gekommen, als ich gemerkt habe, wie tiefgreifend diese Erfahrungen da geschildert werden. Fand ich sehr mitreißend.

Also damit steigt das Buch quasi ein, geht dann so über die einzelnen Etappen, die aus Charles Sicht sehr wesentlich sind für seine Entwicklung und geht dann in den Punkt rein: wo fängt quasi die Planung dieser Farm an, wo fängt die Farm an? Was für Gedanken standen vorher? Was für Skizzierungen sind da? Dann wie Permakultur in deren Leben gekommen ist, also vom zeitlichen Ablauf oder vom Mengenverständnis her; also der erste Kontaktpunkt hier in diesem Buch mit Permakultur fängt so auf Seite 68 an, das heißt schon mal so 1/3 des Buches, wo eine Vorgeschichte stattfindet. Und dann wird geschildert, dass ab dem Zeitpunkt, wo dann die Farm gedanklich schon entstanden ist, erst so dieser Kontakt zur Permakultur kommt. Dann wird inhaltlich auf bestimmte Aspekte eingegangen, die sehr prägend war. Waren für beide, für Perrine und für Charles, aber auch für den Fortbestand dieser Farm. Da wird dann zum Beispiel die biointensive Mikrolandwirtschaft genannt. Die Person Eliot Coleman ist sehr inspirierend gewesen für die beiden. Ganz interessant fand ich dann auch nochmal der Hinweis auf die sogenannten Pariser Gemüsegärten, die im 19. Jahrhundert existierten, die hochproduktiv auf sehr, sehr wenig Fläche Gemüseanbau direkt im Paris der damaligen Zeit aufgebaut haben. Etwas, was mir vorher gar nicht bekannt war.

Stefanie Oh, man muss hier reingrätschen. Das wird im Film „Tomorrow“ aber auch genannt.

Carsten Wahrscheinlich im Kontext mit dieser Farm. War mir aber gar nicht mehr so im Kopf. Und durch dieses Buch ist das quasi bei mir nochmal sehr präsent geworden, dass da auf einmal, ja, teilweise aus der Not heraus geboren, wirklich ein sehr produktives Fachwissen aufgebaut wurde und diese Menschen auch in der Lage waren, wirklich sehr, sehr große Mengen an Gemüse vor Ort in den städtischen Bereichen anzubauen. Also heute würde man sagen Urban Gardening. Also im Grunde genommen praktizieren wir heute Urban Gardening 2.0 und das 1.0., das scheint damals so im 19. Jahrhundert in Paris gewesen zu sein. Total spannend.

Dann geht das Buch auf Aspekte wie Waldgarten ein. Also Waldgärten sind eine Thematik, die auch im Rahmen der Permakultur sehr stark präsent ist. Das ist etwas, was im Rahmen des Aufbaus dieser Farm dann zu einem späteren Zeitpunkt mit reingekommen ist. Hier wird geschrieben Wie sind die dazu gekommen, wie setzen die das ein? Was versprechen sie sich davon? Es wird sehr viel auf den Aspekt der Handarbeit eingegangen; weg von Maschineneinsatz, hin zu manueller Arbeit. Und über Mikrofarmen, also Mikrofarming. In der Hinsicht, dass mit wenig Landfläche viel Gemüse produziert werden kann. Mit Beispielen aus der Welt, also nicht nur ausschließlich auf dieser Farm, sondern die haben sich inspirieren lassen. Die haben festgestellt, dass es teilweise auch in den USA Personen gibt, die in ihren eigenen persönlichen Gärten auf - keine Ahnung - 650 Quadratmeter so viel Gemüse anbauen, dass sie davon irgendwie 1/3 ihres Jahresgehaltes mit abdecken. Die haben sich teils selbstständig gemacht und brauchen nicht mehr so viel Erwerbsarbeit machen, weil sie aus ihrem eigenen Gemüsegarten so viel hochwertiges Bio-Gemüse durch diese intensivierte manuelle Arbeit erwirtschaften können, dass sie da ein tragfähiges Fundament haben. Und diese Inspirationsquellen werden nicht nur genannt, sondern auch für das Arbeiten auf ihrer eigenen Farm hier mit reingenommen.

Und das ganze Buch schließt dann nachher mit einem Kapitel „Bioüberfluss“. Und zu Bioüberfluss möchte ich jetzt einmal ganz kurz nochmal ein bisschen was zu sagen. Und zwar geht es beim Bioüberfluss um die Tatsache, dass in der Natur schon ein gewisser Überfluss existieren kann, wenn wir ihn sinnvoll gestalten und diese Kraft der Natur, für uns nutzen, quasi die Rendite dessen, was aus der Natur so entsteht. Darum geht es in diesem Kapitel. Und einen Satz fand ich total schön, den möchte ich gerne einmal zitieren: „Bioüberfluss ist die Kunst aus sehr wenig viel zu machen. Nur das Leben ist dazu imstande.“ Das ist etwas, was für mich insofern auch wichtig ist, als dass das allgemeine Verständnis von Landwirtschaft ja darin besteht: da ist jetzt ein(e) Expert*In, ein(e) Landwirt*In, und der/die produziert was. Und die Haltung im Rahmen der Permakultur und auch das, was hier im Buch hervorgeht, ist eigentlich genau das Gegenteil: Wir produzieren nichts; die Natur produziert das für uns. Wir können der Natur nur helfen, das besser zu machen, also besser zu machen, in Anführungszeichen, ein bisschen demütig. Sondern wir können so gestaltend eingreifen, dass wir einen für uns nennenswerten Überschuss mit rausbekommen. Aber das Wachsen, das Produzieren, das macht die Natur und wir können der Natur dabei nur helfen. Also das ist eine ganz andere Haltung, viel mit Demut verbunden und deswegen finde ich das auch sehr schön und sehr wichtig, dass das Buch genau in diesem Bereich nachher seinen Abschluss findet. Um das nochmal klarzustellen, wer eigentlich das Sagen hat. Also im Endeffekt die Natur und nicht irgendwelche landwirtschaftlichen Expert·innen, die eine bestimmte Ausbildung haben und mit Traktoren über weite Feldflächen fahren. Also da räumt das Buch tatsächlich mit den vorherrschenden Sichtweisen auf.

Was ich zu dem Buch noch sagen möchte, ist, dass es eins von zwei Büchern in der Reihe ist. Dieses Buch ist sehr anekdotenhaft geschrieben. Also was ich gerade schon erwähnt habe, eigentlich die Geschichte, den Werdegang zu skizzieren. In dem zweiten Buch geht es dann um die Praxis, also um die Hintergründe, wie die einzelnen Techniken gestaltet sind. Das wird dann mehr so das Fachbuch, das Handbuch sein. Das ist aber bisher nur auf Französisch erschienen und stammt aus dem Jahr 2019.

Da wirst du dich wundern: 2019 und es ist ein Nachfolgebuch. Dieses hier, was wir gerade besprechen, ist brandneu. Wie passt das denn zusammen? Und das ist tatsächlich etwas, was ich sehr schade finde. Das Buch, was wir jetzt gerade besprechen, ist brandneu auf Deutsch übersetzt worden und brandneu im Löwenzahn Verlag veröffentlicht worden, also 2023. Leider hat es neun Jahre gebraucht, um von dem Original in die deutsche Übersetzung zu gehen. Das heißt also, das Buch, über das wir sprechen, ist auf Französisch schon im Jahre 2014 erschienen. Das muss man auch so ein bisschen im Hinterkopf bewahren, weil all das, was jetzt so in diesem Buch geschildert wird, wird heute natürlich nochmal anders dastehen.

In dem Buch geht Charles zum Beispiel auf diese Forschungsaspekte ein, dass da die Wissenschaftler·innen auf die Farm kommen und all das untersuchen und die Forschungsergebnisse gerade noch relativ neu sind, noch ausgewertet werden müssen etc. pp. Das ist zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Buches der Fall gewesen. Mittlerweile - ich glaube, das ist auch in dem Film Tomorrow noch mal präsenter geworden - ist es schon ausgewertet worden, was die Wissenschaftler·innen da alles an Zahlenmaterial erwirtschaftet haben. Also von daher, da ist so ein bisschen Zeit vergangen, bis die deutsche Übersetzung vorlag und deswegen finde ich es ein bisschen schade, jetzt hier so ein großartiges Buch über diese großartige Farm zu haben, aber nicht wirklich den aktuellen Istzustand sehen zu können. Das ist so ein bisschen das Manko dieses Buches.

Stefanie Das heißt also, dass es eigentlich so der Wissensstand ungefähr wie in Tomorrow ist oder ein bisschen davor?

Carsten Ein bisschen davor. Genau. Und - das ist jetzt kein Vorwurf an den Verlag, sondern eigentlich eher ein bisschen schade, dass das Interesse hier in Deutschland anscheinend nicht groß genug war, um zeitnah eine Übersetzung zu bekommen - ich hätte mir gewünscht, das Buch möglichst schnell im Deutschen vorzufinden. Dass ich den zumindest damaligen Ist-Zustand im Buch vorfinde, jetzt so mit diesem Hintergrund: Hey, ich habe das da schon mal in einem Film gesehen und es sind jetzt neun Jahre vergangen und wie hat sich das heute entwickelt? Ist das immer noch so großartig, wie es damals empfunden wurde? Ist es vielleicht noch großartiger geworden? Was für Erfahrungen liegen da noch jetzt mittlerweile zusätzlich vor? Das wäre wirklich interessant gewesen, ist aber aufgrund dieser zeitlichen Diskrepanz zwischen Erscheinen der Originalausgabe und der deutschen Übersetzung nicht machbar.

Was aber sehr schön ist: dieses Buch hat mir unglaublich geholfen, den Begriff „Permakultur“ griffiger zu formulieren. Das ist tatsächlich etwas, was mir unglaublich schwer fällt, diesen Begriff so nahezubringen, dass eine konkrete Vorstellung da rauskommt. Und hier kommt dieses Buch mit einer sehr schönen Beschreibung, die ich hier gerne noch mal zitieren möchte: „Die Permakultur könnte man als intelligenten Werkzeugkasten zur Schaffung von Lebensweisen beschreiben, die sowohl die Erde als auch ihre Bewohner·innen respektieren. Eine praktische Methode, die sich an der Funktionsweise der Natur orientiert.“

Stefanie Und falls du jetzt noch Fragezeichen im Kopf hast, habe ich das Zitat mit meinem neuesten Lieblingsspielzeug, dem Klartext Tool vom FC St. Pauli, in Einfache Sprache übersetzen lassen: „Permakultur ist wie eine kluge Kiste mit Werkzeugen. Mit dieser Kiste können wir so leben, dass wir die Erde und alle Menschen respektieren. Permakultur ist auch eine Methode, die wir aus der Natur lernen können. Wir schauen, wie die Natur funktioniert. Und wir versuchen genauso zu leben und zu arbeiten.“

Carsten Ja, schöner hätte ich das ja auch nicht formulieren können.

Stefanie Du bist ja auch nicht die KI, die dahinter steckt.

Carsten Ja, ich habe ja meine eigene KI.

Stefanie Ich finde dieses Klartext Tool total cool. Ich nutze es mittlerweile auch, um einzelne Wörter zu definieren. Also wenn du da einfach „Permakultur“ zum Beispiel eingibst oder verschiedene andere Wörter, dann spuckt dieses Tool auch eine Definition aus. Und das finde ich total spannend. Es passt nicht immer alles hundertProzentig, das ist ja klar, weil einfach die KI vom FC St. Pauli stammt und der FC St. Pauli naturgemäß eher so Fußballdaten da hinterlegt hat. Aber es ist schon erstaunlich viel, was dabei rauskommt. Also wenn du da auch mal mit experimentieren möchtest und Texte in einfache Sprache übersetzen, kann ich dir das sehr empfehlen.

Carsten Und wir haben ja gerade gemerkt, die KI bringt es eigentlich auf den Punkt. Also wirklich sehr gut nochmal erklärt und in Einfacher Sprache, ohne wirklich zu komplex zu sein.

Stefanie Genau. Ja, wir üben dann weiterhin in Einfacher Sprache noch was zu sagen, nämlich zum Beispiel: Das war's jetzt.

Carsten In diesem Sinne.

Stefanie In Hamburg sagt man Tschüss.

Carsten Und auf Wiederhören.

Folge 290 - Debunking der Initiative Milch in zwei Akten

Ein Beitrag

Folge 290 - Debunking der Initiative Milch in zwei Akten

Nach über vier Jahren gibt es zwei neue Folgen im Milchgeschichten Podcast. Ich dachte eigentlich, es sei alles gesagt. Aber dann bekam die deutsche Milchindustrie Panik und gründete 2021 die "Initiative Milch".

Natürlich wieder vordergründig um den gesundheitlichen Mehrwert der Milch für den Menschen hervorzuheben. Denn Milch ist normal, natürlich und notwendig für den Menschen - deshalb sprechen wir ja auch nur noch von "Milch" und meinen damit Kuhmilch. Ein besseres Argument gibt es doch nicht, oder? Und sie schmeckt doch auch so gut! Wenn das nicht auch noch die letzten Zweifler·innen überzeugt... /*Ironie aus*/

Leider wurde in den letzten Jahren vermehrt Kritik laut, die sich auch von der Milchwirtschaft nicht mehr ausblenden ließ. Die "Initiative Milch" geht nun kreativ gegen diese lästigen Fragen zum Tierwohl oder der Nachhaltigkeit vor. Sie macht kurzerhand aus der "Kuh als Klimakiller" die "Kuh als wichtigstes Nutztier in einer ausgeglichenen Kreislaufwirtschaft". Und ganzjährige Laufstallhaltung erklärt sie damit, dass "Planung und Bau moderner Ställe inzwischen ganz darauf ausgerichtet [seien], die Vorteile einer Weide in den Stall zu holen."

Damit ist wieder alles in Butter - der Milchkonsum ist ethisch, wie auch nachhaltig unbedenklich. Und die Milchwirtschaft erreicht ihr eigentliches Ziel: den seit Jahren rückläufigen Milchkonsum wieder ankurbeln und Geld verdienen. Denn hinter der "Initiative Milch" stecken, wie seit Beginn der Milchwirtschaft Mitte des 19. Jahrhunderts - allein wirtschaftliche Interessen.

In den beiden neuen Folgen des Milchgeschichten Podcasts unterziehe ich die Argumente der "Initiative Milch" einem Faktencheck: let's talk milch...

Links zur Folge

Tierbefreiung Magazin
https://www.tierbefreiung.de/magazin/

Podcastfolgen im Milchgeschichten-Podcast zur "Initiative Milch"
https://von-herzen-vegan.de/folge/folge-26-die-milchpropaganda-der-initiative-milch
https://von-herzen-vegan.de/folge/folge-27-die-initiative-milch-sagt-die-kuh-ist-kein-klimakiller

Spiel "Cranky Uncle"
https://app.crankyuncle.info

Klimafakten - zuverlässige Fakten zum Klimawandel und seinen Folgen
https://www.klimafakten.de/

So kannst Du meine Arbeit unterstützen:
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Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Wir hoffen, du hattest einen schönen Sommer bisher. Bei uns sind die Sommerferien jetzt fast vorbei. Aber vielleicht wohnst du ja in einem anderen Bundesland und die Sommerferien dauern noch an? Vielleicht interessieren dich die Sommerferien auch gar nicht, weil du überhaupt gar keine schulpflichtigen Kinder hast und auch nicht zufällig Lehrer·in bist. Also sagen wir jetzt mal einfach nur Sommer und der Sommer ist ja auch bald vorbei.

Carsten Bald ist Herbst. Ja, bald kommt der September, bald kommt der Herbst.

Stefanie Genau. Wir wollten jetzt einfach nur mal kurz mit dir über Jahreszeiten sprechen und das war's auch schon. In diesem Sinne.

Carsten Genau das ist der Wetterpodcast.

Stefanie Du hast dich vertan. Das ist gar nicht der „Mehr als Vegan Podcast“.

Carsten Falsch eingeschaltet.

Stefanie Ja, piep. Genau. Also mit diesem kurzen Geplänkel wollten wir uns einmal bei dir melden und Hallo sagen.

Carsten Genau. Wir haben uns ja jetzt so zwei, drei, vielleicht vier Tage nicht mehr gemeldet. Also von daher, wir sind wieder da, wenn auch nur in einer kurzen Folge.

Stefanie Genau. Na ja, also eigentlich geht es nicht ums Wetter, sondern um die Milch. Und genau da geht es darum, dass ich für den Milchgeschichten Podcast zwei neue Folgen veröffentlicht habe und du das vielleicht noch nicht mitbekommen hast, weil es ja schon ein paar Jährchen her ist, dass ich das letzte Mal eine Folge dort veröffentlicht habe. Genauer gesagt mehr als vier Jahre. 2019 hatte ich die letzte Folge veröffentlicht und dachte eigentlich auch damit sei alles gesagt.

Aber dann bin ich vom Tierbefreiungsmagazin angesprochen worden, ob ich nicht einen Artikel für das nächste Magazin, was jetzt im September oder Oktober 2023 erscheinen wird, schreiben möchte, nämlich über meine Milchforschung. Und da hab ich natürlich ja gesagt. Das ist eine große Ehre, für dieses Magazin schreiben zu dürfen. Und während ich dann viele Wochen damit verbracht habe, an meinem Text zu feilen - das ist natürlich dann mal wieder in extrem viel Arbeit ausgeartet - habe ich auch gemerkt, dass ich die "Initiative Milch" mit einbeziehen muss in die komplette Historie der Kuhmilch in Deutschland und wie sich das auch von der Werbung her entwickelt hat.

Die "Initiative Milch" gibt es ja seit Juni 2021 und damals habe ich das zwar mitgekriegt über Plakate. Als es damals noch den von Herzen Vegan Clan, später das Experimentarium gab, war es so, dass Menschen da auch Bescheid gesagt haben und gesagt haben: Was ist das denn? Das kann ja nicht wahr sein, dass da jetzt schon wieder flächendeckend solche Werbung kommt. Du hattest die Plakate auch gesehen?

Carsten Ja, ich kann mich schon ganz grob dran erinnern, das war neu, ich hatte jahrelang keine aktive, konzentrierte Werbung für das Produkt Kuhmilch gesehen. Und auf einmal tauchte das auf und war sehr präsent damals.

Stefanie Und ich habe damals gedacht naja, es ist einfach nur so ein Aufbäumen der Milchindustrie, da muss ich nicht wirklich noch was zu machen und es lohnt sich nicht, da noch mal eine Folge aufzunehmen. Aber als ich dann den Artikel geschrieben habe, habe ich so viel Material gesammelt. Um das in Kürze in den Artikel zu packen, musste ich ja erst mal alles so durchdringen und mir das alles angucken.

Und ich hab da auch mehrfach Schnappatmung bekommen, weil ich mir die Internetseite von der "Initiative Milch" angeguckt habe und gedacht habe: Ja, so kann man natürlich Fakten auch verdrehen und so kreativ kann man natürlich Zahlen auch deuten. Und ja, so kann man natürlich auch darüber sprechen. Ja, also von daher. Es hat also damit angefangen, dass die "Initiative Milch" den Slogan hat „Ohne Milch? Ohne mich!“ und Carsten daraufhin sagte:

Carsten Ja, sollen sie mal ihren Worten Taten folgen lassen. Also Milch abschaffen und sich dann auch dementsprechend verdünnisieren, überflüssig machen.

Stefanie Ja, und ich dann gedacht habe, das ist eigentlich wahr, die haben das beste Motto gewählt überhaupt, Denn ohne Milch würde es diese "Initiative Milch" auch gar nicht geben. Das heißt, sie sollten sich wirklich daran halten und überflüssig werden. Ja, das wäre also so das Ziel und ich habe das jetzt in zwei Podcastfolgen etwas genauer ausgeführt. Es ist tatsächlich so viel Material zusammengekommen, dass ich daraus zwei Podcastfolgen, jeweils ungefähr eine halbe Stunde, machen musste.

Einmal habe ich die Propagandamaschine der "Initiative Milch" komplett und allgemein vorgestellt und im zweiten Teil bin ich dann mal auf die Nachhaltigkeitsfakten eingegangen, die die "Initiative Milch" anbringt. Denn es ist zum einen Teil altbekannt, was für Argumente die "Initiative Milch" vorbringt, um Kuhmilch als das wertvollste und tollste und überhaupt notwendigste Nahrungsmittel der Welt zu positionieren. Wenn wir diesen Argumenten glauben, dann können wir einfach nicht ohne Kuhmilch leben.

Was an sich schon merkwürdig ist, denn welches Säugetier wäre denn tatsächlich angewiesen auf die Muttermilch eines anderen Säugetiers? Also wenn das tatsächlich in der Evolution genetisch so vorgesehen wäre, wären wir ja nicht wirklich überlebensfähig, denn wir müssen ja immer irgendwie in Abhängigkeit von diesem anderen Säugetier leben. Und ja, also das ist an sich schon etwas merkwürdig. Aber diese Argumente sind altbekannt.

Was neu dazukommt ist, dass die "Initiative Milch" jetzt Kuhmilch als ein nachhaltiges regionales Produkt positioniert, was gut fürs Klima ist, weil in den letzten Jahren, so im letzten Jahrzehnt, durch die Klimabewegung die „Kuh als Klimakiller“ als Bedrohung für die Milchindustrie dazugekommen ist. Und das wird jetzt versucht zu demontieren. Ja, und da sehen wir , wie kreativ die "Initiative Milch" mit Zahlen umgeht. Es ist wirklich spannend, sich das anzugucken.

Und deswegen brauchte ich da eine extra Folge, um das Schritt für Schritt zu demontieren und zu zeigen, was die "Initiative Milch" da eigentlich macht, wie sie die Fakten auslegt, wie sie das für sich so zurechtrückt, sich Zahlen herauspickt, die für sie vorteilhaft erscheinen, den Gesamtzusammenhang außen vor lässt und sagt: Ach, guck mal hier 5 %, das ist doch total wenig, aber irgendwie nicht anerkennt, dass es da auch noch einen Gesamtzusammenhang gibt, aus dem diese 5 % rausgenommen wurden.

Das wirkt, wenn das erst mal so gesagt wird, alles total plausibel. Und deswegen brauchte ich auch diese halbe Stunde, um das zu demontieren, um zu zeigen okay, guck mal, es ist überhaupt gar nicht plausibel. Denn das, was die „Initiative Milch“ macht, ist Rosinenpicken. Und das ist eine bewährte Methode. Wenn dir die meisten wissenschaftlichen Fakten nicht gefallen, einfach den Fakt rauszupicken, der passt und alle anderen zu ignorieren. So kannst du dann etwas Falsches tun und dich dabei trotzdem gut finden, weil du ja mit diesem einen Fakt, den du herausgepickt hast, zeigst, dass du eigentlich ja was ganz tolles tust. Und genau das macht die "Initiative Milch", wenn sie jetzt die Kuhmilch als ein nachhaltiges, regionales, tolles Produkt darstellt.

Und wenn dich das interessiert, diese Methoden und was Menschen machen, um die Wissenschaft so hinzubiegen, dass sie zu einem passt, gibt es da zum einen ein lustiges Spiel, den „Cranky Uncle“. Vielleicht kennst du den auch schon. Das Spiel gibt es in verschiedenen Sprachen, unter anderem auch in Deutsch, wo du lernst, was für Methoden es gibt, um Wissenschaftsfakten so hinzubiegen, dass sie zu mir passen oder auch generell zu leugnen.

Und zum anderen auch die Webseite klimafakten.de. Da findest du jede Menge Infos und Tipps dazu, was jetzt tatsächlich Fakt ist. Wissenschaftlich bewiesene Fakten was das Klima angeht, die Klimakrise und was es alles für Möglichkeiten gibt, sich damit auseinanderzusetzen.

Ich habe mich in den beiden Folgen auf das Wesentliche konzentriert. Ich hätte auch noch viel minutiöser, detaillierter vorgehen können. Wenn dir also was auffällt, wo du sagst okay, da fehlt mir noch was, dazu hätte ich gerne noch was, dann schreib mir gerne eine Email an post@ vonherzenvegan.de. Hör dir die beiden Folgen also sehr, sehr gerne an.

Und die Quintessenz ist einfach, dass die Milchindustrie quasi ihre Milchkannen davonschwimmen sieht. Ich musste das jetzt noch mal irgendwie einbauen. Ja, also ich habe es nicht geschafft, das in die beiden Folgen einzubauen, deswegen will ich es wenigstens hier einbauen. Ja eine tolle Weiterführung von den Fellen, die davonschwimmen. Ihr habt das verstanden. Gut. Also jedenfalls, sie sieht ihre Milchkannen davonschwimmen, denn der Milchkonsum ist seit Jahren rückläufig.

Und im Grunde geht es wirklich nur darum, ein Produkt zu verkaufen, das zu vermarkten. Es ist Kritik an diesem Produkt laut geworden. Zum einen beim Thema Tierwohl, zum anderen aber auch die Kuh sei ein Klimakiller. Dazu sage ich auch hier noch mal: Es geht nicht darum, das Lebewesen zu verunglimpfen. Also die Kuh ist nicht das Problem, sondern die Art und Weise, wie der Mensch die Kuh nutzt. Und es geht nicht darum zu sagen, es dürfen keine Kühe mehr existieren, sondern wir sollten einfach mit der Nutzung der Kuh aufhören. Und damit wären wir dann wieder bei dem Slogan „Ohne Milch? Ohne mich!“. Denn die "Initiative Milch" sollte wirklich diesem Slogan folgen und einfach eine Initiative werden, die den Milchbäuer·innen hilft umzuschulen und auch wirklich die Nutzung der Milchkuh zu beenden.

Carsten Ja, und wir sind am Ende dieser Folge angekommen und da bleibt mir nur noch zu sagen: hör in die beiden neuen Folgen des Milchgeschichten Podcasts rein. Und lies auch den Artikel in der aktuellen Ausgabe des Tierbefreiungs Magazin Nr. 120.

Stefanie Genau. Ich habe wirklich viele, viele, viele Tage, Stunden, Wochen in das Schreiben des Artikels und nachher dann in die Erstellung der beiden Podcastfolgen gesteckt. Also da ist ganz, ganz viel ehrenamtliche Arbeit drin, denn ich werde ja dafür nicht bezahlt. Und ich bin sehr dankbar dafür, dass in der Zwischenzeit zwei neue Steady Unterstützer·innen dazugekommen sind. Ein herzlicher Dank geht an Martina und Christine, die davon nichts wussten, dass ich in der Zwischenzeit da so viel Arbeit in die Milchgeschichten gesteckt habe, aber trotzdem sich entschieden haben, meine Arbeit finanziell zu unterstützen. Herzlichen Dank.

Carsten Danke schön.

Stefanie Und das ist jetzt also der beste Anlass, dir zu überlegen, ob du vielleicht auch finanziell etwas zurückgeben möchtest. Denn wie gesagt, in diesen Podcasts, in allen vier Podcasts, die ich hier kostenlos anbiete, in allem, was ich sonst noch ehrenamtlich mache, steckt super viel Arbeit und Zeit und es wäre toll, wenn da ab und zu finanziell etwas zurück käme. Du findest die Möglichkeiten, wie du mich finanziell unterstützen kannst - das geht nicht nur über Steady - auf der Webseite, die ich hier verlinke. Und ich bin sehr dankbar dafür, denn ich mache das ja hier alles werbefrei. Ich gehe keine Kooperationen ein, bekommen sonst auf keinem Weg Geld für das, was ich hier tue.

Carsten In diesem Sinne.

Stefanie In Hamburg sagt man Tschüss.

Carsten Und auf Wiederhören.

Folge 289 - Zeitgerechtigkeit als Schlüssel zum guten Leben für alle

Ein Beitrag

Folge 289 - Zeitgerechtigkeit als Schlüssel zum guten Leben für alle

Wir haben keine Zeit. Schon wieder. Wir hätten so viele Themen, die wir gerne in diesem Podcast besprechen würden, aber uns fehlt schlicht die Zeit dazu.

Dass das kein individuelles Zeitmanagement-Problem ist, ist mir spätestens nach der Lektüre des Buchs "Alle_Zeit" von Teresa Bücker klar geworden.

Zeit ist, wie die meisten Ressourcen auf diesem Planeten und in unserem Leben, ungleich und ungerecht verteilt.

Wir alle haben eigentlich gleich viel Zeit zur Verfügung. Doch wir können nicht frei darüber verfügen. Das System, in dem wir leben, lässt das nicht zu.

Links zur Folge

Buch „Alle_Zeit - Eine Frage von Macht und Freiheit“ von Teresa Bücker
https://www.ullstein.de/werke/alle-zeit/hardcover/9783550201721

Mein Newsletter
https://steadyhq.com/de/stefanie-rueckert/newsletter/sign_up

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Heute möchten wir über das Thema Zeit sprechen. Das passt aus vielerlei Gründen sehr gut. Denn Carsten und ich haben zu wenig Zeit momentan, um Podcastfolgen aufzunehmen. Und gleichzeitig habe ich ein Buch gelesen. Das nennt sich „Alle_Zeit“ von Teresa Bücker. Mit dem Untertitel „Eine Frage von Macht und Freiheit“ und ich möchte in dieser Folge über dieses Buch sprechen, aber auch über unsere rein subjektiven Empfindungen zum Thema Zeit. Und das Buch möchte ich auch nur relativ kurz anteasern und dir jetzt schon mal als Leseempfehlung mitgeben. Dieses Buch hat mich mal wieder sehr radikalisiert und Carsten hat es noch nicht gelesen. Er muss das aber noch lesen.

Carsten Na ja, ich bin trotzdem radikalisiert. Allerdings auch ohne Buch bzw durch meine Alltagserfahrung.

Stefanie Inwiefern? Erzähl doch gleich mal.

Carsten Was du schon sagtest. Uns fehlt einfach die Zeit. Also es ist ja jetzt nicht so, dass wir keine Folgen aufnehmen, weil wir keine Themen haben. Die Themen stapeln sich ja, aber uns fehlt die Zeit zum Aufnehmen um Folgen auszuarbeiten. Und es ist ja nicht so, dass unsere Tage kürzer geworden sind. Aber die Zeit wird ja, wie bei vielen anderen Menschen ja auch, gefüllt mit irgendwelchen Dingen, die sich dann um die Erwerbsarbeit zum Beispiel drehen. Und das ist etwas, was zumindest bei mir nach wie vor immer noch so im Fokus steht, dass ich unglaublich viel Zeit und noch viel, viel mehr Energie aufbringen muss, um meiner Erwerbstätigkeit nachzugehen. Und da ja nicht nur irgendwie morgens um, keine Ahnung, kurz vor sieben das Haus verlasse und abends um 18:00 Uhr nach Hause komme, sondern dann ja auch entsprechend k.o. bin. Also die Arbeit schlaucht mich ja auch, sei es durch Stress, sei es dadurch, weil ich mich im Moment mit meiner Arbeit immer weniger identifiziere. Also sie ist für mich wenig sinnstiftend geworden oder zunehmend weniger sinnstiftend.

Es entzieht mir Energie, sodass ich dann abends total k.o. nach Hause komme, was dann aber auch etwas ist, wo ich sagen muss, das ist noch so die Nachwirkung von der Erwerbsarbeit. Das heißt also auch da geht die Zeit drauf. Nur weil ich dann quasi „Freizeit“ habe, heißt das noch lange nicht, dass ich diese Zeit nach eigenem Gusto frei gestalten kann. Wenn mir die Energie fehlt, dann ist das natürlich was anderes, als wenn ich jetzt sage: Hey, ich habe jetzt noch keine Ahnung, 4,5,6 Stunden Zeit am Tag, jetzt setze ich mich mal in der Sonne und tu mal gar nichts oder so! Also es ist tatsächlich erst mal so zum Energie nachtanken, damit ich am nächsten Tag wieder einsatzbereit bin.

Stefanie Ja, damit sind wir schon mitten drin im Thema und mitten drin im Buch auch. Also genau das, was du gesagt hast, beschreibt Teresa Bücker in ihrem Buch auch unter anderem. Und die Lösung für das Ganze ist eigentlich nichts Neues, da geh ich nachher noch mal drauf ein. Aber letztlich dieses Gefühl, was du gerade beschrieben hast und auch die Definition von Zeit, also auch die Definition von Freizeit, das ist etwas, über das wir auf jeden Fall nachdenken sollten. Und darüber schreibt Teresa Bücker in diesem Buch unter anderem. Ich würde jetzt vielleicht einfach mal kurz vorlesen, was hinten auf dem Buch draufsteht, denn das ist eine super Zusammenfassung des Buchs. Ich hatte das gar nicht gelesen am Anfang, was da steht, sondern erst danach und habe dann gedacht: Hey, da steht ja alles so, aber natürlich steht im Buch noch viel mehr. Aber letztlich ist das so die Essenz auch. Also:

“Soziale Gerechtigkeit bedeutet gerechte Verteilung von Zeit. ‚Zeit ist ein Geschenk, aber auch Verantwortung. Alle Menschen sollten frei über ihre Zeit verfügen können. Diese Utopie können wir jetzt gestalten.‘ Zeit ist die zentrale Ressource unserer Gesellschaft, doch sie steht nicht allen gleichermaßen zur Verfügung. Teresa Bücker, eine der bedeutendsten Publizist·innen in Deutschland, macht klar: Wir brauchen jetzt eine radikal neue Zeitkultur. Sie ist der Schlüssel für Geschlechter- und Generationengerechtigkeit, für eine nachhaltige Ökonomie und eine lebenswerte Zukunft.“

Carsten Ja, das ist interessant, dass das jetzt hier auch in diesem Buch thematisiert wird. Denn wenn sie davon schreibt oder auf diesem Klappentext steht „Nachhaltige Ökonomie und eine lebenswerte Zukunft sind abhängig davon, wie wie wir mit Zeit umgehen.“ Das habe ich ja tatsächlich in dem Öko Dorf Sieben Linden auch wirklich erfahren. In der einen Woche, wo ich von meiner Ausbildung dort war, dass diese Menschen sich ganz bewusst darauf konzentrieren, ihre Erwerbsarbeit so teilzeitmäßig zu betrachten, also nicht als 40 Stunden Woche, sondern die arbeiten wenn überhaupt, dann 20 Stunden die Woche, um überhaupt irgendwie extern Geld zu verdienen. Und die restliche Zeit wird für andere Tätigkeiten aufgebracht. Gemeinschaftsbildung etc. pp. Und das ist natürlich ein Modell, wo tatsächlich vor Ort auch gezeigt werden kann, dass sich daraus diese lebenswerte Zukunft gestalten lässt. Und das wäre nicht möglich, wenn die Personen, die jetzt zum Beispiel konkret in diesem Ökodorf Sieben Linden arbeiten oder leben, 40 Stunden die Woche arbeiten würden in einem externen Job, dann wäre diese Utopie, die dort ja tatsächlich real gelebt wird, gar nicht machbar.

Stefanie Das möchte ich jetzt noch mal mit einigen Perspektiven aus dem Buch von Teresa Bücker ergänzen, dieses Bild, was du jetzt gezeichnet hast. Denn da ist es ja genauso, wie du eingangs sagtest: Es gibt die Zeit für Erwerbsarbeit und dann gibt es Zeit für Gemeinschaft und dann wird vielleicht noch geschlafen, aber da fehlt ja irgendwie was. Also wo bleibt dann diese Zeit für mich? Und ist dann Carearbeit jetzt auch schon in dieser Gemeinschaftsarbeit mit drin oder ist sie in der Erwerbsarbeit mit drin? Wird sie überhaupt mitgerechnet? Also wenn ich jetzt denke, dass mein 24 Stunden Tag dann irgendwie aufgeteilt wird in acht Stunden Schlaf und dann noch mal acht Stunden Arbeit und acht Stunden Freizeit, das war ja dieses Modell, was früher propagiert wurde und was heute immer noch so propagiert wird. Und dann sind wir wieder bei dem Punkt zu definieren: Was ist denn jetzt Freizeit?

Also jetzt bei dem Modell, was du in Sieben Linden aufgezeichnet hast, wäre es ja so, dass diese acht Stunden Erwerbsarbeit in vier Stunden Erwerbsarbeit und vier Stunden Gemeinschaftsarbeit pro Tag aufgeteilt werden würden. So rein rechnerisch, natürlich funktioniert das nicht so hundertProzentig, aber rein rechnerisch einfach. Und dann hätte ich noch diese acht Stunden Freizeit. Aber und das fand ich sehr interessant in dem Buch von Teresa Bücker was mache ich denn alles noch? Also Sachen wie Essen, Kochen, Carearbeit und Reproduktionsarbeit generell, aber auch duschen, mich irgendwie herrichten und generell alles, was ich brauche, um am Leben zu bleiben. Den eigenen Körper zu pflegen, das sind ja alles keine Freizeittätigkeiten, sondern das ist dann etwas, was ich nicht der Freizeit, also der freien Zeit zurechnen kann, sondern das sind alles vorbereitende Tätigkeiten für die Erwerbsarbeit und auch vorbereitende Tätigkeiten für die Gemeinschaftsarbeit. Dass ich überhaupt irgendwie das alles leisten kann.

Ich fand das dann ganz interessant, dass sie da im Buch auch geschrieben hatte, dass es bei uns gesellschaftlich nicht anerkannt ist, wenn ich nackt und ungepflegt, irgendwie ungeduscht usw dann zur Arbeit gehe. Also es geht nicht, das kann ich nicht machen. Deswegen muss ich ja diese Zeit investieren um mich herzurichten, um dann einem gewissen Standard, einer gewissen „Norm“ zu entsprechen. Und das ist dann auch noch geschlechterbedingt unterschiedlich, was so von einem verlangt wird, wie ich auszusehen habe. Und da rede ich jetzt gar nicht so davon, dass ich unbedingt einer bestimmten körperlichen Fülle entsprechen muss oder auch nicht Fülle, sondern , dass ich als Frau in dieser Gesellschaft, wenn ich als Frau gesehen werde, dann auf bestimmte Art und Weise frisiert und geschminkt, in manchen Jobs zur Arbeit kommen muss und das wirklich erforderlich ist. Das also nur als ein Beispiel von vielen, was ja auch alles Zeit kostet. Das kommt alles dazu.

Das heißt, wenn Carsten sagt, er geht morgens zur Arbeit, kommt abends wieder: davor hast du dich ja auch fertig gemacht, hast möglicherweise geduscht, hast gefrühstückt und das sind ja alles keine Freizeitaktivitäten, würden aber in diesem Modell acht Stunden Arbeit, acht Stunden Freizeit und acht Stunden schlafen dann ja auch dazugerechnet.

Carsten Ja und wenn du das jetzt so aufteilst, diese acht Stunden und acht Stunden und acht Stunden, dann ist es ja so, dass im Alltag eine Pause dazwischen liegt. Das heißt, du machst ja nicht acht Stunden Arbeit am Stück, sondern du arbeitest ja, ich sage jetzt mal so rechnerisch deine vier Stunden. Dann legst du eine halbe Stunde, eine Stunde Pause ein, um dann anschließend die restlichen vier Arbeitsstunden hinter dich zu bringen. Und diese eine Stunde - ich bleibe jetzt mal rechnerisch bei einer Stunde Mittagspause - die ist ja Freizeit. Ja, aber de facto ist sie nicht Freizeit. Sie dient dem Wiedererlangen deines Energieniveaus, um die restlichen vier Stunden Arbeitszeit hinter dich bringen zu können. Und da gibt es ja durchaus auch radikale Ansätze, die wir, glaube ich, auch schon in einer der vorherigen Folgen schon mal besprochen hatten, dass diese Mittagspause eigentlich de facto auch als bezahlte Arbeitszeit gelten müsste, weil sie ja gar nicht ausschließlich dazu dient, dass du jetzt irgendwie deine Freizeit da verbringst, sondern primär dient diese Arbeits- oder diese Mittagspause eher der Wiederherstellung deiner Arbeitskraft. Sie dient also im Grunde genommen deiner·m Arbeitgeber·in, dem Unternehmen, für das du tätig bist und weniger dir selbst.

Stefanie Außerdem ist es so, dass du in deiner Mittagspause etwas isst. So und das dient ja auch wieder der Wiederherstellung und das ist jetzt auch keine freie, unbestimmte Zeit. Und dieses freie, unbestimmte Zeit ist tatsächlich der Punkt, der uns am meisten fehlt. Und gerade wenn wir Vollzeit erwerbstätig sind, ist freie, unbestimmte Zeit rar, quasi fast gar nicht vorhanden. Vor allem, wenn dazu dann noch Carearbeiten kommen und du in einer Kleinfamilie lebst.

Und da kommt jetzt ein Modell ins Spiel, was Teresa Bücker hier in ihrem Buch auch vorstellt von der Soziologin Frigga Haug. Und zwar die „Vier in einem Perspektive“, die wie folgt aussieht, nämlich dass diese acht Stunden und acht Stunden und acht Stunden, die wir vorher hatten, anders aufgeteilt werden, nämlich in vier Stunden Erwerbsarbeit, vier Stunden Gemeinschaftsarbeit, vier Stunden Care Arbeit und vier Stunden freie, unbestimmte Zeit. Und dann noch die acht Stunden Schlaf. Denn zu wenig Schlaf macht uns auch krank, ist auch nicht gut.

Und wir müssen auch politisch und gesellschaftlich sehen, dass die Care Arbeit die ganze Zeit als minderwertige, nicht bezahlte Arbeit so nebenher läuft und immer nur auf diese Erwerbsarbeit fokussiert wird. Aber durch dieses vier mal vier Stunden sozusagen Modell würde das alles ganz anders gewichtet werden. Da würde die Carearbeit gleichwertig neben der Erwerbsarbeit stehen und auch gleichwertig neben der Gemeinschaftsarbeit und der freien, unbestimmten Zeit. Und um nochmal zu verdeutlichen, warum diese freie, unbestimmte Zeit so wichtig ist, möchte ich den Klappentext des Buchs vorlesen:

“Der Zugriff auf Zeit ist eine Frage von Macht und Freiheit. Wer wird für seine Arbeit bezahlt und wer nicht? Wer hat Zeit für seine Interessen einzutreten? Heute wird die meiste Zeit der Erwerbsarbeit zugestanden. Nur ökonomisch Verwertbares gilt als wertvoll für soziale Beziehungen. Sorgearbeit und Erholung bleibt zu wenig Platz. Zeit ist höchst ungerecht verteilt. Der materielle Wohlstand hat sich nicht in Zeitwohlstand übersetzt. Zeitarmut treibt uns in Vereinzelung und Erschöpfung, zerstört Familien und Freundschaften. Sie macht politisches Engagement zu einer Klassenfrage. Ein gutes Leben für alle kann nur gelingen, wenn wir verstehen, wie drängend Zeitgerechtigkeit ist und endlich die Debatte darüber beginnen, wie wir Zeit neu verteilen. Wir müssen den Glaubenssatz überwinden, dass Zeit Geld sei, und wir müssen uns der Zeit derer annehmen, deren Bedürfnisse bislang wenig zählen. Teresa Bücker macht konkrete Vorschläge, wie eine moderne Zeitkultur aussehen kann, die für mehr Gleichberechtigung und Lebensqualität sorgt.“

Gerade dieser Punkt, dass politisches Engagement zur Klassenfrage wird und auch generell viel zu wenig Zeit bleibt für Beziehungen und diese freie, unbestimmte Zeit, in der wir machen können, was wir wollen, quasi einfach mal absichtslos vor uns hin leben, sind Dinge, die mir in letzter Zeit immer stärker auffallen. Ich habe das jetzt im letzten Bildungsurlaub gemerkt, dass wir auch darüber diskutiert haben, dass einfach keine Zeit mehr übrig bleibt, um sich zu engagieren. Und das ist ja auch wieder der Punkt hier bei uns, Carsten und bei mir, dass wir einfach merken durch die Erwerbsarbeit und auch die Carearbeit, die beide anfallen und getan werden müssen, bleibt keine Zeit mehr damit wir hier im Podcast Folgen veröffentlichen können und uns die Zeit nehmen können, politisch aktiv zu sein. Denn hier die Podcastfolgen zu veröffentlichen ist auch eine Art politisches Engagement. Und die Carearbeit und die Erwerbsarbeit ziehen so viel Kraft auch und so viel Energie, dass dann da keine Möglichkeit mehr bleibt, dass wir uns engagieren können. Wie gesagt, Themen haben wir genug und wir würden das auch gerne machen. Wir würden gerne die meiste Zeit, die uns zur Verfügung steht, in politisches Engagement reinstecken. Nur fehlt uns die Kraft und fehlt uns die Zeit.

Carsten Und das mit der Kraft ist ganz spannend, weil auch da die Erfahrungen aus meinem Permakulturkurs gezeigt haben, dass, wenn ich mich mit sinnstiftend und sinnfüllenden Aufgaben und Themen beschäftige, ich ein ganz anderes Energieniveau habe. Wir haben da an den Tagen teilweise 12,13,14,15 Stunden aufeinander gehockt, haben zwar zwischendurch Pause gemacht, aber häufig waren die Pausen dann auch so gestaltet, dass wir die Themen in den Pausen weiter diskutiert hatten. Also wir waren eigentlich komplett rund um die Uhr im Thema drin. Und ich für meinen Teil habe auch tatsächlich ein Schlafdefizit angehäuft, weil wir einfach zu spät ins Bett gegangen sind, ich auch wieder zu früh wach geworden bin, aber trotzdem am nächsten Tag voller Energie und voller Elan da war. Und das hat mich total fasziniert. Das hat mich zwar am Ende dieser Ausbildungsstrecke dann doch schon ein bisschen geschlaucht. Also quasi der Tag danach, wo ich wieder nach Hause gekommen bin, habe ich gemerkt: Hey, ich habe tatsächlich ein Schlafdefizit, ich muss jetzt mal ein bisschen Schlaf nachholen. Aber innerhalb dieser ganzen Kurswochen war einfach das Energieniveau völlig auf einem Niveau, wo ich auch gedacht habe: Oh, das kenne ich so gar nicht in dieser Güte.

Und das ist sehr schnell verflogen, als ich wieder in den ganz normalen Arbeitsalltag reingekommen bin. Da hat es keine 2 bis 3 Tage gedauert. Da war ich dann abends total wieder erschöpft und das hat mir einfach gezeigt, dass das unabhängig davon, wie wir unsere Zeitgestaltung aufbauen, auch eine wichtige Komponente ist. Mit was für Themen verbringen wir eigentlich den Tag? Und wenn ich jetzt schon acht Stunden am Tag mit einer Tätigkeit zu tun habe, die letztendlich nur mein Einkommen sichert oder das Einkommen der Familie dann noch sicherstellt, mich aber inhaltlich gar nicht wirklich erfüllt, dann ist das etwas, was unglaublich viel Energie kostet. Wenn ich das jetzt reduzieren würde auf diese vier Stunden und hätte den restlichen Tag die Möglichkeit, mich mit Themen auseinanderzusetzen, die vielleicht auch Kraft kosten, die für mich aber sinnstiftender sind, dann habe ich auch viel mehr Möglichkeiten, Themen und Dinge anzubringen, die ich sag jetzt mal auch Energie kosten. Aber wo ich die Energie aufbringe, weil es mir Spaß macht, weil es Spaß bereitet, weil ich einfach merke okay, da geht's voran. Also die Dynamik und die Energie ist dann eine ganz andere, wenn ich mich mit Themen auseinandersetze, wo ich sage, da stehe ich auch hinter, da habe ich Herzblut und das erfüllt mich auch.

Stefanie Ja, definitiv. Denn das, was Teresa Bücker in ihrem Buch auch schreibt, ist, dass es gar nicht darum geht, wenn es jetzt um Gleichberechtigung der Geschlechter auch geht, Frauen in die Vollzeit Erwerbsarbeit zu bringen, sondern dass wir mehrere Schritte zurücktreten und gucken, wie wir denn überhaupt unsere Zeit gestalten. Wie nach diesem vier mal vier Stunden Modell, was ich jetzt vorhin schon vorgestellt hatte, dass wir alle eigentlich in die Teilzeit gehen und nicht versuchen alle in die Vollzeit zu gehen, so dass dann der Erwerbsarbeit dann auch ihre Macht quasi genommen wird und wir dann diese gleichwertig neben den anderen Zeiten stehen haben. Und auch den anderen Arbeiten, sage ich jetzt mal und da sind wir noch bei anderen wichtigen Punkten tatsächlich.

Also das Buch ist wirklich sehr, sehr empfehlenswert. Ich sage es noch mal: Lies dieses Buch. Mir hat es sehr viel gebracht, denn wie viel ist deine Zeit wert? Es wird nur Erwerbsarbeit wertgeschätzt. Und dann gibt es da natürlich auch noch eine Hierarchie und dann sind wir wieder bei Hierarchien und überlegen okay, dass bestimmte Erwerbsarbeit mehr wert ist als andere Erwerbsarbeit. Und da ist dann zum Beispiel der Punkt, dass ich sage okay, die Zeit, die ich mit meiner Erwerbsarbeit verbringe, ist mehr wert als die Zeit, die zum Beispiel eine Person damit verbringt, meine Wohnung zu putzen. Denn nur so kann ich sie ja bezahlen, indem ich mehr verdiene als diese Person. Das sind auch noch Punkte, die wir da bedenken sollten, was dann ja auch zu der Frage führt: wer putzt die Wohnung dieser Person, die meine Wohnung putzt? Wer passt auf die Kinder dieser Person auf, die auf meine Kinder aufpasst? Irgendwo ist immer ein Ende erreicht, wo dann unbezahlte Arbeit entsteht.

Und da sind wir wieder bei dem Punkt Zeitgerechtigkeit. Ein gutes Leben für alle ist nur möglich, wenn die Zeit gerecht verteilt ist. Also wenn da am Ende der Kette Personen stehen, die wieder ungerecht behandelt werden, ist das ja kein gutes Leben für alle. Also funktioniert das nicht, wenn wir so weitermachen wie bisher. Das ist natürlich klar, dann sind wir wieder bei dem System, was das Problem ist, dass wir wieder systemkritisch denken. Und letztlich liegt die Lösung nicht darin, dass wir in dieser Vereinzelung bleiben, in der wir jetzt leben, in diesen Kleinfamilien, sondern dass wir in die Gemeinschaft gehen. Und ja, da lande ich in letzter Zeit immer wieder, egal von wo ich komme, welche Probleme ich mir angucke. Immer wieder lande ich bei der Lösung: Wir müssen Gemeinschaften bilden und gemeinschaftlich handeln und unsere Gesellschaft ganz anders strukturieren, dass wir in Gemeinschaften leben können.

Und das schreibt auch Teresa Bücker in ihrem Buch als Lösung. Sie schreibt es natürlich um einiges ausführlicher, als ich das jetzt hier sage. Deswegen: lies dieses Buch. Wobei ich sagen kann, dass die Lösung hier in dem Buch jetzt nicht so ausführlich dargestellt wird, wie es hätte sein können. Ich würde sagen, dass wir die Lösung aber auch schon kennen, wenn wir zum Beispiel von Robin Wall Kimmerer Bücher gelesen haben oder von Sherri Mitchell. Denn diese Lösungen, die da vorgestellt werden, was indigene Menschen schon alles wissen und schon leben in diesen Gemeinschaften, das ist eigentlich die Lösung. Die gibt es schon, die gibt es seit Jahrtausenden schon auf diesem Planeten, diese Lösung, nur haben wir uns in dem System in dem wir leben, davon ganz weit entfernt und sind in diese Vereinzelung, Individualisierung, Machthierarchien usw in dieses ganze kapitalistische Konstrukt reingelaufen. Herrschaft usw. Genau, ich radikalisiere mich ja auch immer mehr.

Na ja, jedenfalls dieses Experiment, was wir hier gestartet haben, in unserer westlichen Zivilisation ist fehlgeschlagen. Es gibt jede Menge Lösungen auf unserem Planeten, die seit Jahrtausenden schon ausprobiert werden und die gut funktionieren und wo wir einfach nur unseren Blick drauf werfen sollten, unseren Fokus verändern. Und wenn wir da schauen und sehen: Hey, guck mal so kann das funktionieren mit Gemeinschaften, so könnten wir leben, dann wär das die Lösung.

Und bis Carsten und ich das auch geschafft haben, so in Gemeinschaft zu leben und auch wirklich mehr Zeit zur Verfügung haben für politische Interessen, freie, unbestimmte Zeit und so, ist es jetzt leider so, dass wir wirklich kaum Zeit zur Verfügung haben, hier Podcastfolgen aufzunehmen. Und deswegen wissen wir noch nicht so genau, was die Zukunft bringt. Also wir wollen uns so in diese Richtung bewegen, dass wir mehr in Gemeinschaft leben können. Nur ist es immer schwierig innerhalb dieses Systems was anderes zu machen. Also wir versuchen ja immer wieder auszubrechen und neue Dinge zu machen und so, ja, also der Wunsch und der Wille ist da. Wir scheitern nur immer mal wieder am System und na ja, so lange das so ist, wissen wir noch nicht so genau, wie das jetzt mit dem Podcast hier weitergeht. Also wir wollen ihn nicht aufgeben. Es ist nur so, dass es wahrscheinlich noch unregelmäßiger wird mit den Folgen.

Gleichzeitig bin ich aber dabei wieder eine neue Online Community aufzubauen. Also da wird was kommen. Es gab so ein paar technische Hürden, die ich jetzt aber genommen habe und jetzt geht es darum, das erst noch soweit schön vorzubereiten und so. Ich weiß noch nicht - wie gesagt, Zeit ist das große Thema - wie schnell das vorangehen wird. Wenn du den Newsletter abonniert hast und oder Steady Unterstützer·in bist, werde ich dich automatisch auf diesem Weg informieren, wenn ich soweit bin. Und ansonsten werden wir sicherlich irgendwann auch eine Podcastfolge machen, wo wir dann sagen: Hey, es gibt jetzt diese Community. Ich bin da schon einige Schritte weitergekommen. Es wird sie auf jeden Fall geben und sie wird noch viel datenschutzfreundlicher sein als die vorherige Community, weil sie selbst gehostet ist usw und so fort. Aber jedenfalls: da kommt noch was und da wird es dann auch wieder mehr Gemeinschaft geben und so, aber das jetzt nur so am Rande. Erst mal so als Aussicht, damit du Bescheid weißt, warum es jetzt hier so ist, dass wir nicht mehr so regelmäßig Podcastfolgen veröffentlichen.

Carsten In diesem Sinne.

Stefanie In Hamburg sagt man Tschüss.

Carsten Und auf Wiederhören.

Folge 288 - Wie negative Nachrichten unser Denken beeinflussen

Ein Beitrag

Wie negative Nachrichten unser Denken beeinflussen

Zu viel Negativität kann uns krank machen. Und das auch, wenn wir eigentlich positiv eingestellt sind und gut für uns sorgen.

Das durfte ich während meines letzten Bildungsurlaubs erfahren, den ich für die VHS Hamburg gegeben habe.

Eigentlich wollte ich dieses Erlebnis gar nicht öffentlich teilen. Dann ist mir aber das Buch "Wie wir die Welt sehen" von Ronja von Wurmb-Seibel in die Hände gefallen und ich habe meine Meinung geändert.

Ich habe erkannt, dass meine Erfahrung kein bedauerliches Einzelschicksal ist, sondern symptomatisch für die Art, wie wir Nachrichten konsumieren.

Deshalb geht es in dieser Folge darum, wie negative Nachrichten unser Denken beeinflussen und wie wir damit umgehen können.

Carsten hat erlebt, wie wohltuend "Nachrichtenfasten" ist und stellt das als eine Option vor. Weitere Möglichkeiten ergänzen wir aus dem Buch von Ronja von Wurmb-Seibel.

Links zur Folge

Buch „Wie wir die Welt sehen“ von Ronja von Wurmb-Seibel
https://www.vonwurmbseibel.com/neues-buch/

Mein Buch "Dein Reisebuch für das Leben in einer nicht-veganen Welt."
https://von-herzen-vegan.de/gelassen-vegan-leben-dein-reisebuch

Projekt "Zukunftsbilder" der Scientists4Future
https://de.scientists4future.org/zukunftsbilder/

Quizmöglichkeit 1 [EN]
https://www.gapminder.org/

Quizmöglichkeit 2 [EN]
https://www.ipsos.com/en/perils/perils-perception-take-quiz

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Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Du fragst dich vielleicht, warum es jetzt schon vier Wochen her ist, dass du das letzte Mal von uns gehört hast in Form einer Podcastfolge. Vielleicht liest du ja auch, aber jedenfalls, warum es schon so lange her ist, dass wir die letzte Podcastfolge veröffentlicht haben. Und auch wenn du dich das nicht fragst, darfst du gerne weiter hören oder lesen. Denn es wird nicht nur darum gehen, denn das ist nur der Auftakt.

Und zwar habe ich, nachdem die letzte Podcastfolge veröffentlicht wurde, einen Bildungsurlaub gehalten. Da habe ich mich sehr stark darauf vorbereitet. Es war so eine Art Fortsetzung geplant von meinem bisherigen Bildungsurlaub, den ich für die VHS konzipiert hatte. In dem vorherigen Bildungsurlaub ging es darum: Wie kann ich als Einzelperson jetzt aktiv fürs Klima werden, wenn ich vorher eigentlich noch gar nicht so viel Wissen habe und nicht so ganz genau weiß, wo ich anfangen soll? Also wirklich so die Basics. Was sind die größten Wirkhebel in den Bereichen Ernährung, Mobilität, Konsum und Wohnen? Also alles auf den Privathaushalt bezogen. Was kann ich da tun? Und dann natürlich auch die große Frage ökologischen Fußabdruck reduzieren, politischen Handabdruck dann maximieren: Wie kann ich das tun? Das war so der Inhalt von dem bisherigen Bildungsurlaub.

Und jetzt hatte ich eine Fortsetzung dazu geplant, die auf dem Wissen dieses bisherigen Bildungsurlaubs basiert. Also entweder hast du den Bildungsurlaub schon gemacht oder du weißt so, das sind die größten Wirkhebel in diesen Bereichen, was ich gerade schon nannte. Also du hast zumindest so ein Basiswissen quasi wie wenn du eine Sprache lernst. Da wird das ja auch unterteilt in verschiedene Stufen, in denen du das lernen kannst. Wenn es dann Stufe A1 gibt, dann gibt es auch Stufe A2 - teilweise, manchmal ist es auch A1 und dann direkt B1 oder so - also jedenfalls, du hast dieses Grundwissen Stufe A1 schon erlernt und jetzt kommt Stufe A2.

Und ich hatte viel auch vorbereitet im Sinne von Träumen von einer klimagerechten Zukunft und hatte mich mit den Texten des Projekts Zukunftsbilder von den Scientists4Future noch mal beschäftigt. Hatte da passende Texte rausgesucht. Es sollte um die Themen Demokratie, Arbeit und Mobilität als Schwerpunkte gehen. Und generell: Wie kann ein gutes Leben für alle Lebewesen auf diesem Planeten aussehen und wie kommen wir dann dahin? Was gibt es schon? So dass wir da ein gemeinsames Bild zeichnen. Und in dieser Woche - der Bildungsurlaub, den ich konzipiert habe, dauert immer fünf Tage und da sind wir dann von 9 bis 16:00 Uhr jeweils beschäftigt - wollte ich innerhalb dieser Zeit von montags bis freitags dann ein großes Bild gemeinsam zeichnen und dann den Weg quasi gemeinsam zu gehen um zu gucken okay, ich stehe jetzt hier in der Gegenwart, wie komme ich jetzt dahin, in diese Zukunft, die ich mir erträumt habe? Das war so das Konzept.

Dann war es so, dass es bei der VHS eine Mindestteilnehmenden-Zahl gibt, mit der erst so ein Kurs zustande kommt. Und diese Mindestteilnehmenden-Zahl war eigentlich gar nicht erreicht. Aber weil der Inhalt des Kurses thematisch gerade so wichtig ist, hat die VHS bei mir eine Ausnahme gemacht und gesagt okay, fünf Teilnehmende reichen. Eigentlich sollten es zehn sein und ich hatte auch mit mindestens zehn Teilnehmenden geplant. Denn je mehr Menschen bei so einem Konzept mitmachen, desto vielfältiger wird natürlich das Bild, was wir zeichnen können, desto diverser sind die Meinungen und die Erfahrungen, die da hineinfließen. Aber ich dachte okay, auch fünf Menschen können da schon mitmachen und vielleicht hörst du schon ein wenig, wie diese Geschichte wohl ausgehen wird? Mal schauen.

Jedenfalls bin ich mit dieser Einstellung in den Kurs gegangen, musste dann montags feststellen, dass da irgendwas schief gelaufen ist, denn von diesen fünf Teilnehmenden war genau ein Teilnehmer dabei, der wirklich genau in mein Konzept passte. Dann zwei, die offen waren dafür, aber eigentlich noch nicht so das Basiswissen hatten und zwei, die überhaupt nicht offen für das Konzept waren und auch kein Basiswissen hatten. Und damit war es sehr sehr schwer zu arbeiten. Das ganze Konzept, also meine ganze Didaktik, alles, was ich mir überlegt hatte für diesen Kurs, funktionierte mit diesen Teilnehmenden überhaupt nicht, weil sie einfach sich nicht darauf einlassen konnten aufgrund dessen, dass sie irgendwie was ganz anderes erwartet haben.

Ich weiß nicht, wie dieses Missverständnis zustande gekommen ist. Ich hatte am Ende einfach auch keine Energie mehr nachzufragen, wo das Problem lag. Da ich aber auch nicht vorhabe, diesen Bildungsurlaub noch mal zu halten und ich auch schon ein ganz anderes Konzept wieder entwickelt habe, habe ich dann letztlich diese Frage zurückgestellt und mir gedacht okay, ich brauche sie nicht zu beantworten. Und darum soll es hier auch gar nicht gehen, sondern tatsächlich um dieses Erlebnis, was ich hatte, in dieser Woche und was das bei mir ausgelöst hat.

Und dann hat sich diese Ausgangssituation, dass zumindest ein Teilnehmender dabei war, zu dem das Konzept des Kurses passte, noch mal verschärft, weil dieser Teilnehmende nach zwei Tagen nicht mehr wiedergekommen ist. Er ist krank geworden und war die letzten drei Tage nicht mehr mit dabei, sodass es dann nur noch vier Teilnehmende waren. Und wie gesagt, ich hatte den Kurs für mindestens zehn Teilnehmende konzipiert und jetzt hatte ich da ein, sagen wir mal, Ungleichgewicht mit den zwei Personen, die sehr sehr negativ eingestellt waren und zwei Personen, die eher so ein bisschen unsicher und zwar eigentlich offen, aber nicht so 100% offen für dieses Konzept waren.

Und das war die Grundsituation in diesem Kurs. Also quasi Thema verfehlt und Menschen, die nicht wirklich offen dafür waren, für Veränderung oder irgendwie was Neues zu lernen, sondern eher so Hm, was kann ich denn jetzt noch im Kleinen für mich vielleicht an so kleinen Stellschrauben drehen? Oder generell sich zu fragen, warum passiert eigentlich so viel Schlimmes in der Welt und wer ist daran schuld? So und das war so eine Grundstimmung, die ich natürlich nicht haben wollte. Alle vier hätten sehr gut in den bisherigen Bildungsurlaub gepasst. Und deswegen habe ich dann versucht, auch die Inhalte so anzupassen, dass sie zu meinen Teilnehmenden passten. Nur bin ich beim Bildungsurlaub auch verpflichtet, weil er bei der Stadt angemeldet wird bzw beim Bundesland - hier in Hamburg ist ja Bundesland gleich Stadt - mich an den Lehrplan zu halten und hab da nicht so viel Spielraum. Ich habe aber immer versucht das wirklich weitestgehend anzupassen an die vier Menschen die da bei mir im Kurs waren, damit alle irgendwie was davon mitnehmen können.

Warum erzähle ich das jetzt hier eigentlich alles? Das soll jetzt hier keine Lamentierrunde werden oder irgendwie so „ich jammere dir was vor“ oder irgendwas, sondern mir geht es wirklich darum was hat diese permanente Negativität, die ich fünf Tage lang da ertragen musste, mit mir gemacht? Normalerweise ist das so, dass ich in den Kursen und auch generell in Gruppen einen sehr positiven Raum aufhalte. Ich mache das ganz bewusst, durch die Art und Weise, wie ich mit den Menschen rede, wie ich sie interagieren lasse, wie sie miteinander in Kontakt kommen durch die Inhalte, die ich da bespreche. Durch all das und wie ich mit diesen Menschen dann umgehe, baue ich eine Vertrauensbasis auf, in der sich die Menschen öffnen können, die in meinen Gruppen sind. Und ich habe jetzt mittlerweile auch über die Jahre Erfahrungen gesammelt und bekomme eigentlich immer positives Feedback dazu, dass es so eine tolle Gruppendynamik ist und so eine tolle Gruppenerfahrung, dass ich weiß, dass ich das kann. Und das ist aber was, wo ich wirklich all meine Kraft reinstecke und all mein Herzblut, das ich da in dieser Woche ein wirklich tolles Erlebnis schaffen möchte.

Jetzt hatte ich diese Sondersituation, dass dann am ersten Tag, wie ein Schlag ins Gesicht, ich gemerkt habe diese Menschen, die da sitzen, die erwarten ganz andere Inhalte und die sind nicht offen für die Inhalte, die ich konzipiert habe für diesen Kurs. Das heißt, ich kann nicht so mit ihnen arbeiten, wie ich das eigentlich wollte. Und ich muss jetzt irgendwie gucken, wie ich das hinbekomme. Den Teilnehmenden fehlen einfach Basisinformationen und sie sind einfach einige wichtige Schritte noch nicht gegangen, die sie hätten gehen müssen, um von diesem Kurs zu profitieren. Das war so der erste Punkt und der zweite war diese ständige Negativität von diesen zwei Personen, die da im Kurs waren, die zu fast allem, was ich vorgestellt habe und fast allem, was ich genannt habe immer wieder was Negatives gesagt haben, also jedes Mal ein „Ja aber“ kam oder „Das kann nicht sein“ oder „Warum ist das denn so? Warum macht denn niemand was?“ und „Ich kann eh nichts ändern“ und „es ist sowieso zu spät“ und „erst mal die anderen“ usw. Also diese Standardsätze eigentlich, gegen die wir im Laufe des Kurses auch angehen wollten.

Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass diese Menschen nicht in diesem Kurs sitzen, sondern in dem Kurs Menschen sitzen, die mit solchen Menschen umgehen lernen wollen. Und das ist natürlich besonders perfide, denn ich kann dann diese Beispiele natürlich nicht nehmen, indem ich sage: Schau dich mal selbst an, wie bist du denn so und wie könntest du damit umgehen, wenn du andere Menschen deines Typs triffst? Also von daher gab es da bestimmte Herausforderungen was das anging und ich musste komplett umdisponieren.

Und wie gesagt, ich stecke all meine Kraft in diesen Kurs und ich kann, wenn da nur eine Person sitzt und immer mal wieder solche Kommentare abgibt und das eine größere Gruppe ist, damit gut umgehen, weil es dann nur eine Person ist. Hier waren es aber dann am Ende nur noch vier Personen und die Hälfte davon negativ eingestellt. Das heißt also das Ungleichgewicht war sehr groß, weswegen dann auch die ganze Gruppe schnell immer in diese Negativspirale rein gefallen ist.

Und das Ganze hat sich dann so hochgeschaukelt über die Tage, dass ich am Donnerstag gegen Mittag einen Nervenzusammenbruch hatte und mir die Tränen kamen und ich dann den Raum verlassen musste, weil mich diese Negativität so fertiggemacht hat. Es war wirklich ein dreieinhalbtägiges Bombardement von Negativität, dem ich die ganze Zeit ausgesetzt war und wo ich immer versucht habe dagegenzuhalten, die Personen irgendwie wieder ins Positive umzustimmen, was jedes Mal nicht geklappt hat und immer wieder ungläubige Blicke und was auch immer dann kamen. Und in diesem Moment konnte ich nicht mehr. Ich konnte einfach nicht mehr. Mir kamen die Tränen und dann habe ich gesagt: okay, ihr macht jetzt Pause. Und bin dann rausgegangen, hab die Tür zugemacht, bin zur Toilette gegangen und hab da erstmal geweint.

Ich habe eine Viertelstunde geweint und ich habe wirklich lange überlegt, ob ich das hier überhaupt erzähle. Und wie gesagt, es geht mir nicht um Nabelschau oder so oder dass du Mitleid mit mir haben musst als Hörer·in, sondern ich denke, dass du tatsächlich von meinem Erlebnis auch profitieren kannst, indem ich das einmal erzähle. Tatsächlich bin ich stolz auf mich, dass meine eigene Systematik, die ich ja in Form eines Buchs auch schon veröffentlicht habe - mein eigenes Hilfskonstrukt Konzept geklappt hat. Denn nach dieser Viertelstunde, wo ich dann tief in meinen Bauch geatmet habe, also die Poweratmung gemacht habe, dann auch alles angespannt habe, also so Notfallübungen gemacht habe, konnte ich wieder einigermaßen gefasst in den Raum reingehen. Ich habe dann für mich beschlossen - es war kurz vor Mittag, eigentlich hätten wir noch irgendwie eine Viertelstunde machen müssen oder eine halbe – dass wir jetzt einfach eine längere Mittagspause machen.

In der Pause hab ich mich da quasi im Raum eingeschlossen und hab mir ein paar lustige Videos angeguckt, habe mich mit anderen Dingen beschäftigt und hab meine Power ups gemacht und ich bin echt super stolz auf mich, dass das alles so gut geklappt hat. Ich konnte am Nachmittag dann weitermachen und wirklich einfach mein Programm durchziehen, sage ich mal und das war für mich eine Bestätigung dafür, dass mein Konzept funktioniert. Also jetzt nicht das Kurskonzept, sondern die Power ups und alles, was ich drumrum entwickelt habe. (Weitere Übungen findest du auch im Von Herzen Vegan Podcast. Da habe ich das ja alles sehr stark thematisiert und ich verlinke auch noch mal das Buch. Also falls du da noch mal schauen möchtest, findest du den Link hier, wenn du den Text liest oder in den Shownotes.)

Am Nachmittag ging es dann auch um Klimakommunikation und da konnte ich sogar dann meinen Zusammenbruch noch mit einbauen, weil ich gesagt habe, es ist auch okay rauszugehen. Es ist auch okay, mal nicht auf alles eine Antwort zu haben und es ist völlig in Ordnung, nicht die ganze Zeit fröhlich und entspannt zu sein. Gefühle sind dazu da gefühlt zu werden. Und wie gesagt, du darfst auch den Raum verlassen. Hab dann nochmal gesagt das war natürlich alles nur eine Showeinlage ist klar. Also alles nur für euch, damit ihr das lernt. So konnte ich dann den Tag einigermaßen abschließen. Freitag habe ich dann so geplant, dass es für die Teilnehmenden am passendsten war und dann war die Woche auch schon vorbei.

Und ich hab danach gemerkt, wie dann meine Energie wich. Also ich irgendwie gar nichts mehr konnte. Ich bin am Wochenende noch mit Carsten viel rausgegangen und montags bin ich dann krank geworden und dann war ich erst mal eine Woche krank. Und zunächst auch mal so richtig lethargisch. Also dass ich irgendwie gar nichts mehr machen konnte. Bis mir dann aufgegangen ist, dass es wirklich an dieser geballten Negativität lag, der ich ausgesetzt war über die Woche hinweg. Normalerweise konsumiere ich nämlich Nachrichten zum Beispiel nur zu bestimmten Zeitpunkten und schaue mir nicht ständig Nachrichten an - also Nachrichten im Sinne von Tagesschau oder solche Sachen, nicht Nachrichten im Sinne von mir schreibt jemand was, wie Briefe oder so. Und mir ist einfach bewusst geworden, dass diese eine Woche, dieses permanente Bombardement mich so ausgefüllt und so ausgebrannt hat, dass ich erst mal wieder auftanken musste.

Und das habe ich jetzt einfach in den vergangenen Wochen getan, hab weiter aufgetankt und dann - es gibt ja eigentlich keine Zufälle - ist mir ein Buch quasi in die Hände gefallen. Eigentlich habe ich das als Hörbuch gehört, es ist nicht direkt in die Hand gefallen, aber ich habe es rausgesucht, habe dieses Buch mir jetzt angehört und habe dann gemerkt: okay, ich sollte diese Geschichte tatsächlich erzählen, denn es ist kein Einzelschicksal. Das bin nicht Ich, die da irgendwie falsch ist oder die alleine dieses Problem hat mit diesen negativen Nachrichten und der Negativität, die mich fertig macht. Sondern das ist ein Phänomen, was viele betrifft und was uns alle im Alltag betreffen kann. Und ich habe dieses Buch im Schnelldurchlauf jetzt noch zu Ende gehört, auf x2,0, damit wir das noch einfach hier mit besprechen können. Also nicht direkt besprechen, aber damit ich weiß, okay, darum geht es und ich kann es dir auf jeden Fall empfehlen.

Und jetzt willst du natürlich wissen, welches Buch das ist. Und zwar ist das das Buch „Wie wir die Welt sehen“ von Ronja von Wurmb-Seibel und es hat den Untertitel „Was negative Nachrichten mit unserem Denken machen und wie wir uns davon befreien.“ Und das Buch ist im Februar 2022 erschienen. Es ist nicht super alt, aber es ist auch nicht jetzt gerade erschienen. Und tatsächlich hat mir das Buch geholfen, mein Erlebtes noch mal einzuordnen, weil ich gemerkt habe, wie gesagt, dass das kein Einzelschicksal ist und dass es wichtig ist, auch darüber zu sprechen, was negative Nachrichten mit uns machen. Und wenn ich dieses Buch vor dem Bildungsurlaub gelesen oder gehört hätte, hätte mir das tatsächlich geholfen. Das heißt, dieses Buch ist auf jeden Fall eine Empfehlung. Eigentlich ist es eine generelle Leseempfehlung, aber vor allem wenn es dir auch so geht mit negativen Nachrichten wie mir. Und wenn du das Gefühl hast, dass dein Fokus so sehr ins Negative driftet oder du von Menschen umgeben bist, deren Fokus ins Negative driftet, dann solltest du dieses Buch auf jeden Fall lesen. Dann ist es sehr, sehr hilfreich. Da sind ganz viele Tipps drin, wie du damit umgehen kannst.

Und die Autorin hat da auch eine Art Formel entwickelt, die sie „Scheiße plus X“ nennt. Die Scheiße sind die negativen Nachrichten und die Autorin sagt, dass Berichterstattung generell ein Plus X enthalten sollte, nämlich Lösungsansätze, wie wir denn mit dieser Scheiße umgehen können. Wenn wir jetzt bei Ajahn Brahm bleiben, ist es vielleicht auch so wie diese buddhistische Geschichte, dass du den Mist, der vor deiner Tür abgeladen wurde, kompostierst und daraus einen wunderschönen Garten machst, der Früchte trägt usw und so fort. Das ist dann die Lösung. Aber sie meint in diesem Fall auch, dass wir nicht nur über negative Dinge schreiben sollen, sondern auch schreiben, wie Menschen damit umgehen oder wie sie das herausgefunden haben oder oder oder oder.

Also wie zum Beispiel der Film Tomorrow. Da werden ja auch jede Menge Lösungen gezeigt. Da wird zwar am Anfang auch gesagt: Hey soundso sieht es aus, die Hütte brennt, aber es gibt schon ganz viele Menschen, die schon Lösungen entwickelt haben, wie wir damit umgehen können, also wie wir auf diesem Planeten klimagerecht leben können. Und so sollte es sein, dass wir nicht nur die ganze Zeit negative Nachrichten konsumieren, in denen nur gesagt wird „das und das ist schlecht“, sondern, dass es auch darum geht okay, das und das ist schlecht und so können wir es ändern. Und hier gibt es Beispiele, wie das schon geändert werden kann. Hier gibt es Beispiele von Menschen, die das und das schon geschafft haben. Und so weiter und so fort.

Und konkret jetzt auf den Bildungsurlaub bezogen, diese Situation, in der ich war, schreibt die Autorin in ihrem Buch: „Fragen sind auch dann ein gutes Mittel, wenn wir merken, dass sich ein Gespräch in Negativität festfährt. Jemand schimpft seit 15 Minuten über eine Situation, einen Menschen oder die ganze Welt. Manchmal reicht schon eine einzelne Frage, um das Gespräch in eine andere Richtung zu führen. Was läuft gut momentan? Wodurch wurde dein letzter Lachanfall ausgelöst? Worauf freust du dich diese Woche?

Eine Freundin von mir ist ausgesprochene Expertin in dieser Art zu fragen. Einmal war ich dabei, als ein Mann ihr von Beziehungsproblemen mit seiner Frau erzählte. Das Gespräch war nicht ausgesprochen tiefgründig, er redete eher vor sich hin, doch seine Aussagen wurden von Satz zu Satz düsterer. In einem kurzen Moment der Stille fragte meine Freundin Und was liebst du an deiner Frau? Der Mann begann zu erzählen, wie sicher er sich bei ihr fühle und wie sehr es seiner Frau gelänge, mit seinen Macken umzugehen. Mit einem Mal hatte sich das Gespräch komplett gedreht. Anstatt im Plauderton über seine Frau zu schimpfen, erzählte er offen von seinen eigenen Schwächen. Er zeigte sich verletzlich und wir lernten eine komplett neue Seite von ihm kennen. Beinahe war es, als würde ein anderer Mensch reden.

Wie gesagt, meine Freundin hat ein Talent für diese Art Fragen. Sie stellt die Fragen nicht, sie zaubert mit ihnen. Ich wurde noch öfter Zeugin, wie es ihr innerhalb von Sekunden gelang, ein deprimierendes Gespräch in eine ehrliche, irgendwie positive Unterhaltung zu verwandeln. Beim Versuch, es ihr gleichzutun, merkte ich schnell, dass es wohl Übung braucht, um ihre Technik so mühelos anzuwenden. Aber auch wenn ich die Fragen holpriger, unbeholfener und weniger zielsicher stellte, gaben sie Gesprächen eine neue Richtung. Nicht nur, dass sie sich weniger destruktiv entwickelten, ich lernte auch die Menschen, mit denen ich sprach, auf eine neue Art kennen.

Das Gleiche gilt für politische Diskussionen. Auch hier können wir fragen: Was hat besonders gut funktioniert? Welche Schritte müssen passieren, damit sich eine Situation ändert? Und schon nimmt das Gespräch einen anderen Lauf. In vielen Fällen ist es tatsächlich so einfach. Die Schwierigkeit besteht nicht darin, unsere Aufmerksamkeit umzulenken. Die Schwierigkeit besteht darin, dass wir schnell wieder vergessen, wie sehr unsere Aufmerksamkeit von Negativem angezogen wird.“

Das als Beispiel dazu, was du tun kannst, wenn du in solche Situationen gerätst. Ich habe gemerkt, dass dieses Dauerfeuer einfach fünf Tage von morgens neun bis nachmittags um 16:00 Uhr mit Negativität beschossen werden und immer wieder versuchen, den positiven Raum aufzuhalten. Dass das tatsächlich das war, was mich so fertig gemacht hat und was mir wirklich die Energie geraubt hat. Dieses permanente Dauerfeuer, keine Pause, sondern wirklich die ganze Zeit über immer wieder dem standhalten zu müssen.

Und die Autorin gibt sonst auch noch sehr viele weitere Tipps. Also wie gesagt, ich empfehle dir auf jeden Fall das Buch, liebe Hörer·in, da noch mal weiter einzusteigen, wenn du dann noch mehr Tipps brauchst. Was sie auch alles schreibt, ist das, was wir hier im Podcast und generell einfach auch schon immer gesagt haben: Was Carsten und ich abends auch machen, Dankbarkeit und positive Dinge erzählen, worauf wir stolz sind, was wir geschafft haben. Immer wieder den Blick weg von der Scheiße, wenn wir bei der Formel bleiben, hin zum X oder zu den kleinen positiven Dingen lenken. Und das ist einfach etwas, was Zeit braucht, was immer wieder geübt werden muss, was ja wie ein Muskel trainiert werden muss, wie eine Sprache oder was auch immer ich lerne. Wenn ich da nicht drin bleibe und das nicht übe, dann verlerne ich es wieder.

Trotzdem hat das keine Nachrichten konsumieren auch irgendwie so ein Stigma. So von wegen ich bin nicht informiert genug und oder ich bin irgendwie desinteressiert am Weltgeschehen oder so was. Und deswegen denke ich, machen die meisten von uns das ja auch, dass wir versuchen immer informiert zu bleiben, um nicht diesem Stigma zu erliegen. Und deswegen leite ich jetzt über zu Carsten, der nämlich in der Vergangenheit, bevor er diese einschneidende Erfahrung gemacht hat, in den letzten Wochen, auch täglich Nachrichten konsumiert hat.

Carsten Genau so und damit implizierst du ja, dass ich das gerade nicht mehr tue. Und das ist tatsächlich so Ich bin vom Saulus zum Paulus geworden oder andersrum, je nachdem wie man es sehen möchte.

Stefanie Ja, erzähl doch erst mal wie es vorher war.

Carsten Ja, ich habe im Grunde genommen genau das gemacht, was du auch gerade schon gesagt hat. Ich wollte einfach irgendwie anschlussfähig bleiben. Ich wollte auch am Weltgeschehen teilnehmen und wissen, was passiert eigentlich in der Welt? Das heißt, ich habe viele von den täglichen Pausen genutzt, um mal schnell auf dem Handy irgendwelche Nachrichtenseiten anzuschauen. Ich hab da so meine drei, vier Nachrichtenseiten, um so die klassischen Medien mit im Blick zu behalten und hab aber auch, was soziale Medien betrifft, bei Mastodon geguckt. Ich bin, wie gesagt, auch in den kleinen Pausen, dann kurz in die Küche gegangen, Kaffee gezogen, Tee aufgekocht, Toilettenpause - wo man dann teilweise einfach mal so aus dem Arbeitsalltag rausgeht und dann einfach mal ein paar Minuten Zeit hat - Das war eigentlich so das ganz Normale, mit dem ich versucht habe, so auf dem Laufenden zu bleiben.

Und seit zwei Wochen ist da Ruhe. Also auch richtig schöne Ruhe. Also ich mache es einfach nicht. Bedingt dadurch, dass ich jetzt vor zwei Wochen angefangen habe meine Permakultur Ausbildung zu starten, den sogenannten 72 Stunden Kurs, und da fand die erste Kurswoche in dem Ökodorf Sieben Linden statt und das ist ein ganz besonderer Ort in vielerlei Hinsicht. Zum einen ist dort die Handynutzung nicht so gern gesehen. Es wird drum gebeten, die Handys auf Flugmodus zu schalten oder auszuschalten, während man im Dorf ist, Handygespräche tatsächlich nur am Ortsrand zu führen. Und es gibt auch kein WLAN. Es gibt Internet in dem Dorf, in den einzelnen Zimmern, zum Beispiel im Gästehaus, wo ich übernachtet habe, gibt es Netzwerk-Steckdosen. Das heißt also Menschen, die dann ihren Laptop mitnehmen, können dann quasi da über ganz normale Kabelverbindungen ins Internet. Aber ich hatte keinen Laptop dabei.

Ich habe auch so schon gemerkt, dass der ganz normale Handyempfang eher mäßig bis schlecht war und habe mich dann eigentlich in der Woche dazu entschlossen, einfach überhaupt gar keine Internetseiten zu konsumieren. Das was ich so gemacht habe, war ab und an mal nach Hause zu funken, über den Messenger mal zu sagen Hallo, mir geht's gut und bin angekommen Oder hier mal ein Foto von einem schönen Ausblick. Aber ansonsten habe ich tatsächlich überhaupt nichts im Internet konsumiert und hab das auch beibehalten. Das heißt also, jetzt bin ich seit einer Woche zu Hause und finde das total entspannend, nicht up to date sein zu müssen. Es ist wirklich so eine schöne Ruhe, die sich eingestellt hat bei mir und genau diese kleinen Pausen, wo ich damals mal gedacht habe: Oh, jetzt hast du ja mal so fünf Minuten Zeit, jetzt guckst du noch mal schnell. Das sind jetzt die Pausen, wo ich merke, da kann ich meine Gedanken schweifen lassen.

Komischerweise war das ja das, was mir, als ich noch aktiv Nachrichten konsumiert habe, am meisten gefehlt hat im Alltag. Dass ich immer den Eindruck hatte: Boah, ich habe eigentlich gar nicht die Zeit, mal wirklich so einfach gedankenverloren die Welt wahrzunehmen, Sachen mal zu überdenken. Gedanken schweifen zu lassen, zu reflektieren oder mal zur Ruhe zu kommen, den Gedanken zu lauschen. Und ich hätte im Grunde genommen damals schon die Zeit gehabt, ich hätte nur nicht im Internet unterwegs sein müssen. Und jetzt nehme ich das als sehr wohltuend wahr, dass ich dann tatsächlich diese Ruhepausen habe und bin auch viel entspannter und erleichterter dadurch, dass ich mir diese Zeit gönne und gerade nicht aktiv irgendwas konsumieren muss.

Stefanie Es könnten ja manche sagen okay, aber gar keine Nachrichten mehr konsumieren, das will ich jetzt auch nicht. Und da hat die Ronja von Wurmb-Seibel in ihrem Buch einige Tipps dazu. Sie sagt auch nicht Du sollst nie wieder Nachrichten konsumieren, sondern es kommt darauf an, wie du damit umgehst. Sie empfiehlt auch genau das, was Carsten gemacht hat. Nicht mehr jeden Tag, in jeder freien Minute, mal schnell, irgendwie mal kurz irgendwo was gucken, sondern das gezielt zu machen, sich entweder täglich ein bestimmtes Zeitfenster einzuräumen, in dem nur dann wirklich gezielt nach Nachrichten geschaut wird, dann aber auch diverser. Also nicht nur eine Quelle, sondern zu versuchen dann zu einem Thema verschiedene Quellen zu sehen und / oder als Alternative dann vielleicht einmal die Woche die Zeit anzusammeln, die du sonst täglich nutzen würdest, um dich dann in ein Thema zu vertiefen. Weil es ja genau das ist, was diese Negativität und auch diese Negativitätsspirale dann auch bedingt oder befeuert. Wenn ich alles nur so ganz kurz anreißt, dann habe ich überhaupt gar keine Möglichkeit, da weiter in die Tiefe zu gehen. Und dann nehme ich die Welt vielleicht auch wieder viel negativer wahr, als sie eigentlich ist.

Carsten Ja, das stimmt. Also das kann ich für mich jetzt in den vergangenen zwei Wochen tatsächlich so bestätigen. Ich hatte jetzt im Nachgang festgestellt, dass so bestimmte Entwicklungen wie z.B. die Letzte Generation betrifft, die sind komplett an mir vorbei gelaufen. Etwas, was ich mir vorher nicht passiert wäre. Als ich noch aktiv konsumiert habe, war ich eigentlich so wirklich up to date, was das betrifft. Jetzt sind solche Sachen, die für mich ursprünglich sehr, sehr wichtig waren, so an mir vorbei gelaufen. Das habe ich aber gar nicht so als ärgerlich wahrgenommen, weil ich gemerkt habe, dass mich diese ganze Berichterstattung ja auch zu einem gewissen Teil in Anspruch nimmt, manchmal aufregt, also sogar sehr häufig aufregt.

Wie die Reaktion jetzt konkret über die Letzte Generation in den Medien stattfindet. Also dieses Bashing, was dort stattfindet, das regt mich auf und das nimmt mir aber letztendlich auch viel von meiner ja vielleicht auch Kreativität oder auch Energie. Ich kann das ganz schlecht bemessen. Ich weiß jetzt nicht wie anstrengend so ein normaler Tag mit Medienkonsum für mich vorher war, aber was ich jetzt im Kontrast wahrnehme ist, dass ich viel lösungsorientierter, viel positiver denke. Also ich mache mir mehr Gedanken darüber, was kann ich jetzt in der Welt gestalten, worauf habe ich jetzt eigentlich Lust, was will ich verändern? Und das sind so Gedanken, da hatte ich vorher gar keine Zeit dafür, weil ich die Zeit mit anderen Dingen, auch mit diesen negativen Facetten, mit der Auseinandersetzung mit dem, was so in der Welt passiert gefüllt hatte. Und diesen Freiraum, den fühle ich jetzt gedanklich tatsächlich eher so im positiven Sinne. So kommt es mir zumindest im Moment vor.

Stefanie Es ist ja auch dieser Fakt, dass wir eher auf Negatives gepolt sind und immer gucken wo ist der Tiger, wo ist die Gefahr? Und dann eher auch einfach von unserem Gehirn her danach schauen was könnte schlecht sein. Und deswegen ist es auch anstrengender dann bewusst auf das Positive zu gucken. Und wenn wir uns jetzt die ganze Zeit bombardieren lassen mit Negativität und negativen Fakten, negativen Nachrichten, dann sehen wir das ganze Positive überhaupt nicht mehr. Und dieses Phänomen habe ich auch während des Bildungsurlaubs erlebt. Eine Person von den beiden, die so sehr negativ eingestellt waren, hat gesagt, dass sie jeden Morgen das Morgenmagazin guckt und wenn sie zu der Zeit das nicht gucken kann, dann nimmt sie es auf. Es ist dieser Person sehr wichtig das zu gucken, was ja aber auch wieder dem unterliegt, dass ich informiert sein möchte. Das ist ja nichts Schlechtes, informiert sein zu wollen, sondern auch was Gutes. Nur, dass du da immer und immer wieder mit irgendwelchen Aufregern auf irgendeine Art dann bombardiert wirst.

Und da greift dann wieder diese Formel von Ronja von Wurmb-Seibel, die sagt Scheiße plus X. Also wenn du das Gefühl hast, nachdem du Nachrichten konsumiert hast, dass es dir schlechter geht, dann fehlte da höchstwahrscheinlich das X. Dann mach dich auf die Suche nach dem X. Was könnte das sein? Welche Lösung könntest du finden? Und da hat sie, wie gesagt, in ihrem Buch sehr viele Tipps dazu, wie du dich da auf die Suche machen kannst und auch eine Art Anleitung wie du Medien bzw Nachrichten positiver konsumieren kannst. Und auch noch mal, ich muss es immer wieder sagen, es geht nicht darum jetzt wirklich alles irgendwie positiv zu sehen. Es geht auch nicht darum alles schönzureden, sondern es geht wirklich darum, diesen Fokus vom Negativen wegzunehmen. Das Negative ist trotzdem noch da, aber es gibt auch was Positives und das geht immer unter, wenn wir nur das Negative sehen.

Und dazu hat die Autorin auch zwei Tests, Quizmöglichkeiten verlinkt - in dem eBook sind sie verlinkt, aber im Hörbuch natürlich nicht und im Buch auch nicht - aber es gibt diese Links, die werde ich auch hier in den Shownotes noch mal verlinken. Das ist ganz spannend. Carsten und ich haben das ein Quiz auch durchgemacht. Es gibt inhaltlich ganz viele Möglichkeiten, es ist allerdings fast alles auf Englisch. Das heißt wenn Englisch jetzt nichts für dich ist - ich habe noch kein deutsches Pendant gefunden - dann ist es leider keine gute Quelle für dich, aber wenn Englisch kein Problem ist, schau mal da vorbei. Da werden verschiedene Fragen gestellt, die von den meisten Menschen tatsächlich falsch beantwortet werden. Und wir greifen da jetzt einfach mal eine Beispielfrage raus.

Carsten In der Frage geht es darum herauszufinden, wie hoch der Gesamtanteil von Gas, Kohle und Öl an der weltweit verwendeten Energie ist. Und da gibt es drei Antworten zur Auswahl entweder ungefähr 40 % oder ungefähr 60 % oder ungefähr 80 %.

Stefanie Und du kannst ja mal kurz innehalten und überlegen, was du meinst. Ist es jetzt eher 40 % oder eher 60 % oder 80 %? Was denkst du, wie hoch ist der Gas, Kohle und Öl Anteil an der Gesamtenergie weltweit? Dann lösen wir mal auf.

Carsten Und es sind 80 %.

Stefanie Und wenn du jetzt die Frage falsch beantwortet hast, dann geht es dir wie 60 % der Menschen, die diese Frage schon beantwortet haben. Viele glauben tatsächlich, dass der Anteil an fossilen Energieträgern geringer ist, weil so viel über erneuerbare Energien gesprochen wird. Aber es ist gar nicht so und tatsächlich ist es auch so, dass von diesen verbleibenden 20 %, nicht alles erneuerbare Energie ist, sondern fast 10 % kommt davon, dass Pflanzen verbrannt werden, also Wald, Holz, Kohle und Müll, was dann natürlich auch wieder Rauch verursacht und das dann wieder zum CO2 in der Atmosphäre beiträgt, bis wieder neue Pflanzen dann so weit gewachsen sind.

Dann kommen da noch 5 % Nuklearenergie dazu und nur 6 % erneuerbare Energien, was sich aufteilt in jeweils 2 bis 3 % Wasser und 2 bis 3 % Wind und Solarenergie. Und das ist wirklich, wenn man überlegt okay, es sind nur 6 %, also das heißt, da kann noch einiges ausgebaut werden, da ist noch ganz viel Potenzial. Da ist es dann auch so. Ja, okay, wir können tatsächlich was bewirken, wenn wir gegen fossile Energieträger auf die Straße gehen oder wenn wir uns auf verschiedenste Art dagegen wehren und auch nicht nur dagegen sind, sondern aktiv uns daran beteiligen die erneuerbaren Energien auszubauen. Das jetzt als Beispiel.

Und so gibt es da in diesen Tests ganz viele verschiedene Fragen, die uns zeigen, dass wir die Welt meistens viel negativer sehen, als sie eigentlich ist. Das soll die Probleme natürlich nicht kleinreden, die es gibt. Nur ermöglicht es uns auf jeden Fall auch einen größeren Handlungsspielraum. Denn wenn wir denken, das Problem ist viel größer, als es eigentlich ist oder viel negativer, dann fühlen wir uns auch viel schneller ohnmächtig. So dass wir denken okay, es hilft sowieso nichts mehr, wir können eh nichts mehr tun. Und das ist genau der Zustand, in dem sich auch die beiden sehr negativ eingestellten Personen in meinem Bildungsurlaub befunden haben, die der Meinung waren na ja, wir können ja eh nichts mehr ändern. Und ich war mehrmals an einem Punkt, wo ich es einfach laut ausgesprochen habe. Das war kurz bevor ich mein Nervenzusammenbruch hatte, habe ich dann gesagt: Gut, dann lass uns jetzt den Bildungsurlaub hier beenden, wir können eh nichts machen, alles ist scheiße. Dann gehen wir jetzt nach Hause. Das war's dann. Warum seid ihr hier?

Und natürlich ist das jetzt hier keine Anschuldigung, dass diese beiden Menschen vor allem sehr böse, negative Menschen sind oder so was, sondern es ist ja unsere gesellschaftliche Gesamtkonstruktion und die Art und Weise, wie wir Nachrichten konsumieren und wie Nachrichten auch konzipiert sind, auf jeden Fall auch, was uns dazu bringt, dass wir so negativ denken. Also wie gesagt, es gibt einerseits die Art und Weise, wie negative Nachrichten so aufgebaut sind, dass da diese Formel nicht drin ist, dass das plus X zur Scheiße fehlt. Und zum anderen, dass unser Gehirn einfach darauf angelegt ist, dass wir eher das Negative sehen als das Positive. Und deswegen ist es so super super wichtig, dass wir da täglich trainieren gegen anzuhalten und dass wir uns immer auf die Suche nach diesem X machen. Bei den Nachrichten und generell bei allem was wir so recherchieren.

Da ist es tatsächlich dann auch oft hilfreicher, um auf dem Laufenden zu bleiben oder generell sich über ein Thema zu informieren, wenn du da ein Sachbuch dazu liest, zum Beispiel, weil das viel stärker recherchiert ist und viel stärker in die Tiefe geht oder ein Magazin zu diesem Thema. Also vielleicht etwas, was einen Themenschwerpunkt hat, wo dann eine Vielfalt von Artikeln zu einem Thema existiert oder oder oder. Also Dinge, die dann diverser sind als das, was wir so mal schnell nebenher konsumieren oder was vielleicht auch in einer Viertelstunde in den Nachrichten dann präsentiert wird, in irgendwelchen Schlagzeilen.

Carsten Oder aber auch der Umstand, dass ich vielleicht nicht unbedingt immer eine Meinung haben muss. Also ich neige auch dazu, im Alltag reflexhaft irgendwo eine Meinung äußern zu müssen. Tatsächlich gibt es aber ganz viele Themen, wo ich mich wirklich nicht inhaltlich so tief eingearbeitet habe, dass ich eine handfeste Meinung habe. Ich glaube immer eine Meinung haben zu müssen ist wirklich - mir kommt das wie so ein Reflex vor. Aber am Ende des Tages muss ich mir auch eingestehen, dass es vielleicht auch mal angebracht ist zu sagen: Hey, da habe ich noch keine Meinung. Ich habe mir meine Meinung nicht gebildet, weil ich mich mit dem Thema noch nicht so intensiv auseinandergesetzt habe, dass ich wirklich weiß, was das Thema betrifft oder mich noch nicht so wohlfühle, um wirklich alle Facetten, die für mich wichtig wären, um eine Meinung zu bilden, schon irgendwie konsumiert hätte. Das ist Königsklasse, da bin ich auch noch nicht. Aber ich habe auch den Eindruck, dass das auch ein ganz wichtiger Aspekt ist, um auch mit negativen Informationen umzugehen. Zu sagen: Hey, ja, nehme ich wahr, aber ich habe mich damit noch nicht beschäftigt, ich habe noch keine Meinung dazu.

Stefanie Das ist vielleicht auch irgendwie Übungssache, denke ich mir. Denn in meinen Kursen werde ich ja ständig nach meiner Meinung zu allen möglichen Sachen gefragt. Und bei manchen Sachen muss ich dann auch einfach sagen „Nee, sorry, habe ich keine Meinung zu, habe ich mich noch nicht darum gekümmert. Kann ich dir nicht sagen. Ich kann nur sagen vielleicht so so aber ich habe da einfach noch keine Meinung zu.“ Das ist dann einfach so und vielleicht ist es auch ganz individuell, wie wir damit umgehen. Das ist für dich als alter weißer Mann was anderes ist keine Meinung zu haben, als für mich als alte weiße Frau. Also von daher.

Carsten Ich sage mal ja.

Stefanie Wobei wir dazu sagen müssen alter weißer cis-Mann und alte weiße cis-Frau. Do müssen wir es noch genauer definieren. Ich versuche mir das jetzt alles anzugewöhnen, aber ich bin in diesem Bereich immer noch nicht sattelfest, was das angeht. Und sattelfest ist jetzt wiederum etwas, was ich eigentlich gar nicht sagen sollte. Wir nehmen mal Fahrradsattel, das ist doch viel besser.

Carsten Daran hatte ich auch gedacht.

Stefanie An was hab ich denn sonst gedacht? Ich habe immer an den Fahrradsattel gedacht.

Carsten Genau, wie kämen wir auf den Gedanken, uns irgendwelcher Tiere zu bemächtigen?

Stefanie Genau. Also Sprache. Sprache ist ein Thema, was uns noch lange begleiten wird. Genau. Also Vorstellungswelten. Guck mal, jetzt habe ich einen super Übergang. Ich habe die ganze Zeit überlegt, wie kann ich noch eine Überleitung schaffen zu einem anderen Thema, was mir wichtig ist, nämlich Vorstellungswelten, Geschichten erzählen. Und das ist genau das, womit tatsächlich dieses Buch von Ronja von Wurmb-Seibel auch endet. Sie fordert uns dazu auf, uns eine positive Zukunft zu erträumen in allen Facetten. Und natürlich geht es nicht darum, dass die Zukunft dann genau so auch Gegenwart werden wird, sondern dass dadurch einfach neue Möglichkeitsräume entstehen. Denn nur wenn wir uns etwas vorstellen können, kann das auch Wirklichkeit werden.

Ein Beispiel dafür ist nämlich genau das, was ich vorhin sagte: Ich muss mich als cis-Frau definieren, denn nur so kann es auch trans-Frauen geben. Und diese Menschen, also die trans-Frauen werden dann mitgedacht. Aber wenn es nur Frauen und Männer gibt in diesem binären System, dann ist da kein Platz für alles andere und die Vorstellungswelt ist überhaupt nicht da. Das ist jetzt nur ein Beispiel. Es gibt natürlich noch viele, viele, viele andere Möglichkeiten, diese Notwendigkeit der Vorstellungskraft zu illustrieren. Und wir sehen das auch daran, wie wir uns die Zukunft vorstellen. Ich habe das schon sehr oft genannt. Ich nenne es jetzt wieder, weil es in diesem Rahmen ja wieder genannt werden muss. Auf jeden Fall.

Wir können uns sehr gut negative Zukünfte erträumen. Darin sind wir super, aber positive Zukünfte können wir uns kaum erträumen. Es fällt uns sehr schwer, uns auszumalen, wie unser Alltag aussehen könnte, wenn wir den Wandel schaffen, wenn alles gut ausgeht, wenn wir ein gutes Leben für alle schaffen. Und das ist etwas, was wir trainieren sollten. Und mit jeder Geschichte, die wir erzählen, also jeder individuellen Geschichte, kommt da ein Puzzlestück hinzu zu dieser Welt, dieser Zukunft, dieser klimagerechten Zukunft, in der ein gutes Leben für alle möglich ist. Und wir brauchen ja wirklich alle dafür, damit wir uns diese Zukunft vorstellen können. Weil wir alle ein bisschen anders denken und alle irgendwie eine andere Wirklichkeit haben. Und deswegen ist es einfach so wichtig, dass wir unser Gehirn austricksen, diese Negativität überwinden und es schaffen, auch das Positive zu sehen.

Also nicht nur die Scheiße. Um jetzt noch mal auf Ronja von Wurmb-Seibel zurückzukommen, sondern auch das X und uns dann auszumalen, wie denn unser Alltag aussehen könnte, wenn wir es geschafft haben. Wenn wir uns wohl und sicher fühlen, wenn es uns gut geht und nicht nur uns persönlich, sondern auch allen Lebewesen auf diesem Planeten. Wie kann das aussehen?

Und jetzt nicht: „Ja, aber…“! Kein, wie Rob Hopkins das nennt, Pastsplaining. Sondern fröhlich in die Zukunft schauen. Versuch's zumindest. Das ist ein gutes Powerup, Tag zu träumen und dir diese Welt vorzustellen. Und ich bin wirklich dankbar dafür, dass das Buch so endet. Denn es bestärkt mich noch mal darin, dass ich mich auf diese Geschichten fokussieren kann. Und ich werde das auch in den nächsten Monaten weiter tun. Mal schauen, was sich daraus wird. Ich werde dich, liebe·r Hörer·in, da auch benachrichtigen, wenn sich da was Neues ergibt. Es gibt übrigens auch einen Newsletter, in den du dich eintragen kannst. Ich verlinke denn hier auch noch mal entweder direkt im Text kannst du ihn anklicken oder unter der Folge in den Shownotes kannst du auch schauen. Das heißt, da würdest du dann sofort informiert werden. Über kurz oder lang wirst du aber auch über den Podcast dann davon erfahren, wenn du dich nicht über den Newsletter eintragen möchtest. Also das nur nebenbei.

So, diese Folge sollte eigentlich wieder nur eine halbe Stunde dauern. Leider hat das mal wieder nicht funktioniert. Wir hoffen, dass du hier nicht nur die Scheiße mitgenommen hast, sondern auch das Plus X gefunden hast und empfehlen dir auf jeden Fall das Buch von Ronja von Wurmb-Seibel zu lesen. Wir haben es nicht als Rezensionsexemplar. Wie gesagt, ich habe mir das ausgeliehen als Hörbuch und als eBook und hab da dann einfach im Schnelldurchlauf das alles konsumiert. Carsten hat's auch noch nicht gelesen und wird es natürlich noch tun.

Carsten Genau.

Stefanie Großartig. Genau. Und dann bedanke ich mich noch mal bei all den Menschen, die uns über Steady finanziell unterstützen. Bei den Menschen die Transkripte Korrektur lesen. Da sind übrigens immer noch 200 offen. Also falls du da Interesse hast, Zeit investieren möchtest, dann bist du herzlich willkommen eine Folge Korrektur zu lesen. Und ja, bei den Menschen, die generell uns auf irgendeine Art unterstützen. Danke.

Carsten In diesem Sinne.

Stefanie In Hamburg sagt man tschüss.

Carsten Und auf Wiederhören.

Folge 287 - Klimakleber im historischen Kontext

Ein Beitrag

Folge 287 - Klimakleber im historischen Kontext

Ob Klima - RAF, Ökoterrorist·innen oder Moor-Taliban - von Aktivist·innen, die konsequent für die Rettung unserer Lebensgrundlage eintreten, wird aktuell schnell ein gewaltbereites, demokratiefeindliches Bild gezeichnet, das in keinem Verhältnis zu ihren Aktionen steht.

Gerade die sogenannten "Klimakleber" der Letzten Generation üben ausschließlich gewaltfreien, friedlichen Widerstand aus. Und auch die "Moor-Taliban" - in diesem Fall wurden Verteter·innen des Greifswalder Moorzentrums so bezeichnet - reden nur über Maßnahmen zur Wiedervernässung der Moore, um das Klima zu schützen. Sie setzen diese Maßnahmen keinesfalls gewaltvoll um.

Trotzdem diskutieren Menschen landesweit darüber, wie die Klimakleber die Gesellschaft spalten und sie der Klimabewegung mehr schaden als nützen.

Wir stellen dieses Phänomen in einen historischen Kontext und zeigen, dass auch bei früheren gesellschaftlichen Bewegungen, es immer wieder Aktionsformen gab, die eine ähnliche Reaktion hervorgerufen haben. Und dass es meist diese Aktionsformen waren, die letztlich der Bewegung zum Erfolg verholfen haben.

Links zur Folge

Buch "Wie man eine Pipeline in die Luft jagt - Kämpfen lernen in einer Welt in Flammen" Andreas Malm
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/wie-man-eine-pipeline-in-die-luft-jagt.html

Umfragen zur Bürgerrechtsbewegung in den 1960ern in den USA [EN]
https://news.gallup.com/vault/246167/protests-seen-harming-civil-rights-movement-60s.aspx

Studie zu den sozialen Kipppunkten [EN]
https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.1900577117

Soziale Kipppunkte im Klimawandel - Deutschlandfunk
https://www.deutschlandfunk.de/soziale-kipppunkte-klimawandel-100.html

Öffentliches Statement AnästhesistInnen/ NotärztInnen zu Aktionen der Letzten Generation:
https://yewtu.be/watch?v=0nnhYYssz4I

Musik: "A.W.M." und "Protest ist cool aber anstrengend" von Madsen

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Heute sprechen wir über ein Thema, über das wir eigentlich gar nicht sprechen wollten, nämlich über die sogenannten Klimakleber, also die Letzte Generation und ihre Protestformen. Allerdings wollen wir das in einen größeren Kontext setzen. Warum sprechen wir jetzt darüber? Ich bin in letzter Zeit tatsächlich persönlich öfter in Kontakt mit diesem Thema gekommen, in dem ich Menschen gehört habe, die darüber gesprochen haben oder wirklich persönlich angesprochen wurde und in Diskussionen zu diesem Thema verwickelt, weswegen ich jetzt dachte: Komm, wir haben da noch so ein Buch, was wir sowieso besprechen wollten, verbinden wir das eine mit dem anderen und sprechen jetzt nicht nur darüber, wie wir, Carsten und ich, persönlich über die Letzte Generation und ihre Protestformen denken, sondern setzen das sowohl in einen weiteren, als auch in einen historischen Kontext. Und erzähl doch mal kurz, um welches Buch es sich handelt.

Carsten Ja, das Buch kommt aus dem Jahr 2020, ist also gar nicht so alt und wurde von Andreas Malm geschrieben und trägt den provokanten Titel „Wie man eine Pipeline in die Luft jagt.“ Es hat den Untertitel „Kämpfen lernen in einer Welt in Flammen.“ Das Buch selber, das habe ich schon vor einiger Zeit mal irgendwo mitbekommen, dass es das gibt. Und der Titel hatte mich, warum auch immer, angesprochen und es liegt aber auch schon eine Zeit lang zurück, dass ich das Buch gelesen und rezensiert hatte. Also für mich rezensiert. Also nicht irgendwie öffentlich, sondern einfach mal niedergeschrieben, was für mich wichtig ist. Und im Rahmen dieser ganzen Thematik, die jetzt gerade so in der Medienlandschaft breitgetreten wird, fand ich das eigentlich ganz passend jetzt genau diese Verbindung zwischen dem, was mit diesen Klimaklebern und und wie sie alle diffamiert werden an Thematik zu verbinden und zu gucken was gibt es denn tatsächlich im Rahmen von Protest und Widerstandsbewegung noch zu berücksichtigen?

Stefanie Ja, schauen wir mal genauer hin: Was macht die Letzte Generation eigentlich? Im Grunde sind es Menschen, die sich an Dingen oder auf der Straße festkleben. Und was fordert die Letzte Generation? Ein Tempolimit auf der Autobahn, ein 9 € Ticket und einen Bürgerrat. Also es sind ja alles keine bahnbrechenden Dinge, die da gefordert werden. Es ist eigentlich etwas, was sowieso schon so diskutiert wird, ist also jetzt nicht revolutionär. Es wird nicht gefordert, das System zu stürzen.

Carsten Ja, es ist sehr niederschwellig, das, was da an Forderungen gestellt wird.

Stefanie Und die Aktionsform ist mitnichten gewaltvoll. Aber den Protestierenden bzw. den Aktivist·innen schlägt sehr viel Gewalt mittlerweile entgegen, sowohl verbal als auch nonverbal. Und das nicht nur von Menschen, die bisher noch nicht aktiv fürs Klima geworden sind, sondern auch aus den eigenen Reihen. Da habe ich persönlich viel von Spaltung bisher gehört und mir wurde auch gesagt, dass die Letzte Generation gerade durch diesen Namen „die Letzte Generation“ Angst und Schrecken verbreitet und durch ihre Aktionen eher schadet als nützt. Und gerade dieses eher Schaden als Nutzen führt uns eigentlich dann jetzt in den weiteren und in diesem Fall historischen Kontext. Denn solche Protestformen wurden auch schon früher als etwas gedeutet, was der Bewegung, für die diese Protestformen eingesetzt wurden, eher schadet als nützt.

Ganz konkret möchte ich das an dem Beispiel der Bürgerrechtsbewegung in den 1960er Jahren in den USA festmachen. Da hatte ich einen Artikel von 2019 noch mal rausgesucht, wo einige Zahlen veröffentlicht wurden. Da wurden nämlich Umfragen gemacht in den 1960er Jahren, die jetzt veröffentlicht wurden. Die wurden damals bestimmt auch schon veröffentlicht. Aber jetzt ist es interessant für uns, nämlich die Frage, ob diese Protestformen wie zum Beispiel Sit ins oder Freedom Busses oder andere Demonstrationen von N***** eher schaden oder nützen in dieser Bürgerrechtsbewegung und bei der Chance , dass die Rassentrennung aufgehoben wird und da haben 57 % gesagt, dass es eher schadet und 27 % haben gesagt, dass es hilft. Also auch da waren die meisten der Meinung, dass es eher schadet.

Das waren jetzt Zahlen von 1961 und dann werden auch noch Zahlen von 1963 und 1964 genannt. Und auch hier wieder die Frage: Hilft es mehr oder schadet es mehr wenn N**** in großen Demonstrationen auf die Straßen gehen und 1963 haben 60 % gesagt, dass es mehr schadet, als dass es hilft und 27 % haben gesagt, dass es hilft. Und 1964 war es dann so, dass 74 % gesagt haben, dass es mehr schadet. Und 16 % haben gesagt, dass es hilft. Das heißt, mit der Zeit, als die Demonstrationen immer größer geworden und immer mehr Menschen auf die Straße gegangen sind und das ganze Thema auch populärer geworden ist, haben immer mehr Menschen, die befragt wurden, gesagt, dass diese Demonstrationen eher schaden, als dass sie helfen. Je populärer es wurde, desto größer war die Meinung: das schadet der Bewegung.

Carsten Da würde ich jetzt ganz gerne überleiten zu den Inhalten des Buches, was ich da gelesen hatte. Also wie gesagt, der Titel heißt „Wie man eine Pipeline in die Luft jagt.“ Ich muss vorwegnehmen: es gibt keine Anleitung. Also es ist jetzt nicht so, dass da wirklich eine plastische Anleitung drinsteht, wie die Personen, die das Buch lesen, dann nachher in die Lage versetzt werden, irgendwelche Pipelines in die Luft zu jagen. Nichtsdestotrotz ist der Gegenstand dieses Buches tatsächlich die Art und Weise, wie Protest gelebt wird. Protest und Widerstand. Und da wird noch mal ein Narrativ hervorgehoben, und zwar konzentriert sich der Autor Andreas Malm in seiner Aussage sehr stark auf die Bewegung Extinction Rebellion, weil die sehr populär zu dem Zeitpunkt des Erscheinens dieses Buches sind und waren und auch einen sehr stark gewaltfreien Ansatz verfolgten und verfolgen. Das heißt also, da wird nur der gewaltfreie Widerstand propagiert und Andreas Malm spricht dort, dass in der - er dehnt das aus auf die Klimagerechtigkeitsbewegung insgesamt - dass dort ein sogenannter strategischer Pazifismus vorherrscht. Das heißt also dieses Denken, wir können gesellschaftliche Umbrüche tatsächlich nur durch einen gewaltfreien Widerstand erwirken ist das vorherrschende Narrativ in der Klimagerechtigkeitsbewegung.

Da greift Andreas Malm ein in seinem Buch und sagt Nein, das ist eine geglättete Geschichtsauffassung, die einfach wichtige Facetten ignoriert, außen vor lässt, entweder aus Unwissenheit oder weil sie aus irgendwelchem, ich sag jetzt mal auch politischen, strategischem wie auch immer Kalkül einfach nicht diesem vorherrschenden Narrativ eines gewaltfreien Widerstands zuträglich ist und geht dort auch noch mal auf historische Kontexte ein. Und im Rahmen dieser Bürgerrechtsbewegung, das ist ja damals auch mit Martin Luther King, der dort in den 60er Jahren als das prominenteste Beispiel mit reingelaufen ist, der nach außen hin als der Verfechter dieses gewaltlosen Widerstandes gilt und ja auch entsprechend – bitte nicht negativ verstehen - ikonisiert wird. Ja, er ist ja eine Ikone, war damals eine Ikone, hatte aber auch tatsächlich damals schon Personen, die dieser Haltung kritisch gegenüberstanden und eine sehr prominente Person, die auch im gleichen geschichtlichen und zeitlichen Kontext aktiv war, in dieser damaligen Bürgerrechtsbewegung ist Malcolm X, der sich sehr klar dafür ausgesprochen hat, dass es auch einen gewaltbereiten Widerstand geben muss.

So, und das ist tatsächlich etwas, was Andreas Malm in seinem Buch noch mal ausdrücklich betont, dass es diese klassische Sichtweise von ich sag jetzt mal sozialen Eruptionen in sozialen Bewegungen ausschließlich mit diesem gewaltfreien Widerstandshintergrund gar nicht gibt, sondern die Protestformen, die auch heute vielleicht so ein bisschen aus der Historie als gewaltfrei wahrgenommen werden, wurden immer durch einen gewaltbereiten Flügel frankiert - nicht frankiert, sondern flankiert.

Stefanie Wobei frankiert auch interessant wäre, sich das so zu überlegen. So Briefmarkenmäßig. Du kriegst da so einen Stempel drauf und damit wird der gewaltfreie Protest abgeschickt mit dem gewaltvollen...

Carsten Womit wir bei den Suffragetten und bei den brennenden Briefkästen wären. Auch da, in der Frauenrechtsbewegung, die Suffragetten sind ja jetzt auch nicht gewaltfrei unterwegs gewesen, sondern da hat es ja ordentlich gescheppert. Die mussten sich ja zumindest in späteren Phasen, wo der Protest tatsächlich, ich nenne es jetzt mal auch aktiver zu spüren war, Gehör verschaffen und auch durch das, was ich gerade schon sagte, Briefkästen anzünden, Scheiben einschlagen, also Schaufensterscheiben etc. Damit wird ja auch Druck ausgeübt. Also auch weit weg von einem rein pazifistischen, gewaltfreien Anliegen. Und Ähnliches finden wir in der Historie auch zum Beispiel bei der Anti Apartheidsbewegung. Nelson Mandela ist da das Aushängeschild, auch die Ikone. Da muss man auch zu sagen, dass Nelson Mandela dem bewaffneten Arm des ANC damals angehörte und er war der Führer des bewaffneten Flügels, die auch mit gewaltbereiten Mitteln versucht haben, das Apartheidsregime zu stürzen. Und dafür ist er auch ins Gefängnis gekommen. Und das sind alles historische Beispiele, die einfach zeigen: Pass mal auf, so diesen richtig gewaltfreien Widerstand, der dann ausschließlich dazu geführt hat, dass sich bestimmte historische Kontexte schlagartig ändern, den gab es nicht.

So und Andreas Malm geht dort auch noch mal auf die Person Gandhi ein. Da muss ich vielleicht noch mal so ein bisschen die die Kurve kriegen, weil die Phase, die Gandhi zur Ikone gemacht hat, war sehr geprägt durch gewaltfreien Widerstand. Gandhi selbst war aber gar nicht in seiner kompletten Biografie ausschließlich gewaltfrei. Auch der hatte in seiner, ich sag jetzt mal jüngeren Lebensphase, Situationen, wo er tatsächlich mit der britischen Armee gemeinsam gekämpft hat. Der war auf dem afrikanischen Kontinent in der britischen Armee und hat dort gemeinsam mit der britischen Armee, ich sag jetzt mal, koloniale Gefechte ausgefochten, bis er dann in späteren Lebensphasen sich gegen die britische Armee gewandt hat. Und da sagt Andreas Malm aus meiner Sicht auch so ein bisschen zu Recht: okay, es wird in dieser Ikonisierung des gewaltfreien Widerstands gerade hinsichtlich Gandhis Rolle bei der Befreiung Indiens immer so dargestellt, als ob Gandhis Bewegung dazu geführt hat, dass Indien sich vom britischen Königreich losmachen konnte. Und das ist nicht vollständig. Er hat einen maßgeblichen Anteil, vielleicht auch den Hauptanteil. Aber es ist nicht ausschließlich das gewesen, sondern es haben andere historische Bewegungen und Entwicklungen stattgefunden, die dem zuträglich waren, dass sich Indien damals lossagen konnte.

Anders lässt sich zum Beispiel auch nicht erklären, warum das britische Königreich insgesamt in sich mehr oder weniger zusammengefallen ist. Es war ja nicht nur Indien, das der britischen Krone unterstand, sondern auch andere Territorien und Länder. Auch die haben sich im ähnlichen Zeitkontext vom britischen Königreich entflechten können. Ich will sagen, es ist nicht ausschließlich nur dieser gewaltfreie Widerstand, der zu sozialen Umbrüchen führt, sondern man muss das ein bisschen komplexer sehen, mehr Wechselwirkungen mit einbringen. Und was Andreas Malm dort hervorhebt auch berücksichtigen, dass es immer diesen gewaltbereiten, bewaffneten, teilweise flankierenden Flügel oder Arm gegeben hat in den einzelnen Sozialbewegungen, die wichtig waren, die jetzt nicht als Störfeuer wahrgenommen wurden. Oder wurden sie vielleicht in der Bewegung auch, die haben auch zu einer Spaltung geführt, haben auch innerhalb der entsprechenden sozialen Bewegung dafür gesorgt, dass man sich positionieren musste. Bist du für oder gegen Gewalt? Aber die haben ein sehr kritisches Moment immer mitgespielt und ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass bestimmte soziale Disruption, Umstürze nicht funktioniert hätten, wenn es diese Gewaltbereitschaft nicht gegeben hätte.

Stefanie Ja, ich möchte da noch mal ergänzen zwei bis mehrere Punkte, je nachdem, ich bin mir nicht sicher, aber zum einen zu den Suffragetten. Es ist ja auch so, dass der gewaltbereite Widerstand der Suffragetten und der Aktivismus auf Jahrzehnten von friedlichem Widerstand basiert, der einfach nicht wahrgenommen, nicht beachtet wurde und dann darin gemündet hat, dass da in dem Fall Frauen gesagt haben wir müssen jetzt einfach gewaltvoll vorgehen. Aber dann ja auch nicht Gewalt gegen Menschen, sondern Gewalt gegen Dinge – was ja auch, ich nehme Carsten quasi die Worte jetzt aus dem Mund, Teil des Buches ist, da geht Carsten vielleicht gleich noch mal drauf ein. Aber um jetzt meine Gedanken noch zu Ende zu führen: Also zum einen, dass gewaltvoller Protest, wie gesagt Gewalt gegen Dinge, nicht gegen Lebewesen, immer schon quasi ein fester Bestandteil war und letztlich auch zu einem sozialen Kippung geführt hat und soziale Kipppunkte sind tatsächlich etwas, wozu auch schon wissenschaftlich geforscht wurde. Ich verlinke da gerne auch noch mal ein paar Internetseiten und Studien in den Shownotes, dass du da dich auch nochmal einlesen kannst. Und in diesen Studien werden die sozialen Kipppunkte so beschrieben, dass nur 20 bis 25 % der Bevölkerung für ein Thema eingenommen sein müssen, damit die Stimmung komplett kippt. Es muss also nicht die Mehrheit sein, sondern 20 bis 25 % reichen schon aus. Und es geht auch darum, dass nur 3,5 % der Bevölkerung aktiv sein müssen, damit die Stimmung kippt, also damit dann dieser soziale Kipppunkt erreicht werden kann.

Es ist also eine relativ verhältnismäßig kleine Masse, die da aktiv sein muss und je nachdem wer da betroffen ist und um was es geht, können auch schon ein, zwei Menschen ausschlaggebend sein und das finde ich immer wieder sehr hoffnungsvoll, sag ich mal, das gibt mir persönlich auch Hoffnung, dass auch Einzelpersonen und kleine Gruppen, so wie ich das immer schon wieder mantramäßig erwähne, etwas bewirkt haben und auch bewirken werden, dass also auch Du, liebe Hörerin, lieber Hörer etwas bewirken kannst. Aber natürlich sollte die Last nicht auf Einzelpersonen liegen, also das ist schon klar, aber es ist möglich, dass du etwas bewirken kannst. Und was noch wichtig ist, ist, dass im historischen Kontext betrachtet Dinge, die damals stattgefunden haben, also zum Beispiel bei der Bürgerrechtsbewegung, damals, als die Menschen mittendrin waren und diese Proteste erlebt haben und es undenkbar erschien, die Rassentrennung aufzuheben, Bürgerrechte anzugleichen und etwas zu verändern, da wurden diese Proteste als schädigend empfunden. Aber jetzt, wenn wir jetzt von heute auf die Vergangenheit gucken, sehen wir sie eher als sozialen Kipppunkt und sehen sie als das, was letztlich den Wandel angestoßen hat und was dazu geführt hat, dass wir heute denken, wie konnte man denn damals so denken? Und das nicht nur bei der Bürgerrechtsbewegung in den USA, sondern auch beim Frauenwahlrecht und bei vielen anderen gesellschaftlichen Bewegungen.

Und so sehe ich das jetzt auch gerade bei der Diskussion um die Letzte Generation, dass sie jetzt gerade, in unserer jetzigen Gegenwart als schädigend empfunden werden, also die Aktionen, die sie durchführen und wir vielleicht in zehn Jahren sie als den sozialen Kippunkt sehen können - das wissen wir natürlich nicht, denn die Zukunft ist ungewiss - der dann dazu geführt hat, dass wir endlich als Gesellschaft in Richtung „Wir werden alle aktiv fürs Klima“ kippen.

Carsten Ja, und da leite ich jetzt nochmal kurz auf die Gedanken, die Andreas Malm in seinem Buch „Wie man eine Pipeline in die Luft jagt“ hinterlegt hat. Zum einen, was ich da sehr interessant und vielleicht auch vom Kontext her wichtig und auch gewichtig finde ist, dass er sagt: Du kannst die damaligen historischen Beispiele, die wir jetzt so genannt haben mit der Frauenrechtsbewegung, den Suffragetten, Ende der Apartheid, Ende der Sklaverei, was ja auch öfters mal mit reingebracht wird als Beispiel oder auch den Sturz von Diktatoren und Autokraten, was jetzt ja gerade mit dem arabischen Frühling etc. immer mal wieder als Beispiel mit reingegriffen wird, das alles kannst du eigentlich gar nicht mit der jetzigen Situation vergleichen, weil das Problem, dem wir uns jetzt gegenüber stellen, ungleich größer ist. Es ist kein Einzelphänomen, wobei die anderen auch keine Einzelphänomene waren. Das waren auch schon extremst große Themenfelder. Aber gegen das, was wir jetzt gerade ankämpfen, ist dieses business as usual unsere ganz normale Alltagspraxis, also das, was wir als Praktiken im Alltag, auch im beruflichen Kontext, im wirtschaftlichen Kontext leben, das ist das, gegen das wir gerade angehen. Und das führt natürlich genau zu dieser Reibung, die die Letzte Generation da hervorruft.

Das merkt man dann auch an diesen Ausbrüchen Klimakleber, Ökoterroristen, Klima-RAF, da wo na ja, kann man sich ja überlegen, wo das herkommt. Meiner Meinung nach kommt das aus einer Ecke, um es mit der Band Madsen zu sagen: „Alte weiße Männer!“ Das mal als kurzes Statement. Und Andreas Malm sagt auch: Wir müssen das Kämpfen an sich komplett neu lernen im Rahmen dieses Kontextes, der sich dort ergibt, weil die Aufgabe, der wir uns stellen, einfach viel, viel größer ist. Wir haben noch keine Patentlösung, aber wir müssen an der Stelle auch so ein bisschen unterscheiden zwischen den Vorgehensweisen. Und da ist es vielleicht auch noch mal hilfreich zu verstehen, es gibt ja Protest und es gibt Widerstand. Das war mir, bevor ich dieses Buch zum Beispiel gelesen habe, gar nicht so wirklich bewusst. Ich habe das beides miteinander vermischt Protest, Widerstand, blabla. Und ich habe manchmal so den Eindruck, dass Protest okay ist, solange er im stillen Kämmerlein stattfindet, niemanden stört. Du darfst auf die Straße gehen, das Anmelden, darfst auch ein bisschen laut rumschreien, aber nur wenn Du anschließend die Straße wieder gefegt hast und alles sauber ist und der Straßenverkehr wieder rollt, ist das okay. Widerstand ist ja schon so ein bisschen was anderes. Ist ja schon ein bisschen. Nun okay, da läuft jetzt irgendwie was nicht so richtig, da wird was irgendwie blockiert Und ich möchte jetzt einfach mal eine Definition geben, die ich sehr schön fand, die ich auch aus diesem Buch entnehme.

Und da zitiere ich mal, was Andreas Malm dort reingeschrieben hat, was Protest und Widerstand betrifft: „Protest ist, wenn ich sage das und das passt mir nicht. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, dass das, was mir nicht passt, nicht länger geschieht. Protest ist wenn ich sage, ich mache nicht mehr mit und Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, dass alle anderen auch nicht mehr mitmachen.“

In gewisser Weise kann ich das ja auch auf die Aktionen der letzten Generation übertragen, die zumindest mal punktuell, situativ und für einen überschaubaren Zeitraum versuchen, Alltagspraxen zum Stillstand zu bringen, um auch mal zu reflektieren, was passiert da eigentlich? Und auch einmal kurz dafür zu sorgen, dass andere Personen da auch nicht mehr mitmachen können. Das zu unterbinden, das ist aus meiner Sicht auch ein Kern dessen, was da gerade passiert und dementsprechend kann ich das absolut verstehen, was für eine Protestform dort gewählt wurde und bin auch der Meinung, dass sich das darin nicht erschöpft. Das heißt also, das Repertoire der Klimagerechtigkeitsbewegung muss sogar noch Schritte darüber hinausgehen, also weg vom ganz normalen Protest, der muss weiterhin stattfinden. Protest muss aufrechterhalten werden, weil der die Massen mobilisiert. Ich muss Widerstand leisten und auch das noch mal kurz eingeschoben: Wir sprechen hier auch was die Letzte Generation betrifft, vom gewaltlosen, vom friedlichen Widerstand. Dass der natürlich gewaltbereite und unfriedliche Reaktionen provoziert, sei mal dahingestellt, macht aber den Protest oder die Widerstandsform nicht automatisch gewaltvoll oder gewaltbereit, sondern ist weiterhin völlig gewaltfrei.

So. Und jetzt kommen wir aber an einen Punkt, wo wir sagen müssen: auch da noch mal einen Schritt weitergehen. Wir müssen auch gewaltbereiten Widerstand leisten und zwar gegen Infrastrukturen, gegen fossile Infrastrukturen. Womit wir beim Titel des Buches sind „Wie man eine Pipeline in die Luft jagt.“ Also das ist tatsächlich etwas, was Andreas Malm ganz klar sagt: Wir können nicht auf dieser Stufe des Protests und gewaltfreien Widerstands stehenbleiben, sondern wir müssen auch berücksichtigen, dass das, was wir als Klimagerechtigkeitsbewegung zu leisten haben, noch entscheidende Schritte weitergeht. Und das ist auch ein Punkt, wo er sagt: Dann müssen wir das Kämpfen neu lernen. Wir müssen überlegen, was für Aktivitäten, was für Aktionen, was für Widerstandsformen können wir da noch einflechten. Da ist ganz viel Kreativität nicht nur gefragt, sondern existiert mit Sicherheit auch. Und das kann anfangen bei kleineren Protestformen, wo ich zum Beispiel gegen die SUVs Aktivitäten vorschiebe und versuche denen mal Luft aus den Reifen zu lassen. Das ist ein Beispiel, was in diesem Buch kam. Das fand so Stockholm im Jahre 2007 statt.

Da hat es einen Sommer gegeben, wo eine gewisse Bewegung dort einfach mit - ich sage es jetzt einfach mal: Mungbohnen - dafür gesorgt hat, SUV Fahrende vom fleissigen Davonkommen zu hindern. (Die haben nichts anderes gemacht als Mungbohnen - Kriegt man hier in Hamburg übrigens beim Budni - in die Autoventile reinzustecken, ne Verschlusskappe des Ventils aufdrehen, Mungbohne rein, Verschlusskappe wieder zudrehen und dann im Laufe einer Nacht entweicht genügend Luft, dass dann anschließend der Reifen platt ist.) Das ist keine Sachbeschädigung. Ich lehne mich jetzt aus dem Fenster: wahrscheinlich auch gar nicht wirklich strafbar. Es ist aber sehr hinderlich und wenn man das auf breiter Front mal so ausrollt in einer Stadt, dann kann man damit schon mal so ein Statement setzen.

Stefanie Natürlich zitierst Du gerade quasi frei aus dem Buch.

Carsten Absolut.

Stefanie Wir rufen nicht dazu auf, so was zu machen.

Carsten Nein. Wie kommst du darauf? Nein, nein, nein, nein, es ist eine Buchrezension. Ich bespreche gerade die Inhalte eines Buches. Natürlich geht das Buch auch über SUVs hinaus. Also was jetzt irgendwie generell fossile Infrastrukturen betrifft, der Begriff wird jetzt nicht weiter ausgeführt, bis auf ein paar Beispiele Richtung Pipelines. Aber zu fossiler Infrastruktur gehört ja noch ein bisschen mehr, die lahmzulegen, um einfach zu zeigen wir wollen das nicht mehr, wir wollen keine Wirtschaft, die auf reiner fossiler Energie funktioniert, wir müssen umsteuern. Und um diesen Steuerungsprozess zu beschleunigen, muss ich natürlich dann an einer gewissen Eskalationsstufe auch dafür sorgen, dass diese fossile Infrastruktur nicht mehr so funktioniert, um auch Zwang auszuüben, das vielleicht auch vom Kostenmäßigen her irgendwann nicht mehr attraktiv ist, diese fossile Infrastruktur zu betreiben, sondern eher auf nicht-fossile Infrastrukturen zurückzugreifen, diesen Umbauprozess vielleicht zu beschleunigen. So, und da kommen wir dann automatisch in eine Frage des Eigentums.

Also diese Strukturen sind ja jetzt nicht irgendwie Commons oder Gemeingüter, sondern das sind Privateigentümer von Konzernen, von Wirtschaftsstrukturen. Und da geht Andreas Malm in seinem Buch sehr fordernd mit rein und spricht auch davon, dass das Eigentum nicht der Sache der Erde vorgeschaltet sein darf. Also mit Erde meint er quasi Natur, den Planeten etc. Und er sagt auch, dass es kein technisches, kein natürliches und auch überhaupt kein göttliches Gesetz gibt, das besagt, dass gerade während dieses akuten Notstands, in dem wir uns hinsichtlich unseres Weltklimas bewegen, das Eigentum unantastbar sein muss. Nichtsdestotrotz haben wir natürlich auch gerade den Staat, der mit seinen Staatsorganen dafür sorgt, dass eine schützende Hand auf Eigentum gelegt wird. Das sieht man ja an den Aktivitäten, wie hier in Deutschland Hambacher Forst oder Lützerath. Da wird eher auf dieser entsprechenden Kohleförderung das Augenmerk gelegt und auch mit Staatsorganen wie Polizeieinsatz dafür gesorgt, dass Zerstörungsstrukturen, um weiter fossile Energie zu fördern, vom Staat geschützt werden. Während diese Protestaktionen, die sich dann aktiv dagegenstellen, ja mit mit Staatsressourcen quasi aus dem Weg geräumt werden. Also quasi so eine projektive Eigenschaft der Staatshand.

Und das gilt es tatsächlich zu hinterfragen und auch im Rahmen der Klimagerechtigkeitsbewegung nochmal zu reflektieren und zu gucken: wie gehe ich damit um und wie kann ich weitere Eskalationsstufen hervorrufen, die tatsächlich das Betreiben dieser fossilen Infrastruktur erschweren oder ökonomisch unattraktiv machen?

Stefanie Und wenn jetzt Menschen tatsächlich in diesem Maße aktiv werden und Gewalt gegen Dinge anwenden, um Widerstand zu leisten, dann kann ich auch verstehen, wenn es eine öffentliche Meinung gibt, die das verurteilt. Allerdings, wenn wir jetzt auf die Widerstands- bzw. Protestformen der letzten Generation schauen, ist das ja überhaupt nicht Teil deren Protestformen, sondern die kleben sich ja einfach nur fest und machen damit gar nichts kaputt, sondern sie blockieren für eine gewisse Zeit den Verkehr und trotzdem löst das so starke Aggressionen aus. Und das ist für mich natürlich dann auch wieder so der Beweis dafür, was du vorhin angeführt hast, dass wir uns einer größeren Sache widmen. Also dass der Klimaaktivismus und auch generell die Klimagerechtigkeitsbewegung oder Klimagerechtigkeit als Thema ein globales, allumfassendes, uns ganzheitlich betreffendes Thema ist und nicht nur etwas, was eine bestimmte Gruppe betrifft, sondern es geht uns alle an und anscheinend triggert es in uns die verschiedensten Emotionen und macht uns emotional in dem Fall, so, dass wir da nicht mehr wirklich rational drüber reden können und Menschen, die Bevölkerung, nur noch diese Protestformen sieht und darüber redet und gar nicht darüber, was denn jetzt eigentlich die Letzte Generation möchte.

Und so ein ähnliches Beispiel hab ich jetzt jüngst entdeckt: die „Moor-Taliban“. Also die fand ich ja auch sehr interessant und ich habe das so ein bisschen recherchiert, worum es denn jetzt überhaupt geht. Und letztlich geht es ja einfach nur um Wissenschaftler·innen aus Greifswald, die Moore wieder vernässen wollen im Sinne des Klimaschutzes und damit wiederum anderen Parteien auf die Füße treten, unter anderem im Agrarbereich. Weil Moore derzeit auch landwirtschaftlich genutzt werden, um Tiere darauf weiden zu lassen. Oder es stehen Tierställe auf Mooren. Also gerade im Bereich Milch hatte ich auch schon mal den Vergleich angestellt, wie viel Milchwirtschaft sozusagen „Milchvieh“ auf trockengelegten Mooren eigentlich sich befindet. Und das sind dann jetzt keine glücklichen Kühe, die dort weiden, sondern es sind einfach Ställe. Und gerade im Norden von Deutschland ist es viel der Fall und da ist dann wieder eine große Lobby, die was dagegen zu sagen hat. Und letztlich geht es also wirklich bei diesen Wissenschaftler·innen nur darum, dass sie darüber sprechen. Also sie ketten sich nicht an den Tierställen an und sagen hier muss jetzt das Moor wieder vernässt werden.

Zumindest habe ich bisher nichts davon gehört. Wer weiß das schon. Also nicht, dass es das jetzt doch schon gab oder wenn du das hier hörst, haben das schon Menschen gemacht oder so. Also zu dem Zeitpunkt, wo wir das ja aufnehmen, ist das noch nicht der Fall gewesen. Jedenfalls geht es wirklich nur darum, dass Wissenschaftler·innen ahrzehntelang geforscht haben, ihre Forschungsergebnisse teilen und sich für den Erhalt unserer Lebensgrundlage einsetzen, in dem sie sagen Moore müssen wieder vernässt werden und die werden dann von CDU Politiker·innen als „Moor-Taliban“ bezeichnet. Wobei wenn wir es mal wieder mit Madsen sagen es eigentlich um „alte weiße Männer“ geht. Und wenn wir uns so die gegenwärtige Situation anschauen, die Nachrichtenlage und was da so passiert, also die Betitelung von friedvollen Widerstand als Terrorist·innen, Moor-Taliban, Klima-RAF usw. und so fort, könnte man ja die Hoffnung verlieren, aber...

Carsten Da zitiere ich jetzt noch mal Andreas Malm, der sagt: „Der Kontext für Hoffnung ist radikale Ungewissheit. Alles ist möglich und hängt völlig davon ab, ob wir handeln oder nicht. Hoffnung ist keine Tür, sondern das Gefühl, dass es irgendwann eine Tür geben kann.“

Stefanie Ja, und dann würde ich sagen in diesem Sinne.

Madsen „Protest ist cool, aber anstrengend. Schon super wichtig, dass es so was gibt.“

Carsten In Hamburg sagt man Tschüss.

Stefanie Und auf Wiederhören.

Folge 286 - Unsere Reise mit der Bahn quer durch Deutschland und zurück

Ein Beitrag

Folge 286 - Unsere Reise mit der Bahn quer durch Deutschland und zurück

In dieser Folge erzählen wir Dir von unserer Reise mit Regionalbahnen und dem Nachtzug quer durch Deutschland und zurück.

Wir waren 13 Tage unterwegs und haben insgesamt ungefähr 2000 km zurückgelegt.

Gestartet sind wir in Hamburg. Unser Ziel war das Legoland in Günzburg. Auf dem Hinweg sind wir bewusst mit Regionalbahnen gefahren, weil wir ursprünglich auf das Deutschlandticket gehofft hatten, dass für den 1.4.2023 geplant war. Aber durch die Planung mit den Regionalzügen waren wir auch flexibler und nicht auf eine Reservierung angewiesen.

Wir sind ausschließlich mit Ländertickets oder dem Quer-durchs-Land-Ticket gereist. Ab dem 1.5.2023 ist unsere Reise daher auch mit dem Deutschlandticket um einiges günstiger machbar.

Wir haben verschieden lange Zwischenstopps in unterschiedlichen Städten in Deutschland eingeplant.

Zurück haben wir uns den lang gehegten Wunsch erfüllt mit dem Nachtzug zu fahren.

Wie es uns auf der Reise ergangen ist und was wir gelernt haben, erfährst Du in dieser Folge.

Links zur Folge

ÖBB Nightjet Nachtzug
https://www.nightjet.com/#/home

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Und du hast jetzt länger nichts mehr von uns gehört. Und das hatte einen Grund. Es waren nämlich Osterferien hier bei uns.

Carsten Urlaub!

Stefanie Genau. Also tatsächlich nicht in Hamburg, sondern in Schleswig Holstein. Ich hatte mal nachgeguckt, dass tatsächlich Schleswig Holstein und Hessen die Bundesländer waren in Deutschland die am längsten bzw. nicht am längsten, sondern am spätesten Osterferien hatten. Und unser Kind geht in Schleswig Holstein zur Schule und deswegen - wir wohnen zwar in Hamburg - haben wir andere Osterferien als Menschen, die in Hamburg wohnen. Und in diesen Osterferien haben wir unserem Kind den Wunsch erfüllt, ins Legoland zu fahren und zwar nicht in das Legoland, was von uns aus, also von Hamburg aus geographisch am nächsten wäre, das in Dänemark, sondern das Legoland in Deutschland, was sich in Süddeutschland befindet, nämlich quasi fast wirklich ganz im Süden bei Augsburg und Ulm, da so in der Nähe, in Günzburg.

Und wir erzählen das jetzt hier nicht, weil wir so besonders viel Privates von uns preisgeben und dir erzählen wollen, wie schön es im Legoland war, sondern weil wir mit dir teilen wollen, wie wir denn jetzt gereist sind. Wir haben ja kein Auto, wir haben uns auch kein Auto geliehen. Wir sind auch nicht geflogen, sondern wir sind mit der Bahn gefahren und das war auch von vornherein klar, dass wir das so machen würden. Wir würden mit der Bahn fahren und wir haben uns auf dem Rückweg dann unseren Wunsch erfüllt, mit dem Nachtzug zu fahren. Und über all das wollen wir jetzt in dieser Folge sprechen. Du hörst vielleicht auch so ein bisschen an meiner Stimme, dass ich mal wieder nicht ganz gesund bin. Ich habe mich tatsächlich auf der Reise verkühlt. Ich habe mich da so ein bisschen verschätzt mit den Temperaturen. Da ist dann auch noch mal ein Thema, also nicht meine Verkühlung, sondern die Vorbereitung und alles und so...

Und bevor wir jetzt damit anfangen, möchte ich mich noch mal ganz herzlich bei bestimmten Menschen bedanken. Zum einen möchte ich mich ganz besonders bei Hanna bedanken, die über PayPal eine Einmalzahlung an uns geschickt hat. Da habe ich mich total drüber gefreut. Da waren wir schon unterwegs auf der Reise und ich habe zwischendurch mal meine Emails gecheckt und habe dann diese Nachricht gesehen und war total dankbar.

Carsten Ja, das war eine richtige Überraschung. Also noch mal vielen Dank.

Stefanie Und noch ein Dankeschön geht an Hanna, weil Hanna nämlich auch eine Podcastfolge, also ein Transkript Korrektur gelesen hat. Also auch in diesem Sinne herzlichen Dank an Hanna, die auch direkt das nächste Transkript wieder in Empfang genommen hat, um es Korrektur zu lesen. Und Hanna ist nicht die einzige Person, die Transkripte Korrektur liest, sondern auch Rupert und Astrid haben fertige Transkripte geschickt und da bin ich auch total dankbar für.

Und im Moment ist der Stand bei den Transkripten für den Mehr als Vegan Podcast so, dass 73 Transkripte inklusive diesem was du hier gerade liest fertig sind. Also komplett Korrektur gelesen. Zehn sind gerade in Bearbeitung von netten Menschen und 206 Transkripte sind tatsächlich noch offen. Ich lese auch immer mal wieder Transkripte Korrektur, immer wenn es passt für mich zeitlich. Das heißt es wird auf jeden Fall weniger werden. Es ist allerdings natürlich ein großer Batzen: 206 Transkripte. Also wenn du das Gefühl hast, du könntest eins übernehmen, wäre das total super. Dann schreib mir gerne an, post [at] vonherzenvegan.de und du kannst dir dann ein Transkript aussuchen, was du übernehmen möchtest. Es gibt unterschiedlich lange Transkripte, das heißt wir haben Folgen, die sind nur 20 Minuten lang. Wir haben aber auch Folgen, die sind anderthalb Stunden, also je nachdem was du sagst, wie viel Zeit du investieren kannst, da kannst du dir dann eine Folge aussuchen und natürlich auch thematisch. Wenn du jetzt sagst ach, ich interessiere mich gerade irgendwie besonders für das Thema Plastik, dann könntest du zum Beispiel die Folge zum dem Film Plastic Planet Korrekturlesen oder verschiedene andere Themen. Also du kannst dir selbst was raussuchen oder ich such was für dich raus, da ist es ganz frei und es geht auch wirklich nicht darum, dass das grammatikalisch, rechtschreibmäßig alles dudenkonform ist, sondern dass es vom Sinn her alles stimmt. Und natürlich, wie ich schon sagte, ist ein Satz ohne Interpunktion teilweise schwer zu verstehen, also sollte die Interpunktion schon einigermaßen korrekt gesetzt sein. Aber es muss jetzt nicht irgendwie eine super Rechtschreibkorrektur Prüfung überstehen. Es wäre eine riesige Hilfe, wenn du dich dazu entscheiden würdest, eine Folge Korrektur zu lesen. Denn diese 206 Folgen, die stehen noch aus und dann wäre es toll, wenn das bis zum Ende des Jahres geschafft wäre. Das wäre ja irgendwie total genial.

Dann jetzt zurück zu unseren Reiseerfahrungen. Wie gesagt, auf dem Rückweg, als wir im Legoland angekommen sind, da sind wir dann mit dem Nachtzug von Augsburg zurück nach Hamburg gefahren. Aber auf dem Hinweg hatte ich den Weg in verschiedene Etappen unterteilt. Wir, Carsten und ich sind ja jetzt schon öfter mit dem Zug gefahren und vor allem wenn wir Carstens Eltern besuchen, ist es so, wenn wir mit dem Regionalzug fahren, dass wir dann dreieinhalb Stunden unterwegs sind plus dann noch das Umsteigen usw. und so fort. Also das kann gut vier Stunden in Anspruch nehmen und deswegen wissen wir, wie stressig das ist und anstrengend, wenn man so lange Strecken immer unterwegs ist.

Ich hatte diese Reise länger geplant. Ich habe auch so ein Faible für das Planen von Reisen und deswegen hatte ich ja auch drei Jahre meine Touren, die Hamburg vegan erkunden Touren, weil ich so was super gerne mache und ich habe da auch wirklich lange dran rum gefeilt, weswegen ich jetzt hier durch die Folge auch führen werde und Carsten nur zwischendurch Geräusche wie „uiuiui“ macht oder so...

Carsten Es war toll, darf ich schon mal versprechen.

Stefanie Ja, du kannst ja nicht sehen, welches Messer ich Carsten gerade an den Hals halte, damit er so was sagt. Genau. Ja, letztlich ist diese Reise aus dem Wunsch entstanden, dass das Kind ins Legoland wollte und ich geguckt habe, es gibt diese zwei Legoländer bei uns in der Nähe. Das nächste ist in Dänemark und das wäre geographisch gesehen näher gewesen. Allerdings ist die Anbindung der öffentlichen Verkehrsmittel zum Legoland in Dänemark relativ schlecht. Wir hätten lange mit dem Bus fahren müssen. Und im Bus wird mir immer schlecht.

Also das ist vielleicht schon mal der erste Punkt, dass die Bedürfnisse von denen, die da reisen, in diesem Fall von Carsten, dem Kind und mir dann auch gesehen und berücksichtigt werden. Und so habe ich die Reise geplant. Das kann für dich natürlich, liebe Hörer·innen, ganz anders sein. Dass du gerne Bus fährst und kein Problem damit hast, Bus zu fahren und deswegen dann du das andere Legoland gewählt hättest zum Beispiel. Natürlich ist jetzt das Legoland kein Ziel, das für alle interessant ist. Es ist jetzt einfach nur ein Beispiel, an dem wir erzählen, wie wir diese Reise durchgeführt haben und vielleicht inspiriert dich das dann dazu, eigene Bahnreisen zu unternehmen. Und letztlich ist es auch so mit der Grundgedanke, warum wir das hier so mit dir teilen, dass du einfach nur unsere individuelle Erfahrung und unseren Reisebericht nimmst und daran siehst, dass es möglich ist, mit der Bahn zu verreisen und wie wir das denn jetzt gemacht haben und dann vielleicht den einen oder anderen Tipp für dich daraus ziehst, um deine eigene Reise zu planen.

Carsten Ja, genau das hatte ich auch im Vorfeld gemerkt. Also mit den Menschen, wo ich im Vorfeld vor meinem Urlaub mal drüber gesprochen habe, was wir vorhaben, kam immer wieder die Resonanz: Oh, das ist ja total ungewöhnlich. Außergewöhnlich. Es ist nicht so ein beliebiger Urlaub, von wegen ich setze mich jetzt in irgendein Vehikel, Flugzeug, Bahn, Auto, fahre von A nach B, bleibe dann in B, mache da mal einen Urlaub und fahre irgendwie zurück, sondern dadurch, dass wir über diese Etappen auch mit einem Thema, was du wahrscheinlich gleich noch verraten, wirst unterwegs waren, haben wir natürlich so vom Sightseeing, vom Lernen her, vom Erlebnis her noch mal ein bisschen mehr mit reinbekommen, als dass es einfach nur eine ganz normale Reise gewesen wäre. Und für uns war tatsächlich an der Stelle der Weg auch Teil des Urlaubs, ganz bewusst auch so gewählt.

Arbeitskolleg·innen haben mich natürlich gefragt: Was hast du denn vor? Wo fliegst du denn hin? So nach dem Motto. Da habe ich das dann aus den Reaktionen schon gemerkt. Das ist irgendwie nicht so wirklich präsent. Die Art und Weise, wie wir das jetzt gewählt haben, war schon ungewöhnlich. Also im Positiven. Die waren alle total überrascht und total neugierig. Aber für sich selbst ist da bisher anscheinend noch keiner auf den Gedanken gekommen, das mal so zu machen.

Stefanie Ja, und in diesem Sinne - in Hamburg sagt man... Na ja, ich darf das jetzt auch mal zwischendurch verwenden - In diesem Sinne dachte ich auch, dass es wichtig ist, dass viele Menschen viele Reiseerlebnisse erzählen, die mit der Bahn zu tun haben und deswegen tragen wir jetzt einfach dazu bei. Also wie gesagt, das hat keinen Perfektheits-, Ganzheits-, für immer Gültigkeitsanspruch, sondern es ist einfach ein individuelles Reiseerlebnis. Und wenn du damit was anfangen kannst, dann ist das super, wenn wir dich damit inspirieren können.

Also vielleicht nochmal zu den Rahmenbedingungen: Ich hatte die Hinfahrt rein mit Regionalzügen geplant, ursprünglich auch mit dem Gedanken, weil es hieß, das Deutschland Ticket würde ab dem 01.04.2023 da sein. Und leider war es ja dann nicht so, das wird ja erst ab dem 01.05.2023 da sein, wodurch wir jetzt seit viel mehr Geld an Reisekosten bezahlt haben als das, was wir mit dem Deutschlandticket bezahlt hätten. Aber es ist natürlich eine Art und Weise zu reisen, die du mit dem Deutschland Ticket dann auch durchführen kannst und zumindest die Hinfahrt, die Rückfahrt haben wir ja dann mit dem Nachtzug gemacht. Das ist aber nochmal ein extra Thema, da sprechen wir dann quasi im zweiten Teil drüber.

Der erste Teil ist jetzt erst mal die Hinfahrt und da hatte ich die Etappen alle so gewählt, dass wir maximal so drei Stunden am Stück mit dem Zug unterwegs waren, weil ich einfach gemerkt habe, das ist so eine Zeit, die hält man noch irgendwie aus und danach wird es dann so ein bisschen kritisch. Also je länger das Richtung 4,5,6 Stunden geht, desto anstrengender ist das tatsächlich am Stück im Zug zu sitzen. Wie gesagt, das ist jetzt unsere Erfahrung und wir haben natürlich auch nicht mehr ein ganz kleines Kind dabei, sondern eins, das sich selbst beschäftigen kann. Und das ist natürlich noch mal ein Vorteil. Wobei wir ja auch schon Zug gefahren sind, als das Kind sich noch nicht so wirklich selbst beschäftigen konnte. Und da haben wir dann andere Sachen mitgenommen, als wir jetzt mitgenommen haben. Jetzt spielt das Kind dann Konsole oder irgendwelche anderen Spiele auf dem Tablet oder liest ein Buch oder macht sonstige Dinge. Vorher haben wir dann mit dem Kind irgendwelche Karten- oder Brettspiele gespielt oder mit ihm ein Buch gelesen usw. und so fort. Aber ich finde nach wie vor, der Vorteil am Zugfahren ist wirklich, dass du auch aufstehen und rumlaufen kannst. Du kannst einfach zur Toilette gehen, du kannst dich bewegen, du kannst auch mal den Gang auf und ab gehen. Also von daher, auch mit kleineren Kindern finde ich diese Möglichkeit gut. Natürlich hast du im Regionalzug den Nachteil, dass du nicht reservieren kannst. Also im ICE oder IC hättest du ja zumindest die Möglichkeit dann dir so ein Abteil zu reservieren oder einen Vierersitzplatz oder wie auch immer, je nachdem mit wie vielen Personen du unterwegs bist. Aber im Regionalzug ging das nicht. Wir hatten aber die ganze Zeit über Glück.

Carsten Wir hatten einen Zug, der war relativ voll. Ja und da haben wir uns so ein bisschen aufgeteilt bzw. eine Person ist bei uns in den 4er Bereich.

Stefanie Stimmt ja doch, es gab so ein paar Situationen, wo das eine Zeit lang voll wurde. Das war glaube ich gerade bei dem ersten Abschnitt, da hatten wir das. Da haben wir uns auch gewundert, wie viele Leute da unterwegs waren. Aber wir haben eigentlich immer Sitzplätze gefunden.

Carsten Ja, das war völlig unproblematisch. Also ich muss auch ehrlich sagen, das ist mir erst in der Situation aufgefallen, dass das natürlich ein Problem sein könnte. Also da ist mir das erst mal bewusst geworden: Oh Regionalbahn kannst du so nicht planen, was passiert, wenn wir jetzt den Rest der Reise auch mal in überfüllten Zügen unterwegs sind? Aber glücklicherweise war das ja gar nicht so und unser Vorteil war, dass diese Etappen auf, ich sag jetzt mal, kurze Distanzen ausgelegt waren. Wie du schon sagtest, diese maximal drei Stunden und zwischendurch auch eventuell mal einen Umstieg oder so was. Also die Phase, wo es wirklich mal überfüllt hätte sein können, wäre für uns ja noch ertragbar gewesen, selbst wenn es jetzt ein kontinuierlicher Zustand gewesen wäre. Problematischer wäre es gewesen, wenn wir mit Gepäck selber keine Sitzplätze bekommen hätten.

Stefanie Ja genau. Also Gepäck ist jetzt noch mal der Punkt, auf den ich eingehen wollte. Wir haben extra vorher uns überlegt, dass wir möglichst wenig Gepäck mitnehmen und zwischendurch waschen. Wobei das zwischendurch waschen dann irgendwie mangels Waschmaschine dann doch nicht geklappt hat. Da hatte ich irgendwie nicht richtig geplant mit den Ferienwohnungen, die wir da gemietet hatten. Aber das ist noch mal so ein anderer Punkt. Jedenfalls haben wir relativ wenig Gepäck dabei gehabt. Wir hatten nur so einen Rollkoffer und dann drei Rucksäcke dabei und noch so eine extra Tasche für Sachen, die man so schnell irgendwie in die Tasche packen sollte. Ja, genau. Da habe ich aber gemerkt und das ist das Thema verkühlt, dass ich beim nächsten Mal dann doch vielleicht den größeren Rollkoffer mitnehmen würde, um dann, wenn es wirklich solche Übergangstemperaturen sind, auch noch mal einen Schal einzupacken und vielleicht noch mal ne Mütze oder so. Also so die Wintersachen dann doch noch mal mitzunehmen.

Ich war davon ausgegangen, dass es immer über zehn Grad bleibt. Das war aber dann leider nicht so und es war dann ziemlich kalt, weswegen ich mich verkühlt hatte. Also auf Kosten der Gesundheit sollte es dann auch nicht gehen. Das war auf jeden Fall für mich auch eine wichtige Erkenntnis zu sehen: Okay, wenig Gepäck ist gut. Also das hat wirklich gut funktioniert. Wir haben das immer irgendwie unter bekommen und es war nie so, dass wir da so gedacht haben „Oh zu viel Gepäck“, weil wir es natürlich auch auf uns drei verteilt haben. Ich alleine musste einmal das ganze Gepäck eine Treppe runter tragen. Das war schon nicht so toll, aber da hätte ich auch auf Carsten warten können. Ich wollte einfach nur schon die Treppe runter. Also von daher das nur so nebenbei. Aber ich habe gemerkt okay, ich war da dann doch ein bisschen zu knauserig mit dem Gepäck. Also da hätte ich durchaus noch ein bisschen mehr mitnehmen können und das dann irgendwie anders packen oder so. Also von daher da dann lieber doch ein bisschen mehr mitnehmen, also im Sinne von für alle Wettermöglichkeiten gewappnet sein, als zu wenig mitnehmen. Das war für mich eine Erkenntnis, die ich beim nächsten Mal auf jeden Fall umsetzen werde. Natürlich nicht im Hochsommer, oder im tiefsten Winter dann noch die Sommersachen mitnehmen, das ist schon klar. Mir geht es jetzt um diese Übergangszeit.

Carsten Genau, in der wir gerade unterwegs waren und worauf wir eingestellt waren, war Regen. Da haben wir Regenklamotten dabei gehabt, Regenhosen, so dass, wenn es wirklich mal Tage gegeben hätte, wo es kontinuierlich komplett durchgeregnet hätte, wäre das für uns auch kein Problem gewesen.

Stefanie Nicht nur „hätte“, das war auch so.

Carsten Ja, die Regensachen haben wir auch genutzt, richtig. Aber auch an den Tagen, muss ich sagen, gab es immer so ein paar Trockenphasen. Also so richtig dieser strömende Regen von morgens bis abends ohne Unterbrechung, da hatte ich mich mental schon darauf eingestellt, zumindest im Vorfeld, den gab es nicht. Ich weiß nicht, ob ich mich dann in der Situation raus getraut hätte, aber das war zumindest so mein Bild, wo ich gesagt habe okay, da muss ich mich drauf einstellen können, da muss ich meine Ausrüstung für haben. Selbst wenn es dann soweit ist, dann will ich nicht den ganzen Tag irgendwie in der Bude hocken müssen, sondern will auch in der Lage sein, draußen rumlaufen zu können.

Stefanie Ja und Carsten hat das ja vorhin schon angesprochen: Es gab auch ein Thema, also nicht nur das Legoland, sondern mein Grundgedanke war, dass ich die Fahrt so plane, dass wir bestimmte Etappen einmal quer durch Deutschland ansteuern und uns überlegen, dass wir dann zu diesen Etappen ein Thema haben. Und das Kind interessiert sich gerade sehr für Römer oder interessiert sich schon lange für Römer. Und da habe ich dann die einzelnen Orte so gewählt, dass wir an jedem Ort auf den Spuren der Römer unterwegs waren. Die erste Etappe, wo wir übernachtet haben, war noch mal ein Verwandtschaftsbesuch, weil wir an Karfreitag gestartet sind und dann haben wir das mit Familienbesuch zu Ostern verbunden. Und das passte aber auch zu unsere Reiserichtung. In Deutschland ist ja das meiste südlich von Hamburg.

Carsten Überwiegend, ja.

Stefanie Und unsere Verwandtschaft wohnt auch südlich von Hamburg, also passte das schon, hat aber dann irgendwie auch so die Richtung vorgegeben, ob wir jetzt eher südwestlich oder südöstlich unterwegs sind. Wobei auch die Römer diese Richtung vorgegeben haben. Die Römer sind ja nur bis zum Rhein und dann nicht weiter östlich in Germanien damals vorgedrungen, sodass wir einfach dann auch sehr westlich unterwegs waren. Wir hätten jetzt auf dem Rückweg dann östlich unterwegs sein können, dass wäre noch mal so eine Überlegung gewesen, aber wir wollten ja dann mit dem Nachtzug fahren. Aber wie gesagt, das ist noch mal ein anderes Thema, über das sprechen wir noch.

Aber deswegen hatte ich das jetzt so geplant, dass wir in mehreren Etappen dann von Hamburg aus auf den Spuren der Römer bis nach Augsburg vorgedrungen sind. Augsburg deswegen, weil auch dort Spuren der Römer vorhanden waren. Und ich habe dann noch weiter geschaut, dass da dann auch noch andere Themen sind, die für Carsten und mich besonders interessant sind. Zum Beispiel in Augsburg die Fuggerei, die wir uns angucken wollten, die wir ja auch schon mal in einer vorangegangenen Podcastfolge erwähnt hatten. Jedenfalls Themen, die uns interessieren und das haben wir alles miteinander verbunden.

Dann habe ich natürlich auch nach veganen Restaurants, veganen Möglichkeiten zu essen geschaut, so dass wir zum Beispiel dann auch zwischen zwei Punkten, wo wir eine Ferienwohnung oder eine Möglichkeit zu übernachten hatten, einen Ort dann noch mal als Mittagessen-Ort rausgesucht haben, wo wir dann vegan essen gehen konnten und oder je nachdem es vielleicht auch noch römische Spuren gab und wir dann gucken konnten: okay, wir fahren jetzt zum Beispiel zwei Stunden, dann machen wir an diesem Ort Halt und essen da was und oder gucken uns noch römische Sachen an. Je nachdem, ob vielleicht wir erst um 16:00 Uhr in die nächste Ferienwohnung gehen können und noch Zeit überbrücken müssen. Und da ist es natürlich schöner, wenn zum Beispiel in dem Ort, wo dann die Ferienwohnung ist, es vielleicht überhaupt gar nichts Veganes zu essen gibt oder wir an Feiertagen unterwegs waren, wo dann überhaupt nichts auf hat, wir dann vielleicht in einer Stadt erst mal Zwischenhalt machen, die größer ist und mehr Möglichkeiten bietet, auch vegane Restaurants und wir dann da Aufenthalt haben, als dass wir dann irgendwie vor Ort an so einem kalten Bahnhof rumsitzen und warten, dass es endlich 16:00 Uhr ist, damit wir in die Ferienwohnung können oder so... Also das ist natürlich so das eine.

Wir haben dann auch immer unser Gepäck, wenn wir so was gemacht haben, am Bahnhof eingeschlossen. Und meist kostet das so 5 €. Die muss man dann in bar in Kleingeld zur Verfügung haben. Kommt natürlich drauf an, wie viel Gepäck du hast. Vielleicht musst du auch zwei Fächer nehmen, je nachdem. Ist ja ganz individuell, aber das war immer eine ganz gute Möglichkeit. Wenn wir dann mit höchstens einem Rucksack da einfach durch die Gegend gezogen sind, relativ frei waren und unser Gepäck war da gut aufgehoben und wir konnten uns frei bewegen.

Carsten Ja, selbst für zwei, drei Stunden oder so, was du da unterwegs bist und du bist unbeschwert, du kannst ins Restaurant gehen, du kannst mal durch die Stadt laufen und du hast nicht immer im Hinterkopf: Jetzt muss ich das Gepäck mit mir rumtragen. Jetzt habe ich doch keine Lust mehr so weit zu laufen oder so, sondern das ist dann völlig losgelöst und da sind die 5 € eigentlich ganz gut investiert.

Stefanie Ja, und das ist tatsächlich auch was, was ich gemerkt habe, dass das ganz gut ist. Wenn du längere Strecken an einem Tag machen möchtest, dann mach einen Zwischenstopp, dann ist es alles nicht so anstrengend und dann kannst du einfach zwei, drei Stunden fahren. Dann machst du einen Zwischenstopp, ruhst dich da aus, gehst was essen oder vielleicht hast du auch was zu essen dabei und isst das in einem netten Park oder irgendwo. Suchst vielleicht dir auch einen Ort aus, wo Dinge sind, die dich interessieren, die du gerne mal sehen möchtest und dann fährst du ausgeruht später noch mal drei Stunden weiter zum Beispiel.

Also wir haben das an einem Tag gemacht, dass wir dann wirklich insgesamt sechs Stunden mit dem Zug gefahren sind, aber mittig quasi nach drei Stunden dann einen Mittagsaufenthalt gemacht haben. Da sind wir auch wirklich nur essen gegangen und sind danach mit dem Zug weitergefahren, weil wir einfach gedacht haben, sechs Stunden am Stück Zugfahren ist ein bisschen stressig und so war es irgendwie total angenehm. Also es war jetzt nicht total schwierig. Es war dann schon so, dass der Zug irgendwann wieder voller wurde. Und weil das ein Freitag war, war dann so ein Junggesellinnenabschied dabei, die sich dann da noch die Haare gemacht haben im Zug und so, da habe ich dann auch wieder gedacht: okay, ich habe einfach meine Kopfhörer aufgesetzt und habe Hörbuch gehört. Deswegen habe ich da nicht wirklich viel von mitgekriegt. Wenn man dann versucht zu lesen während andere so laut und wild durch die Gegend reden, ist das schwierig.

Carsten Ja, ich habe natürlich dann das Buch präferiert und nichts gehört - bis auf diese Privatgespräche. Ja, aber die waren unterwegs zum Augsburger Plärrer und haben das dann, wie du schon sagtest, kombiniert mit einem Junggesellinnenabschied und mussten sich dann da im Zug in der einen Stunde, die sie unterwegs waren, noch für den Abend präparieren. Sie sind eine Station vor dem Ausgburger Plärrer ausgestiegen.

Stefanie Ja, genau.

Carsten Und da hatte ich dann mitbekommen, die wollten sich dann noch mit Dirndl versorgen. Also diese Trachtenkleidung, die wir da auf diesem Jahrmarktgelände auch sehr häufig gesehen haben. Und ja, es sind dann so nette Gespräche, die man so belauscht, wenn man dann in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind.

Stefanie Ja, wobei ich auch dachte: okay, die nutzen jetzt einfach auch die Möglichkeit, diese Fahrt, also die Zeit, die sie da verbringen, nutzen sie auch produktiv um die Haare zu glätten und in Locken zu formen und was auch immer alles. Steckdosen waren vorhanden und es wirkte alles so, als würden sie das öfter machen. Und da habe ich gedacht, das ist auch eine interessante Nutzung von Bahnfahren. Das kannst du beim Autofahren auch nicht machen oder beim Fliegen.

Carsten Nein, kannst du auch nicht. Wobei es für mich am Anfang sehr befremdlich war, jemanden neben mir sitzen zu haben, der ein Glätteisen rausholt und dann anfängt, die umsitzenden Personen zu frisieren. Bis ich dann den Kontext verstanden habe...

Stefanie (lacht) Du hast drauf gewartet, dass sie zu dir kam...

Carsten (lacht) Mein Haar ist nicht lang genug, dass man das glätten könnte. Aber nee, das war am Anfang schon so ein bisschen. Hm, was passiert hier jetzt gerade?

Stefanie Ja, aber ich habe gedacht, dass das eigentlich wirklich auch eine interessante Nutzung ist und wie gesagt, das kannst du da nur beim Bahnfahren machen. Im Bus kannst du es nicht, im Auto nicht, im Flugzeug nicht. Das ist tatsächlich ein Privileg vom Bahnfahren, dass du da dann entspannt, auch anderen, nicht nur dir selbst, die Haare machen und irgendwie dich herrichten kannst, so wie du das möchtest. Und das ist tatsächlich auch ein Vorteil vom Bahnfahren.

Carsten Ja, wo wir jetzt gerade bei Vorteilen des Bahnfahren sind, also ein Thema, was ja auch gerade in den Medien immer sehr stark nach oben gespült wird, ist ja die Pünktlichkeit der Deutschen Bahn. Da hatten wir dieses Mal eigentlich gar nicht so Probleme mit. Wir hatten tatsächlich so Verzögerungen, die für uns aber nicht kritisch geworden sind. Also es war jetzt nicht so, dass wir irgendwie einen Anschlusszug oder so was nicht bekommen hätten. Wahrscheinlich auch, weil wir auch unsere Etappen so geplant haben, dass wir wirklich nur so ein paar Stunden am Stück unterwegs waren. Und wenn wir dann irgendwie am gleichen Tag weitergefahren sind, hatten wir ja immer auch eine große Pause dazwischen.

Stefanie Und das ist mir danach auch erst aufgegangen: Der Vorteil der Nicht-Reservierung ist ja auch, dass wir mit jedem Zug fahren konnten. Also wenn jetzt der eine Zug nicht gekommen ist oder Verspätung hatte, haben wir dann einfach einen anderen genommen oder den nächsten oder so und wir waren ja relativ flexibel. Wir mussten nicht zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort sein, sondern es war alles total locker.

Carsten Genau. Aber trotzdem war es nicht so, dass wir jetzt irgendwie stundenlang am Bahnhof hatten sitzen müssen, um auf irgendeinen Zug zu warten, weil der geplante ausgefallen ist, verspätet war oder was auch immer. Also das war tatsächlich, auch wenn wir jetzt über diese vielen Tage am Stück unterwegs waren, für uns total gar kein Problem gewesen.

Stefanie Ja, ich finde, das war auch was, was ich vorher überlegt hatte, was ja aus dieser Erfahrung resultiert, dass immer mal wieder die Bahn unpünktlich ist, dass das irgendwie so eine Grundhaltung quasi sein muss, dass du denkst okay, die Bahn, die kann unpünktlich sein und es kann zu Verzögerungen kommen. Und wenn ich mich darüber aufrege, bringt das überhaupt nichts. Das macht die Bahn nicht pünktlicher. Das heißt, das schon irgendwie so mit einbauen und sich zu denken okay, sollte es jetzt mal dazu kommen, dann können wir auch irgendwie Alternativen finden. Und es ist nicht so, dass wir darauf angewiesen sind, dass dieser Zug zu dieser Uhrzeit da und dahin fährt, um den Anschlusszug zu bekommen, sondern wir können dann auch einen anderen Anschlusszug bekommen oder einen anderen Zug nehmen oder irgendwie finden wir schon eine Lösung, Also so eine ruhige Grundhaltung da zu haben, das ist tatsächlich sehr hilfreich und ich glaube, das ist tatsächlich auch so eine Grundhaltung wenn der Weg Teil der Reise ist, dann ist das irgendwie gar nicht so schlimm, wenn der Weg oder die Reise länger dauert oder anders sich gestaltet. Ich glaube, es wird so ärgerlich, wenn du zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort sein möchtest und du diese Reise oder den Weg nur als notwendiges Übel siehst.

Der Gedanke kam mir gerade, also dass du dann darüber schimpfst und das schrecklich findest, weil du aufgehalten wirst auf deinem Weg zu diesem Ort und du willst ja eigentlich nur an diesem Ort sein und du kannst dich nicht hinbeamen, also musst du irgendwie hinfahren, fliegen was auch immer und dir geht es gar nicht um den Weg. Und dann ist es natürlich blöd - wenn du diese Grundhaltung hast. Aber bei uns war es ja so, dass die ganze Reise Teil des Urlaubs war und der ganze Weg. Jede Etappe war etwas was dazugehört hat und wenn die länger gedauert hat, hat sie einfach länger gedauert und deswegen glaube ich, dass das zwei verschiedene Einstellungen sind. Einmal fährst du, um an diesem Ort zu sein und einmal fährst du einfach nur, um zu fahren. Und natürlich kommst du irgendwann auch an einem Ort an. Aber es ist nicht so dramatisch, wenn du eine Stunde später da ankommst. Oder vielleicht fährst du erst noch an einen anderen Ort oder was auch immer. Weil einfach die ganze Reise der Gedanke war. Und mit der Grundhaltung sind wir echt gut gefahren.

Carsten Ja, tatsächlich. Also jetzt, wo du das sagst. Teil der Entspannung haben wir uns schon während der Fahrt geholt. Ja und wenn ich jetzt - ich denke so ein bisschen naiv mal - klassisch reise, um einen bestimmten Ort zu erreichen. Das wollen wir ja deswegen so, um an dem Ort Entspannung zu bekommen. Du willst an dem Ort sein, willst was erleben. Abschalten. Vielleicht ein bisschen dich hinsetzen, Ruhe genießen. Wie auch immer. Und das haben wir ja, dieses Ruhe genießen, dieses Abschalten, dieses Nichtstun oder einfach lesen, Hörbuch hören, schon während der Fahrt machen können. Deswegen war das für uns eigentlich nicht das Problem. Und selbst wenn es jetzt zu einer Verzögerung auf einem Bahnhof gekommen wäre - kleinere Bahnhöfe wären dann vielleicht ein bisschen unkomfortabler gewesen. Aber auch da hättest du Hörbuch hören können, lesen können etc. hättest deine Freizeitbeschäftigung hier weiterführen können. Größere Bahnhöfe bieten dann ja noch mal ein ganz anderes Umfeld, um dann tatsächlich so ein bisschen die Gegend auch zu erkunden, je nachdem wie viel Zeit sich dann da ergibt.

Stefanie Einen Aspekt will ich noch erwähnen. Ich hatte das ja alles nur quasi am Computer geplant und hatte dann über OpenStreetMap mir da einfach nur angeguckt: Okay, welche Etappen sind gut? Habe das alles angeschaut und da, wenn du dir einfach nur so eine Karte so anguckst, siehst du ja auch nicht, wie die Landschaft aussieht. Und wir hatten eine Strecke, die wirklich sehr sehr schön am Rhein entlang geführt ist, hat, wie auch immer. Und da habe ich auch gedacht, das ist echt ein Geschenk. Also das war so eine richtige Sightseeing Linie, anderthalb Stunden oder so sind wir da am Rhein entlang gefahren und es war echt schön und so was ist natürlich auch nochmal Entspannung, dass du dann da einfach aus dem Fenster gucken kannst und kannst die Landschaft angucken und das einfach so an dir vorbeiziehen lassen, das ist schon fast meditativ.

Carsten Ja, und ich hatte das auch gar nicht auf dem Schirm. Ich bin in den Zug eingestiegen, habe gedacht: Ja, jetzt kann ich mich endlich wieder auf mein Buch konzentrieren und lesen, habe das dann aber irgendwann weggepackt. Und während ich dann im Zug die ganze Zeit raus geguckt habe und habe das Rheinufer gesehen und auch so ein Bergpanorama gehabt und die Lorelei haben wir gesehen.

Stefanie Ja, genau.

Carsten Da an dem Teilstück war das und da ist mir dann auch nochmal klar geworden, es gibt ja Personen, die fahren mit einem Schiff ganz bewusst solche Touren, um genau diese Natur zu erleben. Und du fährst jetzt mal einfach so mit dem Zug da durch.

Stefanie Mit dem Regionalzug. Du fährst einfach ganz günstig mit der Regionalbahn - auf dem Schiff, zahlst Du mehr.

Carsten Ja und exakt die gleiche Strecke. Okay, nicht auf dem Wasser, aber das stört ja jetzt nicht. Aber das ist mir da auch noch bewusst geworden, dass das tatsächlich Luxus gewesen ist, in der Situation. Deswegen war für mich Lesen und andere Freizeitbeschäftigung erst mal völlig uninteressant. Aber ich habe das dann wirklich genossen, da dieses Teilstück dann auch wirklich mal so als Sightseeing zu nutzen.

Stefanie Ja, und mir war das vorher nicht klar, dass wir da so lang fahren, aber das wäre vielleicht dann auch noch mal was für zukünftige Zugfahrten tatsächlich auch zu gucken und zu recherchieren, welche Züge, welche Verbindungen, fahren so malerisch, sag ich jetzt mal, durch die Landschaft, um das dann konkret auch dafür zu nutzen, für so eine Art Sightseeing, einfach da sich durch die Landschaft fahren zu lassen und dabei gemütlich aus dem Fenster zu gucken und ein schönes Panorama zu haben. Also das wäre auch nochmal so ein Punkt, den hatte ich nicht extra berücksichtigt, der ist uns so geschenkt worden sozusagen. Aber das wäre vielleicht für dich, liebe·r Hörer·in, wenn du so eine Reise für dich planst, noch mal eine Option, das auch noch mal zu recherchieren.

Natürlich gäbe es jetzt noch super viel zu erzählen. Wir könnten dir noch alle möglichen Details erzählen, was wir alles erlebt haben, aber wir wollten die Folge nicht extrem lang werden lassen und deswegen erzählen wir dir jetzt von unserem Nachtzug Erlebnis. Da hatten wir lange darauf hingefiebert und ich habe mich da wirklich drauf gefreut und hatte ja hohe Erwartungen an dieses Erlebnis. Wir sind mit dem Nachtzug von Augsburg zurück nach Hamburg gefahren. Wir sind nachts um 23:25 Uhr in diesen Nachtzug gestiegen und ich hatte ein Liegeabteil für uns als Familie, ein Komfort Privatabteil, reserviert. Das kostete 199 €, da war Frühstück inklusive. Allerdings das Wiener Frühstück, also zwei Brötchen, Marmelade, Butter - wir hatten unsere eigene Margarine noch dabei - und ein Getränk, das war inklusive. Und ich hatte mir das auch online angeguckt und habe gedacht: Ja super, dann haben wir da vier Liegen drin, wir sind ja nur zu dritt, das heißt, wir haben genug Platz, wir können unser Gepäck da unterkriegen und wir steigen ein und dann machen wir es uns gemütlich und dann schlafen wir. Und morgens um 8:45 Uhr sind wir dann in Hamburg am Hauptbahnhof und sind total ausgeruht und können noch den ganzen Tag genießen. Also das war so die Annahme. Du hörst vielleicht schon ganz kleines bisschen, dass es nicht so war.

Carsten Wir waren um viertel vor 9 in Hamburg.

Stefanie Ja, das war tatsächlich so, wir hatten keine Verspätung. Ich glaube, wir waren sogar schon um zwanzig vor neun da. Na ja, jedenfalls das war so die Annahme. Wir haben dann in Augsburg den letzten Tag noch verbracht und sind extra vorher abends ins Kino gegangen, damit wir irgendwie die Zeit rumkriegen, dass wir dann nicht stundenlang ohne Obdach rumsitzen.

Carsten Ich glaube, der Tag war von der Planung her der aufwendigste, weil wir so gegen 11 Uhr aus der Ferienwohnung raus mussten und dann tatsächlich so diese über zwölf Stunden hatten, die wir überbrücken mussten, bis wir in den Zug einsteigen konnten. Ja, das haben wir aber ganz gut gemeistert. Es gab dann glücklicherweise genügend Potenzial in Augsburg. Unter anderem deswegen haben wir auch Augsburg als Standort da gewählt, weil wir die Möglichkeit hatten, da auch in der Stadt entsprechend Veranstaltungen zu nutzen, um dann diesen Tag auch füllen zu können.

Stefanie Genau. Und dann haben wir uns noch ein Tagesticket für den öffentlichen Nahverkehr gekauft und sind mal eine Zeit lang mit der Tram hin und her gefahren. Also von daher...

Carsten Da haben wir sogar was gefunden, was wir sonst übersehen hätten.

Stefanie Ja genau. Das heißt wir haben da noch jede Menge Sightseeing gemacht. Also das nur so in Kürze. Aber es geht jetzt um den Nachtzug. Also die Erwartungen waren hoch. Ich habe ja auch in sämtlichen Bildungsurlauben und Kursen immer gesagt Nachtzug, Nachtzug, Nachtzug. Und hatte auch bisher immer tolle Sachen darüber gelesen und wollte das jetzt auch ausprobieren. Dann sind wir da in das Abteil. Natürlich haben alle schon geschlafen, deswegen mussten wir ganz leise sein und das Abteil an sich war auch schön. Das war so ein ganz neues. Die gibt es erst seit letztem Jahr oder Anfang diesen Jahres. Das Abteil war also sauber und frisch, alles schön eingerichtet. Allerdings haben diese neuen Wagen, das habe ich erst nachher recherchiert, nach unserem Erlebnis, keine Waschmöglichkeit mehr. Wir hätten in den Nachbarwagen gehen müssen, aber wir wussten das nicht und es war ja schon halb zwölf nachts und wir waren müde und wir hatten keine Ahnung und der Schaffner war dann auch wieder verschwunden und hat uns auch nichts erzählt, wo wir uns die Zähne putzen können oder so. Es gab also nur eine Toilette und ein rollstuhlgerechtes WC. Das war also nicht bei uns privat, sondern in dem Waggon. Bei uns privat im Abteil, weil das ja nur der Liegewagen war, nicht der Schlafwagen, gab es wirklich nur diese vier Liegen, zwei jeweils übereinander, Tische und Bettzeug. Wir hatten noch eine Flasche Wasser und das war's dann an sich sah das wirklich gut aus. Bis wir dann versucht haben uns hinzulegen. Zumindest Carsten und ich. Was ist dann passiert?

Carsten Ja, meine Beine passten nicht ins Bett. Ich habe festgestellt, dass die Länge der Betten dann doch nicht unseren Körperformen entspricht.

Stefanie Das war etwas, was ich nirgendwo vorher gelesen habe, wie lang diese Betten sind und die können höchstens irgendwie 1,85m lang sein. Also ich bin fast 1,80m lang, ich habe da gerade so reingepasst in das Bett. Man hätte mich da so reinklemmen können, fast. Und Carsten ist ja nun mal 2 Meter groß und er hat da einfach nicht reingepasst. Also schon so Embryohaltungsmäßig.

Carsten Ich schlaf häufig so auf der Seite. Aber zwischendurch habe ich schon mal so das Bedürfnis mich auszustrecken und dummerweise genau in solchen Situationen, wo ich es dann nicht kann. Ja und das Problem ist bei den oberen Liegen - Mensch möchte da ja auch nicht rausfallen und dementsprechend hat die Bahn ja auch vorgesorgt und dann so leichte Stützbretter an der Seite montiert, die bewahren zwar vorm Rauspurzeln, verhindern aber auch die freie Bewegung, dass dann die Knie mal über die Bettkante rüber könnten oder so. Das heißt also auch Embryohaltung im Liegen war da ja schon so ein bisschen eingeschränkt und das war schon schwierig.

Stefanie Du hättest eigentlich unten schlafen sollen, aber ich wollte nicht oben schlafen und das Kind auch nicht. Das heißt das Kind und ich habe unten geschlafen. Das Kind hätte von der Körpergröße, das ist noch etwas kleiner als wir momentan, da ins Bett gepasst. Aber ich wollte jetzt auch nicht, wenn es mal dann, während ich schlafe zur Toilette will und kraxelt irgendwie von oben da raus - ungewohnte Situation – dann fällt es mir da runter, das wollte ich auch nicht. Und Carsten ist ganz ohne Leiter da rauf – und runtergekommen. Wie hast Du das eigentlich gemacht?

Carsten Habe mich hoch abgestützt...

Stefanie Wir haben dann auch nachher erst rausgefunden, wo man die Leiter anhängt. Also das ist wohl offensichtlich der Nachteil, wenn du so spät erst zusteigst, wird dir irgendwie kaum was erklärt. Es waren auch nur zwei Betten mit Bettzeug ausgestattet. Carsten hat dann noch mal extra Bettzeug bekommen und am Morgen haben wir rausgefunden, dass Carsten voll das tolle Kissen hatte und das Kind und ich mit so einem kleinen, ja so einem Spielzeugkissen quasi ausgestattet waren. Ja, also das waren so Dinge. So und der nächste Punkt von dem, dass es schwierig war, sich da auszustrecken und überhaupt zu schlafen und vielleicht noch zu sagen die sind ja auch relativ schmal, die Liegen und die sind auch nicht einfach gerade durch, sondern irgendwie so ergonomisch oder wie auch immer. Also so in Schlangenlinienformen irgendwie, in der Mitte werden die schmaler. Davon noch abgesehen war die ganze Zeit die Lüftung an und die Lüftung war so laut, dass ich gedacht habe: geht die irgendwann aus?

Carsten Die konntest du auch nicht runterregeln. Also wir konnten die Lautstärke für die Durchsagen regeln, wir konnten Lichtintensität regeln, aber die Lüftung, das ging gar nicht. Die lief einfach.

Stefanie Ja, also wobei ich nachher gedacht habe, an die Lüftung hätte ich mich noch gewöhnen können, aber es ging irgendwie überhaupt nicht, sich da angenehm hinzulegen. Ich hatte die ganze Zeit Angst aus dem Bett zu fallen. Unten war nichts, keine Barriere sag ich mal, damit ich, wenn ich schlafe nicht rausfalle. Und ich würde einfach mal sagen für Menschen die größer sind als 1,75m und / oder dick, für die ist das einfach nix.

Carsten Ja, wird schwierig, wird echt schwierig. Also wie gesagt bei meiner Körpergröße, ich habe echt Probleme gehabt, mich da so in den Schlaf irgendwie einzufinden.

Stefanie Ich habe auch kaum geschlafen.

Carsten Ich habe zwischendurch anscheinend schon geschlafen. Das habe ich dann gemerkt, dass die Zeit schneller vergangen ist. Aber gefühlt lag ich auch die meiste Zeit wach und ich hatte eigentlich gedacht, dass wenn wir so spät fahren, dass wir dann schon so müde sind, dass wir quasi in den Schlaf fallen. Ja, das war aber ein Trugschluss. Also wenn ich denn eingeschlafen bin, wie gesagt, da gehe ich von aus, dass ich irgendwo zwischendurch mal ne Stunde geschlafen habe oder so, dann war das Gefühl zuerst so um 3:00 Uhr nachts oder so. Ja, also ich habe noch sehr viel von der Fahrt mitbekommen und das muss ja nicht unbedingt so sein. Also eigentlich war die Idee, wir fläzen uns da hin, fallen relativ schnell in den Schlaf und sind dann morgens tatsächlich ausgeschlafen.

Stefanie Genau damit wirbt ja auch die Bahn. Also das ist jetzt der Nightjet von der ÖBB, also der Österreichischen Bundesbahn. Die Deutsche Bahn hat ja leider das Geschäft so komplett aufgegeben. Die werben damit und auch die Decken sind damit bedruckt. „Dream today - enjoy tomorrow“. Also dass du ausgeschlafen an deinem Wunschort ankommst und deswegen quasi einen Vorteil hast, weil du in der Zeit dich fortbewegt und geschlafen hast. Aber ich habe kaum geschlafen. Das Kind sagte morgens das es eigentlich ganz gut geschlafen hat, hat aber dann später gesagt, dass es noch einen oder anderthalb Tage lang Schwindelgefühle hatte, weil das so ungewohnt war. Du liegst ja auch quer zur Fahrtrichtung, also du liegst nicht in Fahrtrichtung, sondern quer und das ist dann ja auch wieder nochmal was anderes.

Das sind unsere persönlichen Erfahrungen, die wir gemacht haben. Das kann ja auch sein, dass du ganz andere Erfahrungen machst, dass du 2 Meter groß bist und immer nur in Embryo Haltung schläfst und deswegen dort (zumindest unten) super schläfst. Das kann sein. Ich kann nur sagen: ich hätte gerne vorher gewusst, dass diese Betten so kurz sind, denn jetzt steht ja immer noch der Wunsch im Raum, dass wir mal nach Rom fahren und auch da gibt es so gute Anbindungen. Dann können wir von Hamburg nach München fahren mit dem ICE und von München fährt der Nachtzug - auch wieder der ÖBB Nightjet - abends um 20:00 Uhr los und ist morgens um 9:00 Uhr in Rom. Und das ist natürlich cool. Aber wenn ich dann überlege, was wir für eine Nacht hatten, musst du dich irgendwie zwei Tage lang erholen davon, dass du da so schlecht geschlafen hast. Also so war es zumindest bei uns und das wäre für mich keine Option. Was für uns auch blöd war, war, dass du, wenn du nachts mal zur Toilette musst, du dich immer anziehen musst, dann rausschleichen, da zur Toilette gehen und, wie gesagt, dass wir nicht wussten, dass man dann nebenan in den Waschraum gehen kann. Nur ist dann auch die Frage, wenn alle Wagen neu sind und es gar keine Waschräume mehr gibt, wie machst du es dann? Das ist ja auch irgendwie komisch.

Es gibt noch die Möglichkeit - wir hatten jetzt einen Liegewagen - einen Schlafwagen Platz zu bekommen. Da gibt es Deluxe Abteile, die natürlich teurer sind. Ist klar. Kostet dann so ungefähr das Doppelte von dem, was wir gezahlt haben, mit eigener Dusche und eigener Toilette. Da hatte ich jetzt schon mal drüber nachgedacht, ob wir da vielleicht irgendwie darauf sparen, damit wir dann damit nach Rom fahren, um dann zumindest diese für uns wichtigen Bedürfnisse nachts mal aufstehen, zur Toilette gehen und dann musst du nicht durch den ganzen Wagen laufen, sondern kannst einfach bei dir zur Toilette gehen und schläfst vielleicht, weil das Bett irgendwie kuschliger ist oder so angenehmer. Hatte ich gedacht. Vielleicht ist das was, aber die Betten sind ja auch nicht länger.

Ich hatte jetzt noch mal eine Anfrage gestellt an den Nightjet, wie denn jetzt die genauen Maße sind, und ich habe sogar zwei Antworten bekommen: einmal "im Durchschnitt 180 x 70 cm" und als zweite Antwort "Liegenwagen - 180 x 65 cm, Schlafwagen - 190 x 80 cm".

(Und dann ist natürlich die Frage, weil ich nämlich gesehen hatte, dass es je nach Liegeklasse sozusagen unterschiedliche Bettgrößen gibt, wenn die Betten dann größer wären, ob das dann eine Option wäre? Aber bisher war alles, was ich so recherchiert hatte, werden die Betten nicht länger als 1,90 m und das ist dann auch für Carsten wieder eher uninteressant.)

Carsten Wobei die Qualität des Bettes war für mich gar nicht das Problem. Es war wirklich die Länge, dass ich mich irgendwie nicht wirklich so bewegen konnte, wie ich das eigentlich normalerweise gewohnt bin. Ich bin jetzt auch jemand, der sich nachts immer mal wieder auf die andere Seite legt und dementsprechend braucht es ein bisschen Freiheit und zwischendurch auch tatsächlich mal ausstrecke. Ich habe zwischendurch einfach das Bedürfnis, mich dann einmal kurz auszustrecken und das geht dann nicht, weil das dann wirklich ne harte Kante ist. Da ist nicht so, dass ich mit den Füßen mal fünf Zentimeter nach oben müsste und dann mich über so eine Brüstung ausstrecken könnte, sondern da ist die Kabine zu Ende. Und dementsprechend ist das natürlich ein bisschen blöd und ich bin mir nicht ganz sicher, aber was mich auch vom Schlafen abgehalten hat, war die Kurvenbewegung. Die fand ich teilweise sehr extrem. Also es sind auch Fliehkräfte - so habe ich sie wahrgenommen - dass ich mal komplett nach rechts, mal komplett nach links, also Fahrtrichtung rechts oder links gedrückt wurde, wirklich, als wenn ich in so einer Zentrifuge war.

Solange die Richtung Richtung Füße gegangen ist, war das jetzt nicht so das Problem. In dem Moment, wo ich gemerkt habe der Druck Richtung Kopfregion nimmt zu und ich werde jetzt quasi als Gesamtpaket in Richtung meines Kopfes gedrückt, war das Ganze sehr unangenehm. Das kann sich natürlich dann irgendwie relativieren, wenn ich schneller in den Schlaf gefunden hätte, dann hätte ich das vielleicht gar nicht so wahrgenommen. Aber dadurch, dass ich dann tatsächlich da stundenlang wach gelegen habe, habe ich gefühlt jede Kurve mitbekommen und auch jedes Rangiermanöver. Also irgendwie habe ich sehr viel von der Fahrt mitbekommen. Und ja, wie du schon sagtest, es war überhaupt nicht erholsam. Am nächsten Tag hatte ich komplett den Durchhänger und brauchte eigentlich noch mal eine Nacht danach, um mich wirklich generell wieder zu regenerieren.

Stefanie Und ich hatte zwischendurch auch Angst, dass das Kind aus dem Bett fällt. Es hat sich ja auch mal umgedreht und diese Pritschen sind relativ schmal. Und wie gesagt, ich finde auch für dicke Personen ist es schwierig. Ich konnte mich zwar auf den Rücken legen und dann lag ich so geklemmt, aber wenn ich mich dann auf die Seite gelegt habe, mal auf die eine, mal auf die andere Seite, je nachdem... Ich habe alles ausprobiert. Ich habe auch mal die Richtung gewechselt. Ich habe mich immer mit dem Kopf dann nicht zum Fenster, sondern zur Tür gelegt. Aber da wurde das auch nicht besser.

Zumal die Betten meiner Meinung nach auch so geformt sind; die werden ja irgendwie kleiner. Also die Liegefläche wird schmaler Richtung Fußende. Also die haben tatsächlich eine Ausrichtung. Du kannst gar nicht anders darauf liegen. Also ich würde sagen, dicke Menschen können da auch Probleme haben, vor allem dicke große Menschen. Und mit groß meine ich über 1,75 m. Wie gesagt, ich bin fast 1,80 m.

Es kann natürlich noch passen, aber ich würde das gerne einfach noch mal ganz klar sagen: Diese Liegen, die sind wirklich maximal 1,85 m lang und vielleicht irgendwie so zwischen, weiß ich nicht, ich habe es nicht ausgemessen. Also an den ganz schmalen Stellen sind die bestimmt nur 40 Zentimeter breit, dahinten an den Füßen. Aber vorne vielleicht 70 Zentimeter. Aber das wäre es schon. Das ist schon viel.

Ich hatte nämlich jetzt noch mal recherchiert für Liegeflächen generell und da war so der Standard über die 60 Zentimeter. Und bei manchen Betten ist es dann in manchen Nachtzügen nur 1,75 m lang. Ja, da hätte ich das gleiche Problem wie Carsten gehabt, also da irgendwie reinzupassen, wenn das Bett noch nicht mal so lang ist wie man selbst. Ist schon ziemlich krass und ich bin einfach ehrlich gesagt total naiv davon ausgegangen, dass Betten überall mindestens 2 Meter lang sind. Das war irgendwie so meine Standardannahme, dass das so so sein muss.

Ich hätte nie gedacht, dass die kürzer sind. Ich habe das auch nirgendwo gelesen. Also vorher alle Berichte, die ich darüber gelesen hatte, das wurde da nie erwähnt, dass diese Betten so kurz sind. Oder hast du irgendwo mal was gehört oder gelesen?

Carsten Nein, nein, überhaupt nicht. Nein. Bettlänge war nirgendwo ein Thema. Eigentlich eher immer nur die Vorteile von Nachtfahrten. Das ist ja auch angenehmer. Du legst dich hin und kannst einfach am nächsten Tag aufstehen und frühstücken. Und bist eigentlich fit für den Tag, ohne dich dann noch irgendwie großartig erholen zu müssen, sondern kannst sofort starten.

Stefanie Ja, und es gibt auch einen Waschraum, wo du einmal kurz wenigstens das Gesicht waschen und die Zähne putzen kannst. Das konnten wir ja auch nicht. Wir wollten das auch nicht. Die Toilette war auch schon..., Ich weiß nicht, wie das auf dem rollstuhlgerechten WC war. War das auch schon so dreckig, oder?

Carsten Auf dem Hinweg war sie ganz normal sauber. Am nächsten Morgen habe ich schon gemerkt, dass andere Fahrgäste schon versucht haben, sich dort auch zu waschen. Der Fußboden selber… musste mit Schuhen reingehen, der war total nass.

Stefanie Wenn du jetzt gerade sagtest auf dem Hinweg: wir waren ja nur auf einem Weg unterwegs.

Carsten Nee, also Hinweg meine ich nicht. Also als wir...

Stefanie Eingestiegen sind, so meinst Du das…?

Carsten Ja, genau. Da war noch alles sauber und trocken. Ja, als wir dann ausgestiegen sind, am nächsten Morgen, als ich das letzte Mal drauf war, war ja, wie gesagt... die Spuren waren eindeutig. Menschen haben versucht, sich dort zu waschen und das sind ganz normale Toiletten, so wie wir sie heute so in normalen Zügen auch vorfinden. Das heißt, es kommt so ein bisschen Plätscherwasser raus. Und da hätte ich quasi so eine Katzenwäsche machen können. Und ich habe mir trotzdem die Frage gestellt: Wie kann ich hier Zähneputzen? Ich hatte jetzt keinen Zahnbecher dabei oder so was und das wäre schon schwierig gewesen.

Stefanie Und ich hatte gedacht, wenn Menschen darüber berichtet haben, dass sie mit dem Nachtzug gefahren sind und was negativ war, waren das ja eigentlich die Menschen, die mit einem da in so einem Schlafabteil oder Liegewagen oder wie auch immer dann da mit dabei waren. Dass andere Menschen vielleicht schnarchen oder irgendwas Schlimmes ist. So dass das vielleicht einschränkend sein könnte. Und deswegen hatte ich dieses Privatabteil ja für uns schon bekommen. Das war mit den 199 € schon relativ günstig, muss ich sagen. Und ich meine, wir haben ja tatsächlich einen der neuesten Wagen bekommen. Das ist ja schon alles sehr positiv und ich dachte, damit habe ich alles quasi ausgemerzt. Also damit ist alles abgehakt und wir haben aber auch tatsächlich von den Nachbar·Innen nichts gehört. Erst morgens beim Frühstücken hat man dann was gehört. Aber ich habe von denen in der Nacht eigentlich gar nichts gehört.

Carsten Nein, also umliegende Geräusche habe ich auch so weit nicht wahrgenommen. Das einzige, was ich wahrgenommen habe, war die Lüftung. Aber weil ich oben geschlafen habe, war sie bei mir auch deutlich leiser als bei dir unten. Und tatsächlich, ich sag jetzt mal, ganz normale Bahngeräusch.

Stefanie Ja, was ich auch gemerkt habe war, ich habe ja unten geschlafen, ich hatte das Gefühl da war es viel wärmer als bei dir oben. Und ich hätte besser oben geschlafen, weil ich es kühler mag ister und wie gesagt, dann wäre es da auch leiser gewesen und alles.

Aber ich hätte mir das jetzt auch nicht zugetraut ohne Leiter, wenn ich nachts zur Toilette muss, da einfach einmal runterzuspringen, dann hätte ich wieder eine Leiter angehangen. Vielleicht hätte man die auch die ganze Zeit da einhängen können. Aber mir ist dann auch erst morgens aufgegangen, wo man die einhängen muss. Also wie gesagt, das war alles irgendwie nicht so toll und also selbst wenn wir jetzt abends, sagen wir mal um 20:00 Uhr, wenn wir jetzt diese hypothetische Annahme hätten, wir würden jetzt von München nach Rom fahren mit dem Nightjet und würden um 20:00 Uhr da einsteigen und uns würde ein netter Mensch erzählen, wie das alles funktioniert und uns die Leiter sozusagen dann schon mal einhängen und wir gucken dann, wie funktioniert das alles und ich würde oben schlafen und da wäre die Lüftung nicht so laut und es wäre kühler. Und wenn wir vielleicht sogar investieren würden in ein Deluxe Schlafwagenabteil mit eigener Toilette und eigener Waschmöglichkeit, eigener Dusche gibt es da sogar noch dabei. Selbst dann gäbe es ja immer noch das Problem, dass die Betten nicht lang genug sind.

Und dementsprechend haben wir jetzt eigentlich gesagt: Okay, dann müssen wir jetzt, wenn wir wirklich noch jetzt irgendwann nach Rom fahren wollen, und es kommt nicht in Frage für uns mit dem Bus zu fahren, weil mir da immer schlecht wird. Es kommt nicht in Frage, mit dem Flugzeug zu fliegen, weil wir das einfach nicht wollen, auch nicht mit dem Auto zu fahren, weil wir es auch einfach nicht wollen. Zu Fuß also irgendwie auch blöd und mit dem Fahrrad auch. Das heißt, es käme für diese Strecke nur die Bahn in Frage. Müssen wir es irgendwie anders lösen, ohne Nachtzug.

Und damit kommen wir zu einem Punkt, den ich quasi willentlich zurückgehalten habe für jetzt, im Vergleich zum Nachtzug. Dass ich nämlich das Gefühl hatte, an dem Tag, als wir dann ja noch bis 23:25 Uhr warten mussten, bis dann der Zug kam, ich mich immer wieder dabei erwischt habe, dass ich gedacht habe: Ah ja, nachher, wenn wir im Zug sitzen, dann kann ich das Hörbuch noch weiter hören. Aber nachher, wenn wir im Zug sitzen, dann kann ich ja noch hier was lesen, dann kann ich das recherchieren und dann kann ich hier noch was machen. Um dann wieder zu denken: Ach nee, wir schlafen ja da. Das ist ja total doof. Ich kann überhaupt nicht mehr mein Hörbuch Zuende hören. Wenn wir morgen ankommen in Hamburg, dann ist es vorbei. Dann fahren wir noch eine Viertelstunde mit der S-Bahn, dann sind wir zu Hause und da ist gar keine Option mehr, jetzt ein Hörbuch zu hören. Und zu Hause, da habe ich noch dies oder jenes zu tun und das und so, und dann komme ich überhaupt nicht mehr dazu. Und das war irgendwie so eine Erkenntnis, wo ich gedacht habe: So toll ist es doch nicht.

Und dann habe ich natürlich wieder gedacht, aber das ist es ja auch was wir wollen: Ja, Nachtzug fahren usw..

Jetzt kann ich wiederum das nehmen, dieses Gefühl, dass ich denke: Ah ja, cool, jetzt kann ich gleich mal zwei Stunden, drei Stunden oder so Hörbuch hören oder Buch lesen oder keine Ahnung, was für mich machen und auf eine neue Reisemöglichkeit anwenden. Nämlich dann zu überlegen, dass wir die Reise nach Rom auch in Etappen planen und mir verschiedene Möglichkeiten überlegen. Nämlich, zum Beispiel, hatte ich gedacht, weil wir ja dann durch die Schweiz fahren, dass wir da vielleicht dann auch mal Zwischenhalt machen an einem Projekt von dem Verein Neustart Schweiz. Das wäre auch eine Möglichkeit, einfach Dinge zu sehen, oder Lebenshöfe. Oder so was zum Beispiel. Also einfach thematisch sich was zu überlegen und zu gucken, welche Orte sind dann interessant? Was könnte ich denn auf dem Weg erleben? Wie plane ich das so und dann auch wieder weiterhin die Reise so zu planen, dass man dann nicht so lange am Stück im Zug sitzt.

Jetzt sind wir ja bei dieser Reise durch Deutschland nur mit der Regionalbahn gefahren. Das muss ja nicht sein. Wir können ja auch mit dem ICE fahren, dann werden wir lange Strecken schneller überbrücken. Das werden wir wahrscheinlich dann auch machen. Das ist jetzt alles noch hypothetisch, keine Ahnung, ist auch eher nächstes oder übernächstes Jahr. Also das wissen wir noch nicht genau. Aber wenn man den ICE relativ frühzeitig bucht, dann kriegt man ja auch noch so günstige Tickets. Also von daher wäre das eine Überlegung. Und dann auch die Überlegung, so dann nach Rom zu kommen und auch wieder zurück. Dass man vielleicht auf dem Hinweg in dem Ort Halt macht und auf dem Rückweg in einem anderen Ort, so dass man die Möglichkeit hat, verschiedenste Orte zu sehen.

Natürlich bist du dann nicht irgendwie zwei Wochen in Rom und fährst an anderthalb Tagen hin, anderthalb Tagen zurück, sondern du bist dann vielleicht nur fünf Tage in Rom oder so. Je nachdem, was wir da jetzt machen wollen. Und fährst eine Woche hin und eine Woche zurück oder so ähnlich. Also denke ich mittlerweile, dass wir das dann so machen.

Carsten Und das ist auch tatsächlich etwas, was ich von unserer jetzigen Reise mitnehme, dass sehr viele Ereignisse stattgefunden haben. Also zwischendurch hatte ich schon das Problem im Gedanken nachzuvollziehen, was habe ich eigentlich in welcher Stadt jetzt gesehen? Weil das, was wir gesehen haben, das floss alles so ineinander über, dass ich gar nicht mehr sagen konnte: Oh, das war an dem Ort oder das war in jenem Ort, sondern das war Alles sehr präsent; aber es war sehr reichhaltig. Ich habe sehr viel Neues dazugelernt, ich habe sehr viele Aspekte bemerkt. Und wenn ich überlege, dass das ja eigentlich nur ein Reiseweg war, den wir da zurückgelegt haben, ist das schon sehr bemerkenswert. Und dass diese Konzentration ja mehr auf diesem Weg lag und nicht an einem Ziel festgemacht war, hat für mich eigentlich unser Urlaubserlebnis eigentlich sehr viel facettenreicher gemacht. Dadurch, dass ich einfach viele Dinge gesehen habe, die ich so nicht gesehen hätte, wenn wir uns einfach nur darauf konzentriert hätten, von A nach B zu kommen und möglichst lange an B zu bleiben.

Stefanie Ja, ich habe zwar zwischendurch viel fotografisch dokumentiert, um auch wirklich Erinnerungen daran zu haben und um das dann auch mit den Verwandten zu teilen, so Diashow mäßig. Die freuen sich alle schon auf diese knochentrockene Diashow mit 500 verwackelten Fotos.

Aber jedenfalls habe ich jetzt im Nachhinein gedacht: Ich möchte jetzt gerne noch so ein Fotobuch gestalten, um diese Reise greifbarer zu machen. Ich habe auch extra alle Fahrkarten aufbewahrt, weil ich gedacht habe, das macht es irgendwie schöner. Ich habe jetzt auch noch einige Ideen, wie ich das gestalten möchte, einfach um die Reise an sich auch zu würdigen, was wir so erlebt haben und einen Kontext auch zu den Fotos zu bieten.

Carsten Ich fand es sehr schön, sehr interessant und tatsächlich auch sehr bereichernd. Einmal als Erlebnis, als Gesamterlebnis. Auch wenn wir jetzt gerade zum Schluss die die Rückfahrt als sehr negativ wahrgenommen nochmal erklärt haben.

Stefanie Die Blenden, die einfach aus...

Carsten Und die die Erkenntnis zu haben, dass der Nachtzug jetzt zumindest nichts für uns ist, ist ja auch schon mal sehr, sehr wertvoll. Und wir haben es auch nach Hause geschafft.

Stefanie Wir sind nicht zwischendurch rausgesprungen, schreiend.

Carsten Also das Ziel haben wir ja erreicht. Aber dieses Gesamtkonzept. einfach zu sagen, wir reisen in Etappen, gucken in den einzelnen Etappen, was es dort Interessantes gibt, nutzen auch viele Angebote in den einzelnen Orten und versuchen uns in den Orten so wohlzufühlen, wie wir es gerade in der kurzen Zeit auch schaffen. Das fand ich sehr spannend. Und wie gesagt, ich habe tatsächlich sehr viele Eindrücke gesammelt, die ich jetzt auch noch längere Zeit mit mir herumtrage, wo ich auch zwischendurch wirklich, was ich vorhin auch schon erwähnt hatte, Probleme habe, die auseinander zu differenzieren, zu wissen, was war jetzt wo aber das ist..., das habe ich als sehr bereichernd empfunden. Das hätte ich glaube ich nicht gehabt, wenn ich jetzt wirklich nur in der Zielstadt im Zielort gewesen wäre und hätte da irgendwie eine Woche oder so verbracht.

Das ist jetzt aber nichts, was ich jetzt wahrscheinlich übertragen kann. Aber ich hatte ja am Anfang überlegt, ob ich meine Fotoausrüstung mitnehme. Gedacht: Okay, wenn du jetzt schon durch verschiedene Orte fährst und so, ist ja meistens so für jemanden, der fotografiert, dann die Kamera, das erste Equipment, was man in der Hand hat. Dass hätte ich gar nicht gebraucht. Dass wäre zu viel gewesen für mich. Ich konnte mich ohne meine Kamera so auf die einzelnen Situationen, auf die Erlebnisse, auf die Führungen, auf die Museen und so viel besser einlassen. Und hatte nicht immer diesen Drang, jetzt auf fotografische Tour gehen zu müssen. Also ich hätte wahrscheinlich mein Fotoequipment tatsächlich auch als Belastung, als belastendes Gepäck, aber auch als inhaltliche Belastung wahrgenommen. Und das war ganz gut, dass wir die Reise jetzt nur für uns gemacht haben. Wir haben zwar mit dem Handy fotografiert, um für uns so entsprechende Erinnerungsschnipsel mit reinzubekommen, mit denen du ja auch dieses Fotobuch nach gestalten kannst, aber wir haben auch ganz viele lustige Aufnahmen gemacht, weil wir einfach Spaß dabei hatten. Und das war echt ein super rundes Paket und ich freue mich darauf, wenn wir dieses Konzept auch in Zukunft für andere Reisen einsetzen können. Sei es die Reise nach Rom oder so. Das ist so mein Resümee.

Stefanie Ich nehme das jetzt mal als Kompliment für meine Reiseplanung. Ja und wie gesagt, mir macht so was total viel Spaß und ich habe jetzt auch Spaß daran, dieses Fotobuch zu gestalten. Da kommt wahrscheinlich die Designerin in mir durch. Dieser gestalterische Ansatz, das ist auf jeden Fall was, was mir Freude bereitet und ich könnte mir vorstellen, so was für andere zu machen. Aber letztlich kollidiert das dann wieder mit diesem „Arbeit und Geld“ und diese ganzen großen Gedanken, die ich mir in letzter Zeit mache. Aber vielleicht… ich gebe das jetzt mal so in den Raum hinein, raus aus diesem Mikrofon usw. Vielleicht ergibt sich ja daraus irgendwas. Mal schauen.

Aber jedenfalls, das war jetzt so unsere persönliche Reiseberichterstattung, unser Eindruck und unsere Erfahrungen, die wir gemacht haben mit unserer Tour quer durch Deutschland und zurück, mit verschiedensten Bahnmöglichkeiten. Also einmal Regionalbahn: Hinfahrt mit den verschiedenen Etappen. Und die Rückfahrt, dann unser Nachtzug Erlebnis. Und wie gesagt, das ist nicht allgemeingültig. Das heißt nicht, weil wir das so erlebt haben, musst du das auch so erleben. Gerade die negativen Dinge, das ist jetzt einfach..., sind unsere Grundvoraussetzung, unsere Bedürfnisse. Und ich denke wirklich, dass beim Reisen es ganz viel auf die individuellen Bedürfnisse ankommt. Was brauchst du, um dich wohlzufühlen? Was willst du überhaupt? Also was wünschst du dir vom Reisen? Was ist so dein Anspruch an das Reisen? Ist es eher Entspannung oder willst du was Neues entdecken? Willst du neue Kulturen oder neue Länder kennenlernen? Willst du thematisch so wie wir jetzt, bei den Römern zum Beispiel, irgendwie unterwegs sein? Also das sind alles Dinge, alles Fragen, die du dir zu Beginn stellen solltest. Und da ist jetzt unser Beitrag, dass du diese Gedanken und diese Bedürfnisse vielleicht auch mit Bahnreisen dann erfüllen kannst, dass du zu diesen Orten kommst, zu denen du möchte. Auf verschiedene Art und Weise. Und, vielleicht hast du ja positive Erfahrungen mit Nachtzügen gemacht, so dass du dann sagen kannst: Okay, das ist aber was für mich. Wir sagen jetzt auch nur, dass es aufgrund unserer Körpergröße nichts ist und wir uns nicht so gut daran gewöhnen konnten, an diese Lüftung und die Toilette und Waschmöglichkeiten.

Lüftung, Toilette, Waschmöglichkeiten sind Dinge, womit wir wohl klar kämen, aber die Bettlänge nicht so. Also wie gesagt alles individuell. Also von daher waren das jetzt unsere persönlichen Eindrücke und wir hoffen, dass wir dich damit inspirieren konnten und dass du vielleicht den einen oder anderen Tipp mitnehmen konntest. Und wenn du gerne mit uns darüber ins Gespräch kommen möchtest, kannst du uns natürlich gerne schreiben. Und es wird sogar, das kann ich noch ganz schnell am Ende anfügen, bald wieder eine neue Community geben. Da arbeite ich gerade dran, so im Hintergrund. Das kann aber vielleicht noch ein bisschen dauern, weil wie gesagt, ich mich verkühlt hatte und jetzt erst mal auskurieren musste und dann kommt noch dies und das und jenes. Wie das so ist... Aber bald wird es auf jeden Fall was geben, weil ich irgendwie ohne nicht kann. Also von daher gibt es dann da auch wieder die Möglichkeit zum Austausch. Also das schon mal als Spoiler.

Ja, dann würde ich sagen: In diesem Sinne...

Carsten In Hamburg sagt man Tschüss.

Stefanie Und auf Wiederhören.

Folge 285 - "Aktivismus heißt Verbindung - indigene Weisungen zur Heilung der Welt"

Ein Beitrag

Folge 285 - "Aktivismus heißt Verbindung - indigene Weisungen zur Heilung der Welt"

In dieser Folge stellen wir Dir eines meiner aktuellen Lieblingsbücher vor:„Aktivismus heißt Verbindung - indigene Weisungen zur Heilung der Welt“ von Sherri Mitchell, auch bekannt als Weh’na Ha’mu’ Kwasset (Die das Licht bringt).

Sherri Mitchell schreibt nicht nur darüber, was alles in unserer Welt schief läuft und warum, sondern zeigt auch ganz klar auf, was wir jetzt tun können, um das zu ändern.

Sie gibt konkrete Weisungen an die Hand, mit denen wir eine Zukunft erschaffen können, in der ein gutes Leben für alle Lebewesen möglich ist.

Es ist alles schon da, wir müssen es nur umsetzen und vor allem auch auf die Weisheit indigener Gesellschaften hören.

Links zur Folge

Buch "Aktivismus heißt Verbindung - Indigene Weisungen zur Heilung der Welt" von Sherri Mitchell
https://wortenundmeer.net/product/sherri-mitchell-aktivismus-heisst-verbindung/

Buch "Der Flug des Raben" von Richard Wagamese
https://www.penguinrandomhouse.de/Richard-Wagamese-Der-gefrorene-Himmel-Das-weite-Herz-des-Landes/aid87721.rhd

Träume: Von unsichtbaren und sichbaren Welten
https://www.goethe.de/prj/hum/de/dos/tra/22353299.html

„Es gibt Traumthemen, die universell sind“
https://www.goethe.de/prj/hum/de/dos/tra/22356965.html

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie In der heutigen Folge stellen wir mal wieder ein Buch vor. Wir haben einfach einen Riesenstapel an Büchern, den wir noch abarbeiten müssen, quasi. Also wir haben noch ganz viele Bücher, die wir gerade lesen und auch schon welche, die wir schon gelesen haben und die sozusagen in der Warteschlange stehen, aber thematisch jetzt gerade noch nicht passen. Und heute wollen wir das Buch „Aktivismus heißt Verbindung - indigene Weisungen zur Heilung der Welt“ von Sherri Mitchell vorstellen. Und dieses Buch ist für mich was ganz Besonderes und ich habe schon lange darauf gewartet, das jetzt vorstellen zu können. Und das ist tatsächlich ein Buch, das ich mir gekauft habe. Ich habe es vorher ausgeliehen und nachdem ich es gelesen habe, habe ich gedacht, das ist so wichtig für mich, das Buch, auch für die kommende Zeit, was ich alles noch machen möchte, ich muss dieses Buch einfach haben, nicht um des Besitzes willens, sondern einfach um da immer wieder reinlesen zu können.

Und bevor ich dir jetzt erzähle, warum ich das Buch so toll finde, möchte ich mich erst mal bei einigen Menschen bedanken, die Transkripte von Podcastfolgen Korrektur gelesen haben. Und zwar sind, seit wir die letzte Folge aufgenommen haben, nicht seit sie veröffentlicht wurde, sondern seit wir sie aufgenommen haben, einige korrekturgelesene Transkripte eingetrudelt und ich möchte in der Reihenfolge, in der sie angekommen sind, mich bedanken bei Astrid, Erika, Birgit, Wolfgang und vor allem Rupert. Rupert ist nämlich momentan dabei, einfach stetig weiter Transkripte Korrektur zu lesen und das ist wirklich wunderbar. Da bin ich total dankbar für. Denn jedes Transkript was Korrektur gelesen wird, muss ich nicht mehr Korrektur lesen. Und es sind jetzt noch 212 Folgen vom „Mehr als Vegan“ Podcast offen. Da ist also noch ordentlich Luft nach oben. 9 Folgen sind in Bearbeitung, also nicht von diesen 212 Folgen, sondern zusätzlich zu den 212 Folgen sind 9 in Bearbeitung von netten Menschen, die sich bereit erklärt haben Transkripte Korrektur zu lesen und 68 Folgen sind derzeit schon transkribiert worden. Ich hatte mir ja eigentlich vorgenommen, jeden Tag ein Transkript Korrektur zu lesen, habe das aber dann tatsächlich wieder aufgegeben und mache das jetzt auch eher so sporadisch, weil es so zeitfressend ist.

Und deswegen bin ich super super dankbar, dass Astrid, Erika, Birgit, Wolfgang und Rupert in den vergangenen Wochen die Korrektur gelesenen Transkripte eingesandt haben und dass es auch weiterhin Menschen gibt, die sich bereit erklären, Transkripte Korrektur zu lesen. Also ganz ganz herzlichen Dank.

Carsten Auch von meiner Seite aus ganz herzlichen Dank!

Stefanie Genau. Du, Carsten, hast ja einfach gar keine Zeit irgendetwas Korrektur zu lesen, weil du ja auch den Vollzeitjob hast und sonst noch so ein paar Dinge zu erledigen.

Carsten Genau, das ist tatsächlich so das große Manko. Kaum bin ich zuhause, dann gehen auch schon fast die Lichter aus. Also im wahrsten Sinne des Wortes. Und da ist tatsächlich nicht die Zeit und leider auch nicht die Energie, um da zu unterstützen. Es liegt nicht daran, dass ich nicht Lust hätte, aber es ist einfach, dass der Energielevel dann am Ende des Tages auch am Ende ist.

Stefanie Und deswegen ist es wirklich sehr zeitintensiv. Und wenn du, liebe Hörerin, lieber Hörer, das Gefühl hast, du möchtest gerne Zeit schenken und eine Folge Korrektur lesen oder vielleicht auch mehrere, dann meld dich gern bei mir unter post [at] vonherzenvegan.de. Wie gesagt, jetzt gerade, wo wir die Podcastfolge aufnehmen, sind noch 212 Folgen offen. Du kannst dann einfach dir eine Folge aussuchen, in dem du online guckst, bei denen, die schon transkribiert sind, da siehst du, dass da vollständiges Transkript steht und dann ist das Transkript schon auf der Folgenseite quasi zu sehen. Diese 9, die in Bearbeitung sind, kannst du nicht sehen. Das heißt, du müsstest mich dann einmal fragen: ist es okay? Ich schicke dir dann das Transkript zu, sollte das noch nicht vergeben sein. Und dann geht es wirklich nur darum, dass du Korrektur liest. Insofern nicht, dass es jetzt dann die neueste deutsche Rechtschreibung ist oder so. Also Kommasetzung ist mir eigentlich total egal. Natürlich ist Interpunktion auch sinnvoll, also so komplett ohne kann sich der Sinn von Sätzen verschieben. Es ist schon ganz gut, wenn so grob der Sinn erhalten bleibt. Aber es geht vor allem darum, dass die Software, die dieses Transkript erstellt, Fehler macht. Und diese Fehler zu erkennen und zu sagen ach, das heißt ja gar nicht „ich liebe Garn“, sondern das heißt „ich lebe vegan“, das dann zu korrigieren, darum geht es tatsächlich, damit der Sinn der Folgen erhalten bleibt. Und das kostet Zeit, weil du das Transkript einmal komplett durchlesen musst. Und je nachdem wie gut die Software das verstanden hat, desto mehr oder desto weniger gibt es zu korrigieren. Und weil das Zeit kostet, bin ich super super dankbar für jede Person die sagt, ich helfe dir, ich lese wenigstens ein Transkript Korrektur.

Also wie gesagt, wenn du dich angesprochen fühlst und sagst: Ja, ich kann ein bisschen Zeit investieren, ich kann dir Zeit schenken, dann melde dich bei mir. Wenn du sagst: Zeit habe ich nicht übrig, aber Geld, dann ist das auch toll, denn es fehlt immer noch ein bisschen Geld, um tatsächlich so die Hostinggebühren, die laufenden Kosten zu zahlen für die Podcasts und die Internetseite, alles was ich so kostenlos zur Verfügung stelle. Da kannst du gerne einmal bei Steady schauen. Es gibt im Moment sechs Menschen, die mich über Steady regelmäßig unterstützen, finanziell, eine Person, die mich regelmäßig per Überweisung unterstützt und insgesamt ergibt das einfach noch zu wenig Geld im Monat, um meine laufenden Kosten auszugleichen. Es geht wirklich nur um die laufenden Kosten. Schau da gerne mal vorbei. Selbst wenn du „nur“ 3 € im Monat gibst, ist das schon toll. Denn wenn das mehrere Menschen machen, dann summiert sich das ja. Und dann kommen wir auch auf den Betrag, den ich brauche, um die laufenden Kosten zu decken. Solltest du finanzielle oder zeitliche Unterstützung erübrigen können, bin ich dafür sehr dankbar. Du findest alle Informationen dazu hier unter der Folge oder in den Shownotes.

Jetzt zurück zum Buch. Carsten und ich haben das beide gelesen und wir haben noch nicht so direkt darüber gesprochen, über das Buch, nur so ein bisschen indirekt. Ich hatte dann das Gefühl, dass Carsten nicht so ganz damit zurechtgekommen ist, mit dem Buch und hatte ihm dann noch andere Bücher empfohlen zu lesen. Und vielleicht können wir da jetzt zunächst einmal drauf eingehen. Ich bin der Meinung, alle sollen dieses Buch lesen. Also dieses Buch ist wirklich für jede und jeden geeignet und sollte auch unbedingt gelesen werden. Wie siehst du das denn?

Carsten Ja, Zustimmung also ja, ist ein wichtiges Buch. Finde ich auch. Ich habe aber tatsächlich ein Thema, mit dem ich schwer klargekommen bin, wo ich auch dankbar bin, dass du mir nachher nochmal ein anderes Buch empfohlen hattest, um das so ein bisschen zu relativieren. Und zwar das Thema Spiritualität. Und dazu muss ich sagen, dass genau zu diesem Aspekt auch der Verlag quasi im Nachwort noch mal Bezug genommen hat, weil das Verständnis von Spiritualität in der indigenen Welt, sage ich jetzt mal, anders gelagert ist als das, was ich jetzt mit meiner, wie soll ich das sagen, eurozentrischen Lebenserfahrung unter Spiritualität verstehe. Ich bin jetzt nicht ganz eingeengt mit dem Begriff Spiritualität, aber Spiritualität hatte für mich erst mal so einen rein christlichen Kontext oder einen fernöstlichen Kontext, so mit, keine Ahnung, Meditation etc. Buddhismus, Zen das sind so alles Sachen, die fallen mir da ein. Also trotzdem sehr speziell, sehr abgegrenzt und meine Schwierigkeit bei diesem Buch war, dass es sehr spirituell geschrieben ist und wie gesagt, der Begriff Spiritualität bei mir eine bestimmte Konnotation hat, manchmal negativ, manchmal aber anders. Und da habe ich mich an einigen Stellen vielleicht nicht ganz so wiedergefunden oder bzw. auch ein bisschen es schwieriger gehabt, mich da reinzudenken.

Aber du hast mir ein Folgebuch empfohlen, einen Roman, wo indigene Erfahrungen, also persönliche Erfahrungen geschildert wurden von einer Person, die zurück zu ihrer Kultur gefunden hat. Und darum ging es ja, diesen Bezug, das ist ja dieses Zurück zur Kultur, zu den eigenen Wurzeln, zu sich selber finden, das ist so, sag jetzt mal so ganz roh das, was unter Spiritualität damit hineinwirkt und damit kann ich was anfangen. Das ist ja letztendlich auch nichts anderes als das, was ich persönlich versuche zu praktizieren, also im Sinne von zu mir selbst zu finden, zu verstehen wer bin ich eigentlich? Und das ist in der indigenen Welt natürlich ein sehr großes Thema. Also wirklich zu sich selbst zu finden und auch diese Verbindung zu sich selbst und und zur Mitwelt wieder aufzubauen. Aber wie gesagt, beim Lesen dieses Buches bin ich da mal so ein bisschen drüber gestolpert. Deswegen kam ich jetzt am Ende des Buches nicht ganz so euphorisch aus dem Lesen heraus wie du. Du hast da viel mehr direkt mitgenommen und ich bin dann immer über diesen Stolperstein Spiritualität gestolpert.

Stefanie Ich habe jetzt gedacht, wo wir gerade darüber sprechen, dass dieses Buch eigentlich ein Beispiel für voraussetzungsreiches Sprechen ist. Das, was Kübra Gümüşay schon in ihrem Buch „Sprache und Sein“ angesprochen hat, das was sie da beschrieben hat, dass das hier eigentlich stattfindet, dass das ein Beispiel dafür ist. Würdest du, wenn du jetzt darüber nachdenkst, das auch so sehen?

Carsten Das würde ich auch tatsächlich so sehen, dass das vielleicht für mich auch eine Hürde da war, dass ich mich erst mal so richtig einfinden musste in das was damit gemeint ist.

Stefanie Weil sie einfach aus dieser Kultur heraus gesprochen hat. Und für sie ist das ihr kulturelles Selbstverständnis und hat das nicht erklärt.

Carsten Mit sie meinst du Sherri Mitchell.

Stefanie Ach so, ja genau. Die Autorin Sherri Mitchell von dem Buch. Genau.

Carsten Ja, stimmt. Sie hat es nicht erklärt, das stimmt. Sie hat es vorausgesetzt. Deswegen ja voraussetzungsreiches Sprechen oder Lesen an der Stelle. Und das stimmt. Und ja, ich will nicht sagen, dass ich das jetzt vermisst habe. Das ist ja eher ein Defizit auf meiner Seite. Ich kann ja nicht voraussetzen, dass jede Person, die über dieses Thema schreibt, von vornherein erst mal einen riesigen Exkurs macht, um in das Thema einzuleiten.

Stefanie Aber ich wusste ja vorher schon, dass du Probleme mit Spiritualität hast und hatte dich darauf hingewiesen, dass das hinten erklärt wird im Buch, dass es dann noch einen Anhang gibt vom Verlag und du das auch dazu lesen solltest und wo du gerade gesagt hast, du weißt nicht, ob dir das geholfen hätte, wenn sie das erklärt hätte. Es wurde ja erklärt und es hat dir aber anscheinend nicht geholfen.

Carsten Ich habe das ja erst zum Schluss gelesen.

Stefanie Ach so.

Carsten Es ist ja ein Anhang.

Stefanie Also da ist es tatsächlich hilfreich, wenn du das zuerst liest. Hat der Anhang denn dann im Nachhinein geholfen?

Carsten Ja, ja klar. Das rückt natürlich sehr viel wieder gerade. Da, wo ich vorher gedacht habe okay, so richtig verstanden habe ich es nicht. Natürlich aber eher logisch. Den Anhang lese ich zum Schluss, deswegen heißt der Anhang, sonst hätte es ein Vorwort oder eine Präambel sein müssen.

Stefanie Ja, okay.

Carsten Und trotz deiner Warnung: nee, ich neige tatsächlich dazu, Bücher linear zu lesen. Also von daher mea culpa.

Stefanie Ja, aber es hat dir ja dann geholfen, sagtest du, dass du das Buch, was ich dir noch empfohlen hatte, gelesen hast. Ich sage nochmal dazu, welches das ist: und zwar von Richard Wagamese „Der Flug des Raben“. Und ich habe jetzt von diesem Autor alle verfügbaren Bücher gelesen. Allerdings sind noch nicht alle Bücher ins Deutsche übersetzt worden. Der Autor ist mittlerweile schon gestorben, ist aber ein sehr bekannter indigener Autor aus Kanada und ich finde die Art und Weise wie er schreibt super. Und ich dachte, damit Carsten zumindest besser versteht, was Sherri Mitchell mit der Spiritualität meint, ist es gut so was nochmal sozusagen in der Praxis zu lesen, weil das, was Sherri Mitchell schreibt, das ist so die Theorie und wie indigene Menschen das wirklich meinen und leben, das fand ich, konnte man gut in dem Buch „Der Flug des Raben“ von Richard Wagamese lesen. Was denkst Du?

Carsten Ja genau, das war für mich tatsächlich eine große Hilfe. Was ich vorhin schon sagte, das hat dann den Bezug zur Praxis für mich aufgebaut, dass ich auch wirklich, ich sag jetzt mal, tatsächlich verstanden habe, was damit gemeint ist, also den direkten Bezug zum Alltag. Und da habe ich mich auch wiedergefunden. Und gerade dieses Buch, „Der Flug der Raben oder des Raben“?

Stefanie Es ist nur einer. Der Protagonist heißt Garnet Raven und ist Teil des Raven Clans und eigentlich im Englischen heißt das Buch „Keeper ‚n me“, weil er mit einer anderen älteren Person dort zusammenkommt, die Keeper heißt. Von daher eigentlich beschreibt das das besser. Die deutsche Übersetzung ist nicht so treffend, aber Rabe, weil sein Familienname Raven ist.

Carsten Ja und das hat für mich sehr viel bedeutet, dieses Buch zu lesen, weil es mich auch sehr emotional mitgenommen hat. Also es war schon sehr berührend, das alles zu lesen, weil es ja auch eine autobiografische Komponente hatte, wobei der Autor es offen gelassen hatte: Was ist jetzt autobiographisch und was ist fiktiv? Aber das ganze Thema an sich, der Umgang mit Indigenen, gerade wie wir weißen Menschen mit indigenen Menschen umgegangen sind und auch noch umgehen, das wird da sehr stark thematisiert aus dieser persönlichen Sichtweise. Und das hat mir tatsächlich geholfen um auch diesen Bezug zum Thema Spiritualität so eingrenzen zu können, wie Sherri Mitchell es in ihrem Sachbuch dann auch gemeint hat.

Stefanie Ja, und deswegen, falls du, liebe Hörerin, lieber Hörer auch so wie Carson eher dem Thema oder dem Begriff Spiritualität so - ja ich will jetzt nicht sagen negativ gegenüber stehst - aber vielleicht so ein bisschen damit fremdelst, das in dir so leichte Verwerfungen hervorruft, dann empfehle ich dir wirklich zusätzlich zu dem Buch noch das Buch „Der Flug des Raben“ von Richard Wagamese zu lesen. Gerne auch alle Bücher von Richard Wargamese. Also ich fand das sehr inspirierend und auch gerne - das mache ich jetzt gerade auch - Bücher generell von indigenen Autor·innen, um einfach die Art und Weise zu denken, da zu lernen und mehr in die Kultur einzutauchen. Das ist nämlich auch was. Da muss ich jetzt einen kleinen Exkurs machen.

In meinen Bildungsurlauben wurde mir ja immer gesagt, ich muss ja unbedingt irgendwo hinfliegen im Urlaub, um die Kultur von diesem Land kennenzulernen. Und ich denke, es gibt tatsächlich noch mehr Möglichkeiten, um die Kultur von einem Land kennenzulernen, auch ohne dahin zu fliegen, nämlich zum Beispiel über Bücher, also Romane, die von Autor·innen geschrieben wurden, die dieser Kultur angehören. Und durch die kann ich viel vielfältiger da eintauchen und auch Filme, Serien, was auch immer, also alles, was so aus diesem Kulturkreis stammt. Es müssen ja keine Dokumentationen sein, sondern es können auch Romane sein oder Gedichte oder was auch immer. Das lässt mich ja viel tiefer eintauchen, als wenn ich drei Wochen Urlaub da mache. Also sowieso ist - wir können das jetzt ewig weiterspinnen - aber sowieso ist dieser kurze, drei Wochen Jahresurlaub nicht dafür geeignet, um eine ganze Kultur kennenzulernen. Oder über die Sprache, wenn du die Sprache lernst, dann kannst du dich dieser Kultur auch annähern. Also es gibt mehrere Möglichkeiten, wollte ich noch mal sagen, genau.

Und auch generell ist es so, dass sich aus dem Buch eine Vielfalt von Themen ergibt, die wir in zukünftigen Folgen auch noch behandeln wollen. Wir planen auch noch so was wie eine Serie zum Thema Gewalt in verschiedensten Formen. Carsten hat schon zwei Bücher eigentlich theoretisch vorbereitet, schon durchgearbeitet, die auch noch dann vorgestellt werden wollen mit bestimmten Schwerpunktthemen. Also es ergibt sich vieles jetzt auch aus diesem Buch und mir war dieses Buch deswegen so wichtig, weil ich das Gefühl hatte, es fügt bei mir vieles zusammen, was vorher schon aus verschiedenen Richtungen auf mich zugekommen ist, aber jetzt in diesem Buch wirklich zu einem sinnvollen Ganzen gewoben wurde.

Carsten Ja, vielleicht können wir da mal einsetzen. Ich glaube, gerade der Titel „Aktivismus heißt Verbindung“, war etwas, da hatte ich ursprünglich ein etwas anderes Verständnis, weil als ich das das erste Mal gelesen habe, habe ich gedacht: ist doch völlig klar. Wir als Aktivist·innen müssen zusammenarbeiten, wir müssen uns verbinden. Das ist ja jetzt keine neue Erkenntnis, sondern Gruppen finden sich ja auch - Ende Gelände als als einzelne Gruppe agiert ja auch in anderen Kontexten und andere Gruppen arbeiten jetzt zum Beispiel damit bei - also von daher dieses Verständnis, dass soziale Gruppen untereinander Verbindung schaffen müssen als Aktivist·innen, das ist ja wohl klar. Warum gibt es da jetzt ein eigenes Buch? Das war so für mich die Frage. Aber als ich das gelesen habe, habe ich gemerkt, hier geht es um was komplett anderes.

Stefanie Und magst du uns mal verraten, um was es denn geht deiner Meinung nach? Ich sag dann gleich ob es richtig oder falsch ist. (lacht)

Carsten Was soll ich fragen, ob ich das Geheimnis lüften darf?

Stefanie Ja, du darfst.

Carsten So wie ich es verstehe, geht es hier tatsächlich um die Verbindung zur Welt. Also dass wir uns nicht als getrennte Personen, als getrennt von der Natur sehen und auch nicht mehr so handeln, sondern, dass wir die Verbindung zur Natur suchen, finden und ausbauen, aber auch die Verbindung zu uns selbst. Was ich vorhin schon sagte, also tatsächlich wissen wer sind wir, wie sind wir, wie reagieren wir? Was für Anteile haben wir in uns und dementsprechend auch die Verbindung zu unseren Mitmenschen. Dass wir uns wieder als soziale Personen begreifen, die nicht nur verbal und wie auch immer interagieren, sondern dass wir auch untereinander verbunden sind und sei es einfach, weil wir Teil der Natur sind. Aber dann auch in diesem spirituellen Kontext, also dieses „alles ist im Fluss“ oder wir sind alle miteinander verbunden oder so. Also ich kann das schlecht ausdrücken, aber das ist so das, was ich aus diesem Buch mitgenommen habe, was Sherri Mitchell unter Verbindung meint, nicht das Zusammenarbeiten untereinander, also keine Kollaboration, nicht ausschließlich, eher so auf dieser spirituellen Art und Weise die Verbindung wieder aufbauen.

Stefanie Auf jeden Fall auch natürlich das Zusammenarbeiten statt gegeneinander, gemeinsam statt individuell also solche Dinge auch, genau. Soll ich jetzt so ein Hop/Top, richtig oder falsch machen?

Carsten Nein, einfach den Daumen hoch oder runter.

Stefanie Sicherlich, sehr lustig. Beim Audio ist sowas toll. Ich kann ja dann im Transkript so einen Daumen hoch Daumen runter einbauen.

Um Verbindungen ging es ja auch schon bei Robin Wall Kimmerer. Als wir „Geflochtenes Süßgras“ gelesen und rezensiert haben, sprach sie ja auch quasi davon, dass wir die Verbindung zur Natur eigentlich wieder herstellen müssen. Hier finde ich, geht Sherri Mitchell nochmal um einiges weiter. Also natürlich ergänzt sich das und je mehr du von indigenen Autorinnen liest, desto mehr wirst du dich da auch hineinfinden können in diese Gedankenwelt. Und was mich besonders angesprochen hat, war Heilung der Welt, weil im Moment mein Thema irgendwie Heilung ist und ich gedacht habe: ja, das ist tatsächlich ein Schritt für alle, den wir gehen müssen, weil so viel Gewalt passiert ist. Insgesamt. Aber natürlich auch uns persönlich.

Aber generell ist historisch betrachtet, so viel Gewalt überall passiert durch die Kolonialisierung, durch verschiedenste Dinge wie das Patriarchat und so, also Gewalt an Menschen, Gewalt an unserem Planeten, an den Mitlebewesen, die hier unseren Lebensraum mit uns teilen und einfach Gewalt in unterschiedlichem Ausmaße. Und natürlich auch Ungleichgewicht herrscht zwischen Menschen, die kolonisiert wurden und Menschen die kolonisiert haben. Also wenn ich das jetzt so unterteilen darf.

Und da damit wir dann eine gemeinsame Zukunft haben und wir ein gutes Leben für alle schaffen können auf diesem Planeten, muss erst mal Heilung stattfinden. Und Sherri Mitchell schreibt an einer Stelle auch, dass Heilung erst stattfinden kann, wenn das aufhört, also diese Gewalt aufhört. Also wenn wir natürlich erst mal anerkennen, dass Gewalt stattfindet. Aber dann muss das aufhören und dann können wir erst heilen. Das ist natürlich ein großer Schritt, zumindest aus unserer heutigen Perspektive, der dann noch getan werden muss. Der aber notwendigerweise gegangen werden muss.

Und das war eigentlich das, was mich am meisten neugierig auf das Buch gemacht hat. nd ich fand es wirklich rundum etwas, was mir hilft, wirklich jetzt dann in die Zukunft weiterzugehen und auch meinen Weg zu finden und meinen Platz, wie ich jetzt am besten an dieser klimagerechten, sozialgerechten Zukunft mitarbeiten kann. Und Sherri Mitchell schreibt auch in dem Buch, dass es die Aufgabe unserer Zeit ist, die nächsten sieben Generationen ins Leben zu träumen und dass wir daran arbeiten müssen, ihnen eine Welt zu bieten, die dazu in der Lage ist, ihre Leben zu erhalten und dieses in die Zukunft träumen. Unsere Vorfahrinnen haben uns quasi in die Zukunft geträumt, haben uns erahnt in der Zukunft und andersrum sind wir jetzt diejenigen an der Reihe, die nächsten sieben Generationen in die Zukunft zu träumen. Das war etwas, was mich auch sehr berührt hat. Was aber natürlich auch wieder spirituell ist. Und deswegen natürlich gleich die Frage an dich: War das jetzt was, womit du was anfangen konntest oder ist das wieder was, wo du sagst: spirituell weg?

Carsten Äh, ja und nein. Also das mit den sieben Generationen kannte ich. Das war jetzt für mich nichts Neues. Ich finde das sehr wichtig, diese sieben Generationen zu überdenken, weil es ein viel größerer Horizont ist als all das, was wir momentan im persönlichen Leben umsetzen. Und im politischen ja sowieso gar nicht; also im politischen Alltag. Das, was da jetzt gerade so realpolitisch passiert, das ist ja wirklich nur von heute auf morgen. Also, da können wir von profitieren und das war für mich nichts Neues.

Wo ich aber Schwierigkeiten mit hatte, ist dieses Reinträumen oder, dass auch in der Vergangenheit unser Ahnen uns geahnt haben, also quasi als Vorahnung. Das ist etwas, wo ich gemerkt habe - dass ist aber bei mir persönlich - dass ich von meiner Haltung, von meiner Denkweise, einfach zu hart bin. Also, hart im Sinne von rational. Da fehlt mir vielleicht noch so diese emotionale Komponente oder so was. Also Spiritualität verbinde ich sehr stark mit Emotionalität. Es ist für mich, will ich sagen, so im „Gleichklang“. Aber das klingt da schon mit an und ich merke, dass ich von meiner Prägung her tatsächlich eher so hart und nüchtern und sachlich bin; muss die Welt irgendwie rational begreifen und bewerte. Und deswegen fällt es mir auch schwer, sowas anzunehmen.

Stefanie Mehrere Dinge fallen mir dazu ein. Nämlich zum einen, dass Sherri Mitchell auch davon spricht, von den männlichen und weiblichen Wesensanteilen, was keine Geschlechtszuordnung sein soll, sondern zwei verschiedene Wesensanteile, die wir alle in uns tragen. Dass diese Gewichtung wichtig ist und dass das bei uns westlichen Menschen oder eurozentrischen Menschen aus dem Gleichgewicht geraten ist. Das was du gerade beschreibst, dass also diese, sag ich jetzt mal, das eher das Männliche. Also wie gesagt, es geht nicht um binäre Geschlechtsformen, sondern um eine Art und Weise zu sein, die einfach ja jetzt diese Zuschreibung hat, was Sherri Mitchell als männlich und weiblich beschreibt. Und da sagt sie auch oder schreibt sie auch , dass wir aus dem Gleichgewicht geraten sind, dass wir auch wieder die Verbindung herstellen und die Verbindung zu dem herstellen, was in uns so aktiv ist.

Führt für mich irgendwie wieder zu Gedanken über toxische Männlichkeit und wie männlich gelesene Menschen aufwachsen in unserer Gesellschaft und könnte jetzt darin enden, dass du so empfindest. Das ist ein Gedanke dazu. Und ein anderer Gedanke, der mir gerade kam, war: Dadurch, dass ich jetzt mehr von indigenen Menschen gelesen habe, also Autorinnen, die Bücher verfasst haben, die ich dann wiederum gelesen habe oder auch mir Dokumentationen angeschaut habe, die von indigenen Menschen auch tatsächlich mit erstellt wurden, habe ich ein anderes Verständnis fürs Träumen gewonnen, Dass das indigene Verständnis von Traum und Träumen ein ganz anderes ist, als wir das haben. Da bin ich aber auch gerade erst frisch dabei. Da bin ich noch auf Recherchereise sozusagen. Habe da erst so ein bisschen was zu gelesen, kann aber jetzt schon sagen, dass das wahrscheinlich deswegen dir so komisch vorkommt, weil auch hier wieder ein anderes kulturelles Verständnis vorherrscht bei dem, was Sherri Mitchell da schreibt. Dass wir das überhaupt gar nicht so können, in Anführungsstrichen. Also wir sind gar nicht fähig, auf diese Art zu träumen, wie Sherri Mitchell es meint. Wie gesagt, stehe ich da noch völlig am Anfang, was die Träume, die kulturelle Bedeutung von Träumen in indigenen Gemeinschaften betrifft.

Ich verlinke aber gerne schon mal zwei Links zu diesem Thema, dann kannst du da, liebe Hörerinnen und Hörer, schon selbst tätig werden und Weiterlesen. Wenn du andersrum da schon viel weiter bist als ich und dazu mir Lektüre empfehlen kannst, dann melde dich auch gerne. Da freue ich mich natürlich auch drüber.

Also mich hat das jedenfalls sehr angesprochen, dass Sherri Mitchell davon schreibt, dass wir die neue Welt kollektiv in die Wirklichkeit räumen müssen. Also weil ich ja auch schon ganz viel mit Träumen und Vorstellungskraft und Reisen in die Zukunft gearbeitet habe und auch immer noch arbeite. Und deswegen war das für mich ein wunderbarer Anknüpfungspunkt, auch ohne vorher schon mehr in die kulturelle Bedeutung von Träumen bei indigenen Völkern einzutauchen. Und was Sherri Mitchell dann als die Aufgabe unserer Zeit bezeichnet. Was ich vorhin zitiert habe, das betont sie auch noch mal, in dem sie schreibt: „Wir investieren 10 % unserer Energie, um zu erkennen, was verändert werden muss. Weitere 10 % investieren wir, um unsere Beteiligungen am Schaden rückgängig zu machen und mit den restlichen 80 % erschaffen wir eine Wirklichkeit, die Mitgefühl, Sicherheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit für alles Lebendige bietet.“ Und damit legt sie noch mal den Schwerpunkt darauf, dass wir nicht nur darauf schauen, was verändert werden muss und wie wir den Schaden rückgängig machen sollen oder können, sondern vor allem den Hauptanteil unserer Energie darauf verwenden, diese neue Welt zu schaffen und ins Leben, in die Wirklichkeit zu erträumen. Und das ist genau das, was mich anspricht.

Carsten Es ist auch genau das, was heute nicht passiert. Ich bin jetzt wieder beim ganz normalen politischen Alltag. Wir gucken , wo ist was schief gelaufen? Bewerten häufig auf technologischer Basis, und fragen uns, wie kommen wir da in Zukunft raus? auch auf technologischer Basis. Und damit ist es das dann auch. Damit ist für uns der Fall dann erledigt. Viel mehr brauchen wir nicht. Zukunft gesichert. Alles tutti. Weiter wie bisher. So ist ja das, was man so außen im Moment wahrnimmt. Und jetzt?

Da ist Sherri Mitchell ja viel klarer, dass sie sagt: Hey, das sind nur 20 % dessen, was wir machen. Wobei... Ihr Ansatz ist ja ein ganz anderer, gar nicht technologisch, sondern tatsächlich spirituell und damit auf der gesellschaftlichen Ebene. Aber dann sind escdie 20 % und der große Teil dessen, was tatsächlich zu leisten ist, findet ja auf einem ganz anderen Feld statt. Das ist dann das Schaffen einer besseren neuen Welt. Und da, wo wir ja quasi heute mit unserem Alltagspraktiken hoffen: „Das ergibt sich dann irgendwie von alleine, wenn man die beiden ersten Themen Schadensidentifikation und Schadenskorrekturen/-Begrenzung dann erledigt hat. Der Rest erfüllt sich dann von alleine.“, stellt sie klar: Nein, da fließt eigentlich der Hauptanteil der Arbeit rein.

Stefanie Ja, Sherri Mitchel betont das auch noch mal, in dem sie schreibt: „Wir müssen bereit sein, mehr zu tun als eine Forderung zu stellen. Wir müssen bereit sein, aktiv an der Schaffung einer Welt zu arbeiten, in der diese Forderung erfüllt werden kann.“ Und das fand ich auch wirklich sehr prägnant. Sage ich jetzt mal, dass sie nicht nur sagt okay, wir können alles anprangern und es ist natürlich auch wichtig anzuprangern, aber gleichzeitig, um alles im Gleichgewicht zu halten, solltest du auch mitarbeiten daran, dass das, was du anprangerst, zum einen abgeschafft wird, aber dann auch das, was du eigentlich willst, dann auch geschaffen wird.

Und Sherri Mitchell schreibt an einer Stelle, wo es um Bildung geht, dass wir nicht versuchen sollen, unsere Kinder an diese Welt anzupassen, sondern wir müssen eine Welt schaffen, die zu unseren Kindern passt.

Und wie genau das jetzt gehen kann, das erklärt sie in dem ganzen Buch und wir schauen nun auch noch einmal rein, wie das denn jetzt aufgebaut ist. Und zwar fängt es an mit Teil Eins „Fundamente legen“ und da geht es um die “Lieder von der Entstehung der Welt“ und “Die Liebe Tausender“

Und die „Liebe Tausender“ bedeutet tatsächlich , dass wir jetzt, also du liebe Hörerin, lieber Hörer und Carsten und ich, wir alle, die wir jetzt leben, aus der Liebe Tausender entstanden sind. Denn wir haben ja ganz viele Vorfahr·Innen, die irgendwie alle zusammengekommen sind im Laufe der Zeit und immer wieder Nachfahren gezeugt haben, die hoffentlich aus Liebe entstanden sind und auf deren Schultern wir theoretisch stehen oder die uns den Rücken stärken; welches Bild dir besser gefällt. Und das soll die Liebe Tausender sein. Tatsächlich, und auch hier kann es natürlich sein, dass du so einen inneren Widerstand hast gegen die Liebe Tausender oder generell diese spirituelle Ansicht. Hier muss ich auch direkt gleich dazu sagen, dass das wieder das voraussetzungsreiche Sprechen oder Schreiben ist. Denn Sherri Mitchell schreibt ja aus der Sicht ihrer indigenen Kultur und aus dieser Sicht gibt es diese Liebe Tausender. Aus unserer eurozentrischen Sicht kann das sein, dass es nicht immer liebevoll war. Das noch als Anmerkung dazu. Und wie geht es dann weiter?

Carsten Ja, im „Zweiten Teil“ des Buches geht es darum, “Den Abweg zu verstehen“ . Also wie sind wir auf Abwege gekommen? Da geht es zum einen um die Frage “Wo sind wir gerade?“, "Wie sind wir denn hierher gekommen?“ Sie geht auf “Trauer, Trauma und Vertrautheit“ ein. Dann schreibt sie über “Konflikte transformieren.“

Ein Teilbereich geht auf den Bereich “Rechte und Verantwortung ins Gleichgewicht bringen.“, “Dekolonisieren“ ist nochmal etwas, worauf sie eingeht. Dann “Unsere kindliche Abhängigkeit beenden.“, “Eroberung und Aktivismus“ und “Frauen tragen das Wasser der Welt.“

Stefanie Genau. Und diese Kapitelüberschriften, die Carsten gerade vorgelesen hat, sind dann immer auch nochmal unterteilt in Unterkapitel. Und gerade so was wie zum Beispiel Dekolonisieren, da geht es ja durchaus noch um einige wichtige Punkte, die mir auch noch nicht so alle klar waren. Aber wo mir das Buch wirklich geholfen hat, da noch mal alles besser zu verstehen. Und letztlich, wir hatten es schon am Anfang gesagt, ist dieses Buch sowohl für Carsten als auch für mich ein Ausgangspunkt für viele, viele weitere Themen, die wir noch mal genauer untersuchen werden. Das heißt, das ist jetzt erst mal nur so ein Überblick. Und in“Teil Drei“geht es dann weiter“Uns den weiteren Weg vorstellen“. Also erst mal haben wir ja geguckt, wo stehen wir jetzt, wie sind wir denn da hingekommen und wie geht es jetzt weiter? Das heißt, dieser dritte Teil ist dann in drei Kapitel unterteilt. Das erste Kapitel heißt “Von der Resonanz zur bewussten gemeinsamen Schöpfung“ und das zweite Kapitel “Von Lehrenden und Lehrern.“ Und das dritte “Die Kultivierung von Krieg·erinnen.“ Und da schreibt Sherri Mitchell auch viel immer wieder über ihre eigene Erfahrung. Also sie hat auch immer wieder, auch schon in vorangegangenen Kapiteln ihre eigene Geschichte mit eingebettet, was ich sehr gut fand. Wie ging es dir damit?

Carsten Ja, ich fand diesen Bezug zur eigenen Vergangenheit für mich sehr hilfreich, weil das sind genau die Brücken, die es mir ermöglichen, diesen Begriff der Spiritualität ja mit Leben zu füllen, dass ich da auch viel von verstehe, was sie damit meint. Deswegen war das ganz wichtig, dass sie da quasi ihre eigene Vergangenheit mit einfließen lässt.

Stefanie Ja, also bei Sherri Mitchell ist es so: Ich habe das so verstanden, dass sie in einer relativ intakten Umgebung aufgewachsen ist. Wobei auch ihre Eltern natürlich leider durch die Kolonisierung Schwierigkeiten hatten. Aber sie hatte einen großen Verwandten·innenkreis sag ich jetzt mal, also die ihr da geholfen haben, ihre Kultur auch zu leben. Trotz der Kolonialisierung und trotz des Leidens, was ihre Vorfahren erlitten haben, angefangen bei ihren Eltern. Und im Vergleich dazu ist sie relativ intakt aufgewachsen, was das kulturelle Gut angeht, also dass sie weiß, wo sie hingehört, wie sie sich verorten kann und hatte Möglichkeiten, ihre Spiritualität dementsprechend zu entwickeln, was wahrscheinlich dann irgendwie auch die Schwierigkeit ist für uns und vor allem für dich, Carsten, dann damit klarzukommen irgendwie, weil unser Denken so westlich geprägt ist. Und deswegen hatte ich dir, Carsten, da dieses Buch empfohlen: „Der Flug des Raben“, von Richard Wagame, weil dort der Protagonist auch fernab seiner Kultur aufgewachsen ist und dann erst als Erwachsener langsam wieder seine Kultur kennen gelernt hat und sich mit den ganzen Werten zu verbinden. Und das ist glaube ich genau der Weg, der für uns auch interessant wäre, das zu lernen. Das heißt, das ist wahrscheinlich etwas, womit wir uns eher identifizieren können als mit einer Person, die schon von Geburt an quasi damit aufgewachsen ist und deswegen ein viel tieferes Verständnis hat von Spiritualität.

Carsten Das ist auch etwas, was hier in diesem dritten Kapitel, des dritten Teils, dann noch mal hochkommt, nämlich wenn sie schreibt die Kultivierung von Krieg·erinnen. Das ist etwas, wo noch mal klar wird, wie unterschiedlich dieser Begriff Krieg·erin gesehen wird. Das Verständnis, was ich so vorher mitgebracht hatte: Ja klar, so hollywoodmäßig aus dem Kino geboren;ja, Krieg, brutal. Vielleicht noch der ehrbare Ritter, so ein Paladin, der vielleicht noch so ein paar ehrbare Grundwerte mit sich bringt, aber alles mehr so auf Kampf gemünzt. Das ist hier überhaupt nicht so im indigenen Verständnis oder in dem, was Sherri Mitchell schreibt.

In ihrer Kultur sind Krieg·erinnen Personen, die für die Gemeinschaft einstehen. Also ein Beispiel, ich hoffe, ich zitiere das jetzt richtig und nicht aus dem Buch „Der Flug des Raben“ - das verschwimmt so inhaltlich gerade so für mich - aber das, was ich so mitbekommen habe über diesen Begriff Krieg·erin: das sind Personen, die zum Beispiel bei Feierlichkeiten dafür sorgen, dass zuerst die Alten, die älteren Menschen, dann alle Kinder und Frauen und dann ganz zum Schluss diese Krieg·erinnen was zu essen bekommen. Also das sind im Grunde genommen diejenigen, die dafür sorgen, dass es der Gemeinschaft gut geht, und das auch aktiv fördern. Also, keine Ahnung... „Sozialarbeiter“ wäre vielleicht etwas, was mir spontan einfällt; aber vielleicht ist das auch ein völlig falscher Kontext. Also mir fehlt einfach der Übertrag. Wo finde ich solche Personen hier in der westlichen Gesellschaft?

Und für mich war das tatsächlich eins von diesen vielen Beispielen, wo ich gemerkt habe, ich bin mit einer komplett anderen Verständniswelt, mit einer Logik aufgewachsen, die konträr ist zu dem oder vielleicht nicht unbedingt konträr, aber sehr weit weg ist von dem, was da in diesem individuellen Kosmos existiert und von dem ich aber sehr profitieren kann, weil ich einfach gemerkt habe, dass unsere Sichtweise, ja ich will nicht sagen grundlegend falsch ist, aber vielleicht nicht unbedingt hundertprozentig richtig ist. Und ich das, was ich dort in der indigenen Welt vorfinde, viel passender, viel treffender auch hinsichtlich der möglichen Zukünfte besser empfinde.

Stefanie Ja, und es geht jetzt natürlich nicht darum, dass wir eins zu eins die indigene Kultur kopieren sollten, sondern deswegen heißt es ja auch Weisungen, sondern uns quasi unterweisen lassen sollen in den Grundwerten, die diese indigenen Kulturen haben und dann unsere eigene Kultur damit wieder bereichern. Also Vielfalt statt Homogenität ist ja tatsächlich auch ein Grundsatz, denn Homogenität ist ein Erbe des Kolonialismus. Und dieses Gleichmachen generell findet er immer noch statt und darum geht es uns nicht. Und darum geht es auch Shari Mitchell nicht, dass sie jetzt sagt Alle müssen genauso denken wie sie. Sondern sie zeigt einfach nur, welche Werte wichtig sind in unserer heutigen Zeit.

Carsten Und damit sind wir auch gleich beim vierten und letzten Teil des Buches “Vorwärtsbewegen und aus dem Vergangenen schöpfen.“ So, und da ist das erste Kapitel in diesem vierten Teil “Kulturelle Grundwerte“, das was du gerade schon angesprochen hattest, die werden hier noch mal vorgestellt in aller Ausführlichkeit. Es geht dann da weiter in die über “Die indigene Lebensweise“. Dann werden noch vorgestellt “Vier Grundlagen selbstbestimmter Gesellschaften“ und das Buch schließt dann ab mit “Leben in Zeiten der Prophezeiung.“

Stefanie Genau. Und dieser vierte Teil ist tatsächlich so ein für mich an Praxisteil, wie ich eine klima- und sozial gerechte Zukunft bauen kann. Und deswegen unter anderem habe ich das Buch auch gekauft und werde es jetzt nicht verlosen lassen, sondern behalten.

Es heißt nicht, dass du es unbedingt kaufen musst. Du kannst es bestimmt irgendwo auch ausleihen. Aber letztlich ist es für mich persönlich gerade sehr wichtig, das Buch. Und weil ich mich darauf konzentriere zu schauen: wie kann eine Welt aussehen oder wie baue ich eine Welt sozusagen, in der ein gutes Leben für alle, alle Lebewesen auf diesem Planeten möglich ist? Und da gibt dieser vierte Teil gerade sehr, sehr viel her. Und die kulturellen Grundwerte, da habe ich schon alles so weit, so rausgeschrieben.

Die indigene Lebensweise gibt sehr viel her und die vier Grundlagen selbstbestimmter Gesellschaften. Das sind: Ernährungssouveränität, Wassersouveränität, Energiesouveränität und Bildungssouveränität.

Und da schreibt Sherri Mitchell sehr konkret auch darüber, wie das aussehen kann und was auch schief läuft. Momentan schreibt sie auch bei Ernährungssouveränität ganz klar darüber, dass diese Fleischlastigkeit hier in unserer Gesellschaft auch ein Problem ist. Und was natürlich auch noch interessant ist, ist „Leben in Zeiten der Prophezeiung“. Da stellt sie einige ausgewählte Prophezeiungen aus verschiedenen indigenen Völkern vor, die alle eigentlich sagen, dass wir jetzt in dieser Zeit leben, für die diese Prophezeiung gedacht war. Also in dieser Zeit, in der wir ins Handeln kommen sollten und in dieser Zeit, in der die weißen Menschen sich an die indigenen Menschen wenden und schauen. Unsere Kultur von deren Kultur lernen, von ihren Werten lernen, von ihrer Art und Weise, hier auf diesem Planeten zu leben. Und damit schließt sich dann quasi der Kreis, das wir von Sherri Mitchell und natürlich allen anderen indigenen Menschen sehr, sehr viel lernen können.

Und wie gesagt, es geht nicht darum uns eine einzige Kultur zu erstellen die homogen ist, sondern um Vielfalt. Und es geht vor allem darum, wieder eine Zukunft zu schaffen, die wirklich für alle lebenswert ist. Und damit würde ich die Buchbesprechung tatsächlich hier auch beenden; schließen, quasi.

Natürlich steckt so so viel mehr in diesem Buch und ich lege dir wirklich ans Herz, dieses Buch zu lesen. Für mich war es ein Schlüsselbuch oder ist es immer noch und ein sehr wichtiges Buch. Und ich denke, dass du auch davon sehr viel profitieren wirst.

Wie gesagt, wenn du wie Carsten eher Spiritualität negativ oder vielleicht etwas kritisch gegenüber stehst, dann lies vielleicht entweder danach oder davor. Das Buch „Der Flug des Raben“ von Richard Wagamese. Und lies vor allem zuerst das Nachwort und und dann das Buch. Also das Nachwort jetzt zu dem „Aktivismus heißt Verbindung“.

„Ich glaube zum Flug des Raben“ gibt es kein Nachwort. Nein. Im Nachwort findest du auch noch Informationen zu dem Verlag. Das ist nämlich ein ganz besonderer Verlag, der heißt „w_orten & meer“. Das ist ein kleiner Verlag, der auf Hiddensee sitzt, also der Insel Hiddensee, und sich auch dem diskriminierungskritischen Übersetzen gewidmet hat. Und das finde ich total spannend, weil hier in dem Buch auf andere Art und Weise gegendert wird, als ich das jetzt zum Beispiel mache. Und dazu sind im Anhang noch einige Gedanken und Überlegungen, wie Sprache diskriminierungsfrei sein kann oder wie du mit Sprache diskriminierungskritisch umgehen kannst. Und das ist wiederum ein weiterer Punkt, wo Carsten und ich noch wirklich lernen müssen, wo wir noch relativ am Anfang stehen.

Ich habe mir dazu auch schon Bücher ausgeliehen, aber wie gesagt, wir haben hier einen Riesenstapel, der noch abgearbeitet werden muss und ich komme gar nicht dazu, alle Themen so zu bearbeiten. Aber das ist auch ein Punkt, der noch wirklich auf unserer To-Do-Liste steht: Diskriminierungsfreies Sprechen und Schreiben, also Sprache generell. Das ist definitiv noch weiterhin Thema. Wir hatten ja schon „Sprache und Sein“ von Kübra Gümüsay, aber letztlich geht es da noch viel tiefer. Also da ist noch ein weites Feld.

Carsten Ja und von meiner Seite abschließend: Also, für mich war jetzt so die Erkenntnis durch dieses Buch, aber auch durch das andere, was wir gerade schon genannt hatten „Der Flug des Raben“, dass gerade aus diesem indigenen Kontext sehr viele neue Gedankenwelten auf uns einschwappen und das wird uns auf alle Fälle noch beschäftigen in nächster Zeit, in den nächsten Wochen und Monaten, vielleicht auch noch darüber hinaus und werden sicherlich in der einen oder anderen Podcastfolge nochmal andere Schwerpunkte aufgreifen und das Thema weiterführen. Also, ich habe es als sehr befruchtend empfunden, überhaupt jetzt in Kontakt zu diesem Thema zu kommen.

Stefanie Dann würde ich sagen: In diesem Sinne...

Carsten Ja, in Hamburg sagt man Tschüss.

Stefanie Und auf Wiederhören.

Folge 284 - (Immer noch) Ein Leben ohne Auto

Ein Beitrag

Folge 284 - (Immer noch) Ein Leben ohne Auto

Im August 2016 haben wir eine Folge zum Thema "Leben ohne Auto" veröffentlicht. Als ich das Transkript zu dieser Folge Korrektur gelesen habe, dachte ich, dass es interessant wäre, wenn wir 6,5 Jahre später eine weitere Folge aufnehmen würden.

In der Zwischenzeit ist viel passiert und einiges, was wir damals erzählt haben, findet heute in unserem Alltag nicht mehr statt.

Wir leben mittlerweile seit mehr als 8 Jahren ohne Auto und beleuchten in dieser Folge, wie wir unser Leben autofrei gestalten. Das betrifft den Arbeits - und Schulweg, Wochen-, wie Großeinkäufe, Umzüge, Verwandtenbesuche in weiterer Entfernung und auch die Art, wie wir Urlaub machen.

Natürlich ist auch diese Folge wieder nur eine Momentaufnahme - wir entwickeln uns ständig weiter und doch ist eines klar: ein eigenes Auto brauchen wir nicht mehr.

Links zur Folge

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie In dieser Folge wollen wir mal wieder über ein autofreies Leben sprechen. Mal wieder, weil wir das Thema Mobilität jetzt in den letzten Jahren immer mal wieder besprochen haben. Aber auch, weil wir im August 2016 schon eine Folge rausgebracht haben, die wir mit „Ein Leben ohne Auto“ betitelt haben. Und das Transkript davon habe ich jetzt vor kurzem Korrektur gelesen. Tatsächlich aus der Neugierde heraus mal zu lesen, wie wir damals gedacht haben. Und da haben wir noch ganz stolz erzählt, dass wir seit anderthalb Jahren ohne Auto leben. Das war schon voll die krasse Nummer.

Carsten Ja.

Stefanie Und dann habe ich gedacht, nachdem ich das durchgelesen habe, wir sollten jetzt, sechseinhalb Jahre nach dieser Folge, nochmal eine Folge aufnehmen, denn jetzt leben wir seit mehr als acht Jahren ohne Auto. Und ich denke, wir haben jetzt schon einiges an Erfahrung gesammelt, was wir in dieser Folge mal so geballt wiedergeben können. Carsten und ich haben uns tatsächlich auch vorab zusammengesetzt und so ein bisschen zusammengeschrieben was passiert ist in den vergangenen Jahren und so eine Struktur gebildet, damit wir es für dich auch strukturiert wiedergeben zu können. Und ich hatte mir so als ersten Punkt Alltag aufgeschrieben, worunter wir jetzt zum Beispiel den Arbeitsweg von Carsten, den Schulweg vom Kind und auch generell unsere Wohnsituation gefasst haben.

Carsten Genau. Und beim Arbeitsweg fange ich jetzt gerade mal an, damals, 2016, in der 28. Folge, da hatte ich ja noch einen relativ langen Arbeitsweg. Den hatte ich da in der Folge auch noch mal benannt, dass ich zwei Teile hatte, wo ich mit Fahrrad fahren musste, zwischendurch dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, also mit der Bahn fahren konnte. Mittlerweile ist es so, dass ich die Wahl habe. Ich kann sowohl den ganzen Weg mit der Bahn fahren als auch mit dem Fahrrad. In den unterschiedlichen Wohnsituation, in denen wir seit 2016 gelebt haben, hatte ich auch unterschiedliche Arbeitswege, die ich aber teilweise auch immer mit Fahrrad bestritten habe. So, und ein Aspekt, der im Alltag für uns immer zum Tragen kam, war, dass wir unseren Wohnort, den wir seit 2016 ja auch schon mehrfach gewechselt haben, auch immer mit der Maßgabe gewählt haben, dass wir möglichst alle Wege auch mit Fahrrad zurücklegen können.

Bei meinem aktuellen Arbeitsweg ist es jetzt so, dass ich die Möglichkeit habe, die Strecke mit Fahrrad zu fahren. Die Strecke ist so 22 - 23 Kilometer lang, führt aber durch ein relativ idyllisches Eckchen, möchte ich schon sagen. Also es ist jetzt auch so von der Fahrradroute her die meiste Zeit eigentlich sehr angenehm. Bis zu dem Zeitpunkt, wo ich direkt ins Stadtzentrum reinkomme, weil ich ja mitten in der Stadt arbeite und die ersten Kilometer tatsächlich so recht ländlich unterwegs bin und dann quasi an den Deichtorhallen raus komme und da dann in die Stadt rein fahre. Und diese Strecke von knapp 23 Kilometer ist für mich tatsächlich im Moment überhaupt gar kein großes Hindernis mehr. Ich fahr verhältnismäßig häufig die komplette Strecke mit dem Rad. Habe aber, und das ist jetzt auch etwas, was ich lernen musste, als ich dann angefangen habe, diese Strecke zu fahren, durchaus noch ein Konditionsdefizit. Also jeden Tag schaffe ich es nicht, da ist ein Arbeitskollege ein etwas anderes Vorbild für mich. Der macht das tatsächlich jeden Tag und hat ungefähr die gleiche Strecke. Der macht das aber auch schon ein paar Jahre länger. Und für mich hat sich das jetzt so ergeben, dass ich versuche, zwei, drei, maximal viermal die Woche diese Strecke zurückzulegen. Wobei bei drei Mal eigentlich so ein Punkt erreicht ist, wo ich merke, okay, das kriegst du von der Kondition noch hin, würde ich viermal fahren, das habe ich auch schon gemacht, dann bin ich am Ende der Woche schon ganz schön geschlaucht.

Stefanie Und man muss dazu sagen: Du hast ein ganz normales Fahrrad. Kein E Bike.

Carsten Ja, genau. Ich habe ganz bewusst kein E Bike gekauft, obwohl wir in der Vergangenheit auch schon mal darüber nachgedacht hatten. Aber diese Strecke selber ist für mich eine sportliche Betätigung, so mit der Maßgabe, dass ich morgens einigermaßen gut gelaunt bei der Arbeit ankomme. Macht ja durchaus was mit einem, wenn man dann auf dem Fahrrad fährt und dann ja, ich brauche quasi eine Stunde, diese Stunde dann tatsächlich manchmal auch bei gutem Wetter zurücklege und dann in der Arbeit ankomme. Und auf dem Rückweg bietet das natürlich die Chance, dann auch ein bisschen Abstand zu gewinnen und sich ein bisschen auszupowern und einfach Arbeit Arbeit sein zu lassen und diesen Nachhauseweg dann zum Abstand gewinnen zu verwenden. Und an den Tagen, wo ich tatsächlich nicht mit Fahrrad fahre, habe ich aber aufgrund unserer Wohnlage die Möglichkeit, die Strecke komplett mit S und U Bahn zurückzulegen und bin da eigentlich ziemlich komfortabel aufgestellt, was diesen Weg betrifft.

Stefanie Und du bist dann auch schneller mit S und U Bahn als die Stunde, oder?

Carsten Genau. Also mit Fahrrad brauche ich tatsächlich so ca. eine Stunde. Wenn das Wetter sehr gut ist und meine Kondition auch gut ist, bin ich ein bisschen unter einer Stunde. Wenn ich jetzt Schlechtwetter habe, schlechte Windverhältnisse, brauche ich ein bisschen mehr als eine Stunde. Aber es kommt dann noch hinzu, dass ich mich dann ja umziehen muss. Und ich habe den Vorteil, dass ich direkt an der Arbeitsstätte auch eine Dusche habe, sodass ich, wenn ich verschwitzt ankomme, dort duschen kann. Also ich ziehe mich zum Fahrradfahren tatsächlich so ein bisschen in Radfahrermontur an, kann mich dann auf der Arbeit duschen, umziehen und wenn ich das mit allen rechne, brauche ich ungefähr anderthalb Stunden für alles, was damit zusammenhängt. Würde ich jetzt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, bin ich in ungefähr 45 - 50 Minuten dann wirklich von Haus zu Haus da.

Stefanie Ja, wir hatten das auch schon damals, falls du die Folge 28 gehört hast, diese Folge vor vielen, vielen Jahren, hatten wir damals auch schon gesagt, dass das aber ja für dich kein Problem ist, diese Zeit zu investieren, weil du dich eben sportlich betätigst. Das hast du jetzt gerade ja auch schon erwähnt, dass du sonst ja diese Zeit für Sport noch mal extra aufwenden müsstest.

Carsten Genau, so ganz hat sich das noch nicht verändert. Also ich werte das immer noch als sportlichen Ersatz und ich merke auch, wenn ich mal ein paar Tage mit der S Bahn fahre, weil ich keine Ahnung einfach ein bisschen zeitiger auch zu Hause sein möchte oder noch andere Dinge zu erledigen habe, wo das mit dem Fahrrad vielleicht so ein bisschen schlechter gelingt, dann merke ich schon, dass ich Spaß dran habe, doch wieder aufs Rad zu steigen und dann die Strecke mal wieder mit Fahrrad zu fahren. Dann freue ich mich da tatsächlich drauf zu wissen, okay, morgen fährst du wieder. Auf der anderen Seite, was ich ja gerade auch schon sagte: irgendwann ist die Kondition dann zu Ende und wenn dann am Ende der Woche die nach Hause Strecke die letzte, die ich da zurücklege, dann doch eher langsamer ausfällt, weil ich merke die Puste ist langsam raus, dann freue ich mich auch mal ein, zwei Tage nicht fahren zu müssen.

Stefanie Ja, wenn dann dein Kollege fröhlich klingelnd an dir vorbeizieht.

Carsten Der versucht immer so eine Hetzjagd zu machen. Manchmal ergibt sich das so, dass ich nur ein paar Minuten vor ihm starte. Normalerweise haben wir immer eine Stunde Abstand. Er kommt eine Stunde später in die Firma, fährt ne Stunde später los. Aber an einigen Tagen ist es dann durch Mehrarbeit oder so so, dass das ich dann kurz vor ihm starte und dann gibt es insgesamt so ein kleines Wettrennen. So nach dem Motto: holt er mich dann noch mal ein oder nicht? Das erzählt er mir am nächsten Tag, dass er nicht erfolgreich gewesen ist und meint mich dann am Horizont gesehen zu haben und dann war ich es dann doch nicht, als er aufgeschlossen hatte usw..

Stefanie Hat er sich schon angesprochen und dann wurde er gerügt, dass...

Carsten Er guckt ja gerade so zur dunklen Jahreszeit immer so: Oh, da hinten ist das Rücklicht und da sind so Satteltaschen das könnte er sein. Und dann, je näher er kommt, stellt er fest: Nee, ist er doch nicht. Und es ist manchmal so ein bisschen lustig, diese Anekdoten am nächsten Tag dann auszutauschen. Und das ist natürlich auch ein treibender Faktor, muss ich sagen. Wenn du weißt, okay, du bist nicht der einzige, der diese Strecken zurücklegt, sondern da ist zufällig auch in der eigenen Abteilung noch eine Person, die fast exakt die gleiche Strecke fährt, splittet sich quasi hier nur in der Wohnsiedlung so ein bisschen auf. Dann ist das noch mal eine ganz andere Motivation, als wenn du als Einzelkämpfer·in immer unterwegs bist.

Stefanie Wir müssen noch dazu sagen, dass dein Arbeitskollege 15 Jahre älter ist als du.

Carsten Ja, das kommt da hinzu. Das hätten wir jetzt nicht unbedingt erwähnen müssen. Also gefühlt ist er 15 Jahre jünger als ich vom Fitnessstand her...

Stefanie Ich finde, dass ist auch noch mal erwähnenswert, dass er - nicht in Bezug auf dich, sondern in Bezug auf ihn - das ja tatsächlich schon ewig macht, mit dem Fahrrad da zur Arbeit zu fahren. Also wirklich diese 23 Kilometer hin und zurück, täglich.

Carsten Und das jeden Tag.

Stefanie Er hat eben nicht diese Pausen, sondern er fährt wirklich jeden Tag, also fünf Tage die Woche fährt er hin und zurück mit dem Fahrrad.

Carsten Ja, genau, das ist natürlich dann schon so ein Punkt, wo ich dann überlege okay, was mach ich falsch? Aber klar, er macht das halt schon über Jahre hinweg, das heißt, er hat die Kondition, vielleicht komme ich da auch noch mal irgendwann hin, will ich ja nicht ausschließen.

Stefanie Und dadurch, dass er diese 15 Jahre älter ist als du, hat er auch eine andere Lebenssituation, weswegen das wahrscheinlich auch nicht so schlimm ist, wenn er mehr Zeit auf dem Fahrrad verbringt. Denn es ist ja tatsächlich auch ein Zeitfaktor, wie du schon sagtest, Du kommst dann auch später nach Hause und hast dementsprechend wieder weniger Zeit für uns hier, für die Familie.

Carsten Das stimmt. Wobei mein Kollege und ich bei dem Punkt, dass das Fahrradfahren tatsächlich Spaß macht, da sind wir uns einig. Er wird natürlich auch im Verwandtenkreis gefragt: warum machst du das eigentlich? Wieso bist du eigentlich so bescheuert und fährst bei jedem Wetter diese Stunde mit Rad hin und eine Stunde wieder zurück, du bist mit dem Bus und mit der S Bahn deutlich schneller. Aber das ist genau der Aspekt, der bei mir, wenn ich dann fahre, ja auch zum Tragen kommt. Es macht einfach Spaß und dieser Spaß, der überwiegt selbst an Tagen, wo dann das Wetter wirklich gruselig ist. Es gibt da durchaus so Situationen, wo du im Büro sitzt und dann kommt auf einmal das Gewitter und du denkst: Oh Scheiße, ich muss jetzt gerade noch mit dem Fahrrad nach Hause fahren. Aber auch das ist dann nicht unbedingt das Problem. Vielleicht auch, weil wir eben zu zweit sind und du kannst dich dann ja mit dem Kollegen austauschen, dann sprichst du am nächsten Tag: Hey, hast du das Gewitter noch irgendwie mitbekommen oder bist du vorher oder hinterher gefahren? Oder musstest du dich unterstellen und so diese Anekdoten, die befeuern dann ja auch nochmal und machen das Übel, was dann in der Situation vorherrscht, wo du im schlimmsten Fall während eines Unwetters dann irgendwie unterwegs sein musst, wett, lockern das ganze Thema auch ein bisschen auf.

Das klingt jetzt natürlich so, macht immer Spaß und alles ganz toll und easy peasy. Und wenn ich jetzt nochmal überlege, was, was ich damals in der Folge 28 noch erwähnt hatte, da sind mir so zwei Sachen aufgefallen. Das eine, das habe ich in der Folge nicht explizit genannt, aber das ist mir jetzt noch mal so durch den Kopf gegangen. Damals hatte ich noch keinen Fahrradhelm, gehörte zu den notorischen „Ich vermeide den Helm, weil habe ich ja nie einen gebraucht“-Menschen, während wir unserem Kind ja immer schon gesagt haben: Zieh den Fahrradhelm an. Irgendwann kam dann auch die Frage: „Papa, warum trägst du eigentlich keinen Helm?“ Und die Argumentation wurde dann immer dürftiger, weil ich es irgendwann selber nicht mehr rechtfertigen konnte. Heute trage ich einen Fahrradhelm und will ihn auch gar nicht mehr missen. Also das gehört dazu. Das ist das eine.

Und das andere ist, dass ich damals einfach mal so diese Empfehlung ausgesprochen habe. Versucht doch mal als autofahrende Person einen Monat auf das Autofahren zu verzichten und möglichst viele Wege auch mit dem Fahrrad zurückzulegen. Damals war das für mich so, ja, okay, das könnte ein Ansporn sein. So nach dem Motto Autofasten und einfach mal auch die Erfahrung machen, es geht auch ohne. Diese Euphorie teile ich heute so nicht mehr, muss ich sagen. Bedingt durch die Erfahrung, mit dem Fahrrad durch die Innenstadt zu fahren, also gerade das letzte Teilstück, wo ich dann bei den Deichtorhallen rauskomme und Hamburger·innen werden diese Strecke kennen, bei den Deichtorhallen raus und dann Richtung Mönckebergstraße, da über den Jungfernstieg bis zum Dammtor. Also richtig so ins Zentrum der Stadt rein, finde ich als radfahrende Person teilweise echt gruselig. Gruselig deswegen, weil der Autoverkehr da doch sehr massiv ist. Mönckebergstraße jetzt nicht und Jungfernstieg auch nicht. Das sind autofreie oder gezähmte Zonen. Aber generell ist die Innenstadt ein total Fußgänger·innen und Fahrradfahrer·innen feindlicher Bereich. Auch wenn da jetzt mittlerweile die Fahrradwege besser ausgebaut sind.

Aber was mich zunehmend stört, ist tatsächlich, dass ich als Fahrradfahrer·in immer irgendwo im Nachsehen bin. Das heißt, es gibt wenn dann eine Spur, die ist mal mehr, mal weniger breit. Aber es ist halt überhaupt nicht der Tatsache angemessen, dass es langsamere und schnellere Radfahrer·innen gibt. Das heißt also, dieses Bedürfnis, jetzt mal eben jemand zu überholen, führt im Zweifelsfall dazu, dass ich als schnellere Person auf die Fahrbahn fahren muss, wo dann die Konkurrenz mit dem Autoverkehr auf einmal da ist. Während Autostraßen teilweise vierspurig sind. Da stellt sich das Problem nicht. Und da bin ich jetzt mittlerweile auch an einem Punkt angekommen, wo ich denke, warum haben die Personen, die in 1,5 Tonnen Metall sitzen, ein höheres Recht als ich, der ungeschützt dieser ganzen Situation ausgesetzt ist? Und warum darf ich nicht genauso schnell und flüssig durch den Verkehr fahren, sondern muss mich hinter der langsameren Person einreihen? Also das ist so, da fällt bei mir die Akzeptanz zunehmend geringer aus. Das ist etwas, was mich stört.

Und bedingt durch diese ganze Konstellation, dass ich das oftmals als sehr gefährlich empfinde, da durch die Stadt durchzufahren, habe ich mich eben auch entschieden, ein Fahrradhelm zu nutzen. Ich würde mich heute nicht mehr trauen, sportlich und schnell durch die Innenstadt zu fahren. Ohne Fahrradhelm. Das wäre mir einfach zu riskant. Und dieses Risiko plus eben die aus meiner Sicht dürftige Fahrradinfrastruktur in der Innenstadt ist etwas, wo ich heute ein bisschen vorsichtiger wäre zu sagen: Hey, verzichte doch mal auf das Auto, Fahrradfahren ist total cool, macht richtig Spaß. Solange du dich irgendwie ländlich oder am Stadtrand bewegst, ist das vielleicht noch was ganz anderes.

Stefanie Oder in einer Kleinstadt.

Carsten Oder in einer Kleinstadt. Aber hier in der Großstadt, mitten im Herzen, finde ich das teilweise sehr, sehr gewagt. Gerade wenn da noch so Situationen aufkommen, wo Fahrzeuge meinen, sich auf den Fahrradweg stellen zu müssen, weil sie mal eben schnell zum Bäcker rein wollen oder mal eben was entladen wollen. Also sprich im Halteverbot stehen und damit da natürlich dann nochmal Gefahrensituationen heraufbeschwören, die einfach völlig unnötig sind.

Stefanie Ja, das finde ich tatsächlich noch wichtig, dass du das erwähnst, weil du ja jetzt auch noch viel mehr Erfahrungen damit hast, hier in der Großstadt Fahrrad zu fahren. Vorher, in der Folge 28 hattest du ja auch erwähnt, dass du, bevor du nach Hamburg gezogen bist, auch schon viel mit dem Fahrrad den Arbeitsweg zurückgelegt hast. Und das war halt auf dem Land.

Carsten Genau, da war ja kaum Verkehr.

Stefanie Da war ja nix. (lacht)

Carsten (lacht) Da war ja nix.

Stefanie Ist halt auf dem Land.

Carsten Nur weite Fläche.

Stefanie Wo niemand unterwegs ist, auch sonst niemand Fahrrad gefahren, weil alle Auto gefahren sind. Das heißt, du hattest immer alles für dich. Und jetzt ist es halt so ungewohnt gewesen. Auf einmal sind da mehr Leute.

Carsten Ich war damals tatsächlich häufig der einzige Fahrradfahrer, die Strecke hatte ich die meiste Zeit tatsächlich für mich alleine.

Stefanie Ah, nicht von ungefähr sage ich das... Ich bin ja auch auf dem Land aufgewachsen, darum weiß ich sowas, also von daher...

So, zurück zu unserer Liste, die ich hier vorliegen habe, was wir noch alles sagen wollten. Wir wollten ja nicht nur über Carstens Arbeitsweg sprechen, sondern unser Alltag wird noch von mehr geprägt als davon. Carsten hatte vorhin schon mal die Wohnsituation angesprochen und das ist eben auch etwas, was sich je nach Bedürfnislage immer wieder geändert hat. Wir sind tatsächlich in den letzten sechseinhalb Jahren noch dreimal umgezogen und wir haben das alles im „Wir Konsumkinder“ Podcast noch mal genauer beschrieben. Also wenn dich das interessiert, warum wir so oft umgezogen sind, dann kannst du das da auf jeden Fall auch noch mal nachhören. Das ist jetzt nicht der Podcast, in dem wir erzählen, warum wir umziehen, sondern da ging es um Konsum. Deswegen heißt er ja „Wir Konsumkinder“ Podcast, aber das nur so nebenbei. Aber jedenfalls war der erste Umzug nach der Folge 28 sozusagen dem geschuldet, dass wir halt weniger Miete zahlen wollten und trotzdem aber irgendwie noch in einem Radius vom Kindergarten bleiben mussten. Der nächste Umzug hat dann stattgefunden, weil wir in der Nähe der Schule des Kindes wohnen mussten. Eine freie, demokratische Schule gab es nicht in der Nähe der Wohnung, in der wir zu dem Zeitpunkt gelebt haben, deswegen mussten wir umziehen.

Und da war es dann das erste Mal so, dass wir relativ ländlich gewohnt haben. Das war ein Dorf acht Kilometer vor den Toren Hamburgs und auch da hatten wir kein Auto. Da war aber dann der Punkt, dass wir gesagt haben, das Kind sollte mit dem Fahrrad zur Schule fahren können. Das waren vier Kilometer von der Wohnung bis zur Schule und das war auch machbar. Das heißt, die Zeit, die wir da gewohnt haben, die zwei Jahre, ist das Kind dann auch mit dem Fahrrad zur Schule gefahren, hin und zurück und dann nach einer Zeit, als es alt genug war, auch alleine. Also das war sehr gut. Dafür hat sich für Carsten dann wieder der Arbeitsweg verlängert. Wobei das auch wieder eine andere Arbeit war. Aber jedenfalls haben wir da dann, obwohl bei der vorigen Wohnung eben die Infrastruktur sehr gut war, bei der Infrastruktur zurückgesteckt, denn in dem Dorf selbst gab es überhaupt gar keine Einkaufsmöglichkeiten. Die nächsten Einkaufsmöglichkeiten waren zwei Kilometer entfernt. Aber auch das haben wir alles mit dem Fahrrad und dem Anhänger zurückgelegt. Und wir hatten das auch schon mal alles beschrieben, wie wir das alles schon so gemacht haben, dass wir eben auch auf dem Land dann da ohne Auto und nur mit Fahrrad und Anhänger usw. dann leben konnten. Also auch das funktionierte und ich hatte da auch nie das Bedürfnis, mir jetzt ein Auto zu kaufen.

Carsten Genau das kommt dazu. Also wir haben uns jetzt nicht entschieden, aufs Land zu ziehen oder in ländliche Gefilde und dann im Hinterkopf gehabt okay, wenn es nicht klappt, holen wir uns ein Auto. Sondern das war von vornherein klar: Wie können wir uns organisieren, auch ohne Auto? Auto war zu keinem Zeitpunkt irgendeine Option. Wir haben immer versucht, andere Wege zu finden und haben sie auch gefunden. Aber ein Auto war tatsächlich nie eine Option.

Stefanie Genau. Ich weiß noch, ich hatte da mit dem Vermieter gesprochen, der dann total entsetzt war, dass wir kein Auto haben und der versucht hat, mich irgendwie zu bequatschen, ob ich nicht vielleicht doch ein kleines Auto haben wollte. “Wollen Sie nicht vielleicht ein Elektroauto?“ oder so. Wo ich immer gesagt habe: Ja, aber ich brauche kein Auto, wir kriegen das alles ohne Auto hin. Und wir haben das ja auch tatsächlich alles ohne Auto hinbekommen. Und wir hatten dann zum Beispiel eine Gemüsekiste bestellt, das funktionierte alles. Da wird ja auch teilweise noch einiges mitgeliefert. Carsten hat auf dem Arbeitsweg, weil er mit dem Fahrrad in den nächstgrößeren Ort, also einen Stadtteil von Hamburg gefahren ist, dort auch schon beim Unverpackt Laden einkaufen können und hat da dann auch schon alles mögliche mitnehmen können. Und wie gesagt, wir haben das dann logistisch halt ein bisschen anders gelöst, als wenn die Geschäfte direkt vor der Haustür sind. Aber wir haben das alles hinbekommen.

Ich muss aber auch dazu sagen, dass es jetzt auch nicht so das Optimum war. Wir haben das hingenommen, weil wir uns eigentlich in der Wohnung wohlgefühlt haben und auch gedacht haben, für das Kind ist das ideal, weil es da alleine mit dem Fahrrad zur Schule fahren und sich mit Freund·innen treffen kann usw. Und wir hätten das alles so weiter hingenommen und uns damit arrangiert. Wenn nicht - und dann kommt hier wieder die dramatische Musik - wenn nicht dann der Eklat mit unserer Vermieterin gewesen wäre. Und darüber hatten wir jetzt ja schon in der Vergangenheit mal gesprochen. Deswegen will ich das hier nicht noch weiter ausführen. Aber jedenfalls gab es dann Gründe, weswegen wir umziehen mussten und uns dann auch eine neue Wohnung gesucht haben. Und dann haben wir gesagt, na gut, wenn wir jetzt wieder umziehen, dann sollte es auch eine bessere Infrastruktur sein. Und da haben wir dann gedacht, okay, dann ist es sinnvoll, eine Wohnung zu haben, wo wir eine gute S Bahn Anbindung haben, die wir fußläufig erreichen können, wo wir fußläufig dann auch die wichtigsten Geschäfte erreichen können und in unserem Fall eben idealerweise auch die Stadtteilbibliothek und wo alles andere sonst mit dem Fahrrad gut zu erreichen ist. Und das haben wir jetzt geschafft. Da, wo wir jetzt wohnen, ist das alles ideal. Da können wir mit dem Fahrrad im Umkreis von drei, vier Kilometer höchstens wirklich alles erreichen, was wir so brauchen. Also das ist alles abgedeckt. Mit der S Bahn sind wir in einer Viertelstunde am Hauptbahnhof und Carsten hatte ja schon über seinen Arbeitsweg gesprochen. Das ist alles ideal.

Der einzige, der zurückstecken musste, war das Kind, denn der Schulweg hat sich dadurch ziemlich verlängert und das Kind musste dann jetzt mit der S Bahn fahren. Das haben wir wiederum so gelöst, dass das Kind so einen kleinen Tretroller hat, also keinen E-Roller, sondern einen ganz normalen Tretroller, mit dem es dann den einen Kilometer bis zur S Bahn Station rollert, dann mit der S Bahn eine Viertelstunde fährt und dann noch mal den einen Kilometer bis zur Schule rollert, so dass es da dann völlig autark ist. Wir hatten auch angeboten, ein Fahrrad an der S Bahn Station, wo die Schule sich befindet, hinzustellen. Allerdings ist es dann ja auch immer so, wenn das Fahrrad geklaut wird, oder das Fahrrad kaputt ist oder so, müsste eine·r von uns dahin fahren und das reparieren. Oder wir müssen Menschen, die da wohnen fragen, ob die das für uns machen. Das ist schon ein großer Aufwand und das Kind wollte das auch nicht, weil das halt irgendwie doch ein bisschen komplizierter wäre. Den Roller dann da anschließen, das Fahrrad wieder abschließe usw. sofort. Das heißt, diese Kombi Tretroller und S Bahn funktioniert momentan noch gut. Es ist ja alles im im werden - im Wachstum wollte ich schon sagen, auch der Roller ist im Wachstum, ja - also jedenfalls kann das ja sein, wenn das Kind älter wird, dass es sich dann halt vielleicht doch noch mal irgendwie so ein Klapprad oder so zulegt, das darf man ja dann auch mit in die S Bahn nehmen. Weil das ist ja auch wieder das Problem - je nachdem, wenn du nicht in der Großstadt wohnst, kennst du das wahrscheinlich nicht - aber hier bei uns ist es zumindest so, dass du zwischen 6 und 9 Uhr morgens und 16:00 und 18:00 kein Fahrrad mit in die S Bahn nehmen darfst. Oder in die U Bahn. Und ja, das ist halt zumindest morgens genau der Zeitpunkt, wo das Kind zur Schule fährt und das heißt, es darf da dann sein Fahrrad nicht mit reinnehmen, ein Klapprad aber schon. Das gilt dann nicht als Fahrrad, wenn es zusammengeklappt ist und deswegen wäre das halt eine Möglichkeit. Aber jetzt im Moment, in dem Alter, in dem das Kind gerade ist, ist das irgendwie noch nicht so ganz komfortabel. Das muss es ja dann auch durch die Gegend tragen und das ist ein erhöhter Kraftaufwand und so, deswegen ist das mit dem Roller gerade ganz gut.

Und das hat sich jetzt in den vergangenen mehr als anderthalb Jahren schon gut eingependelt, so dass ich am Anfang noch, also so für zwei Wochen oder so, das Kind begleitet habe und es seitdem völlig unproblematisch alles meistert, selbst Schienenersatzverkehr oder was auch immer da so passiert. Alles wird schon ideal gemeistert. Das heißt, klar wäre es schön, wenn das Kind hier einfach gegenüber zur Schule gehen könnte, einen Schulweg hätte von zwei Minuten oder so oder vielleicht auch von zehn Minuten zu Fuß. Also das wäre natürlich schön. Oder wie vorher diese vier Kilometer mit dem Rad, aber das Kind hat das auch so abgesegnet. Also wir haben das Kind nicht dazu gezwungen, sondern wir haben es auch befragt. Vorher, nicht nachher, als es keine Wahl mehr hatte, sondern bevor wir umgezogen sind und diese Entscheidung gefällt haben.

Ja, also es ist einfach für mich auch ein Zeichen dafür, dass wir immer abwägen müssen, welche Bedürfnisse können jetzt wie erfüllt werden. Und es ist tatsächlich schwer, alle Bedürfnisse zu 100 % zu erfüllen. Wie momentan. Vorher war immer Carsten der, der zurückgesteckt hat. Diesmal hat er durch diese Wohnsituation etwas gewonnen, weil wir näher an seine Arbeit herangerückt sind. Dann ist es aber für das Kind jetzt ein bisschen schlechter. Dafür ist aber alles andere besser. Die Infrastruktur ist besser und wir können mit dem Fahrrad wirklich alles gut erreichen.

Jetzt hatte ich ja schon angesprochen, dass wir dreimal umgezogen sind in dieser Zeit und wir hatten kein Auto und das heißt, wir mussten gucken, wie kommen wir damit klar. Die ersten beiden Male ist Carsten noch mit den 7,5t gefahren und wir hatten bezahlte Umzugshelfer·innen. Bei dem Umzug aufs Land hatten wir dann noch die Möglichkeit, dadurch, dass Carstens Eltern vorbeigekommen sind, um uns zu helfen, das Auto von Carstens Eltern zu nutzen, womit wir dann noch schnell zum Baumarkt gefahren sind oder schnell hier und da. Also wir haben quasi geschummelt. Wir hatten dann da auch ein Auto noch mit dazu. Und beim letzten Umzug war es aber so, dass wir dann ein Umzugsunternehmen engagiert haben, die das alles für uns gemacht haben. Alles heißt, die haben die Sachen von A nach B transportiert. Zusammengepackt und wieder ausgepackt haben wir schon noch gemacht, aber den Transport haben sie komplett übernommen und wir haben dann nichts mehr koordiniert. So, und da war es dann das erste Mal so, dass wir tatsächlich auch ein Lastenrad genutzt haben und mit wir meine ich Carsten.

Carsten Ja, das wollte ich gerade auch sagen. Das klingt immer so wie so eine Familieaktivität. Aber in dem Fall war ich die Familie.

Stefanie Ja, wir haben zu dritt das Lastenrad genutzt. Eine·r hat hinten getreten, der·die andere hat vorne drin gesessen und eine·r hat noch geschoben. So ungefähr war das.

Carsten Ja, fühlte sich exakt so an, als ich alleine getreten habe. Ich habe das Rad genutzt, um die Renovierungsarbeiten in irgendeiner Art und Weise hinzubekommen. Das heißt also die alte Wohnung herrichten, die neue auch schon vorbereiten. Also alles, was irgendwo so anfällt, Streicharbeiten, saubermachen etc. Und das sind natürlich so Sachen, die haben wir auch zeitlich so ein bisschen entzerrt. Wir wollten das jetzt nicht wirklich punktgenau machen, sondern wir hatten die Möglichkeit in der jetzigen Wohnung, also ich weiß gar nicht, 14 Tage vorher schon irgendwie alles fertig zu machen.

Stefanie Ich glaube sogar noch länger. Einen Monat.

Carsten Also einen relativ langen Zeitraum. Da bin ich dann mit dem Lastenrad hin, hab alles, was ich benötigte, dann hierhin transportiert.

Stefanie Diese großen Farbpötte, was man sich halt so vorstellt oder überlange Dinge. Einfach das, was mit dem normalen Fahrrad nicht so einfach zu transportieren wäre. Und ich muss ja dazu sagen, es ist halt ein Lastenrad gewesen, was wir auch kostenlos uns ausleihen konnten.

Carsten Stimmt, das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Dafür bin ich auch extrem dankbar, dass wir direkt hier in der näheren Umgebung die Möglichkeit für eine solche Entleihe haben. Und der Weg, den ich da zurücklegen musste, der war zwar kilometermäßig noch okay, aber der hatte so eine ganz fiese Steigung. Ja, ich bin echt dankbar gewesen, dass ich da diese Motorunterstützung hatte, weil sonst wäre ich da richtig ins Schwitzen gekommen, gerade mit dieser Zuladung. Und von daher ist so ein motorisiertes Lastenrad echt gold wert gewesen und hat uns, weil wir es relativ häufig ausleihen konnten, auch insofern natürlich dann geholfen, dass wir später die Renovierung der vorherigen Wohnung auch zeitlich stark entzerren konnten. Auch das war jetzt nicht unbedingt so, dass ich auf Teufel komm raus an einem Wochenende da fertig sein musste, sondern ich konnte nachher nach hinten heraus, dann immer mal wieder so ein paar Tage einlegen und das verhältnismäßig entspannt machen. Und das eben tatsächlich komplett ohne Auto. Das hatten wir bei dem Umzug nach der Folge 28 da, ja, da hatten wir eben, was du vorhin schon sagtest, die Unterstützung durch das Auto meiner Eltern, was wir da ja auch ganz gut genutzt hatten für so was.

Stefanie Und diese KFZ Unterstützung hatten wir jetzt dann bei dem letzten Umzug nicht mehr und brauchten wir eigentlich auch gar nicht, weil wir eben die Möglichkeit hatten, dieses Lastenrad zu leihen und weil die Entfernung natürlich zwischen den beiden Wohnungen jetzt nicht so weit war. Die Entfernung zwischen der vorigen Wohnung und der vorvorigen Wohnung war halt ziemlich weit. Da hätten wir auch mit dem Lastenrad ziemlich lang fahren müssen, um da immer hin und her zu pendeln. Da hat sich das auch nicht so angeboten, quasi immer hin und her zu pendeln. Da war die Strecke schon weit, also „ziemlich weit“, denn wir sind in unserem Leben schon viel weitere Strecken umgezogen, wo sich das dann gar nicht mehr angeboten hat, da überhaupt noch mal aufzukreuzen. Von daher, sagen wir mal, wenn du innerhalb von Hamburg umziehst oder eben in dieses Dorf neben Hamburg, dann in diesen Relationen gedacht, war es schon ziemlich weit und deswegen war es jetzt auch der Vorteil, dass wir nur ca. 14 Kilometer weitergezogen sind und da hat sich das dann angeboten, dass wir da mit dem Lastenrad immer mal wieder hin und her gefahren sind und das so lösen konnten.

Carsten Aber wir haben ja auch die Erfahrung gemacht, dass wir nicht für jeden Transport Lastenräder benötigen. Gerade gestern Abend, also am Tag bevor wir diese Folge aufnehmen, haben wir da tatsächlich noch mal ein ein Mikroabenteuer erlebt. Wir haben ein gebrauchtes Regal hier in der näheren Umgebung besorgt und das mit Fahrrad und dem schnöden Fahrradanhänger transportiert. Also nichts mit E Bike Unterstützung und Lastenrad!

Stefanie Genau. Also dem schnöden öden Lastenanhänger wollte ich schon gerade sagen, dem schnöden, öden Fahrradanhänger, denn der ist echt schon älter. Wir haben schon mehrfach überlegt, ob wir den verschenken, aber er hat sich jetzt auch schon mehrfach wieder als nützlich erwiesen, weswegen wir ihn erst mal behalten. Und das Regal ist so ein 1 Meter 84 langes Regal. Ich hatte dieses Maß noch im Kopf. Carsten hat vorhin, was ich wieder raus gelöscht habe, gesagt, wir hätten uns um den Namen des Regals gestritten. Ich bin nicht der Meinung, dass wir uns gestritten haben, sondern wir wussten nur nicht mehr, was für ein Ikea Regal das jetzt ist. Ist es jetzt ein Lack oder ein Expedit? Auf jeden Fall kein Kallax. Also auf jeden Fall so ein Einser, also mit fünf x eins in einer Reihe, also 1,84m lang und dann 40 Zentimeter hoch.

Carsten Genau 40 Zentimeter hoch. Also schon ein wuchtiges Teil, was man nicht einfach so mal eben unter den Arm klemmt.

Stefanie Genau, wir hätten es jetzt nicht einfach so tragen können und es auch nicht einfach so auf dem Fahrrad transportieren. Also der Anhänger musste schon sein und Carsten hat es dann auch geschoben, natürlich, er konnte nicht noch mit dem Fahrrad fahren. Das heißt, wir hatten dann auch geguckt - es war zu verschenken, das Regal - und ich muss dazu jetzt noch kurz ausholen, denn wir sind gerade dabei, das Kinderzimmer umzugestalten. Das Kind hat neue Wünsche und da ist natürlich der Gedanke: „Ich habe ein Auto und fahr mal eben schnell irgendwo hin und hol Sachen ab.“ schon reizvoll, das habe ich zumindest gemerkt. Ich habe gemerkt, dass ich irgendwie gedacht habe: okay, das Kind möchte jetzt dies, das, jenes. Und ich hatte auch mit dem Gedanken gespielt, in das Zimmer vielleicht ein Hochbett rein zu setzen, damit es da drunter noch eine gemütliche Ecke hat und so und mehr Platz ist für andere Sachen. Aber so ein Hochbett halt nur mit dem Lastenrad zu transportieren ist schon ein Jonglierakt. Jetzt haben wir hier die Möglichkeit, tatsächlich ein E-Lastenrad kostenlos mit E-Anhänger auszuleihen. Damit würde es wahrscheinlich gehen, aber der Anhänger ist im Moment komplett ausgebucht und wir wissen nicht, wann der wieder verfügbar ist.

Da bin ich kurz in Versuchung geraten und habe gedacht: „Boah, jetzt, die anderen, die können einfach so mit ihrem Auto mal kurz irgendwo was abholen!“. Weil wir auch den Anspruch haben, das alles gebraucht zu kaufen. Und da kollidieren dann vielleicht diese Ansprüche so ein bisschen, dass ich gedacht habe, wenn, dann gebraucht. Ich meine, es ist ja auch eine Preisfrage, ob du so ein Bett neu für 500, 600 oder noch mehr Euro kaufst oder es gebraucht für 100 € bekommst, ist es schon cooler das für 100 € zu bekommen. Für den Geldbeutel auf jeden Fall. Und für die Umwelt ist es natürlich auch besser, wenn du es gebraucht kaufst, das ist ganz klar. Und unser Anspruch ist es ja eben auch eigentlich so alles gebraucht zu kaufen. Und da hing ich schon wieder so stundenlang in den Kleinanzeigen, um zu jonglieren, wie könnte ich und so und dann habe ich auch schon überlegt, oh, wenn ich jetzt einen Transporter miete und dafür so und so viel Euro zahle und hier und da ist es vielleicht schon wieder besser, das neu zu kaufen und es liefern zu lassen und so ging das hin und her.

Und dann habe ich aber eigentlich doch eher diesen Wunsch mit den Dingen, die wir haben, also mit vorhandenen Dingen, da irgendwie was Neues aus dem Zimmer zu basteln. Jetzt haben wir aber nicht mehr so viel und dann ging das alles so hin und her. Und jedenfalls habe ich jetzt für mich eine Lösung gefunden. Wir verzichten jetzt erst mal auf das Hochbett, weil das Kind vielleicht da dann in zwei Jahren schon wieder zu groß für ist oder keine Lust mehr drauf hat. Und ich hatte dann gedacht, okay, wir brauchen jetzt diese Expedits oder eben auch Kallaxe, mal schauen. Die gibt es eigentlich immer wie Sand am Meer, sozusagen, in den Kleinanzeigen gebraucht. Und da war es nämlich auch schon so, dass Carsten mal, als wir noch in der vorigen Wohnung gewohnt haben, mit dem Lastenrad zwei solche vierer Expedit Quadrate transportiert hat. Das heißt, da wussten wir auf jeden Fall schon, dass es funktioniert. Da hattest du ja erhebende Momente, wo du mit 50 km/h den Berg runtergerast bist mit dem Lastenrad.

Carsten Ja, das war schön. Der Rückweg war nicht so schön.

Stefanie Aber Du hattest ja trotzdem die Elektro-Unterstützung, weil du musstest den Berg wieder hoch mit Last. Aber trotzdem, hast du da geschoben?

Carsten Nein, nein, habe ich nicht geschoben, das ging.

Stefanie Du bist gefahren, oder?

Carsten Das ist das Schöne an so einem Lastenrad. Das hat natürlich so richtig Zug. Also da kommst du auch mit voller Beladung bei Gegenwind bei schlechter Witterung problemlos auf deine 30 km/h. Also das macht da tatsächlich Spaß zu fahren. Wobei ich jetzt sagen muss, ich müsste jetzt nicht jeden Tag irgendwelche Regale da durch die Gegend fahren.

Stefanie (lacht) Carsten hat noch so einen Nebenjob. Der fährt so mit dem Lastenrad...

Carsten Aber für diese Situation war das einfach eine richtig gute Lösung. Ja.

Stefanie Genau. Na ja, also lange Rede, kurzer Sinn: Ich hatte also die ganze Zeit so jongliert und überlegt und irgendwie hat mich das total fertig gemacht, dass ich gedacht habe, wie kriegen wir das transportiert?! Also ich will jetzt dieses Zimmer umgestalten, wir brauchen größere Möbel und wir müssen die irgendwie transportieren. Mit unserem herkömmlichen Fahrrad und dem Anhänger wird das nicht funktionieren. Mit dem Lastenrad vielleicht auch nicht. Wie schaffe ich das alles? Und dann habe ich halt tief durchgeatmet und noch mal alles überlegt. Und habe dann durch Zufall in den Kleinanzeigen dieses Regal zu verschenken gesehen. Und habe gestern dann zu Carsten gesagt: sollen wir mal fragen, wo das ist? Um zu gucken, weil wir wussten, wir müssen zurückschieben, wenn wir da jetzt ne Stunde unterwegs sind, habe ich da auch keine Lust zu. Aber eine halbe Stunde wäre jetzt noch okay. Wenn das also möglichst in der Nähe ist, dann lass uns das machen. Und dann war das drei Kilometer entfernt. Und wir sind da mit dem Fahrrad vorgefahren und wurden schon komisch angeguckt. Was machen die mit dem Fahrrad? Und dann haben wir das Regal auch da aufgeladen und es hat super funktioniert.

Carsten Ja, wie gesagt, es war ein Mikroabenteuer, hat irgendwie Spaß gemacht mit so einem Regal durch die Gegend zu schieben. Und das war war in der Abenddämmerung, wir sind tatsächlich im Dunkeln wieder nach Hause gekommen. Jetzt aber nicht, weil wir tagelang durch die Gegend geschoben haben, sondern weil es tatsächlich relativ spät abends war.

Stefanie War dann doch 30 Kilometer entfernt, nicht 3 km...

Carsten Genau. Aber wir haben den Sonnenuntergang gesehen. Das war tatsächlich etwas, wo wir nachher auch gedacht haben, das hatte irgendwie was - ja, es war natürlich ein bisschen anstrengend, so ein Regal durch die Gegend zu tragen, auch gerade vom zweite Stock runter in den zweiten Stock wieder hoch. Aber alleine da jetzt mit so einem Gegenstand durch die Gegend zu schieben, das war wie so ein netter Abendspaziergang, wo, Du hattest gestern gesagt, die Selbstwirksamkeit gestärkt wird. Das war echt ein gutes Gefühl hier nach Hause zu kommen und zu denken cool, das hast Du geschafft! Andere Leute haben einfach nur doof geguckt, aber du hast das Problem gelöst und hast mal eben spontan mit fast gar nichts, so einen Schrank durch die Gegend gefahren.

Stefanie Ja, das stimmt. Also es war wirklich ein sehr erhebendes Gefühl. Das muss ich jetzt noch kurz sagen, bevor ich sage „fast gar nichts“ stimmt ja nicht, denn wir haben Zeit investiert. Wir sind irgendwie so anderthalb Stunden, sag ich mal, war das, so komplett mit anziehen, Sachen zusammensuchen, Fahrrad und Anhänger rausstellen usw., dann da hinfahren, das aufladen, das wieder zurück und wieder hochbringen. Von dem Punkt „wir machen das jetzt“ bis zu dem Punkt „das Regal steht bei uns“ waren es bestimmt anderthalb Stunden und das ist natürlich, wenn du mit dem Auto mal kurz diese drei Kilometer gefahren wärst, dann wäre es sicherlich schneller gewesen. Das ist für mich auch ein Punkt. Es kostet Zeit. Es ist ganz klar zu benennen, das ist bei allem, wenn du versuchst, irgendwie nachhaltig zu sein, anders zu leben, als der Mainstream es vorsieht, anders zu leben, als diese Gesellschaft es vorsieht, so, dann kostet es wirklich Zeit. Ich muss halt schauen in den Kleinanzeigen oder sonst wo und sie vergleichen und gucken, gibt es da jetzt irgendwie dieses Regal, wo gibt es das? Kann ich dahin, kann ich da nicht hin? Weil, wie gesagt, wenn das jetzt irgendwie zehn Kilometer entfernt ist, wir jetzt mit dem Fahrrad und Anhänger, wären wir dann nicht hingefahren, weil das einfach zu weit ist, dann zu schieben. Mit dem Lastenrad ist es wieder was anderes, aber das Lastenrad musst du reservieren und das konnten wir erst fürs nächste Wochenende reservieren. Und das konnten wir nicht spontan dann einfach nutzen. Spontan konnten wir jetzt unser Fahrrad und Anhänger nutzen, um das zu machen. Da sind wir aber wieder eingeschränkt im Umkreis usw. und so fort.

Das heißt, es ist schon was, wo wir mit jonglieren müssen und ja, wo wir ganz klar sagen, okay, das alles steht dann entgegen den Kosten für ein Leihauto und auch da kostet das natürlich Zeit, dass ich da erstmal hinfahren muss, das ausleihen muss und dann noch für Benzin zahlen und so fort. Das Abwägen fällt eigentlich immer zugunsten des Lastenrads oder eben des Fahrrads aus. Ich habe da wirklich überlegt, leihen wir jetzt nochmal einen Transporter, um dann so die Runde zu machen und irgendwo Sachen einzusammeln. Aber es ist halt einfach enorm teuer und da dann wieder zu überlegen, okay, dann ist es vielleicht neu günstiger, als sich so ein Auto auszuleihen. Dann bin ich wieder bei dem Punkt, dass ich eigentlich gar nichts neu kaufen möchte. Und da natürlich, wenn du dann noch ein Auto hast und sagst: Hey, ich kann jetzt einfach spontan mit dem Auto irgendwo hinfahren, dann hast du es natürlich leichter. Es ist viel bequemer, als die ganze Zeit diese vielen Überlegungen zu haben. Und doch hatten wir dieses coole Gefühl gestern.

Carsten Hätten wir mit dem Auto nicht gehabt.

Stefanie Nee, nee, auf keinen Fall.

Carsten Und ich muss natürlich auch sagen, so häufig ist das ja nicht, dass wir genau in solche Situationen reinlaufen. Das sind eigentlich eher Ausnahmesituationen. Und bisher war es tatsächlich so, dass wir das auch zeitlich gut koordinieren konnten. Heißt jetzt nicht, dass es keinen Zeitaufwand bedeutet. Also dieses Jonglieren, was du gerade gesagt hat, das fällt immer an, aber ich glaube, würden wir so was wöchentlich haben, wäre für uns vielleicht die Option Auto doch wieder greifbarer. Aber trotz solcher Erlebnisse, dass wir uns solche Fragen stellen und dieses Jonglieren dann tätigen müssen, ist ein eigenes Auto, für uns nach wie vor keine Option.

Stefanie Ja, ich sehe da auch überhaupt keine Notwendigkeit für ein eigenes Auto. Ich finde auch, die Kosten sind viel zu hoch. Also mittlerweile möchte ich das alles auch einfach gar nicht mehr. Ich denke, wir haben uns von dem eigenen Auto schon sehr entfremdet. Was ich jetzt aber auch gedacht habe, ist, dass es wieder so ein typisches Beispiel ist, dass es in Gemeinschaft dann alles leichter funktionieren würde. Wenn wir hier in einer Gemeinschaft leben würden, wo es vielleicht ein, zwei Carsharingautos gäbe, die zur Verfügung stehen würden oder Transporter oder eine Lastenrad Flotte und so was. Wenn man einfach auf so einen gemeinschaftlichen Pool an Fahrzeugen zurückgreifen könnte, wäre das natürlich alles viel leichter. Das ist ja jetzt alles nur so kompliziert, weil wir das alleine machen. Ich denke, wenn wir es gemeinsam machen würden, dann wäre es alles wieder viel einfacher. Deswegen ist es also kein Argument zu sagen: das was ihr da macht, ist sch**** oder ineffizient, sondern es ist einfach nur, weil wir es alleine machen, etwas, was im Moment eben noch nicht so hundertProzentig effizient ist. Aber wenn du die Möglichkeit hast, das in Gemeinschaft zu machen, also dir was zu teilen an fahrbaren Untersatz, mit dem du dann Dinge transportieren kannst, ist es leichter. Und der zweite Faktor ist für mich auch: das ist so eine natürliche Konsumbremse, wenn ich halt gar nicht die Möglichkeit habe, diese ganzen Sachen zu transportieren. Und natürlich möchte ich das eigentlich jetzt so schnell wie möglich alles haben, aber es ist mir meistens gar nicht möglich, das sofort zu bekommen.

Carsten Und dann gibt es aber doch Situationen, wo wir relativ zeitnah etwas benötigen. Jetzt zum Beispiel im Rahmen von Umzügen. Da kommt natürlich auch immer die Frage: Hat die neue Wohnung denn jetzt irgendwo einen Kühlschrank, Gefrierschrank, was ist mit Waschmaschinen etc.? Und wir haben das jetzt für uns so gelöst, dass wir da tatsächlich auf einen Gebrauchthändler hier in der Stadt zurückgreifen konnten, mit dem wir auch schon in anderen Wohnsituation gute Erfahrungen gesammelt haben, der auch die Geräte anliefert. Und das sind dann natürlich so Situationen, wo wir schon gucken: okay, ich kann da zumindest vereinbaren, dass es gebrauchte Ware ist. Die kann ich relativ kurzfristig bekommen und muss mir auch um den Transport an der Stelle jetzt persönlich keine direkten Sorgen machen, weil an der Stelle wird es geliefert. Wir haben aber auch schon Situationen gehabt, wo wir Waschmaschinen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mit unserer Sackkarre durch die Gegend getragen haben.

Stefanie Also eine Waschmaschine. Nicht mehrere.

Carsten Ja, ja, genau.

Stefanie Weil Du Waschmaschinen sagtest.

Carsten Letztendlich auch da muss man so ein bisschen flexibel sein. Mit einem eigenem Auto wäre natürlich dann der Gedanke, ich fahre da mal eben schnell vor und kauf das oder nehme das so mit oder selbst wenn es gebraucht ist, dann fahre ich eben da hin und hole das ab. Ist dann natürlich naheliegend, aber auch ohne Auto schafft man das zumindest auch im städtischen Umfeld.

Stefanie Ja, ich muss dazu sagen, dass das ja auch noch mal ein Vorteil ist, wenn das geliefert wird. In dieser speziellen Situation ist es so, dass es dir bis in die Wohnung geliefert wird. Wenn du es selber kaufst, musst du selber hoch schleppen. Also von daher, das ist schon der Vorteil. Jetzt ist es aber nicht so, als wenn wir ständig Waschmaschinen, Gefrierschränke, Kühlschränke und so liefern lassen, sondern es war halt mal so, dass die Waschmaschine kaputt gegangen ist und eine Reparatur teurer gewesen wäre als eine neue Waschmaschine, weswegen wir dann eben das in Anspruch genommen haben, also diesen Service da. Das Altgerät wurde direkt mit entsorgt und das neue Gerät dort dann installiert. Und so auch jetzt bei dem letzten Umzug brauchten wir noch einen Kühlschrank und den haben wir dann auch liefern lassen. Das ist natürlich ganz praktisch. Also es ist so quasi so ein Mosaik aus verschiedenen Möglichkeiten, was wir dann nutzen, um ohne eigenes Auto da auch einigermaßen komfortabel leben zu können und da auch dann größere Gegenstände zu uns kommen zu lassen.

Etwas, was ich in Folge 28 auch noch gesagt hatte, war, dass wir dann einfach, wenn wir ein Auto brauchen, eins leihen. Das machen wir heute nicht mehr. Das ist schon länger so, das, ich weiß gar nicht, vier Jahre oder fünf Jahre oder so, ich bin mir nicht ganz sicher, ist das so, dass wir kein Auto mehr leihen. Wir haben einmal eine Ausnahme gemacht, während der Covid-19 Situation. Das war zu Weihnachten, dass es da eben für uns tatsächlich einfacher war, dann einmal ein Auto zu leihen, um damit zu den Großeltern zu fahren, um nicht die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen. Heißt im Umkehrschluss: seit wir uns gedacht haben, dass wir auch aus Nachhaltigkeitsgründen kein Auto mehr leihen, wir immer die Bahn nutzen, um zu den Großeltern zu kommen, die ungefähr 200 Kilometer entfernt wohnen. Und für unser Kind ist es mittlerweile auch Standard, die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen.

Bei dieser einen Situation, das war Weihnachten 2021, da meinte unser Kind dann, nachdem wir wieder zu Hause waren, dass das Autofahren total langweilig und blöd sei und Bahnfahren viel besser, weil es eben die ganze Zeit angeschnallt hinten sitzen musste und sich nicht bewegen konnte. Und für unser Kind ist das schon so normal, einfach auch mal im Zug aufstehen zu können, zur Toilette zu gehen oder generell sich frei zu bewegen, mit uns Karten oder irgendwas anderes zu spielen, dass es diese Autofahrt als sehr einschränkend wahrgenommen hat. Und für dich war es ja dann auch wieder dieses: Du fährst nicht mehr so häufig, dann war das halt keine Ahnung, nach wie viel Jahren das erste Mal wieder Auto fahren und dann eben die ganze Zeit aufmerksam bleiben auf der Autobahn. Und ich habe auch gemerkt, dass das für dich so ein Aggressionspotential war.

Carsten Ja, es ist kognitiv ne ganz andere Herausforderung. Ich musste mich viel intensiver wieder auf den Verkehr konzentrieren und ich habe auch zum Beispiel gemerkt, dass ich dann während so einer Autofahrt auch gar nicht mehr Radio hören kann. Zu der Zeit, wo ich noch wirklich regelmäßig gefahren bin, sind viele Sachen intuitiv gewesen. Da war laute Musik und Straßenverkehr und Koordination überhaupt nicht das Problem. Das lief alles total flüssig. Aber jetzt gerade in solchen Lebenssituationen, wo das Autofahren wirklich rar wird und das war ja wirklich keine Ahnung seit langer, langer Zeit, wirklich das eine einzige Mal, hat das wirklich sehr viel Kraft gekostet und war dementsprechend auch überhaupt nichts, wo ich gesagt hatte, das hat sich jetzt sehr gelohnt. Also das war wirklich der Pandemie geschuldet, weil wir einfach das Infektionsrisiko in der Bahn so hoch bewertet haben, dass wir gesagt haben, ne, also wir wollen das Weihnachtsfest da jetzt nicht ausfallen lassen, also bleibt nur die Möglichkeit, sich ein Auto zu holen. Aber auch wenn das Auto jetzt von der reinen Fahrtzeit her, ein Zeitvorteil gewesen ist, hat das Erlebnis eigentlich dazu geführt, dass ich es tunlichst vermeiden würde, in Zukunft wieder diese Option zu ziehen, sondern da wieder, auch wenn es Zeit in Anspruch nimmt, auf die Bahn weg zurückgreifen würde.

Stefanie Ja, und ich hatte in der Folge 28 noch gesagt, dass ich da seit anderthalb Jahren nicht mehr mit dem Auto gefahren und dann gerade kurz vor der Folge das erste Mal wieder mit dem Auto gefahren bin und ich konnte noch Auto fahren. Ich bin seitdem tatsächlich nie wieder Auto gefahren. Also das heißt, ich bin jetzt seit sechseinhalb Jahren nicht mehr Auto gefahren und es ist tatsächlich so, dass ich mir das jetzt auch nicht mehr zutraue. Ich will mich auch einfach gar nicht mehr ins Auto setzen und fahren, weil sechseinhalb Jahre mangelnde Fahrpraxis für mich schon ein großer Unsicherheitsfaktor ist. Wahrscheinlich würde ich es noch können, aber ich will das einfach nicht. Deswegen müsste immer Carsten fahren, der sich das irgendwie immer noch so zutraut. Aber letztlich ist es für mich sicherer und angenehmer, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren.

Was mich jetzt noch zu unserem letzten Punkt auf unserer Liste bringt, nämlich das Thema Urlaub. Da haben wir schon mehrfach Folgen zu aufgenommen und wir haben dieses Jahr tatsächlich auch vor, quer durch Deutschland zu reisen. Ich will das jetzt noch nicht alles thematisieren, weil die Folge halt auch schon so lang ist. Aber letztlich ist es auch so, dass wir eben nicht in den Urlaub fliegen. Wir machen eigentlich immer nur innerhalb von Deutschland Urlaub. Wir waren jetzt, seit das Kind da ist, eigentlich noch nie außerhalb von Deutschland, um Urlaub zu machen. Vorher war das auch wegen des Hundes, der noch da war. Da sind wir dann mit dem Auto noch gefahren. Leider ist der Hund mittlerweile verstorben und dann hatten wir auch kein Auto mehr und letztlich ist es halt so: mit Hund in der Bahn ist natürlich wieder was anderes. Da können wir jetzt noch keine Erfahrungswerte zu bieten. Aber so jetzt nur wir drei als Kleinfamilie in der Bahn, das funktioniert eigentlich gut. Wie gesagt, wie schon die ganze Zeit immer wieder, es ist halt logistisch immer so eine Sache, ein Zeitaufwand. Und ich verweise da noch mal auf einige Urlaubsfolgen, die wir schon aufgenommen haben, die wir auch verlinken hier in den Shownotes und wir werden auf jeden Fall, wenn wir jetzt in den Osterferien diese Deutschlandtour gemacht haben - Das hört sich jetzt an, als würden wir auf Tournee gehen...

Carsten Wenn Du am Bahnsteig stehst, kannst du uns mal zuwinken!

Stefanie Genau, dann müssten wir sagen, wo wir genau vorbeifahren.

Carsten Das machen wir dann über mastodon.

Stefanie Genau. Nein. Also jedenfalls, wir sind voll die Promis. Ja, also, jedenfalls. Genau. Also, wenn wir das dann - Du hast mir jetzt voll aus dem Konzept gebracht. Dankeschön. Also, wenn wir das dann gemacht haben, werden wir dazu auf jeden Fall auch noch mal unsere Erfahrungswerte teilen und dir genaueres erzählen. Wie ich das alles geplant habe und so. Ich habe natürlich jetzt viel Zeit mit Planung verbracht und mir alles mögliche überlegt. Also das wird dann noch kommen, da darfst du dich schon drauf freuen, auf jeden Fall. Aber zusammenfassend kann ich jetzt sagen, wir fahren mit Bus und Bahn und Fahrrad in den Urlaub. Den letzten Urlaub haben wir ja tatsächlich mit Fahrrad gemacht. Da haben wir aber auch schon eine Folge zu aufgenommen. Also letztlich kannst du unsere Erfahrungswerte da schon mal nachlesen und auch das funktioniert sehr gut ohne Auto. Wenn ich jetzt so auf den Zettel schiele, sind wir quasi am Ende angekommen. Diese Folge ist auch lang genug. Aber ich denke, acht Jahre Autofrei verdienen tatsächlich so etwas wie eine Quintessenz.

Carsten Unsere Erfahrung ist: im Laufe der Zeit wird es immer einfacher, ohne Auto klar zu kommen. Wir haben auch gemerkt, dass wir Entfernungen anders denken und auch Mobilität generell anders denken, weil diese Option Auto irgendwann gar nicht mehr in Gedanken existiert. Du koordiniert dich quasi im Alltag, so dass das Auto gar keine Rolle mehr spielt.

Stefanie Genau. Es kommt auch irgendwie in der Planung gar nicht mehr so wirklich vor. Also außer dass ich jetzt eben dieses Gefühl hatte: „Jetzt einfach sich ins Auto setzen und zum IKEA fahren, das wär's ja jetzt so!“ Aber es bremst mich ja dann eben auch insofern aus, dass ich dann nicht zum Ikea fahre. Es hat ja auch schon was. Ja, was ich außerdem noch spannend finde, ist, was das mit dem Kind macht, dass auch beim Kind in der Gedankenwelt das Auto so überhaupt gar nicht vorkommt. Das ist jetzt nicht so, dass es irgendwie sagt „Boah, warum haben wir kein Auto? Warum fahren wir nicht ständig mit dem Auto irgendwo hin? Warum machen wir nicht irgendwas mit dem Auto oder so.“ Also das Auto an sich, dass wir jetzt damit unterwegs sind als Mobilitätsoption, findet da irgendwie nicht statt.

Carsten Weil wir auch nicht aufs Auto angewiesen sind. Also ich glaube, es macht ja auch von der gelebten Praxis her einen Unterschied, ob du glaubst, du brauchst es einfach nur, weil du es besitzt und so regelmäßig verwendest oder du, wie bei uns jetzt, eben die Mobilität ganz anders aussieht. Und so wächst das Kind ja in einem Umfeld auf, wo wir alles, was wir irgendwie bewerkstelligen müssen, auch ohne Auto hinbekommen. Also die Notwendigkeit ist bei uns auch gar nicht gegeben.

Stefanie Ja, und es ist ja jetzt mit dem Auto eben genauso lange wie wir vegan leben, ist das Auto auch nicht mehr da. Wie gesagt, das hatte keinen Zusammenhang.

Carsten Es hatte auch keine Ledersitze, die jetzt hier durch unsere vegane Lebensweise...

Stefanie Genau. Darum musste es weg. Nee, nee, da gab es überhaupt gar keinen Zusammenhang dazwischen, dass das Auto zeitgleich mit unserer Entscheidung, vegan zu leben, aus unserem Leben sich verabschiedet hat, sondern es war halt einfach Zufall. Es war einfach so. Und wie gesagt, das Kind war damals ja noch sehr klein, so dass es früher zwar schon im eigenen Auto transportiert worden ist, sich da aber einfach nicht mehr dran erinnern kann.

Carsten Ja.

Stefanie Also so ganz kurz zusammengefasst würde ich sagen: es ist machbar. Ein Leben ohne Auto ist machbar. Und natürlich kommt es auf die Lebensumstände an und es wäre in Gemeinschaft sicherlich einfacher.

Carsten Ja, in diesem Sinne.

Stefanie In Hamburg sagt man zu Hause.

Carsten Und auf wiederfahren.

Folge 283 - Mobys Punk Rock Vegan Movie

Ein Beitrag

Folge 283 - Mobys Punk Rock Vegan Movie

In dieser Folge sprechen wir über Mobys am 8.2.2023 erschienen Dokumentarfilm "Punk Rock Vegan Movie".

Moby stellt diesen Film kostenlos über YouTube zur Verfügung. Zum Zeitpunkt der Aufnahme dieser Rezension, kannst du ihn nur mit englischer Tonspur und englischen Untertiteln anschauen.

Wir haben unsere Filmbesprechung unmittelbar aufgenommen, nachdem wir den Film angeschaut haben, ohne uns vorher abzusprechen. So hörst Du unsere unverfälschten Eindrücke, wie der Film auf uns gewirkt hat.

Moby zeichnet in seinem Dokumentarfilm die Historie des Punk Rock und seine Verbindung zum Tierrechtsaktivismus und damit auch zum Veganismus nach. Er beginnt dabei im Jahr 1976 und endet in der Gegenwart. Durchsetzt ist der Film mit vielen Tierleid-Bildern, so dass ich hier auf jeden Fall eine Triggerwarnung aussprechen muss.

Links zur Folge

Offizielle Webseite zu Mobys Punk Rock Vegan Movie mit YouTube Einbindung
https://www.punkrockveganmovie.com/

Punk Rock Vegan Movie über eine Invidious-Instanz gucken
https://y.com.sb/watch?v=W9q1IidazY8

Buch "Straight Edge - Geschichte und Politik einer Bewegung" von Gabriele Kuhn
https://unrast-verlag.de/produkt/straight-edge/

Buch "Tierrechtsbewegung - Geschichte, Theorie, Aktivismus" von Klaus Petrus
https://unrast-verlag.de/produkt/tierrechtsbewegung/

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Carsten und ich haben uns hier spontan zusammengesetzt, um direkt nach dem Anschauen des neuen Films von Moby den auch zu besprechen. Denn Moby hat am 8. Februar 2023 seinen Film „Punk Rock Vegan Movie“ rausgebracht. Zu dem Zeitpunkt, wo wir die Folge hier aufnehmen, am 17. Februar 2023, ist es so, dass es den Film bisher nur im englischen Original gibt. Und wenn du über YouTube gucken möchtest, dann kannst du automatische Untertitel einstellen auf Englisch, die sind so wie Transkriptionstools das so machen: sie erkennen nicht jedes Wort richtig. Und YouTube ist schon mal so das erste Stichwort. Moby stellt nämlich diesen Film völlig kostenlos zur Verfügung und du kannst ihn über YouTube angucken. Aber du kannst den Film auch über eine invidious Instanz angucken. Wenn dir das jetzt nichts sagt, dann schau einfach mal, ich verlinke beides. Also es gibt die Webseite zum Film, da ist das YouTube Video eingebunden und die Invidious-Instanz hilft dir einfach YouTube Videos gucken zu können, ohne dass Google mithört. Wenn Du Wert auf Datenschutz legst, kannst du auch über diesen Weg dann den Film gucken. Da funktioniert allerdings dann diese Untertitelfunktion nicht, weil die eben auf Google angewiesen ist. Also da die dann nicht zu Google funkt, geht das dann halt auch nicht.

Ich hatte den Film irgendwann mal auf dem Schirm und dann auch wieder nicht. Also ich hatte schon mal davon gehört und Moby hatte im Abspann auch gesagt, dass da irgendwie 3,4,5 Jahre oder so an dem Film gearbeitet hat, das erklärt, warum ich da schon mal von gehört hatte, dass er an diesem Film arbeitet. Aber dann hatte ich das komplett vergessen und durch Zufall habe ich dann jetzt wieder davon gelesen, dass der Film draußen ist und dachte, sobald Carsten Zeit hat, gucken wir uns ihn zusammen an und das war eben heute und ich habe jetzt gedacht, nach dem Film nehmen wir uns die Zeit und nehmen sofort unsere Besprechung auf, damit ich das aus dem Kopf habe. Denn, Triggerwarnung: dieser Film ist voller schrecklicher Bilder.

Carsten Ja, da hat Moby wirklich nicht mit gespart. Und ich bin auch tatsächlich so der Meinung, dass er die Geschichte des Punkrocks auch deswegen mit reinbringt, damit Personen, die sich dem Punkrock in irgendeiner Art und Weise zugehörig fühlen oder Interesse daran haben, auch auf das Thema der Tierrechte aufmerksam gemacht werden.

Stefanie Ja, das kann ich mir gut vorstellen und ich habe vorhin noch darüber nachgedacht. Also es ist jetzt wirklich nicht viel Zeit vergangen zwischen, dass wir den Film geguckt haben und wir das jetzt aufnehmen. Wir waren kurz mal zur Toilette und haben uns alles für die Aufnahme zurechtgestellt. Das war es aber auch. Deswegen haben wir uns jetzt nicht abgesprochen. Während ich aber so auf dem Klo saß, habe ich darüber nachgedacht: Für wen ist der Film, was würde ich da sagen? Und das ist tatsächlich das, was du jetzt sagtest. Ich könnte so allgemein sagen, er richtet sich an Menschen, die Punkrock mögen und die vielleicht auch an der Historie interessiert sind. Das, würde ich sagen, ist so ein Oberbegriff. Und natürlich ist er auch was für alle Menschen, die Tiere lieben und für Veganer·innen. Allerdings würde ich da jetzt sagen, da der Film halt voller schrecklicher Tierqual Bilder ist - ständig wurden diese Bilder eingespielt, immer und immer wieder den ganzen Film über das hat mich total fertig gemacht - wenn es dir so geht wie mir und du erträgst diese Bilder nicht mehr, dann solltest du den Film vielleicht nur in der Tonspur hören und nicht die Bilder gucken oder ihn gar nicht angucken. Also von der Tonspur her fand ich ihn gut.

Carsten Ja, Tonspur ist echt gut und da sind wir auch wieder beim Thema Untertitel. Also ich würde sagen, so 70 - 80 % dessen, was gesagt wird, ist in einem sehr gut verständlichen Englisch, so dass, wenn du des Englischen mächtig bist, du vielleicht nicht zwangsläufig auf Untertitel angewiesen bist. Es gibt so einige Protagonist·innen, die habe ich jetzt schwer verstanden. Eine·r sprach mir auch deutlich zu schnell. Da war mir selbst das Lesen zu schnell, weil der Untertitel auch so daher flitzten. Da hatte ich schon so Probleme irgendwie hinterher zu kommen. Aber ansonsten ist er sehr gut verständlich. Und ja klar, natürlich, auf der Tonspur kannst du auch einiges mitbekommen. Da weißt du vielleicht nicht unbedingt, welche Person dort gerade spricht - das fand ich auch total interessant, ich war sehr überrascht von Sepultura den aktuellen Sänger zu sehen, der hat anscheinend doch seine Wurzeln Richtung Punkrock und Hardcore hat. Das wusste ich zum Beispiel nicht. Ich bin ja eher so Headbanger Metalhead.

Stefanie Mit deinen langen Haaren...

Carsten Meinen super langen Haaren. Jetzt noch auf zwölf Millimeter runter rasiert. Ja. Also von daher, Punkrock ist tatsächlich nicht so meine Musikrichtung. Ich muss auch sagen, der Film hat mich jetzt auch gar nicht so richtig angefixt, mich jetzt dem Punkrock nochmal so ein bisschen zu nähern. Okay, das ist aber eher so eine musikalische Vorliebe. Er hat aber in mir wieder den Wunsch gesteigert, jetzt tatsächlich mal so ein paar aktivistische T Shirts zu kaufen, die ich dann vielleicht tagsüber auch nochmal anziehe. Also irgendwie hat er mich ermuntert, jetzt aktivistischer wieder in die Öffentlichkeit zu treten. Und es gibt so zwei Aspekte, weswegen ich so diesen Wunsch habe, aktivistischer zu werden. Zum einen hat mich ja schon stark beeindruckt, dieses Statement Punkrock, so straight edge, also zu seinen Werten stehen, das war klar etwas. Aber für mich war auch noch mal mobilisierend, was du vorhin schon sagst, diese mit einer Triggerwarnung eigentlich zu versehenen Bilder zu sehen.

Stefanie Hat dich das gar nicht gestört, hat dich das überhaupt nicht berührt im Sinne von, dass du gleich los heulst und schreiend durch die Gegend läufst?

Carsten Ja, tatsächlich hat mich das nicht so berührt, weil ich vielleicht schon zu häufig sowas gesehen habe. Also ich persönlich muss sagen, ich bin da schon so ein bisschen abgestumpft. Also es tut extrem weh, aber ich glaube, eine richtige Tierrechtsdoku würde mich härter treffen, obwohl es vielleicht die gleichen Bilder sind. Aber der Kontext ist ein anderer. Bei einer Tierrechtsdoku wäre der Fokus nur auf dieses Tierleid gerichtet. Hier habe ich ja immer noch dieses tragende Element mit dem Punkrock.

Stefanie Ja, aber ich fand halt irgendwie, also mich hat es fertig gemacht. Ich hab's mir jetzt angeguckt, damit wir darüber sprechen können und eben das mit dir, liebe Hörerin, lieber Hörer teilen können, damit du dann halt weißt: gucke ich es mir an oder gucke ich es mir nicht an.. Ich persönlich hätte mich viel mehr auf die Geschichte des Punkrock konzentrieren können, wenn da nicht ständig diese schrecklichen Tierleidbilder gewesen wären. Ich weiß das ja alles, ich kenne das alles und ich meine immer und immer wieder das zu sehen und auch ohne Vorwarnung, dass da also die Einblendungen dann mal Lebenshof, mal Tierleid, mal beides nebeneinander, dann wieder Menschen, die sprechen, dann Punkrock, Konzerte usw. und so fort. Natürlich, Moby wird sich was dabei gedacht haben, das denke ich ja auch. Und Menschen, die eben noch nicht vegan leben, für die ist es vielleicht ja genau das, was sie dazu bringt, dann vegan zu leben. Das kann ja sein.

Nur für mich, jetzt ich hier aus der Perspektive der Veganerin, für mich war das sehr leidvoll, das ansehen zu müssen. Ich habe auch teilweise mal meinen Arm gehoben, damit ich nicht das sehen muss und trotzdem die Untertitel lesen kann, weil ja die Bilder so im Hintergrund quasi eingespielt wurden und die Menschen weiter geredet haben, die da interviewt wurden. Und ich hätte mich viel besser auf die Geschichte des Punkrock und die ganze Aussage und alles, was sie da gesagt haben, konzentrieren können, wenn er jetzt nur Lebenshofbilder gewählt hätte und da habe ich auch gedacht, das wäre viel schöner, da diese positive Beziehung zu zeigen zwischen den sogenannten Nutztieren und den Menschen, also dass das auch anders geht. Aber bis jetzt ist es wirklich bei jeder Dokumentation so, die was mit Veganismus zu tun hat, dass diese Tierleidbilder gezeigt werden. Und hier hatte ich die Hoffnung, er macht das nur am Anfang, aber es zieht sich durch den ganzen Film bis zum Ende durch. Am Ende gibt es nach dem Abspann noch eine etwas skurrile Szene, wie fandest du die?

Carsten So bisschen verstörend. Da musste ich gerade auch mal ein bisschen drüber nachdenken. Also ich glaube, ich habe sie jetzt so verstanden, aber beim ersten Mal auch gedacht, okay, was wollte das jetzt da sein?

Stefanie Ja, es ist auf jeden Fall auch Kunst der ganze Film. Es ist halt Punk.

Carsten Aber richtig gut gemacht in der Form. Also jetzt nicht stümperhaft.

Stefanie Nein, nein.

Carsten Nicht so „Das kann auch Kunst sein“, im spöttischen Sinne, sondern eher richtig gut.

Stefanie Nee, nee. Also das wollen wir jetzt nicht sagen, dass das schlecht gemacht ist. Es passt halt zum Punkrock und das passt zu diesem Ganzen „Ich bin dagegen und ich stelle mich gegen das Establishment“ und so. Und es ist auch sicher wirklich gut durchdacht. Mich persönlich trifft das halt immer wieder hart, wenn ständig meine Wunde aufgerissen wird und ich immer wieder dieses Tierleid sehe. Also das hat mir nicht geholfen, mich auf den Film zu konzentrieren.

Carsten Ja, es war sehr konfrontierend. Genau. Und was du schon sagtest, du kannst dich halt nicht darauf. Einstellen. Du hast das jetzt gelöst, in dem du dann deinen Arm ins Bild gehalten hast und dann halt so versucht hast auszutarieren, dass du trotzdem noch die Untertitel irgendwo liest. Aber du kannst dich nicht wirklich drauf einstellen. Du weißt nicht, wann passiert es, weil diese Durchmischung kommt halt völlig unvorbereitet und das macht das Ganze schon schwierig. Also klar, wenn du sensibel auf solche Bilder reagierst und dann ist der Film definitiv keine leichte Abendunterhaltung, um mal so ein bisschen das Thema Veganismus aus einer anderen Perspektive irgendwie kennen zu lernen.

Stefanie Ja, ich glaube, leichte Abendunterhaltung sollte es sowieso nicht sein. Ich denke, wenn du trotzdem den Film gerne sehen bzw. anhören möchtest, wenn du also die Möglichkeit hast zu hören, dann könntest du das Bild wegdrehen und dann nur hören. Wobei halt teilweise natürlich auch das Tierleid in Geräuschen zu hören ist. Das fand ich aber, war noch relativ schwach, also so, dass man das so ein bisschen ausblenden könnte. Ja, das wäre so die eine Möglichkeit, damit du das auch schon weißt, also dicke Triggerwarnung, es wird sehr viel Tierleid gezeigt. So Punkt. Also das ist so die eine Seite.

Die andere Seite ist ja eben auch die Geschichte des Punkrock und das fand ich jetzt wiederum total interessant. Das meiste spielt alles vor meiner Geburt. wo ich so gedacht habe, okay, deswegen habe ich davon nichts mitgekriegt. Ich war noch überhaupt nicht auf dieser Welt oder ich war irgendwie ein paar Jahre alt oder ich war acht Jahre alt oder so, wenn so was dann halt gespielt hat. Das heißt, je jünger du bist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass du irgendwas davon mitbekommen hast. Und ich fand es total spannend zu sehen, 1976 fing der Film an, dass es Menschen gab, die vegetarisch damals noch gelebt haben und dass da diese Animal Rights Bewegung dann auch schon stark war. Also es wirkte zumindest so, als sei sie stark und dann auch 1980 und dann immer weitergehend, also dass das wirklich eine Bewegung war und das also in diesen Liedtexten auch tatsächlich alles thematisiert wurde, was ich eben nie so wahrgenommen habe. Also ich meine, ich habe teilweise diese Musik gehört, aber offensichtlich habe ich bei Liedtexten nie hingehört. Das war mir alles nicht so bewusst und ich fand es jetzt super interessant, das alles zu sehen und auch die Geschichte von Straight Edge. Wie das alles dann so geworden ist, sage ich mal.

Wir hatten ganz zu Beginn des Podcasts, als wir gestartet sind, hatten wir mal einen Hörer, der ja auch über Vegan Straight Edge eigentlich mal was sagen wollte, dann aber doch nicht. Und dann hatte er nach Jahren noch mal gesagt „Vielleicht doch“ und dann wieder doch nicht. Also das heißt, es war schon immer mal so ein Thema, wo ich gedacht habe, da würde ich gern mehr drüber erfahren und auch mit Menschen drüber sprechen, die da irgendwie in der Szene aktiv waren oder sind. Und deswegen finde ich das jetzt besonders interessant. Also wenn dich das auch interessiert, Vegan Straight Edge und diese ganze Geschichte, wie das halt musikalisch sozusagen verwoben ist, die Tierrechtsbewegung, dann ist der Film auf jeden Fall interessant für dich. Natürlich, wie gesagt mit der dicken Triggerwarnung der Tierleitsbilder.

Carsten Ich fand gerade auch diesen Aspekt von Vegan Straight Edge deswegen interessant, weil das ein Anknüpfungspunkt war an etwas, was wir relativ zu Anfang unseres Podcasts schon mal mitbekommen haben. Wir haben damals auf der Messe O-Töne gesammelt und da war eine Gruppe Menschen, die sagte, sie kämen aus dieser Szene und für die war das jetzt eher so „Oh, wir gehen mal auf diese vegane Messe, einfach nur, um zu gucken, was sich da so ergibt.“ Und die haben uns gegenüber im Interview dann - ich weiß gar nicht, ob wir das aufgenommen oder im Rahmen dieser ganzen Gespräche, die wir dann abseits der O-Töne gesammelt haben - kam auf jeden Fall zur Sprache, dass mindestens eine dieser Personen schon seit 20 Jahren vegan lebt. Ja, wo ich dann gedacht habe, äh, 20 Jahre, wie geht das denn? Und die bezogen sich halt tatsächlich auf diese Straight Edge Bewegung. Und das ist mir damals so im Kopf geblieben und damals sagte mir der Begriff Straight Edge überhaupt gar nichts. Also das war für mich ein völliges Fremdwort. Bis dann irgendwann im Arbeitsumfeld eine weitere Person, das war so ein Verkaufsrepräsentant von einem Dienstleister, mit dem wir gearbeitet haben, der sagte damals, als er jung war, habe er das auch mal gemacht. Also okay, irgendwas ist an mir vorbei gelaufen. So die halbe Welt kennt das, aber ich jetzt nicht. Aber ich bin derjenige, der hier vegan ist und nicht die anderen. Ja, und das fand ich schon sehr merkwürdig. Und jetzt, quasi Jahre später, über diese Doku noch mal so ein bisschen Hintergrund zu der Historie mitzubekommen, das war schon irgendwie richtig klasse. Da hat sich so eine Wissenslücke gerade geschlossen.

Stefanie Ja, als ich damals das erste Mal von Vegan Straight Edge und dieser Verquickung von Punkrock und Veganismus gehört hatte, da habe ich auch gedacht, wieso wusste ich nie was davon und habe mir das dann so erklärt, dass wir ja beide auch sehr ländlich aufgewachsen sind und in den Teeniejahren auch gar nicht so den Zugang dazu hatten. Ich denke, dass das ja eher in den Großstädten stattfand. Also das ist jetzt meine Erklärung dafür. Und dass wir so in der Dorfdisco davon nicht wirklich was mitbekommen haben.

Carsten Punk ist komplett an mir vorbei gelaufen. Ja, stimmt. Das habe ich tatsächlich immer so mit Großstadt in Verbindung gebracht. Und noch ein Aspekt, der mir hier an diesem Film sehr gut gefallen hat, war tatsächlich so, was du vorhin schon sagt, das alles vor deiner Geburt stattgefunden und ein Großteil davon in dem Film ist wirklich so der Eindruck entstanden: Boah, da hat sich irgendwie so Ende oder Mitte / Ende der 70er Jahre, in den 80 er Jahren dann auch eine riesige Bewegung formiert, die dieses Thema der Tierrechte vorantreibt. Das war halt sehr, sehr präsent da in dieser Dokumentation so gezeigt. Da musste ich mir auch erst mal wieder vergegenwärtigen: naja, also da wird ja über eine Nische berichtet. Das ist wahrscheinlich der Grund, weswegen das so irrsinnig lange gebraucht hat, bis es jetzt stärker ins öffentliche Bewusstsein gelangt ist. Und dieses stärker, das würde ich sagen, das ist jetzt so im Rahmen der letzten paar Jahre von heute aus gerechnet, mit veganen Messen, also Veganismus an sich, jetzt auch die veganen Produkte, die auch in die Discounter geschwemmt werden. Also das Bewusstsein hat sich da schon geändert und ich glaube, das wäre nie so weit gekommen, wenn nicht damals so in den 70er, 80er Jahren, diese Wurzeln da gelegt wurden, ich will jetzt nicht sagen die Punker waren es, aber ich glaube schon, dass die an der Stelle schon eine ganz, ganz, ganz wichtige Rolle getragen haben. Und ja, wie gesagt, für mich ist es einfach wichtig, noch mal zu rekapitulieren, dass es damals einfach eine Nische gewesen ist, die jetzt hier in dieser Dokumentation so sehr präsent dargestellt wird.

Stefanie Ja, wo du gerade Produkte und so gesagt hast, musste ich schmunzeln, weil ich grade daran gedacht habe, wie die da erzählt haben, was sie während ihrer Touren gegessen haben, dass sie sich da teilweise nur von Weißbrot und Salat ernährt haben oder so, oder gar nichts gegessen haben, weil es einfach nichts rein pflanzliches gab.

Carsten Misosuppe.

Stefanie Misosuppe oder was auch immer die da hatten. Also das ist echt ganz spannend, sich das anzuhören. Das fand ich richtig gut. Wie gesagt, wenn nicht die ganze Zeit diese Tierleid Bilder wären, würde ich es ja rundum gut finden. Nur eben diese Tierleid Bilder. Na ja, du weißt bescheid. Also jedenfalls das fand ich echt lustig, auch mir das anzuhören und fand das eben auch gut, da dann so einen Rückblick zu haben und auch zu sehen, wie gut wir es heute haben. Also auch schon seit wir angefangen haben, vor mehr als acht Jahren mittlerweile vegan zu leben. Damals war es schon total einfach vegan zu leben. Ich meine, ich habe ja schon vor 28 Jahren vegetarisch angefangen zu leben und auch das ging damals so. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich das alles gemacht habe, aber es hat funktioniert. Und das heißt, es war nicht so entbehrungsreich wie das, was sie da geschildert haben. Aber die haben sich auch wirklich rein pflanzlich ernährt, obwohl sie am Anfang halt gesagt haben vegetarisch.

Carsten Ja, ich glaube, da gab es den Begriff „vegan“ noch gar nicht oder zumindest war er noch nicht so publik. Und was ich sehr imponierend fand, war, dass fast ausschließlich aus der ethischen Brille berichtet wurde, zumindest von den Bandmitgliedern sehr stark. Später wird noch mal so ein bisschen Bezug genommen auf das Thema Gesundheit und auch ökologische Folgen, aber das ist wirklich ein komplettes Randthema. Ja, der komplette Film basiert eigentlich auf dieser sehr starken ethischen Sichtweise, um einfach zu zeigen, was da falsch läuft zwischen Menschen und Tieren.

Stefanie Genau. Wobei da auch ein Mensch zur Sprache kam, der gesagt hat, dass er das nur gemacht hat, weil seine Vorbilder das gemacht haben und der das cool fand. Und im Nachgang hat er verstanden, worum es ging. Das heißt, das war natürlich auch hip und trendy sozusagen, in der Szene, in der das stattgefunden hat, aber letztlich haben alle immer irgendwie auch dann die Hintergründe erfahren. ES wurde auch erzählt, dass da viel ja an Infoständen auch immer Flyer auslagen und über Tierrechte informiert wurde und so dann die Menschen da Informationen bekommen haben. Das heißt es ging nicht nur über Liedtexte und Pogo, sondern auch über Infoflyer.

Carsten Ja, und ich habe genau in der Szene, wo du sagtest, da ist jemand, der von seinen Idolen, da hab ich gedacht: Wieso passiert mir das nicht? Wieso kann ich nicht als Idol wahrgenommen werden im Rahmen meines Arbeitsumfeld? Ich bin so da, der einsame, vegan lebende Mensch, da in der Kantine.

Stefanie Ich dachte, da waren noch andere?

Carsten Ja, die machen ja immer so Teilzeit- Veganismus. So im Rahmen von „Jetzt faste ich mal und total entbehrungsreich“.

Stefanie Ja stimmt, das ist...

Carsten Okay so, aber das wäre doch cool. Du sitzt dann da und die Leute fühlen sich inspiriert und nicht so abgegrenzt: „Wie lange machst du das? Oh, das ist ja auch, das machst du aber ganz schön lange!“ und so und dann wirst du immer mit Staunen begutachtet, wenn du sagst: „Ja, so ungefähr acht Jahre. Ist ja nichts Besonderes mehr.“ - „Oh doch, nee, nee, das könnte ich jetzt. Wie machst du das?“ Das wär echt gut.

Stefanie Das liegt daran, dass dein Arbeitsplatz keine Szene ist.

Carsten Wie kann ich das denn szeniger gestalten?

Stefanie Also das ist ja jetzt kein Gruppenzusammenhalt von im Sinne „wir hören alle die gleiche Musik und haben die gleichen Werte“, sondern ihr kommt da ja sehr kapitalistisch dort zusammen, um einfach nur euren Lebensunterhalt zu verdienen.

Carsten In die Küche kommen wir, um unser Energielevel wieder nach oben zu bringen.

Stefanie Ja, okay, aber ich meine, jetzt zur Arbeit kommt ihr, um euren Lebensunterhalt zu sichern. Das ist das Einzige, was euch vereint. Und das ist vielleicht nicht stark genug, um dich als Idol wahrzunehmen.

Carsten Ich muss ja auch zugeben, ich gehe nicht zur Arbeit, um Leute zu inspirieren.

Stefanie Oder um ein Idol zu sein.

Carsten „Kill your idols“ sag ich dazu nur.

Stefanie Ja, ja, ja, gut, und bevor wir jetzt hier völlig überdreht wegkippen und nur noch Unsinn reden, noch mal kurz Tacheles: der Film hat 90 Minuten Länge, quasi so normale Kinofilm Länge und du kannst ihn wie gesagt kostenlos anschauen. Wir verlinken die Seite. Wenn du datenschutzaffin bist, dann kannst du den Invidous Link nehmen. Und wenn dir das alles sch***egal ist, dann kannst du den YouTube Link nehmen. Genau das sind so die beiden Sachen, die ich verlinken werde. Ja und ansonsten gibt es noch was, was man dazu sagen sollte?

Carsten Ja, die Einschränkungen, für wen dieser Film ist, haben wir ja ausführlich dargestellt. Das immer im Hinterkopf behalten. Bevor du jetzt auf den Link klickst und dich dann anschließend mit Bildern konfrontiert siehst, die dir vielleicht gerade nicht bekommen oder generell nicht bekommen. Ja, ansonsten ja, wie gesagt, wenn du einfach Lust drauf hast, so ein bisschen mehr so Punk Rock mäßig da in die Geschichte eingeführt zu werden und auch genau diese Verbindung zum Veganismus und zum Aktivismus zu sehen, dann denke ich, ist das eine richtig gute Dokumentation.

Stefanie Und dich hat es ja motiviert, jetzt dir ein paar T-Shirts zu kaufen. Also von daher dann auch aktiver zu werden. Und ich glaube, das ist auch das, was Moby wollte. Er hat am Ende dann noch so ein, ja, eigentlich ein Dialog gehalten, einen halben Monolog, so in der Art, hat seinem Hund erzählt, der immer wieder auftaucht im Gespräch mit ihm, was er jetzt mit diesem Film bezweckt. Und das war halt unter anderem, dass er gerne uns dazu motivieren möchte, aktiv zu werden. Wir wollen jetzt eigentlich auch gar nicht - wir hatten vorhin schon gedacht, wenn wir jetzt alles erzählen, ist ja auch irgendwie blöd - der Film hat definitiv lustige Momente auch, und Moby hat da viele verschiedene Fragmente eingebaut, die sehr künstlerisch speziell sind.

Carsten Vielleicht skurril.

Stefanie Genau so. Aber alles passt. Das ist ein rundes Werk. Auf jeden Fall. Und wenn dich das Tierleid jetzt in dem Sinne, also die Bilder, wenn die dich nicht abschrecken, dann guck es dir auf jeden Fall an. Ansonsten, wie gesagt, vielleicht kannst du dir dann einfach die Tonspur anhören. Wenn Englisch deine Stärke ist, dann sollte das gar kein Problem sein. Und ja, wenn du Menschen kennst, die Punkrock mögen, dann kannst du ihnen den Film auf jeden Fall auch empfehlen.

Carsten Vor allen Dingen, wenn sie noch nicht Veganer·innen oder Vegetarier·innen sind.

Stefanie Genau.

Carsten Ja, dann hast du, glaube ich, zumindest aus meiner Sicht, genau die Zielgruppe zu 100 % erreicht.

Stefanie Genau. Also eine Empfehlung mit Einschränkungen von uns und eben unsere frischen, unsortierten Eindrücke, die wir dir jetzt hier aufgesprochen haben. Der Film zeigt natürlich noch viel, viel mehr. Und wenn du magst, schau es dir einfach selbst an..

Carsten Genau. Den Rest musst du selber sehen.

Stefanie Genau. Dann würde ich sagen in diesem Sinne.

Carsten In Hamburg sagt man Tschüss.

Stefanie Und auf Wiederhören.

Carsten Film ab.

Aus "Einfach Vegan - der Forscher Podcast" wird der "Mehr als vegan" - Podcast

Ein Beitrag

Aus "Einfach Vegan - der Forscher Podcast" wird der "Mehr als vegan" - Podcast

Vollständiges Transkript der Folge

Carsten Wir leben mehr als vegan und dies ist der Podcast mit Carsten und Stefanie.

Stefanie Begleite uns auf unserem Weg in eine klimagerechte Zukunft.

Carsten Denn weiter wie bisher

Stefanie geht es nicht.

Carsten Also dieses hier ist eine kleine Abschiedsfolge. Wir sagen Tschüss „Einfach vegan - der Forscherpodcast“

Stefanie und hallo „Mehr als vegan“ - Podcast.

Carsten Also ist es auch eine Begrüßungsfolge?

Stefanie Genau, das ist eine Zwischenfolge. Wir hatten uns erst überlegt, dass wir gar keine Folge zu dem Wechsel des Namens des Podcasts aufnehmen. Aber dann habe ich gedacht, dass es doch besser ist, weil es dann ersichtlich ist in der Reihe der Podcastfolgen, dass es jetzt einen Cut gibt und dass wir nicht einfach so in einer Folge drin sagen „übrigens, der Podcast heißt jetzt anders“, denn es kann ja auch sein, dass Menschen diese Folge gar nicht hören - also nicht diese Folge jetzt, sondern die Folge, in der wir das dann sagen und vielleicht auch die vorangegangenen Folgen nicht gehört haben, in denen wir das schon angekündigt haben. Deswegen war mir das wichtig, dass das einfach eine sichtbare Folge ist, wo wir einfach nur sagen, wir ändern jetzt den Namen.

Carsten Und zwar nicht einfach so, sondern aus der Erkenntnis heraus oder auch aus dem Gefühl, was wir schon seit längerer Zeit haben, dass wir inhaltlich ja gar nicht mehr rein im vegan Thema unterwegs sind, sondern ganz viele andere Facetten des Lebens, der Gesellschaft etc. pp. beleuchten. Aber immer mit der veganen Sichtweise, also der Sichtweise von vegan lebenden Menschen und dementsprechend haben wir uns einfach nicht mehr wohlgefühlt mit der bisherigen Titelvergabe des Podcasts und uns entschieden: das Ding hat mal einen anderen Namen.

Stefanie Genau. Und es ist ja auch nicht das erste Mal, dass wir den Podcast umbenennen, denn ganz zu Anfang hieß er noch:

Carsten „Weiter wie bisher geht es nicht.

Stefanie Der Forscher Podcast für Veganer und solche, die es werden wollen mit Carsten und Stefanie.

Carsten Ein neues Wohlstandsmodell muss her.

Stefanie Packen wir es an.“

Und der Name war halt so ein bisschen sperrig. Deswegen hatten wir ihn dann umbenannt in „Einfach vegan - der Forscher Podcast“. Aber wie Carsten halt schon sagte, haben wir uns in den vergangenen sieben Jahren ziemlich weiterentwickelt und eben auch andere Gebiete jenseits von vegan erforscht. Und deswegen musste jetzt einfach ein neuer Name her. Und es ging nicht nur um das „einfach vegan“, dass das jetzt zu „mehr als vegan“ geworden ist, sondern auch um den Begriff „Forscher“. Zum einen, weil es ja jetzt eigentlich Forscher·innen oder Forschenden Podcast heißen müsste, das mit dem Gendern, sag ich jetzt mal, das ist auch etwas, was wir erst in den vergangenen Jahren gelernt haben und was wir versuchen, wirklich in den Podcastfolgen durchzuziehen. Carsten ist da ja noch nicht so toll...

Carsten Es wird aber besser.

Stefanie Ich versuche das auch in den Transkripten nachträglich zu ändern, aber wenn andere Menschen Korrektur lesen, hatte ich bis jetzt noch nicht drum gebeten, das auch zu machen. Das heißt, das ist so, mal da, mal nicht da. Und ja, genau deswegen musste das auch geändert werden. Und ich erinnere mich auch daran, als wir noch Kommentare auf der Webseite zugelassen haben, da war es auch so, dass sich mal eine Person beschwert hat, dass das ja hier Forscher Podcast hieße, aber nicht wissenschaftlich genug sei.

Carsten Ja, wobei wir ja nie den Anspruch hatten, jetzt als Wissenschaftler·innen aufzutreten, sondern für uns war es unser persönliches Forschungsprojekt, unsere persönliche Forschungsreise. Das haben wir so vielleicht in diesem Namen nicht unbedingt so darstellen können, aber so haben wir es damals oder bisher eigentlich empfunden.

Stefanie Ja, wir hatten nie diesen Anspruch und ich war damals auch so ein bisschen überrascht, dass dieser Anspruch an uns gestellt wurde, dass Menschen das so lesen könnten, dass wir Wissenschaftler·innen sind, die jetzt hier so einen Podcast betreiben. Also von daher ist es aus vielerlei Gründen so, dass das „Forscher“ jetzt wegfällt. Aber nichtsdestotrotz erforschen wir natürlich trotzdem noch.

Carsten Genau. Und sei es einfach nur unsere eigenen persönlichen Grenzen. Wir sind ja weiterhin Privatpersonen, die sich mit Themen auseinandersetzen, die vielleicht im Rahmen der ersten Lebensjahrzehnte für uns gar nicht präsent waren. Und wir schälen uns da jetzt gerade so aus unserer ursprünglichen Bubble raus und schauen uns andere Aspekte an und nehmen da ganz viel von mit und reflektieren das alles. Und dementsprechend haben wir uns auch in dieser Hinsicht darauf verständigt, den Begriff „Forscherpodcast“ erstmal rauszunehmen.

Stefanie Und einfach um auch den Namen kürzer zu halten. „Mehr als vegan“ - Podcast ist kürzer als „Einfach vegan - der Forscher Podcast“. Und ich habe sowieso schon die ganze Zeit immer nur „Einfach Vegan Podcast“ gesagt, so als Spitzname, sozusagen, unseres Podcasts. Also von daher ist das auch noch mit ein Grund. Es bleibt aber auf jeden Fall eine Reise, wo wir dich eben einladen mit uns zu kommen. Wir dokumentieren weiterhin unseren Weg hin zu einem guten Leben für alle Lebewesen auf diesem Planeten. Und wir haben das ja auch schon immer wieder thematisiert, dass wir als Veganer·innen da auch eine besondere Rolle spielen, weil wir die anderen Lebewesen, die nichtmenschlichen Tiere mitdenken. Und das machen die meisten, die auch in Richtung eines guten Lebens für alle kämpfen, unterwegs sind, sich einsetzen, nicht - ist zumindest meine Erfahrung. Und deswegen ist es auch so wichtig, dass wir vegan lebenden Menschen uns da mit anderen zusammenschließen und unsere Sichtweise mit einbringen.

Carsten Genau, also diese karnistische Sichtweise durchbrechen und da entsprechend darauf hinweisen, dass da trotzdem noch mal eine Ideologie auch bei Personen vorhanden ist, die inhaltlich vielleicht sehr progressiv erscheinen, aber genau an der Hürde des Karnismus dann trotzdem noch irgendwo hängen bleiben.

Stefanie Ja, und da wollen wir uns mit dem Podcast weiterhin einsetzen dafür, dass auch die nichtmenschlichen Tiere gesehen und mit mitgedacht werden. Gleichzeitig ist das hier jetzt quasi auch noch so eine kleine Feier. Sieben Jahre ist der Podcast jetzt alt.

Carsten Auf die nächsten sieben.

Stefanie Genau. Also mal schauen. Und wir bedanken uns natürlich bei all den Menschen, die diesen Podcast all die Jahre lang schon unterstützt haben. Sei es finanziell über Steady, über Einmalzahlungen, über Überweisungen oder eben auch nicht-monetär zeitlich durch das Korrekturlesen von Transkripten zum Beispiel oder einfach durch Emails, die geschrieben wurden, iTunes-Rezensionen und positiven Zuspruch all die sieben Jahre lang.

Carsten Vielen, vielen herzlichen Dank. Auch von mir. Das ist total überwältigend, über so einen langen Zeitraum so viele Menschen zu haben, die eben auch diesen Zuspruch in unterschiedlichster Art und Weise geben und uns dann auch zeigen, dass die Themen, die wir jetzt behandeln, ja auch für andere Personen von Relevanz sind und denen was bringen. Total cool. Danke.

Stefanie Wir blicken zurück auf 283 Folgen dieses Podcasts. Das ist schon eine ganze Menge. Natürlich hätten wir in sieben Jahren auch noch viel mehr anhäufen können. Wir hatten ja teilweise größere Lücken oder nur alle zwei Wochen gesendet. Natürlich ginge da noch mehr. Wenn du aber dann den Milchgeschichten Podcast, den Wir Konsumkinder Podcast und den Von Herzen Vegan Podcast dazu rechnest, dann ist es richtig viel. Also von daher.

Carsten Es sind fast gefühlt 1285 Folgen.

Stefanie Ja, vielleicht nicht ganz. Also so knapp 440 Folgen sind es auf jeden Fall. Ich hatte immer gedacht, Ich möchte für jeden Tag im Jahr eine Folge haben. Das haben wir jetzt auf jeden Fall schon lange erreicht. Das heißt, du könntest alle vier Podcasts in einem Jahr nicht durchhören, wenn du täglich eine Folge hörst, sondern du hättest dann sogar noch mehr. Aber du wärst auf jeden Fall für ein Jahr versorgt.

Carsten Das ist doch schon mal eine Ansage.

Stefanie Das ist doch was. Also von daher, es wird auch weitergehen. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen. Wir haben schon einige Folgen geplant. Das ist nämlich jetzt so, dass wir schon zwei Folgen im voraus aufgenommen haben und diese Folge jetzt danach erst aufnehmen. Das heißt, wir können da also schon mal Sicherheit sagen, es geht weiter. Zwei Folgen sind definitiv schon aufgenommen. Und natürlich haben wir noch ganz, ganz viele andere Themen. Bücher, die wir lesen und auch generell Themen, die uns so bewegen, die wir mit dir teilen wollen. Und wir freuen uns natürlich, wenn du uns weiterhin auf unserem Weg begleitest. Und wenn du Themenwünsche hast, kannst du dich auch sehr gerne an uns wenden. Schreib dann einfach eine Email an, post [at] vonherzenvegan.de. Da sind wir auch immer offen dafür, wenn es passt natürlich. Es kann auch sein, dass Themen einfach nicht zu uns passen. Aber ich schaue mir das alles immer an und bespreche das auch mit Carsten, ob wir das machen wollen oder nicht. Also schick uns gerne Themenvorschläge, wenn du sagst, ich wüsste einfach gern mal mehr darüber, könnt ihr dazu mal recherchieren oder sprecht doch mal darüber. Dann nehmen wir das gerne in unsere Liste auf.

Carsten Wenn es passt, natürlich. Aber wir müssen ja die nächsten sieben Jahre noch voll bekommen. Also von daher kannst du ordentlich an Themenwünschen äußern.

Stefanie Ja, sieben Jahre... Ich lass das mal so dahingestellt. Mal schauen. Ich kann ehrlich nicht sagen, wo wir uns in sieben Jahren befinden werden. Auch so durch den Klimawandel und generell. Aber ja, keine Ahnung was auf uns da zukommt. Aber auf jeden Fall ist es so, dass wir im Moment, zu dem Zeitpunkt, wo wir diese Folge aufnehmen, vorhaben weiterzumachen.

Carsten In diesem Sinne.

Stefanie Wir freuen uns über Jubiläumsgeschenke.

Carsten Und sagen tschüss!

Stefanie In Hamburg sagt man tschüss...

Carsten Ja, stimmt und auf Wiederhören.

Stefanie Ich habe Carsten überrumpelt. Also tschüss. Die Adresse findest du im Impressum übrigens...

Folge 282 - Denken wir die Welt neu mit permakulturellen Prinzipien

Ein Beitrag

Folge 282 - Denken wir die Welt neu mit permakulturellen Prinzipien

In dieser Folge stellen wir das ganz neu im Januar 2023 im Löwenzahn Verlag erschienene Buch "Permakultur leben - Denken wir die Welt neu mit permakulturellen Prinzipien" von Sabrina Wagner vor.

Wir verschenken auch dieses Mal wieder unser Rezensionsexemplar.

Um das Verschenken gerechter zu gestalten, hast Du bist zum 7.3.2023 24 Uhr Zeit Dich per E-Mail oder, wenn Du mich finanziell über Steady unterstützt, dort auch per Kommentar, bei mir zu melden.

Unter allen Einsendungen verlosen wir dann das Rezensionsexemplar. Das ist eine private Aktion und der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Links zur Folge

Alles über Sabrina Wagner
https://www.sabrina-wagner-permakultur.de/

Buch: "Permakultur leben - Denken wir die Welt neu mit permakulturellen Prinzipien" von Sabrina Wagner
https://www.loewenzahn.at/produkt/2966/permakultur-leben/

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie In dieser Folge stellen wir wieder ein Buch vor. Wir haben tatsächlich eine ziemliche Buchschwemme sozusagen. Wir lesen momentan viel und einige Bücher davon rezensieren wir dann auch hier. Und dieses Buch hier kannst du auch wieder geschenkt bekommen von uns. Und zwar hatten wir uns jetzt überlegt, das doch wieder irgendwie unter mehreren zu verlosen, weil ich so das Gefühl hatte, dass dieses „Ja meld dich einfach und vielleicht ist es noch da“ vielleicht doch irgendwie zu unbestimmt und vielleicht auch zu ungerecht ist. Also werden wir jetzt ein Datum festlegen. Bis zu diesem Zeitpunkt kannst du dich melden, wenn du das Buch haben möchtest und dann verlosen wir das unter allen Menschen, die sich gemeldet haben und wir geben dann den·die Gewinner·in der nächsten Folge auf jeden Fall bekannt. Und wenn du „gewonnen“ hast, dann wirst du natürlich auch benachrichtigt. Das heißt, wenn du nach diesem Zeitpunkt nicht benachrichtigt wirst, hast du auch nicht gewonnen.

Dann brauchen wir noch ein Datum. Ich würde sagen, meld dich bis Ende des siebten Tages, des dritten Monat des Jahres, also bis 24:00 Uhr am 7. 03. 2023. Und du kannst dich melden, indem du eine Email schreibst an post [at] vonherzenvegan.de oder wenn du zu den freundlichen, netten Menschen gehörst, die diesen Podcast über Steady unterstützen, dann kannst du gerne auch einen Kommentar schreiben und so an der Verlosung teilnehmen. In jedem Fall werde ich dann all die Menschen berücksichtigen. Und wie gesagt, wenn du dann gezogen wirst, wir ziehen dann am 8. März 2023, dann benachrichtige ich dich sofort. Das heißt, wenn du nach dem 8. März, also ab dem 9. März 2023, nichts von mir gehört hast und auch nichts im Spam gelandet ist, dann wirst du nicht gewonnen haben. So traurig es ist, wir haben halt nur dieses eine Exemplar und wir versuchen das jetzt mal so. Also wenn du es haben möchtest, meld dich bis 24 Uhr am 7.3.2023 unter der angegebenen Emailadresse. Und damit du jetzt auch weißt, ob du das Buch dann haben möchtest, müssen wir jetzt erstmal erzählen, um welches Buch es sich denn handelt.

Carsten Wollte ich gerade sagen. Wir verlosen hier Bücher, die unbenannt sind. Ja, also das Buch ist meinem Herzensthema gewidmet. Das hat die Autorin sehr passend schon gegriffen. Die wusste, dass ich mich dafür interessiere. Und zwar hat Sabrina Wagner das Buch „Permakultur leben“ geschrieben.

Stefanie Genau das hat sie nur für Carsten geschrieben. Steht definitiv überall auch. Carsten, es ist für dich.

Carsten Aber sie hat die Widmung vergessen. Aber egal. Ich wollte jetzt mal kurz den Untertitel.

Stefanie (lacht) Zwischen den Zeilen...

Carsten den Untertitel vorlesen: „Denken wir die Welt neu mit permakulturellen Prinzipien“. Und erschienen ist das Ganze im Löwenzahn Verlag, der es uns und vielleicht dir, liebe·r Hörer·in, auch gar nicht so unbekannt.

Stefanie Genau. Und der Löwenzahn Verlag hat uns das Exemplar auch wieder kostenlos zur Verfügung gestellt. Also vielen Dank.

Carsten Dankeschön.

Stefanie Wir haben nicht den Zwang, eine Rezension zu erstellen. Wir machen das auch tatsächlich nur, wenn wir das auch wirklich wollen. Wir freuen uns aber einfach darüber, dass wir die Möglichkeit haben, über den Löwenzahn Verlag kostenlos Bücher zu bekommen, die uns interessieren und geben sie danach dann an dich weiter. Krallen sie uns nicht selbst, so selbstlos, wie wir sind. Jetzt kennst du den Titel und auch die Autorin. Und dass dieses Buch quasi Carsten gewidmet ist, so zwischen den Zeilen. Das heißt also, für Carsten ist es geschrieben, Aber ist es dann auch noch für andere Menschen geeignet? Oder um es andersrum zu fragen: An wen richtet sich dieses Buch denn?

Carsten Also ich gehe mal davon aus, das ist kein Einzelexemplar, sondern dass der Löwenzahn Verlag das auch in einer höheren Auflage verfügbar macht. Dementsprechend wird es auch einer breiteren Leser·innenschaft zur Verfügung gestellt werden. Und Zielgruppe dieses Buches sind all jene Menschen, die irgendwie schon mal von dem Thema Permakultur gehört haben, sich vielleicht aber im Moment noch nicht wirklich konkret was darunter vorstellen können. Oder vielleicht durch - keine Ahnung - die Broschüre, Internetseite, wie auch immer, des Verlags überhaupt erst mal auf dieses Thema aufmerksam geworden sind und vielleicht auch den Erstkontakt zu dem Begriff Permakultur haben und da reinstöbern wollen. Also es ist tatsächlich ein Einsteiger·innen, ein Beginner-Buch und geht sehr schön auf dieses Thema Permakultur ein und auch ein klein wenig darüber hinaus, was ja tatsächlich auch mit dem Bereich oder mit dem Begriff „Permakultur leben“ dann gemeint ist.

Stefanie Genau, es geht nicht nur um Gärtnern, was ja so generell eigentlich immer verbunden wird mit Permakultur, sondern die Prinzipien der Permakultur werden auch noch auf das ganze Leben angewandt.

Carsten Das ist ja das, was reizvoll war für mich. Deswegen haben wir auch damals gefragt, ob wir dieses Rezensionsexemplar vom Verlag bekommen können, weil wir da einfach mal ein Buch gefunden haben, was da tatsächlich über den Tellerrand schaut. Wie du schon sagtest, Permakultur kommt ja so aus dem Bereich der Landwirtschaft, Landschaftsgestaltung. Also wie gestalte ich nachhaltige und resiliente ökologische Systeme? Aber die zugrunde liegenden Prinzipien sind natürlich dann übertragbar auf vielfältige andere Anwendungsbereiche. Und diesen Überschlag, den macht Sabrina Wagner hier mit diesem Buch. Und wie gesagt, das war interessant. Deswegen haben wir uns das angefordert und ich habe da reingelesen.

Stefanie Ja, du siehst dich selbst aber ja nicht mehr als Einsteiger im Bereich Permakultur, oder?

Carsten Nein, ich sehe mich jetzt insofern nicht mehr als Einsteiger, als dass ich ja schon mehrere Bücher zum Thema gelesen habe, auch schon mal einen Onlinekurs besucht habe. Und - Spoiler Spoiler Spoiler - ich in diesem Jahr, also 2023, auch anfangen werde mit meiner eigenen persönlichen Permakultur Ausbildung. Dementsprechend bin ich dem Thema schon so ein bisschen auf die Pelle gerückt. Das hat natürlich dann auch den kleinen Nebeneffekt, dass mir dieses Buch inhaltlich gar nicht so viel Neues erzählen, sondern das für mich Bekannte nochmal in anderen Facetten abrunden konnte. Und ich finde es eigentlich per se spannend, Erfahrungswerte anderer Menschen in diesem Bereich einfach noch mal mitzubekommen. Das ist für mich insofern spannend, weil ich ja persönlich bisher noch keinen hier in der Umgebung kenne. Ich fühle mich da im Moment noch als Einzelkämpfer, der noch nicht vernetzt ist. Und da ist jetzt zumindest in meiner aktuellen Lebenssituation so ein Buch immer noch so ein bisschen Anknüpfungspunkt, um zu sehen: Hey, da gibt es Menschen, die leben das schon seit einigen Jahren erfolgreich und auch für dieses Herzensthema. Also das ist auch was, was hier in diesem Buch ganz klar rauskommt. Es ist mit Herzblut geschrieben. Sabrina Wagner kann sich kaum zurückhalten ihre Euphorie irgendwie zu zügeln, sondern sie lässt das alles in dieses Buch einfließen und macht das Ganze auch greifbar. Diese ganze Faszination, die sich mit diesem Thema dann ergibt.

Stefanie Dass du aus dem Buch nicht mehr so wirklich viel mitnehmen kannst, stellt ja irgendwie diese These in Frage, dass es für dich geschrieben wurde. Also von daher...

Carsten Das ist mein Herzensthema!

Stefanie passt das vielleicht dann doch nicht so ganz. Das heißt also, wenn du eher so wie Carsten denkst, liebe·r Hörer·in oder dich so fühlst, dass du eigentlich schon viel weißt über das Thema Permakultur, dann würde ich sagen, dass das Buch eher nichts für dich.

Carsten Ja, wenn Du die Prinzipien der Permakultur schon kennst, schon mal gelesen hast, vielleicht sogar lebst, dann ist dieses Buch definitiv etwas, was du schon innerlich hinter dir gelassen hast. Der andere Aspekt, der in diesem Buch berührt wird, ist dieser Überschlag des Themas raus aus der ökologischen Landwirtschaftsecke hin in andere Lebensbereiche. Das ist etwas, da bin ich mir nicht so sicher, ob das ein Anfänger·innenthema ist. Also für uns beide, Stefanie und mich, sind da auch tatsächlich keine wirklich neuen Aspekte mehr drin, weil wir uns Themen wie Konsumverzicht, Minimalismus etc. schon anderweitig erarbeitet haben. Die werden hier jetzt im Kontext der Permakultur auch noch mal mit eingeflochten. Also im Grunde genommen kommen wir zum gleichen Thema. Nur hier in dem Buch von Sabrina Wagner komme ich halt über die Permakultur zum Minimalismus und wir haben es halt vorher in unserer Lernphase, in unserer Lebensphase, aus anderen Bereichen schon adaptiert. Aber wie gesagt, es ist jetzt für mich so nichts Neues. Wenn du aber von deiner Lebensgestaltung her noch das Gefühl hast, du kannst dich da noch nachhaltiger entwickeln und brauchst nochmal zusätzlichen Input, neue Ideen, dann wird dieses Buch definitiv nochmal einen Zugewinn für dich bringen.

Stefanie Ich habe das Buch jetzt nicht komplett gelesen, sondern habe da zu Beginn reingelesen. Als Carsten gerade noch ein anderes Buch gelesen hat, habe ich mir das hier geschnappt, als es mit der Post kam und habe angefangen darin zu lesen. Habe dann aber parallel auch ein anderes Buch gelesen und habe dann lieber da weiter gelesen und habe Carsten das hier gegeben, woraufhin Carsten das zu Ende gelesen hat und wir dann beschlossen haben, wir nehmen jetzt die Folge auf, weil es ja sowieso Carstens Thema ist und ich eigentlich gar keine Permakultur Bücher lese, was schon ein Plus für dieses Buch ist, weil es nämlich interessant geschrieben ist und ich es gerne gelesen habe bis zu diesem Punkt, zu dem ich kam. Ich weiß es gar nicht mehr, wo am Anfang ich war, Carsten hat das Lesezeichen da rausgenommen. Aber ich habe zumindest einige Seiten davon gelesen und ich merke, dass ich ganz oft „gelesen“ sage, aber es geht ja um ein Buch und das lese ich halt, genau.

Was mir ganz besonders gut gefallen hat an dem Buch, ist tatsächlich, das Sabrina Wagner die Permakultur auch in einen historischen Kontext setzt und darauf hinweist, dass nicht Bill Mollison und David Holmgren die Erfinder der Permakultur sind, sondern dass sie sich auf indigenes Wissen stützen. Und sie übertitelt diesen Absatz, in dem sie darüber schreibt, auch mit „Pionier·innen der Permakultur. Nutzen wir das Wissen indigener Völker weltweit.“ Und da schlägt sie bei mir natürlich in eine Kerbe, die gerade immer tiefer in mein Wissen, in meinen Körper, wie auch immer eingeschlagen wird - was auch wieder sehr gewaltvoll ist.,aber gut - also jedenfalls spricht sie mich damit sehr an und ich bin auch der Meinung, dass ich das bisher bei Menschen, die über Permakultur reden, so noch nicht wahrgenommen habe, dass sie das in so einen Kontext setzen und nicht nur sagt Bill Mollison und David Holmgren, sondern sagt, dass diese beiden das Wissen noch eigentlich woanders her haben.

Carsten Das hängt tatsächlich so von den Büchern ab. Also ich habe so den Eindruck, dass die neueren Bücher da so ein bisschen darüber hinweggehen. Aber David Holmgren und Bill Mollison haben da eigentlich keinen Hehl daraus gemacht. Die geben das ja auch als Wurzel ihres Wissens an, dass das nicht einfach so vom Himmel gefallen ist, sondern dass sie sich dann über Jahre hinweg tatsächlich mit diesen traditionellen Anbaumethoden und dem Wissen der indigenen Bevölkerung auseinandergesetzt haben und daraus die Konzeptideen extrahiert und entwickelt haben. Aber dass das halt kein neues Wissen ist, das ist zumindest so in den älteren Büchern, die ich gelesen habe, eigentlich recht präsent am Anfang, um eben genau diese Herleitung zu bekommen. Wo kommt das Wissen her?

Ja, aber nichtsdestotrotz finde ich es sehr, sehr wichtig, weil wir ja tatsächlich mittlerweile an einem Punkt kommen, wo wir versuchen, Klimakrise durch technologische Lösungen irgendwie anzugehen und auch da häufig den Eindruck erwecken, dass sich nur durch Technologie diese Klimakrise auch tatsächlich lösen lässt und hier jetzt im Bereich der Permakultur tatsächlich auf tradierte Wissenswelten zurückzugreifen und daneben einen Kontrapunkt zu setzen und zu sagen naja, also weiter wie bisher geht es halt nur mit Permakultur, indem wir auch diese ethischen Grundlagen nutzen und auch diese Gestaltungsprinzipien, die sich da tatsächlich aus diesem indigenen Wissen dann extrahieren und abgeleitet haben. Nur auf dieser Basis sind wir überhaupt in der Lage ein zukünftiges Lebensmodell für alle Lebewesen auf dieser Welt hinzubekommen, was auch nachhaltig ist und auch in Zukunft, ich sag jetzt mal in der siebten Generation noch Bestand haben wird.

Stefanie Ja, genau das mit den sieben Generationen in die Zukunft denken, das ist definitiv auch was, was ja eben in anderen Kontexten jetzt immer wieder wichtiger wird, je mehr Texte und Bücher ich da von indigenen Autor·innen lese. Also von daher, wir werden da in Zukunft auch noch mehr drüber sprechen. Jetzt noch mal zurück zum Buch. Also was hat dir denn am besten gefallen?

Carsten Für mich ist einfach der Rundumschlag nochmal interessant. Also tatsächlich einfach mal zu gucken, wie geht jetzt in diesem Fall Sabrina Wagner konkret mit dem Thema Permakultur um? Ein sehr breites Thema. Ich kann ja in verschiedenste Bereiche fast unendlich tief abtauchen und da war für mich einfach mal spannend zu sehen, was greift sie sich da raus, wo sind ihre Schwerpunkte, die sie erwähnenswert findet? Und wie gesagt, dieser Brückenschlag weg von den rein ökologischen Konzepten hin zu wie kann ich jetzt eigentlich meine Lebensgestaltung anhand der Permakultur orientieren? Da spricht sie dann Bereiche an, wie das Leben in Gruppen, also in Communities, Bauen wird thematisiert, also ökologisch bauen. Auch die Thematik mit dem Beton, dass Beton als sehr umweltschädlich dargestellt werden muss, wird dort angesprochen. Das Thema Lernen kommt vor. Wie gehe ich mit Kindern um und wie kann ich den Kindern ein naturnahes Leben wieder nahebringen?

Das nimmt sie quasi so im letzten Drittel des Buches tatsächlich als Hauptthema, nicht nur das mit den Kindern, sondern halt die anderen Aspekte und geht da so ein bisschen drauf ein, wie sie das jetzt lebt, wie sie das mit ihrer „Permakultur Landschaft“ wollte ich gerade schon sagen - Sabrina Wagner hat einfach den Vorteil, dass sie auf einem Hof mit entsprechender Fläche sich da auch selbst verwirklichen kann, dass sie da aus ihrer eigenen Praxis entsprechende Beispiele mit reinbringt, die für sie funktionieren, die auch als Inspiration für andere Personen gelten können. Einfach um zu sehen: Hey, es funktioniert immer kontextbezogen. Und gleichzeitig geht sie aber auch in bestimmten Bereichen darauf ein, dass genau dieser Kontext eben auch wichtig ist. Zum Verständnis also zum Beispiel wie kann ich jetzt eigentlich Permakultur leben, wenn ich keinen eigenen Garten habe? Nicht jede·r ist so prívilegiert irgendwie 10.000 Quadratmeter Fläche da brachliegen zu haben, auf denen ich mich verwirklichen kann. Sondern da geht sie eben auch auf Aspekte ein vom Kleingarten über Balkon bis hin zu Situationen, wo ich eigentlich gar keine direkte Vor Ort Möglichkeiten zur Verwirklichung habe, mich dann aber trotzdem irgendwie in Bereichen wie Urban Gardening oder SoLaWis engagieren kann, um dort entsprechend auch Permakulturell mich ausagieren zu können.

Stefanie Das klingt ja jetzt alles sehr positiv. Gab es auch irgendwas, was du vielleicht nicht so gut gefunden hast?

Carsten Ja, es gab leider zwei Aspekte, wo ich dann gedacht haben: Schade. Der eine Aspekt ist, weil das Thema so unglaublich breit ist und das Buch jetzt eigentlich von der Dicke her auch schon recht umfangreich ist, hat sie natürlich trotzdem Probleme - das liegt aber in der Natur dieser Thematik - wirklich alles in ein Buch reinzubringen. Dementsprechend hatte ich zwischendurch so den Eindruck, sie huscht so ein bisschen durch die Themen. So nach dem Motto: „Ach, das muss ich auch noch erwähnen und das ist auch noch interessant und das ist...“, das passt alles thematisch hier rein. Aber wie gesagt, das ist so ein bisschen dem Umstand geschuldet, dass das einfach - sie hätte wahrscheinlich auch wochenlang über das Thema irgendwie referieren können und nicht umsonst hat sie ja auch eine eigene Schule gegründet, um das ganze Thema irgendwie nahebringen zu können -und das alles in so einem Buch reinzubringen mit allen Facetten, das ist natürlich schwierig. Das ist das Eine, was mir aufgefallen ist.

Und das andere, dass Permakultur natürlich auch immer mit einer Frage daherkommt “Inwiefern können Tiere in das zu schaffende permakulturökologische Konzept mit integriert werden?“ So ein Klassiker sind immer Enten und Hühner. Und da finde ich, ist auch hier in diesem Buch einmal mehr die karnistische Sichtweise wieder präsent. Es wird hier auch dieses typische zwischen Haus- und Nutztier unterschieden. Es wird aber nicht erkannt, dass wir eigentlich nur von Tier sprechen sollten, also diese Differenzierung: Oh, da habe ich ein Nutztier, das darf ich auch in irgendeiner Art und Weise einsetzen, wird dann nicht weiter behandelt, bleibt unreflektiert bis hin zur Frage was mache ich eigentlich mit diesen Nutztieren? Wenn ich das richtig gelesen habe, hat sie bei den Hühnern und den Enten schon eine Verwendung für die gelegten Eier. Scheint also vegetarisch zu leben, akzeptiert es aber auch, dass im familiären Kreis diese Tiere dann nachher auch geschlachtet und gegessen werden. Und das sind so Bereiche. Gut, das ist halt Permakultur. Aber da ich ja mittlerweile mehr so aus der veganen Sichtweise schaue und mich mehr abolitionistisch positioniere, gefällt mir das zunehmend weniger gut wenn im Rahmen der Permakultur halt nicht wirklich reflektiert über das Mensch-Tier-Verhältnis gesprochen oder geschrieben wird. Das ist so tatsächlich ein Knackpunkt, wo ich als vegan lebender Mensch denke, da müsste man eigentlich im Jahr 2023 ein bisschen weiter sein.

Stefanie Ja, das war tatsächlich ein Punkt, als ich das Buch durchgeblättert habe, da habe ich dann auch direkt geguckt: „Und Tiere, Tiere?“. Und dann habe ich das eben mit den Quoten-Enten und Hühnern, die quasi in jedem Permakulturbuch vorkommen - gefühlt zumindest. Immer, wenn es um Permakultur geht, gibt es irgendwo Enten und Hühner - da habe ich das auch gesehen und fand das auch schade. Ich hatte dann so ein bisschen das überflogen, was sie geschrieben hat. Ich hatte das gar nicht gelesen, dass sie die Hühner und Enten auch zur Schlachtung freigibt, hatte aber schon gesehen, da hat sie ja durchaus auch Fotos da reingeschrieben, reingesetzt - reingeschrieben. Also die Fotos geschrieben, wie man das wohl macht? - Ja, also jedenfalls die Fotos untertitelt mit „Regelmäßig werden hier die Gelege kontrolliert und Eier gesammelt.“ Also das scheint da so eine regelmäßige Tätigkeit zu sein, die da integriert ist. Und es ist schon ein bisschen schade, das stimmt.

Carsten Ja, und es kommen natürlich dann auch wieder so Argumente hinsichtlich von Kindern und Natur. Dass Kinder eben auch lernen sollen, dass sie verantwortungsvoll mit Tieren umgehen. Also so diese Konzepte und Gedankenwelten spannen sich da wieder auf. Wobei ich dann denke, ja, das ist natürlich dann auch wieder so eine Sichtweise, eine Lebensweise, die dort präsentiert wird, wo Kinder eigentlich eher lernen, was in einer Dominanzgesellschaft als ausbeuterische Kultur legitimiert oder für legitim gehalten wird, anstatt tatsächlich einen reflektierten Umgang mit der Mensch-Tier-Beziehung zu erlangen. Und wie gesagt, als vegan lebender Mensch und - ich wiederhole mich - mit abolitionistischer Positionierung ist es für mich ein schwieriges Thema.

Stefanie Und ich muss gerade so vor mich hinschmunzeln, weil ich ja momentan viele Podcastfolgen von uns transkribiere, die teilweise auch schon fast sieben Jahre alt sind und muss sagen, wir haben echt eine Entwicklung hingelegt, denn diese Wörter, die du vorhin benutzt hast, die hätten wir vor sieben Jahren nicht gekannt. Also von daher denke ich, es ist eine Entwicklung und wahrscheinlich ist die Autorin diesen Entwicklungsschritt einfach noch nicht gegangen, hat das noch nicht gesehen. Ich will sie deswegen auch auf keinen Fall verurteilen, sondern einfach nur das auch unterstreichen, was du sagst. Es ist schade. Und wenn wir das ganzheitlich betrachten und auch das Mensch Tier Verhältnis mitdenken, dann müsste Permakultur an diesem Punkt anders gedacht werden.

Etwas, was mir beim Durchblättern des Buchs und in die Hand nehmen zu Beginn auch sofort aufgefallen ist - und diesmal positiv - ist die Gestaltung. Das ist eigentlich bei fast jedem Löwenzahn Buch so, oder?

Carsten Ja, ich glaube der Verlag, der positioniert sich auch darüber, unglaublich schöne Bücher zu publizieren.

Stefanie Genau. Also es ist wirklich wieder ein sehr schönes Buch, mein Gestalter·innenherz schlägt immer höher, wenn ich so was in der Hand halte und auch meine Büche-liebendes-Herz. Also von daher, das ist wirklich wieder sehr gelungen und ich denke, insgesamt kannst du es auch empfehlen, das Buch, oder?

Carsten Ja, absolut. Also diese beiden Wermutstropfen, die muss man mit mir ja jetzt nicht teilen. Und das, was du gerade sagtest, ist tatsächlich ein Highlight, es ist kein reines Lesebuch, sondern es ist auch vom Haptischen und vom Optischen her einfach mit ganz vielen, ganz tollen Eindrücken versehen. Und es macht einfach Spaß, dieses Buch in der Hand zu halten und da durchzublättern und dann auch die einzelnen Passagen zu lesen, weil es auch durch diese Gestaltung überhaupt nicht langweilig wird.

Stefanie Ja, und du sagst es gerade, es ist kein reines Lesebuch, das sollten wir vielleicht auch nochmal dazu sagen. Da sind auch Rezepte drin. Also Kochrezepte sind da drin und da sind auch Anleitungen drin, wie du jetzt permakulturell tätig werden kannst in deinem Garten oder auf dem Balkon oder so.

Carsten Genau das, was du brauchst, um den Einstieg in diese Permakultur Themen zu finden, also wirklich diese pragmatischen und praktischen Beispiele, was für Pflanzen kannst du eigentlich verwenden und was machst du nachher mit der Ernte? - deswegen die Rezepte - das findet sich da auch. Und dementsprechend ist es halt ein sehr, sehr rundes Buch, was eben ganz viele Facetten abbildet.

Stefanie Ja, und als ich den Anfang, die Einleitung gelesen habe, hat mir auch sehr gut gefallen, dass die Autorin sehr systemkritisch ist und das klar benennt und auch noch mal klar zusammenfasst: Wo stehen wir denn jetzt eigentlich genau? Warum ist das jetzt alles ein Problem? Warum müssen wir was ändern? Warum geht es nicht weiter wie bisher? Und das hat sie sehr gut auf den Punkt gebracht, finde ich. Also ich mache das ja jetzt seit Jahren, dass ich mit Menschen darüber rede und das fand ich jetzt wirklich gut auf den Punkt gebracht, denn da kann man lange drüber diskutieren und lange drüber reden und stundenlange Filme gucken und so, um das zu erklären. Und sie hat es so in 2-3 Passagen einmal knackig auf den Punkt gebracht. Das heißt, es ist auch für Menschen, die das schon alles wissen, nicht langweilig, das nochmal zu lesen. Und ich denke, für Menschen, die da irgendwie bisher noch nicht so drin sind, ist es aber dann auch so, dass es nicht so sehr abschreckt. Also da hat sie wirklich gut das abgewogen und eine schöne Einleitung auch geschrieben und viel mehr als die Einleitung habe ich auch nicht gelesen, aber Carsten hat den Rest gelesen und fand auch das gut.

Carsten Ja, definitiv. So, liebe·r Hörer·in, wenn du das Buch jetzt auch lesen möchtest, wie gesagt: das bei mir im Moment in der Hand befindliche Rezensionsexemplar könnte dir gehören, meld dich bis zum.

Stefanie 7. März 2023, siebter Tag des dritten Monats des Jahres 2023

Carsten Nach der zwölften Mondphase. Keine Ahnung was.

Stefanie Nein, also jedenfalls bis Mitternacht an diesem Tag kannst du eine Email schreiben an post [at] vonherzenvegan.de oder wenn du zu den netten Menschen gehörst, die diesen Podcast schon finanziell über Steady unterstützen - und du kannst auch immer noch dazu gehören, muss ich ja dazu sagen. Es fehlen nämlich immer noch Menschen, die auch bereit sind, finanziell diesen Podcast und alles, was ich sonst noch so kostenlos anbiete, also alle anderen drei Podcasts und was es noch so alles auf vonherzenvegan.de gibt und dann auch auf stefanie-rueckert.de, wenn du das auch noch finanziell unterstützen würdest, wäre das toll. Du findest den Link immer hier unter der Folge oder in den Shownotes, wie du denn zu Steady gelangst. Wenn du dann da Mitglied wirst und meine Arbeit finanziell unterstützt - hast du die Möglichkeit unter der Podcastfolge, die ich dort in einem Post poste, dann einen Kommentar zu schreiben. Das ist tatsächlich nur Mitgliedern möglich. Das ist bei Steady einfach so, das heißt, wenn du dort Mitglied bist und finanziell unterstützt, dann kannst du auch gerne unter der Podcastfolge einfach schreiben: Ich will dieses Buch haben und dann landest du auch im Lostopf. Du musst das halt nur bis zum 7. 03. 2023 um 24 Uhr geschrieben haben und am 8. 03.2023 werde ich dann unter all den Menschen, die was geschrieben haben, sei es per Email oder per Kommentar, dann das Buch auslosen und den·die Gewinner·in benachrichtigen. Solltest du also am 8. 03.2023 nicht benachrichtigt werden und die Mail nicht im Spam - also guck in den Spam - wenn dann da nichts gelandet ist, dann hast du das Buch höchstwahrscheinlich nicht gewonnen. Sollten nicht irgendwelche Technikprobleme sein oder was auch immer, ich bis dahin im Krankenhaus liegen oder was auch immer. Also unvorhersehbare Ereignisse ausgeschlossen - gehen wir davon aus, am 8. 03. 2023 wirst du benachrichtigt. Dann frage ich nach deiner Adresse, also schick sie vorher noch nicht. Genau so.

Carsten In diesem Sinne.

Stefanie In Hamburg sagt man Tschüss.

Carsten Auf Wiederhören.

Folge 281 - Von Indianern und Homo sapiens als Schrecken des Ökosystems

Ein Beitrag

Folge 281 - Von Indianern und Homo sapiens als Schrecken des Ökosystems

Als ich das Transkript unserer vor 4 Jahren im Februar 2019 erschienen Rezension zu Yuval Noah Hararis Buch "Eine kurze Geschichte der Menschheit" Korrektur gelesen habe, hatte ich an zwei Stellen das Gefühl, das Transkript unbedingt ergänzen zu müssen.

In den vergangene 4 Jahren haben Carsten und ich uns stark weiterentwickelt und nach unserem heutigen Kenntnisstand würden wir das Buch in einen anderen Kontext setzen.

Außerdem haben wir uns sehr undifferenziert zu "Indianern" und der Comicfigur "Yakari" geäußert.

Beides stört mich heute und deshalb gibt es jetzt diese Ergänzung zu unserer Buchbesprechung von vor 4 Jahren.

Links zur Folge

Folge 158 - Eine kurze Geschichte der Menschheit
https://von-herzen-vegan.de/podcastfolgen/folge-158-eine-kurze-geschichte-der-menschheit

"Warum wir keine Indianerbücher lesen" - buuu.ch
https://buuu.ch/allgemein/warum-wir-keine-Indianerbucher-lesen/

"Unsere Sehnsucht nach dem tapferen Indianer" - Artikel über Yakari bei Zeit online
https://www.zeit.de/kultur/film/2020-10/yakari-kinofilm-kinderfilm-animationsfilm-kulturelle-aneignung-sioux/komplettansicht

Plakatreihe "Ich bin kein Kostüm"
https://www.oegg.de/plakatreihe-ich-bin-kein-kostuem/

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Diese Folge soll eine Ergänzung zur Folge 158 sein: „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ von Yuval Noah Harari. Und zwar deswegen, weil ich jetzt vor kurzem das Transkript dieser Folge Korrektur gelesen habe und mir da zwei Dinge aufgefallen sind.

Und wir sprechen jetzt gleich über diese beiden Dinge. Aber bevor wir das machen, müssen wir noch etwas einschieben, etwas Organisatorisches. Wir wollen nämlich schon seit längerem - eigentlich schon seit Jahren - unseren Podcast umbenennen. Zum einen, weil „Forscher-Podcast“ halt immer noch nicht gegendert ist und zum anderen, weil wir thematisch schon lange über das Thema „vegan“ hinausgegangen sind. Natürlich ist „vegan“ unser Ursprung, sozusagen unsere Basis und es dreht sich auch immer wieder darum. Aber es gibt eben viele Themen, die originär nichts mit „vegan“ zu tun haben.

Carsten Genau. Wir gucken immer aus der Brille einer vegan lebenden Person. Das heißt, wir bewerten halt auch alle Lebewesen oder ziehen sie in unsere Bewertung mit ein, wenn dann eine Bewertung stattfindet. Aber es ist halt nicht mehr das ausschließliche Thema. Das hast du ja auch in den vorherigen Folgen, Jahren, Monaten ja auch schon gemerkt, dass wir uns da anderer Themen annehmen und deswegen ist bei uns einfach so dieser Wunsch entstanden, ja, wie Stephanie schon sagte, seit längerer Zeit tatsächlich den Podcast auch umzubenennen, um dem Rechnung zu tragen.

Stefanie Genau. Und irgendwie haben wir den Absprung nie geschafft. Jetzt ist der Podcast bald sieben Jahre alt, hat also schon einiges auf dem Buckel. Und es gibt da diesen Mythos, dass sich die Zellen alle sieben Jahre erneuern. Ich habe gelesen, dass das tatsächlich nur ein Mythos ist, dass unsere Zellen sich in unterschiedlichsten Abständen erneuern. Aber wenn wir jetzt mal diesem Mythos nachgehen, dann sagen wir, dass jetzt, nach sieben Jahren, es an der Zeit ist, da mal einen neuen Namen zu finden.

Und wir hatten uns gedacht, dass wir statt „Einfach vegan - Der Forscher-Podcast“ diesen Podcast in „Mehr als Vegan Podcast“ umbenennen. Und jetzt wollten wir das dann quasi zum 7-jährigen Jubiläum machen und das wäre dann am 7. März. Das ist jetzt ein Dienstag, das heißt, quasi wäre das Jubiläum dann am 8. März dieses Jahr, also 2023. Da wird der Podcast dann sieben Jahre alt. Und da wollen wir ihn jetzt dann eben auch umbenennen.

Und wir wollten dir jetzt noch mal die Möglichkeit geben, dein Veto einzulegen, falls du denkst, „Mehr als Vegan Podcast“, das klingt immer komisch. Ihr sollte den so und so nennen... Ich finde diesen Namen viel besser... Dass du dann die Möglichkeit zumindest hast, uns das mitzuteilen. Jetzt noch bis zum 7. März. Oder sagen wir mal bis zum 6. März 2023. Denn am 7. März wollen wir das dann umstellen.

Also gibt es ein neues Cover und die Podcastfolgen bekommen dann eben logischerweise auch ein neues Cover. Wir werden auch noch ein neues Intro einsprechen und so, das heißt, so ein kleines bisschen was Neues wird es dann geben. Das heißt, wenn du dein Veto einlegen möchtest, dann bitte bis zum 6. März 2023. Ab dem 7. März 2023 werden wir das dann umstellen. Ich werde allerdings nicht rückwirkend jetzt bei allen über 280 Folgen das Cover ändern und auch nicht das Intro neu ansprechen. Das werde ich nicht machen. Sondern ab dem Zeitpunkt wird es dann neu sein.

Das heißt, wenn du ein Veto einlegen willst, dann schreib eine Email an post@vonherzenvegan.de. Wenn keinerlei Vetos kommen oder diese Vetos jetzt nicht zu einem Titel des Podcast führen, den wir vertreten können, dann bleibt es bei „Mehr als Vegan Podcast“.

Und diese Umbenennung ist tatsächlich auch unserer Entwicklung geschuldet. Wir haben uns in den letzten sieben Jahren, die wir diesen Podcast hier schon veröffentlichen, weiterentwickelt. Und das ist jetzt auch die elegante Überleitung zu dem Thema unserer heutigen Folge, warum es eine Ergänzung zur Folge 158 gibt.

Diese Folge 158 haben wir vor fast genau vier Jahren aufgenommen. Und in diesen vier Jahren ist halt schon so einiges passiert und damals war das eben unser Wissensstand, mit dem wir dieses Buch besprochen haben. Und seit damals haben wir uns weiterentwickelt und ich hatte tatsächlich so ein bisschen Schmerzen, als ich das Transkript Korrektur gelesen habe, weil ich gedacht habe: Oh, zum einen haben wir da über Indianer·Innen gesprochen, ein Wort, das wir nach unserem heutigen Wissensstand eigentlich gar nicht mehr nutzen wollen und von dem wir eben auch wissen, dass es ein Phantasiekonstrukt von Europäer·Innen ist. Also den oder die I****** gibt es gar nicht. Und ich habe in dem damaligen Transkript zur Folge 158 dann auch noch mal einen Artikel verlinkt, den ich jetzt auch nochmal hier unter dieser Folge verlinken werde, wo das noch gut beschrieben wird. Ich werde dazu noch einen Artikel packen, der die Comicfigur Yakari noch mal in den richtigen Kontext rückt. Denn über Yakari haben wir damals auch relativ unreflektiert gesprochen; muss ich das ja schon so sagen. Und wir fanden Yakari damals auch gut.

Carsten Ja, der hat uns auch eine Zeit lang begleitet, weil unser Kind ja auch die Sendung sehr gerne gesehen hat. Und wir haben ja dieses niedliche Bild gesehen und gedacht okay, das ist halt irgendwie natürlich und es keine Gewaltverherrlichung, also ist es einfach eine schöne Serie.

Stefanie Und er spricht ja auch sogar mit Tieren. Also von daher war das auch von unserem Empfinden her, dass diese Verbindung zu den Mitlebewesen halt gegeben war. Natürlich hat er die trotzdem gegessen und das haben wir dann so akzeptiert, weil das zu diesem Scheinkonstrukt I****** passte, was wir damals noch für richtig gehalten haben. Dieses europäische Konstrukt, was überhaupt nicht der Realität der First Nations auf dem amerikanischen Kontinent entspricht. Und das möchte ich jetzt einfach nicht mehr so stehen lassen.

Also jetzt, vier Jahre später. Also dieses Wissen haben wir schon ein bisschen länger, aber ich habe jetzt halt erst vier Jahre später das Transkript Korrektur gelesen. Jetzt kann ich das nicht mehr mit mir vereinbaren, das so stehen zu lassen. Und wenn du dich da noch nicht weiter informiert hast und dich jetzt fragst, was ist denn so schlimm daran, an I******n und an dem Wort I******? Und wieso regen die sich denn jetzt darüber auf? Und warum ist das jetzt eine Folge wert? Dann schau dir auf jeden Fall die beiden verlinkten Artikel an. Da wird das nochmal genauer erklärt. Und ich kann das hier noch mal kurz zusammenfassen:

Die I****** gibt es eigentlich gar nicht. Also diesen Begriff, der stammt ja noch von Kolumbus, der sich halt vertan hatte und dachte, er ist in Indien gelandet und alle die da leben, sind halt I******·Innen. Dieser Begriff ist also eine Zuschreibung von Europäer·Innen, unter dem alle Menschen versammelt werden, die damals auf diesem Kontinent gelebt haben und auch heute die Nachfahren, die dort leben.

Was also zum einen eben eine europäische Zuschreibung ist, zum anderen aber auch rassistisch und ja, exotisierend, insofern, als dass da ein europäisches romantisches Bild von Menschen kreiert worden ist, die auch gar nicht dort waren. Wie Karl May und auch der Autor von Yakari, Derib. Beide waren nie wirklich auf dem Kontinent Amerika und haben nie mit First Nations zusammengelebt oder irgendwie gesehen, wie die verschiedenen Stämme und Kulturen dort leben, sondern haben sich das alles nur vorgestellt. Und aus dieser Vorstellung heraus ist da dieses romantisierende Bild entstanden das nicht mal annähernd der Wahrheit entspricht. Und wenn wir jetzt zum Beispiel Karneval anngucken, dann… Ich hatte das schon wieder vergessen, dass unsere Folge ja passend zu diesen ganzen karnevalistischen Aktivitäten rauskommt. Eine Verkleidung als I****** in ist tatsächlich kulturelle Aneignung. Und es verzerrt natürlich auch generell alles, was mit First Nations zu tun hat, weil es ja eben aus diesem romantisierenden europäischen Phantasiekonstrukt heraus entsprungen ist und sich darüber lustig macht, über religiöse Kulte oder sagen wir spirituelle Kulte, über einen Selbstverständnis von First Nations.

Und in dem Sinne ist die Verkleidung auch rassistisch. Das ist genauso, wie wenn ich mich jetzt schwarz anmalen würde und sage, ich bin eine Schwarze Person, wenn ich mich jetzt zu Karneval verkleiden würde. Also es ist auf dem gleichen Level wirklich anzusetzen.

Deswegen war es mir jetzt noch mal wichtig, das hier klarzustellen. Dass wir uns zum einen distanzieren, zu dem, was wir damals gesagt haben, also dass wir dazugelernt haben und es jetzt in einen neuen Kontext setzen und das hier mit dir teilen wollen, damit auch du die Möglichkeit hast, von unserem Wissen zu partizipieren und eventuell das für dich anzuwenden. Also wie gesagt, lies dir dazu diese beiden Artikel durch, die ich hier noch dazu verlinke. Die sind sehr aufschlussreich und haben auch noch mal ganz viele andere Details zu diesem Thema.

Es ist wirklich wichtig, dass wir da unser koloniales Erbe aufarbeiten und uns auch entsprechend positionieren. Nur so können wir ein gutes Leben für alle schaffen, in dem wirklich alle auch gesehen werden und auch die Wunden geheilt werden. Dazu müssen wir eben erst mal anerkennen, dass da Leid zugefügt wurde und dass wir in der Vergangenheit auch Leid zugefügt haben. Und dadurch, dass wir I****** innen, also diese Scheinkonstrukte, unreflektiert einfach in der Welt geteilt haben. Also Carsten und ich, haben wir auch wieder dazu beigetragen, diese Wunde zu reproduzieren und da möchten wir jetzt einfach nochmal Stellung zu nehmen und zu sagen, wir haben uns da weiter entwickelt und wir werden da in Zukunft anders mit umgehen.

Und der andere Grund, warum ich jetzt hier diese Stellungnahme zu der Podcastfolge aufnehmen wollte, hat tatsächlich einen sehr ähnlichen Hintergrund. Und zwar haben wir die Aussagen von Yuval Noah Harari damals relativ, naja, unreflektiert stehen gelassen aus unserer jetzigen Perspektive. Und ich möchte dazu noch mal einen Ausschnitt einspielen, quasi. Damit wir das hier nicht nochmal vorlesen müssen, werden wir das einspielen. Und zwar handelt es sich dabei um das Nachwort aus dem Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“, das Carsten damals vor vier Jahren in der Folge 158 auch schon vorgelesen hatte:

Carsten “Vor 70.000 Jahren war der Homo sapiens ein unbedeutendes Tier, das in einer abgelegenen Ecke Afrikas seinem Leben nachging. In den folgenden Jahrtausenden stieg es zum Herrscher des gesamten Planeten auf und wurde zum Schrecken des Ökosystems. Heute steht er kurz davor, zum Gott zu werden und nicht nur die ewige Jugend zu gewinnen, sondern auch göttliche Macht über Leben und Tod. Leider hat die Herrschaft des Sapiens bislang wenig hinterlassen, auf das wir uneingeschränkt stolz sein könnten. Wir haben uns die Umwelt untertan gemacht, unsere Nahrungsproduktion gesteigert, Städte gebaut, Weltreiche gegründet und Handelsnetze errichtet. Aber haben wir das Leid in der Welt gelindert? Wieder und wieder bedeuteten die massiven Machtzuwächse der Menschheit keine Verbesserung für die einzelnen Menschen und immenses Leid für andere Lebewesen. Trotz unserer erstaunlichen Leistungen haben wir nach wie vor keine Ahnung, wohin wir eigentlich wollen und sind so unzufrieden wie eh und je. Von Kanus sind wir erst auf Galeeren, dann auf Dampfschiffe und schließlich auf Raumschiffe umgestiegen. Doch wir wissen immer noch nicht, wohin die Reise gehen soll. Wir haben größere Macht als je zuvor, aber wir haben immer noch keine Ahnung, was wir damit anfangen sollen. Schlimmer noch: Die Menschheit scheint hoffnungsloser denn je. Wir sind Self made Götter, die nur noch den Gesetzen der Physik gehorchen, niemanden Rechenschaft schuldig sind. Und so richten wir unter unseren Mitlebewesen und der Umwelt Chaos und Vernichtung an, interessieren uns nur für unsere eigenen Annehmlichkeiten, unsere Unterhaltung und finden doch nie Zufriedenheit. Gibt es etwas Gefährlicheres als unzufriedene und verantwortungslose Götter, die nicht wissen, was sie wollen?“

Stefanie Und was mich hier so gestört hat, als ich das Korrektur gelesen habe, ist, dass Yuval Noah Harari ja quasi Homo sapiens generell als Schrecken des Ökosystems bezeichnet und damit wirklich alle Homo sapiensis oder wie auch immer.

Carsten Sapiensa.

Stefanie Sapiensa. Okay, danke dafür.

Carsten Keine Ahnung.

Stefanie Ich dachte, du hast voll die Ahnung.

Carsten Nein.

Stefanie Ja, also jedenfalls alle Menschen gleich macht. Und ich lese in letzter Zeit sehr viele Bücher und auch generell viel von indigenen Autor·innen und empfinde das mittlerweile als nicht korrekt. Ich denke diese Bezeichnungen „Schrecken des Ökosystems“ gilt für Menschen wie uns, Nachfahr·innen dieser Europäer·innen, die kolonisierend tätig waren, aber eben nicht für die Menschen, die zum Beispiel als First Nations auf dem amerikanischen Kontinent zumeist im Einklang auch mit der Natur gelebt haben. Also ich will damit nicht sagen, dass das falsch ist, was Yuval Noah Harari sagt, das würdest du jetzt auch nicht sagen, oder?

Carsten Nein, ich würde es vielleicht sogar noch ein bisschen anders differenzieren. Also First Nations würde ich genauso ausnehmen von dieser ökologischen Schreckensvision des Homo sapiens. Ich würd aber auch innerhalb der, ich nenne sie jetzt mal westlichen Zivilisation, noch mal ein bisschen zuspitzen und da auch nochmal graduelle Unterschiede benennen. Dass je nachdem, wie jetzt auch Macht und Reichtum verteilt sind, ergibt sich darüber auch noch eine andere Schreckensherrschaft über die Ökosysteme. Also generell so pauschalisiert zu sagen der Homo sapiens, das ist mir aus meiner heutigen Sicht auch ein bisschen zu undifferenziert.

Stefanie Ja, wobei jetzt, wo ich ja jetzt wieder, wie gesagt, so viel gelesen habe von indigenen Autor·innen, würde ich sagen, jetzt so auf die Jahrtausende gesehen, nicht nur jetzt, so auf die letzten Jahrhunderte oder Jahrzehnte, ist es definitiv so, dass - es müssen ja nicht nur First Nations auf dem Kontinent Amerika sein, es gibt ja überall auf der Welt, First Nations, die Opfer des Kolonialismus geworden sind und auch immer noch darunter leiden - und wenn Yuval Noah Harari schreibt: „Die Menschheit scheint hoffnungsloser denn je. Wir sind Self Made Götter, die nur noch den Gesetzen der Physik gehorchen, niemandem Rechenschaft schuldig sind und so richten wir unter unseren Mitlebewesen und der Umwelt Chaos und Vernichtung an, interessieren uns nur für unsere eigenen Annehmlichkeiten unserer Unterhaltung und finden doch nie Zufriedenheit.“ dann finde ich, bezieht sich das wirklich nur auf einen Teil der Menschheit, aber eben den Teil, der alles kaputt macht, auf jeden Fall. Aber eben nur auf einen Teil. Und das finde ich noch mal wichtig zu sagen, das hatten wir einfach damals nicht gesagt vor vier Jahren und das war uns offensichtlich da auch noch nicht so bewusst. Aber da haben wir jetzt dazugelernt und deswegen möchte ich das noch mal ergänzen, dass es eben nicht so ist, dass alle Menschen die Erde zerstören, sondern dass es einen Teil der Menschheit gibt, der schon seit Jahrtausenden einfach im Einklang mit dieser Erde lebt und jetzt aber daran gehindert wird durch diesen anderen destruktiven Teil.

Carsten Ja, und das ist mir auch ganz wichtig, dass es, wenn ich jetzt das Buch lese und auch dieses Nachwort noch mal mitbekomme, alles so alternativlos klingt. So alternativlos in der Hinsicht: es gibt halt einen Homo sapiens, eine Spezies und die betreibt hier Raubbau. Da gibt es halt keine Alternative in dieser Denkweise. Und tatsächlich sind wir gespickt mit Alternativen. Es gibt ganz, ganz, ganz, ganz viele Alternativen, die in unterschiedlichsten Ausprägungen existieren, aber von uns einfach überhaupt nicht mehr gesehen und gehört werden, die einfach überspült werden. Und deswegen finde ich also für uns, jetzt, für Stefanie und für mich, dass wir jetzt, ein paar Jahre später da einen ganz anderen Blickwinkel drauf haben. Ist ja auch eine Bereicherung, auch dem Umstand geschuldet, dass wir jetzt mittlerweile stärker auf diese Alternativen aufmerksam geworden sind.

Stefanie Und für mich ist das tatsächlich auch so, als würden sich da wieder ganz neue Welten eröffnen. Also Perspektiven. Vielleicht auch nicht nur Welten, sondern Perspektiven, die ich vorher gar nicht so gesehen habe. Wenn wir immer so sehr selbstkritisch in diese Kerbe schlagen, ja, wir Menschen, wir machen alles kaputt, dann sehen wir jetzt eigentlich nicht nur dieses Schwarz-Weiß-Denken, sondern einfach ein buntes Spektrum, die Vielfalt und auch die Möglichkeiten. Und da liegt ja dann auch wiederum die Lösung. Das ist jetzt in dem Buch, was ich jetzt gerade lese, was wir auch noch besprechen werden und wo ich das Gefühl habe, dass das im Moment, für meinen jetzigen Entwicklungsschritt genau das Richtige ist und vielleicht ja dann auch für dich, liebe·r Hörer·in, für Carsten auch, der darf das auch noch lesen usw. und so fort, aber jedenfalls, dass das dann auch voller Lösungen ist und das, was du ja vorhin gerade auch schon sagtest, uns dann auch wieder Hoffnung gibt und das alles nicht so alternativlos ist. Da schließen wir den Kreis zum Alternativlosen, weil wir einfach aus dem Wissen schöpfen können von Menschen, die Jahrtausende lang im Einklang mit der Natur gelebt haben und nicht über die Ressourcen hinaus gelebt haben, die uns die Erde zur Verfügung stellt, sondern einfach schon so gelebt haben, wie wir jetzt auch leben sollten und dass es eben dieses Wissen gibt. Es gibt diese Lösungen alle. Und wenn wir darauf zurückgreifen, hätten wir die Möglichkeit, völlig im Einklang leben zu können, ohne dass irgendwer leiden muss. Und das es eben ein gutes Leben für alle ist.

Ich habe jetzt gerade überlegt, dann die Folge hier zu beenden, aber dann habe ich doch noch mal gelesen, dass ja Carsten gesagt hatte, dass Yuval Noah Harari die Geschichte der Menschheit rekapituliert. Und das ist auch was, worüber ich in den letzten Jahren tatsächlich immer mal wieder nachgedacht habe. Aus wessen Sicht wird diese Geschichte geschrieben? Das ist ja immer total wichtig. Das ist ja jetzt die Sichtweise der Herrschenden, der Sieger·innen, der Menschen, die die Macht haben, in diesem Falle ja dann auch der Kolonialherren. Und dementsprechend ist es dann wieder logisch, dass hier die Perspektive der Unterdrückten gar nicht vorkommt. Und deswegen wirkt es so alternativlos, weil ja die Alternativen ausgemerzt worden sind. Und alles ist so gleichgemacht worden. Und das ist auch etwas, was ich jetzt gelernt habe. Diese Homogenität ist eben ein Ausdruck von Kolonisierung und es gehört quasi dazu, alles gleich zu machen. Und wir werden da in den kommenden Folgen auf jeden Fall nochmal darauf eingehen. Da gibt es viele wichtige Erkenntnisse, die wir noch weiter mit dir teilen wollen.

Hier, bei dieser Ergänzung zu der Folge 158 wollen wir einfach noch mal darauf hinweisen, dass wir zum einen zum Thema I****** jetzt weitergegangen sind und das nochmal in den richtigen Kontext stellen wollen. Und zum anderen es immens wichtig ist zu sehen, dass nicht alle Menschen der Schrecken des Ökosystems sind und waren, sondern sich diese Sichtweise nur auf einen Teil der Menschheit bezieht. Also Homo sapiens ist nicht homogen, sondern Homo sapiens ist sehr divers und es gibt eben Homo sapiens, der oder die sich nicht so entwickelt hat zum Schrecken des Ökosystems, sondern der oder die eben im Einklang mit dem Ökosystem gelebt hat und dann von einem anderen Homo sapiens davon abgehalten wurde. Und das andere ist eben, dass wir immer berücksichtigen müssen, wer hat diese Geschichte geschrieben? Aus welcher Perspektive wurde diese Historie erzählt, um dann zu schauen: Aha, da fehlt vielleicht was und das auch wirklich dann kritisch zu betrachten.

Carsten Damit sind wir am Ende der Folge angekommen. In diesem Sinne,

Stefanie In Hamburg sagt man Tschüss.

Carsten Und auf Wiederhören.

Folge 280 - Wann hört Minimalismus auf nachhaltig zu sein?

Ein Beitrag

Folge 280 - Wann hört Minimalismus auf nachhaltig zu sein?

Das Rezensionsexemplar "Anders satt - Wie der Ausstieg aus der Tierindustrie gelingt" von Friederike Schmitz ist mittlerweile vergeben.

In dieser Folge sprechen wir zum einen über mein Vorhaben alle Folgen aller vier Podcasts zu transkribieren. Wir feiern, dass der Von Herzen Vegan Podcast komplett transkribiert ist. Und ich erzähle Dir, wie Du mithelfen kannst auch den Einfach Vegan Podcast komplett zu transkribieren und damit barrierefreier zu machen.

Zum anderen sprechen wir über einen Gedanken, der mir während eines Spaziergangs kam, als Carsten mir erzählt hat, dass er den inneren Wunsch verspürt immer minimalistischer zu leben.

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Bei uns stapeln sich die Bücher, die wir rezensieren wollen. Und eigentlich war das auch so gedacht. Eigentlich wollten wir auch schon letzte Woche eine Rezension wieder veröffentlichen, aber ich bin irgendwie in so einen Sog geraten, was das transkribieren der Podcastfolgen und auch das Korrekturlesen der Transkripte angeht und war da irgendwie total drin und konnte mich nicht drauf konzentrieren, mit Carsten dann noch eine Folge aufzunehmen. Und deswegen wird es jetzt so sein, dass wir dann erst in der nächsten Folge wahrscheinlich wieder eine Rezension haben werden. Und in dieser Folge wollten wir zum einen über das Transkribieren reden und zum anderen über ein Gespräch, das Carsten und ich während des Spazierengehens geführt haben. Wo ich gesagt habe, das möchte ich gerne auch noch mal in einer Folge thematisieren. Und ich fange jetzt mit dem Transkribieren an, denn Hurra, hurra, wir können feiern! Der Von Herzen Vegan Podcast ist komplett transkribiert!

Carsten Ole, ole, ole, ole.

Stefanie Und während Carsten Ole Ole macht, denke ich schon immer gleich an das Transkriptionstool. Was das wieder daraus macht? [Anmerkung: es hat tatsächlich Carstens „ole“ sauber ausgelesen...] Ich bin da mittlerweile schon so ein bisschen „hmmmja“ - also gut, aber da ich ja diese Folge hier selbst transkribieren und Korrektur lesen werde, wird es ja nur mich berühren. Genau, da kommen wir jetzt schon gleich zum ersten Punkt, nämlich, dass ich mir jetzt vorgenommen habe, wirklich alle Folgen, die neu erscheinen, immer auch direkt zu transkribieren und Korrektur zu lesen und mir diese Zeit zu nehmen, egal wie lang sie sind. Und das ist dann auch schon der zweite Punkt, dass ich mich irgendwie total vertan habe mit dem Einfach Vegan Podcast. Ich dachte, alle unsere Folgen sind immer mindestens eine Stunde lang oder so, aber das stimmt gar nicht. Ich bin diese mittlerweile ja über 280 Folgen - zwischendurch sind dann nämlich noch unnummerierte Folgen - mal durchgegangen und habe festgestellt, dass wir vor allem am Anfang halt immer so höchstens eine halbe Stunde aufgenommen haben. Das war ja auch immer so unser Ziel. Aber irgendwann sind wir halt immer wieder übers Ziel hinausgeschossen.

Carsten Na ja, stimmt, wir haben damals wirklich so gesagt, so, diese 30 Minuten sind ein gutes Hörformat und irgendwie haben wir es dann fallen lassen. Mittlerweile machen wir so lange, wie das Thema gerade dauert.

Stefanie Genau. Das heißt, es gibt tatsächlich Folgen, die anderthalb Stunden lang sind. Aber das ist jetzt nicht die Norm. Im Durchschnitt, könnte man dann vielleicht sagen, sind die Folgen eine Dreiviertelstunde lang, wenn man das jetzt so sieht, oder vielleicht eine halbe bis 3/4 Stunde. Wenn du mir Zeit schenken und auch Transkripte Korrekturlesen möchtest, dann kannst du auch kürzere Transkripte bekommen. Also von Folgen, die irgendwie 20 Minuten lang sind. Wobei meistens ist es ein bisschen mehr, also 21, 22 oder so 30 Minuten lang sind oder 31, 32, 33 und so. Also das heißt, du musst nicht unbedingt Folgen Korrektur lesen, die über eine Stunde lang sind. Ich freue mich natürlich darüber, denn natürlich kostet es mehr Zeit, je länger das Transkript ist. Du kannst also zumindest - bei mir ist es so immer - ungefähr das Doppelte rechnen an Zeit. Also wenn es eine halbe Stunde ist, brauchst du eine Stunde, um es Korrektur zu lesen. Es kommt, muss ich ja jetzt sagen, auch ganz klar drauf an, wie stark Carsten und ich so durcheinanderreden. Und das wird mir ja jetzt erst bewusst, nachdem ich da die ganzen Transkripte sehe, dass das vielleicht eben nicht so zuträglich ist, wenn Menschen das Korrekturlesen wollen. Das ist dann halt der Unterschied zwischen dem gesprochenen Wort und dem geschriebenen Wort.

Carsten Jetzt, wo wir quasi auch diese Transkripte vorliegen haben und uns damit beschäftigen, sind wir so ein bisschen demütiger, würde ich schon fast sagen. Also dieses, wo wir in den ersten Folgen noch sehr viel durcheinander gesprochen haben, das versuchen wir jetzt schon so ein bisschen sauberer zu artikulieren, was natürlich auch den Personen dann von Nutzen ist, die tatsächlich nicht hören können oder wollen, sondern auf das geschriebene Wort dann eher Wert legen. Die profitieren davon, weil es dann einfach flüssiger ist.

Stefanie Das auch, ja. Allerdings nimmt das natürlich auch dem Gespräch ein wenig Dynamik. Also wenn wir halt immer aufpassen, dass wir einander nicht ins Wort fallen und so. Das heißt, wir müssen uns da jetzt erst nochmal so ein bisschen dran gewöhnen. Im Moment ist das so eine Übergangsphase und wir schauen jetzt mal, wo uns das so hinführt. Aber es ist tatsächlich so, dass die ersten Folgen etwas schwieriger Korrektur zu lesen sind, weil du dann doch öfter mal noch nachhören musst, was haben sie jetzt da wirklich gesagt und so. Also das stimmt schon.

Ich habe mir jetzt vorgenommen, jeden Tag mindestens eine Folge zu transkribieren und Korrektur zu lesen, damit ich wenigstens bis Ende des Jahres fertig bin, egal ob mir jemand hilft oder nicht. Es ist aber tatsächlich so, dass Menschen helfen. Und es haben mir jetzt auch immer wieder Menschen geschrieben, die eine Folge mal ausprobieren wollen, Korrektur zu lesen und andere, die mir angeboten haben, schon gleich 3, 4, 5 Folgen Korrektur zu lesen. Und dafür bin ich sehr dankbar. Ich habe mit den Menschen, die bisher noch keine Folge wieder abgeliefert haben, noch nicht abgesprochen, wie ich sie namentlich nennen darf. Deswegen sind sie im Moment nur anonym. Und das heißt Du, wenn du das hier hörst, weißt du ja Bescheid, ob du mir das jetzt schon angeboten hast oder nicht. Also wenn du das gemacht hast, herzlichen Dank. Das ist sehr, sehr hilfreich, denn es gibt definitiv noch viel zu tun.

Und ich habe jetzt so eine Tabelle erstellt, damit ich die Übersicht behalte darüber, welche Folgen jetzt schon transkribiert und welche Folgen gerade in Bearbeitung sind und welche Folgen ich für mich jetzt gerade schon transkribiert habe, damit ich sie dann Korrektur lesen kann. Und da habe ich in dieser Tabelle ausrechnen lassen, wie viel Prozent jetzt schon fertig sind und auch in Folgen, dass ich das sehen kann. Und jetzt, Stand heute, wo wir jetzt die Folge aufnehmen, das ist der 7. Februar 2023, sind 26 Folgen komplett transkribiert und Korrektur gelesen und das sind 9,22 % der Gesamtfolgen des gesamten Podcasts momentan. Wie gesagt, ich habe ja jetzt vor, alle kommenden Folgen schon immer Korrektur zu lesen, das heißt, da sollte eigentlich jetzt nichts mehr dazukommen. Es sollte also nicht weniger werden, was da fertig ist, sondern eher mehr. Und in Bearbeitung sind momentan 3,9 % der Folgen. Das sind elf Folgen, sodass also immer noch 86,88 % übrig sind und das sind 245 Folgen.

Das heißt, wie gesagt, ich versuche jetzt täglich ein Transkript Korrektur zu lesen. Ich weiß aber noch nicht, wie ich das durchhalte, weil das natürlich Zeit kostet. Und ich weiß noch nicht, wie ich das schaffen kann. Ich habe nur gemerkt, als ich den Von Herzen Vegan Podcast, also die Folgen Korrektur gelesen habe, dass ich da in so einen Sog geraten bin, dass ich quasi tagelang nichts anderes gemacht habe. Und das möchte ich jetzt nicht mehr, denn der Von Herzen Vegan Podcast hat ja auch „nur“ 119 Folgen und der Einfach Vegan Podcast hat eben diese über 280 Folgen, jetzt noch 245 offen.

Also wäre jetzt hier der Aufruf: Fühl dich berufen, eine Podcastfolge zu adoptieren. Es gibt auch kürzere Folgen. Du kannst dir auch eine Folge aussuchen, das ist wirklich völlig in Ordnung. Ich habe das jetzt auch so gemacht. Ich wähle die Folgen, die ich transkribiere und Korrektur lese, auch erst mal danach aus, ob ich das Thema auffrischen möchte. Ich habe jetzt zum Beispiel die Podcastfolge zu dem Buch „Sprache und Sein“ Korrektur gelesen, weil ich einfach noch mal das auffrischen wollte, was wir dazu gesagt hatten. Unsere Rezension. Und vielleicht hast du ja auch ein Thema, wo du sagst: Ach ja, das würde ich gerne mal wieder auffrischen, dann kombiniere ich das, indem ich Zeit schenke und diese Folge Korrektur lese. Das wäre eine Möglichkeit.

Und die andere Möglichkeit ist natürlich, dass du sagst okay, mich interessieren die und die Themen und dass du da dann entweder mir sagst, mich interessieren die und die Themen, such mir einfach eine Folge dazu raus oder du einfach mal die Folgen durchgehst und guckst, was spricht dich an? Und dann dementsprechend eine Auswahl triffst. Wenn sie natürlich noch nicht transkribiert ist, also da eben jetzt im Moment, Stand dieser Folge, 11 Folgen in Bearbeitung sind, kann das eben auch sein, dass du das Transkript noch nicht siehst, aber die Folge schon vergeben ist. Das heißt, es sollte natürlich in Absprache mit mir erfolgen und ich schicke dir dann das Transkript zu und du liest es Korrektur. Es geht wirklich nur darum, da sozusagen die Verhörer des Transkriptionstools zu korrigieren. Und da hatten wir beim Von Herzen Vegan Podcast ganz lustige Dinge, die da passiert sind. Und mein Liebling ist immer noch, dass aus „Ich lebe vegan“ - „Ich liebe Garn“ wurde und auch „Schäm dich nicht wie Garn zu sein!“, also „Schäm dich nicht vegan zu sein.“ Das sind meine Lieblinge. Und irgendwie wurde einmal aus „die Jane McGonigal“, der Autorin von dem Buch „Gamify Your Life“, irgendwie „DJ

Carsten Marco

Stefanie Nickel.“ Also das war auch lustig. Genau. Also so was gilt es aufzuspüren. Ich hatte ja schon in der vorangegangenen Folge gesagt, dass es auch schlimmere Verhörer geben kann und das dann halt gerade zu ziehen. Und dann kann es natürlich auch passieren, dass wir ja hier so lustig vor uns hin sprechen und Wortfindungsschwierigkeiten haben und so was dann eben gerade zu ziehen. Oder dass Wörter öfter gesagt werden oder so, so was oder die Satzstellung vielleicht verändert werden sollte, weil es besser klingt, wenn es geschrieben ist. Und darum geht es einfach. Es geht nicht darum, da jetzt so ein grammatikalisch-Rechtschreib-100 %-dudenkonformes Skript daraus zu machen, was dann irgendwie in die Annalen des was auch immer eingehen kann. Sondern wirklich nur, dass das lesbar ist und dass da eben kein Murks steht.

Und wie gesagt, beim Von Herzen Vegan Podcast habe ich fast alle Folgen selbst transkribiert und Korrektur gelesen. Fast alle bedeutet: 96 Folgen habe ich übernommen. Ich wurde dann unterstützt bei den restlichen Folgen von ä’Odner, ich glaube nicht, dass ich das schaffe, dein Pseudonym richtig auszusprechen. Ich wurde gerügt von ä’Odner, dass ich das falsch ausgesprochen habe. Ich bemühe mich, aber ich befürchte, ich schaffe es nicht. Wir haben ja mal im Süden gewohnt und ich habe ja da auch studiert in Stuttgart. Das war ja aber schwäbisch, also. Und ich glaube, das ä’Odner, ist ja nicht so schwäbisch, sondern hessisch. Ja, jedenfalls, ähm, verzeih, dass ich das jetzt hier nicht so äh dialektisch, nee, dialektisch ist wieder was anderes.

Carsten Ja.

Stefanie Also dass ich den Dialekt nicht so gut sprechen kann. Also ä’Odner hat jedenfalls 19 Folgen übernommen und die alle transkribiert und Korrektur gelesen. Und Lakoja hat - auch ein Pseudonym - drei Folgen übernommen und das waren aber lange Folgen. Ich hatte im Von Herzen Vegan Podcast nicht so viele Interviews und wenn Interviews, waren sie halt länger und Lakoja hat drei dieser Interviews Korrektur gelesen. Die anderen Folgen waren wirklich teilweise relativ kurz, dass ich da nur zehn Minuten oder eine Viertelstunde gesprochen habe, manchmal auch 20 Minuten oder länger. Und jedenfalls noch mal ein herzliches Dankeschön an ä’Odner und Lakoja, dass sie mir geholfen haben, den Von Herzen Vegan Podcast komplett zu transkribieren.

Carsten Ja, dankeschön.

Stefanie Dadurch sind jetzt 3 von 4 Podcasts komplett transkribiert. Der Milchgeschichten Podcast ist ja komplett transkribiert und Korrektur gelesen. Der Wir Konsumkinder Podcast ist komplett transkribiert und Korrektur gelesen und der Von Herzen Vegan Podcast ist komplett transkribiert und Korrektur gelesen. Das heißt du kannst da jetzt auch drauf zugreifen als Ressource, wenn du nicht hören möchtest oder kannst und das aber trotzdem alles lesen möchtest und ä’Odner und Lakoja helfen gerade auch noch weiter und haben mir gesagt, dass sie noch weitere Folgen vom Einfach Vegan Podcast transkribieren und Korrektur lesen. Und das ist natürlich eine Riesenhilfe. Das heißt, im Moment gibt es eben so eine Handvoll Menschen, die sich freundlicherweise gemeldet hat, die Folgen vom Einfach Vegan Podcast Korrektur zu lesen. Allen voran Rupert, der da bisher am meisten Korrektur gelesen hat und da ist auch noch bärenstark zu nennen, der auch schon vier Folgen vom Einfach Vegan Podcast Korrektur gelesen hat. Und dann auch noch ein herzliches Dankeschön an Birgit, die ebenfalls eine Folge Korrektur gelesen hat vom Einfach Vegan Podcast und jetzt gerade dabei ist, die nächste Korrektur zu lesen. Also es gibt auch noch andere Menschen, wie gesagt, die sich gemeldet haben, aber bei denen ich noch nicht genau weiß, ob ich sie nennen kann oder nicht. Und in der Vergangenheit gab es auch schon Menschen, die beim Milchgeschichten Podcast eine Folge Korrektur gelesen haben und die ich auch schon benannt habe. Also noch mal ein kollektives, insgesamtes Dankeschön dafür, dass es Menschen gibt, die mir auch Zeit spenden.

Carsten Dankeschön.

Stefanie Und das bringt mich zu den Menschen, die mir Geld spenden. Das stagniert im Moment so ein bisschen und ich kann momentan tatsächlich meine laufenden Kosten nicht komplett decken mit dem Betrag, der da derzeit zusammenkommt. Und wenn du sagst naja, Zeit habe ich irgendwie nicht, kann ich nicht geben, ich würd aber gern was zurückgeben, dann wäre Geld toll. Da kannst du mal schauen, ich verlinke das hier, bei Steady gibt es verschiedene Pakete, die du abschließen kannst, je nachdem, was du geben möchtest. Du hast aber auch die Möglichkeit, mir direkt Geld auf mein Bankkonto oder über PayPal als Einmalzahlung das zu überweisen. Also wenn du sagst, ich möchte gerne Geld spenden, wäre das toll, um die laufenden Kosten tatsächlich zu decken. Ich habe die laufenden Kosten schon sehr stark runtergeschraubt, aber es entstehen halt trotzdem Kosten, um das alles zu hosten und kostenlos für dich zur Verfügung zu stellen. Und diese Kosten fallen monatlich an. Und momentan kann ich das einfach noch nicht mit dem Betrag decken, der jetzt schon gegeben wird. Also wenn du das Gefühl hast, ich kann ein bisschen Geld geben, vielleicht 3 € im Monat, dann wäre das toll. Hier ist der Link zu meiner Unterstützenseite »

So, und jetzt kommen wir zu dem anderen Thema, worüber wir heute auch noch sprechen wollten in dieser Folge. Und zwar führen Carsten und ich, wenn wir spazieren gehen, eigentlich ausschließlich so rein philosophische Gespräche. (lacht)

Carsten (lacht)

Stefanie Oh Mann, ich wollte das total ernst sagen. Also nein, jetzt hast Du es kaputt gemacht. Also wir führen halt rein philosophische Gespräche, da ist nichts anderes. Und während eines philosophischen Gesprächs dachte ich mir, dieses sollten wir hier noch einmal kundtun und mit Dir, liebe Hörerinnen und Hörer, teilen. Carsten nickt wissend. Hier, füge Carstens Antwort ein. Gut so. Wir haben versucht, das Gespräch Revue passieren zu lassen und vor allem, wie es dazu kam, dass Carsten diese dramatische Aussage getroffen hat, die dann dazu geführt hat, dass wir jetzt hier die Folge aufnehmen. Aber wir kriegen es nicht mehr ganz zusammen.

Es war auf jeden Fall so, dass ich irgendwie über Konsum gesprochen habe und darüber, ständig in Versuchung geführt zu werden, dann doch noch mal irgendwie was zu kaufen, dass dann da irgendwie Sale ist bei irgendwas und dann ist diese Versuchung da und dann muss ich wirklich eine Kraftanstrengung aufbringen, dem zu widerstehen. Oder ich dann denke, na ja, dann vielleicht doch noch irgendwie was, um die Wohnung gemütlicher zu machen, zu kaufen und vielleicht noch irgendwas zu kaufen, was den Alltag generell erleichtert. Also ging es mir darum, dass ich immer wieder gegen diese Versuchung kämpfe. Und dann sagte Carsten:

Carsten Dass es mir eigentlich genau andersherum ginge. Also meine Intention ist eher, spartanisch leben zu wollen. Also das ist so das, was mich reizt, mit möglichst wenig klarzukommen.

Stefanie Genau. Und dann hatte ich wiederum gesagt, dass wir dann ja gerade in die falsche Richtung gegangen sind, weil wir uns nämlich einen Reiskocher angeschafft haben. Und dann hat Carsten darüber philosophiert, dass er ja auch dann, wenn er den Reiskocher hat, auf den Herd verzichten kann. Ich weiß nicht, wie wolltest du das jetzt genau machen? Du wolltest dann alles mit dem Reiskocher kochen.

Carsten Ja.

Stefanie Ja, reicht doch. Genau. Und dann habe ich ein großes Veto eingelegt und mich philosophierend erhoben, indem ich sagte: Dass es, was die Nachhaltigkeit angeht, gar nicht darum geht, dass wir jetzt als Einzelpersonen spartanischer leben und auf möglichst viel verzichten im Sinne von Minimalismus oder - Verzicht ist ja wieder das Problem, dass das so negativ behaftet ist - aber eben dem Spartanismus – ach nee, das war wieder was anderes - frönen. Also du verstehst was ich meine. Sondern dass es dann in einer nachhaltigen, klimagerechten Gemeinschaft so wäre, dass du durch dass in Gemeinschaft leben weniger Dinge hast, weil du die Dinge dann gemeinsam nutzt. Dann hast du eine gemeinschaftliche Küche zum Beispiel und brauchst diese ganzen Sachen nicht mehr. Also du kannst automatisch dein Hab und Gut reduzieren, wenn du in Gemeinschaft lebst. Und das musst du eben als Einzelperson machen. Und Carsten tendiert ja dann immer zu seinem Tiny House, einem Bauwagen, wo er dann alleine gegen die Welt mit seinem Reiskocher ankocht und...

Carsten Nicht gegen die Welt. mit der Welt im Einklang.

Stefanie Ach so im Einklang! Das klingt manchmal so ein bisschen, ja...

Carsten Das ist Naturreis.

Stefanie (lacht) Naturreis, aha, genau. Jedenfalls kocht Carsten also in seinem Bauwagen so Löwenzahn mäßig.

Carsten Wobei den Reiskocher habe ich in meiner Version mit dem Bauwagen noch gar nicht integriert.

Stefanie Das hab ich jetzt gemacht.

Carsten Ne schöne neue Facette.

Stefanie Na ja, du wolltest ja den Reiskocher als Ersatz für alles.

Carsten Genau. Genau, ich hab dann keine Küche.

Stefanie Nur einen Reiskocher. Das ist quasi schon wie am Lagerfeuer sitzen. Genau. Also jedenfalls ist es so, dass ich der Meinung bin, dass es natürlich vielen so geht, dass sie diesen Drang haben, diesen Wunsch, immer minimalistischer zu leben. Und das ist ja auch nicht schlimm. Carsten darf das auch. Nur führt das eben weg von diesem Gedanken Klimagerecht zu leben, denn das funktioniert meiner Meinung nach nur in Gemeinschaft. Denn wenn du allein für dich bist, brauchst du ja nun mal einfach einen gewissen Grundstock an Dingen. Und es ist viel einfacher und leichter, klimagerecht zu leben, wenn du in Gemeinschaft lebst. Das heißt, ich sehe die Zukunft nicht in vielen kleinen Bauwägen, wo viele kleine Carstens mit vielen kleinen Reiskocher kochen. Sondern sehe eher einen Verbund von Bauwägen. Nein, also jedenfalls darin, dass wir in Gemeinschaft leben und uns Dinge teilen.

Und da auch noch mal: Ich habe ja jetzt schon viele Jahre damit verbracht, mit Menschen darüber zu reden, wie das ist, in Gemeinschaft zu leben, obwohl ich selber natürlich ja noch nicht in dieser Art von Gemeinschaft lebe, aber durchaus schon Kenntnis davon gewonnen habe. Also du musst dir das nicht so vorstellen, dass wir alle uns jetzt eine Toilette teilen und zu 50 Personen eine Küche, eine Toilette, ein Bad und das war's und es wird nie geputzt und alles ist dreckig. Also es ist kein WG feeling, sondern es geht einfach nur darum, dass wir Ressourcen teilen. Und wenn wir uns das jetzt in einem Mehrfamilienhaus vorstellen, wäre es irgendwie sinnvoll einen Waschkeller zu haben, eine Waschküche zu haben vielleicht, wo wir dann gemeinschaftlich vielleicht zwei Waschmaschinen oder so nutzen oder drei. Also je nachdem, wie groß das Haus ist und wie das passt. Einfach Dinge, die sonst nur vielleicht einmal die Woche genutzt werden oder noch seltener dann gemeinschaftlich genutzt werden, so dass sie ausgenutzt werden.

Und darum geht es ja tatsächlich, einfach Ressourcen besser zu verteilen und zu nutzen und nicht diese Richtung Individualismus zu gehen, sondern Richtung Gemeinschaft, Richtung Verbundenheit. Und ja, ich lese gerade immer noch ein Buch, in dem das sehr gut beschrieben wird und da werde ich auch noch mal irgendwann später drauf eingehen, dass wir hier in dieser europäischen, westlichen, weißen und auch in der US-amerikanischen Sichtweise, diesem Individualismus frönen und auch alle irgendwie in dieser Gesellschaft da so hingetrieben werden. „Unterm Strich zähl ich“ usw.. Und ich finde es mittlerweile auch immer absurder, dass wir hier alle in diesen Wohnungen übereinander gestapelt, alle für sich, ohne Gemeinschaft quasi leben. Es ist ja nicht gerade üblich, dass dann in Mehrfamilienhäusern sich alle kennen und miteinander irgendwas zu tun haben. Und letztlich ist es eine große Ressourcenverschwendung und es wäre halt viel nachhaltiger, wenn wir bestimmte Dinge teilen würden.

Und es kann ja von bis sein. Es muss ja nicht heißen, dass du alles teilst, sondern es kann halt auch sein, dass du nur bestimmte Dinge teilst. Und wir leben ja momentan einfach noch nicht in dieser idealen Gesellschaft, die ja eine klimagerechte Gesellschaft wäre, in der ein gutes Leben für alle Lebewesen möglich ist. Und deswegen kann es ja auch einfach noch nicht diese ideale Wohnform geben, wo wir dann die wichtigsten Dinge teilen.

Und mein Punkt, warum ich jetzt gesagt habe, wir müssen dieses hochphilosophische Gespräch, was wir während unseres Spaziergangs geführt haben, hier mit dir in dieser Podcastfolge teilen, ist, dass ich denke, dass dieser Wunsch, den Carsten geäußert hat, dieser Wunsch nach immer mehr Minimalismus und mich individuell immer mehr von Dingen trennen und in diese Richtung gehen, dass das auch ungesunde Formen annehmen kann. Also ich unterstelle jetzt Carsten nicht, dass das bei ihm so passieren wird. Wer weiß, aber, dass dieser Wunsch halt auch zu einem Zwang werden kann und zu denken, ich muss jetzt immer mehr loslassen und zum anderen auch diese Verpflichtung zu fühlen, dass ich möglichst wenig Dinge habe und mich selbst unter Druck zu setzen, alles loszulassen und nur noch irgendwie zehn Dinge zu besitzen, weil das halt so besonders nachhaltig ist.

Also quasi, dass, wenn ich eine gute Aktivistin, ein guter Aktivist bin, wenn ich was fürs Klima tun will, dann muss ich so minimalistisch wie möglich leben und das denke ich eben nicht. Ich denke, dass es viel nachhaltiger ist, in Gemeinschaft zu leben, dass wir da zusammenkommen und wenn wir in Gemeinschaft leben, viel einfacher und leichter Ressourcen teilen können und mit weniger Dingen mehr Spaß haben können, als wenn wir das als Einzelperson versuchen. Und das ist ja die ganze Zeit über so, das ist eigentlich die Erkenntnis dieses Podcasts seit Jahren, über Jahre hinweg, immer schon wieder und jetzt gerade auch wieder die Erkenntnis eigentlich, die wir alle haben sollten: In Gemeinschaft geht es leichter.

In Gemeinschaft können wir auch viel besser aushalten, dass die Welt immer noch nicht so ist, wie sie sein sollte, dass es da an vielen Ecken und Enden und Kanten und überall hakt und schlimm ist. Und in Gemeinschaft ist auch die Lösung dafür, um nachhaltiger zu leben und auch dann eben auf Dauer nachhaltig zu leben.

Also kurz gesagt: investiere deine Energie lieber in Gemeinschaft und Gemeinschaften als in individuellen Minimalismus.

Das war mir jetzt noch mal wichtig, das zu teilen, weil ich das eben immer wieder erlebe und gehört habe usw. in Kursen, im Experimentarium und im Clan, als ich das alles noch geöffnet hatte, dass es immer wieder auch diskutiert und genannt wurde, wie kann ich mich selbst und meinen Alltag so optimieren, dass ich so nachhaltig wie möglich lebe? Und bis zu einem gewissen Punkt finde ich das ja auch in Ordnung, nur kippt es halt schnell.

Also wenn du das Gefühl hast, dass du da jetzt halt an so kleinen Dingen herumschleifst und auch eben dich da irgendwie in so eine Richtung verrennst, die schädlich für dich ist, und dann ist es besser innezuhalten und mal zu schauen, ob du vielleicht deine Energie nicht besser in Gemeinschaften investieren kannst. Und es gibt ja genügend Gruppen, denen du dich anschließen kannst, wo du mitmachen kannst, sei es irgendwelche Fridays for Future Gruppen oder ähnliches, Urban Gardening Gruppen oder Tierrechtsaktivismus etc. etc. aber letztlich ist das dann zielführender.

Und wenn wir wirklich in die Zukunft schauen, finde ich es viel zielführender, Gemeinschaften aufzubauen und da dann deine Energie rein zu investieren, damit wir auf lange Sicht gesehen minimalistischer leben können. Und damit möchte ich diese philosophischen Erörterungen auch für heute beenden und sage in diesem Sinne.

Carsten In Hamburg sagt man Tschüss.

Stefanie Und auf Wiederhören.

Folge 279 - Anders satt von Friederike Schmitz

Ein Beitrag

Folge 279 - Anders satt von Friederike Schmitz

Das Rezensionsexemplar ist mittlerweile vergeben.

In dieser Folge stellen wir das Buch "Anders satt - Wie der Ausstieg aus der Tierindustrie gelingt" von Friederike Schmitz vor. Friederike Schmitz ist promovierte Philosophin und eine bekannte Stimme der deutschen Tierrechtsbewegung.

Du kennst sie auch schon aus Folge 122, wo Friederike mit Carsten über ihr damals neues Buch "Tierethik: kurz und verständlich erklärt" gesprochen hat. Friederike erzählt in der Folge von ihren Erfahrungen mit Workshops, die sie in Schulen gibt und erklärt unter anderem warum auch Kneipengespräche tierethische Diskussionen sein können.

In dieser, mehr als 4,5 Jahre später erscheinenden Folge, sprechen Carsten und ich nun über das neue Buch, das sich nicht auf Tierethik beschränkt, sondern thematisch sehr breit aufgestellt ist.

Links zur Folge

Buch: "Anders satt - wie der Ausstieg aus der Tierindustrie gelingen kann" von Friedrike Schmitz
https://www.ventil-vegan.de/produkt/anders-satt-friederike-schmitz/

Folge 122 - Im Gespräch mit Friederike Schmitz
https://von-herzen-vegan.de/podcastfolgen/folge-122-im-gespraech-mit-friederike-schmitz

Buch "Die Welt auf den Kopf stellen" (gibts hier auch als kostenloses Ebook zum Download)
http://ilakollektiv.org/trafo/

Milchgeschichten Podcast | Folge 25: Was wäre, wenn es ethisch vertretbare Kuhmilch gäbe?
https://von-herzen-vegan.de/folge/folge-25-was-waere-wenn-es-ethisch-vertretbare-kuhmilch-gaebe

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Und bevor wir jetzt mit dieser Folge starten, möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass ich gerade dabei bin, meine kompletten Podcasts und auch diesen Podcast, unseren gemeinsamen Podcast zu transkribieren, also alle Folgen zu transkribieren und damit zugänglicher zu machen. Und da ich gemerkt habe, dass zugänglich machen für manche Menschen etwas anderes bedeutet als für mich, möchte ich das noch mal kurz erklären.

Also ich möchte Menschen, die nicht hören können oder wollen, also die gehörlos sind oder lieber lesen, die Möglichkeit geben, auch diese Podcastfolgen zu lesen. Und deswegen möchte ich alle Podcastfolgen transkribieren, und zwar von allen vier Podcasts. Und Stand heute, wo wir das hier gerade aufnehmen, ist es so, dass der Milchgeschichten Podcast komplett transkribiert ist und ich habe mich jetzt auch hingesetzt und den Wir Konsumkinder Podcast komplett transkribiert. Also die beiden Podcasts sind jetzt schon transkribiert und die kannst du jetzt auch lesen.

Wo es noch viel Arbeit gibt, das sind die beiden anderen Podcasts, also der Von Herzen Vegan Podcast und der Einfach Vegan Podcast. Es gibt einige Menschen, die mir helfen die Folgen zu transkribieren. Und da ist jetzt beim Von Herzen Vegan Podcast vor allem der ä’Odner dabei die ersten 20 Folgen zu transkribieren und dann beim Einfach Vegan Podcast ist es vor allem Rupert, der da am meisten bisher gemacht hat. Also den beiden ein besonders herzliches Dankeschön schon mal!

Carsten Vielen Dank.

Stefanie Ja, und es gibt natürlich auch noch mehr Menschen, die helfen. Nur gibt es jetzt im Moment insgesamt noch mindestens 330 Folgen vom Von Herzen Vegan Podcast und dem Einfach Vegan Podcast zusammen, die noch nicht transkribiert sind. Und momentan ist es so eine Handvoll Menschen, die mithilft und da einzelne Folgen transkribiert. 330 Folgen sind nur ziemlich viel und das wird dann noch ziemlich lange dauern, wenn das jetzt wirklich nur diese Handvoll Menschen weiterhin macht. Und daher wäre es total toll, wenn du dir überlegst, du möchtest gern eine Folge transkribieren. Es müssen sich ja nur 330 Menschen melden, die eine Folge transkribieren wollen. Wenn du sagst: Ja, ich schenke dir die Zeit, ich transkribiere eine Folge und mit Transkribieren meine ich da eigentlich nicht das Transkribieren selbst, sondern das Korrekturlesen. Denn ich habe ein Tool dafür, womit ich die Folgen transkribiere. Also ich lasse sie transkribieren bzw. ich nutze mehrere Tools dafür, je nachdem, was das jetzt für eine Folge ist, ob ich die mit Carsten zusammen aufnehme oder eben mit mehreren Sprechenden oder alleine, kann ich verschiedene Tools nutzen. Und diese Tools können aber einfach das Audio nicht immer so hundertProzentig toll erkennen.

Also meine Lieblingsversprecher sind ja im Moment, dass ich gesagt habe „Tierleid“ und dann hat das Tool daraus „Hitler“ erkannt. Und so was will ich natürlich nicht in meinem Text stehen haben, oder dass aus „karnistisch“ immer „kommunistisch“ gemacht wird. Also das passt da einfach nicht rein. Oder bei „Lützerath“ in der letzten Folge hatten wir glaube ich 20 verschiedene Schreibweisen von „Lützerath“ drin, also die dann jetzt nicht irgendwie „Lützerath“ mit tz und mal ohne tz oder so waren, sondern wirklich sehr merkwürdige Schreibweisen und so was gilt es halt da zu korrigieren. Und du verstehst vielleicht, dass 330 Folgen zu korrigieren für mich alleine doch ein großer Haufen Arbeit ist. Und wirklich, da wäre die Kraft der Masse etwas ganz tolles. Wenn sich jetzt 330 Hörer·innen melden würden und sagen: Hey, ich werde jetzt eine Folge Korrektur lesen, dann wäre das alles super schnell geschafft und das würde mich riesig freuen.

Also wenn du das Gefühl hast, ja, ich möchte dir Zeit schenken, dann melde dich doch gerne bei mir unter post [at] vonherzenvegan [punkt] de. Und du kannst dir auch eine Folge aussuchen. Also du kannst sie quasi adoptieren - eine Folge, die noch nicht transkribiert ist logischerweise. Die Folgen vom Von Herzen Vegan Podcast sind meist relativ kurz sogar. Also da kann es auch sein, dass die Folgen nur zehn Minuten oder eine Viertelstunde lang sind. Hier im Einfach Vegan Podcast sind sie dann doch etwas länger und im Moment ist das Verhältnis so, dass im Von Herzen Vegan Podcast noch 70 Folgen transkribiert und Korrektur gelesen werden müssen und im Einfach Vegan Podcast noch 260 folgen. Also von daher liegt das Gewicht so ein bisschen auf den langen Folgen. Also das heißt, wenn du mir irgendwie zwei Stunden oder drei Stunden deiner Zeit schenken möchtest, dann würde ich mich sehr darüber freuen, wenn du so eine lange Folge Korrektur liest. Aber natürlich müssen auch noch diese ganzen kurzen Folgen Korrektur gelesen werden.

Und es ist auch so, dass ich dich gerne namentlich nenne und mich auch gerne öffentlich bei dir bedanke. Und es gibt auch die Wall of Thanks, wo du dann aufgeführt bist. Aber wenn du sagst, ich möchte anonym bleiben, dann ist das auch völlig in Ordnung. Also es geht jetzt wirklich darum, diese Podcasts und alles, was wir hier immer frech ins Mikrofon sprechen, zu transkribieren und zugänglich zu machen für Menschen, die entweder eben gehörlos sind oder lieber lesen. Es geht darum, die Inhalte inklusiver zu machen. Soweit erstmal dazu.

Heute stellen wir wieder ein Buch vor und wieder hat es nur Carsten gelesen und die Autorin ist Friederike Schmitz. Die kennst du vielleicht schon, denn ich habe gerade nachgeguckt, im Mai 2018 war sie hier in diesem Podcast schon mal zu Gast und da hatten wir über ein kleines Büchlein von ihr gesprochen und diesmal geht es um ein bisschen dickeres Büchlein.

Carsten Ja, so kann man das auch formulieren. Genau. Also Friederike Schmitz ist sehr bekannt aus dem Bereich der Tierethik. Das war damals in der Folge 122 der Fall, wo ich im Gespräch mit ihr genau darauf eingegangen bin und das Buch, um das es heute geht, mit dem Titel „Anders satt - wie der Ausstieg aus der Tierindustrie gelingt“ da geht's wirklich um so ein Rundumschlag. Also jetzt nicht ausschließlich auf Tierethik, sondern tatsächlich um die Frage, die der Titel schon andeutet: Wie kommen wir eigentlich raus aus diesem Tierhaltungs- und Tierausbeutungssystem?

Stefanie Und dieses Buch haben wir freundlicherweise vom Ventil Verlag als Rezensionsexemplar kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen und wir verschenken es jetzt auch im Anschluss an diese Folge weiter an Dich, liebe·r Hörer·in, falls dich dieses Buch interessiert und da kannst du dann einfach schreiben an post [at] vonherzenvegan [punkt] de oder dir einen anderen Weg suchen, wie du mit mir in Kontakt treten möchtest. Und es gibt auch hier wieder kein Limit, bis wann es dieses Buch gibt. Einfach die erste Person, die schreibt, bekommt es dann und sobald es vergeben ist, werde ich in der nächsten Podcastfolge dann Bescheid sagen, dass es vergeben ist.

Und das erinnert mich jetzt gerade eben noch daran, dass das Buch „Die Welt auf den Kopf stellen“ mittlerweile vergeben ist. Das heißt unser Exemplar, dass in dem Fall kein kostenloses Rezensionsexemplar war, sondern eins, was wir auch wirklich gekauft haben, das haben wir mittlerweile verschenkt. Es gibt aber bei „Die Welt auf den Kopf stellen“ immer noch die Möglichkeit, das kostenlos als PDF herunterzuladen. Da werde ich den Link hier auch noch mal in die Shownotes packen, falls du da noch nicht geschaut hast. So jedenfalls, dass du Bescheid weißt. Also das Buch „Die Welt auf den Kopf stellen“ ist nicht mehr da. Dafür ist jetzt das Buch „Anders satt. Wie der Ausstieg aus der Tierindustrie gelingt“ von Friederike Schmitz da - bis auf Weiteres. Es könnte natürlich sein, wenn du das hier hörst, dass es dann auch immer da ist. Wenn du diese Folge hier sehr viel später hörst, dann guck doch mal in die nächste Folge rein, also ins Transkript der nächsten Folge. Oder du hörst da rein, da wirst du dann sehen, ob das Buch noch da ist oder nicht.

Und damit du jetzt für dich entscheiden kannst, ob dieses Buch denn interessant ist für dich, also das Buch von Friederike Schmitz, gleich die erste Frage an dich, Carsten, was denkst du denn? Für wen ist dieses Buch geeignet? An wen richtet es sich?

Carsten Tatsächlich ist es für alle geeignet. Das Buch ist wirklich sehr umfänglich und gar nicht auf eine spezielle Zielgruppe zugespitzt, sondern es ist sowohl für Personen, die im aktivistischen Umfeld tätig sind, die vegan leben, aber genauso gut für Personen, die gar nicht aus dieser Richtung kommen, die sich aber generell mal informieren wollen: wovon reden die vegan lebenden Menschen da eigentlich? Und dementsprechend ist es ein ganz breites Publikum. Da kann ich keine Einschränkung aussprechen.

Stefanie Wobei, als du das Buch gelesen hast, so zu Beginn, sagen wir mal das erste Drittel, da hatte ich dich gefragt: Und wie ist es, wie ist es? Und da hast du gesagt: Ah, da ist nichts Neues drin für uns, also für Menschen, die schon vegan leben, ist das eigentlich nichts. Jetzt sagst du was anderes. Warum?

Carsten Weil das Buch zur zweiten Hälfte viel mehr Informationen bietet, die auch für mich wieder neu waren. Also es war tatsächlich so, das Buch hat acht Kapitel und die ersten vier, das war so etwas, was ich eigentlich schon genau wusste. Vielleicht nicht unbedingt so in der ausgeprägten Detailschärfe, wie Friederike Schmitz das da im dem Buch darstellt. Aber, so der Grundtenor, war für mich keine neue Überraschung, nichts wirklich konkret Neues also für das, was wir jetzt hier so im Laufe der letzten Jahre für uns selber recherchiert haben und zum Großteil auch hier in diesem Podcast schon behandelt haben, ist das so ein bisschen Aufwärmen von vorhandenem Wissen. Und spannender wird es dann tatsächlich so ab der zweiten Hälfte des Buches, wo es dann wirklich so in diese Richtung geht: Wie kommen wir eigentlich raus aus dieser Industrietierhaltung mit verschiedensten Facetten, die sie dort beschreibt? Und da sind tatsächlich viele Informationen drin, die, was ich gerade schon sagte, auch für mich neu waren und auch von der Art und Weise, wie sie es beschreibt, eine richtige Bereicherung darstellen. Deswegen zum Schluss wirklich beide Daumen hoch.

Stefanie Das klingt ja jetzt schon mal sehr vielversprechend. Dann lass uns mal einen Blick ins Inhaltsverzeichnis werfen. Wie sieht das denn da so drin aus?

Carsten Genau das Ganze sind diese acht gerade schon angesprochenen Kapitel. Ich les jetzt einfach nur grob die Überschriften vor, weil die Kapitel sich auch noch mal in kleinere Abschnitte unterteilen, die jeder für sich noch mal ein spezielles Thema in dem Gesamtkontext darstellen.

So, und das Buch steigt ein mit einer Frage, die ja gerade durch die Corona Pandemie nochmal so ein bisschen an Bedeutung gewonnen hat, und zwar das Thema der Zoonosen und Zivilisationskrankheiten. Finde ich sogar einen sehr untypischen Einstieg in ein Buch, weil es von vielen Themen, die irgendwo im Bereich Tierindustrie stattfinden oder zu finden sind, ja eins der vielleicht unzugänglichsten ist. Also man redet ja eher über ökologische Folgen, gesundheitliche etc. Deswegen fand ich das schon ein bisschen verwunderlich, dass sie mit Zoonosen anfängt. Sie greift da aber auch wirklich sehr fundiert in das Thema ein und auch allgemein verständlich. Also es ist jetzt nicht irgendwie total wissenschaftlich formuliert, sondern so, dass Personen, die generell auch vielleicht den Erstkontakt mit dem Thema haben, sofort wissen: Oh, Zoonosen fallen nicht vom Himmel. Was sind eigentlich Zoonosen? Ah, da gibt es Krankheiten, Erreger, die vom Tier auf den Menschen übergehen. Und die industrielle Tierhaltung hat da einen nicht unerheblichen Anteil daran, dass so etwas passiert und dass so etwas in Zukunft auch mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit immer öfters passieren wird. Und dementsprechend finde ich das sehr gut aufgemacht, wie sie da in das Thema einsteigt. So, das war das erste Kapitel.

Im zweiten Kapitel geht es dann um das, was auch wirklich tagesaktuell in den Medien transportiert wird: die Klimakrise. Dieses Kapitel heißt „Klimakatastrophe und Gerechtigkeit. Die Zeit zu handeln ist jetzt.“ Da geht sie halt auf die Klimakatastrophenthemen ein und den Einfluss der Tierindustrie.

Das dritte Kapitel ist dann tatsächlich einmal sehr ethisch angehaucht. „Respekt statt Ausnutzung.“ Da geht sie auf das Mensch-Tier-Verhältnis ein. Ein ganz, ganz wichtiges Thema, wo sie auch wirklich sehr im Detail nochmal auf die Fragen des Tierwohls eingeht, weil ja auch gerade im Rahmen der politischen Diskussiondas Tierwohl-Label wieder medial sehr präsent ist. Das sind alles Sachen, die da im dritten Kapitel angegangen werden.

Und das vierte Kapitel beantwortet dann so die Kritik an einer veganen Anbauweise, so nach dem Motto: Kann ich denn überhaupt eine Landwirtschaft anders gestalten? Funktioniert denn vegane Landwirtschaft überhaupt? Bin ich nicht in irgendeiner Art und Weise auf tierliche Bestandteile in der Landwirtschaft angewiesen?

Und das sind so die ersten vier Kapitel, mit denen sie da jetzt so ins Buch startet. Und das waren auch wirklich die vier Kapitel, wo ich gemerkt habe, so richtig viel Futter, was für mich neu ist, ist da nicht dabei. Wir haben ja jeden einzelnen Bereich, jedes einzelne Thema für uns schon auch irgendwie anders mal erschlossen und behandelt. Da waren es wirklich nur Nuancen, die was Neues gegeben haben. So, und dann mit dem fünften Kapitel fängt es an, für mich auch wieder interessanter zu werden.

Das fünfte Kapitel ist überschrieben mit „Zukunft durch Technik? Alternative Proteine auf dem Vormarsch.“ Da geht es dann wirklich in die Thematik wie: Was passiert denn jetzt gerade in der Industrie? Sprich vegane Produkte, vegane Ersatzprodukte. Dieses Umschwenken von Fleisch auf tierlicher Basis hin zu Fleisch mit V. Und da finde ich ganz spannend, dass Friederike Schmitz dort sehr dialektisch vorgeht. Sie geht auch auf Themen ein, wie zum Beispiel Rügenwalder und bleibt aber nicht in einer Ecke. Und das ist so etwas. Das finde ich generell in diesem Buch sehr, sehr, sehr spannend, dass sie immer von unterschiedlichsten Sichtweisen, mindestens sowohl von der positiven und auch der kritischen Seite schaut.

Also jetzt am Beispiel von Rügenwalder dieses: Oh, da geht jetzt ein namhaftes Unternehmen hin und präsentiert eine vegane Palette und wird auch von Pro Veg unterstützt und bringt halt richtig Schwung in diese ganze Thematik und krempelt quasi einmal die die Fleischindustrie um. So dieses Narrativ beleuchtet sie, geht da voll rein, um dann quasi auch nochmal einen kritischen Blick auf dieses Thema zu werfen. Was heißt das eigentlich? Wie vegan ist Rügenwalder eigentlich? Wie vegan möchte Rügenwalder tatsächlich werden? Was heißt das eigentlich, dass sie jetzt ein veganes Sortiment haben? Was heißt das für deren nicht veganes Sortiment? Gibt es da jetzt eigentlich einen Unterschied? Das beleuchtet sie und gibt aber zu solchen Punkten, wo sie immer so dieses, ich sag jetzt mal positiv und dieses kritische Denken mit reinbringt, auch ihre eigene Perspektive und das zeigt sie in allen anderen Bereichen auch. Und das ist tatsächlich eine riesige Bereicherung, dass sie nicht immer nur in einer Denkrichtung hängenbleibt, sondern wirklich so fürs selber einfinden einfach zeigt: okay, das wird jetzt so und so dargestellt, dann gibt es noch Kritikpunkte und ich selber sehe es aber so und so, das ist echt gut so! Das war so das fünfte Kapitel.

Das sechste Kapitel ist dann überschrieben mit „Pflanzlich glücklich: die Ernährungswende.“ Also da geht es dann um die Frage wie kriegen wir eigentlich so eine Ernährungswende hier in der Gesellschaft etabliert? Was kann der Staat, was kann der Staat nicht? Was behaupten Politiker, was sie könnten? Da geht es dann auch um dieses Argument: Wir können den Leuten ja nicht vorschreiben, was sie zu essen haben. Stichwort Veggie Day und so, und da geht sie auch in diese Argumentation rein und sagt: Na ja, der Staat hat schon bestimmte Pflichten und Vorgaben, und zwar immer dann, wo die Freiheit des Individuums zulasten Dritter geht, da, wo Rechte oder auch noch stärkere Einschnitte für Dritte erwachsen, da hat der Staat schon eine Fürsorgepflicht und muss auch mal diesen Neutralitätsanspruch verlassen. Sie bringt dann Beispiele ein wie, es ist ja hier auch in der Gesellschaft nicht so, dass jede·r, die·der irgendwie einen ausgedienten Kühlschrank hat, den einfach irgendwo in den Wald stellen kann, sondern da gibt es halt auch eben Rechte, Pflichten und da hört halt die individuelle Freiheit auf. Genauso kann ich jetzt auch nicht irgendwelche Schadstoffe in den Badesee kippen, weil ich denke, hey, ich habe hier eine liberale Gesellschaft, völlige Freiheit. Ich bin der Meinung, ich darf das. Das mache ich jetzt so nach eigenem Gusto. Da gibt es dementsprechend auch staatliche Reglementierungen, die so was unterbinden. Und in eine solche argumentative Schiene geht sie dort rein.

Was ich total spannend finde, einfach auch aufzuzeigen, was empfehlen vielleicht auch andere Gremien, wie der Staat sich eigentlich zu verhalten hätte. Stichwort Klimarat. Dieser Bürgerrat, der sich schon sehr stark positioniert und auch für eine pflanzliche Ernährung sich ausgesprochen hat, aber auch eben andere Kommissionen und Gremien, die deutlich stärker mit den Forderungen an staatliche Akteure herantreten. Und dieses Argument „Wir dürfen den Leuten nicht vorschreiben, was sie zu essen haben.“ so ein bisschen differenzierter betrachten und sagen: doch, ihr müsst dafür sorgen, dass die Leute sich anders verhalten. Und da gibt es auch bestimmte Maßnahmen, die müssen nicht unbedingt mit einem Verbot einhergehen. Das kann auch so dieses Nudging sein, also dieses mit dem Finger so ein bisschen in eine Richtung stupsen, mit sehr subtilen Möglichkeiten. Aber der Staat muss da schon ins Handeln kommen. Das ist so die Quintessenz dieses Kapitels.

Und dann haben wir im siebten Kapitel die Frage „Wie kann denn eine gerechte Transformation aussehen? Wie kann ich die Produktion umstellen?“ Also weg aus dieser Tierindustrie, hin zu einer veganen Industrie. Das ist insofern ein spannendes Kapitel, als dass sie dort wirklich mit Personen, mit Organisationen Kontakt hatte und hat, die genau das schon durchführen. Sie sagt auch ganz klar: wir können eine solche gerechte Transformation nur mit den Bäuer·innen machen. Die müssen wir quasi mitdenken. Und ohne die schaffen wir das nicht. Und wir müssen zusehen, dass die eben aus der Tierindustrie aussteigen. Und andere Formen ihrer Erwerbstätigkeit, wollte ich schon sagen, also ihres Gelderwerbs dann, ihrer Existenzsicherung erwirken. Und da geht sie halt in verschiedenste Maßnahmen rein, wie das heute schon gemacht wird, wie vielleicht andere Staaten agieren und was Vorschläge für Deutschland dann sein könnten.

Und das letzte Kapitel, das geht dann in den Bereich: Was kann ich denn als Einzelperson machen? Das achte Kapitel ist dementsprechend überschrieben mit „Rebellieren statt konsumieren: gemeinsam für Veränderung.“ Da geht sie drauf ein, wie Nichtregierungsorganisationen, wie aktivistische und soziale Bewegungen agieren können, wie sie auch sich strategisch formen. Das heißt also, dass nicht Einzelpersonen, Einzelgruppierungen jetzt nur auftreten, sondern dass geguckt wird, wie kann ich soziale Gruppierungen thematisch auch zusammenführen. Also dieses Bündnis gemeinsam gegen die Tierindustrie ist da ein Beispiel. Da geht sie hier auch auf das entsprechende Aktions- und Protestcamp im Jahr 2021 ein, wo sie selber mit vor Ort war, da aus eigener Erfahrung entsprechend Schilderungen ins Buch einbringt, wo sie aber auch darauf hinweist, dass dieses Bündnis gemeinsam gegen die Tierindustrie nicht ausschließlich aus Personen und Organisationen besteht, die jetzt nicht nur aus dem Tierrechts- oder Tierbefreiungssegment kommen, sondern alle Facetten abgreift von Klimakatastrophenthemen, Klimagerechtigkeit bis hin zu den Arbeitsbedingungen in der Tierindustrie, so dass ich da vielleicht auch Personen habe, die eher so aus den Gewerkschaftskreisen unterwegs sind und vielleicht mit mehr Tierwohl eher weniger zu tun haben, sondern sich mehr um die Arbeitsbedingungen der Menschen dort in den Industriebereichen dann sorgen. Und dass dieser Zusammenschluss einfach notwendig ist, um geballt für einzelne Themen, wo tatsächlich inhaltliche Überlappungen da sind, da dann entsprechend auch mehr gesellschaftliche Kräfte aufzubringen und zu etablieren.

Stefanie Zu Beginn der Auflistung des Inhaltsverzeichnis hattest du den Begriff „Tierwohl“ genannt und in den Kursen, den Bildungsurlauben und so, die ich jetzt bisher gegeben habe, sind wir auch immer mal wieder auf diese Tierwohllabel zu sprechen gekommen und mich würde mal interessieren, was Friederike Schmitz dazu schreibt.

Carsten Hm, ja, das ist ein sehr ethisch orientiertes Thema. Eigentlich ihr Herzensthema, mit dem sie auch bekannt geworden ist und sie beleuchtet das schon sehr detailliert. Quintessenz ist, sie positioniert sich so: Tierwohl kann halt nur Tierfreiheit sein, alles andere ist Augenwischerei. Alles andere ist halt nur die Frage, wie hoch ist der Qualanteil? Also so ein Tierwohl Label mit einer Skizzierung oder Ampel oder einer Bezifferung, keine Ahnung, 1 bis 5 oder so, kann immer nur irgendwie die Qual des Tieres da zum Ausdruck bringen. Aber hat mit dem eigentlichen Tierwohl ja gar nichts zu tun. Das ist eine Klarstellung, die sie dort trifft. Nichtsdestotrotz geht sie auf diese Thematik sehr im Detail ein, zeigt auch so ein bisschen, wo da die Diskussion hingeht, aber immer wieder mit der Klarstellung: egal was dort gemacht wird, es ist halt in Nuancen keine wirkliche Verbesserung für die Tiere.

Also ich sag jetzt mal in einen Schweinestall, wo die Tiere dann trotzdem nur irgendwie ein Quadratmeter Fläche für sich haben, da einfach nur eine Kette mit einem Gummigegenstand runterhängen zu lassen und das dann so als ultimative Spaß- und Bespielungsfunktion darzustellen, ist weit von dem entfernt, wie sich ein Schwein in der freien Umgebung verhält. Und egal wie jetzt ein Tierindustrieunternehmen da seine Ställe aufbaut, es wird immer primär aus der wirtschaftlichen Notwendigkeit geplant und dementsprechend kann das Tierwohl dort nie so umgesetzt werden, dass es in irgendeiner Art und Weise akzeptabel dann da ist.

Stefanie Na ja, es ist ja letztlich so wie mit ethisch korrekter Milch sozusagen. Also das ist auch meine Meinung, dass es die nicht geben kann und genauso wenig kann es dann eben Tierwohlfleisch geben. Ja, hast du Punkte, wo du sagen würdest, das hat dich irgendwie besonders beeindruckt, das möchtest du hier noch teilen?

Carsten Ja, also im Detail gibt es schon einige Punkte, wo ich im Buch merke, dass Friederike Schmitz da sehr in die Tiefe abtaucht, also auch gut in die Tiefe abtaucht, weil sie sehr reflektiert und auch fundiert die einzelnen Themen behandelt. Was ich vorhin schon sagte, dieses Abwägen, wie wird es im Positiven, aber wie wird es auch kritisch dargestellt und wo positioniert sie sich? Das durchzieht das ganze Buch. Das war etwas, wo ich einfach gemerkt habe, das ist richtig gut und ansonsten kann ich ein paar Beispiele mal reinbringen, wo ich der Meinung bin, dass sie da schon sehr viel inhaltliches Futter bietet.

Also ganz am Anfang zeigt sie zum Beispiel dieses Thema Weidehaltung auf, was ja auch immer wieder vorgebracht wird. Oh, wenn wir jetzt alle Tiere auf der Weide halten und wir brauchen Weidehaltung und und und. Also diese ganze Thematik, da räumt sie mit auf. Sie geht da tatsächlich hin und schaut, wo kommt das Thema eigentlich her? Welche Personen, welche Akteure sind da im Moment medial auch sehr im Vordergrund? Auf was für Fakten stützen die sich? Und wie sieht es eigentlich in der Realität aus? So, und das macht sie jetzt wirklich sehr ausführlich und Quintessenz von dieser ganzen Thematik ist: Weidehaltung selber ist eigentlich gar nicht das Thema. Das lenkt ein bisschen ab von dem eigentlichen Komplex, der dahinter steht. Weil, wenn wir es wirklich in der letzten Konsequenz umsetzen würden, dann würde das bedeuten, dass wir kleinbäuerliche Strukturen haben mit ganz, ganz wenigen Tieren, die dann Freiland unterwegs sind, wo man ja schon fast sagen könnte: Hey, den Tieren geht es ja wirklich „saugut“ im Vergleich zu dem, was heute stattfindet. Und wenn wir uns zu sehr auf diese Weidehaltungsthematik konzentrieren, dann verlieren wir den Blick dafür, dass es tatsächlich um die Großindustrien geht, wo die Tiere ja eigentlich gar nicht nach draußen kommen, wo sie zu Tausenden, also zu Hunderten und Tausenden in erbärmlichsten Verhältnissen leben müssen, vielleicht nie Tageslicht sehen und am Ende alle im gleichen dunklen Ort dann landen werden. Und das ist halt gefährlich an diesem Thema der Weidetierhaltung.

Aber nichtsdestotrotz räumt sie auch damit auf und stellt eben auch klar: eigentlich ist das nicht nur thematisch bedeutungslos, sondern funktioniert auch nicht wirklich so, wie die Befürworter es so medial sehr stark präsent halten. Das ist so ähnlich wie dieses romantisierte Bild der Alm. Also wenn wir uns Kühe vorstellen, dann sind wir in den Schweizer Bergen auf irgendeiner Alm und da geht es den Kühen gut. Die sind so voller Glück, dass sie schon lila anlaufen. Und denen geht es ja total gut. So, und auch dieses Beispiel wird ja in diesem Buch aufgegriffen, wo sie darstellt, ja, selbst die Tiere, die auf der Alm sind, das sind vielleicht Tiere, die gerade mal vor dem Kalben sind oder nach dem Kalben, die sich jetzt gerade mal eine Ruhepause gönnen müssen. Sind vielleicht Jungtiere, die da noch mal ein paar Wochen leben, bevor sie schlachtreif sind. Aber es sind nicht die riesigen Mengen, weil es sich ja auch gar nicht wirtschaftlich lohnt. Ich kann ja als Landwirt nicht meine komplette Herde mal eben kurz in die Berge verfrachten, um sie dann morgens und abends wieder in den Stall zu holen, um sie dann zu melken. Und eine Melkmaschine auf die Alm zu bringen ist auch nicht unbedingt so praktikabel. Also Heidi läuft da jetzt nicht mehr rum und hat eine Milchkanne in der Hand und melkt die Kühe. Also das ist so, das geht überhaupt nicht. Und deswegen sind das so Zerrbilder, die ein romantisches Verständnis hervorrufen wollen, die uns einfach medial so ein bisschen aufgepresst werden.

Stefanie Ich darf da noch mal auf meinen Milchgeschichten Podcast verweisen, gerade so die letzte Folge, die tatsächlich jetzt auch schon in einen Ethikunterricht übernommen wurde. Da wurde ich mal angefragt. Genau die gleiche Argumentation habe ich da eben auch angeführt. Und letztlich, wenn wir alle aus dieser Perspektive schauen, werden wir alle immer die gleiche Argumentation haben. Es funktioniert halt hinten und vorne nicht, egal wie du es drehst und wendest, dieses Bild, dass es ethisch korrekte Kuhmilch geben kann oder generell eben die Möglichkeit, ja, dass es Tieren gut geht, dass wir ethisch einwandfrei mit Tieren umgehen und sie trotzdem nutzen, das kann halt einfach nicht funktionieren. Und also eben das Beispiel der Alm, ist auch generell egal, ob es jetzt die Alm ist oder wo auch immer die Kühe gehalten werden. Es funktioniert ja überall nicht. Und wenn, dann müsste es ja ganz viele Heidi Klone geben...

Carsten Also es gibt tatsächlich einen Ziegenhirten, den hat sie da in dem Buch beschrieben. Ich weiß nicht, ob das jetzt einer in Deutschland ist oder irgendwie in einem der Nachbarländern. Der wird als sehr positives Beispiel genannt, weil er die Ziegen leben lässt. Also er nutzt sie nicht. Er sorgt dafür, dass tatsächlich dann relativ unzugängliche Bereiche als Grünland Fläche erhalten bleiben. Und er ist quasi so ein Wanderhirte. Und auf die Frage, warum er denn seine Tiere nur weiden lässt, aber ansonsten nicht weiter ausnutzt, sagt er: „Ja, das sind doch meine Mitarbeiter, die kann ich doch nicht töten. Ich kann doch meine Mitarbeiter nicht ausnutzen.“ Und das ist natürlich eine Haltung, die ist ja vielleicht einmalig, keine Ahnung. Der verdient sein Geld aber dadurch, dass er, ich glaube, staatliche Zuschüsse bekommt oder so. Da gibt es halt bestimmte Gelder, die dafür ausgegeben werden, um solche unzugänglichen Flächen zu pflegen und zu bewahren.

Stefanie Und das hat ja dann mit Tiernutzung eigentlich nicht mehr so viel zu tun. Klar, die werden genutzt, um diese Flächen zu pflegen, aber eben nicht, um sie zu essen. Und dann läuft das halt wieder ad absurdum. Zu überlegen, wie kann ich sie besonders gut pflegen, um sie dann zu essen oder eben Exkremente von ihnen zu mir zu nehmen.

Carsten Vielleicht ist das auch vergleichbar mit so einem mobilen Lebenshof.

Stefanie Ja, genau, so könnte man das natürlich sehen. Die Tiere müssen ja auch irgendwie was fressen und dann können sie ja auch irgendwo weiden.

Carsten Genau. Ja, und das ist schön an diesem Buch genau solche Beispiele zu bekommen. Aber auch eben diese Einordnung, dass wir uns nicht darauf konzentrieren. Also es ist ja keine Perspektive jetzt sämtliche Nutztiere als Freilebende, dann sind wir wieder beim Thema Weidetierhaltung.

Stefanie Ja, wir drehen uns im Kreis. Verlassen wir diesen Kreis jetzt mal, was hast du denn noch für Punkte?

Carsten Ja, also so zwei, drei Sachen, die haben mir auch nochmal sehr gut gefallen. Die will ich hier als Beispiel einbringen. Sie geht in dem Buch auch auf das Werk von Tobias Leenaert ein. Das ist halt „der vegane Stratege“. Der hat das Buch „Der Weg zur veganen Welt - ein pragmatischer Leitfaden“ geschrieben, ist damit auch sehr bekannt, wird auch von einigen namhaften veganen Organisationen sehr stark zitiert. Oder die beziehen sich auf seine Arbeit. Da geht es darum, dass er auch eine Metapher in seinem Buch verwendet: „Vegan ville“ also das vegane Dorf, was oben auf einem Berg ist. Und es geht gar nicht darum, alle Personen jetzt oben als Bewohner dieses Berges hin zu bekommen, sondern wir sind eigentlich schon mal glücklich, wenn die Menschen sich auf den Weg dorthin machen. Und die dürfen auch auf einem Teilstück dann einfach stehen bleiben. Was dann übersetzt so heißt: Du bist halt nicht vegan, aber du isst halt weniger Tierprodukte.

Und die Argumentation ist, ich brauche einen pragmatischen Ansatz, um die Menschen mitzureißen. Und die Masse macht es, dass je mehr Menschen sich auf den Weg machen, heißt weniger Fleisch essen, desto größer ist der Einfluss auch auf Tierwohl, auf Tierbestand etc. pp. Das ist so diese Überlegung, aus der auch vegane Organisationen teilweise ihre eigene Strategie ableiten.

Und da geht Friederike Schmitz auch sehr kritisch mit um. Also sie schaut sich an, was hat Tobias Leenaert da als Gedanke, als Strategie ausgearbeitet und zeigt eben auch, dass es Personen und Organisationen gibt, die das kritisch sehen. Und diese kritische Reflexion finde ich an der Stelle wirklich sehr schön. Hatte ich vorher so nicht. Ich hatte das Buch von Tobias Leenaert mal gelesen, fand mich da aber überhaupt nicht wieder. Das war so gar nicht meins.

Stefanie Ich kann mal kurz reingrätschen. Wir hatten das als Rezensionsexemplar mit dem Wunsch, es zu rezensieren und auch mit dem Autor ein Interview zu führen, zugeschickt bekommen. Und ich konnte damit auch nicht wirklich was anfangen. Ich hatte es so quergelesen, habe es dann Carsten gegeben, weil Carsten immer brav solche Bücher liest, sich nicht weigert, sondern brav akkurat das alles zu Ende liest. Und wir haben dann beide beschlossen, wir möchten das nicht rezensieren. Wir hatten dann damals, als es den Von Herzen Vegan Clan noch gab und das Experimentarium, also ich meine es war noch im Clan, hatten wir da für die Clanmitglieder einmal gesagt, warum wir das nicht rezensieren und du hattest da mal was dazu geschrieben. Ich kann das mal raussuchen und dann vielleicht bei Steady noch mal reinstellen oder so, mal gucken. Jedenfalls haben wir das Buch dann an ein Mitglied verschenkt. Und falls du, liebes Clanmitglied, ich nenne jetzt mal keinen Namen, aber du weißt vielleicht noch, dass du es warst, das Buch gelesen hast und dazu noch mal was sagen möchtest? Melde dich gern. Also jedenfalls besitzen wir das Buch auch nicht mehr.

Carsten Genau. Und die Kernkritik, die ich damals hatte, ist auch identisch mit dem, was Friederike Schmitz jetzt hier in dem Buch hinterlegt, dass es bei Tobias Leenaert eigentlich primär um die Frage der Reduzierung des Tierkonsums geht. Also es wird ja ganz massiv dafür geworben, diesen Tierkonsum zu reduzieren. Wir müssen aber den Veganismus als ganz klares Ziel artikulieren. In letzter Konsequenz sind Menschen, die vegan leben, auch immer mit dieser ethischen Komponente verknüpft. Und die dürfen wir nicht einfach verwässern. So nach dem Motto: Weniger ist auch schon gut!, sondern ich muss, egal wie ich argumentiere, egal wie ich meine Strategie aufbaue, egal wie pragmatisch ich vorgehe, immer auch im Hinterkopf behalten und das auch klar kommunizieren nach außen, dass es darum geht, komplett aus dieser Tierausnutzung rauszukommen. Und das fehlt halt in diesem Buch, was Tobias Leenaert geschrieben hat und da ist es dann schon schön, dass Friederike Schmitz in ihrem Buch da eben deckungsgleich mit dem ist, was ich empfunden habe, als ich das Buch gelesen hatte.

Stefanie Ja, und das war bei dem Buch, soweit ich mich erinnere, auch so, dass wir gesagt hatten, dass es so ein Verhaften ist im bestehenden System, dass das Wirtschaftswachstumssystem, der Kapitalismus und das Ganze, in dem wir uns gerade befinden, überhaupt nicht infrage gestellt wird und dass es eigentlich nur eine nachhaltige, gerechte Zukunft geben kann, wenn wir das machen.

Carsten Genau. Auf dieses Narrativ geht Friederike Schmitz jetzt erst mal nicht ein. Aber sie kommt halt auf die gleiche Schlussfolgerung, die ich gerade schon zitiert habe. Also das war einer von den Punkten, wo ich der Meinung bin, dass ist schon richtig schön in diesem Buch, nicht weil wir ja einer Meinung sind, sondern die Art und Weise, wie sie mit solchen Themen umgeht. Sie geht halt nicht bedingungslos in eine Richtung, nur weil, ich sag jetzt mal plakativ, namhafte vegane Organisationen in diese Richtung gehen, sondern sie reflektiert es halt so.

Ein anderer Punkt, den ich sehr schön finde in diesem Buch, ist halt diese Transformationsfrage, dass sie ja verschiedene Wege aufzählt und auflistet wie kann ich eigentlich die Landwirtschaft dahin bringen, dass sie nachher im Idealfall eben bio-vegan agiert und dass sie die Bäuer·innen mitdenkt und dort eben auch so Aspekte mit reinbringt, dass Vermarktungsstrukturen wieder lokaler sind. Solidarische Landwirtschaft ist dort mit drin, Agro-Forstwirtschaft wird kurz genannt. Ich glaube auch über den Begriff der Permakultur gestolpert zu sein, würde mich da aber nicht festlegen. Also bitte, liebe·r Hörer·in, wenn du das Buch dann liest und stellst fest, der Begriff steht da gar nicht drin, dann ist das vielleicht, weil ich mich thematisch generell damit auseinandersetze und so was automatisch dann irgendwie im Kopf in Verbindung bringe.

Stefanie Wenn nun also das Buch mit strg oder command F durchsuchst...

Carsten Genau. Könnte es sein, dass du auf diesen Begriff stößt oder auch nicht? Ohne Gewähr. Also sie geht halt auf verschiedenste Aspekte und Facetten ein. Das finde ich richtig gut. Und was mir auch geholfen hat, war einfach dieses Wissen, dass es ja auch Personen und auch Vereine gibt oder zumindest einen Verein, der aktiv genau das schon durchführt, also einen landwirtschaftlichen Betrieb hin zu einer bio-veganen Landwirtschaft zu transferieren. Der Verein nennt sich „Begleitung zur veganen Landwirtschaft“, der nichts anderes macht, als heute schon mit Landwirt·innen in Deutschland genau diesen Weg zu skizzieren, denen zur Seite steht und sagt okay, du willst aus dieser Tierhaltung raus, was hat das an Konsequenz? Du hast, keine Ahnung, bestimmte Verbindlichkeiten, weil du gerade in deine Stalleinrichtung investiert hast. Die Gelder musst du irgendwie wieder zusammenbringen. Wenn du also aus der Tierhaltung aussteigst, fehlen dir die Einnahmen. Wie kannst du diese Einnahmen auf alternative Art und Weise bekommen? Und diese Umstiegsszenarien, diese ganze Begleitung, da gibt es tatsächlich eben mindestens diesen einen Verein, der dort genannt wird. Fand ich wie gesagt sehr schön.

Und auch das Spektrum der politischen Instrumente wird noch mal beleuchtet. Und da gab es so ein Beispiel, dass in den Niederlanden Gelder zur Verfügung gestellt werden, um Landwirt·innen aus der Tierhaltung aussteigen zu lassen. Also da sind dann bis Mitte 2021 circa 300 Landwirtschaftsbetriebe so gefördert worden, dass sie aus dieser Tierhaltung aussteigen. Die Motivation hat nichts mit Tierethik zu tun, sondern geht dann mehr so auf Umweltbelastungen, dass da die die Böden und und auch das Wasser einfach zunehmend belastet wurde durch diese intensive Tierhaltung. Und diese 300 Betriebe sind auch wirklich nur so ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber da geht es mehr um das Instrument, dass eben auch der Staat Geld geben kann und sagt: Hier, hör mal auf mit dem, was du machst, mach es mal anders und wir finanzieren das. Wir helfen dir. Und das ist einfach total spannend zu sehen, woanders wird das schon gemacht. Warum machen wir das in Deutschland nicht?

So und das dritte, was mir da noch so hängengeblieben ist im Kopf, ist noch mal so Thema Rügenwalder, Thema Ersatzprodukte, vegane Ersatzprodukte. Da muss ich sagen, habe ich eine offene Flanke gehabt. Das wusste ich nicht, dass dieses Simply V eigentlich zu Hochland gehört. Hochland, einer der ganz großen Namen in der Milchindustrie, die einfach dieses Marktsegment irgendwie erschließen wollten für vegane Produkte, so dass da eigentlich gar nicht so der ethische Hintergrund dahinter steht. Ist also kein kleines Startup, so mit dieser ethischen Motivation, sondern einfach nur: da entsteht halt ein Markt, den wir jetzt abgrasen. Da sitzen halt entsprechende Fachkenntnisse und dann Personen mit viel Knowhow drauf, die auch gute Produkte produzieren können. Aber im Endeffekt gibt es gar keine Motivation aus der Milchindustrie auszusteigen. Zumal eben auch der Vorstandsvorsitzende von Hochland auch im Vorsitz des Deutschen Milch Industrieverbandes ist. Also die sind da alle ganz zufrieden mit ihrer wirtschaftlichen Position und die wollen sich da einfach nur so ein Zubrot verdienen.

Und das ist natürlich dann so eine Frage, wie viel kann ich eigentlich ausrichten, wenn ich jetzt solche Ersatzprodukte kaufe, die eigentlich von dem Tierindustriellen Komplex mitverkauft werden? Ist es vielleicht eher eine Illusion zu glauben, dass ich damit die Welt verändere, weil ich da Konzernstrukturen, Unternehmensstrukturen noch mein Geld in die Hand drücke, die vielleicht gar kein Interesse daran haben, auszusteigen aus ihrem vorherigen Industriezweig? Das sind Sachen, die die tauchen dann auf, wenn ich so was lese. Finde ich aber sehr interessant, weil ich auch selbst noch zum Denken angeregt werde, mein eigenes Verhalten, meinen eigenen Konsum nochmal zu reflektieren. Und das sind auch tatsächlich so Sachen, die ich als sehr gewinnbringend beim Lesen dieses Buches empfunden habe. Das sind die neuen Facetten, die sich da für mich dann ergeben haben.

Stefanie Hat sie dann auch irgendwas über Cultured Meat gesagt?

Carsten Ja, genau, sie geht da auch drauf ein. Wie kann ich jetzt Cultured Meat machen? Wie kann ich jetzt zum Beispiel auch original Kuhmilch ohne Kuh produzieren? Ich glaube Bakterien waren es, die dort genetisch verändert werden sollen, um dann tatsächlich Kuhproteine oder Milchproteine herzustellen. Also quasi so diese ganze technologische Welt, die sich da im Hintergrund verbirgt, die wird dort auch angeführt, ist jetzt aber nicht als Lösungsszenario dargestellt worden, sondern einfach ja, dass es so was gibt, was da passiert, was das eigentlich heißt. Quintessenz aber auch das ist alles sehr überkandidelt. Du kannst das einfach viel weniger aufwendig haben.

Warum soll ich jetzt riesig viel Geld, riesig viel Energie, riesig viel Ressourcen in solche Industrien mit reinbringen, wo teilweise bei den Geldern, die notwendig sind, die Branchengrößen, die eigentlich genau dieses Desaster, dieses tierindustriellen Komplexes zu verantworten haben, diejenigen sind, die nachher auch in solche Technologien investieren. Und da bin ich ja wieder bei der Frage, ist es eher ein Zubrot oder haben die wirklich Ausstiegsintentionen? Aber wie gesagt, ich kann es ja viel einfacher haben. Warum soll ich nicht irgendwie Bohnen, Linsen etc. anbauen und habe dort eigentlich auch die Möglichkeit dann auf rein pflanzlicher Ebene alle Nährstoffe, die ich brauche, ja viel einfacher zu erwirtschaften. Das ist so die Quintessenz von dieser ganzen Betrachtung.

Stefanie Und Du sagtest gerade schon: Kann ich jetzt überhaupt was damit ausrichten, wenn ich jetzt zum Beispiel veganen Käse kaufe oder so, kann ich damit überhaupt was verändern? Letztlich ist es ja eigentlich tatsächlich so, dass es nicht nur darum geht, das Einkaufsverhalten zu verändern, sondern wirklich aktiv zu werden. Und da hattest du ja auch gesagt, dass das im letzten Kapitel auch noch mal thematisiert wird.

Carsten Ja, da läuft das komplette Buch darauf hinaus. Im Grunde genommen darfst du dieses Buch verstehen wie eine Anleitung: Wie komme ich eigentlich dahin? Wie kriege ich diese Umstellung hin mit den einzelnen Facetten? Einmal am Anfang, so diese erste Hälfte: Warum muss ich überhaupt handeln, diese Hintergründe und dann nachher so diese Bilder: Wie komme ich an die einzelnen Bereiche eigentlich mit einer Transformation hin? Und das Buch schließt tatsächlich mit dieser Aufforderung ab, aktiv zu werden, dem Aktivismus zu frönen in unterschiedlichsten Ausprägungen. Das bedeutet nicht, dass du ausschließlich in Protestcamps gehen musst oder es funktioniert nur so, wenn wir auf die Straße gehen, sondern es gibt unterschiedlichste Aktivitäten und auch da geht es nicht so beschönigend rein. Sie relativiert viel. Sie sagt auch, okay, wir haben schon viel gemacht. Die Klimabewegung reißt jetzt auch nicht unbedingt das Ruder herum. Über Jahre hinweg gehen Millionen von Menschen auf die Straße, aber irgendwie hört die Politik trotzdem noch nicht und so. Das stellt sie ungeschönt da, diese Wahrheit, auch diese Tristesse, die sich daraus ergibt.

Aber sie sagt: Wir müssen das machen, wir müssen quasi weiterkämpfen. Wir sind es zumindest anderen schuldig. Mit anderen meint sie nicht nur Menschen, sondern eben auch die Tiere. Denen sind wir es schuldig. Wer nicht kämpft, der kann auch nicht gewinnen. In dieser Mentalität agiert sie da. Aber sie weist auch darauf hin, dass soziale Bewegungen keinen linearen Verlauf haben. Du kannst es nicht vorausplanen, sondern du kannst einfach so den Eindruck haben: Hey, du rackert dich ja ab und nichts tut sich und im nächsten Moment kommt halt die Disruption und alles verändert sich. Diesen Punkt kannst du aber auch nicht erkennen, der kommt irgendwann und da ermutigt sie: Komm, steig ein, mach mit, wir brauchen jede Unterstützung. Geh als Einzelperson, geh als Mitglied einer Organisation, vernetze dich, sorgt dafür, dass deine Organisation sich mit anderen vernetzt und dort deckungsgleich irgendwo, zumindest mal in einigen Themen dann mehr Schlagkraft aufbringen kann. Aber werde aktiv und nicht nur über den Konsum, sondern eben auch tatsächlich politisch. Dann ist alles möglich. So schließt sie quasi. Und dann fragt sie: Wann kommst du? Also so diese Motivation: „Ich haben dir genug erzählt weswegen und wie und jetzt bist du quasi als Leser·in dran, dich mit einzubringen und dich einzumischen.“

Stefanie Und ein erster Schritt könnte jetzt sein, dieses Buch zu lesen. Also das heißt, wenn dich dieses Buch anspricht und das, was Carsten da gerade so gesagt hat, dann melde dich gern bei uns unter post [at] vonherzenvegan [punkt] de. Schreib eine E-Mail. Wie gesagt, der·die erste, der·die sich meldet und dieses Buch haben möchte, bekommt es dann auch. Und sobald es vergeben ist, wirst du in der nächsten Podcastfolge dann hören, dass das so ist. Wenn ich in der nächsten Podcastfolge sage, dass es das Buch immer noch gibt, kannst du auch immer noch schreiben. Also es ist jetzt so ein bisschen die Frage: wer meldet sich zuerst? Willst du es haben? Willst du es nicht haben?

Und wie gesagt, es wurde uns kostenlos zur Verfügung gestellt als Rezensionsexemplar vom Ventil Verlag. Also herzlichen Dank noch dafür. Wir wurden jetzt allerdings nicht dafür bezahlt, dass wir es hier diese Rezension gemacht haben. Das müssen wir ja auch noch mal dazu sagen. Also sondern ich habe dahin geschrieben und gesagt: mich interessiert dieses Buch, gebt ihr es mir kostenlos? Und dann haben sie gesagt: Ja, hier bitte. Das war so die Kommunikation. Also von daher. So, und wir geben das Buch jetzt an dich weiter. Also wenn du es haben möchtest, schreib eine E-Mail.

Carsten In diesem Sinne.

Stefanie In Hamburg sagt man Tschüss.

Carsten Und auf Wiederhören.

Folge 278 - Aktiv gegen den Kohleabbau in Europa

Ein Beitrag

Aktiv gegen den  Kohleabbau in Europa

Durch die Räumung und die damit verbundenen Protestaktionen im Dorf Lützerath tritt der Widerstand gegen den Braunkohletagebau medial stark in den Vordergrund. Vor diesem Hintergrund wurde zum Zeitpunkt der Räumungsarbeiten in Lützerath organisiert durch die Hamburger Ortsgruppe von Ende Gelände eine Kinovorführung der Dokumentation "Finite - The Climate of Change" (produziert von Rich Felgate) veranstaltet. Carsten hatte die Möglichkeit den Film anzuschauen. Er berichtet in dieser Folge von den bewegenden Bildern und emotionalen Eindrücken über das im Film dokumentierte Geschehen aus den Protestlagern Pont Valley (England) und dem Hambacher Forst, die sich beide in jüngerer Vergangenheit erfolgreich gegen den Kohletagebau gewehrt haben.

Links zur Folge

Film: Finite- The climate of change
https://www.finite-film.com/

Informationen von Ende Gelände zum Film
https://www.ende-gelaende.org/events/film-kohle-hamburg/

Buch "Die Welt auf den Kopf stellen" (gibts hier auch als kostenloses Ebook zum Download)
http://ilakollektiv.org/trafo/

Meine Arbeit unterstützen:
https://stefanie-rueckert.de/unterstützen

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Bevor wir jetzt hier mit der Podcastfolge starten, möchte ich wie versprochen kurz anmerken, dass das Buch „Wenn nicht wir, wer dann?“ von Philipp Ruch vergeben ist. Also es gab eine·n Interessent·in und ich habe das Buch jetzt verschickt. Es ist also weg. Das Buch „Die Welt auf den Kopf stellen“ ist dagegen noch da. Was ich beim letzten Mal nicht erwähnt hatte, aber dann in den Text geschrieben habe, ist, das dieses Buch auch kostenlos als PDF zum Download gibt. Den Link habe ich unter der letzten Folge verlinkt. Ich kann den hier auch noch mal unter dieser Folge verlinken, aber unter der letzten Folge findest du den Link auch. Oder wenn du einfach nach dem Buch suchst. So. So viel zum Organisatorischen. Und jetzt starten wir mal direkt. Carsten war mal wieder im Kino.

Carsten Und das sogar aus aktuellem Anlass, weil jetzt, wo wir gerade diese Folge aufnehmen, das Thema Lützerath ganz aktuell ist. Die Räumung findet nach wie vor statt und in diesem Rahmen kam auch tatsächlich ein Film heraus, der nicht direkt auf Lützerath gemünzt war, aber auf die gleiche Thematik, und zwar der Film „Infinite - the Climate of Change“. Und präsentiert wurde der Film von der Ortsgruppe Ende Gelände, also Ortsgruppe hier in Hamburg, und zwar genau aus diesem Anlass. Weil eben diese Räumung in Lützerath stattfindet, haben die die Möglichkeit gehabt, diesen Film in einem kleinen Kino zu zeigen, in der Hoffnung, dass sich einige Leute dafür interessieren und die beiden, aus meiner Sicht weiblich gelesenen Personen, die das organisiert haben, haben vor dem Film noch gesagt, dass sie total erstaunt waren und völlig überrascht. Sie hatten für sich erstmal damit gerechnet, dass vielleicht so 20 Leute kommen und hatten nur gedacht, wenn dann doch 40 Leute kommen, dann ist das Kino zumindest bezahlt. Und ich habe dann zwischendurch mal versucht, so ein bisschen durchzuzählen. Ich bin der Meinung, es waren 100 oder ein bisschen mehr als 100 Personen, die drin waren. Damit war der Kinosaal auch komplett gefüllt. Also von daher volles Publikum, total Anklang gehabt und das hat dann tatsächlich die Erwartungen der Organisator·innen bei weitem übertroffen und natürlich auch für eine super Stimmung gesorgt. Wenn man dann wirklich in so einem Saal sitzt mit Personen, die ja in die gleiche Richtung denken, die das gleiche Gefühl vermitteln, wir wollen jetzt irgendwas reißen, wir wollen die Welt verändern und dann guckt man so einen Film. Das ist dann eine ganz eigene Stimmung. Die hat mit dem normalen Kinoabend gar nichts mehr zu tun.

Stefanie Bist du denn da jetzt auch mit so einem Chaka Gefühl aus dem Film oder aus dem Kino rausgegangen, wie ich damals bei „Tomorrow“ oder hat sich das irgendwie anders angefühlt?

Carsten Ich bin tatsächlich ziemlich radikalisiert aus diesem Film herausgegangen, also empört, fassungslos, weil das, was in diesem Film gezeigt wurde, mich emotional sehr mitgenommen hat. Nicht unbedingt in so eine Hilflosigkeit gebracht hat, sondern eigentlich eher gezeigt hat, was eigentlich passiert, wenn man sich für bestimmte gesellschaftliche Belange einsetzt, so zivilen Ungehorsam, demonstrieren, etc. und mit was für Repressalien die Demonstrant·innen und Aktivist·innen da konfrontiert werden. Das es da in diesem Film sehr, sehr, sehr eindrücklich dargestellt worden und das hat mich, ja ich war innerlich wirklich aufgebracht, empört, ich habe gedacht, „So, das kann nicht wahr sein!“ Und das war die Stimmung, mit der ich da aus diesem Film rausgegangen bin.

Und ich hatte tatsächlich so auf der Rückfahrt, ich musste mit der S Bahn dann noch etwa 20, 30 Minuten fahren, noch mal geguckt, wie schaffe ich das jetzt eigentlich vielleicht am nächsten Tag doch noch irgendwie mit der Bahn nach Lützerath zu kommen? Also so dieser Drang, ich muss mich da jetzt mit einbringen, ich muss da jetzt mit vor Ort sein, ich muss da präsent sein, vielleicht mitkämpfen, keine Ahnung. Also so aus dieser Stimmung oder mit dieser Stimmung bin ich da aus diesem Film rausgegangen.

Stefanie Letztlich hatten wir uns ja dann dagegen entschieden, dass du da samstags hinfährst. Dafür bist du ja freitags in Hamburg zur Demo gegangen und hast da rumgeschrien oder hast nicht geschrien?

Carsten Ich habe dem Wetter getrotzt, dem Wind und Regen, was da herrschte und war eigentlich tatsächlich erfreut, dass doch noch so viele Personen sich dann trotz dieser Schlechtwetterlage für Lützerath auch in Hamburg eingesetzt haben. Und das war zumindest mein Teil, den ich beitragen konnte.

Stefanie Kommen wir nochmal zurück zum Film. Ich hatte mir die Kurzbeschreibung durchgelesen auf der Seite von Ende Gelände, wo für den Film geworben wurde. Und da stand am Ende, dass sie für den Film eine Triggerwarnung aussprechen möchten, da explizite Polizeigewalt gezeigt wird. Kannst du dem so zustimmen?

Carsten Ja, definitiv. Und erschreckenderweise sind das ja auch so Sachen, die jetzt mit der Berichterstattung von Lützerath noch mal eine Wiederholung erfahren. Also wenn ich da - wir gucken über den Mastodon Liveticker – sehe, das, was da in der Berichterstattung gezeigt wird, das ist eins zu eins das, was da in dem Film auch zu sehen war. Und da wiederholt sich das Geschehen, die Strategien, die Vorgehensweisen. Das ist sehr erschreckend. Und das ist natürlich klar. Triggerwarnung ist an der Stelle wirklich angebracht. Also für Personen, die das halt nicht sehen wollen, nicht sehen können, wie auch immer nicht aushalten, die da vielleicht auch schon vorbelastet sind aus persönlicher Erfahrung, ist das definitiv harter Tobak. Das hat mir als bisher nicht beteiligte Person ja auch schon stark zugesetzt und das war auch ein Moment, wo ich meine, also dieses Gefühl der Radikalisierung, dieses was geht da denn jetzt ab, das geht ja gar nicht, das kannst du auch nicht so so hinnehmen, das hat ganz klar mit mit dieser präsentierten Polizeigewalt zu tun.

Stefanie Was würdest du denn jetzt sagen? Wem empfiehlst du, diesen Film zu gucken? Für wen ist er geeignet?

Carsten Das ist eine mentale Vorbereitung für alle Menschen, die sich an Aktionen des zivilen Ungehorsams oder auch an direkten Aktionen beteiligen wollen. Weil hier in dem Film wirklich sehr plastisch, sehr greifbar, sehr emotional gezeigt wird, mit was für Gegenreaktionen wir uns dann auseinandersetzen müssen. Und zwar hautnah. Also das, was da gezeigt wurde, das geht tatsächlich schon unter die Haut, es war sehr emotional, zumindest bei mir. Und ich glaube, den anderen Personen im Kino ging es wahrscheinlich genauso. Und insofern ist es einfach eine Vorbereitung. Also wenn du, liebe Hörer·in, irgendwann mal vorhast, dich tatsächlich stärker in diese zivilen Ungehorsam Aktivitäten mit einzubringen und du hast vielleicht keine Erfahrung, dann ist dieser Film definitiv eine gute mentale Vorbereitung.

Stefanie Nur eben mit der Triggerwarnung. Du solltest dir das genau überlegen, ob der Film jetzt gerade das Richtige für dich ist, aber eben mit der Einschätzung von

Carsten ist er als Vorbereitung geeignet. Dann gehen wir nochmal ein bisschen auf den Inhalt ein. Und wir hatten vorhin auch noch gar nicht gesagt, von wem der Film ist. Also der Film wurde jetzt nicht von Ende Gelände produziert oder so, sondern die haben halt diese Filmvorstellung organisiert, also dass der Film gezeigt werden konnte. Aber der Film ist von jemand ganz anderem.

Carsten Genau. Die Person heißt Rich Felgate. Ich würde sagen ein Aktivist, aber mindestens Journalist. Und die Tatsache, dass die Ortsgruppe Hamburg oder die Ortsgruppe Ende Gelände hier in Hamburg diesen Film präsentieren konnte, hängt auch damit zusammen, dass Rich Felgate diesen Film kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Auch gerade genau zu dem Zeitpunkt, wo das Geschehen in Lützerath aktiv ist bzw. jetzt die Räumung stattfand, um für diesen Zeitpunkt noch mal eine Sensibilisierung für dieses Thema zu erwirken. Also das war schon genau so geplant und der Film an sich ist auch relativ neu, er ist im Juni letzten Jahres, quasi rausgekommen und erschienen.

Stefanie Also 2022.

Carsten 2022.

Stefanie Genau, die Menschen, die diese Folge vielleicht in fünf Jahren hören, werden also dann vielleicht mit diesem Datum etwas mehr anfangen können. Noch kurz zu den Rahmenbedingungen des Films: Du hattest gesagt, es wird im englischen Original gezeigt mit deutschen Untertiteln.

Carsten Genau. Genau. Also es ist tatsächlich so, dass der Film primär im Englischen produziert wurde. Es gibt einige Szenen nachher, die genau andersherum sind, da ist die Tonspur deutsch und dann sind die Untertitel auf Englisch. Was ich ein bisschen interessant fand, aber per se musst du dich drauf einstellen, wenn du den Film siehst, dass er mit deutschen Untertiteln präsentiert wird. Wobei die englische Tonspur sehr gut zu verstehen ist. Also Personen, die recht gut Englisch sprechen, kommen auch mit der Tonspur sehr gut zurecht.

Stefanie Und gehörlose Personen? Ich bin ja jetzt etwas sensibilisiert, zwar nicht selbst betroffen, aber dadurch, dass ich im letzten Jahr angefangen hatte, Gebärdensprache zu lernen, interessiert mich das sehr. Also für gehörlose Menschen wäre es dann eben so, sie müssten Englisch und Deutsch lesen können, weil halt dann manchmal eben die deutschen Untertitel in englische Untertitel wechseln.

Carsten Richtig, genau. Aber das ist sehr selten der Fall gewesen, dass ich sag es mal so 90 - 95 % war halt so, dass die Untertitel auf Deutsch waren und die restlichen 5 % oder so was, die waren halt umgedreht und da sind dann Englischkenntnisse schon von Vorteil. Ist nicht unbedingt zwingend notwendig, um den Gesamtkontext des Films zu verstehen. Aber diese kleine Lücke, die gibt es da noch.

Stefanie Ja, nur dass wir das halt einmal noch gesagt haben und solltest du gehörlos sein und hier das Transkript lesen, weißt du zumindest Bescheid.

Wo ich jetzt gerade übers Transkribieren spreche, kann ich vielleicht kurz noch mal so eine Klammer hier reinsetzen, bevor wir weiter mit dem Film oder der Filmbesprechung fortfahren. Und zum einen Aufruf starten: Ich möchte gerne dieses Jahr alle Podcastfolgen des Einfach Vegan Podcasts, des Von Herzen Vegan Podcasts und des Wir Konsumkinder Podcasts transkribieren. Es gibt tatsächlich schon Menschen, die dabei sind und mir helfen und es sind auch schon ein paar Podcastfolgen transkribiert. Den Milchgeschichten Podcast habe ich komplett transkribiert. Da haben auch zwei Menschen geholfen, die je eine Folge transkribiert haben. Den Rest hatte ich transkribiert und Korrektur gelesen.

Also tatsächlich ist das Transkribieren nicht das Problem, sondern das Korrekturlesen der Texte, weil das Transkribieren durch ein Programm übernommen wird, das aber das Audio nicht ganz fehlerfrei erkennt. Und da passieren halt dann merkwürdige Dinge. Also dass wir auf einmal von sehr merkwürdigen Dingen sprechen, von denen wir nie gesprochen haben. Und das müsste halt Korrektur gelesen werden und ich schaff das einfach nicht, diese ganzen Folgen allein Korrektur zu lesen.

Im Moment sind es noch ungefähr 385 Folgen, ungefähr, ich bin jetzt nicht ganz sicher, weil der letzte Stand war 396 Folgen und ungefähr zehn - elf könnten jetzt schon transkribiert worden sein. Also von daher 385 Folgen und dann kommt ja immer wieder hier beim Einfach Vegan Podcast was dazu, die noch transkribiert werden müssten, in unterschiedlicher Länge.

Und da möchte ich mich sehr, sehr herzlich bei ä'Odner bedanken, der gerade dabei ist, die ersten zehn Folgen des Von Herzen Vegan Podcast zu transkribieren und Korrektur zu lesen. Eine Folge davon hat Lea übernommen und die restlichen Folgen transkribiert und liest er gerade Korrektur - also ein ganz, ganz dickes Dankeschön dafür an ä'Odner!

Carsten Danke, danke.

Stefanie Das sind noch relativ kurze Folgen, das heißt, wenn du eher kurze Folgen Korrektur lesen möchtest, dann schau beim Von Herzen Vegan Podcast oder beim Wir Konsumkinder Podcast vorbei. Die beim Einfach Vegan Podcast sind halt oft lang. Aber es gibt auch da natürlich Folgen, wo wir nur eine halbe Stunde sprechen. Dafür sind halt die vom Von Herzen Vegan Podcast manchmal nur eine Viertelstunde lang. Also von daher ist es halt sehr sehr unterschiedlich. Also wenn du uns Zeit schenken möchtest, dann melde dich unter post [at] vonherzenvegan [punkt] de.

Es wäre super, denn wir müssten ja tatsächlich nur 385 Menschen finden, die je eine Folge Korrektur lesen. Und das sind weitaus weniger als die Hörer·innen dieses Podcasts. Also von daher, wenn du das Gefühl hast, du möchtest uns Zeit schenken, dann melde dich bitte. Es wäre super, wenn wir diesen Podcast und auch die anderen Podcasts inklusiver lassen werden könnten und somit dann auch zugänglicher für Menschen, die entweder keine Podcastfolgen hören wollen oder können. Also damit Klammer zu. Und dann kommen wir jetzt mal auf das Inhaltliche zu sprechen, was jetzt genau da porträtiert wird. Ich hatte gelesen, dass es um Schauplätze in Europa geht. Genau zwei.

Carsten Ja, porträtiert ist auch tatsächlich der richtige Begriff. Dafür ist es eine Dokumentation über zwei Orte, über zwei Bewegungen, über zwei sehr namhafte Aktionen des zivilen Ungehorsams, Zivilcourage wie auch immer. Und zwar einmal der sehr bekannte und präsente Ort Hambacher Forst, „Hambi“ und der zumindest vor dem Film noch relativ unbekannte Ort Pont Valley in England. Beide haben eine Parallele, und zwar geht es in beiden Fällen um Kohleabbau. Da werden Landschaften für den Kohletagebau geopfert, um Verstromung mit der Kohle durchzuführen. Und in diesem Film werden beide Protestbewegungen über einen Zeitraum von drei Jahren von Rich Felgate persönlich begleitet und porträtiert.

Und die Geschehnisse vor Ort von ungefähr da, wo sich wirklich dann die aktivistischen Aktionen formieren, wo Protestcamps aufgebaut werden, wo diese Proteststrukturen aufgebaut werden, bis zum Zeitpunkt der Räumung und dann auch im Nachgang. Was ist dann kurz danach passiert? Wie sind eigentlich diese Protestaktionen final dann vonstatten gegangen? Was ist da dann passiert? Das findet sich alles in dieser Dokumentation und das, was diese Dokumentation wirklich einmalig macht, ist diese Nähe. Es ist also nicht einfach irgendwie ein Reporter, der nebenher läuft und das ganze Geschehen mit Abstand irgendwie begleitet, sondern es ist tatsächlich von der Wirkungsweise und von der Machart sehr intim, sehr persönlich, sehr nah und erweckt auch durchaus den Eindruck, als ob Rich Felgate auch längere Zeit wirklich Teil dieser Gruppen war.

Das ist so extrem, also für mich war es ergreifend, das zu sehen und und das, wie gesagt, das macht diese Dokumentation so einmalig und und hat mich auch emotional sehr stark mitgenommen, bis hin zu diesen Passagen, wo eben diese Polizeigewalt nachher gezeigt wurde, weil auch das aus einem unglaublich nahen Abstand gezeigt wird, so als ob du wirklich persönlich davon betroffen bist oder die Personen, die da jetzt gerade angegriffen werden, irgendwie auch schon, würde ich sagen, gekannt hast. Aber du hast im Laufe der Zeit dann, im Laufe des Schauens Bezug zu diesen Personen, zu den Beweggründen aufgebaut und das lässt Dich dann überhaupt nicht mehr kalt, was dann da gezeigt wird.

Ich kann ja mal ein bisschen im Detail wiedergeben, was passiert oder was gezeigt wurde. Also gerade Pont Valley war für mich und für die meisten im Kino auch neu. Also die Organisatorinnen haben im Vorfeld mal gefragt, wem der Begriff Pont Valley denn was sagt. Da hat eigentlich keine·r aufgezeigt. Der Hambacher Forst war eigentlich allen ein Begriff. Im Nachgang hatte sich das natürlich geändert. Dann wusste ja jeder, was da direkt in Pont Valley vonstatten ging und wo auch die Parallelen zum Hambacher Forst zu finden sind.

Pont Valley ist eine sehr kleine Ortschaft, ein Dorf, vielleicht nur eine Ansammlung von Wohnhäusern in England. Sehr, sehr idyllisch gelegen und wurde damit konfrontiert, dass ein Bergbauunternehmen, die Banks Group Kohletagebau dort aufbauen durchführen wollte. Also wirklich die Landschaft mit Kohlebaggern dann vernichten wollte. Und der Widerstand dieses Örtchens, der zog sich über 30 Jahre hinweg bis zu dem Zeitpunkt, wo wirklich das Unternehmen der Banks Group angefangen hat, tatsächlich diesen Kohlebau aufbauen zu wollen. Und zu dem Zeitpunkt haben sich dann die Anwohner·innen entschieden, wirklich in einen aktiven Protest reinzugehen. Vorher haben sie versucht, über demokratische Wege, über Anhörungen, Gerichtsverfahren etc. diesen ganzen Prozess zu stoppen, hinauszuzögern, sind eigentlich nie wirklich erfolgreich gewesen, haben das Ganze nur verzögern können, aber nie stoppen können. Und als dann klar wurde, es geht jetzt wirklich in die harte Konfrontation, haben die ein Protestcamp auf dem Gelände aufgebaut. Das Gelände war ein sehr natürlich wirkendes Areal. Ich weiß nicht, ob es schon ein Naturschutzgebiet war, aber da stand auch im Raum, dass genau auf diesem Gelände mindestens eine geschützte Tierart, ein Kammmolch, leben sollte. Und die Banks Group hatte damals einen unabhängigen Gutachter auf das Gelände geschickt. Und der hat gesagt: Nee, ich kann hier keinen finden, da gibt es keinen. Also von daher gar kein Grund, hier nicht zu baggern, sondern ihr könnt jetzt weitermachen.

Bis zum Zeitpunkt, wo wirklich die Aktionen stattfanden, gab es auch das Problem, dass dieser Kammmolch nicht nachgewiesen werden konnte. Dieser Kammmolchs hat einen Teil dieser Dokumentation begleitet, weil immer wieder versucht wurde, auf diesem Areal diesen Kammmolch ausfindig zu machen. Das heißt also, die Anwohnerinnen, die dort in diesem Protestcamp aktiv waren, haben immer versucht, genau diesen Beweis anzutreten und haben es letztendlich auch geschafft. So viel sei verraten: Der Kammmolch wurde gefunden, er wurde identifiziert. Aber es hat niemanden gestört. Also, das war zu einem Zeitpunkt, wo tatsächlich dann das Unternehmen vor Ort war, wo die Behörden vor Ort waren, wo die Polizei schon eingeschritten ist und auch schon sehr massiv gegen die die Aktivistin vorgegangen ist. Und das hat zu dem Zeitpunkt keinen mehr interessiert, dass da jetzt eigentlich genau diese schützenswerte Tierart gefunden wurde. Das wurde beiseite gewischt und dann wird halt tatsächlich gebaggert.

Pont Valley hatte zu diesem Zeitpunkt auch Unterstützung vom Hambacher Forst bekommen. Das heißt, in Pont Valley waren zum Anfang Personen, die einfach gesagt haben, wir müssen jetzt in Aktion treten, wir haben aber gar keine Erfahrung, wir bauen einfach mal was auf. Ein richtig kleines Protestcamp, jetzt nicht so wie im Hambacher Forst, wo man Baumhäuser oder so was verortet. Das waren Zelte, kleine Hütten und so direkt am Straßenrand. Und die haben dadurch auch Aufmerksamkeit in der Region bekommen, weil das ganze an einer viel befahrenen Straße stattfand. Die haben sehr viel Unterstützung erfahren und dadurch dann ja auch den Anschluss zu anderen aktivistischen Gruppen bekommen, so dass auch teilweise - ich weiß nicht ob mehrmals -, aber in der Dokumentation wurde zumindest gezeigt, dass Aktivistis aus dem Hambacher Forst in Point Valley waren und dort quasi Wissensvermittlung gemacht haben. Wie baue ich ein Protestcamp auf? Leute wurden im Zivilen Ungehorsam geschult. Was müssen sie beachten? Worauf müssen sie eventuell vorbereitet sein? Bis hin zu Fragen: Was passiert, wenn jetzt wirklich nachher das Protestcamp geräumt wird? Wie gehe ich damit um? Wie kann ich mich anketten, damit ich die Räumung noch hinauszögern kann und so?

Also das sind alles so Sachen, die wurden dann auch strategisch quasi von den Aktivistis des Hambacher Forstes dann in dieser Pont Valley Aktivistengruppe gebracht. Und das war so ein wirklich bewegender Austausch, der da auch sehr, wie ich gerade schon sagte, sehr intim auch von von dem Produzenten begleitet wurde. Parallel dazu gab es dann immer wieder den Überschlag oder die Szenen aus dem Hambacher Forst, wo eben Ähnliches gezeigt wurde. Wie werden da die entsprechenden Strukturen aufgebaut? Die Baumhäuser? Und das war etwas, wo ich gedacht habe: Boah, wie geil ist das denn?

Ähm, ich habe das vorher nie so wirklich gesehen oder wahrgenommen. Ich habe immer nur gehört oder in den Medien mitbekommen: Okay, im Hambacher Forst, da sitzen halt ein paar Leute in ihren Baumhäusern. Hab vielleicht auch ein paar Fotos gesehen, aber jetzt so in der Dokumentation so ein Baumhaus zu sehen, wo die dann mit Spülbecken und Ofen und so lebten. Also fast wie ein Ferienhaus; wo sie teilweise wirklich Strukturen geschaffen haben, in denen die ja auch über Jahre hinweg leben mussten… das war unglaublich beeindruckend. Es war also nicht irgendwelche provisorischen Zelte mal im Wald. Sondern das waren wirklich Wohnstrukturen, die über einen längeren Zeitraum auch Bestand hätten haben können, wenn sie denn nicht letztendlich geräumt worden wären.

Es war extrem beeindruckend, wie viel Arbeit, Engagement, Struktur etc. in dieses Protestcamp eingebracht wurde. Und wie gesagt, das gab es parallel in diesem Film für beide Orte, immer so abschnittweise gezeigt. Was passiert jetzt so auf der Zeitschiene in Pont Valley, was passiert im Hambacher Forst, wie spitzen sich die Situation zu? Und dadurch sind dann auch diese Parallelen gezeigt worden. Wie geht jetzt auf einmal, ich nenn es jetzt mal der Staat, oder diese ganz massive Polizeistruktur in Pont Valley vor und was passiert im Hambacher Forst? Und dass sich das fast geglichen hat, als ob die Akteure auf beiden Seiten sich abgesprochen haben, wie sie vorgehen. Von Einschüchterungen bis hin zum Räumen der Protestcamps. Das war fast eins zu eins das Gleiche und das sehe ich jetzt zumindest so bei Lützerath genauso.

Es ist schon erschreckend, wie vorhersehbar die Reaktion der Repression ist, worauf man sich einstellen muss und dass das auch Psychoterror ist, der teilweise über lange Zeit hinweg immer wieder taktisch oder strategisch geplant ist. Von der Gegenseite, so nenne ich es jetzt mal, wo die die Aktivistis erst mal kriminalisiert werden, wo immer wieder vorgegeben wird: Hey, das sind ja Leute, die wollen irgendwas zerstören, die haben da Waffen, die sind kriminell. Und dann werden Durchsuchungen durchgeführt. Dann werden deren persönlichen Sachen durchwühlt, es werden Sachen beschlagnahmt, die eventuell gefährlich sein könnten.

Das betraf den Hambacher Forst. Da gab es so eine Szene, wo Hundertschaften an Polizist·Innen da aufgefahren sind. Das war skurril. Du bist mitten im Wald und dann fahren da gefühlt hunderte Mannschaftswagen mit Blaulicht und Sirene ein. Als ob der Größte Anzunehmende Unfall passiert ist. Fahren in den Wald, wo eigentlich nichts ist. Und dann stehen die da vor diesem Camp und alleine diese, diese riesige Menge an schwer vermummten und gepanzerten Polizisten mit ihren Schlagstöcken und Abwehr-Schutzschilden und Helmen..., das wirkt einfach total einschüchternd. Und dann hast du ein Behördensprecher, der sagt: Wir müssen hier das Camp räumen, weil wir festgestellt haben, dass bestimmte Verordnungen nicht erfüllt werden. Und dann ging es da um Brandschutzverordnung. Und... ohne Witz! Also, dass hat für Gelächter im Kinosaal gesorgt. Einer der wirklich offiziell vorgebrachten Gründe war, dass in den Baumhäusern kein Notausgang für den Brandfall aufgebaut wurde!

Stefanie Ja.

Carsten Also ehrlich, du glaubst, du stehst im Wald? Also im Ernst, Du stehst im Wald und wirfst Leuten, die ein Baumhaus aus Holz (!) gebaut haben vor, sie hätten den Brandfall nicht bedacht, weil der Notausgang in einem Baumhaus nicht gebaut wurde! Und dann hatten sie gezeigt, dass eine von diesen Aktivist·innen noch relativ schnell und flink reagierte und gesagt hat: Ich habe keine Angst vor Feuer, ich habe den Feuerlöscher.! Also wenn es brennt, dann lösche ich das Feuer. Da brauche ich jetzt nicht noch irgendwie eine Tür ins Baumhaus bauen.

Das sind so Sachen, wo du dann als Zuschauer einfach merkst, mit was für Argumenten und auch konstruierten Vorgängen oder Gründen versucht wird Psychoterror zu treiben.

Stefanie Woran ich gerade denken musste beim Thema Psychoterror, dass sich das sich solche Situationen dann auch so lange hinziehen. Ist halt immer wieder dieser Hinweis, dass es eben auch super wichtig ist für alle Aktivist·innen, gut für sich selbst zu sorgen. Denn wir brennen so schnell aus. Und ich meine, ich habe den Film ja jetzt nicht gesehen, aber ich weiß ja auch, wie es ist, Aktivist·in zu sein, gerade wenn du so an der Front stehst. Das ist ja noch mal eine ganz andere Belastung, solche Art von Aktivismus zu betreiben, als wenn du halt einen Infostand in der Stadt betreust. Oder generell einfach auf die Straße zur Demo gehst. Also gerade da und generell, wenn du langfristig aktiv bleiben möchtest, ist es halt super wichtig, auch die eigene Gesundheit und vor allem auch die psychische Gesundheit immer im Blick zu behalten.

Carsten Genau und auch für die Personen, die eher unterstützend wirken. Es ist einfach wichtig zu wissen, dass diese Unterstützung notwendig ist. Also sei es jetzt durch Bekundungen - keine Ahnung – z.B. hier in Hamburg zu demonstrieren und dann damit einfach Solidarität zu zeigen. Das ist unglaublich wichtig, allein schon vom mentalen Faktor her, dass die Personen, die sich da in dieses Umfeld begeben und auch diese Konfrontation erleben, einfach wissen: „Hey, ich bin nicht alleine, egal was hier gerade um mich herum passiert, egal was, was gegen mich gerade gerichtet ist, es gibt Menschen, die stehen hinter mir, die unterstützen mich.“ Und das ist auch in der Hinsicht wichtig, weil,so habe ich es zumindest beim Sehen der Dokumentation empfunden, es gab ganz, ganz viele Momente der Hilflosigkeit, wo du auch in den Gesichtern der Betroffenen gemerkt hast, die wissen jetzt gar nicht mehr, wie es weitergeht. Die sind am Boden zerstört. Die fühlen sich maximal hilflos, maximal der Gewalt der anderen Seite ausgeliefert. Da ist nur noch Hoffnungslosigkeit und gar keinen Ansatzpunkt mehr, irgendwie da aus dieser Situation rauszukommen. Und das ist tatsächlich etwas, das habe ich allein schon beim Anschauen schwer ertragen können.

Und ich glaube, wenn du in dieser Situation bist, und du stehst dann ja auch tatsächlich der Polizei gegenüber, Hundertschaften, wirklich massiv drängende Formationen, die dich teilweise des Platzes verweisen, wenn du denen zu unbequem bist. Und du bist auch gefühlt einer Willkür ausgeliefert. Das musst du aushalten. Und da ist Solidarität; einfach zu wissen, es gibt Menschen, die stehen trotzdem hinter dir. Die finden das gut. Die supporten dich. Das ist unglaublich wichtig. Das ist tatsächlich etwas, was für mich in diesem Film auch sehr stark in den Vordergrund getreten ist. Einfach zu zeigen, was macht das Ganze auf der persönlichen Ebene mit den Menschen, die sich bereit erklären, diese Protestformen auch über Jahre hinweg durchzuziehen?

Stefanie Ja, jetzt gerade dachte ich, dass das ja zum einen auch was für die Psychologists for Future ist, also alle Menschen, die sich da angeschlossen haben, die irgendwie auf psychologischem Terrain unterwegs sind, dass wir so einen äußeren Ring quasi um die Menschen bilden. Also so einen Schutzring für die, die an der Front aktiv sind. Ich nenne es jetzt mal so: Front. Und dass das ja auch etwas sein kann, das für dich vielleicht geeignet ist, um aktiv zu werden oder zu sein. Denn wenn du wie

Carsten und ich halt nicht an der Front tätig sein kannst, aus bestimmten Gründen, welchen auch immer, gibt es immer noch die Möglichkeit, diese Menschen zu unterstützen, auf verschiedene Art und Weise. Und vielleicht ist das ja noch eine Idee, eben wenn du das Gefühl hast, ich will aber eigentlich an der Front aktiv sein. Es geht aber leider aus gewissen Gründen nicht, dass du in diesem helfenden Ring, in diesem Schutzring quasi auf irgendeine Art und Weise aktiv bist. Das wollte ich nur nochmal einmal einbringen, weil ich denke, dass ja viele Hörer·innen das Gefühl haben, ich möchte aktiv werden und ich muss aktiv werden, aber nicht genau wissen wie. Und das wäre eben eine Möglichkeit.

Carsten Genau. Und woran ich jetzt gerade nochmal denke, ist, dass diese beiden Beispiele (Pont Valley und Hambacher Forst), die in dem Film viel zu sehen sind, ja tatsächlich einen positiven Ausgang hatten. Auch wenn du im Rahmen dessen, was da gezeigt wurde, zwischendurch einfach wirklich gedacht hast,jetzt ist alles verloren. Weil in Porn Valley tatsächlich dann das Baggern stattfand. Das Unternehmen Banks Group hat ja allen Gesetzen zum Trotz nach Kohle gebaggert. Also es gab verschiedene Auflagen, die sie einfach bewusst und nachweisbar nicht erfüllt haben. Das hatte aber nachher keinen Bestand. Die haben dann tatsächlich ihren Tagebau aufbauen können und haben, glaube ich, wenn ich das richtig mitbekommen habe, über zwei Jahre hinweg dann dort Kohle baggern dürfen. Im Nachgang wurde das Ganze dann rechtlich gekippt, so dass sie dann diese Aktivität wieder einstellen mussten.

Aber es gab da eine Szene, wo eine Aktivistin, die auch in diesem Protestcamp gelebt hatte, dann in ihrem Arbeitszimmer saß. Ich glaube, das war das Arbeitszimmer, also zumindest in ihrem Haus und hatte quasi so in 300 oder 400 Meter vom Haus entfernt diese Kohlegrube. Und musste tatsächlich tagtäglich zusehen, wie diese Bagger all das zerstörten, wofür sie über 30 Jahre lang gekämpft hat. Und in dieser Situation denkst du, es ist alles verloren. Jetzt haben sie den Kampf verloren. Weil auch die Person dann sagte: Hey, ich kämpfe hier seit Jahrzehnten, ich setzte mich da ein, ich kann nicht mehr. Ich überlege wirklich, hier wegzuziehen, weil ich das nicht ertrage, aus dem Fenster zu gucken und sehe was, was die da machen.

Und es war dann auch so eine Art Mondlandschaft. Also vergleichbar mit dem Braunkohletagebau Garzweiler und beim Hambacher Forst. Dieses größte Loch in Europa, was da gebaggert wurde. Das ist da sogar noch mal eine ganz andere Dimension als in Pont Valley. Aber dieses kahle, dieses nicht mehr Vorhandensein jeglicher natürlichen Strukturen, das war da in Pont Valley eben auch vorhanden. Und das war ein Moment, wo die Hoffnung erst mal wirklich stirbt.

Dann haben die Aktivistis in Pont Valley aber noch später Recht bekommen, dass dieser Tagebau dort nicht stattfinden darf und jetzt quasi wieder renaturiert wird. Das ist dann wieder so ein Gefühl des Hoffens. Das war super! Es hat sich doch gelohnt; diese ganzen Anstrengungen. Jetzt hat das Ganze doch noch mal ein gutes Ende. Und das ist ja beim Hambacher Forst genauso.

Im Hambacher Forst bist du ja auch emotional wirklich durch alle Tiefen gegangen, bis hin zum Umstand, dass beim Räumen ein Journalist, der auf einer Hochseilbrücke das ganze Geschehen filmen wollte, dann während der Räumungsarbeiten von dieser Brücke gestürzt ist und seinen Tod fand. Dass wird auch thematisiert und ich meine auch gesehen zu haben, dass genau zu dem Zeitpunkt eben der Produzent dieser Dokumentation vor Ort war. Er hat nicht das Geschehen an sich gefilmt, aber sehr zeitnah den Zeitpunkt, bis es stattgefunden hat. Und dann in der nächsten Szene halt diese unglaubliche, nicht zu fassende Beklommenheit. Dieses „alles steht still“. Sämtliche Aktivist·Innen und Protestant·Innen können einfach nicht fassen, was da gerade passiert ist. Es ist absolut still im Wald, keiner weiß, was jetzt gerade angebracht oder wie mit dieser Situation umzugehen ist.

Und im Nachgang, ohne dass die betroffenen Personen die Möglichkeit haben, jetzt für sich mal einen Moment der Ruhe zu finden, findet dann die Räumung weiter statt!!? Ich weiß nicht, wie lange die Polizei da jetzt gewartet hat, aber du hast eigentlich überhaupt gar keine Möglichkeit, wirklich in die Trauer reinzugehen, zu verdauen, zu verarbeiten, dass da jetzt gerade ein Mensch gestorben ist. Stattdessen business as usual. Das Camp wird geräumt. Und das sind so Momente, wo du denkst: Boah jetzt, auch da an der Stelle ist alles verloren.

Dass dann aber anschließend genau dieser Teil des Hambacher Forstes, der dann da von den Aktivist·Innen ja so vehement verteidigt wurde, jetzt auch Bestand haben darf, ist natürlich dann rückwirkend betrachtet ein riesiger Erfolg. Aber wie gesagt, die Opfer, die erbracht wurden, die sind so, so massiv. Und ja, wie gesagt, das ist dadurch, dass es in dieser Dokumentation so intim, so nahe gezeigt wurde, extremst bewegend.

Stefanie Für alle, die jetzt sagen, ich möchte diesen Film unbedingt sehen, nach dem, was Carsten so erzählt hat, kann ich im Moment nur auf die Webseite vom Film verweisen. Da habe ich noch mal nachgeschaut. Im Moment gibt es keine aktuellen Termine, wo der Film gezeigt wird. Wohl aber eben die Möglichkeit, dass du dorthin schreiben kannst, um zu fragen, ob in einem Kino in deiner Nähe dieser Film gezeigt werden kann; du vielleicht auch mit so einem kleinen Kino Kontakt aufnimmst und fragst, ob dieser Film dort dann an einem bestimmten Termin gezeigt wird.

Also das wäre jetzt im Moment so die Möglichkeit oder eben sonst diese Webseite im Auge behalten, um immer mal zu gucken, ob der Film bei dir in der Nähe gezeigt wird. Aber wahrscheinlich musst du da momentan tatsächlich selbst aktiv werden. Es bleibt momentan tatsächlich nur der Trailer. Und damit beenden wir diese Folge jetzt auch. Und ich würde sagen, in diesem Sinne…

Carsten In Hamburg sagt man Tschüss.

Stefanie Und auf Wiederhören.

Folge 277 - Lasst uns die Welt auf den Kopf stellen!

Ein Beitrag

Folge 277 - Lasst uns die Welt auf den Kopf stellen!

In dieser Folge stellen wir das neue Buch des I.L.A. Kollektivs "Die Welt auf den Kopf stellen - Strategien für radikale Transformation" vor.

Der Titel eignet sich auch sehr gut als Jahresmotto, denn nichts anderes sollte unser Ziel sein, um ein gutes Leben für alle zu schaffen.

Wir verschenken unser Exemplar des Buchs, das wir im Rahmen der Crowdfundingkampagne für das Buch erhalten haben. Du kannst es aber auch kostenlos als PDF auf der Webseite des I.L.A. Kollektivs herunterladen.

Das Buch ist voller inspirierender Übungen und richtet sich vor allem an politisch aktive Gruppen, die sich weiterentwickeln oder ihre innere Gruppendynamik stabilisieren wollen.

Links zur Folge

I.L.A. Kollektiv
http://ilakollektiv.org/

Buch "Die Welt auf den Kopf stellen" (gibts hier auch als kostenloses Ebook zum Download)
http://ilakollektiv.org/trafo/

Buch "Wenn nicht wir, wer dann?" von Philipp Ruch
https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Wenn-nicht-wir-wer-dann/Philipp-Ruch/Ludwig/e481916.rhd

Folge 162: Du lebst auf Kosten anderer!
https://von-herzen-vegan.de/podcastfolgen/folge-162-du-lebst-auf-kosten-anderer

Meine Arbeit unterstützen:
https://stefanie-rueckert.de/unterstützen

Vollständiges Transkript der Folge

Stefanie Herzlich willkommen zur ersten Folge im Jahr 2023.

Carsten Frohes neues Jahr.

Stefanie Frohes neues Jahr. Eine Betonungssache.

Carsten So richtig gebraucht ist es ja noch nicht. Also, es ist noch neu.

Stefanie Ach so.. Okay, Verstehe. Ja. Frohes neues Jahr.

Carsten Ich hoffe, ihr seid gut in das neue Jahr reingekommen. Auch sehr gut. Aus dem alten Jahr rausgekommen, dass der Transfer, die Transformation sehr gut geklappt hat.

Stefanie Das betont

Carsten jetzt gerade so, weil es in dem Buch, das wir heute vorstellen und auch verlosen wollen, um Transformation geht. Aber bevor wir da jetzt darauf zu sprechen kommen, auf dieses Buch, das wir eigentlich auch schon letztes Jahr vorstellen wollten. Aber wie gesagt, wir sind halt krank geworden und

Carsten ist mittlerweile wieder fit.

Carsten Joah, ich bin wieder gesund.

Stefanie Einigermaßen. Aber du hast auch immer noch Probleme, richtig Sport treiben oder so, kannst du noch nicht.

Carsten Nee, da kommt auch Husten hinzu. Also irgendwie, die Lunge scheint noch so ein bisschen belastet und belegt zu sein.

Stefanie Das ist schon hartnäckig. Und bei mir ist es auch noch so, bei mir ist es irgendwie noch hartnäckiger. Ich bin immer noch nicht ganz fit.

Carsten Kommt aber auch noch.

Stefanie Wir hoffen, also toi, toi, toi, hoffen wir, dass auch ich irgendwann wieder gesund werde. Nichtsdestotrotz fühle ich mich momentan gut genug, dass wir jetzt endlich die Rezension von diesem Buch aufnehmen können. Und sage doch mal kurz, um welches Buch es sich handelt.

Carsten Also es hat einen schönen Titel, der eigentlich auch so als das Motto des Jahres gelten kann "Die Welt auf den Kopf stellen" Genau. Und der Untertitel nennt sich "Strategien für radikale Transformation". Und das Ganze ist produziert worden vom I.L.A. Kollektiv.

Stefanie Und es steht da auch noch, dass das ein Handbuch für Menschen in sozialen Bewegungen ist. Und wir gehen da gleich noch genauer drauf ein. Dieses Buch hatten wir auch übers Crowdfunding unterstützt und es ist wieder vom Ökomverlag. Also wir haben da tatsächlich Geld für bezahlt, es ist kein Rezensionsexemplar. Und du kannst das Buch haben, ohne irgendwelche Bedingungen. Schreib einfach eine Email an post [at] vonherzenvegan [punkt] de wenn du dieses Buch haben möchtest. Ah ja, es gibt jetzt kein Datum, bis wann du schreiben solltest oder so. Also die erste Person, die mir schreibt, bekommt das Buch. Das heißt, du kannst gerne schreiben, denn das Buch, was wir beim letzten Mal zum Verschenken angeboten haben - "Wenn nicht wir, wer dann?" von Philipp Ruch - das ist auch immer noch nicht vergeben, da hat sich niemand gemeldet. Also vielleicht ist es auch zu akademisch. Ich weiß es nicht, keine Ahnung. Aber jedenfalls wenn du das Gefühl hast, du möchtest dieses Buch haben, dann schreib einfach eine Email oder kontaktiere mich auf einem anderen Weg, wenn du andere Wege kennst, wie du mich kontaktieren möchtest. Sollte das Buch dann schon vergeben sein, dann sag ich dir natürlich Bescheid und wir sagen dann auch in der nächsten Podcastfolge Bescheid, wenn das Buch vergeben ist, so dass du es dann da auf jeden Fall hörst. Wenn du jetzt die Folge viel später hörst, kannst du in die nächste Folge reinhören. Und da werden wir dann am Anfang direkt sagen, ob das Buch vergeben ist oder nicht. Und bevor wir jetzt mit der Buchrezension starten und du auch erfährst, ob das Buch überhaupt irgendwie was für dich ist, also ob du dich dafür interessieren wirst oder nicht, da möchte ich mich noch mal ganz herzlich bei all den Menschen bedanken, die meine Arbeit und mich und auch

Carsten finanziell unterstützen. Da ist gerade ganz frisch eine Zahlung von Thorsten reingekommen, die jetzt gerade super passend war. Also herzlichen Dank dafür. Und Annette, die ein Buch gewonnen hatte bei der Adventsaktion, hat auch Geld überwiesen, was ja natürlich nicht so beabsichtigt war. Das sollte ja ein Geschenk sein, aber sie hat ihren Dank eben auf diese Art und Weise ausgedrückt. Und da möchten wir uns auch noch mal ganz herzlich für bedanken.

Carsten Genau, vielen Dank!

Stefanie Und dann natürlich auch ein herzliches Dankeschön an all die Menschen, die mich regelmäßig unterstützen über Steady und über Überweisungen. Allerdings ist es im Moment noch so, dass, nachdem ich ja den Steady Account gewechselt hatte, jetzt nur noch die Hälfte von den Menschen, die vorher unterstützt haben, da weiter unterstützen. Und es fehlt jetzt einfach immer noch Geld um die monatlichen Kosten zu decken, denn es geht wirklich nur um die monatlichen Ausgaben für das Hosting und die Kontoführungsgebühren, die ich habe, um das alles als ordentliches Gewerbe gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen. Da gibt es halt bestimmte Auflagen, die ich erfüllen muss und damit sind entsprechende Kosten verbunden. Und da fehlen jetzt noch einige Euros im Monat. Also wenn du das Gefühl hast, du möchtest diesen Podcast und auch alle andere Arbeit, die ich kostenlos zur Verfügung stelle, gerne finanziell honorieren und unterstützen, dann schau doch gerne mal auf der Steady Seite vorbei oder generell auf der unterstützen Seite. Ich habe sowohl auf der vonherzenvegan.de Seite als auch auf der stefanie-rueckert.de Seite eine "Unterstützen Seite", wo du gucken kannst, wie du mich finanziell unterstützen kannst, wenn du sagst Steady, das ist nichts für mich, ich möchte lieber einmal was zahlen oder so, dann kannst du da natürlich auch gucken. Du kannst dann entweder direkt auf das Bankkonto überweisen, dann entstehen für mich keine Gebühren oder du machst das über PayPal, dann entstehen Gebühren. Das ist aber dir überlassen, wie du das dann am liebsten handhaben möchtest. Für mich als Sicherung ist Steady tatsächlich sehr gut, weil jetzt zum Beispiel alle, die bisher über Steady Geld bezahlt haben, das als Jahresbeitrag machen. Und das heißt, ich weiß, für ein Jahr habe ich monatlich diesen Betrag zur Verfügung und damit ist der Betrag halt schon mal abgesichert. Und das heißt, wenn du da jetzt das Gefühl hast, okay, dann mache ich jetzt einmal so ein Jahrespaket, Du kannst ja danach direkt kündigen, das heißt, du zahlst einmal diesen Betrag und danach wird das nicht automatisch verlängert, sondern du kannst einfach kündigen und damit ist es für dich halt gegessen, sozusagen, wäre das für mich eine große Hilfe. Also schau da gerne mal vorbei. Die Links findest du hier unter der Folge oder in den Shownotes. Und weil mir jetzt langsam hier irgendwie die Luft ausgeht, ich meine, ich kann nicht so gut atmen, übergebe ich jetzt an

Carsten , der jetzt das Buch vorstellen wird. Du hast es ja vorhin gesagt I.L.A. Kollektiv und vielleicht erklärst du noch mal kurz, was das ist.

Carsten Ja, genau. Also falls du schon längere Zeit unseren Podcast hörst, wird dir der Begriff I.L.A. Kollektiv vielleicht schon bekannt sein. Wir haben das ein oder andere Thema oder Buch von denen auch schon besprochen. Nichtsdestotrotz würde ich ganz gerne noch mal kurz deren Selbstbeschreibung vorlesen, die auf der Rückseite des Buches aufgedruckt ist. Und zwar steht dort: "Im I.L.A. Kollektiv organisieren sich junge Wissenschaftler·innen und Aktivist·innen, die sich mit den Problemen der imperialen Lebensweise und Möglichkeiten solidarischer Alternativen auseinandersetzen. Unter dem Kürzel I.L.A. entwickeln und erproben sie Transformationsstrategien für einen sozial ökologischen Wandel und verknüpfen wissenschaftliche Analysen mit politischer Praxis. Das I.L.A. Kollektiv führt Bildungs- und Forschungsprojekte durch und ist politisch und öffentlichkeitswirksam aktiv. Und das gemeinsame Ziel ist ein gutes Leben für alle." Dementsprechend deckt sich das natürlich mit dem, was

Stefanie und ich eigentlich vorhaben, auch mit diesem Podcast ein bisschen präsenter zu halten, also das gute Leben für alle anzustreben. Und das I.L.A. Kollektiv ist mir schon seit längerer Zeit bekannt, auch dadurch, dass sie schon vorher Publikationen veröffentlicht haben. Da ist zum Beispiel das, was ich als allererstes mitbekommen habe, das Buch "Auf Kosten anderer - wie die imperiale Lebensweise ein gutes Leben für alle verhindert."

Stefanie Und das haben wir auch schon rezensiert. Genau da gibt es auch eine Podcastfolge zu, die verlinke ich dann auch hier unter der Folge.

Carsten Und dann gab es noch ein anderes Buch "Das gute Leben für alle Wege in die solidarische Lebensweise." Das sind so Sachen, die sind beide total empfehlenswert für Personen, für Menschen, die sich damit auseinandersetzen wollen, wie ein solidarisches Lebensmodell aussehen kann. Und dementsprechend verfolge ich persönlich das, was das I.L.A. Kollektiv macht schon seit längerer Zeit und hab mich auch total gefreut damals, als ich mitbekommen habe, dass dieses neue Buch "Die Welt auf den Kopf stellen" geplant war und mit dem Crowdfunding Unterstützung gesucht hat. Das war so auch schon vom Titel her etwas, wo ich gesagt habe cool, "Die Welt auf den Kopf stellen", das ist ja so richtig schön und dementsprechend kannst du dich mit dem Kollektiv inhaltlich auch gerne noch mal ein bisschen tiefer auseinandersetzen. Wir verlinken unter der Folge und in den Shownotes auch noch mal deren Internetseite. Da gibt es auch einen Newsletter, wo übergeordnete Themen noch mal präsent gehalten werden, die in dem Bereich Transformation, gesellschaftliche Veränderung und gutes Leben für alle reinpassen. Also von daher auf jeder Ebene sehr empfehlenswert.

Stefanie Und vielleicht können wir jetzt noch mal sagen, für wen das Buch denn gedacht ist. Ich hatte das Buch jetzt noch nicht komplett durchgelesen. Es ist auch gar nicht so ein richtiges Buch, was man von Anfang bis Ende durchliest mit einer Geschichte da drin, sondern eigentlich ist es was ganz anderes, oder?

Carsten Ja, es ist tatsächlich ein Handbuch bzw. ich würde es als Arbeitsbuch beschreiben, gleichzeitig aber eine riesige Informationsquelle. Und es mutet gar nicht so an. Also es ist DIN A4 Format und relativ schlank. Es sind zwar immer noch so 126 Seiten, ich gucke gerade mal die Seitenzahl an, aber es ist halt so, so daumendick.

Stefanie Kommt auf den Daumen an..

Carsten Ich habe dünne Daumen. Für den Informationsgehalt ist es tatsächlich überraschend kompakt und es ist aber ein Arbeitsbuch für soziale Bewegungen. Und um das ein bisschen weiter auszukleiden, hatte ich gedacht, ist es sinnvoll, das tatsächlich mit dem noch mal abzurunden, was sie selber hier schreiben. Denn gerade am Anfang des Buches ist ein kleiner Absatz drin wofür und für wen dieses Handbuch eigentlich ist. Und das möchte ich ganz kurz einmal vorlesen: "Schon unzählige Menschen haben sich kluge Gedanken zum Thema Transformation gemacht. Leider verstauben viele dieser Ideen und Erkenntnisse in wissenschaftlichen Studien und Sammelbänden. Gleichzeitig haben soziale Bewegungen wertvolle Erfahrung gesammelt und einzelne Kämpfe für gesellschaftliche Veränderung gewonnen. Und manchmal bleibt wenig Zeit für den Blick aufs große Ganze. Wir wollen in diesem Handbuch beides zusammenbringen in einer Form, die für linken Bewegungsalltag brauchbar ist. Daher ist dieses Handbuch in erster Linie für Aktivist·innen im breiteren sozial ökologischen Bewegungsspektrum gedacht." Und dieses Arbeitshandbuch geht auf unterschiedlichste Facetten und Aspekte ein, auf die wir gleich noch zu sprechen kommen, die im Rahmen von sozialen Bewegungen wichtig sind, und ermuntert eigentlich diese Aspekte auch in den einzelnen Gruppen, in den sozialen Bewegungen, da, wo du vielleicht auch schon aktiv bist, mit einzubinden. Und anhand der hier beschriebenen, nicht nur Informationen, sondern da sind auch Übungen mit drin. Ja.

Stefanie Da muss ich eben kurz reingrätschen. Also ich hatte bei meinem Blick in das Buch und Durchblättern eigentlich das Gefühl, dass es fast nur aus Übungen besteht, also dass da sehr viele Übungen sind und dass sich diese Übungen an Gruppen richten und eben nicht an Einzelpersonen.

Carsten Richtig, genau. Als Einzelpersonen selber ist es höchstens insofern sinnvoll, dass du dann diese Informationen in deine Gruppe, sofern du denn jetzt schon aktiv bist, miteinbringst. Aber unabhängig davon ist es aber, ich sag jetzt mal, so von den Themen, die hier zusammengeführt werden, per se schon mal spannend. Selbst für Personen, die jetzt nicht in sozialen Bewegungen aktiv sind, sich aber trotzdem mit dem Thema generell auseinandersetzen wollen, habe ich hier sehr viel zusätzliche Informationen gefunden, die ich vorher auch gar nicht kannte, die mich persönlich jetzt auch weitergebracht haben und auch viele, viele Quellenverweise, also Bücher, Internetlinks etc., wo jedes einzelne Thema noch mal sehr stark vertieft wird. Das ist natürlich für mich, der per se ein neugieriger Mensch ist und gerne liest, noch mal eine wahre Fundgrube, weil auf diese Themen wäre ich so ohne dieses Buch gar nicht aufmerksam geworden. Und das ist so ein riesiges Paket, also sowohl für Personen, die jetzt in sozialen Bewegungen sind und sich überlegen wollen, wie bringe ich jetzt eigentlich in meinen sozialen Bewegungen nochmal die Transformation immer ein Stück weiter nach vorne? Worauf musste ich vielleicht achten? Also hier geht es ja auch um das Lernen, zu gucken, was haben andere soziale Bewegungen schon erreicht, wo sind sie vielleicht irgendwo gegen Wände gelaufen, gegen Widerstände gelaufen? Wie sind sie damit umgegangen? Wie kann man da erfolgreich dann doch nochmal einen Schritt weitergehen? Das ist tatsächlich hier mit diesen Übungen beabsichtigt und gleichzeitig eben das Ganze informationsmäßig noch zu unterfüttern, um da auch nochmal vom Wissensstand her viel an Zusatzwissen mit reinzubringen. Wie gesagt, ein super Paket, dieses Buch.

Stefanie Aber ich würde sagen, das meiste holst du aus diesem Buch raus, wenn du schon einer Gruppe angehörst oder eine Gruppe gründen möchtest und diese Übungen und Inhalte für die Gruppe nutzt oder?

Carsten Genau, genau dann hast du wirklich so das Maximum daraus gezogen. Aber nichtsdestotrotz, wie gesagt, ich ziehe mich immer zurück als Einzelperson, weil da würde ich mich persönlich jetzt im Moment noch zu zählen. Aber auch ich habe da sehr viel rausgezogen und alleine schon so dieses, da kommt ja kaum eine Gruppe an Menschen heran, die einfach sagt Hey, wir brauchen radikale Transformation. Und wie schaffe ich das eigentlich jetzt tatsächlich so, diese Welt auf den Kopf zu stellen, diesen Gedankden einfach weiterzuspinnen. Wie, Wie komme ich eigentlich dahin, dieses gute Leben für alle zu realisieren?

Stefanie Aber ich bleibe irgendwie dabei, wenn du das als Einzelperson liest und als Einzelperson behandelst, dann ist es eher was Theoretisches oder es geht nicht in die Praxis. Und eigentlich hatte ich das Buch so empfunden, dass es ein Praxisbuch ist. Und das heißt, wenn du diese ganzen Anregungen und Übungen in die Praxis umsetzen möchtest, brauchst du dafür eine Gruppe.

Carsten Genau. Es sei denn, du bist schon Teil einer Gruppe.

Stefanie Genau. Ja, also, ich meine, dann hast du die Gruppe ja schon, oder Du hast halt das Gefühl, du möchtest dich einer Gruppe anschließen.

Carsten Genau. Aber dann hast du tatsächlich schon das Hintergrundwissen und kannst dann bei Eintritt der Gruppe bestimmte Dinge schon mal anders reflektieren und vielleicht woanders angehen und anstoßen. Genau so. Und wie das halt so üblich ist, wenn man so in so ein Buch reinfindet, ist der erste Blick auf das Inhaltsverzeichnis. Und da ist auch tatsächlich der erste Unterschied zu anderen Büchern. Dieses klassische Inhaltsverzeichnis gibt es am Anfang gar nicht. Sondern da gibt es eine Art Landkarte. Das haben die Auto·innen ganz bewusst so gemacht, das Ganze als Landkarte darzustellen, also die Themen, die in dem Buch angerissen werden, als Landkarte darzustellen, um auch klar zu machen, es gibt eine inhaltliche Verzahnung, und zwar in unterschiedlichste Richtung. Das heißt also, die Landkarte selber ist eine fiktive Landkarte?

Stefanie Das ist eine fiktive Landkarte. Da gibt es sogar einen Leuchtturm.

Carsten Stimmt, den habe ich gar nicht gesehen.

Stefanie (lacht) Der ist rot, den kann man gut sehen.

Carsten Ja, du hast recht. Also es gibt halt verschiedene Punkte und Ortschaften, die miteinander verflochten sind. Und diese Punkte und Ortschaften, die behandeln dann entweder einzelne Kapitel oder Absätze in diesen Kapiteln. Und die Landkarte signalisiert zum einen, wie stark die einzelnen Themen und Aspekte miteinander verflochten sind, dass du nicht als Einzelthema oder Thema einzeln betrachten kannst, sondern zwangsläufig immer irgendwo nach rechts, links, oben, unten, irgendwie abgleiten musst, um das vollständig zu behandeln und zu verstehen. Und zum anderen signalisiert die Landkarte auch, dass, egal wo du stehst, du in alle Richtungen laufen kannst und so kannst du dieses Buch auch behandeln und musst es nicht stringent von vorne nach hinten durchlesen, sondern du kannst dir genau die Bausteine rausgreifen, die für dich oder für die Gruppe, in der du jetzt gerade aktiv bist, jetzt aktuell wichtig sind, zu behandeln.

Und damit sind wir auch schon bei den einzelnen Übungen. Die sind inhaltlich schon recht umfangreich. Das ist also nicht so, dass du dich mit so einer Übung mal eben eine Viertelstunde im kleinen Gruppenkreis hinsetzt und dann irgendwie ein bisschen was niederschreibst, sondern das sind schon sehr intensive, reflektierende Übungen, die teilweise auch in die strategische Entwicklung deiner Gruppenarbeit mit reingehen. Also sprich, was will deine Gruppe eigentlich im Rahmen dieser sozialen Bewegung erreichen und wie kriege ich meine strategische Ausrichtung da nochmal ein bisschen abgerundeter, um die Ziele zu verwirklichen? Das sind also so Sachen, die wirklich, ich sag jetzt mal so nachmittags, Abend oder auch tagesfüllend sein können.

So, und dementsprechend hast du natürlich dann hier mit so einem großen Buch auch viel Input, wo du vielleicht auch lange Zeit mit beschäftigt sein kannst. Aber es zwingt dich halt niemand, das wirklich von vorne bis hinten alles mal durchzuprobieren, sondern es kann ja durchaus sein, dass eine Übung für dich schon ausreicht und dann das Buch erst mal wieder beiseite gelegt wird, weil du mit dieser einen Übung in der Gruppe schon genügend neue Dynamik entfacht hast, um damit dann wirklich mal Erfolge zu feiern oder da erst mal mit weiterzugehen.

Nichtsdestotrotz gibt es ganz hinten dann doch noch mal ein strukturiertes Inhaltsverzeichnis und aus dem wird klar: die reden hier nicht von Kapiteln, sondern von Bausteinen. Also wie gesagt, du greifst einzelne Themenpakete raus und diese Bausteine sind noch mal nach übergeordneten Themen sortiert. Und diese übergeordneten Themen lese ich jetzt einmal grob vor.

Da geht es um „Transformation heißt System Change“. Und dann gibt es einen Bereich „Wie kommt der Wandel in die Welt?“ und dann gibt es einen Bereich „Solidarische Gegenhegemonie aufbauen“, dann geht es mit der „Gegenhegemonie und Staat“ weiter. Und ganz zum Schluss „Transformation durch Eskalation“. Das Ganze wird dann noch abgerundet in dem ganz zum Schluss noch mal geschaut wird - wir kommen ja vom Titel „Die Welt auf den Kopf stellen.“ Wenn wir das dann geschafft haben, dann müssen wir das, was wir auf den Kopf gestellt haben, tatsächlich auch nochmal umdrehen, dass man die Welt auf die Füße stellt. Also quasi nach der Transformation das neue Normal. Da gibt es einen kurzen Abspann in dem Buch, wie das dann aussehen kann. Aber das, reine Tun und Handeln, ist tatsächlich so in diesen übergeordneten Punkten zu finden, die sich dann in einzelne Bausteine gliedern.

Und da würde ich jetzt mal so ein bisschen reinschauen. Da hatte ich mir im Vorfeld mal überlegt, was vielleicht interessant wäre, ohne das Buch jetzt wirklich so ausführlich im Detail durchzusprechen, sondern wirklich so an der Oberfläche ein bisschen Input zu geben und auch dir die Möglichkeit zu geben reinzufühlen: ist das was für dich? Willst du dich mit dem Buch oder mit den Themen dann nochmal weiter beschäftigen?

Ich greife mal einzelne Bausteine raus, die ich jetzt hier für erwähnenswert finde. Das mache ich aber nicht, weil ich glaube, die anderen sind nicht interessant, sondern diese Bausteine, die ich jetzt gerade rausgreife, die haben mir persönlich noch mal so ein bisschen Input gegeben. Und der Baustein, den ich jetzt zuerst rausgreife, der nennt sich „Kämpfen statt Appellieren“. Greife ich jetzt nicht einfach so raus, sondern „Kämpfen statt Appellieren“, das ist für mich schon sehr stark mit diesem Gedanken des Radikalen verbunden. Ich bin da tatsächlich so im Laufe der letzten Jahre ein Freund und Sympathisant von radikaleren Gedanken geworden.

Stefanie Du bist ja jetzt auch Komplize einer terroristischen Vereinigung.

Carsten Genau das, ja, das verschmilzt da gerade. Wobei ich Radikal nach wie vor verstehe, in dem Wortsinn wie an der Wurzel anpacken, also so grundlegenden Veränderung und nicht ausschließlich destruktive Gewalt, sondern ich sehe das eher so in diesem Sinne als grundlegendes Transformieren.

Stefanie Ich muss dazu jetzt nochmal, auch wenn ich dich jetzt aus deinem Flow reiße, aber sagen, das ist etwas, was ich immer wieder sage und auch in meinen Kursen usw.: Wirkliche Veränderung - das wird auch mittlerweile in jedem Film, den Du zu dem Thema sehen kannst, gesagt - wirkliche Veränderung ist immer erkämpft worden. Also Suffragetten sind da meistens ein viel genanntes Beispiel, dass die lange, jahrzehntelang wirklich friedlich versucht haben, darauf hinzuweisen, freundlich doch mal bitte Frauen gleich zu behandeln und Wahlrecht auch einzugestehen und dass sie dann erst, nachdem sie so lange friedlich waren, eben durch gewaltvollere Proteste letztlich das erkämpft haben. Und alles ist, alles Wichtige ist tatsächlich erkämpft worden. Und deswegen ist natürlich das Radikale irgendwo eben so ein Punkt, der leider wichtig ist.

Carsten Ja, und zumindest das spricht mich an und hat mir auch im Laufe der letzten Jahre so ein bisschen ich weiß nicht, ob es eine Illusion war, aber ich habe mich auch so ein bisschen einlullen lassen von Ja, wir sind ja eine Demokratie, wir können da durch Wahlen und keine Ahnung was den weiteren gesellschaftlichen Werdegang dann mit beeinflussen – diese Illusion genommen und mir wird eigentlich zunehmend klar und das ist hier auch sehr schön in diesem Buch als Kontext so verbrieft, dass es mit diesen reinen Appellen eigentlich nicht wirklich funktioniert. Also natürlich muss man die Politik irgendwo auch vor sich hertreiben. Deswegen sind Demonstrationen, das auf die Straße gehen sehr wichtig. Aber dieser appellierende Charakter, der reicht einfach nicht aus. Da muss es dann tatsächlich zu sozialen Kämpfen kommen. Und das ist halt in diesem Buch auch in diesem Baustein „Kämpfen statt Appellieren“ hinterlegt.

Und was da für mich nochmal wichtig ist zu betonen, ist, dass auch das Buch sagt, dass soziale Bewegungen genau dafür da sind, um Machtverhältnisse zu verschieben, um eben Druck auf EntscheidungsträgerInnen auszuüben und zu erhöhen und dadurch dann auch politische Veränderungen selbst einleiten. Also nicht darauf hoffen, dass dann irgendwo im Politikbereich Personen sagen „Hey, ich bin einsichtig, ich muss jetzt handeln.“ Ähm, da finden sich ja auf gesellschaftlicher Ebene auch heute schon Mehrheiten für Sachen da, wo sich die Politik immer noch nicht traut, in die Umsetzung zu gehen. Paradebeispiel ist ja das lapidare Thema des Tempolimits. Also da komme ich mit einem Appell aus der Gesellschaft nicht weiter. Da muss ich halt soziale Kämpfe mitberücksichtigen. Ich muss bereit sein, soziale Kämpfe auszutragen. Soziale Kämpfe erleben wir ja jetzt ja gerade Richtung Lützerath, da wo wegen Braunkohleabbau jetzt tatsächlich dann auch wieder eine Konfrontation stattfindet. Das sind soziale Kämpfe, um die es dann tatsächlich geht als ein Beispiel.

Stefanie Ich muss dazu noch sagen, das mit dem Tempolimit, ich hatte da vor kurzem so eine Krimiserie gehört, die in Schottland spielt, und da ging es darum, dass da ein Familienmitglied nach Deutschland ausgewandert ist und die sollte da angeblich einen Autounfall gehabt haben. Und dann haben sich die anderen Familienmitglieder in Schottland darüber unterhalten. Und haben gesagt „Ja, die Deutschen sind sowieso total schlechte Autofahrer. Die haben ja noch nicht mal ein Tempolimit auf der Autobahn!“ Und dann habe ich so gedacht: Ja, stimmt, so kann man das auch sehen. Die Sichtweise fand ich ziemlich cool. So. Okay, du darfst weitermachen.

Carsten Okay. Ich greife jetzt den nächsten Baustein auf. Also, es geht hier tatsächlich in dem Buch auch so ein bisschen in einen akademischen Bereich. Es werden Begriffe verwendet, die ein bisschen sperrig und die erklärungsbedürftig sind, die ich mir auch selber erst erstmal im Laufe der letzten Jahre erarbeiten musste. Und ein Begriff ist Emergenz. Und hier ist ein Baustein „Mit emergenten Strategien flexibel bleiben“.

Stefanie Dann erklär mal.

Carsten Ja, was ist denn jetzt Emergenz? Ich habe überlegt, ich kann das mit eigenen Worten aber wahrscheinlich eher schlecht erklären. Also bediene ich mich jetzt auch wieder dessen, was im Buch steht. Und hier steht „Emergenz beschreibt den Prozess, wenn in Systemen durch das Zusammenwirken verschiedener Elemente etwas qualitativ Neues entsteht, das mehr ist als die Summe seiner Teile.“ Das heißt also, ich habe eigentlich eine Wirkung, die über das hinausgeht, was eben die Einzelwirkungen der einzelnen Akteure, Elemente wie auch immer sind. Und diese emergenten Strategien, die hier angesprochen werden, die zielen darauf ab, dass wir zum einen erst mal vielleicht, falls vorhanden, von einem Glauben ablassen oder von der Vorstellung ablassen und die beiseite legen, dass so eine Transformation sauber geplant werden kann, dass wir eine Transformation kontrollieren können und auch, dass wir eine Transformation einfach umsetzen können. Also all das ist es nicht. Eine Transformation kannst du nicht planen. Du kannst die Prozesse, die dann da in der Transformation losgetreten werden, auch schon gar nicht kontrollieren. Und einfach wird das Ganze eh schon nicht. Also brauchen wir Strategien, die einfach gucken, was passiert denn dort auf gesellschaftlicher, auf wirtschaftlicher, politischer Ebene? Und das alles berücksichtigen und sich auch dessen bewusst werden, dass dieses komplette Handeln, was da passiert, dass das Resultat eben emergente Ergebnisse liefert, also mehr ist als die Summe der einzelnen Akteure jetzt gerade leisten. Und dementsprechend müssen wir an der Stelle flexibel sein.

Und wenn jetzt in sozialen Bewegungen bestimmte strategische Vorgehensweisen oder auch Ziele definiert sind, dass die regelmäßig reflektiert werden und das ist für mich sehr wichtig zu verstehen, dass wenn ich in einer - das bin ich jetzt nicht, aber ich bin mal fiktiv - ich wäre jetzt in einer sozialen Bewegung aktiv und ich weiß, okay, wir haben jetzt irgendwo ein bestimmtes Thema, da wollen wir hin. Keine Ahnung, ob wir das Tempolimit jetzt durchsetzen, dass ich mir bewusst werde, die Strategien, die ich jetzt ausgearbeitet habe, um dieses Ziel zu erreichen, die sind nicht in Stein gemeißelt. Ich darf auch nicht auf Teufel komm raus immer an diesen Strategien festhalten, sondern ich muss halt gucken, wie reagiert mein Umfeld, wie ist die politische Lage, was macht die Gesellschaft, was passiert wirklich? Und all das muss ich regelmäßig einfließen lassen und gegebenenfalls auch meine Strategie dementsprechend anpassen. Dieses Buch zeigt Gestaltungsmöglichkeiten, wie das gemacht werden kann in sozialen Bewegungen. Und ja, ich finde es einfach interessant, das noch mal zu erwähnen, weil Strategien eigentlich so eine Sache sind, die entwirfst Du gefühlt einmal und dann verfolgst du diesen Weg und das ist aber bei einer gesellschaftlichen Transformation tatsächlich nicht zielführend.

Von Emergenz kommen wir jetzt zu Hegemonie. Wir bleiben also bei schwierigen Begriffen, die man vielleicht am Anfang noch gar nicht so versteht. Ich musste mich in beide erst mal im Laufe der letzten ich weiß gar nicht Monate, Jahre so ein bisschen einlesen. Hier geht es in dem Buch um zwei Bausteine. Der eine Baustein ist „Solidarische Gegenhegemonie aufbauen“ und ein zweiter Baustein ist gemünzt als „Gegenhegemonie und Staat“. Und das möchte ich mal so ein bisschen ausführen. Nicht um das Ganze vollständig zu erklären, sondern aber so ein bisschen rein zu teasern. Und dazu lese ich jetzt mal kurz was vor.

“Die imperiale Lebensweise sitzt fest im Sattel, sie ist hegemonial. Was bedeutet das genau? Auf welche Weise wird die Hegemonie der imperialen Lebensweise denn stabil gehalten und welche Rolle spielt Gegenhegemonie für Transformation und wie können wir emanzipatorische Gegenhegemonie von unten aufbauen?“

Und jetzt ist natürlich die Frage, was ist eigentlich Hegemonie? Und dazu lese ich auch noch mal kurz hier einen Abschnitt vor, wo das erklärt wird: „Hegemonie bedeutet, dass herrschende Gruppen, Klassen oder Institutionen in der Lage sind, eigene Interessen als allgemeine gesellschaftliche Interessen darzustellen und durchzusetzen. Hegemonie meint auch, dass herrschende Gruppen ihre Vorstellung der Welt von dem, was gut und schlecht ist, als allgemeingültig und als alternativlos durchsetzen können. Eine breite Gesellschaft akzeptiert diese Deutung der Welt als Normalität, auch wenn diese Normalität einem solidarischen Zusammenleben entgegensteht oder die Bedürfnisse vieler Menschen nicht befriedigen kann. Die Hegemonie dieser Vorstellung beruht nicht nur auf Zwang oder Gewalt, sie fußt auch zentral darauf, dass Teile der Gesellschaft diesen Vorstellungen aktiv zustimmen oder sie passiv hinnehmen.“

Das ist, ich sag jetzt mal, vom Gesamtverständnis, wie wir vielleicht auch unsere Welt sehen, unsere gesellschaftlichen Verhältnisse sehen, unsere gesellschaftlichen Dynamiken interpretieren, für mich ein ganz wichtiges Verständnis zu sehen, dass es da eine Hegemonie gibt, was sich auch hinter diesem Begriff verbirgt und dass ich diese Transformation tatsächlich nur aufbaue oder gestalten kann, wenn ich mir dessen bewusst bin. Und, wie dieses Buch sagt, auch eine sogenannte Gegenhegemonie aufbaut, also im Grunde genommen eine andere Weltsicht implementiert. Dass das, was momentan so als Normalität, als gut und schlecht gesehen wird, reflektiert, in Frage gestellt und eben auch auf den Kopf gestellt werden darf, um eine neue Normalität hin zu bringen. Um zu sagen: Hey, das ist nicht alternativlos, sondern hier sind die Alternativen und die sind durchaus vielleicht auch besser im gesellschaftlichen Kontext. Und dann gibt es auch andere Bausteine. Einer, der ist für mich auch nochmal als sehr privilegierte Person interessant. Da geht es um die Frage, Verbündete und Komplizen zu schaffen. Also weil du schon vorhin sagtest, Komplize einer terroristischen Vereinigung. Hier geht es aber mehr so um dieses Thema Allyship, also für Personen, die Diskriminierung erfahren, die weniger Privilegien besitzen, einzustehen, mit denen ja Seite an Seite auch für deren Emanzipation zu kämpfen etc. Und das ist natürlich, was ich gerade schon sagte, für mich als männliche Person

Stefanie als alter, weißer Mann

Carsten Als alter weißer Mann, der ich ja noch irgendwann in 20 Jahren werde.

Stefanie Der Du innerlich vielleicht nicht bist, aber wir wollen jetzt nicht über die Realität sprechen…

Carsten Also dieses Reflektieren. Und da lese ich jetzt mal kurz so ein paar Überschriften oder Handlungsaufforderungen vor, das sind fünf Stück:

  • Checke deine eigenen Privilegien.
  • Bilde dich weiter und höre zu.
  • Fehler werden passieren, aber lerne dann daraus.
  • Misch dich ein.
  • Begib dich dann in Komplizenschaft.

Das heißt auch für Personen, die jetzt vielleicht gar nicht irgendwie Opfer von Unterdrückung, von Diskriminierung sind, die eigentlich glauben „Ich brauche keine Transformation, mir geht es ja schon gut.“ diesen Reflexionsprozess dann einzuleiten. Das finde ich ungemein wichtig, dass das auch in diesem Buch mit reinkommt, weil das natürlich dann auch in sozialen Bewegungen ein sehr wichtiger Baustein ist. Da vermengen sich ja durchaus auch unterschiedlichste Biografien, unterschiedlichste Erfahrungswelten. Und da muss ich natürlich auch in der Gruppe erst mal schauen, wo gibt es da vielleicht auch Machtgefälle und und wie muss man vielleicht auch mit Erfahrungen von anderen Personen, die eben auch Diskriminierungserfahrung gesammelt haben, umgehen wie Wie kann ich mit denen umgehen? Wie kann ich mehr Verständnis für deren Erfahrungen aufbauen, ohne mich hinzustellen, zu sagen, ich bin davon nicht betroffen, das geht mich nichts an. Also da wirklich diese Offenheit zu bewahren, das finde ich sehr wichtig. Und wie gesagt, ein ganz schöner Baustein hier in diesem Buch.

Stefanie Ich möchte vielleicht nochmal anfügen, bei der Tierrechtsbewegung oder generell der veganen Bewegung ist es ja auch häufig so, dass kritisiert wird, dass sie sehr weiß sind und auch keinesfalls intersektional denken. So, wenn ich an meine Erfahrung denke, dass mir gesagt wird „Du bist dick, deswegen solltest du dich nicht offen als vegan zu erkennen geben, weil du sonst der Bewegung schadest.“, sehe ich das schon als kritisch an. Und da finde ich es gerade gut, dass hier jetzt eben gesagt wird, das ist ja auch ein Punkt, den hast du zwar vorhin nicht genannt, aber ich habe es gelesen, schon ganz am Anfang steht, dass „Intersektional Denken und Handeln“ ein Grundbaustein jeder Bewegung sein sollte. So auch der Tierrechtsbewegung und auch der veganen Szene.

Carsten Genau. Genau. Und das ist auch ein wichtiger Baustein hier in dem Buch. So, und dann haben wir ein Thema, was für dich, Stefanie, vielleicht noch interessant wäre „Geschichten des Wandels erzählen“.

Stefanie Ja, das habe ich mir tatsächlich durchgelesen. Das Kapitel, also einzelne Kapitel habe ich durchgelesen. Gerade wenn es um Geschichten erzählen geht, bin ich immer sofort dabei.

Carsten So ist das Buch ja auch gedacht. Du kriegst die Sachen raus, die für dich gerade passend sind.

Stefanie Ja, aber dann war mein Problem, dass das Geschichten sind, die ich mit der Gruppe erzähle. Und da ich keine Gruppe habe im Moment, habe ich es dann wieder gelassen.

Carsten Genau. Also es geht ja tatsächlich um die Übungen, wo du in deiner sozialen Gruppe in einer sozialen Bewegung überlegst, „Was ist eigentlich die Geschichte, die ihr erzählen wollt?“ Also der Hintergrund ist, dass aus sozialen Bewegungen heraus neue transformative Geschichten entstehen, die Bezug zu dem eigenen Handeln haben. Also warum bist du jetzt eigentlich in dieser sozialen Bewegung? Was ist der Anlass gewesen? Wo willst du eigentlich hin? Bis hin zur Überlegung „Mit was für Akteuren hast du es eigentlich zu tun?“ Und wie sieht denn anschließend die Welt aus, wenn ihr euren sozialen Kampf hinter euch lassen konntet, also gewinnen konntet und da überhaupt eine Perspektive zu geben, so dieses Alternativlose zu überwinden und anderen Menschen einfach klarzumachen Hey, es gibt unterschiedlichste Perspektiven auf dieser Welt, es gibt auch unterschiedlichste alternative Vorstellungen und dieses bestehende, verkrustete Weltbild, dieses Denken, dieses alternativlos einfach aufzubrechen.

Stefanie Ja, und das ist ja gerade auch das, was Rob Hopkins in seinem „From What if to what Next“ Buch schreibt und auch in seinem Podcast halt immer verfolgt, dass es super wichtig ist für Bewegungen, nicht nur dagegen zu sein und gegen etwas zu kämpfen, sondern auch für etwas zu kämpfen. Also eine Vision zu haben, wie die Welt aussehen kann, wenn wir das, wogegen wir sind, eben überwunden haben und dann eben diese neue Welt geschaffen haben. Und da sind wir ja alle zu aufgerufen, da unsere eigenen Visionen zu teilen und uns zu überlegen, wie kann unser Alltag dann aussehen? Und das ist das, was ich im letzten Jahr sehr stark verfolgt habe und was nach wie vor eben total wichtig ist, finde ich. Also wir brauchen diese starken Visionen, diese Geschichten, die uns dann auch dahin ziehen und uns motivieren, gegen etwas zu kämpfen, um etwas zu erlangen.

Carsten Etwas Tolles. Ja, ja, genau. Ja, genau die Die schöne Welt im Jahr 2030. 2040.

Stefanie Schöne, neue Welt.

Carsten Und das wollte ich jetzt so nicht sagen. Ist ja schon vorbelastet.

Stefanie Stimmt ja, die wollen wir lieber nicht. Die finde ich nicht so anziehend.

Carsten Genau. Aber wie kommen wir denn da jetzt hin? Und das ist jetzt das Schöne. Also ich habe da jetzt den letzten Baustein für mich, also den letzten, den ich jetzt hier besprechen möchte, herausgegriffen. Und zwar die Frage, „Wie weit muss man eigentlich gehen mit seiner Transformation?“ So heißt nicht der Baustein. Das habe ich jetzt als Frage reingebracht. Der Baustein nennt sich „Transformation durch Eskalation?“.

Stefanie Mit einem Fragezeichen dahinter.

Carsten Ja, genau das ist die Frage. Muss es denn unbedingt eskalieren? Und da ganz grob einfach mal die Einleitung zu diesem Baustein. Das steht da: „Die Bandbreite politischer Aktionsformen ist groß. Zwischen Onlinepetition und friedlicher Sabotage liegen viele Eskalationsstufen. Wieso und wann entscheiden sich Bewegungen dafür, Konflikte zu eskalieren? Und welche Rolle spielen Gewalt und Gewaltvorwürfe dabei?“ So, und dann geht es da um Risiken von Eskalation und auch ihre mögliche Notwendigkeit. Das finde ich insofern spannend, weil hier reflektiert wird, muss es zu eskalierenden Situation kommen? Wie viel darf, wie viel muss ziviler Ungehorsam leisten? Wie gehen unterschiedliche Bewegung damit um? Also es ist ja überhaupt nicht irgendwie ausgehandelt und alles ist klar, sondern die Bewegung streiten sich ja untereinander, das ist ja schon allein jetzt hier was in den aktuellen Medien berichtet wird schon ein strittiger Punkt.

Darf ich mich jetzt auf Straßen mit Sekundenkleber festkleben? Darf ich Kunstwerke irgendwie beschädigen oder muss ich, ich nenne es jetzt mal ein bisschen übertrieben „brav und artig“ nur an einer Demonstration auf der Straße laufen? Was ist legitim, was wird womit erreicht? Womit erzeuge ich Reibung, womit erzeuge ich Gegenwehr? Wie gehe ich damit als soziale Bewegung um? Und vor allen Dingen: Wie lerne ich eigentlich aus Erfahrung von anderen, die vielleicht schon radikale Schritte gegangen sind, die Eskalation in Kauf genommen haben? Und was ist daraus geworden? Und was kann ich aus diesen Erfahrungen für mich als soziale Bewegung dann noch nutzen und integrieren? Und dieser Reflexionsprozess, der ist in diesem Baustein drin und das finde ich ganz wichtig, dass da tatsächlich drüber nachgedacht wird, um auch, was ich ganz zu Anfang sagte, jetzt nicht nur in diesen appellierenden Charakter zu verfallen, sondern tatsächlich dann auch soziale Kämpfe auszufechten und auch auszuhalten und zu wissen, ein sozialer Kampf wird immer Gegenwehr erzeugen, der stößt nicht immer auf Gegenliebe, sondern in erster Linie auf Gegenreaktionen von Strukturen, die ja eigentlich eher Ruhe und Ordnung haben wollen und

Stefanie Die sich halt was schön gemacht haben. Die wollen halt nicht, dass es jetzt unschön wird. Die wollen auf ihre Privilegien nicht verzichten.

Carsten Genau. Genau. Und deswegen soll man sich dann auf einem FDP Parteitag dann doch lieber nicht an die Wand kleben und nicht den Parteitag stören.

Stefanie Das lasse ich jetzt mal so unkommentiert stehen. Also das waren jetzt die Bausteine, die du vorstellen wolltest.

Carsten Genau, Genau, ja.

Stefanie Was mir halt aufgefallen ist, als ich das Buch gesehen habe, habe ich da natürlich auch so durchgeblättert und habe mir das Inhaltsverzeichnis angeguckt. Auch die Karte vorne und der erste Baustein, den ich mir angeguckt habe, war „Radikale kollektive Heilung“ und den hast du gar nicht rausgesucht. Das fand ich irgendwie total spannend. Ich merke einfach, für mich ist mein Thema momentan Heilung. Und ich fand es schön, dass dieses Thema auch in diesem Buch aufgefasst wird und Carsten hatte mich vorhin gefragt, ob ich was vorlesen möchte. Und da habe ich nein gesagt. Aber irgendwie habe ich gedacht, jetzt lese ich vielleicht doch was vor. Ich gucke mal eben, ich muss es irgendwie so halten, dass ich es nicht vors Mikro halte:

“Während wir in sozialen Bewegungen versuchen, die Welt solidarischer und lebenswerter für alle zu machen, vergessen wir manchmal, den Blick darauf zu richten und wahrzunehmen, wie es uns selbst in der Welt ergeht. Dabei tragen wir alle Verletzungen, Trauer oder Schmerzen mit uns herum. Uns begleitet beispielsweise die Verletzung und die Wut, die wir empfunden haben, weil jemand über unseren Rollstuhl gelacht hat oder weil uns jemand gegen unseren Willen angefasst hat. Andere Schmerzerfahrungen sind offensichtlicher kollektiver Art. Als Covid:19 sich zu einer globalen Pandemie entwickelte, beobachteten Psycholog·innen, dass viele Menschen eine sogenannte kollektive Traurigkeit erfasste. Es ist eine Traurigkeit über die vielen menschlichen Verluste und Entbehrungen, über die Ungewissheit, der die Welt entgegen sieht.“

Soweit erstmal der Text. Das geht dann da noch weiter und es wird vor allem darüber geschrieben, dass gerade marginalisierte Gruppen, Gruppen, die viel Gewalt erfahren haben, in der Vergangenheit auch durch die Kolonialisierung und durch strukturelle Gewalt und alles mögliche, was es an Gewalt in der Historie schon gegeben hat, darunter immer noch leiden. Und da dann auch generationenübergreifend dieses Leid mit sich tragen, dass diese Menschen alle dringend auch Heilung benötigen. Und das ist ein Thema, mit dem ich mich momentan sehr beschäftige, sehr persönlich gerade, aber auch, weil ich viel von indigenen Menschen Bücher lese, wo gerade dieses Thema Heilung viel vorkommt. Und auch in dem Podcast von Rob Hopkins „From What If to What Next“, den ich dir sehr empfehlen kann, liebe Hörerin, liebe Hörer, kommt das Thema Heilung immer mal wieder vor und deswegen wollte ich jetzt diesen Baustein noch mal aufgreifen.

Es gibt noch viel mehr Bausteine in dem Buch, aber da gibt es eben auch noch, ich glaube drei Übungen zum Thema Heilung, was du in der Gruppe halt machen kannst, um zu heilen. Allerdings ist Heilung ein sehr individueller Prozess und auch ein zeitlich sehr individueller Prozess. Es kann also, je nachdem wie tief das alles sitzt, Jahre oder Jahrzehnte dauern, bis du Heilung erfahren hast. Und so auch bei mir persönlich. Da will ich jetzt nicht tiefer drauf eingehen. Da überlege ich noch, inwieweit ich das in die Öffentlichkeit trage. Aber auf jeden Fall ist Heilung momentan ein Thema und ich denke, dass das eben auch was ist, was ich mit vielen Menschen teile, dass wir alle irgendwie auf irgendeine Art und Weise zu Schaden gekommen sind in der Vergangenheit und schon alleine durch das System, in dem wir leben und deswegen Heilung sehr wichtig ist.

Ja auch die Verbindung zu unserer Mitwelt muss wieder geheilt werden. Also ich habe dann immer sofort die Menschen im Hinterkopf, die dann „oh Esoterik“ schreien. Aber Heilung hat meiner Meinung nach nichts mit Esoterik zu tun, sondern ist, wie wenn eine offensichtliche Wunde, eine Schnittwunde zum Beispiel, wieder heilen muss. Damit meine ich, wenn ich jetzt zum Beispiel eine Schnittwunde im Arm habe, damit mein Arm wieder geheilt ist. So sind halt auch Traumata und emotionale Wunden etwas, was einfach heilen muss und was nicht heißt, dass ich dann jetzt automatisch irgendwohin begebe, wo es heißt, dass ich nur noch von Lichtnahrung lebe oder so.. Also ich finde, das ist nicht gleichzusetzen. Und dass es zwischen offensichtlich falschen Heilsversprechungen und reinen wissenschaftlichen Fakten auch noch einige Stufen mehr gibt, die wir vielleicht dann nicht wissenschaftlich direkt benennen können, die aber dann auch nicht gleich Spinnereien sind.

Carsten Ja, das ist gut, dass du das nochmal ergänzt hast. Ich glaube, da wird auch noch mal so diese Bandbreite dieses Buches ersichtlich, das du von, ich sag jetzt mal sehr akademischen Themen hin auch zu sehr intimen Themen gehst. Und irgendwie habe ich, nachdem ich das Buch jetzt gelesen hatte und mich da jetzt auch gerade im Rahmen dieser Podcastfolge nochmal nochmal erneut in die Überschriften eingelesen habe, wirklich verstärkt gemerkt, warum mich dieses Buch so fasziniert. Weil es eigentlich eine Zusammenfassung fast aller Themen ist, die uns in der Vergangenheit in den letzten Monaten auch persönlich irgendwie beschäftigt haben. Das eine oder andere Thema haben wir auch in Podcastfolgen selber reflektiert und ich könnte jetzt stark argwöhnen, dass das Kollektiv unseren Podcast hört und dann das alles irgendwie da rein schmilzt. Aber ich glaube, es ist eher andersrum, dass wir von denen beeinflusst werden, aber das passt einfach hervorragend.

Und dementsprechend hat dieses Buch auf mich wirklich so eine magische Faszination ausgeübt. Und ich kann es dir wirklich ans Herz legen. Und wie gesagt, du hast das Angebot, Du kannst das Buch von uns kostenlos bekommen, nimm einfach Kontakt mit uns auf und dann lass dich inspirieren. Nimm das mit in deine soziale Bewegung, in der du aktiv bist oder wenn du als Einzelperson aktiv bist, lass dich einfach inspirieren von der Informationsvielfalt, von der Bandbreite dessen, was da an Informationen drinsteht und auch von den weiterführenden Informationen, die dort zumindest benannt werden. Und ich persönlich war gestern noch in der Hamburger Bücherhalle und habe da schon mal so die die ersten Bücher wieder rausgeholt. Also von daher ist es eine reine Inspirationsquelle.

Stefanie Ich weiß, du wolltest jetzt den Abschluss machen, um endlich diese Folge zu beenden, aber mir schwirrt da immer noch ein Punkt im Kopf rum, nämlich der Baustein „Kämpfe verbinden“. Ja, und das finde ich nämlich auch sehr wichtig, weil wir ja doch relativ isoliert, häufig immer nur in einem Kampf sozusagen feststecken. Und dass das auch noch mal ein wichtiger Punkt ist. Es ist noch eine Facette mehr, also was dieses Buch an sich halt auch schon sehr wichtig macht. Das heißt, wir haben jetzt wirklich nur einen kleinen Auszug aus den Bausteinen vorgestellt und es gibt noch viel mehr Bausteine. Und dieses „Kämpfe verbinden“ ist ja gerade für die vegane Szene sehr wichtig, dass eben dieses intersektional denken und ich erwähne es jetzt nochmal hier extra, weil ich von einigen Podcast Hörer·innen weiß, dass denen das wichtig ist und dass intersektional Handeln und Denken ein wichtiger Grundsatz ist in ihrem Leben. Das heißt, das ist da definitiv auch mit eingearbeitet in das Buch. Also noch mal, damit du eine Entscheidungsmöglichkeit hast, ob du jetzt schreibst, dass du dieses Buch haben möchtest oder es dir dann selbst auf irgendeinem Weg besorgst. Du kannst es auf der Webseite auch kostenlos als PDF herunterladen. Also von daher noch mal eben als Möglichkeit, dich besser zu entscheiden und das noch mal zu nennen. Intersektional denken und handeln ist definitiv auch ein Grundsatz. Gut, bevor mir jetzt mal wieder die Stimme versagt und ich so total kurzatmig werde - ich merke nämlich schon, dass so langsam Schicht im Schacht ist, ich glaube, das habe ich bei der letzten Folge auch schon gesagt, aber jedenfalls leider hat mich diese Krankheit irgendwie immer noch total im Griff - würde ich sagen: In diesem Sinne.

Carsten Lasst uns dieses Jahr die Welt auf den Kopf stellen und in Hamburg sagt man Tschüss.

Stefanie Und auf Wiederhören.

Folge 276 - Rituale und Wünsche zum Jahreswechsel

Ein Beitrag

Folge 276 - Rituale und Wünsche zum Jahreswechsel

Diese Folge war eigentlich ganz anders geplant, aber es kam mal wieder das Leben dazwischen und so plaudern wir in dieser Folge über Verschiedenes, was zum Jahreswechsel ansteht.

Wir erzählen Dir von Ritualen, die wir zu dieser Jahreszeit gerne durchführen und geben einen kleinen Ausblick auf das nächste Jahr.

Und wir verschenken das Buch "Wenn nicht wir, wer dann?" von Philipp Ruch - wenn Du es haben möchtest, melde Dich gern.

Links zur Folge

Vollständiges Transkript

Stefanie Für die letzte Folge des Jahres hatten wir eigentlich ganz andere Dinge geplant und wir wollten uns eigentlich auch schon früher melden. Aber wie das Leben halt so spielt. Carsten und ich waren jetzt die letzten zwei Wochen krank. Ein Infekt hat uns niedergestreckt und Carsten geht es so einigermaßen wieder.

Carsten Ja, ja, ich bin wieder auf dem Damm.

Stefanie Bei mir ist es immer noch so, dass ich zwar nicht mehr ganz so schlimm krank bin, aber immer noch nicht wirklich fit. Und deswegen haben wir jetzt halt beschlossen, dass wir nur eine kurze Folge aufnehmen und dann hoffentlich im nächsten Jahr wieder längere, tiefgehendere Folgen aufnehmen können. Eigentlich wollten wir nämlich heute ein Buch besprechen. Das verschieben wir jetzt aufs nächste Jahr und das ist auch schon mal so ein kleiner Ausblick auf das nächste Jahr. Es werden noch einige Buchbesprechungen kommen, weil sich halt wieder einige Bücher angestaut haben. Und wenn das Bücher sind, die wir entweder selbst erworben haben oder als Rezensionsexemplare geschenkt bekommen haben, dann verlosen wir die jetzt auch immer in der Folge, weil es ja das Experimentarium nicht mehr gibt und damit auch die Wanderbibliothek nicht mehr. Und ich springe jetzt einfach mal zwischen den Themen, wie es gerade so in meinen Kopf kommt. Die ganzen Bücher aus der Wanderbibliothek hatte ich während des Advents verschenkt. Zwei sind übrig geblieben, die wollte niemand haben. Also falls du da noch Interesse hast das ist zum einen „Milch - vom Mythos zur Massenware“ und zum anderen das „Aktionsbuch Verkehrswende“. Ich glaube, das Aktionsbuch wollte keiner haben, weil es das auch kostenlos als PDF gibt. Ich werde das jetzt auch erst mal behalten, es sei denn, Du, liebe Hörerinnen und Hörer, sagst jetzt ich möchte das gerne haben, dann schicke ich dir das auch gerne zu. Also melde dich gern entweder per Email oder auf einem anderen Kanal. Ich werde das dann für meine Arbeit sonst weiter nutzen. Das Milchbuch, klar, ist halt sehr speziell, nur wenn du dich dafür interessierst. Wie gesagt, meld dich einfach. Ja, alle anderen Bücher sind hoffentlich schon bei den glücklichen Gewinner·innen angekommen und auch die DVD. Ich hatte schon alle benachrichtigt, die gewonnen haben. Wenn du also mitgemacht hast und nicht benachrichtigt worden bist, dann hast du das entsprechende Medium nicht gewonnen. Es gibt einen Steady Artikel, in dem die Gewinnerinnen auch namentlich genannt werden, natürlich so anonymisiert, nur mit Vornamen oder Pseudonym. Und auch ein Video, in dem Carsten und ich da die Gewinner·innen auslosen. Da waren wir auch schon krank. Das heißt, wir haben versucht, das irgendwie durchzuziehen, weil wir das ja versprochen hatten. Und es ist halt nicht das High End Super Video geworden, aber zumindest ein Beweis dafür.

Carsten Genau. Du siehst dort nur unsere Hände.

Stefanie Genau unsere Hände sprechen dort. Also wenn du dir das angucken möchtest, schau einfach auf der Seite vorbei. Ich verlinke den Artikel auch noch mal unter der Folge, dann siehst du, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Allerdings musste ich tatsächlich einmal schneiden. Also du könntest mir jetzt unterstellen, dass es nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, weil ich zwischendurch einmal angerufen wurde und das wollte ich jetzt halt nicht mit drin haben. Also musst du uns dann doch vertrauen. Das war bei der Verlosung des Buches Autokorrektur. Da haben die meisten mitgemacht. Bei allen anderen haben wir es immer weiterlaufen lassen. Soweit also zu den Büchern. Und wo wir jetzt gerade bei Büchern sind. Carsten ist jetzt glücklicher Komplize einer terroristischen Vereinigung, nämlich beim Zentrum für politische Schönheit. Das hatte er sich sehr gewünscht. Und für diese Komplizenschaft gab es so ein paar Goodies. Unter anderem hast du dir da ein Buch ausgesucht?

Carsten Ja, genau. Ich durfte mir ein Buch aussuchen und meine Wahl ist gefallen auf das Buch „Wenn nicht wir, wer dann?“ Ein politisches Manifest von Philipp Ruch. Und Philipp Ruch ist auch derjenige, der das Zentrum für politische Schönheit gegründet hat. Und dieses Buch wollen wir jetzt hier auch in dieser Folge verschenken.

Stefanie Genau. Du wolltest es gar nicht rezensieren. Warum nicht?

Carsten Weil es sehr schwierig ist.

Stefanie Sag vielleicht mal kurz, für wen es geeignet ist, weil es sonst vielleicht schwer ist, sich dafür zu melden.

Carsten Ja, okay, also der Titel selber „Wenn nicht wir, wer dann?“ der lässt eigentlich vermuten, dass es da um die Motivation der Einzelpersonen geht. Also quasi jetzt nochmal die Dringlichkeit des Handelns klarzumachen. Wir müssen jetzt was ändern, vielleicht auch im Rahmen der Klimakrise. Auch wenn das Buch jetzt schon aus dem Jahr 2014/ 2015 stammt. Aber tatsächlich ist der Inhalt gar nicht so wirklich griffig. Ich will sagen, es ist ein bisschen akademisch, sehr schwer geschrieben, sehr philosophisch, also für Personen, die jetzt mit akademisch philosophischen Themen kein Problem haben, sondern vielleicht sogar so was lieben, ist dieses Buch hervorragend geeignet. Für Personen, die eher eine Motivation für sich brauchen, um so ins Handeln reinzukommen eher weniger, weil es sehr schwerfällig zu lesen ist. Wobei die Grundthesen, die der Autor vertritt schon sehr, sehr, sehr interessant sind, aber das will ich jetzt gar nicht ausführen. Wie gesagt, ich will das Buch ja nicht rezensieren, weil es eben so schwer ist. Wenn du dich für Philosophie interessierst und auch ein bisschen den akademischen Sprachgebrauch beherrschst, dann kommst du mit dem Buch gut voran.

Stefanie Ja, wir haben jetzt auch beschlossen, dass wir dieses Jahr keinen Rückblick machen, wie das Jahr für uns war. Also keinen offiziellen Rückblick hier in einer Podcastfolge. Carsten und ich machen das schon privat und vielleicht ist es ja auch nochmal ein Impuls für dich, wirklich jedes Jahr sich hinzusetzen und zurückzublicken. Was war, wofür bin ich dankbar? Was hat mich stärker gemacht? Was hat mich vielleicht auch weiser gemacht? Was nehme ich mit ins nächste Jahr und was lasse ich los? Das sind so die Hauptfragen. Wir haben noch so ein paar kleinere andere Fragen, die wir uns immer wieder stellen. Aber dadurch, dass wir das dann auch jedes Jahr aufschreiben, kann man dann auch immer schön gucken, was war im vergangenen Jahr, was hatte ich eigentlich gesagt, was nehme ich mit, was lasse ich los? Habe ich das wirklich gemacht? Und dieses Stehenbleiben und Zurückschauen, das ist auch total wichtig. Generell nicht nur am Jahresende, sondern einfach immer wieder zu gucken okay, was habe ich schon geschafft, sonst fällt es einem halt gar nicht so auf.

Carsten Ja, das ist auch bei mir so eine Erkenntnis gewesen. Und die Rückschau auf das Jahr 2022 war im ersten Moment so ein Einheitsbrei. Als ich dann die Frage beantworten wollte, wofür bin ich denn eigentlich dankbar? Musste ich mir natürlich erst mal überlegen, was es dieses Jahr eigentlich passiert. Und das war mir zu dem Zeitpunkt, wo ich diese Frage das erste Mal gesehen habe, gar nicht mehr wirklich gegenwärtig. Das war dieser Einheitsbrei. Okay, das ganze Jahr im Schnelldurchlauf, irgendwie im Zeitraffer, durchgelaufen und irgendwie ist ja gar nicht so viel passiert. Und als ich dann angefangen habe, darüber nachzudenken, ist mir aufgefallen: Oh Mann, da ist echt ganz schön viel passiert und auch sehr viel, für das ich tatsächlich dankbar bin, weil mir Sachen sehr viel gegeben, geschenkt haben, Dinge auch eine Bedeutung für mich entwickelt hatten und das hat sich dann im Rahmen dieses Nachsinnens - Also kein Grübeln, sondern einfach nochmal Revue passieren lassen - ist das wieder hochgekommen. Und das war richtig schön.

Stefanie Ja, also so eine Reflexion am Ende des Jahres ist auf jeden Fall was, was uns was gibt. Und vielleicht gibt dir das ja auch was, dass du dich jetzt vielleicht auch noch mal hinsetzt und das machst. Vielleicht machst du das auch schon, vielleicht ist es für dich auch schon ein fester Bestandteil, ein Ritual, was du jedes Jahr machst. Aber vielleicht ist es für dich ja auch nochmal ein Impuls, wenn du es noch nicht machst, das mal auszuprobieren. Und ein anderes Ritual, was wir auch machen, ist tatsächlich etwas, was wir von diesen Raunächten übernommen haben. Und da habe ich immer sofort so eine Alarmglocke im Hinterkopf, dass mir Menschen sagen esoterisch, esoterisch usw. und ich betrachte das tatsächlich eher so losgelöst davon. Es geht bei diesem Ritual darum, dass du dir 13 Wünsche aufschreibst für das nächste Jahr, also jetzt für 2023 und dann vom zweiten Weihnachtsfeiertag abends an, dann also zwölf Nächte oder Abende lang jeweils einen Wunsch verbrennst. Und dann bleibt am Ende ein Wunsch übrig. Und der ist dann quasi so das Motto für das nächste Jahr. Das ist jetzt meine ausgedünnte Version dieses Rituals. Du kannst dann noch viel tiefer gehen. Also wenn du dich für so was interessierst und dich so was anspricht, kannst du da noch sehr, sehr viel mehr machen mit diesen Raunachtritualen.

Aber wir haben das jetzt so gemacht, dass wir einfach diese 13 Wünsche auf Zettel aufschreiben die dann in ein Glas füllen, jeweils für jedes Familienmitglied eins und dann gemeinschaftlich jeden Abend diese zwölf Abende in den Raunächten, uns hinsetzen, zusammensitzen, ein Feuer entzünden und dort dann diese Zettel verbrennen. Und falls du das Ritual nicht kennst, erkläre ich es kurz: Es geht darum die Wünsche so aufzuschreiben, dass sie positiv geschrieben sind. Also nicht „Ich möchte nicht mehr krank sein“, sondern „ich bin gesund“. Und das auch so aufzuschreiben, nicht „Ich werde gesund sein oder ich will gesund sein oder ich möchte gesund sein“, sondern „ich bin gesund“. Also so in dieser Form das aufzuschreiben und auch keine Wünsche für andere. Also nicht „mein·e Partner·in soll für immer glücklich sein“ oder so, sondern wirklich nur für dich selbst. Denn letztlich ist es ja so, dass wenn du glücklich bist, dann bist du wahrscheinlich nur dann glücklich, wenn auch dein Umfeld glücklich ist. So in der Art also. Von daher ist das quasi indirekt schon der Wunsch, dass dann die anderen auch glücklich sein werden. Natürlich geht es nicht nur um Glück, aber je nachdem, was du für Wünsche hast, ist das für mich jedenfalls jedes Jahr immer etwas, was ich mir überlege, was möchte ich wirklich, worauf möchte ich mich fokussieren? Wie wünsche ich mir, dass mein Leben aussieht? Und dementsprechend schreibe ich halt die Wünsche auf. Bei unserem Kind kann es dann auch ein bisschen materieller sein. So wie „ich habe zehn Lego Platten“ oder so, aber auch so was ist ja möglich, je nachdem wie das Leben halt so gestaltet wird : Nein, du darfst nur aufschreiben, „ich bin glücklich, ich bin glücklich“, 13 mal oder so, sondern es ist halt jedem und jeder selbst überlassen.

Carsten Ich finde das auch ein sehr schönes Ritual und ich ärgere mich so ein bisschen, dass ich in der letzten Wunschphase, also sprich ein Jahr zuvor, meine Wünsche nicht noch mal separat notiert hatte. Ich habe sie damals nur auf den Zettel geschrieben und am Ende ist einer von diesen Zetteln, einer von diesen Wünschen dann übrig geblieben. Der ist noch per se vorhanden, aber die anderen sind mir nicht mehr so wirklich im Kopf. Und dieses Mal mache ich es anders. Dieses Mal schreibe ich es mir separat noch mal auf in einem Buch, damit ich es dann noch mal Revue passieren lassen kann: Was habe ich mir tatsächlich gewünscht? Also jetzt nicht nur der eine Wunsch, der übrig geblieben ist, sondern insgesamt und das finde ich insofern für mich persönlich wichtig, als dass ich dann schon den Eindruck habe, dass ich so der Fokus von dem, was ich im Leben möchte, so auch mit verschiebt. Oder gerade so in dieser Betrachtung, was war mir damals wichtig, wo hat es eine Verschiebung gegeben, wo bin ich vielleicht zufriedener geworden, wo bin ich unzufriedener geworden, wo möchte ich noch eine Veränderung erwirken?

Und allein dadurch, dass ich mich ja hinsetze und auch ganz bewusst diese Wünsche aufschreibe und das haben wir ja dieses Mal auch so gemacht, dass wir nicht gesagt haben: Komm, wir setzen uns hin und nehmen uns mal eine Stunde Zeit, sondern wir haben uns ja abends immer mal wieder hingesetzt, wenn mal irgendwie Zeit da war oder ein Gedanke gekommen ist, oh, den schreibe ich jetzt nochmal auf. Also eher frei bleibend ohne Zwang. Und dadurch gucke ich natürlich dann indirekt auch auf unser aktuelles Leben. Es ist ja nicht, wie du schon sagtest, so rein materiell orientiert, sondern schon die Betrachtung, wo möchte ich jetzt eine konkrete Veränderung im Positiven haben? Und ich bin auch ein bisschen davon überzeugt, dass egal ob dieser Wunsch jetzt nachher übrig bleibt oder nicht, dass ich ja unbewusst auch an den Themen arbeite, die ich vorher mal notiert hatte und die vielleicht nicht als endgültiger Wunsch dann da liegen bleiben, sondern die verbrannt werden. Aber allein die Beschäftigung damit treibt mich dann ja auch voran, solche Themen weiter zu beobachten und vielleicht auch daran zu arbeiten.

Stefanie Ja, und selbst egal, ob du jetzt daran glaubst, dass du diese Wünsche dem Universum übergibst oder wem auch immer, egal ob dieser Glaube da dranhängt oder nicht. Du hast dich damit beschäftigt und darauf eben, wie Carsten schon sagte, fokussiert. Du hast dich mit dir selbst beschäftigt und mit dem, was du wirklich willst. Und ich denke, das ist gerade so das Wichtige.

Carsten Ja, und ein Wunsch, den ich jetzt nicht explizit irgendwie verschriftlichen musste, sondern von dem ich weiß, dass er in Erfüllung gehen wird, ist tatsächlich, dass ich jetzt meinen ersten Baustein für die Weiterbildung im Bereich Permakultur mache. Also diesen 72 Stunden Grundlagenkurs. Den haben wir gebucht, der wird nächstes Jahr Ende Mai, Anfang Juni stattfinden, wo ich mich schon total darauf freue, weil es zwei Wochen sind, die für mich ja hoffentlich auch so ein bisschen lebensverändernde Strukturen mit sich bringen oder Potenziale. Und das Ganze findet dann auch zum Teil im Ökodorf Sieben Linden statt.Da kommen für mich genau diese beiden Facetten, die mich total reizen, zusammen. Einmal Permakultur, da richtig rein ins Thema zu kommen und auch wie gesagt die Ausbildung starten, wo ich dann die nächsten Jahre dran festhalten möchte und gleichzeitig die Erfahrung, wie ist das eigentlich mit so einer solidarischen Lebensweise jetzt beispielsweise in diesem Ökodorf Sieben Linden, was mich von dem, was ich bisher so wahrgenommen habe, sehr inspiriert, wo ich total neugierig drauf bin und jetzt eben im Rahmen dieser Permakultur Ausbildung auch die Möglichkeit habe, mal eine Woche dort vor Ort zu wohnen und mal abzugleichen: Ist es das überhaupt, was ich mir vorstellen kann? Für mich persönlich, für uns vielleicht in naher Zukunft oder in ferner Zukunft oder generell? Oder ist das ein Ideal, wo ich merke Uups, jetzt bin ich doch irgendwie zu sehr auf Einsamkeit geprägt, da komme ich nun gar nicht mit klar? Also es wird auf alle Fälle total interessant und zumindest für mich persönlich werden das Themen sein, die mich im nächsten Jahr stark begleiten werden. Und ich denke auch, dass ich da in der einen oder anderen Podcast Folge dann auch nochmal drüber berichten werde.

Stefanie Und diese Ausbildung ist ja eigentlich auch etwas, was dir eine Perspektive schenkt, oder?

Carsten Ja, absolut, weil ich ja, das haben wir ja schon öfters thematisiert, mit meiner jetzigen Erwerbsarbeit nicht gerade super zufrieden bin. Was jetzt weniger an dem konkreten Job liegt, sondern eher an einer Entfremdung von der Erwerbsarbeit.

Stefanie Musstest du jetzt gerade sagen.

Carsten Muss ich jetzt sagen.

Stefanie Falls jemand zuhört.

Carsten Hallo Kollegenkreis.

Stefanie Verschämtes Lachen einblenden...

Carsten Ja, auf jeden Fall erhoffe ich mir tatsächlich durch diese Ausbildung eine Perspektive hin zu einer beruflichen Entfaltung, die mir heute noch gar nicht zur Verfügung steht. Also ganz konkret halt der Wunsch, nicht mehr diese Art von Erwerbstätigkeit durchzuführen, die ich zunehmend als sinnentleert ansehe, die mir persönlich einfach überhaupt nicht mehr das bringt, was sie mir vielleicht in jüngeren Jahren bringen konnte. Meine Güte, ich sag jüngere Jahre.

Stefanie Carsten ist ja innerlich immer noch, wie alt? 17 oder so?

Carsten 25.

Stefanie 25. Genau. Genau.

Carsten Und dementsprechend ist das natürlich jetzt ein ganz großes auch auch Motivationsmoment mit viel Hoffnung dahinter für uns.

Stefanie (lacht) Ja, Entschuldigung.

Carsten Ja, lach ruhig.

Stefanie Jetzt gibt es wieder Hörer·innen, die sich beschweren, dass ich dazwischenrede.

Carsten Also Quintessenz des Ganzen: Ich möchte irgendwann mal eine Erwerbstätigkeit ausüben, die mir auch selber Erfüllung verschafft, mit der ich den Lebensunterhalt sicherstellen kann und die auch nach außen hin sinnvoll ist.

Stefanie Genau, Du hattest das mal so formuliert, dass du gesagt hast, dass du tagsüber halt für das System quasi arbeitest und abends dann gegen das System, also was ja irgendwie sinnbefreit ist eigentlich. Und so wird es ja vielen Hörer·innen auch gehen. Die Jobs, die gegen das System arbeiten, womit du deinen Lebensunterhalt sichern kannst, sind ja doch sehr rar gesät. Alles was mit Aktivismus zu tun hat, ist meistens ehrenamtlich und du kriegst kein Geld dafür. Kenne ich sehr gut. Ich habe es bisher auch nicht geschafft, mich da irgendwie so zu positionieren, dass ich meinen Lebensunterhalt damit verdienen kann. Und deswegen finde ich das halt super, dass Carsten jetzt die Möglichkeit hat, in diese Richtung zu gehen und freue mich schon darauf. Und auch, dass du auf Sieben Linden bist. Das habe ich tatsächlich zu verantworten, dass Carsten einen Kurs auf Sieben Linden macht, weil ich in diesem Jahr schon mal für drei Tage auf Sieben Linden war und ich fand es richtig super und habe gedacht, für Carsten ist das auch was. Und das Essen ist auch total lecker da. Also falls du, liebe·r Hörer·in, auch mal ein Seminar auf Sieben Linden machen möchtest: Für vegan lebende Menschen ist das da auch wirklich toll. Zwar ist nicht alles vegan dort, aber es ist immer alles gekennzeichnet. Meistens ist es auch so, dass das, was nicht vegan ist, gekennzeichnet ist. Das heißt also, dass die Grundausstattung dann bei dem Buffet beim Essen vegan ist und das „nicht-vegane“ ist nochmal extra gekennzeichnet. Also jedenfalls super, super lecker, wenn wir so beim Essen sind und auch natürlich die Beherbergung, wo du dann da wohnen kannst, ist auch toll. Und ich fand das Dorf generell sehr inspirierend. Ich hatte ja auch das Glück, da noch mal dann eine Führung machen zu können. Von einer, die das Dorf mitgegründet hat und durfte mir da das alles einmal auch anschauen. Mit anderen zusammen natürlich. Das war keine exklusive Führung und deswegen freue ich mich halt umso mehr, dass Carsten da jetzt eine ganze Woche verbringen darf.

Carsten Und ich freue mich darüber, dass auch dieser Permakulturkurs dort stattfindet. Also ich kann natürlich auch Permakultur Kurse hier direkt auch in Hamburg buchen und machen. Das wäre auch eine Option gewesen, weil es ja auch total bequem ist. Dann könnte ich ja jeden Tag da quasi.

Stefanie Ja, dann musst du halt nicht für die Unterkunft und fürs Essen und so bezahlen.

Carsten Aber der Reiz, tatsächlich mal eine Woche in so einem Ökodorf zu wohnen, mitzuerleben. Gut, ich bin ja wahrscheinlich den ganzen Tag dann im Seminar, aber ich werde hoffentlich noch genug von diesem Leben dort vor Ort wahrnehmen, um mir auch eine Meinung bilden zu können, um zu sehen passt das jetzt für mich? Das ist natürlich so ein Kombi Paket, das ist unschlagbar. Also das war gar keine Frage, dass ich das machen möchte.

Stefanie Genau. Du wurdest überhaupt nicht gezwungen.

Carsten Nein, überhaupt nicht. Und zumal wir ja auch schon mal mit dem Gedanken gespielt hatten, dass wir generell mal solche alternativen Lebensmodelle ausprobieren.

Stefanie Genau das war auch eine Idee, dass wir halt wirklich durch Deutschland reisen und uns diese ganzen alternativen Wohnprojekte anschauen, was bis jetzt noch nicht so funktioniert hat. Aber mit dem Ökodorf Sieben Linden fangen wir jetzt an und vielleicht wird es dann in Zukunft auch noch mehr werden, dass wir da dann eben verschiedene Sachen anschauen können und verschiedene Projekte und dann auch natürlich hier darüber berichten können.

Carsten Genau. Und also da wird sich vieles tun. Und das ist auch tatsächlich so ein Punkt, wo ich sage, 2023 wird nochmal richtig eine Veränderung für uns geben.

Stefanie Tatsächlich nicht nur darauf bezogen. Ich persönlich habe einige Entscheidungen getroffen, die ich jetzt hier noch nicht so öffentlich kundtun möchte, die sich aber auch darauf auswirken, wie es bei mir so weitergeht. Ich muss dann nochmal überlegen, wie weit ich das öffentlich mache und wie weit nicht. Und natürlich weißt Du, dass ich einiges losgelassen habe. Wie das Experimentarium zum Beispiel und die Onlinekurse, dass mein Fokus jetzt tatsächlich mehr so auf das Regionale geht. Die Steady-Unterstützer·innen bekommen ja dann quartalsweise noch den Bericht. Das heißt, wenn du mich und meine Arbeit - das ist immer so meine Arbeit und mich müsste ich eigentlich sagen, voll unhöflich, aber ich sag jetzt einfach mich, wenn du mich und meine Arbeit und Carsten und so - hier finanziell über Steady unterstützt, dann bekommst du quartalsweise einen Rückblick auf das vergangene Quartal. Das wird dann im Januar auf jeden Fall erfolgen. Kannst du dich schon darauf freuen und du hast, wenn du später Mitglied wirst, auch Zugriff auf die vergangenen Berichte. Also wenn dich sowas interessiert, was da so passiert und passieren wird - es ist immer ein Rückblick und ein Ausblick - dann wirst du da auf jeden Fall nochmal detaillierter hören, was ich so vorhabe. Und ich möchte das nicht so ganz öffentlich machen, sondern wirklich eher so in diesem intimeren Kreis, so exklusiven Kreis von denjenigen, die halt enger mit mir verbunden sind, dadurch, dass sie meine Arbeit finanziell wertschätzen, möchte ich das lieber da teilen. Und das heißt also, wenn du mich bei Steady unterstützt, kannst du dich darauf schon mal freuen.

Und wie gesagt, wenn du Interesse daran hast, dich denjenigen anzuschließen, die mich schon über Steady unterstützen, freue ich mich natürlich sehr darüber. Es gibt Monatsmitgliedschaften, wo du 3 € im Monat zahlst oder du kannst Jahresmitgliedschaften abschließen, wo du dann einmal im Jahr etwas zahlst. Du kannst es dann nach einem Jahr kündigen. Das ist auch kein Problem. Und die Monatsmitgliedschaften kannst du monatlich kündigen. Es ist nicht so, dass du für immer gebunden bist und zehn Jahre Geld an mich zahlen musst oder so. Das ist es auf keinen Fall. Und schau einfach da mal vorbei. Ich verlinke das natürlich hier auch wieder unter der Folge und in den Shownotes. Wenn du das Gefühl hast, du möchtest mich gern finanziell unterstützen, freue ich mich sehr. Es fehlt noch Geld, damit ich wirklich die laufenden Kosten bezahlen kann für das Hosting von den Podcastfolgen, von der Webseite oder beiden Webseiten und auch generell die Gebühren, die ich so zahlen muss. Sei es über PayPal oder die Kontogebühren und alles, was mensch halt so braucht, um so ein Mini Business führen zu können. Und nur wenn ich die ganzen Gebühren zahlen kann und einen Gewinn erwirtschaftet, ist das auch fürs Finanzamt in Ordnung das ich das hier tue. Und das ist halt eben die Bürokratie auf die ich achten muss und da wäre es echt super, wenn ich mir da keine Gedanken machen müsste. Also wie gesagt, da geht es nicht um Bereicherung, dass ich jetzt sage Bitte kaufe meinen nächsten Porsche, ich habe ja schon einen von deinem Geld gekauft, so in der Art, sondern wirklich tatsächlich nur um die Gebühren. Und deswegen habe ich ja jetzt auch das Experimentarium losgelassen, weil einfach nicht genug Geld da war, um das zu finanzieren und habe wirklich alle Ausgaben so auf ein Minimum runtergeschraubt.

Den Newsletter, den gibt es jetzt über Steady, da muss ich dann auch keine Extragebühren für zahlen. Also das heißt, wenn du einfach unkompliziert auf dem Laufenden bleiben möchtest über all das, was ich so austüftle und was es so in Zukunft vielleicht auch an Verlosungen gibt oder was auch immer wir so für Gedanken haben, dann kannst du dich sehr gerne für den Newsletter bei Steady anmelden. Alle, die das schon gemacht haben, wissen: Ich habe bis jetzt einen Newsletter verschickt. Also es ist nicht so, dass du wöchentlich von mir etwas bekommst, sondern vielleicht einmal im Monat und kann halt auch mal sein, dass du zweimal im Monat was von mir hörst, wenn es halt irgendwelche besonderen Dinge gibt. Aber es ist halt die Tendenz eher zu einmal im Monat. Also keine Sorge, ich weiß, wie blöd das ist, ständig zugespamt zu werden. Es ist wirklich nur um dich auf dem Laufenden zu halten. Ansonsten, wenn du keine Lust hast auf Newsletter und das alles, deine E Mail Adresse nicht hergeben willst usw. und so fort, verstehe ich das alles. Dann kannst du natürlich auch selbstständig bei Steady vorbeischauen und gucken, ob da halt irgendwelche neuen Posts sind. Du hörst ja auch hier in den Podcastfolgen, was neues passiert oder über Mastodon, wo ich auch aktiv bin, kannst du mir da entweder folgen oder wenn du dich da nicht anmelden möchtest, kannst du das Profil auch einfach so aufrufen und gucken, was ich da schreibe. Also es gibt verschiedenste Möglichkeiten, wie du mit mir Kontakt halten kannst und dich herantasten kannst, je nachdem, wie viel du von dir preisgeben möchtest. Und alle Links zu dem, was ich jetzt gerade gesagt habe, den Newsletter, Mastodon etc.. Findest du hier noch mal unter der Folge oder in den Shownotes. Und bevor mir jetzt die Stimme komplett versagt - ich merke schon, wenn es mich so langsam anstrengt - möchte ich mich auf jeden Fall noch mal mich ganz herzlich bedanken. Dafür, dass Du eine treue Hörerin, ein treuer Hörer dieses Podcasts bist.

Carsten Vielen, vielen Dank.

Stefanie Und auch noch mal an alle, die meine Arbeit und mich finanziell unterstützen, sei es über Steady oder über Überweisungen auf das Konto oder über PayPal. Und auch ein herzliches Dankeschön an Menschen, die mein Buch kaufen. Da freue ich mich auch immer darüber, wenn ich das noch weitergeben kann. Also wenn du das Gefühl hast, du brauchst Unterstützung in deinem Alltag als Veganerin und zwar nicht Unterstützung wie Happy Cow das zum Beispiel liefert, wo ist das nächste vegane Restaurant? Sondern was die sozialen Herausforderungen angeht, dann schau dir gerne mein Buch noch mal an, ich freue mich, wenn ich dir das zusenden kann. Da findest du den Link natürlich auch hier unter der Folge oder in den Shownotes. Und ja, also ein Gesamt-Dankeschön an alle. Ja, das war wieder ein interessantes Jahr und wir wünschen dir jetzt auf jeden Fall alles Gute für das nächste Jahr. Einen hoffentlich entspannten Start und so wie du dir das wünscht, wie das nächste Jahr sein soll, dass hoffentlich alle deine Wünsche in Erfüllung gehen und es genau das ja wird, was du dir vorstellst.

Carsten Einen guten Rutsch.

Stefanie Wobei ich mir gerade gedacht habe, wenn du dir etwas negatives vorstellst, ist es blöd.

Carsten Also nur positive Wünsche.

Stefanie Wir wünschen dir alles Gute. Sagen wir mal so.. Also nicht, dass es ein schreckliches Jahr wird. Das muss ich jetzt mal eben als Disclaimer noch dazu sagen.

Carsten Dann ausschließlich wohlwollende Wünsche.

Stefanie Also wir hoffen, dass deine Vorstellung vom nächsten Jahr eine positive ist. Und sollte das so sein, wünschen wir dir, dass sie in Erfüllung geht.

Carsten Das ist schön.

Stefanie Sehr schön. Gut, dann fügen wir jetzt hier imaginäre Geräusche von Feuerwerk ein. Und wir sind keine Feuerwerkfans. Deswegen machen wir jetzt - (lacht) Carsten spitzt schon die Lippen, um vielleicht doch noch mal *pfiiiuu* zu machen oder so…

Carsten Das war ein Böller.

Stefanie Achso... Jedenfalls genau, bevor das jetzt hier ganz ausartet: Alles Gute fürs neue Jahr und wir hören uns dann in 2023.

Carsten Bis nächstes Jahr.

Stefanie Tschüss. Ach nee, warte. Wir haben ganz vergessen.

Carsten In diesem Sinne zu sagen.

Stefanie In Hamburg sagt man Tschüss.

Carsten Bis ins nächste Jahr.

Folge 275 - Rise up - wie verändert man die Welt?

Ein Beitrag

Folge 275 - Rise up - wie verändert man die Welt?

Carsten war im Kino und hat die neue Dokumentation "Rise up - heimgesucht von Alpträumen, auf der Suche nach Träumenden" angesehen. Der Film ist seit dem 27.10.2022 im Kino und wird vor allem durch Initiative verschiedener Kulturvereine gezeigt.

Der Film porträtiert 5 Menschen, die sich, über den ganzen Erdball verstreut, als Einzelpersonen gegen die großen Ungerechtigkeiten unserer Zeit einsetzen und eingesetzt haben.

Triggerwarnung vorab: Solltest Du Dich derzeit emotional nicht stabil fühlen, ist vor allem das Ende des Films nicht für Dich geeignet. Denn der Film zeigt auch die Schattenseiten, die mit den großen Erfolgen einhergehen.

Links zur Folge

Vollständiges Transkript

Stefanie Carsten war im Kino.

Carsten Ja.

Stefanie Und hat sich einen Film angeguckt.

Carsten Mal wieder.

Stefanie Mal wieder.

Carsten Ganz alleine.

Stefanie Ganz alleine, ja, leider kriegen wir das abends noch nicht so wirklich hin, wenn am nächsten Tag Schule ist, dann würde das Kind einfach sehr lange aufbleiben.

Carsten Wird dem Kind vielleicht gefallen, ja.

Stefanie Ja, aber wir sind ja pflichtbewusste Eltern natürlich, also stellt das nicht in Frage und deswegen war Carsten eben alleine im Kino. War es ein großes Kino?

Carsten Ne, das war ein kleines Kino, also auch kein richtiges Kino. Es war eigentlich mehr eine Filmvorführung in einer umgebauten Scheune oder Präsentationsscheune alias Präsentationsraum alias - keine Ahnung - Kulturvereinraum.

Stefanie Aber es war großes Kino.

Carsten Es war großes Kino, der Film war groß. Wenn auch das Publikum klein war.

Stefanie Echt, wie viele waren da?

Carsten Ich weiß nicht, so 20 Leute.

Stefanie Ok und wie viele hätten reingepasst?

Carsten 50.

Stefanie Ok also konntet ihr Abstand halten.

Carsten Wir konnten Abstand halten und von den gefühlten 20 Personen waren ungefähr 18 gefühlt im Kulturverein.

Stefanie Ok.

Carsten Also jetzt keine neutralen Personen, die man eigentlich versucht zu animieren, in ein solches Kino zu gehen, sondern Leute, die das mitorganisiert haben. Das war so ein bisschen schade.

Stefanie Das verstehe ich. Wollen wir erstmal noch kurz sagen, um welchen Film es geht?

Carsten Ja klar, sag doch mal.

Stefanie Ja, ich dachte Du sagst das?

Carsten Ich sag das? Ok: Rise up.

Stefanie Klingt jetzt irgendwie so ein bisschen neutral. Also ich kann mir jetzt da nicht so viel drunter vorstellen, deswegen hab ich grad mal einen Flyer gegriffen und als Untertitel heißt es „Heimgesucht von Alpträumen. Auf der Suche nach Träumenden.“ Also. Wüsste ich jetzt auch ehrlich gesagt nicht, worum es geht, wenn ich mir nicht den Text durchgelesen hätte. Kannst du vielleicht nochmal kurz sagen, worum es geht in dem Film?

Carsten Den Untertitel kann ich jetzt tatsächlich nicht interpretieren, weil ich das so in dem Film nicht wiedersehe. Der muss sehr frei gewählt worden sein. In dem Film selber geht es um Aktivismus und zwar um ein Portrait von 5 Personen, die in sozialen Kämpfen tatsächlich die Welt verändert haben. Im teilweise globalen Kontext, teilweise auch für ihr Land bezogen. Aber in einem sehr großen Stil so und diese 5 Personen wurden porträtiert, wurden befragt nach ihren Kämpfen nach ihren Motiven, nach dem, wie es weitergeht, wie die jetzt gerade, mit dem, ich sag jetzt mal, Stand der Welt zufrieden sind und wie es jetzt weitergehen sollte. Und da geht der Film letztendlich Portrait für Portrait drauf ein und webt quasi diese 5 Geschichten zu einem großen Ganzen zusammen.

Stefanie Und der Film ist ja noch ganz neu, der ist erst dieses Jahr 2022 rausgekommen.

Carsten Genau ist so ein bisschen so Underground Feeling ja. Ich hab den vorher gar nicht so richtig wahrgenommen, das war ganz zufällig, dass ich ein paar Tage vorher hier bei uns im Stadtteil ein Plakat gesehen habe. Über diese Filmvorführung und ich hab mich total angesprochen gefühlt und habe gedacht da gehe ich jetzt hin und der Kinostart war der 27.10.2022 also es wirklich echt noch sehr frisch und wird auch bundesweit ausgestrahlt der Film. Das, wo ich war, war von einem Kulturverein eine organisierte Filmvorführung im kleineren Kreis, die aber öffentlich zugänglich war und eben auch öffentlich beworben wurde.

Stefanie Ja, wir verlinken auch die Webseite, jetzt nicht von dem Kulturverein, sondern zum Film, da kannst du dann gucken, ob der Film auch bei dir in der Nähe gezeigt wird. Aber wie das Beispiel von Carsten zeigt, kannst du eben auch solche Kulturvereine oder Kinos bei dir ansprechen und fragen, ob sie nicht den Film dort wenigstens einmal zeigen können und dann auf diese Art und Weise öffentlich verbreiten.

Wenn du auf der Suche nach Geschenken bist, vielleicht so Last Minute Geschenke für Weihnachten und gerne meine Arbeit und mich und auch hier diesen Podcast mit Carsten zusammen unterstützen möchtest, dann kannst du jetzt auch Steady Mitgliedschaften verschenken. Da gibt es auch einen extra Link. Das wäre auf jeden Fall etwas, worüber ich mich sehr freuen würde. Es fehlt nämlich noch ein bisschen Geld zu dem Betrag, den ich monatlich brauche, um die laufenden Kosten zu decken. Und ich bin sehr, sehr dankbar und froh über die Person, die mich jetzt schon über Steady unterstützen. Und deshalb geht jetzt hier nochmal ein herzliches Dankeschön an Martin, Andrea, Birgit, Julia, Lena und Johannes. Ganz vielen Dank!

Carsten Vielen Dank!

Stefanie Ganz besonders toll ist auch, dass alle sechs eine Jahresmitgliedschaft gewählt haben. Dass ist aus zwei Dingen besonders toll und vorteilhafter als die Monatsmitgliedschaft. Zum einen, weil die Gebühren für das Abbuchen des monatlichen Beitrags nur einmal anfallen, denn dieser Jahresbeitrag wird bei dir einmal abgebucht. Ich bekomme ihn dann monatlich ausgezahlt, also quasi in zwölf Monatsraten. Und zum anderen kann ich jetzt auf jeden Fall für ein Jahr mit diesem Betrag planen. Also ist es super. Aber wenn du sagst ja, ich möchte aber erst mal nur monatlich unterstützen, ist das natürlich auch völlig in Ordnung. Nur mit dem Jahresbeitrag kann ich halt einfach besser planen und es bleibt mehr Geld bei mir. Ich freue mich in jedem Fall sehr, wenn du dich Martin, Andrea, Birgit, Julia, Lena und Johannes anschließt und meine Arbeit und mich auch über Steady unterstützt.

Und da wir ja gerade so bei Weihnachten und Weihnachtsgeschenken sind: es gibt ja auch immer noch mein Buch „Gelassen vegan leben - Dein Reisebuch für das Leben in einer nicht veganen Welt“. Wenn du das Gefühl hast, du brauchst Unterstützung bei den sozialen Herausforderungen im Alltag als Veganer·in, dann ist dieses Buch möglicherweise genau das Richtige für dich. Ich habe es so konzipiert, dass es etwas ist, was Du so im Taschenbuchformat immer mit dir rumtragen kannst. Es ist auch definitiv vegan gedruckt, auf Graspapier mit veganen Farben und veganen Leim gebunden. Vielleicht ist es ja auch was für dich persönlich, dass du dir das schenken lässt. Das wäre ja auch eine Idee, oder Du möchtest es gerne verschenken oder du schenkst es dir selbst. Also es gibt viele Möglichkeiten dieses Buch zu verschenken. Genau. Also das waren jetzt noch so die organisatorischen Informationen, die ich jetzt noch mal mit dir teilen wollte.

So, und jetzt starten wir mal mit der Filmrezension zu Rise Up. Ich hatte da, als Carsten mir davon erzählt hat, dann erst mal im Internet gesucht, was es damit auf sich hat. Und es gibt auch andere Filme, die so heißen. Aber dieser Film, Carsten hatte es ja schon gesagt, der ist jetzt ganz neu von 2022 und ich lese jetzt mal hier den Text vor, der auf dem Flyer steht, den Carsten mitgebracht hat: „Wie verändert man die Welt? Diese Frage stellt man am besten denen, die es bereits getan haben. Ob feministischer Kampf in Südamerika, der Kampf um Gerechtigkeit in der Bundesrepublik oder die ökonomische Emanzipation der afroamerikanischen US Bürger. Fünf Menschen, die an überwältigenden gesellschaftlichen Umbrüchen beteiligt waren, erkämpfen sich Antworten. Sie zeigen, wie sich jede·r Einzelne konkret gegen die großen Ungerechtigkeiten unserer Zeit einsetzen kann. Ihre Beispiele bieten aber vor allem eins: Hoffnung. Hoffnung, dass politischer Einsatz kein Kampf gegen Windmühlen ist. Sondern dass man globalen Krisen, sozialer Ungerechtigkeit und autoritären Despoten entgegentreten und gewinnen kann. Rise Up erzählt mit großer Energie von der Heldenhaftigkeit, die in jedem von uns stecken kann, vom einzelnen Aufbegehren zur großen Revolte, von einer einzelnen Idee zu einem historischen Fortschritt. Jeder Wandel beginnt mit dem ersten Schritt und vor allem mit Menschen, die ihn gehen.“

Soweit jetzt erst mal der Text auf dem Flyer. Und als ich das gelesen hatte, habe ich gedacht, das ist ja für mich jetzt erst mal nichts Neues. Es ist eigentlich genau das, was ich auch schon so seit Jahren immer wieder erzähle. Es waren schon immer Einzelpersonen und kleine Gruppen, die etwas bewirkt haben. Und ich überlege eben, ich habe ja jetzt den Film nicht gesehen., ist es denn tatsächlich so, dass du nach dem Film rausgegangen bist und Hoffnung hattest?

Carsten Nein, bei mir hat es genau, ich will nicht sagen das Gegenteil ausgelöst, aber ich bin mit sehr ambivalenten Gefühlen aus diesem Film gegangen. Zum einen muss ich vorab nochmal erwähnen, eine Motivation, weswegen ich ja gerade in diese Vorstellung des Films gegangen bin, lag ja darin, dass ich hier direkt im Stadtteil auch Personen kennenlernen wollte, die sich ähnlich mit diesem Thema identifizieren wie ich. Ich wollte eigentlich Gleichgesinnte kennenlernen oder zumindest einfach mal das Gefühl haben: okay, wie viele von uns gibt es denn eigentlich bei uns hier in der Gegend? Bin ich jetzt ganz alleine? Und da bin ich tatsächlich enttäuscht, weil, wie ich vorhin schon sagte, es gibt ja einen Trägerverein, einen Kulturverein, der sehr viel in dieser Location veranstaltet. Es ist ein sehr breites Spektrum und gefühlt waren dort vornehmlich Personen aus diesem Vereinskreis. Ich glaube, da waren so zwei oder drei andere Personen, die ich jetzt so noch nicht zuordnen konnte, wo ich jetzt vielleicht sagen könnte, das sind Personen, wie auch ich persönlich, die jetzt irgendwo den Flyer draußen gesehen haben oder ein Plakat und gedacht haben, ich geh da hin und guck mir das an. Aber ansonsten waren es eigentlich so die üblichen Verdächtigen, die sowieso bei solchen Veranstaltungen da sind, weil sie sie eben veranstalten. Das war etwas, wo ich schon enttäuscht war.

Stefanie Aber weißt du, vielleicht sind das deine Gleichgesinnten.

Carsten Vielleicht sind das meine Gleichgesinnten. Vielleicht muss ich Teil des Vereins werden. Genau. Ich hatte nur gedacht: Boah, das ist so ein richtig guter Film. So von der Art und Weise, wie ich ihn so in der Werbung, will ich gerade schon sagen, so auf dem Flyer wahrgenommen habe. Und ja, da war natürlich so ein Sog. Ich hatte an dem Abend eigentlich einen anderen Termin. Den habe ich dann aber erst einmal fallen lassen, weil ich gesagt habe: Nee, dieser Film, der ist mir wichtiger, der ist auch gerade für mich thematisch im Leben viel präsenter, weil ich mich auch inhaltlich jetzt immer stärker mit dem Thema Aktivismus auseinandersetze. Und dementsprechend passte der auch wirklich genau. Also vom Zeitlichen her, vom Inhaltlichen her. Und da musste ich einfach hin. Und da ist natürlich dann klar, dass ich dann so ein bisschen brenne. Ich will jetzt da mitmischen und dann stelle ich fest, okay. Also so viele gab es da jetzt nicht, die mit mir mitgemischt haben. Aber das war gar nicht so der der ausschlaggebende Punkt. Der hat damit reingespielt, weswegen ich mich nachher ambivalent gefühlt habe.

Der andere Grund war, dass der Film, wie du grad schon im Flyer vorgelesen hast, tatsächlich Hoffnung bietet. Es werden große Geschichten erzählt, da geht es darum, wie das Apartheidsregime in Südafrika gestürzt wurde. Eine von den Personen war ganz vorne mit in dieser Bewegung und hat auch dafür gesorgt, dass eben dieses Apartheidsregime gestürzt wurde, dass Nelson Mandela aus dem Gefängnis freigekommen ist. Also so richtig große Geschichte wurde dort geschrieben. Eine andere Person, das ist das, was du gerade schon vorgelesen hat, dass das auch hier in der Bundesrepublik passiert ist. Das war eine von den Personen, die damals dabei war, als die DDR sich aufgelöst hat, in diesen sozialen Bewegungen aktiv war und maßgeblich auch daran mitgewirkt hat, dass es dort überhaupt zu einem gesellschaftlichen Aufstand gekommen ist, der letztendlich dazu geführt hat, dass sich der Staat auflöst. Und das sind natürlich dann schon ganz große Würfe. Das ist nicht einfach mal irgendwo auf einer Demo gewesen und sich dann da irgendwie mit präsentiert und da was organisiert, sondern das sind gesellschaftliche Umbrüche, die auch wirklich in die Geschichte eingehen. Und das ist natürlich super motivierent, wenn man merkt, okay, da sind Personen, die genau ihre Lebensgeschichte, ihre Erfahrungen, ihre Hoffnung und auch ihre Erfolge dann da präsentieren. Das zieht mit.

Schwierig ist bei mir gewesen, als ich dann aus diesem Film rausgegangen und gedacht habe: Wow! Also du musst echt groß kämpfen. Also das, was nachher offen blieb, ist ja tatsächlich die Systemfrage. Der Film ist umklammert worden durch eine Stimme im Off, die das kapitalistische System grundlegend infrage gestellt hat. Die Person selber ist da jetzt gar nicht wirklich als Person vorgestellt worden, sondern es war quasi die narrative und verbale Klammer um dieses ganze Geschehen. Und da ging es letztendlich auch um diese Frage: Wann habe ich eigentlich aufgehört ‚Nein‘ zu sagen, ‚Nein zum Kapitalismus‘? Wann habe ich angefangen, ‚Ja‘ zu sagen zu diesem mich - frei übersetzt - Einlullen, diesem nicht mehr auf Widerstand gehen, dieses Akzeptieren des Status Quo und nicht mehr dagegen ankämpfen? Die Filmvorführung war am Donnerstag und ich musste da am Freitag nochmal einen Tag zur Arbeit und ich wusste, ich gehe gleich aus diesem Film raus und morgen beginnt genau dieses Szenario für mich wieder, wo ich eigentlich innerlich sage: Boah, das will ich jetzt gerade überwinden. Ich will da irgendwie gegen angehen, dass ich meine qualitativste Lebenszeit nicht dafür einbringe, andere Menschen noch reicher zu machen.

Das wurde hier in dieser Dokumentation auch sehr stark nach vorne getragen. Dass der Reichtum von wenigen Superreichen, die dort immer mal wieder porträtiert wurden, dass dieser Reichtum einfach nur machbar ist dadurch, dass Menschen wie wir unsere Zeit investieren, unsere Lebenszeit investieren. Also deren Reichtum ist unsere Lebenszeit. Und dann gehe ich natürlich Donnerstagabend aus diesem Film raus und weiß: Hey, morgen investiere ich meine Zeit, damit mein Chef reicher wird. Also so wirklich schwarz-weiß gedacht und das war etwas, wo ich gedacht habe: Nee, also so richtig mit Hoffnung und Power und Yeah und jetzt machen wir das, bin ich da jetzt nicht rausgegangen, sondern wirklich so ambivalent: Ja klar, du musst kämpfen, du musst irgendwas machen, du musst dich da irgendwie gegen auflehnen. Aber ja, morgen muss ich erst mal zur Arbeit.

Stefanie Ja, das ist auch irgendwie das Problem. Auch generell. Bei dem Film Tomorrow gab es ja diese Extras noch auf der DVD, die ich öfter mal angeguckt habe. Und da ist auch eine Person, die sagt ja, er hat da länger drüber nachgedacht. Und dann war der sinnvollste Schritt tatsächlich den Job zu kündigen, um aus diesem System rauszukommen. Aber das ist halt nicht einfach so möglich. Also uns ist das jetzt nicht möglich, dass du deinen Job kündigst bzw. aus dem System aussteigst, um dann eben dich Vollzeit dem Aktivismus zu widmen, weil wir einfach unseren Lebensunterhalt bestreiten müssen. Und das ist ja das Problem irgendwie. Also dass viele - vielleicht auch du, liebe Hörerin, lieber Hörer, da in diesem System feststecken.

Carsten Ja, und da glaube ich, ist es auch die Schwierigkeit von diesem Film. Er kann mitreißen, er hat wirklich große Bilder, hat große Geschichten, das ist sehr packend und ich habe so ein paar Situationen gehabt, wo mir auch die Tränen gekommen sind, weil ich einfach mitbekommen habe, was für krasse Erlebnisse die Personen hatten. Einige Personen haben auch über die Schattenseiten ihres Aktivismus berichtet, weil auch sie natürlich drunter gelitten haben, unter Repression, unter Bestrafung, teilweise auch unter Polizeigewalt, die dort geschildert wurde. Das ist natürlich etwas, was sehr bewegend ist. Das sind sehr große Momente, sehr große Bilder, die da drin sind. Und gleichzeitig ist es aber auch etwas, was eher so für Personen geeignet ist, die dem Aktivismus schon nahestehen. Also ich bezeichne mich jetzt als eine Person, die dem Aktivismus nahesteht. Ich würde mich nicht als eine aktivistische Person bezeichnen, höchstens im übergeordneten Kontext, jetzt im Rahmen dieses Podcasts. Aber ich bin halt nicht derjenige, der jetzt irgendwelche Demonstrationen organisiert oder wirklich vorne mitarbeitet und einen Großteil seiner Lebensenergie in den Aktivismus investiert, wie es eben diese Protagonist·innen in der Dokumentation machen. Und andererseits sind es aber auch wahrscheinlich Personen, die tatsächlich sehr stark ein aktivistisches Leben leben, die von diesem Film angesprochen werden.

Und da stelle ich mir natürlich die Frage: Was ist eigentlich das Publikum, was dieser Film adressieren möchte? Sind es Personen, die ich eigentlich gar nicht mehr überzeugen muss, die ich vielleicht nochmal hiermit motivieren muss, um zu zeigen: Hey, das was du machst, ist hochgradig sinnvoll, wir unterstützen dich auch nochmal mit Geschichten, um zu zeigen, du kannst wirklich etwas Großes bewegen. Oder ist es eher so adressiert an Personen, die vielleicht von dieser ganzen Thematik noch nichts mitbekommen haben, die man einfach wachrütteln möchte und zu sagen: Hey, du musst jetzt langsam mal raus aus diesem „Ja sagen“ kommen, du musst mal anfangen „nein“ zu sagen zu diesen Systemverhältnissen, musst tatsächlich mal hinter die Kulissen gucken, vielleicht auch mal die rote Pille schlucken und auch konkret Machtverhältnisse hinterfragen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob genau diese Intention diesem Film zugrunde legt, Personen anzusprechen, die vielleicht noch gar nicht im Thema drin sind. Und deswegen fällt es mir wirklich schwer da voller Hoffnung aus diesem Film rauszugehen und mich total motiviert zu fühlen. Weil ich einfach nicht weiß, spricht er die richtige Zielgruppe an? Das wäre für mich eher so die breite Masse, um wirklich zu mobilisieren. Und wie gesagt, mein Freitag kam dazwischen, mein Tag der Arbeit.

Stefanie Das heißt, du kannst gar nicht genau sagen, für wen der Film jetzt geeignet ist.

Carsten Nein. Also natürlich fühlte ich mich angesprochen. Ich könnte jetzt sagen Menschen wie mich. Aber mir wird es jetzt auch schwer fallen zu sagen: Wer bin ich jetzt eigentlich?

Stefanie Ja, gibt es überhaupt noch jemanden wie dich?

Carsten Ja, wie gesagt, ich war ja alleine da. Es war eine Privatvorführung.

Stefanie Quasi mit 19 anderen.

Carsten Mit 19 anderen...

Stefanie Auch privat. Ja, ja, exklusiv. Als du mir von dem Film erzählt hast - bevor du den gesehen hast, wir haben danach jetzt noch nicht darüber gesprochen extra, damit wir jetzt hier die Podcastfolge gemeinsam aufnehmen und alles noch frisch ist - da hatte ich mich ja informiert, was das jetzt genau für ein Film ist und ich dachte, dass er vielleicht tatsächlich hilfreich sein könnte, wenn ich als Aktivist·in schon länger dabei bin und wieder Motivation brauche. Also genau das, was du vorhin angesprochen hast, dass es vielleicht so einen Motivationsschub geben kann, denn Aktivismus ist ja eher ein Marathon, also ein Dauerlauf als ein Sprint. Und da ist es sehr hilfreich, tatsächlich immer mal wieder motiviert zu werden. Hast du denn das Gefühl, dafür ist er auf jeden Fall geeignet?

Carsten Er ist dafür geeignet, wenn du vorzeitig aus diesem Film dann raus gehst und ihn nicht bis zu Ende siehst.

Stefanie Okay.

Carsten Ja, weil der Film, der ist vollumfänglich. Also er zeigt ja auch die Schattenseiten, was ich gerade schon mal angedeutet habe. Also ja, er ist motivierend in der Hinsicht, dass wirklich diese ganz großen Revolutionen präsentiert werden. Umbruch in der DDR, dass der Staat sich dann aufgelöst hat, wie die einzelnen Personen dahinterstanden, wie die Prozesse dort abliefen. Alles natürlich subjektiv aus persönlicher Erfahrung geschildert. Das gleiche mit dem Apartheidsregime in Südafrika. Dann noch eine Person, die in Kurdistan revolutionäres Potenzial entfaltet und dort autonome Strukturen aufgebaut hat. Eine Person in Amerika, die sich stark für die Emanzipation von schwarzen Menschen einsetzt und da sehr starke Kämpfe schon durchgefochten hat. Eine fünfte Person kommt aus Chile, die dort auch am Umbruch der Gesellschaft mitgearbeitet hat, wo es dann auch einen revolutionären Moment gab. Und das Ganze, das motiviert natürlich, wenn man merkt, okay, da sind Prozesse, die sind auch sehr kraftzehrend, die sind auch überhaupt nicht vorhersehbar.

Und das ist auch eine Erkenntnis dieses Films, dass solche Prozesse, die nachher auch durchaus zu revolutionären Punkten führen, gar nicht planbar sind. Die haben eine Eigendynamik, die sich im Nachgang vielleicht erklärt, aber wenn du mitten in dieser Aktivität, im Aktivismus, im Prozess bist, weißt du wirklich nicht, wann ist es vorbei? Und da dann aber durchzuhalten und zu gucken, wie sind andere Menschen damit umgegangen, wie haben die durchgehalten? Das ist natürlich hochgradig motivierend, gerade wenn du merkst, okay, deren Kampf war erfolgreich oder teilweise erfolgreich, also teilweise erfolgreich deswegen, weil am Beispiel der Person, die jetzt hier in der Bundesrepublik damals beim Umsturz der Deutschen Demokratischen Republik aktivistisch mitgearbeitet hat, diese auch deutlich sagte: Das war eigentlich gar nicht das, was sie erreichen wollte. Sie ist mit dem Zustand, wie es heute ist, eigentlich noch unzufriedener als damals in der DDR, meinte dann aber auch so relativ humorvoll: Das liegt aber auch daran, dass sie es geschafft haben die DDR abzuschaffen, den Kapitalismus aber noch nicht. Also es gibt noch einen weiteren Kampf, der gefochten wird, aber die haben sich tatsächlich was anderes vorgestellt. Aber sie haben es zumindest geschafft, das damalige Regime zu überwinden und abzuschaffen.

Und deutlich wird aber auch: Das sind alles Personen gewesen, die ihr Leben dafür einsetzen. Das sind also nicht Freizeitaktivist·innen, die dann tagsüber den Kapitalismus retten, um dann in ihrer Freizeit, dann die Welt, das Klima, keine Ahnung was zu retten, sondern das sind Menschen, die auch vom Persönlichen her so viel Herzblut mit rein setzen, dass sie sämtliche Konsequenzen, die damit einhergehen in Kauf nehmen. Und Konsequenzen sind - das wurde in diesem Film auch deutlich, das sind diese Schattenseiten - durchaus Gewalt, die ausgelöst wird. Staatliche Gewalt, Polizeigewalt, Militär, Gewalt, wo Menschen ihr Leben lassen für diese Sache. Und das ist verstörend für einige Personen, die hier porträtiert wurden, für diesen Film auch motivierend, weil sie enge Angehörige verloren haben, persönliche Angehörige, also Verwandtenkreis, teilweise auch aus ihrem aktivistischen Umfeld, was dann nochmal beflügelt hat. Das hat dann so eine „Erst recht Stimmung, wenn das jetzt schon so weit kommt, habe ich gar nichts mehr zu verlieren. Jetzt gehe ich erst recht rein.“ ausgelöst.

Das ist natürlich dann, ich sag jetzt mal auch vom Lebensentwurf ganz was anderes als das wo ich jetzt gerade bin. Und auch diese Konsequenz. Es ist wichtig zu wissen, dass derartige Umbrüche nicht getan werden, indem ich z.B. Onlinepetition unterschreibe, jeden zweiten Samstag mit auf die Straße, auf eine Demo gehe, sondern da muss mehr kommen, denke ich. Ich muss da viel mehr Energie rein setzen, ohne zu wissen, zahlt sich diese Energie aus. Und ohne zu wissen, was kann mir passieren, wenn ich diesen Weg gehe? Und eine von diesen Schattenseiten war zum Beispiel von diesem Aktivisten, der für die schwarze Community in Amerika eintritt. Der sagte also aus seiner Lebenserfahrung, er wurde bei mindestens sechs Jobs gefeuert, weil er bei diesen sechs Jobs versucht hat, gewerkschaftliche Strukturen in diesen Unternehmen aufzubauen. Da ist es natürlich, wenn du ein sicheres Anstellungsverhältnis suchst, eine sichere Einkommensquelle, ist das natürlich ein Lebensweg, der nicht zu dem passt, was du eigentlich möchtest. Und gleichzeitig hat er aber auch eine krasse Erfahrung geschildert, dass er im Rahmen seines Aktivismus von der Polizei festgenommen wurde. Ich glaube bei Verkehrskontrollen, wenn ich das richtig verstanden habe, wurde zusammengeschlagen, ins Polizeiauto geworfen, gefesselt, konnte sich also da nicht befreien. Und das war in Los Angeles zu den Zeiten, wo die großen Banden- und Drogenkriege stattfanden. Und die Polizei hat ihn in ein anderes Stadtviertel verbracht und dort auf der Straße einfach rausgeworfen. Und er meinte, das haben die gemacht, die haben mich dort also ganz bewusst, die wollten mich sterben lassen. Weil dieses andere Stadtviertel lag in der Herrschaft einer anderen Bande, die verfeindet war mit dem Viertel, aus dem er stammt. Und das war zu der Zeit, wo er das durch gelebt hat, eigentlich ein glattes Todesurteil. Sich dort ungeschützt in feindlichen Gebieten aufzuhalten.

Und das sind so ganz krasse Nebenerscheinungen von diesem Aktivismus, auf die man sich einstellen muss, dass du auf einmal mit Situationen konfrontiert wirst, die im schlimmsten Fall dein Leben kosten können. Und das ist natürlich etwas. Da gehe ich natürlich nach diesem Film nicht nach Hause, sage Yeah, jetzt erst recht. Muss ich meinem Kind noch gute Nacht sagen, aber morgen gehe ich auf die Straße und versuche hier gegen die bestehenden Machtverhältnisse anzugehen und riskiere alles, um diesen Zustand hier zu ändern. Also so ist es natürlich nicht.

Stefanie Ja, das ist ja eben auch das Problem der „Letzten Generation“, dass wenn du da mitmachst, du eben damit rechnen muss, dass du festgenommen wirst, dass du angeklagt wirst. Und auch bei vielen anderen Aktionsformen kann es auch zu Gewalt kommen. Und es ist immer die Frage: Bist du bereit dazu? Wir können ja jetzt nur hypothetisch sagen, ob wir bereit dazu wären. Also wenn wir jetzt alleine wären zum Beispiel. Weiß ich nicht. Ich kann nur sagen, jetzt in dieser Konstellation tragen wir Verantwortung. Und da bin ich eben nicht bereit dazu, mich verhaften zu lassen.

Carsten Und da muss es tatsächlich auch andere Formen geben, um sich aktivistisch zu beteiligen, ohne jetzt komplett sein bisheriges Leben so stark zu riskieren, dass damit dann ja auch quasi im schlimmsten Fall die Lebensgrundlage oder irgendwie das menschliche Leben dann gefährdet ist. Das fehlte so, diese Perspektive fehlt in dem Film.

Stefanie Ja, aber das gibt es ja auch. Also es gibt ja verschiedenste Formen des Aktivismus und das sind ja diejenigen, die da ihr Leben riskieren und auch generell auf die Straße gehen, nach vorne, also vorne stehen. Die brauchen ja auch immer noch Menschen, die hinter ihnen stehen und die das alles organisieren und vielleicht auch eben Menschen, die sich um sie kümmern im Sinne von sie aus dem Gefängnis wieder rausholen usw. und so fort. Also braucht es ja die verschiedensten Professionen dafür und die verschiedensten Arten, wie du damit umgehen kannst.

Ich habe jetzt gerade, während du davon erzählt hast, überlegt, dass es vielleicht sinnvoll ist, diesen Film in deiner Gruppe sozusagen zu gucken, in der du aktiv bist. Also wenn du schon aktiv bist, sei es für Tierrechte oder für Klimaschutz, also gegen den Klimawandel, Klimaaktivismus, wie auch immer, also für ein gutes Leben für alle Lebewesen auf diesem Planeten, sagen wir jetzt mal so, da gehört ja eigentlich alles so mit dazu und auch eben überlegst: ich will noch aktiver sein oder wie kann ich noch aktiver sein und generell dich schon einer Gruppe angeschlossen hast, dass du diesen Film gemeinsam mit dieser Gruppe schaust, so dass ihr dann danach darüber diskutieren könnt und euch gegenseitig auffangt. Ich könnte mir vorstellen, dass das ein gutes Konzept ist für diesen Film, weil dann das, was Carsten jetzt macht, dass er sich so alleine gefühlt hat, erstmal wegfällt und zum anderen ihr dann eben auch diskutieren könnt: Okay, passt das jetzt? Können wir soweit gehen? Fühle ich mich bereit und können wir vielleicht so eine Struktur aufbauen, dass einige vielleicht so weit gehen, die anderen aber auf jeden Fall immer als Hilfe bereitstehen?

Carsten Ja, das wäre auf alle Fälle ein guter Anlass, diesen Film zu sehen bzw. auch so zu integrieren, auch hinsichtlich dessen, was natürlich dann beim Aktivismus als spätere Stufe passieren kann. Ich glaube, das ist schon in diesem Film sehr gut dargestellt, dass du ab einer gewissen Stufe deines Aktivismus mit Machtstrukturen in den Konflikt kommst. Du hast vorhin die „letzte Generation“ angesprochen. Jetzt, wo wir diese Folge aufnehmen, das ist ja genau das auch gerade in Bayern in München, die jetzt von der Gesetzgebung genau diese Art des Aktivismus her verbieten. Das ist für mich ein Zeichen, dass die „letzte Generation“ genau an dieser Eskalationsstufe angekommen ist, wo sie sich mit herrschenden Strukturen anlegt. Und die herrschenden Strukturen versuchen jetzt auf Teufel komm raus den Status quo zu verteidigen.

Ich persönlich bin der Meinung, dass es eine Situation ist, wo ein „jetzt erst recht“ erfolgen muss. Jetzt muss auch mehr als nur der Personenkreis aktiviert werden, der bisher sich ganz bewusst gegen Recht und Ordnung gestellt hat, gegen das Empfinden der Zivilgesellschaft und sich angeklebt hat und ja auch alles in Kauf genommen hat, was dann als negative Konsequenz auch persönlich zu ertragen ist. Ja, da müssen jetzt viel mehr Leute aktiviert werden und zu sagen Hey, neuralgische Schwelle, nee, das nehmen wir so nicht hin. Ja, wir wollen diesen Kampf jetzt auf etwas breiterer Ebene auch aktivistische, auch aktiver, auch vielleicht radikaler noch mal weiterführen.

Aber genau das wird aus meiner Sicht hier in diesem Film „Rise Up“ auch erkenntlich, dass du genau da münden wirst, dich mit bestehenden Strukturen auseinanderzusetzen. Und hier in diesem Film war es tatsächlich so, dass das mit Konfrontation gegen Polizei und gegen Militär dann einher ging, weil das die Instrumente des Staates sind. Die versuchen natürlich, ich sag jetzt mal, den Status Quo aufrecht zu erhalten. Ich muss da jetzt irgendwie versuchen, nicht zu sehr in diesen militanten Sprachgebrauch reinzurutschen. Aber ich glaube, es ist verständlich, in welche Richtung das geht.

Stefanie Ja, ein schwieriges Thema. Ich hatte zu Beginn gedacht, ob das vielleicht so motivierend sein kann wie „Tomorrow“. Da war ich ja auch allein im Kino und als ich aus dem Kino gekommen bin, war ich total motiviert. Und ich dachte, ob du genauso wiederkommst?

Carsten Nee, das hatte ich ja eigentlich gehofft, dass ich da sp wiederkomme. Das war so tatsächlich ein bisschen auch meine Intention, den Film zu sehen. Leider war es jetzt nicht der Fall. Nichtsdestotrotz halte ich es für ein sehr wichtiges Thema und auch einen sehr wichtigen Film. Also wie gesagt, Personen, die jetzt dem Aktivismus nahestehen oder mitten im Aktivismus sind und einfach nochmal Inspiration brauchen. Auch wie gesagt, große Bilder. Also das liefert dieser Film, große Bilder. Aber er hört ja nicht nur bei der Motivation auf, sondern zeigt eben auch Konsequenzen auf. Das ist eben das Schwierige.

Stefanie Also auf jeden Fall auch eine Triggerwarnung. Wenn du dich da gerade nicht emotional stabil fühlst, solltest du den Film nicht gucken.

Carsten Ja, ja, ja, definitiv. Wie gesagt, ich habe da so zwei, drei Situationen gehabt, wo mir die Tränen gekommen sind, weil ich einfach schwer ertragen konnte, was da gerade geschildert wird. Sind zwar nur verbale Schilderungen, aber es sind so aus persönlichen, sehr traumatisierenden Situationen heraus nochmal Revue passieren der Erlebnisse. Das ist schon harter Tobak und das ist definitiv nichts, was einen motiviert zu sagen: Hey, ich geh jetzt morgen dahin und versuch die Welt zu ändern.

Stefanie Okay, also keine klare Empfehlung, würde ich sagen.

Carsten Nee, unter Vorbehalt.

Stefanie Kommt drauf an.. Also ein Jein. Solltest du den Film sehen? Jein. Und gut. Du hast jetzt gehört, du kannst jetzt deine eigene Meinung dazu bilden. Schau dir die Internetseite vielleicht auch an, da gibt es auch einen Trailer, da kannst du da mal reinschauen. Und wie gesagt, unter Vorbehalt auch mit der Triggerwarnung, wenn du dich emotional nicht stabil fühlst und du hast ja jetzt gerade schon gehört, was Carsten so geschildert hat. Wenn das Dinge sind, die dich triggern, dann schau dir den Film lieber nicht an, den Trailer kannst du angucken?

Carsten Ja, der ist okay.

Stefanie Und schau den Film am besten nicht alleine, sondern in Gemeinschaft mit Menschen, die ähnlich denken wie du. Dann kannst du dich direkt austauschen und kannst dir überlegen, ob du oder wie du auch in diese Richtung Aktivismus gehen kannst. Genau. Gut, dann würde ich sagen war's das jetzt mit dieser Folge? Alle Links findest du wie immer hier unter der Folge.

Carsten Ja, dann komm ich jetzt: In diesem Sinne.

Stefanie In Hamburg sagt man Tschüss.

Carsten Und frohe Weihnachtszeit.

Folge 274 - 'Weltuntergang fällt aus' von Jan Hegenberg

Ein Beitrag

Folge 274 - 'Weltuntergang fällt aus' von Jan Hegenberg

Diese Folge widmen wir dem neuen Buch von Jan Hegenberg, vielen sicherlicherlich auch unter dem Namen "Der Graslutscher" bekannt: "Weltuntergang fällt aus."

Jan Hegenberg geht in seinem Buch der Frage nach, ob und wie wir die zum meistern der Klimakrise notwendige Energiewende hinbekommen. Der Umschwung von fossilen Energieträgern hin zur ausschließlichen Verwendung erneuerbarer Energien wird in der Öffentlichkeit sehr kontrovers diskutiert und weckt so manchen Zweifel an den Erneuerbaren. Dem begegnet dieses Buch, bietet Antworten auf offene Fragen, zeigt greifbare und heute bereits vorhandene Wege aus der Energiekrise und räumt Zeifel aus dem Weg.

Wir sprechen darüber, was Carsten an diesem Buch gut gefallen hat, bei welchen Aspekten er "nicht mitgeht" und ob der Veganismus, für den der Graslutscher seit Jahren einsteht, auch in diesem Buch eine Rolle spielt.

Links zur Folge

Buch "Weltuntergang fällt aus" von Jan Hegenberg
https://graslutscher.de/weltuntergang-faellt-aus/

Die Adventsaktion findest Du hier:
https://steadyhq.com/de/stefanie-rueckert/posts/60628ef9-1154-4f52-ba1b-6fa02a6da7c5

Von Herzen Vegan Podcast: Folge 60 - Souverän debattieren mit dem Graslutscher
https://von-herzen-vegan.de/folgen/folge-060-souveraen-debattieren-mit-dem-graslutscher

Wall of Thanks
https://von-herzen-vegan.de/wall-of-thanks

Vollständiges Transkript

Stefanie Wir haben uns zu dieser Folge entschieden, weil ich gerade dabei bin, die verbleibenden Bücher aus der Wanderbibliothek des Experimentariums Tag für Tag an den Wochentagen, also von montags bis freitags innerhalb des Dezembers, zu verschenken. Und wir haben ja noch ein Buch liegen, das hatten wir schon mal rezensiert, Dann haben wir die Rezension wieder gelöscht. Also wir hatten sie gar nicht veröffentlicht, weil Carsten gesagt hat, „neue Informationen, die ich auch noch einfügen möchte, ich möchte es noch mal neu aufnehmen.“ Deswegen jetzt der nächste Versuch, dieses Buch zu rezensieren.

Tatsächlich haben wir dieses Buch von Jan Hegenberg, auch bekannt als der Graslutscher, bekommen, weil wir ihn schon länger über Steady unterstützen. Finanziell mit einem kleinen Betrag im Monat. Und er hatte dieses Buch geschrieben und gesagt, alle, die über einen gewissen Zeitraum für einen gewissen Betrag ihn unterstützen, bekommen das einfach kostenlos zugeschickt. Du kannst es natürlich auch kostenpflichtig kaufen, das ist auch kein Problem. Nur das hier ist jetzt unser Geschenk Exemplar sag ich jetzt mal, dass wir jetzt wieder weiter verschenken. Das Buch ist noch relativ frisch, das ist im August 2022 herausgekommen und bisher hat tatsächlich nur Carsten es gelesen. Ich hatte hinten mal so ein bisschen gelesen, weil Jan da eine Zukunftsvision beschreibt und mich diese Zukunftsvisionen immer interessieren. Das heißt, auch dieses Buch enthält eine Zukunftsvision, genauer gesagt einen Tag im Jahr 2040.

Noch mal kurz was zur Person Jan Hegenberg oder der Graslutscher. Wenn du ihn noch nicht kennst, solltest du auf jeden Fall mal auf seiner Seite vorbeischauen. Graslutscher.de Da findest du viele, viele Artikel, die auch irgendwie die Basis für dieses Buch waren. Jan Hegenberg betreibt diesen Blog schon seit 2014 und ist auch in den sozialen Medien sehr aktiv. Er ist mittlerweile tatsächlich auch zu Mastodon mal rüber gewechselt. Ich habe jetzt da noch nicht viel von ihm gelesen, aber ich hatte ihn vor einigen Jahren schon mal für den Von Herzen Vegan Podcast interviewt. Genau zu diesem Thema „Wie kann ich gelassen bleiben in Diskussionen in den sozialen Medien?“ Das ist etwas, was mir nicht leicht fällt, weswegen ich solche Diskussionen einfach meide. Aber Jan Hegenberg oder der Graslutscher, der schmeißt sich da einfach immer rein und hat da gewisse Strategien entwickelt. Und wenn dich das interessiert, verlinke ich die Podcastfolge hier auch noch mal unter dieser Folge und in den Shownotes, dann hör da gerne noch mal rein.

Auf der Webseite vom Graslutscher, also graslutscher.de findest du auch noch Termine für Lesungen und Vorträge, falls du ihn mal live erleben möchtest. Da sind noch zwei Termine für den Januar 2023 und vielleicht kommen da ja noch mehr dazu. Aber in jedem Fall ist auch das möglich. Jan Hegenberg beschreibt sein Buch auf seiner Webseite auch selbst als „eine Anleitung zum Einhalten des 1,5 Grad Ziels und dem Erschaffen einer gerechteren, saubereren und lebenswerteren Welt in Frieden und Wohlstand.“ Und jetzt übergebe ich tatsächlich an Carsten, denn er hat, wie gesagt das Buch gelesen und kann vielleicht auch erklären, ob das tatsächlich so ist. Ist es so eine Anleitung? Und dann vielleicht auch noch mal ein bisschen tiefer auf alles eingehen und natürlich auch erzählen: Für wen ist dieses Buch geeignet?

Carsten Da hast du jetzt aber große Worte gerade zitiert, bzw. ich denke mal, Jan Hegenberg hat diese großen Worte formuliert für seine Internetseite. Das sehe ich nicht ganz so, also diese Anleitung für eine gerechtere Welt kommt indirekt zum Vorschein. Aber ich glaube das, was er tatsächlich auf seinem Buch mit abgedruckt hat als Untertitel passt besser. Und zwar steht dann dort, „Warum die Wende der Klimakrise viel einfacher ist, als die meisten denken und was jetzt zu tun ist.“ Das passt aus meiner Sicht besser als dieses große Ziel eine Anleitung für eine gerechtere Welt. Weil das Thema Gerechtigkeit in dem Buch aus meiner Sicht nicht direkt, sondern eher indirekt hervorgeht. Sprich, es geht hier gar nicht um das Thema klimagerechte Zukunft, sondern es geht mehr darum, wie kriegen wir jetzt die Klimakrise irgendwie gewuppt? Indem wir quasi eine Energiewende einleiten, die uns auf erneuerbare Energien umswitcht und die daraus resultierenden Effekte, die haben dann nachher vielleicht auch hinsichtlich der Klimagerechtigkeit eher einen Einfluss. Aber diese Thematik der Klimagerechtigkeit und der Ausbeutungsstrukturen, die da mitschwingen, die sind jetzt gar nicht Gegenstand dieses Buches.

Stefanie Wir kennen ja den Graslutscher eigentlich als denjenigen, der den Veganismus verteidigt, sag ich jetzt mal, daher kommt ja auch das Graslutscher Thema. Also wir essen oder lutschen nur an Gras und Steinen und ernähren uns von sonst nichts. Und ich hatte mich gefragt, ob das auch Thema in dem Buch ist, also ob es vor allem darum geht.

Carsten Nein, es geht nicht darum. Es ist eine der Schlussfolgerungen. Also Jan Hegenberg hat relativ weit hinten im Buch dann noch mal ein kleineres Kapitel, „was ist jetzt zu tun?“ Da werden so vier, fünf Maßnahmen aufgeführt. Nochmal so kompakt. Was sind jetzt tatsächlich unsere To do's, um diese Klimakrise tatsächlich in den Griff zu bekommen? Und der vierte ist „Esst mehr Pflanzen“. Einfach um klar zu stellen, dass gerade die die Produktion von nicht pflanzlichen Lebensmitteln, also alles das, was irgendwo mit Fleisch und Milch etc. zu tun hat, über Gebühr eine ökologische Belastung darstellt. Aber das ist dann auch schon fast das Maximum dessen, was mit vegan zu tun hat.

Ansonsten konzentriert sich dieses Buch wirklich auf den Bereich der erneuerbaren Energien, um klar zu machen: Hey Leute, wir haben eigentlich schon das Fundament dessen, was wir brauchen, um die Energiewende zu wuppen. Wir müssen es nur noch mal ein bisschen richtiger, fokussierter anpacken. Aber wir stehen da jetzt nicht erst am Anfang, sondern sind schon ein ganzes Stück des Weges gegangen und haben es einfach noch nicht richtig gemerkt. Oder es ist noch nicht so wirklich publik und und das macht er mit seinem Buch, einfach drauf hinzuweisen, das Ganze publik zu machen, dass wir tatsächlich diesen Weg schon ein riesiges Stück gegangen sind und jetzt einfach nur noch konsequent die letzten paar Schritte sind es leider nicht, aber das letzte Stück auch noch zurücklegen müssen.

Stefanie Ja, was ich mich so gefragt habe ist, welche Expertise hat er denn eigentlich? Also was befähigt ihn jetzt dazu, so ein Buch zu schreiben?

Carsten Na ja, einfach seine persönliche Beschäftigung über die letzten Jahre. Und das ist auch tatsächlich etwas, was du auf seinem Blog findest. Er ist ja, wie du gerade schon sagtest, ursprünglich als rein vegan-thematisch bekannt geworden. Und das ist ja auch die Phase, wo wir auf ihn aufmerksam geworden sind. Und sein Schreibstil ist natürlich dann auch etwas, was einfach nur Spaß macht beim Lesen, weil er einfach so prägnant und auch von seiner Art des Humors hervorsticht. Und irgendwann im Laufe der Zeit hat es zumindest auch auf seinem Blog inhaltlich einen kleinen Schwenk gegeben, dass er weniger auf diese veganen Themen eingegangen ist, sondern viel mehr auf das Thema erneuerbare Energien. Und ich weiß nicht, ab wann das anfing, aber das kann ja jede·r auf dem Blog von Jan Hegenberg nachlesen. Irgendwann hat sich dann der Fokus tatsächlich auf den Bereich der erneuerbaren Energien gedreht. Das ist jetzt so gefühlt die letzten Jahre der Fall. Ich lese immer noch die Blogbeiträge, weil es unglaublich fundiert ist, was er macht.

Sein Vorteil ist, dass er viel Zeit investieren kann. Er wird ja mittlerweile auch durch Steady und Patreon und andere Unterstützungskanäle von seiner ursprünglichen beruflichen Tätigkeit mehr oder weniger freigehalten und kann sich jetzt Vollzeit auf diese Themen konzentrieren. Hat entsprechend die Möglichkeit, sich in Materialien reinzustürzen, die vielleicht auch vom zeitlichen Horizont gar keinem Menschen zuzumuten sind, der jetzt irgendwie Vollzeit arbeitet, noch Familie hat etc. und er hat auch Familie. Aber er kann sich aus dem ganz normalen Tagesberuf rausziehen. Und wie gesagt, diese Zeit investiert er, um in die Recherche reinzugehen und hat sich da mittlerweile zu einem wirklichen Experten gemausert. Und noch mal auf das, was er in seinem Blog schreibt: Da sind auch häufig Artikel bei, wo er Medienberichte quasi debunked, also Debunking in dem Sinne, dass er einfach richtig stellt, wo in den Medien jeglicher Couleur teilweise auch die erneuerbaren Energien verrissen werden. Also so sehr schlecht dargestellt werden, das greift er oftmals auf, um klarzustellen: Hey, das ist eine sehr, sehr einseitige Berichterstattung. Fakten werden verdreht, es wird vielleicht subjektiv argumentiert und gar nicht mit dem tatsächlichen wissenschaftlichen Kenntnisstand argumentiert. Und das sind alles so Sachen, da beschäftigt er sich seit langer Zeit und daraus resultiert auch seine Expertise zum Thema.

Stefanie Es ist also jetzt kein „Veganismus wird die Welt retten – Buch“. Was würdest du denn sagen? An wen richtet sich dieses Buch? Wer sollte es gelesen haben?

Carsten Also prinzipiell ist der Schreibstil identisch mit dem, was auf seinem Blog vorzufinden ist. Das wäre für Dich, liebe Hörerin, lieber Hörer, schon so ein Indikator, um erst mal so ein bisschen reinzuschnuppern. Das heißt also, bevor du jetzt dieses Buch bei uns gewinnst oder weil du es schnell haben möchtest in der Buchhandlung deiner Wahl dieses Buch kaufst, würde ich dir empfehlen, erst mal mindestens einen dieser Blogbeiträge von Jan Hegenberg zu lesen und mal zu gucken, ob du mit der Art und Weise seines Schriftstils klar kommst, weil der ist nicht staubtrocken, der macht auch Spaß. Und ich hatte am Anfang auch so ein bisschen Bedenken, weil ich gedacht habe okay, so ein Blogbeitrag, den hast du relativ schnell durchgelesen, da macht so eine flapsige Art, nenne ich es jetzt mal, auch noch Spaß beim Lesen. Wie wirkt das denn in einem Buch? Mit einem Buch setzt mensch sich ja häufig über mehrere Tage auseinander und da kann eine flapsige, lustige Schreibweise ja irgendwann unter Umständen auch nervig werden. Das ist hier glücklicherweise nicht der Fall. Ich habe auch bis zum Schluss des Buches Gefallen an dieser Schreibweise gefunden. Aber hier nochmal die Empfehlung: schnupper erstmal so in seine Art und Weise des persönlichen Ausdrucks rein. Und wenn dir das gefällt, hast du schon mal die erste Stufe genommen. Und inhaltlich sollte dich natürlich das Thema Energiekrise und auch so dieser Ansatz: Wie kann ich die Energiekrise durch den Einsatz erneuerbarer Energien meistern? Das sollte dich interessieren. Und dann bist du eigentlich prädestiniert für dieses Buch.

Stefanie Okay. Ja, und dann? Wir hatten ja jetzt die Folge schon mal aufgenommen und dann warst du bei dieser Konferenz und da hast du gesagt: Nee, dürfen wir nicht senden. Glücklicherweise hatte ich sie noch nicht geschnitten und noch nicht alles vorbereitet, als du gesagt hast: Löschen, löschen. Warum hast du das getan? Wieso wolltest du jetzt diese Folge noch mal neu aufnehmen?

Carsten Ich habe mich nicht mehr wohl gefühlt mit der Ansicht, die ich damals so in der ersten Aufnahme präsentiert habe. Ansicht heißt, Erneuerbare Energien haben natürlich auch immer eine Auswirkung auf Rohstoffe, auf kritische Rohstoffe, seltene Erden oder das, was auch häufig auch in der negativen Berichterstattung hervortritt, sind diese Salzwüsten oder Coltanwüsten in Südamerika. Das sind natürlich alles auch von der Berichterstattung her Hotspots, die sich sehr gut auch in den Medien präsentieren lassen, um negative ökologische Auswirkungen unseres Handelns zu zeigen. Und ich habe beim ersten Lesen, auch bei der ersten Rezension eigentlich Jan Hegenberg in seiner Sichtweise zugestimmt, der gesagt hat: Ja, es gibt diese Ausbeutung, aber sie findet ja heute auch schon statt und sie kommt ja nicht originär aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, weil unabhängig davon, ob wir jetzt erneuerbare Energiesysteme aufbauen.

Da bezieht er sich jetzt auf Themen wie Windkraftanlagen, Fotovoltaikanlagen, das E Auto oder auch Speichersysteme um Wärmepumpen werden genannt. Einfach um die Frage zu lösen, was passiert eigentlich, wenn jetzt gerade mal die Sonne nicht scheint und der Wind auch nicht so stark ist? Wo kriegen wir dann die Energie her? Auch da müssen wir ja irgendwie so Pufferfunktionen haben, dass wir in energiereichen Zeiten Energie einlagern können und die dann dementsprechend im Winter, wenn es wenig windet und knallige Temperaturen sind und alle Leute heizen wollen, wie kriege ich dann die Energie trotzdem aus den Erneuerbaren erzeugt? Und das sind ja alles so Sachen, die erfordern natürlich jetzt auch noch mal weitere Eingriffe in die Ökosysteme, also sprich noch mal mehr von diesen Rohstoffen. Gleichzeitig weist Jan Hegenberg aber auch darauf hin: Selbst wenn wir das jetzt nicht hätten, ist ja dieser Rohstoffhunger heute schon da. Auch in einem normalen Auto gibt es eine Batterie, gibt es Rohstoffe, die da mit reinlaufen und unsere Elektronik erfordert diese Rohstoffe. Unser komplettes fossiles Wirtschaftssystem erfordert diese Rohstoffe. Das heißt also, diese sehr starken negativen Eingriffe ins Ökosystem plus Ausbeutung und Verdrängung der Menschen, die da für uns tätig sind oder die dort einen originären Lebensraum hätten, wenn wir sie denn einfach hätten dort leben lassen, auch das würde ja passieren, wenn wir jetzt gar keine erneuerbaren Energien forcieren würden.

Und das habe ich damals bei der ersten Rezension quasi übernommen. Diese Erklärung, dass ich gesagt habe: ja, okay, das ist das kleinere Übel. Jetzt müssen wir noch ein kleines Stückchen dieses Weges gehen. Das Gros dieser Ausbeutung findet ja heute schon statt. Wir müssen zusehen, dass diese Ausbeutung jetzt nicht überhand nimmt. Und dann haben wir die Energiewende und dann wird alles besser, weil wir dann von den fossilen Energien weggehen und dann quasi das große Maß, was wir heute schon aus diesem fossilen Bereich an Ausbeutungsstrukturen haben, fällt dann ja mehr oder weniger weg. Und das bisschen, was wir dann noch für die erneuerbaren Energien haben, das können wir ja quasi dann jetzt schon und in Zukunft stärker auf Kreislaufwirtschaft umstellen und dann mehr Recycling. Und wo haben wir denn in der Vergangenheit diese Rohstoffe verbaut, dass wir die dann nicht irgendwie auf irgendwelche Schrotthalden kippen, sondern quasi dann über Recycling, dann den Rohstoffhunger für die weiteren erneuerbaren Energien dann generieren? Das klang plausibel.

Fand ich auch teilweise gut vom Ansatz. Deswegen habe ich das in der ersten Aufnahme auch so für mich dann mit in die Aufnahme reingebracht. Dann kam diese Konferenz, von der du gerade schon berichtet hast. Das war eine Konferenz in Münster zum Thema eine Weltwirtschaft, in der wir leben wollen. Und da sind auch Personen zu Wort gekommen, die tatsächlich Betroffene sind, also Personen aus dem globalen Süden, die teilweise per Zoom zugeschaltet waren, teilweise aber auch direkt vor dem Auditorium persönlich gesprochen haben. Die über die Eingriffe in die Natur durch das oder über das Verdrängen der Menschen vor Ort, über all die negativen Aspekte gesprochen haben. Unabhängig davon, ob diese negativen Aspekte jetzt durch erneuerbare Energien, durch diesen Ressourcenhunger entstehen oder durch fossilgetriebene Ausbeutungsstrukturen. Es ist klar geworden, dass egal woher das kommt: Das ist inakzeptabel.

Lässt sich auch nicht irgendwie wegreden, sondern es gilt einfach genau dort hinzugucken. Diese tatsächlich Ausbeutungsstrukturen, die dort existieren, ob ökologisch oder ethisch, auf Mensch und Tier, die gilt es auf Teufel komm raus zu vermeiden, zu benennen, zu gucken, wo finden sie heute schon statt? Unabhängig von den Ursachen. Und deswegen, weil ich das da so präsent mitbekommen habe und das noch mal in mein Bewusstsein reingeschwappt ist, das ist nochmal eine andere Qualität. Wenn du jemanden hast, der dir wirklich aus eigener biografischer Erfahrung sagen kann, was passiert da eigentlich? Oder ob ich da einen Zeitungsbericht drüber lese. Und dadurch, dass ich das dann direkt vor Ort einmal so richtig gehört habe, habe ich meine Meinung zu dem Thema geändert.

Und da sind wir jetzt auch tatsächlich bei dem, was du vorhin vorgelesen hast, was Jan Hegenberg da auf seiner Internetseite mal gegeben hat mit seiner Anleitung zu einer gerechteren Welt. Er hätte, um sich da so ein bisschen zu entkräften, tatsächlich auf diesen Aspekt der Klimagerechtigkeit stärker eingehen müssen. Diese Ausbeutungsstrukturen sind ja systembezogen. Er hätte auch in irgendeiner Art und Weise die Systemfrage stellen müssen. Und das macht er nicht. Er konzentriert sich ja letztendlich nur auf Energie, Trägertechnologien etc. und sagt okay, wenn du das alles so umsetzt, dann kriegen wir die Energiekrise gewuppt.

Aber es bleibt weiterhin eine auf Ausbeutungsstrukturen basierte Energiegewinnung. Vielleicht in der Kreislaufwirtschaft später. Aber ich sag jetzt mal so ganz offen und flapsig: den Kapitalismus stellt er nicht in Frage. So, und mein Learning auch aus dieser Konferenz in Münster ist einfach: doch, genau da müssen wir hingucken. Wir müssen diese Strukturen benennen. Und wenn diese Strukturen originär aus dem Kapitalismus kommen, muss ich auch den Kapitalismus infrage stellen. Und ich kann nicht eine Energiekrise und ich kann auch nicht über eine gerechtere Welt sprechen., indem ich das einfach zu sehr außen vor lasse und und vom Argument her eigentlich vorschiebe: Ja, das findet ja heute schon statt, das hat ja mit den Erneuerbaren nichts zu tun.

Stefanie Aber trotzdem kannst du das Buch empfehlen?

Carsten Ja, unbedingt. Also wie gesagt, aus dem Untertitel des Buches geht ja gar nicht hervor, dass Jan genau diesen Fokus hat. Das war ja jetzt einfach nur, weil da auf der Internetseite diese Anleitungsthematik anders angesprochen wurde. Aber der eigentliche Fokus des Buches ist ja tatsächlich zu zeigen: Hey, wir haben ja jetzt schon irgendwie Windkraftanlagen hier in Deutschland, wir haben Photovoltaik Technologien, wir müssen das einfach nur konsequent jetzt ein bisschen weitergehen. Und wir haben einen Stand der Technologie erreicht, der es uns heute eigentlich schon ermöglicht, die Energiefrage zu lösen, weg von fossilen Energieträgern. Und wir können den Switch machen auf Erneuerbare. Das würde uns heute schon gelingen, wenn wir konsequent die letzten technologischen Schritte noch mal umsetzen würden, die uns heute schon zur Verfügung stehen. Also da muss jetzt nicht zwangsläufig noch eine große technische Innovation abgewartet werden, sondern all das haben wir heute schon parat. Und wir müssen, wie gesagt, nur konsequent handeln.

Stefanie Was hat dir denn so am besten gefallen an dem Buch?

Carsten Also eigentlich zwei Aspekte. Das eine war, es ist neu im Vergleich zu dem, was er in seinen Blogbeiträgen hat. Das ist ja meistens so eine Gefahr. Wenn du jemanden kennst, der als Buchautor im Vorfeld schon sehr viel in den sozialen Medien oder in Blogs veröffentlicht hat, dass sich da Wiederholungen einschleichen. Beim Graslutscher hatte ich ganz am Anfang auch so die Bedenken, wenn ich den Blog jetzt schon intensiv genug verfolgt habe die letzten Jahre, dann wird mir da jetzt nichts Neues mehr unterkommen und das ist tatsächlich hier nicht der Fall. Also das Buch löst sich inhaltlich schon sehr stark von seinem Blog und nur weil du Blogbeiträge en masse von ihm gelesen hast, heißt das noch lange nicht, dass du das dann weißt, was hier im Buch steht. Das Buch ist also eine riesige Ergänzung.

Das ist der eine Aspekt und das andere, was mir sehr gut gefallen hat und was für mich auch tatsächlich so das größte Learning gebracht hat, ist, dass Jan Hegenberg die Verhältnisse, mit denen wir es zu tun haben, sehr schön plakativ darstellt. Also sprich, wie groß ist denn eigentlich das Problem? Wie viel Energie brauchen wir eigentlich? Also der Energiebedarf da, was heißt eigentlich Energie? Also wenn ich jetzt gucke, wie produzieren wir heute über fossile Wege Energie, wie hoch ist da jetzt unser Energiebedarf? Und warum ist eigentlich, wenn wir jetzt auf Erneuerbare umschwenken, der Energiebedarf tatsächlich geringer? Da habe ich mir vorher auch keine Gedanken darüber gemacht, aber hat einfach damit zu tun, dass die Energieerzeugung mit fossilen Energieträgern einfach denkbar ineffizient ist.

Zum Beispiel ein Auto. Das, was ich an Benzin verbrauche, ist ja jetzt nicht ausschließlich um die Fortbewegung zu bekommen, sondern ich habe da eine fahrende Heizung, die meiste Energie, die geht durch Wärmeverlust verloren. Das ist beim Elektroauto anders. Da packe ich Energie rein und dann ist der Wirkungsgrad deutlich höher. Und das muss natürlich dann bei der Gesamtbetrachtung auch mit einfließen. Und das baut er hervorragend in seine Argumentation ein, hat auch ganz tolle Piktogramme, mit denen er da arbeitet, um Verhältnisse klarzustellen. Wie viel Windkraft brauche ich eigentlich, wie viel Photovoltaik? Wie sieht das eigentlich aus? Muss ich jetzt, keine Ahnung, meine meine Windparks irgendwie verdoppeln oder verdreifachen? Spoiler Spoiler Spoiler: Nein, die Fläche, die wir heute haben, reicht aus. Ich muss einfach nur die neueste Technologie einsetzen, weil die einen deutlich höheren Wirkungsgrad hat. Und das alles im Gesamtkonstrukt. Das fand ich echt super, weil mir das vom Verständnis her sehr geholfen hat und auch die Einordnung des Problems viel einfacher dargestellt hat bzw ich da jetzt viel, viel besser drüber nachdenken kann, weil viele von diesen Fakten, die ja präsentiert werden, auf eine Art und Weise präsentiert werden, die sehr leicht verdaulich sind und da in diese Verhältnismäßigkeit gebracht werden können. Größe des Problems, Größe der Lösung. Passt das zusammen und wie weit sind wir eigentlich heute schon? Das ist echt gut geworden da in dem Buch.

Stefanie Ja, also wenn du jetzt, liebe Hörerinnen und Hörer, das Gefühl hast, dieses Buch möchte ich unbedingt lesen, dann hast du die Chance, es zu gewinnen. Damit es noch so ein bisschen spannend bleibt, verrate ich noch nicht, an welchem Tag es im hinterm Türchen sein wird. Und dann noch mal ein herzliches Dankeschön an Rupert, der gerade im Alleingang quasi alle Podcastfolgen transkribiert bzw. Korrektur liest.

Carsten Also so You're the man.

Stefanie Genau. Also vielen, vielen Dank. Wobei ist das okay? Also you're the man, you're the Mankind? Keine Ahnung. Wie können wir das denn neutraler sagen? The human.

Carsten Hero?

Stefanie The Hero? Ja, aber Hero klingt auch schon wieder so. Was ist nicht-Binär?

Carsten Wir tun uns schwer mit der Wortfindung. Du merkst es schon, unser Dank auszudrücken.

Stefanie Herzlichen Dank an Rupert. Wenn du auch so sein willst wie Rupert, nimm dir Rupert als Vorbild, bitte. Dann kannst du dich gerne bei mir melden. Schreib mir an post@vonherzenvegan.de wenn du eine Folge adoptieren und Korrektur lesen möchtest. Das hilft allen sehr, denn zum einen können dann Menschen, die nicht gerne Podcastfolgen hören oder nicht hören können, die Transkripte lesen und so werden die Inhalte zugänglicher und die Podcastfolgen werden auch besser gefunden, weil ja natürlich dann mehr Inhalte auf der Internetseite steht. Das heißt, unsere kongenialen Inhalte werden besser verbreitet. Ich habe es fast geflüstert, also genau, also jedenfalls wäre das eine große Hilfe.

Und dann nochmal herzlichen Dank an Rupert und ich habe da jetzt eine extra Seite ins Leben gerufen. Ich weiß gar nicht mehr, ob ich das das letzte Mal schon erwähnt hatte. Ich glaube aber nicht, auf der ich allen Menschen danke, die bisher schon Geld gegeben haben, die momentan Geld geben und diejenigen, die Podcastfolgentranskripte Korrektur lesen.

Carsten Deine Wall Of Thanks.

Stefanie Meine Wall of Thanks, das ist inspiriert von Martin, der hatte mir da einen Tipp gegeben von einer anderen Person, die so was hat, die Wall of Thanks und ich dachte, das ist schön. Es ist keine Hall of Fame, sondern Wall of Thanks und das verlinke ich hier auch noch mal unter der Folge in den Shownotes, dann kannst du da mal vorbeischauen. Also das heißt, wenn du schon mal Geld gegeben hast oder ein Transkript Korrektur gelesen hast, dann findest du deinen Namen dort natürlich anonymisiert im Sinne von Vorname und erster Buchstabe Nachname. Wenn du mir gesagt hast, du willst völlig anonym bleiben, dann steht da nur anonym und ich habe das dann alphabetisch noch mal...

Carsten Du hast die Karmapunkte, dann anonymisiert eingezahlt.

Stefanie So in der Art ja, also jedenfalls gibt es das jetzt auch. Lange Rede, kurzer Sinn: Dankeschön.

Carsten Dankeschön.

Stefanie In diesem Sinne.

Carsten Der Weltuntergang fällt aus.

Stefanie In Hamburg.

Carsten und wahrscheinlich auch hoffentlich überall.

Stefanie Und da sagt man dann auch Tschüss.

Carsten Und auf Wiederhören.

Folge 273 - Neuigkeiten, Änderungen und ein Dankeschön

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Folge 273 - Neuigkeiten, Änderungen und ein Dankeschön

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Stefanie In dieser Folge soll es eher um Organisatorisches gehen. Wie geht es weiter? Was hat sich so getan? Und eigentlich brauche ich Carsten dafür gar nicht. Aber ich dachte, das lockert das auf.

Carsten Und ich sitze trotzdem hier bei. Ja, vielleicht habe ich ja zwischendurch mal ein bisschen was, was ich sagen darf.

Stefanie Genau. Also im Gespräch ist es doch immer viel schöner, so im Dialog und so.

Carsten Ja, das ist nett. Danke.

Stefanie Ja, wenn Carsten zwischendurch freundliche Worte sagt, genau so. Also es ist jetzt so, dass ich in den vergangenen Wochen einiges hab Revue passieren lassen und um das Ganze so in einen Gesamtkontext zu setzen: Ich habe vor ungefähr sieben Jahren mich dazu entschieden, mich dem Thema vegan zu widmen, auch was meine Selbstständigkeit, also meine Arbeit angeht und habe dann ausgelotet, wie ich denn in diesem Bereich auch Geld verdienen kann. Und das hat sich über diese sieben Jahre hinweg so entwickelt, dass ich dem Thema Geldverdienen jetzt auch generell kritisch gegenüberstehe. Weswegen das mit dem Geldverdienen die meiste Zeit nicht so gut geklappt hat.

Ich hatte ja zu Beginn die Touren durch Hamburg angeboten. Das war sehr gut. Das ist auch gut angenommen worden. Ich war da auf Messen, ich habe Vorträge gehalten, ich habe viele Touren durchgeführt, per Rad, zu Fuß, was immer angefragt worden ist. Und letztlich hätte ich das aber nur so vergrößern können, dass es meinen Lebensunterhalt finanziert, wenn ich besonders am Wochenende gearbeitet hätte. Und das wollte ich einfach nicht, weil ich ja ein Kind habe. Gemeinsam mit Carsten. Wir haben ein Kind, also nicht nur ich habe das Kind, haben wir das Kind überhaupt? Also jedenfalls wir sind Eltern. Ich bin ein Elter, ein Elternteil, eine Älteste. Haha, sehr lustig.

Und da war es mir immer wichtig, am Wochenende auch für das Kind da zu sein. Und dann, weil Carsten in Vollzeit arbeitet, da dann auch nur am Wochenende Zeit hat für die Familie, dass wir als Familie tatsächlich auch was tun können und gemeinsam etwas erleben können, Zeit füreinander haben und nicht Carsten unter der Woche die ganze Zeit weg ist und ich am Wochenende die ganze Zeit weg bin, sodass wir uns nicht nur als Eltern, sondern auch als Partner·innen dann quasi gar nicht mehr sehen oder nur abends mal kurz eingeschränkt. Also von daher ist da dann die Entscheidung dagegen gefallen und ich habe versucht, viel online zu machen, weil das flexibler ist.

Aber auch das hat nicht so gut funktioniert und ich hatte dann ja den Von Herzen Vegan Clan ins Leben gerufen, der auch ganz gut angenommen wurde. Das war nie so, dass wir jetzt da 5000 Leute hatten, aber alle die dabei waren, können es bestätigen und die jetzt auch noch im Experimentarium mit dabei waren, die vorher den Clan kannten, können bestätigen, dass dieses Umfeld, das ich da geschaffen hatte, dass du da einen geschützten Bereich hast, wo du frei reden kannst und dich austauschen kannst, wirklich etwas Positives war und auch in diesem Bereich angenommen wurde. Nur Geld ist da auch wieder nicht geflossen.

Dann hatte ich Onlinekurse erstellt, aber ich musste jetzt über die Corona Zeit feststellen, dass Selbstlernkurse nicht so gut angenommen werden, sondern es um begleitete Kurse geht. Und das konnte ich jetzt alles da nicht abbilden. Und letztlich habe ich jetzt geguckt, wie mache ich weiter und habe mich entschieden, die Reißleine quasi zu ziehen und einiges zu verändern. Das heißt, das Experimentarium wird am 29.11.2022 schließen. Da hatte ich einen Jahresvertrag für diese Plattform und der läuft dann aus. Ich hätte das dann erneuern müssen und ich bin jetzt einfach nicht mehr bereit, die Kosten dafür zu tragen.

Das Experimentarium war ein Experiment. Du warst dazu eingeladen zu experimentieren. Aber an sich war es auch ein Experiment, um mal zu schauen, ob das funktionieren kann. Anfang diesen Jahres 2022, als ich damit gestartet bin, hatte ich das Gefühl, das ist genau das, was wir jetzt brauchen. Und hatte dann auch sehr viel Zeit in den großen Onlinekurs gesteckt und dann aber festgestellt, dass es nicht so angenommen wurde, wie ich mir das vorgestellt habe. Und dann ist es einfach an der Zeit für mich, auch Dinge wieder loszulassen und mich da nicht dran festzubeißen.

Vielleicht funktioniert es irgendwann. Nur im Moment funktioniert es nicht. Und ich muss auch schauen, dass ich zu hohe Ausgaben einfach loslasse. Und mein Ziel ist es jetzt tatsächlich, mich mehr auf offline quasi zu konzentrieren. Ich mache ja hier für die VHS in Hamburg einiges und da dann mehr regional das auszubauen und in anderen Kultureinrichtungen dann auch Kurse anzubieten. Ich werde immer mal angesprochen und je nachdem ob es passt oder nicht, gebe ich dann da auch Kurse, Führungen oder was auch immer da gerade so passt. Das heißt, ich werde meine Zeit und meine Energie dann eher da hinein stecken. Was aber nicht heißt, dass ich jetzt online gar nichts mehr mache. Also dieser Podcast bleibt bis auf Weiteres erstmal bestehen. Wir haben jetzt im Moment nicht vor, ihn zu beenden.

Carsten Nein, wir haben auch noch genügend Inhalte und Themen, die zu besprechen sind. Und es ist ja für uns auch nach wie vor unsere persönliche Forschungsreise, die wir ja auch weitergehen. Wir lernen ja jeden Tag was Neues hinzu und versuchen unsere Erfahrungen auch weiterhin mit Dir, liebe·r Hörer·in, dann über dieses Medium zu teilen.

Stefanie Genau, und das ist jetzt mal so, dass vielleicht drei Wochen keine Folge kommt oder auch länger nicht. Das liegt wirklich einfach nur daran, dass Carsten Vollzeit arbeitet und das im Job teilweise ziemlich stressig ist und wir dann einfach keine Zeit haben, um Folgen aufzunehmen. Wie gesagt, Themen sind da, nur die Zeit fehlt uns häufig das zu machen. Denn es ist auch sehr zeitintensiv, nicht nur eine Podcastfolge vorzubereiten, wenn wir zum Beispiel Bücher lesen oder dazu recherchieren zu einem Thema und diese aufzunehmen, sondern auch die Nachbereitung, das Schneiden der Folge, das Produzieren sozusagen der Folge, das ist alles auch nochmal mit einem Zeitaufwand verbunden. Dann muss da noch ein Text dazu geschrieben werden. Ich bin jetzt dazu übergegangen, die ersten fünf Minuten zu transkribieren und das als Text zu nehmen. Aber auch das muss Korrektur gelesen werden. Also es nimmt sehr viel Zeit in Anspruch und das können wir einfach nicht immer leisten. Das heißt, wir machen auf jeden Fall weiter hier mit dem Podcast, es sei denn natürlich, es passiert irgendetwas Unvorhergesehenes. Wir können jetzt auch keine Garantie geben.

Carsten Wir wollen jetzt nicht nichts heraufbeschwören.

Stefanie Nee, ich meine jetzt, dass dann am Ende gesagt wird: Aber ihr habt doch gesagt und wenn jetzt keine Ahnung, Wie gesagt, wir wollen nichts heraufbeschwören. Nein, was es auch weiterhin gibt, sind die drei anderen Podcasts. Die sind natürlich weiterhin verfügbar und die kannst du weiterhin als Ressource nutzen. Und ich bin gerade als Projekt dabei, das wirst du ja auch schon gehört haben, alle Podcastfolgen zu transkribieren, das ist ein großer Aufwand, weil das über 400 Folgen sind, insgesamt.

Es gibt einige wenige Menschen, die schon dabei sind zu helfen. Für das Transkribieren nutze ich ein Programm, aber dieses Programm ist nicht fehlerfrei. Das heißt, jedes Transkript muss Korrektur gelesen werden. Und dieses Korrekturlesen übernehmen einige wenige Freiwillige, die damit etwas zurückgeben wollen. Und da geht auf jeden Fall ein herzliches Dankeschön an Rupert, der bis jetzt die meisten Folgen Korrektur gelesen hat und auch gerade aktuell dabei ist. Dann an

Carsten *Beeeep*

Stefanie Möchte gerne anonym bleiben, deswegen haben wir uns diese Anonymisierungstaktik überlegt. Diese Person hat auch schon Podcastfolgen Korrektur gelesen und ist gerade dabei eine weitere Folge Korrektur zu lesen. Auch ein herzliches Dankeschön an Erika, die auch eine Folge Korrektur gelesen hat. Danke schön. Genau. Also das ist auch eine Möglichkeit, wie du etwas zurückgeben kannst, wenn du nichts finanziell zurückgeben möchtest, aber trotzdem gut findest, was wir hier machen. Und generell die Arbeit, die ich in alle Podcasts und was ich auch alles noch weiterhin anbiete reingesteckt habe, ist dir eine Podcast Folge auszusuchen, sie zu adoptieren und lieb zu haben und dann das Transkript Korrektur zu lesen.

Carsten Allerdings hast du jetzt ja auch einen kompletten Podcast so aus dieser Adoptionsphase herausgenommen.

Stefanie Genau, ich hatte ein neues Transkriptionstool, also für mich neues. Skriptionstool ausprobiert, das Carsten freundlicherweise auf seinem alten MacBook, wo jetzt Ubuntu drauf läuft, also Linux installiert hat und wo ich dann in einem Rutsch alle Podcastfolgen des Milchgeschichten Podcast transkribiert und dann noch korrekturgelesen habe. Die ersten beiden Folgen sind einmal von Erika und einmal von *Piiiep* (Anonym) Korrektur gelesen worden und die restlichen 24 habe ich dann Korrektur gelesen, weil ich irgendwie gerade so im Flow war und gedacht habe, dann ist der Podcast zumindest schon abgeschlossen. Das heißt der Milchgeschichten Podcast ist jetzt vollständig transkribiert.

Gehörlose Menschen und auch Menschen, die keine Lust haben Dinge zu hören, wie zum Beispiel den Milchgeschichten Podcast können sich das jetzt durchlesen. Also da überlege ich auch noch und da kannst du gerne ein Feedback geben, wenn du das möchtest, ob ich die Folgen nochmal quasi Korrektur lese, insofern, als dass ich aus dem gesprochenen Wort ein geschriebenes Wort mache, so dass sich das leichter lesen lässt und daraus vielleicht so ein kleines Büchlein dann erstelle, was ich natürlich dann kostenlos wieder zur Verfügung stelle, aber quasi das noch ein bisschen mehr aufbereitet, so dass du es in einem Rutsch durchlesen kannst. Wenn du das gut findest, kannst du mir gerne mal schreiben, damit ich weiß, wie da so die Resonanz ist. Ich habe das auf meine To Do Liste gesetzt, aber es steht relativ weit unten, weil es jetzt gerade nicht so wichtig ist. Und je mehr Menschen mir sagen Boah, das fänd ich total cool, desto höher rutscht es dann auf meiner To Do Liste.

Und das sind zum Beispiel Dinge, die ich hier die ganze Zeit mache. Dass ich also all die Inhalte, die ich jetzt in den letzten sieben Jahren erstellt habe, auch nochmal neu aufbereite, damit sie zugänglicher werden. Und das dann für alle, weil ich das kostenlos bereit stelle. Und für die Milchgeschichten habe ich jetzt auf der Milchgeschichten Podcastseite alles versammelt, was ich bisher zur Milchforschung gemacht habe. Das heißt, einen kleinen Einleitungstext habe ich dahin geschrieben und dann sind da alle Folgen des Milchgeschichten Podcasts. Dann habe ich da auch noch die Folgen zum Thema Milch hinzugefügt, die wir hier im Einfach Vegan Podcast aufgenommen haben, sodass du da eine thematische Übersicht hast. Dann ist da ein Link zur Aufzeichnung meines Vortrags, den ich zu diesem Thema ungefähr innerhalb von drei Jahren immer mal wieder gehalten habe. Das letzte Mal, dass ich den gehalten hatte, war auf dem veganen Sommerfest in Berlin 2019 und davon ist die Aufzeichnung. Das heißt, es ist quasi auch die letzte Aufzeichnung sozusagen.

Carsten Ja quasi pandemiebedingt die letzte Aufzeichnung.

Stefanie Genau. Aber seitdem habe ich den Vortrag nicht mehr gehalten und bin da nicht mehr so drin. Deswegen weiß ich auch nicht, ob ich ihn nochmal wieder halten werde. Jetzt habe ich ihn so häufig gehalten, aber in jedem Fall kannst du ihn dir da angucken. Du kannst dir die Texte durchlesen, du kannst die Podcastfolgen anhören, du kannst auch die ganzen Quellenangaben überprüfen. Wenn du selber weiterforschen möchtest, habe ich da all meine Quellen aufgelistet und du kannst mitsingen. Du kannst mitsingen, denn wir hatten ja mal, in Folge 106 „Ein bisschen Kuhmilch“ gesungen.

Carsten Ja, den ultimativen Kuhmilch Song.

Stefanie Da haben wir gedichtet. Auf „Das bisschen Haushalt“, auf diese Melodie und haben das auch gesungen. Also wir waren uns nicht zu schade, das zu singen. Wenn du noch mal die Folge nachhören willst, es ist Folge 106 des Einfach Vegan Podcast. Also jedenfalls habe ich auch das Lied mitsamt Text auf die Seite gestellt, so dass du den Text auch nutzen und da dann weiterdichten kannst. Und du kannst daraus, weil ich ja immer noch mich wundere, dass das nie viral gegangen ist, kannst du vielleicht daraus das One Hit Wonder machen, liebe·r Hörer·in?

Carsten Wobei, es wurde ja schon adaptiert.

Stefanie Stimmt, Martin T. hat das freundlicherweise noch mal auf dem Klavier eingespielt. Das habe ich jetzt nicht online gestellt, weil die Rechte natürlich bei ihm liegen. Also nicht extra separat, sondern nur in Folge 108 ab Minute 26:43 - das hat er uns erlaubt.

Aber jedenfalls findest du auf der Seite jetzt alles aufgelistet zu meiner Milchforschung, so dass du da komplett durchscrollen und eintauchen kannst. Den Link dazu findest du natürlich hier und in der Folge oder in den Shownotes. Ich werde ihn dir nicht verheimlichen.

Das habe ich auf jeden Fall gemacht und so werde ich jetzt in der Zukunft, also in den nächsten Wochen und Monaten, je nachdem wann ich das schaffe, auch noch mal all die anderen Inhalte durchgehen, die ich in den vergangenen sieben Jahren erstellt habe und die nochmal neu aufbereiten, so dass ich sie dir zur Verfügung stellen kann. Und das ist etwas, da bekomme ich ja kein Geld für. Ich stelle sie dir auch kostenlos zur Verfügung, die Sachen.

Das ist etwas, was du auch finanziell unterstützen kannst, zum Beispiel über Steady. Und da kommen wir jetzt zu einem weiteren Punkt, denn ich habe jetzt den Steady Account, den wir die letzten, ich glaube sechs Jahre hatten oder fünfeinhalb ungefähr den habe ich gekündigt, weil ich einen klaren Cut machen wollte. Der hieß auch noch VeganRevoluzzer, weil ich damals, ganz am Anfang, als wir mit diesem Podcast angefangen haben, immer als Pseudonym VeganRevoluzzer hatte und erst später dann Von Herzen Vegan kam und deswegen hieß auch der Steady Account immer noch so und ich wollte jetzt einfach hier einmal einen Cut machen und frisch beginnen und habe deswegen einen neuen Steady Account aufgesetzt.

Alle Mitglieder im alten Steady Account sind schon benachrichtigt, dass der jetzt zu Anfang Dezember ausläuft. Und wenn du da ein Jahresabo abgeschlossen hattest, bekommst du anteilig dein Geld zurück. Du bist auf jeden Fall schon informiert worden und du hast jetzt die Möglichkeit - wenn du sagst, ich will dich weiter unterstützen, zu dem neuen Steady Account zu wechseln. Und ich hatte dir auch eine Nachricht geschrieben und ich werde den neuen Account natürlich hier auch unter der Folge oder in den Shownotes überall verlinken.

Und es gibt auch schon drei Personen, die gewechselt sind. Und da möchte ich meinen herzlichen Dank für diese Treue aussprechen an Andrea, Birgit und Martin, die alle schon direkt sofort rüber gewechselt sind und auch eine Jahresmitgliedschaft sofort abgeschlossen haben. Was mir wieder sagt, dass ihr an mich glaubt und das hilft mir natürlich riesig. Ich habe da verschiedene Pakete aufgelistet. Erstmal habe ich für jeden Podcast ein Paket, so dass du auch entscheiden kannst, einen Podcast finanziell zu sponsoren. Wenn du das Gefühl hast, ich möchte jetzt zum Beispiel für den Milchgeschichten Podcast was zurückgeben, könntest du da ein Jahresabo abschließen oder ein Monatsabo. Das ist beides in Ordnung, es geht alles. Du kannst das Monatsabo monatlich kündigen, das Jahresabo jährlich kündigen, also bist nicht verpflichtet, das immer weiterlaufen zu lassen.

Und Steady hat jetzt so eine neue Funktion eingeführt, die ich ganz cool finde, nämlich Du kannst diese Pakete auch verschenken. Also wenn du jetzt noch ein Weihnachtsgeschenk suchst, dann kannst du auch sagen okay, guck mal hier, ich verschenke es jetzt wie so eine Patenschaft, also für Lebenshöfe oder so, da kannst du auch Patenschaften verschenken. So kannst du auch hier Steady Mitgliedschaften verschenken und da dann als Geschenk auswählen und dann wird das da alles weiter beschrieben. Also du hast jetzt auch noch solche Möglichkeiten und ich freue mich natürlich über jeden Menschen, der oder die mich da finanziell über steady unterstützt.

Und du hast auch die Möglichkeit, mich finanziell sonst per Überweisung oder per Einmalzahlungen über PayPal zu unterstützen. Manche machen das also dass sie ab und zu Einmalzahlungen schicken über PayPal. Und da geht ein besonderer Dank an Thorsten. Und dann gibt es Menschen, die auch Geld überweisen auf das Konto. Und da geht ein besonderer Dank an Joachim, der da einen Dauerauftrag eingerichtet hat. Und da bin ich sehr dankbar für.

Carsten Ja, super cool. Dankeschön!

Stefanie Da jetzt ja das Experimentarium ausläuft zum 29.11.2022 und wir dann nicht mehr so direkt im Austausch stehen können, habe ich die Möglichkeit genutzt, über Steady einen Newsletter einzurichten, wo du dann auf dem Laufenden bleiben kannst über das, was ich so mache, was ich so austüftele, was es so für Termine gibt, Kurse oder was auch immer alles so passiert. Und du kannst dich da natürlich kostenlos anmelden. Also du musst mich nicht finanziell unterstützen, um dich da für den Newsletter anzumelden. Du kannst einfach da deine E Mail Adresse eintragen und dann werde ich dich informieren.

Im Moment denke ich, dass ich so einmal im Monat vielleicht schreibe. Ich habe auf keinen Fall vor, dich da irgendwie zuzuspamen. Also keine Sorge, ich will auch nicht deine E Mail Adressen verkaufen oder so, sondern es geht wirklich nur darum, wenn du Interesse daran hast, auf dem Laufenden zu bleiben, was ich so mache und einfach unkompliziert informiert werden möchtest, also nicht immer auf meiner Webseite gucken möchtest oder selber aktiv schauen willst, dann ist das eine unkomplizierte Möglichkeit, dabei zu bleiben und informiert zu werden. Da ist auch der Link hier unter der Folge oder in den Shownotes für dich zu sehen.

Es ist einfach: Wenn du auf die Steady Seite gehst, dann ist da unten ja die Möglichkeit, sich für den Newsletter anzumelden und auch das haben schon einige gemacht. Also herzlichen Dank dafür. Ich weiß noch nicht, wann ich den ersten Newsletter schreiben werde, aber wie gesagt, so ungefähr einmal im Monat. Kann natürlich sein, dass dann auch mal irgendwie zweimal im Monat wird, wenn da irgendwie was Besonderes ist, was ich mitteilen möchte. Aber wie gesagt, mein Ziel ist es nicht, dich zuzuspamen. Also keine Sorge.

Eine weitere Möglichkeit, mit mir im Austausch und in Kontakt zu bleiben, ist auch die Social Media Plattform Mastodon. Da bin ich jetzt seit anderthalb Jahren ungefähr unterwegs. Ich war damals mal auf Twitter und konnte das irgendwann nicht mehr mit meinen Datenschutzansprüchen vereinbaren. Und dann bin ich im Mai 2021 gewechselt zu Mastodon ins Fediverse und seitdem fühle ich mich da eigentlich sehr wohl. Und jetzt durch Elon Musk wird das auf einmal alles so überschwemmt. Also muss ich mal gucken, wie ich da so klarkomme.

Aber jedenfalls bin ich auch da aktiv und da kannst du mit mir in Austausch gehen und ich versuche da alles zu teilen, was so kleinere Informationen sind, so vielleicht „dieses Buch kann ich empfehlen“ oder „das ist mir aufgefallen“ oder so solche Dinge . Also nicht Größeres dafür nutze ich dann den Podcast oder bei Steady kann ich auch quasi bloggen, dann werde ich auch auf Steady solche Sachen veröffentlichen. Aber so kleinere Sachen teile ich dort. Und der Schwerpunkt ist dort vor allem auf dem Austausch.

Carsten Ja. Und was ist jetzt mit den Büchern?

Stefanie Super Überleitung. Wir haben gerade überlegt. Carsten hat gesagt, er hat so wenig gesagt. Er möchte gerne jetzt eine tolle Überleitung machen und das war's. Das ist rausgekommen. Genau. Was ist mit den Büchern? Welche Bücher?

Carsten Ja, die Bücher aus der Wanderbibliothek!

Stefanie Im Experimentarium hatte ich die Idee, eine Wanderbibliothek ins Leben zu rufen. Und wo wir, also die Mitglieder im Experimentarium, Bücher hineingegeben haben, die dann von allen Mitgliedern ausgeliehen werden konnten. Da es das Experimentarium zum 29.11.2022 nicht mehr geben wird, werde ich auch die Wanderbibliothek auflösen. Und mein Gedanke ist, die Bücher alle zu verschenken. Und ich dachte, es bietet sich so gut an, es kommt die Adventszeit, das quasi so als Mini Adventskalenderaktion irgendwie so zu machen. Das heißt, ich werde über Mastodon und über Steady die Bücher einzeln verlosen.

Also mein Gedanke momentan ist, dass wir bis zu einem gewissen Zeitpunkt Zeit geben, dann zu sagen ich möchte dieses Buch oder diese Bücher möchte ich gerne haben und alle, die für ein bestimmtes Buch sich melden, schmeißen wir in einen Lostopf. Und dann machen wir vor Weihnachten noch eine große Losaktion. Carsten und ich nehmen das auf Video auf und dann werden wir das auf Steady veröffentlicht, so dass du dann dort sehen kannst, wer gewonnen hat. Natürlich anonymisieren wir das. Also es werden nur Vornamen mit vielleicht ersten Buchstaben Nachnamen, falls es mehrere gleiche Vornamen gibt, dann gezogen. Also wir achten auf den Datenschutz, keine Sorge.

Und so, dass du dann einfach die Möglichkeit hast, dich für das Buch oder die Bücher deiner Wahl einzutragen. Und du wirst da dann die Informationen, welche Bücher verlost werden und wie du da ran kommst, über Steady und über Mastodon erfahren. Das heißt, da werde ich das immer verlinken und wir haben keine 24 Bücher, deswegen ist es nicht wirklich ein ganzer Adventskalender. Ich habe gerade den Überblick verloren, wie viele Bücher es sind, aber letztlich werden wir alle Bücher, die wir verschenken wollen, im Laufe der ersten drei Wochen des Dezembers vorstellen und dann zum Ende dieser drei Wochen verlosen. Das genaue Datum geben wir noch bekannt. Das ist übrigens zum Beispiel ein Thema, was ich wahrscheinlich dann in einem Newsletter versenden werde mit dem Hinweis auf diese Aktion, weil das ja etwas ist, wovon du profitieren kannst. Wenn du vielleicht gerade diese Folge nicht hörst, oder du bist nicht auf Mastodon oder hast dann da nicht reingeguckt. Aber dann kriegst du eine Email von mir, wo dann genau das drinsteht. Okay, also ich glaube, jetzt solltest du auf dem neuesten Stand sein.

Carsten Das waren alles die Neuerungen oder Änderungen, die sich so zugetragen haben oder zutragen werden.

Stefanie Ja, wir haben gerade pausiert und noch mal überlegt, ob noch irgendwas fehlt, aber im Moment fällt uns einfach nichts mehr ein, was noch fehlt. Ich hatte mir ja eine lange Liste gemacht. Ich habe alles abgehakt, was ich sagen wollte. Also von daher nochmal ein ganz herzliches Dankeschön an alle Menschen, die uns finanziell unterstützen oder auch durch das Korrekturlesen von Transkripten. Und eine Sache fällt mir gerade noch ein: Du hast natürlich auch die Möglichkeit, wenn du auf iTunes ein Konto hast, dort freundliche Rezensionen zu schreiben.

Carsten Fünf Sterne Rezensionen.

Stefanie Natürlich ausschließlich bitte.

Carsten Nur die.

Stefanie Nur die, damit nicht so was passiert wie beim Milchgeschichten Podcast passiert ist. Ich hatte da nach Jahren mal wieder in die Rezensionen geguckt und war total begeistert von dieser ein Sterne Rezension, in der steht: „Unterschied Melkroboter und Melkstand. Schade, dass du nicht den Unterschied zwischen Melkroboter und Melkstand erkennst. Sehr schwach.“

Carsten Ja, wir sind zu Tode betrübt.

Stefanie Ja, das bin ja nur ich. Du hast damit ja nichts zu tun. Du kannst deine Weste weiß und rein waschen. Nur ich bin sehr schwach, weil natürlich mein Milchgeschichten Podcast ausschließlich von Melkrobotern und Melkständen handelt und ich da leider nicht den Unterschied erkannt habe. Ja, genau. Leider und glücklicherweise kann jeder Mensch eine Rezension schreiben. Und wenn du Carsten und meinen Podcasts etwas Gutes tun möchtest und bei iTunes bist, dann kannst du gerne dort eine nette Rezension hinterlassen, die vielleicht auch sachlich korrekt ist.

Also nicht so wie das hier, was irgendwie überhaupt gar nicht zu meinem Podcast passt. So wie, als wenn sie jetzt irgendwie geschrieben hätte „Ja, toll, dass du Dosenöffner an zweiter Stelle nennst“ oder so, also so total aus dem Zusammenhang gerissen und es hat irgendwie nichts mit dem Podcast zu tun. Also nur oberflächlich. Natürlich habe ich über Melkroboter gesprochen, denn ich habe über die Geschichte der Melkmaschine gesprochen. Aber das ist etwas ganz anderes als der Unterschied zwischen Melkroboter und Melkstand. Aber davon mal abgesehen.

Wenn du ein iTunes Konto hast, wäre das auch noch eine Möglichkeit meine und unsere Arbeit nicht monetär zu unterstützen. Ich weiß natürlich, dass die meisten, die hier die Podcasts hören, kein iTunes Konto haben. Deswegen haben wir auch so wenig iTunes Rezensionen. Aber falls du eins hast und gerne uns unterstützen möchtest, dann denk man darüber nach. Wir freuen uns darüber. So, das war es jetzt, glaube ich wirklich. Also wir beenden das jetzt, weil sonst fallen uns noch mehr Sachen an oder mir. Carsten guckt schon so ein bisschen verstört.

Carsten Verstört? Reserviert.

Stefanie Reserviert? Äh, wie können wir das noch beschreiben?

Carsten Also ich weiß ja nicht, wie mein Gesicht aussieht.

Stefanie Du meinst, wir podcasten gar nicht mit Spiegel vor uns, wo wir uns die ganze Zeit anlächeln, anflirten?

Carsten Es wird Zeit.

Stefanie Genau. Okay, es wird Zeit. Jetzt guckst du schon wieder so? Ich kann es nicht beschreiben.

Carsten Ich sag jetzt mal, in diesem Sinne.

Stefanie Dazu fällt mir gerade ein, dass mir gesagt wurde, wir sollen nicht immer so hin und her sprechen, weil es beim Korrekturlesen anstrengend ist.

Carsten Und jetzt machst du es aber trotzdem.

Stefanie Es tut mir leid. In Hamburg sagt man Tschüss.

Carsten Und auf Wiederhören.

Folge 272 - Rückblick auf die Konferenz für eine Welt-Wirtschaft, in der wir leben wollen

Ein Beitrag

Folge 272 - Rückblick auf die Konferenz für eine Welt-Wirtschaft, in der wir leben wollen

Links zur Folge

Konferenz für eine Welt-Wirtschaft, in der wir leben wollen
https://www.ci-romero.de/systemwandel-konferenz/

Akademie Franz-Hitze-Haus
https://www.franz-hitze-haus.de/home

Elisabeth Voss
http://elisabeth-voss.de/

Möglichkeiten mich zu unterstützen:
https://stefanie-rueckert.de/unterstützen

Transkript der ersten 6 Minuten

Stefanie Heute sprechen wir über eine Konferenz auf der Carsten war, also ich war nicht da. Carsten hatte mich überrascht und gesagt, ich will da jetzt unbedingt hin, mal nach Münster, auf eine Konferenz und ich hatte vorhin mir den Titel nochmal durchgelesen, aber jetzt hab ich ihn vergessen also wie heißt die Konferenz noch gleich?

Carsten Also es ist die Konferenz gewesen für eine Weltwirtschaft, in der wir leben wollen, und zwar hat das Ganze stattgefunden am 28. und 29. Oktober 2022. Das war vor 2 Tagen.

Stefanie Von dem Zeitpunkt, wo...

Carsten ...wir das aufnehmen genau. Für Dich sind vielleicht ein paar Tage länger vergangen, aber hier für mich ist der Eindruck noch sehr frisch und ich hab auch tatsächlich vorher nochmal ein bisschen Zeit gebraucht, um so einen roten Faden zu spinnen, von dem was ich berichten kann und damit das nicht alles total abstrus und und irgendwie wild durcheinander geht, musste ich mir all die ganzen Eindrücke und ich habe sehr viel mitgeschrieben, all das nochmal vornehmen und versuchen dann nochmal einen roten Faden rauszuspinnen. Das ist sehr viel, was ich an an Eindrücken sammeln konnte.

Stefanie Und wir haben vorher auch noch gar nicht darüber gesprochen, damit ich jetzt ganz unbedarfte Fragen stellen kann und Carsten mir quasi jetzt hier vor laufendem Mikrofon einfach erzählt, wie es so war.

Carsten Genau ich springe aber mal direkt rein, also am 28./29.10.22 hat das Ganze stattgefunden. Im Umfang von anderthalb Tagen also. Es war von Freitag auf Samstag und fing Freitags nachmittags so gegen 15:00 Uhr an. Bisschen früher ankommen und Kaffee und Networking. Das offizielle Rahmenprogramm startete um 15:00 Uhr und hörte am Freitagabend dann um 21:00 Uhr auf.

Abschluss war eine Podiumsdiskussion. Zwischendurch gab es gemeinsames Abendessen, das Ganze fand in einer Akademie statt, in der Akademie Franz Hitze Haus wie gesagt in Münster, Nordrhein Westfalen und ging dann am zweiten Tag ab 09:00 Uhr morgens wieder los, bis abends so 18:30 Uhr. Gegen 18:15 Uhr haben wir das Ganze nochmal Revue passieren lassen. Dann haben sich die Veranstaltenden nochmal bei allen Personen bedankt und in der Zwischenzeit gab es dann noch so ein kleines Goodie: Während die Veranstalter darauf gewartet haben, dass man quasi so diese Feedback Bögen ausfüllt, wurden dann an den Wänden nochmal Plakate zum selbst gestalten oder zum selbst ausfüllen aufgehangen, wo dann nochmal indirekt Feedback der Teilnehmer:innen gegeben werden konnte und das Ganze hörte dann wie gesagt um 18:30 Uhr auf und war dementsprechend zeitlich ein sehr umfangreiches Programm. Anderthalb Tage, wo wirklich die Gedankenwelt um die Frage kreiste „Wie könnte eine Weltwirtschaft aussehen, die besser ist als das, was wir heute haben?“

Stefanie Du hast schon gesagt, du bist ein bisschen früher angekommen, aber eigentlich bist du später angekommen am Freitag, als du wolltest...

Carsten Achso, die Deutsche Bahn...

Stefanie Du bist ja mit dem ICE gefahren von Hamburg und dann hast du mir auch geschrieben haha, typisch Deutsche Bahn….

Carsten Ja, wir standen irgendwann hinter Buchholz wirklich in der Heide und keiner wusste warum und irgendwann hat dann derjenige, welcher die Durchsagen tätigt, gesagt: „Sehr geehrte Gäste. Sie stellen wahrscheinlich auch seit einiger Zeit schon fest, dass wir rechts und links von Zügen überholt werden. Warum wir noch nicht rollen, weiß ich selber noch nicht.“ Ja, insgesamt war das wieder ein Paradebeispiel für die nicht gegebene Pünktlichkeit der Deutschen Bahn. Also wir haben insgesamt, ich glaub, 73 Minuten Verspätung gehabt vor einem Teilstück, was insgesamt bisschen mehr als 2 Stunden gedauert hätte also.

Stefanie Buchholz ist halt nicht wirklich weit von Hamburg entfernt, das heißt Du bist quasi gerade so angefahren und hast dann wieder angehalten. Aber glücklicherweise hattest du ein Buch dabei und auch die Möglichkeit da ins zur Bord Restaurant zu gehen und musstest keinen Anschluss kriegen und hattest sowieso mehr Zeit eingeplant, also war das alles in Ordnung.

Carsten Ja, genau, ich hatte einen Puffer, ich bin eigentlich von der ursprünglichen Planung ausgegangen, dass ich um Punkt 12 dann in Münster ankomme und hab dann ja maximal noch 3 Stunden, bis die Konferenz beginnt. Woran ich gedacht habe, dass ich so zwischen 14:00 Uhr und 14:30 Uhr dann da auftauche und das mit dem Einchecken, weil ich da auch ein Zimmer gebucht hatte. Und trotz der starken Verspätung hab ichs also auch noch pünktlich geschafft, hab aber von anderen Teilnehmenden ähnliches gehört, dass auch die Probleme hatten, egal aus welcher Richtung sie gekommen sind. Es gab immer irgendwie Verspätungen zu berichten, was den Bahnverkehr betrifft.

Stefanie Um jetzt wieder zurückzukommen auf das eigentliche Programm: warum hast du dich denn eigentlich für diese Konferenz entschieden? Was hat dich da so besonders angesprochen?

Carsten Also allein schon der Titel „Für eine Weltwirtschaft, in der wir leben wollen“. Das ist so etwas gewesen, was ich damals getriggert hat, es passt zu unserer Vorstellung, dass wir uns ein neues Wohlstandsmodell erarbeiten wollen, den Weg dorthin skizzieren wollen und die Frage nach dem Wohlstandsmodell ist ja mit Wirtschaftsmodell gekoppelt. Also erstmal hat mich der Titel angesprochen, dann die Aussicht mich da wirklich mal so 2 Tage hinzusetzen und mich intensiv diesem Thema zu widmen und da dann auch gedanklich abzutauchen. Rechts und links ist ja nichts anderes, sondern ist ja wirklich dieses eine Thema in den unterschiedlichsten Facetten. Das hat mich mal gereizt und ich hatte auch die Hoffnung für mich vielleicht den einen oder anderen Kontakt nochmal zu knüpfen. Zu Personen und zu Initiativen. Relativ ergebnisoffen bin ich da reingegangen, aber schon mit der Hoffnung Leute kennenzulernen, ja, das war so der Punkt, wo ich gesagt habe hey cool und Münster ist jetzt ja wirklich nicht so die Welt entfernt.

Folge 271 - Wasser, Strom und Heizkosten sparen - so geht es in der Mietwohnung

Ein Beitrag

Folge 271 - Wasser, Strom und Heizkosten sparen - so geht es in der Mietwohnung

Links zur Folge

Vollständiges Transkript

Stefanie Wir haben uns spontan zu dieser Folge entschlossen, weil uns nämlich die aktuelle Stromabrechnung vorliegt.

Carsten Ja, wir haben Post bekommen.

Stefanie Unter anderem war da die Stromrechnung im Briefkasten. Und ich bin so stolz auf uns!

Carsten Post von unserem Lieblings-Energieversorger? ;)

Stefanie Nee, genau... also, über den sprechen wir jetzt natürlich nicht. Aber halt, vielleicht könnten wir da mal nachfragen, ob die uns sponsoren, dafür dass wir jetzt über das Thema sprechen!? Aber im Ernst, wir reden nicht über unseren Energieversorger, sondern über die Stromrechnung, denn wir haben unseren Stromverbrauch im letzten Abrechnungsjahr um sage und schreibe 37% gesenkt!

Carsten Wow, aber exakt 37 Grad Prozent!

Stefanie Warte mal: 37,04% wurde mir angezeigt.

Wir hatten vorher einen Stromverbrauch für unseren 3 Personenhaushalt von ungefähr 2700 kW/h pro Jahr. Und jetzt sind wir bei 1700 kW/h pro Jahr. Das ist total faszinierend, wir waren nämlich schon mit diesen 2700 kW/h pro Jahr im „guten“ Bereich für einen Dreipersonenhaushalt. Und mit den 1700 sind wir jetzt sogar im „sehr guten“ Bereich. Und laut der von mir rausgesuchten Vergleichstabelle ist 1700 auch schon für einen Einpersonenhaushalt gut. Wir sind quasi so gut wie ein Einpersonenhaushalt!

Carsten So gut wie noch nie zuvor!

Stefanie Ja, das stimmt.

Carsten Yeah, Spitzenleistung!

Stefanie Genau! Und wie haben das jetzt geschafft? Also, genau darüber wollen wir in dieser Folge plaudern: Wie wir es geschafft haben, unseren Stromverbrauch so stark zu senken. Dann wollen wir aber auch über unsere Heizkosten und über unsere Wasserkosten sprechen. Das alles ist ja jetzt gerade in den Medien Thema. Und ich dachte, es passt ganz gut, wenn wir unsere aktuell vorliegenden Abrechnungen zum Anlass nehmen, genau darüber zu sprechen.

Ich bin gerade wirklich stolz darauf, dass wir diese Einsparungen geschafft haben und es passt gerade so gut in unsere Zeit. Deswegen wollen wir da einige Tipps geben.

Natürlich sind wir nicht der Maßstab aller Dinge, und es ist hier auch alles rein subjektiv. Trotzdem habe ich mich jetzt vorhin mindestens eine Stunde hingesetzt und Zahlen recherchiert, um Vergleichswerte zu haben und zu gucken, wie unsere eigenen Verbrauchswerte da rein passen. Ergänzen werde ich das durch Fakten aus meinem Online-Kurs „Grüner Leben Schritt für Schritt“. Der Kurs ist quasi die Essenz meiner Bildungsurlaube und -kurse der vergangenen Jahre und versammelt mein gesamtes Wissen und meine Erfahrungen, die ich in den vergangenen Jahre in diesem Bereich gemacht habe. Ich verlinke Dir die weiteren Informationen zu diesem Kurs auf jeden Fall hier unter der Folge und in den Show-Notes, so dass du da gerne mal vorbeischauen kannst.

Ein Modul meinem Kurs ist das Thema „Wohnen“. Und daraus ziehe ich jetzt diese Informationen. Das heißt, du bekommst jetzt in dieser Folge einen exklusiven Einblick in meinen Kurs. Unter anderem gespickt mit unserem Vergleichswerten und sehr subjektiven Einschätzungen, wie wir es geschafft haben, weniger Energie zu verbrauchen; in den drei Segmenten Wasser, Heizen und Strom.

Aber bevor wir jetzt damit starten, möchte ich mich heute mal ganz herzlich bei Rupert bedanken, der jetzt gerade dabei ist Podcastfolgen, also Transkripte von Podcastfolgen, Korrektur zu lesen und angeboten hat, das regelmäßig zu machen. Sowie bei einer anderen Person, die das auch angeboten hat regelmäßig zu machen, aber anonym bleiben will. Deswegen kann ich den leider Namen nennen, möchte hier aber trotzdem danke sagen. Der Name der Person fängt mit B an, das ist vielleicht ausreichend, damit sich diejenige Person angesprochen fühlt ;)

Wie gesagt, ich schütze Deine Anonymität. Jedenfalls herzlichen Dank an dieser Stelle diesen beiden Personen, die sich dazu bereit erklärt haben, Transkripte Korrektur zu lesen! Es gibt noch andere Personen, die das teilweise schon gemacht haben und teilweise noch machen wollen. Nichtsdestotrotz ist ein großer Anteil der Podcastfolgen immer noch nicht transkribiert und Korrektur gelesen. Also wenn Du das Gefühl hast, Du möchtest das gerne machen, Du würdest gern was zurück geben, dann melde Dich doch bitte gerne bei mir unter post@vonherzenvegan.de.

Du kannst dir die Podcastfolge aussuchen, die du transkribieren möchtest. Und ich denke, es ist relativ unwahrscheinlich, dass du genau die Folge nimmst, die jetzt gerade von einer anderen Person transkribiert wird, bzw. Korrektur gelesen wird. Also von daher besteht, sagen wir mal, eine 98%ige Wahrscheinlichkeit, noch eine bisher nicht transkribierte Folge zu erwischen. Du kannst quasi sowas wie Transkript-Patin oder Transkript-Pate von einer Folge werden. Und ich nenne Dich sehr gerne auch namentlich sowohl im Text zur Podcastfolge und auch gerne verbal in einer der nächsten Podcastfolgen. Dann wirst Du quasi in einer die Hall of Fame der Transkript-Korrekturleser*Innen aufgenommen.

Carsten Ja, das ist cool!

Stefanie Das mit der Hall of Fame ist mir gerade spontan eingefallen. Ich kann dafür auf meiner Internetseite sogar eine eigene Rubrik einrichten, auf der ich aufzähle, welche Person wie viel Korrektur gelesen hat. So mit einer absteigenden Reihenfolge der Ehrungen und so ;) Dann steht da wahrscheinlich mehrfach: Korrekturgelesen von Anonym, Korrektur gelesen von Anonym, Korrekturgelesen von Anonym… Also ich werde das auf jeden Fall gerne honorieren, wenn Du beim Korrekturlesen unterstützen möchtest. Nur nicht finanziell, denn das ist ja nicht der Sinn der Sache. Und ich bin auf jeden Fall sehr dankbar, wenn du dich meldest, um ein Transkript Korrektur zu lesen. Wie gesagt, du kannst dir die Folge aussuchen. Wenn du dich angesprochen fühlst, melde dich bei mir.

Kommen wir jetzt mal auf das Thema Strom zu sprechen. Wie haben wir das denn geschafft? Also es ist schon länger so, dass wir so kleinere Sachen machen, wie überall den Stecker ziehen oder zum Beispiel schalten wir unseren WLAN Router aus nachts, der zieht tatsächlich auch Strom. Also es gibt jede Menge kleinere Sachen, die wir tun können. Aber was jetzt wirklich diesen großen Sprung gemacht hat von den 2700 auf die 1700 Kilowattstunden pro Jahr, das war, dass wir keinen Trockner mehr haben. Wir hatten davor noch einen Trockner,

Carsten einen relativ alten, den wir regelmäßig genutzt. Da haben wir ganz bewusst darauf verzichtet. Also der tat noch, den haben wir nachher verschenkt.

Stefanie Genau den haben wir verschenkt und leben jetzt seit über einem Jahr ohne Trockner. Genau. Und trocknen jetzt entweder auf dem Balkon oder unten im Trockenraum. Und wir sind tatsächlich die einzigen hier im Haus, von den 7 Parteien, die dort Wäsche trocknen.

Carsten Ja.

Stefanie Merkwürdigerweise ja. Also entweder haben alle anderen Trockner oder die trocknen in der Wohnung, was eigentlich laut Mietvertrag verboten ist. Also wir wissen das ja nicht, wir wollen hier niemanden verleumden. Also jedenfalls wir machen das nicht. Wir trocknen entweder unten im Keller oder auf dem Balkon. Und das denke ich, ist so somit die größte Ersparnis, also was am meisten gebracht hat. Dann hatten wir auch eine „neue“ Spülmaschine und einen „neuen“ Kühl-Gefrierschrank gekauft. Neu ist jetzt irreführend, weil es gebraucht war.

Carsten Diesmal haben wir auf die Energiesparklasse geachtet, was wir in der Vergangenheit so nicht getan haben. Und wir haben durch die Kühlschrank und Gefrierschrank Kombination die vorherigen Geräte ausgetauscht. Also in der vorherigen Wohnung hatten wir einen Kühlschrank.

Stefanie Der so alt war wie die Wohnung selbst und deswegen schon sehr alt. Unser Gefrierschrank war auch schon sehr alt, denn wir hatten da so einen kleinen Gefrierschrank und die Spülmaschine war auch die von der Wohnung, das heißt, die war auch schon älter und da war auch keine Energieeffizienzklasse ersichtlich. Und da haben wir jetzt bei der neuen Wohnung drauf geachtet, dass wir da die höchste Energieeffizienzklasse genommen haben und ein gebrauchtes Gerät, so dass diese Kombination für uns am nachhaltigsten war und tatsächlich auch was gebracht hat.

Wir nutzen für die Spülmaschine und auch die Waschmaschine, die ebenfalls eine hohe Energieeffizienzklasse hat, also die höchste, die es damals gab, als wir das Gerät gebraucht auch wieder gekauft haben, immer die Öko Eco Sparprogramme, so dass wir der Meinung sind, dass es auch daran liegt. Die Waschmaschine hatten wir in dem vorigen Haushalt schon und das heißt, daran kann es nicht liegen, dass wir so viel eingespart haben. Aber ich denke auf jeden Fall am Trockner. Und, dass Spülmaschine, Kühlschrank und Gefrierschrank energieeffiziente Geräte sind.

Carsten Genau das denke ich auch, dass das den großen Anteil gebracht. Ansonsten haben wir ja unseren Stromverbrauch oder die Art und Weise, wie wir Strom verbrauchen, gar nicht geändert.

Stefanie Genau. Also im Vergleich dazu waren wir vorher schon gut.

Carsten Ja.

Stefanie Und das hatten wir dadurch erreicht, dass wir viele kleinere Dinge gemacht haben. Wir haben ja auch keinen Fernseher, der verbraucht auch viel Strom. Was wir aber schon haben, sind mittlerweile zwei Tablets und wir haben auch zwei Laptops. Und wir haben auch einen großen Bildschirm, den wir beim Arbeiten benutzen. Und es war auch so, dass Carsten mindestens zwei Monate Homeoffice im Abrechnungszeitraum gemacht hat, so, dass er da dann auch mehr Strom verbraucht hat. Und ich hatte eigentlich wirklich damit gerechnet, dass wir jetzt mehr Strom verbraucht haben als vorher.

Carsten Durch die Homeofficetätigkeit.

Stefanie Ich habe mich schon so ein bisschen gesorgt und dass wir jetzt also wirklich deutlich weniger verbraucht haben macht mich stolz. Deswegen müssen wir jetzt auch die Podcastfolge aufnehmen, weil ich diesen Stolz teilen möchte. Ich war so stolz auf uns, dass wir das geschafft haben. Und das heißt, es ist ja noch Potenzial da. Wir könnten also jetzt, wenn wir sagen, weniger Elektrogeräte, weniger damit Filme gucken, Musik hören oder was auch immer, weniger arbeiten, also weniger elektrische Geräte nutzen, würde vielleicht auch noch was bringen.

Carsten Ja, ich glaube schon, dass wir da noch ein bisschen Potenzial haben. Wobei ich dazu sagen muss, wir sparen uns jetzt nicht zu Tode. Es ist nicht so, dass wir händeringend versuchen, irgendwie Energie zu sparen, sondern das ist jetzt eine völlig normale Alltagsroutine für uns geworden, ohne dass wir da bewusst immer darauf achten müssen „Oh, jetzt schnell den Stecker ziehen oder jetzt schnell den den Schalter betätigen“, damit dann das Licht ausgeht oder so. Ja, wir wollen jetzt nicht den Eindruck erwecken, dass wir total die Sparfüchse geworden sind, die als Hauptziel haben, den Energieverbrauch so weit wie möglich nach unten zu skalieren.

Stefanie Ja, da sprichst du auf jeden Fall einen sehr wichtigen Punkt an. Das ist etwas, was ich auch in meinen Kursen und generell mit Menschen immer wieder bespreche. Nämlich: Wie weit schneidet das, was du tust, in deinen Alltag ein? Also wie sehr beeinträchtigt es dich? Und das, was wir bisher getan haben, beeinträchtigt uns nicht in unserem Alltag. Und das wäre nun die Frage, wenn wir weiter schauen und sagen okay, wir wollen noch mehr. Wir sind jetzt voll angefixt, wir wollen noch mehr sparen, noch mehr sparen, noch mehr sparen. Wie stark wird es uns einschränken? Und das ist, glaube ich, immer generell die Frage.

Es ist aber auch ein Prozess, denn natürlich kannst du sagen, die Wäsche nicht im Trockner zu trocknen, das schränkt mich stark ein. Ich habe keinen Trockenkeller oder was auch immer. Es ist individuell. Also wir reden jetzt hier über das, was wir machen und wie das bei uns möglich ist. Und du wägst das dann, liebe·r Hörer·in für dich ab, ob das für dich möglich ist. Denn wir können keine allgemeingültigen Tipps geben, sondern einfach nur aus unserer subjektiven Sicht sagen, wie wir das gemacht haben. Und für uns funktioniert das. Natürlich ist es einfacher, die Sachen in den Trockner zu packen, aber es darf ja auch nicht alles in den Trockner, muss man dazu sagen. Letztlich dann aus dem zweiten Stock in den Keller zu gehen, um die Wäsche aufzuhängen und sie dann auch da wieder hoch zu holen, ist natürlich erst mal ein Aufwand, das ist schon klar. Nur sind es Dinge, an die wir uns gewöhnen können. Also wir zumindest konnten uns jetzt daran gewöhnen und deswegen ist das ein Aufwand, den ich in Kauf nehme. Und da ist es immer wieder ein Abwägen, was ist dir wichtiger?

Und hier beim Strom geht es ja jetzt auch in erster Linie um die Kosten. Also das heißt unser Abschlag war vorher bei 76 €, jetzt ist er bei 46 €. Wir sparen jetzt 30 € im Monat und das ist ja ziemlich cool. Aber letztlich müssen wir uns da jetzt nicht so arg drum sorgen, denn selbst wenn es noch mal 10 € mehr werden, es ist immer noch 20 € weniger als vorher. Und deswegen finde ich es ziemlich cool, dass wir das geschafft haben und deswegen wollte ich einfach teilen, wie wir das geschafft haben. Soweit jetzt erst mal zum Strom und nun zum Thema Wärme, heizen.

Das ist ja jetzt gerade auch in aller Munde und auch da konnten wir viel einsparen. Damals habe ich nicht diesen Stolz verspürt, sofort die Folge zu machen. Dafür lassen wir es jetzt mit einfließen. Wir haben ja vorher, bevor wir im Juni letzten Jahres in diese Wohnung, in dieses Mehrfamilienhaus gezogen sind, in einem Haus gewohnt, was eigentlich ein Einfamilienhaus ist, wo wir mit den Vermieter·innen zusammen in dem Haus gewohnt haben. Das heißt, wir hatten die obere Etage und die hatten die untere Etage. Das heißt, es war ein freistehendes Einfamilienhaus, quasi Zweifamilienhaus, also keine Doppelhaushälfte, dass wir das in der Mitte geteilt hätten, sondern ein ausgebautes Einfamilienhaus.

Carsten Ursprünglich ja, mit der Intention, irgendwie einen Verwandtenteil in der Wohnung zu lassen.

Stefanie So eine Art Einliegerwohnung also quasi horizontal geteilt und nicht vertikal geteilt. Und ja, also die Unterschiede sind ziemlich krass. Also jetzt, was das Heizen vor allem betrifft. Jetzt wohnen wir in einem Mehrfamilienhaus. Wir haben die Quadratmeter auch nur um zehn Quadratmeter reduziert, also die Größe der Wohnung. Eigentlich wäre es ja so 25 Quadratmeter pro Person ist nachhaltig. Und wir wohnen jetzt auf 82 Quadratmeter, ungefähr, 81,3333 oder so. Und vorher haben wir ungefähr auf 92 Quadratmeter gewohnt, da in diesem Einfamilien-Zweifamilienhaus. Und jetzt ist es so, dass wir im zweiten Stock wohnen, in einem großen Mehrfamilienhaus. Uber uns sind noch Wohnungen, neben uns, rechts und links sind Wohnungen und unter uns logischerweise auch. Wir schweben nicht frei im zweiten Stock. Das heißt, um uns rum sind Wohnungen.

Das hörst du vielleicht auch an den Nebengeräuschen? Und ja, das kann natürlich negativ sein. Diese Nebengeräusche. Aber was die Wärme angeht, ist es wirklich super. Wir haben in diesem Jahr zum Herbst hin noch nicht geheizt. Wir waren jetzt in den Herbstferien für eine Woche auf der Insel. Poel - haben wir ja schon erzählt - und dort in einem Ferienhaus, das auch freistehend war. Und dort mussten wir die ganze Zeit heizen, weil das sonst viel zu kalt war, die Zimmer waren sofort ausgekühlt.

Carsten Genau, Es hatte nur eine Grundkühle, also keine Grundwärme, sondern eine Grundkühle, wenn die Heizung nicht aktiv eingeschaltet wurde. Es war immer irgendwo, keine Ahnung, gefühlte 14, 15 Grad oder so, also definitiv zu kalt.

Stefanie Es war auf jeden Fall zu kalt und hier ist es bisher noch nicht passiert. Also einfach nur ganz alleine deswegen, weil wir in einem Mehrfamilienhaus wohnen und nicht in einem Einfamilienhaus. Es ist auf jeden Fall schon wärmer. Dann noch zu den Fakten. Wir werden hier mit Fernwärme beliefert und ich hatte noch mal geguckt: Der Energiebedarf des Gebäudes liegt bei 76,7 Kilowattstunden und das ist schon relativ energieeffizient. Natürlich noch nicht super. Es gibt ja noch viel bessere Häuser, aber schon mehr in die Richtung Energieeffizient. Also damit du das vergleichen kannst mit der Wohnung, dem Haus, wo du wohnst, worüber wir sprechen. Hier ist eine 81,33 qm große Wohnung in einem großen Mehrfamilienhaus, das mit Fernwärme beliefert wird und einen Energiebedarf von 76,7 Kilowattstunden hat. Und da ist Warmwasser schon enthalten in dieser Berechnung.

Auf dieser Basis ist es so, dass wir im letzten Abrechnungszeitraum ungefähr 500 € an Heizkosten inklusive Wartungskosten gezahlt haben. Das ist ein Durchschnitt von 6,15 € pro Quadratmeter. Und ich hatte mal nachgeschaut, das Fernwärme bei einer 70 Quadratmeter großen Wohnung eigentlich dann bei 13,8 € pro Quadratmeter liegen würde. Das heißt, wir sind auf jeden Fall schon deutlich unter dem Durchschnitt. Und das sagt auch eine andere Statistik, wo es ebenfalls um eine 70 Quadratmeter große Wohnung in einem Mehrfamilienhaus geht. Und da steht hier bei Fernwärme sind Heizkosten von 645 € schon als niedrig anzusehen und wir haben nur 500 €. Das heißt, dass wir auch mit der Art und Weise, wie wir heizen, schon in einem sehr niedrigen Bereich gelandet sind.

Direkt vergleichen mit der vorigen Wohnungen, dem Ein-Zweifamilienhaus können wir das nicht, weil dort mit Erdgas geheizt wurde. Und es gab dort gar keine Zähler. Wir mussten nach Quadratmetern uns irgendwie anpassen. Nur der Gesamtwert wurde aufgeteilt, das heißt, wir konnten den tatsächlichen Verbrauch überhaupt nicht messen. Und die Kosten waren aber mehr als doppelt so hoch als das, was wir jetzt in dieser Wohnung gezahlt haben. So dass es dann 12,59 € pro Quadratmeter waren im Vergleich zu diesen 6,5 Euro pro Quadratmeter, die wir jetzt zahlen. Wie gesagt, das kann man nicht richtig vergleichen, weil es auch ein anderer Energieträger ist, der eigentlich im Vergleich günstiger ist. Jetzt natürlich nicht mehr und zum anderen eine andere Art der Messung, so dass es nur mit den Kosten vergleichbar ist.

Carsten Also wir haben einfach für uns sichtbare Effekte, erst messbar, spürbar, sogar auf dem Konto. Aber wir wissen auch weder die Energieeffizienzklasse des Hauses der vorherigen Wohnung. Das ist uns leider unbekannt und wir müssen uns auch drauf verlassen, dass das, was die Vermieter·innen uns damals zugesagt haben, dass deren Heizverhalten eher großzügig ist. Das war damals so etwas. Die haben uns ja erklärt, dass wir eigentlich davon profitieren. Dadurch, dass sie sehr häufig heizen, würde sich unsere Wohnung mit aufheizen. Ob das jetzt tatsächlich so ist, wissen wir natürlich nicht. Das kann natürlich im schlimmsten Fall sein, dass wir einen Großteil der Kosten selber getragen haben. Aber letztendlich sind das so die, ich sag jetzt mal die Unschärfen, mit denen wir den Vergleich anstellen müssen.

Stefanie Genau. Und deswegen können wir das jetzt nicht direkt vergleichen, aber zumindest haben wir diese Tabelle, in der steht, dass Heizkosten von 645 € bei Fernwärme und einer 70 Quadratmeter großen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus schon niedrig sind und wir sagen können okay, wir haben 500 € gezahlt. Das heißt, unser Heizverhalten ist schon sehr gut. Der Schlüssel liegt tatsächlich in der Reduzierung der Raumtemperatur. Da muss man allerdings aufpassen, dass es nicht zu kühl wird, weil sich dann Schimmel bilden kann. Wir hatten hier von unseren neuen Vermieter·innen in diesem Mehrfamilienhaus auch so einen Flyer bekommen, wo genau drin stand „Bitte diese Temperaturen einhalten usw und so fort.“ Das heißt es ist schon gut, wenn man so eine gewisse Raumwärme einhält.

Allerdings macht ein Grad Reduzierung schon viel aus. Das heißt besser dich wärmer anziehen, als auf 20 Grad zu heizen. Lieber auf 19 oder 18 Grad heizen, dann sparst du auf jeden Fall schon was. Warum ist das so? Ich hatte hier eine Statistik vom Statistischen Bundesamt von 2021 rausgesucht, die den Energieverbrauch für Wohnen nach Anwendungsbereichen von dem Jahr 2019 zeigt. Und zwar macht die Raumwärme beim Energieverbrauch 71 % für den Bereich Wohnen aus. Und danach kommt dann mit 15 % Warmwasser. Über das Thema Wasser sprechen wir gleich noch. Aber wirklich fast 2/3 des Energieverbrauchs im Bereich Wohnen liegen bei der Raumwärme, das heißt, da ist dein größtes Einsparpotential. Das ist dann gut fürs Klima, aber auch gut für deinen Geldbeutel, wie wir auch gemerkt haben.

Und ich les dir hier mal ein paar Tipps vor, die ich auch in den Kurs „Grüner Leben Schritt für Schritt“ eingefügt habe. Also Reduzierung der Raumtemperatur um ein Grad hatten wir schon gesagt.

  • Dann falls vorhanden Rollläden nachts herunterlassen, hält die Räume warm und kann bis zu 5 % Energie sparen.
  • Selten genutzte Räume kühler und die Tür zu diesen Geschlossenheiten spart bis zu 3 % Energie.
  • Temperatur der Heizung nachts auf 15 bis 16 Grad Celsius senken spart bis zu 5 % Energie.
  • Zudecken statt hochheizen das ist jetzt, was wir auch schon gesagt hatten. Also bevor du die Heizung hoch drehst, schau, ob du dich wärmer anziehen und eine Decke oder eine Wärmflasche nutzen kannst.
  • Konstant heizen, also je nach gewünschter Raumwärme zwischen 17 und 20 Grad
  • die Heizkörper freihalten,
  • Fenster und Türöffnungen abdichten,
  • Stoßlüften statt Fenster auf Kipp.

Und ich werde auf jeden Fall auch noch mal einem Beitrag von Deutschlandfunk Nova „Netzbasteln Folge 172. Gesund, sparsam, klimafreundlich. So heizt ihr richtig.“ verlinken. Da kannst du auch noch mal reinhören, weil es da auch darum geht, wie du deine Heizungskörper wartest und wie du da dann noch mal was rausholen kannst.

Um das noch mal zusammenzufassen: im Bereich Wohnen, wenn es um Nachhaltigkeit geht, ist der größte Wirkhebel die Wohnfläche, wo du wohnst und wie das saniert ist. Also das alles zusammen. Diese 25 Quadratmeter Wohnfläche pro Person. Wenn das ein super energieeffizientes Gebäude ist, dann geht es sicherlich auch mit mehr Wohnfläche. Und dann kommt gleich die Raumwärme. Nach der Fläche kommt die Raumwärme. Wenn du in einer Mietwohnung wohnst, so wie wir, hast du ja nicht so viel Einflussmöglichkeiten auf das Gebäude Und du wirst sicherlich auch nicht so viele Möglichkeiten haben, immer wieder umzuziehen, um das passende Gebäude zu finden oder den Vermieter, die Vermieterin dazu zu bringen, alles zu sanieren. Das heißt, wenn du das mit der Wohnfläche nicht hinbekommt, ist gleich der Faktor eins die Raumwärme und nach der Raumwärme kommt dann Warmwasser.

Und das wäre jetzt so der nächste Punkt auf dieser Liste. Und gerade beim Wasser ist es wichtig, dir zu überlegen, aus welchem Grund du Wasser sparen möchtest. Ist es aus Nachhaltigkeitsgründen oder aus Kostengründen? Denn zwar ist Warmwasser definitiv eine Ressource, die viel CO2 verbraucht, Kaltwasser dagegen allerdings weniger. Doch gerade in Relation gesetzt zu dem Wasser, was wir durchschnittlich in unserem Privathaushalt verbrauchen und dem virtuellen Wasser, was in allen möglichen Dingen, die wir verbrauchen, nutzen drinsteckt, ist einfach das, was wir in dem Haushalt verbrauchen, relativ gering.

Um konkrete Zahlen zu nennen: eine in Deutschland lebende Person verbraucht durchschnittlich pro Tag 125 Liter Wasser, davon so fünf Liter für Essen und Trinken und 120 Liter für Körperpflege, Wäsche waschen und so was. Das ist natürlich nur ein Durchschnitt, ein Durchschnittswert. Wenn du mehr trinkst, verbrauchst Du mehr für Trinken usw und so fort. Aber das virtuelle Wasser pro Person in Deutschland täglich liegt bei 4000 Liter. Und da sind die 125 Liter natürlich im Vergleich relativ wenig. Das heißt diese 125 Liter im Privathaushalt, das ist das, was abgerechnet wird und das, wofür du die Wasserrechnung bekommst von deiner Wassergesellschaft und wovon auch das Warmwasser berechnet wird.

Das virtuelle Wasser wird dir nicht berechnet, sondern das ist in den Produkten enthalten, die du nutzt und die du vielleicht auch isst. Denn zum Beispiel um ein Hühnerei zu „produzieren“, werden circa 200 Liter Wasser benötigt. Das ist ungefähr eine Badewannenfüllung. Und das ist natürlich wieder ein Durchschnitt. Kommt drauf an wo das Huhn lebt, wie viel Wasser es bekommt usw und so fort. Aber das zu überlegen, okay, in den Nahrungsmitteln, vor allem in tierlichen Nahrungsmitteln, steckt sehr viel Wasser. Du kennst das bestimmt auch. Das Beispiel mit dem Rindfleisch. Also für ein Kilo Rindfleisch könntest du sogar 75 Badewannen volllaufen lassen. Und das ist nicht nur bei tielichen Produkten so, sondern für die Herstellung einer Jeans werden etwa 55 Badewannen voll Wasser benötigt. Und so führt sich das in vielen Dingen, die wir im Alltag nutzen, fort.

Dagegen sind diese ungefähr 125 Liter Wasser, die jeder Mensch im bundesdeutschen Durchschnitt im Privathaushalt verbraucht, noch relativ wenig. Noch dazu verbrauchen Privathaushalte nur circa 14 % des Frischwassers Deutschlands, während die Industrie stolze 80 % verbraucht. Das finde ich noch sehr wichtig, einfach als Hintergrundwissen, denn für mich ist Wassersparen eher damit verknüpft, Kosten zu sparen, als etwas für die Umwelt zu tun. Also wenn es wirklich nur um diese 120 bis 125 Liter durchschnittsweise Wasser pro Person im Privathaushalt geht.

Denn diese 4000 Liter virtuelles Wasser, das ist eigentlich der Punkt, wo wir Wasser sparen können. Und da sparst du schon alleine dadurch Wasser, dass du dich rein pflanzlich ernährst, dass du SecondHand kaufst, vor allem bei Jeans darauf achtet, dass du sie nicht neu kaufst und auch generell in deinem ganzen Einkaufsverhalten schaust, dass es ressourcenschonend ist. Und damit sparst du Wasser. Und jetzt, hier in dieser Podcastfolge, gucken wir uns nur diesen kleinen, winzigen Teil an, den wir an Wasser sparen können im Privathaushalt. Weil wir jetzt den Fokus auf die Kosten legen und gucken, wo können wir da was sparen.

Es gibt einen Unterschied zwischen Kaltwasser und Warmwasser. Wir schauen zum einen auf die Kosten, zum anderen schauen wir aber auch auf CO2. Denn Warmwasser verbraucht fast 31 mal so viel CO2 wie Kaltwasser. Und das wusste ich vorher auch nicht. Ich habe das alles durchgerechnet. Es ist sehr spannend. Ich verlinke dazu auch eine Statistik vom Umweltbundesamt in den Shownotes, da kannst du dir alles anschauen. Da wurde nämlich ganz praktisch auf einen 3-Personen Haushalt Bezug genommen. Das ist für uns jetzt sehr passend, weil wir als 3-Personen Haushalt damit dann unseren Wasserverbrauch vergleichen können.

Und hier wurde gesagt, dass ein 3- Personen Haushalt in Deutschland jährlich 86 Kubikmeter Kaltwasser und 48 Kubikmeter Warmwasser verbraucht. Und diese 48 Kubikmeter Warmwasser verbrauchen 1515 Kilogramm CO2 durch das Aufheizen. Während die 86 Kubikmeter Kaltwasser nur 90 Kilogramm CO2 durch die Aufbereitung im Wasserwerk verbrauchen. Und analog dazu habe ich jetzt unseren Verbrauch für das vergangene Abrechnungsjahr ausgerechnet. Und wir haben diese 86 Kubikmeter plus die 48 Kubikmeter, die hier im Vergleich angegeben sind, ergeben 134 Kubikmeter. Wir haben insgesamt 118 Kubikmeter verbraucht, also ein bisschen weniger, nicht viel weniger, aber ein bisschen weniger. Was aber jetzt wichtig zu sehen ist, ist der Vergleich zwischen Kaltwasser und Warmwasser. Wir haben nämlich nur 14,175 Kubikmeter Warmwasser verbraucht im Vergleich zu den 48 Kubikmeter Warmwasser hier im Durchschnitt. Das sind tatsächlich 70 % weniger Warmwasser als im Durchschnitt. Allerdings haben wir 104 Kubikmeter Kaltwasser anstelle von 86 Kubikmeter Kaltwasser verbraucht. Das sind 21 % mehr.

Aber weil ja das Kaltwasser 31 mal weniger CO2 verbraucht als das Warmwasser, haben wir insgesamt - wenn wir also Warmwasser und Kaltwasser zusammenrechnen und den CO2 Verbrauch davon zusammenrechnen - im Vergleich zu diesem Durchschnitt, was das Umweltbundesamt angibt 65 % CO2 gespart und das finde ich doch sehr herausragend. Das ist doch schon mal was. Und natürlich haben wir auch jede Menge Kosten gespart, denn letztlich ist das Warmwasser viel teurer als das Kaltwasser. Und deswegen ist der Fokus, Warmwasser zu sparen sehr sinnvoll. Ich habe auch noch mal darüber nachgedacht, warum wir jetzt mehr Kaltwasser als im Durchschnitt verbraucht haben. Ich erkläre mir das so, dass wir zum einen auch das Wasser aus dem Hahn trinken. Also wir zahlen quasi hier schon unser Trinkwasser, wir kaufen kein Wasser in Flaschen, sondern kaufen das Wasser aus dem Hahn. Außerdem wasche ich auch kalt ab. Ich nutze relativ selten Warmwasser dafür. Das funktioniert ganz gut. Wir haben noch Potenzial Kaltwasser einzusparen. as wir gemacht haben, wir haben so Wassermengenregler eingebaut.

Carsten Ich würde sagen, die nennt man Wassersparköpfe. Also in der Dusche heißt es Wassersparkopf.

Stefanie Wir haben jedenfalls diese Wassermengenregler überall eingebaut.

Carsten Aber das haben wir erst unterjährig gemacht. Also noch nicht die ganze Zeit.

Stefanie Genau.

Carsten Außerdem haben wir unseren Balkon dieses Jahr bepflanzt. Da geht auch noch einiges an Kaltwasser drauf.

Stefanie Und auf die Idee gekommen, wie wir da Wasser sparen können, bin ich jetzt erst vor kurzem. Ich habe nämlich jetzt angefangen, wenn ich zum Beispiel Salat oder Gemüse wasche, das Wasser immer aufzufangen, in die Gießkanne zu schütten und damit dann zu gießen. Mein Ziel ist es tatsächlich, das Gießwasser für den Balkon komplett aus Brauchwasser zu nutzen.

Carsten Genau. Und ich mache auch sehr viel mit Sprossen. Das heißt also, ich muss ja morgens und abends einmal meine Sprossen wässern, einmal mit Wasser einweichen und das Tropfwasser habe ich bisher auch nicht aufgefangen. Also das ist natürlich dann auch noch mal etwas, wo ich dann auch Gießwasser generiere, was bei Sprossen ja den schönen Vorteil hat, dass ich auch noch so ein bisschen Nährstoffversorgung damit gewährleisten kann. Aber das sind noch so Potenziale, wo wir vielleicht im nächsten Abrechnungszeitraum auch beim Kaltwasser noch mal so ein bisschen Effekte feststellen können.

Stefanie Ich hatte auch in den Bildungsurlauben und Kursen generell noch mal Tipps immer gesammelt zum Wassersparen und auch da kam einiges zusammen, was wir jetzt auch schon genutzt haben.

  • Diese Wassermengenregler – Nupsis
  • Wasser abstellen, wenn es nicht gebraucht wird
  • Duschen statt baden
  • Beim Einseifen das Wasser ausstellen
  • Falls Trockner dann das Trockner Wasser fürs Bügeln verwenden, weil das dann schon entkalkt ist.
  • Spartaste an der Toilette nutzen
  • nur so viel Wasser erhitzen, wie ich auch wirklich benötige.(Das machen wir auch. Wenn wir jetzt zum Beispiel Tee kochen, dann füllen wir in der Teekanne das Wasser ab, gießen es dann in den Wasserkocher, erhitzen das so, dass es wirklich nur das Wasser ist, was erhitzt werden soll.)
  • Tropfende Wasserhähne und Schläuche sofort reparieren Haben wir auch gemacht.
  • Leitungswasser trinken
  • möglichst Wildpflanzen, Stauden in den Garten pflanzen, die muss man praktisch nicht gießen.
  • Regentonne für den Garten anschaffen
  • Beete im Garten mulchen und Bäume pflanzen, um die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens zu erhöhen. (Das war auch noch ein Tipp aus der Runde von meinen Kursteilnehmenden.)
  • Regenwasser fürs Blumengießen nutzen.

Das ist jetzt natürlich. Wir sind auf dem Balkon noch nicht so weit, dass wir das Regenwasser ableiten. Aber dafür nutzen wir jetzt einfach unser Brauchwasser. Das haben wir jetzt ja gerade schon erklärt.

Carsten Ja und was das Warmwasser betrifft, habe ich ja noch so einen Beitrag. Ich dusche tatsächlich kalt. Das mache ich jetzt aber weniger aus Kostengründen, sondern mehr aus gesundheitlichen Gründen. Aber ich glaube, dass das bei uns natürlich auch noch einen Effekt zeigt. Und das andere, das ist so ein bisschen unfair: ich dusche auch zunehmend woanders.

Stefanie Aber erst seit Kurzem.

Carsten Erst seit kurzem. Aber das wird sich im nächsten Abrechnungszeitraum wahrscheinlich bemerkbar machen. Das heißt also, ich fahre

Stefanie zur Arbeit, also nicht das jetzt komische Gedanken hochkommen.

Carsten Genau das wollte ich ja gerade sagen. Nein, ich geh nicht zur Nachbarn.

Stefanie Oder was auch immer man sich da denken könnte, wenn du sagst „ich dusche auch immer woanders“.

Carsten Also ich bestreite meinen Arbeitsweg zunehmend mit Rad und aufgrund der Entfernung - sas sind so keine Ahnung 22, 23, 24 Kilometer - und da ich sehr sportlich fahre, verzichte ich morgens hier auf das Duschen, schmeiß mich in Sportmontur aufs Rad und fahre zur Arbeit und habe dort das Privileg duschen zu können. Das heißt also, ich werde natürlich auch einen Teil des Wassers dann auslagern und einen Teil der Kosten. Das wird mich aber nicht davon abhalten, auch dort vor Ort kalt zu duschen, weil wie gesagt, ich mache das aus gesundheitlichen Gründen. Aber das ist natürlich etwas. Falls wir in einem Jahr wieder eine Folge zum Thema machen und da erneut Zahlen vorweisen, wird das sicherlich auch noch mal einen Effekt zeigen, dass unser Verbrauch noch mal geringer werden könnte.

Stefanie Ja, kalt duschen ist ja immer so ein Thema, das da gesagt wird. Okay. Dusche kalt, um was fürs Klima zu tun. Ich finde, wenn du so wie Carsten bist und sagst „Ich dusche gerne kalt“, ist es okay. Aber letztlich, wenn du schaust auf diese 120 bis 125 Liter pro Tag pro Person und die 4000 Liter virtuelles Wasser, dann wird das kalt duschen jetzt nicht das reißen.

Carsten Also das wird nicht das Klima retten.

Stefanie Nein, genau. Beziehungsweise ist es da ja dann das Warmwasser. Also dass du weniger Warmwasser brauchst. Wie gesagt, das Warmwasser ist laut diesen Daten, die ich habe, 31 mal klimaschädlicher sozusagen. Also es verbraucht 31 mal mehr CO2 als das Kaltwasser. Das heißt also Warmwasser einsparen ist sehr gut. Nur wie gesagt, es gibt andere Möglichkeiten. Es ist nicht der Punkt, wenn du sagst okay, ich dusche einfach immer nur kalt, aber ich esse dreimal Fleisch pro Tag und fahr mit dem Auto über hin, ich fliege und ich wohne ganz alleine in einem 500 Quadratmeter großen Einfamilienhaus oder so da.

Carsten Die Etagenvilla.

Stefanie So was in der Art, Du verstehst, was ich meine. Also das kann nicht der Punkt sein. Das ist so wie, ich nutze keine Coffee to go Becher mehr, sondern habe meinen eigenen Becher. Aber sonst mache ich nichts. Das wenn du sagst, ich mache das fürs Klima, dann ist das kein großer Effekt. Wenn du sagst, ich mach das fürs Geld oder für meine Gesundheit, dann hat es schon einen Effekt. Also wir müssen wirklich diese Relation im Hinterkopf behalten. Beim Wassersparen in Privathaushalten geht es wirklich in erster Linie um die Kosten. Du könntest natürlich auch gar nicht duschen, weder Wanne noch duschen und dich nur noch mit einem feuchten Lappen abwaschen. Das würde noch mehr Wasser sparen.

Carsten Und das Klima total retten.

Stefanie Ja.

Carsten Ich glaub, da geh ich lieber mal gucken, was die Arbeitskolleg·innen sagen, wenn ich dann...

Stefanie Zur Freude deiner Arbeitskolleg·innen könntest du zur Arbeit radeln, verschwitzt ankommen, dich kurz mit einem Lappen abwaschen, also mit möglichst wenig Wasser. Vielleicht nutzt du das Wasser auch mehrfach.

Carsten Ist denn der Kostenvorteil dadurch, dass ich dann mehr Deo brauche, dann noch spürbar, oder…?

Stefanie Das habe ich noch nicht ausgerechnet.

Carsten Aber ist Modellversuch wert?

Stefanie Ja, definitiv. Du kannst das alles noch weiter optimieren. Womit wir wieder bei dieser Selbstoptimierung wären. Ich bin eine Vertreterin der Meinung, dass es gewisse große Wirkhebel gibt, wo es sinnvoll ist, diese zu betätigen, wie zum Beispiel sich pflanzlich zu ernähren, auf wenig Wohnfläche zu wohnen, nicht zu fliegen, möglichst kein Auto zu fahren. Das sind so Punkte, die bringen wirklich was. Aber jetzt.

Carsten Nackt Fahrradfahren um das Schwitzen zu vermeiden?

Stefanie Eher nicht. Ich weiß nicht, ob du das Schwitzen dann vermeidest.

Stefanie Also genau diese Geheimtipps... Ich denke da noch mal drüber nach... Das ist dann Erregung öffentlichen Ärgernisses oder so...

Carsten Nur wenn Du zu schnell fährst. Ich hab einen Helm auf...

Stefanie Das wird das Problem definitiv mindern. Also, der Helm. Gut, wir lassen das jetzt mal dahingestellt. Nicht, dass deine Phantasie überreagiert, liebe·r Hörer·in. Also, es gibt Grenzen und du solltest auf jeden Fall schauen, was ist jetzt deine Intention? Möchtest du Kosten sparen oder möchtest du nachhaltig leben? Oder möchtest du vielleicht beides? Aber jedenfalls wenn es denn um Nachhaltigkeit geht, dann ist es besser, an anderen Stellschrauben zu drehen. Und ich würde sagen, das war's jetzt erstmal.

Carsten Ja, das war eine faktenvolle Folge.

Stefanie Ja, das ist das Wunder der Alliteration. Und zum Schluss möchte ich mich noch ganz herzlich bei allen Steady Unterstützer·innen bedanken, die diesen Podcast hier finanziell unterstützen und das Hosting möglich machen, so dass du auch weiterhin Podcastfolgen hören kannst. Ganz herzlichen Dank!

Carsten Vielen, vielen Dank!

Stefanie Und dann würde ich sagen in diesem Sinne.

Carsten In Hamburg sagt man Tschüss.

Stefanie Und auf Wiederhören.

Folge 270 - Verreisen mit Bahn und Fahrrad: ein Praxistest

Ein Beitrag

Folge 270 - Verreisen mit Bahn und Fahrrad: ein Praxistest

Links zur Folge

Die Onlinecommunity: "Gemeinsam in eine klimagerechte Zukunft"
https://experimentarium.stefanie-rueckert.de/

Möglichkeiten mich zu unterstützen:
https://stefanie-rueckert.de/unterstützen

Vollständiges Transkript

Carsten Wir reisen einfach vegan und dieses hier ist unser Forscherpodcast mit Carsten und Stefanie.

Stefanie Per Bahn oder mit dem Rad.

Carsten Denn eines ist klar.

Stefanie Weiter wie bisher.

Carsten Fährt es so nicht.

Stefanie Wenn du das Intro angehört hast und da nicht vorgespult hast, weil du schon seit etlichen Jahren immer vorspulst, weil du es ja schon kennst, dann weißt du, worum sich diese Folge dreht. Nämlich ums Reisen. Und ich hatte mal nachgeschaut Wir haben vor fünf Jahren, fast exakt vor fünf Jahren, eine Podcastfolge rausgebracht zum Thema Vegan an der Ostsee. Und das war natürlich nicht allumfassend, sondern nur subjektiv. Und heute wollen wir auch noch mal über vegan an der Ostsee sprechen.

Carsten Allumfassender und objektiver oder?

Stefanie Genauso subjektiv wie vor fünf Jahren, nur mit den Erfahrungen von fünf Jahren mehr. Genau. Und bevor wir jetzt darüber sprechen, möchte ich mich noch mal ganz herzlich bedanken bei all diesen wunderbaren tollen Menschen, die mich finanziell unterstützen. Sei es über Steady oder per Überweisung auf das Bankkonto. Das geht ja jetzt mittlerweile auch. Auf vielfaches Drängen habe ich mein Bankkonto preisgegeben und manche Menschen nutzen auch das. Also einen herzlichen Dank an all diese Menschen, denen das, was ich hier tue und teilweise auch Carsten tut,

Carsten Dankeschön!

Stefanie tatsächlich auch Geld wert ist. Und ich nutze dieses Geld, um einfach die Hostingkosten, also die reinen laufenden Kosten zu zahlen.

Carsten Und nicht um davon in Urlaub zu fahren.

Stefanie Das wäre ein sehr knappes Budget für einen Urlaub. Auf jeden Fall.

Carsten Mit 9 € Ticket geht das genau.

Stefanie Fürs 9 € Ticket hätte es gereicht.

Carsten Ich sage nicht wie die Ferienwohnungen finanziert wird.

Stefanie Aber genau. Oder das Essen usw. Gut, aber lassen wir mal den Spaß beiseite. Also ganz herzlichen Dank an die Menschen, die mich finanziell unterstützen oder auch uns und auch an die Menschen, die jetzt schon sich gemeldet haben, um ein Transkript einer Folge Korrektur zu lesen. Da bin ich sehr dankbar für. Fast alle wollen anonym bleiben, weswegen ich jetzt auch gerade keine Namen nenne. So allerdings sind es bisher wirklich sehr, sehr wenige Menschen, die sich gemeldet haben. Ich verstehe, dass das viel Zeit kostet.

Wenn du das Gefühl hast, du möchtest gerne was zurückgeben. Das bringt dir hier alles was. Dieser Podcast und auch die anderen Podcasts, das Experimentarium, alles was ich so mache und du hast aber keine finanziellen Möglichkeiten, dafür aber zeitliche, dann freue ich mich wirklich, wirklich sehr, wenn du dich meldest und mir eine Email schreibst an post@vonherzenvegan.de und wenigstens eine Folge Korrektur liest. Also wie gesagt, wenn das alle machen würden, die hier zuhören, dann wären wir mehrfach, mehrfach und nochmals mehrfach durch. Aber da sich ja nur wenige melden, ist es super, wenn du überlegst und schwankst und sagst na ja, eigentlich würde ich gerne, dann schwank doch mal zu dieser Seite, wo du sagst: Ja, ich mache das. Also eine Folge Korrekturlesen zum Beispiel.

Warum mache ich das jetzt alles mit den Transkripten und dem Korrekturlesen? Ich bin gerade dabei Deutsche Gebärdensprache zu lernen, einfach aus dem Grund, weil ich irgendwie barrierefreier leben möchte. Ich möchte diese Kultur verstehen und auch mit gehörlosen Menschen kommunizieren können. Und ein Schritt in diese Richtung ist es, diese rein für hörende Menschen konzipierten Podcastfolgen in eine Form zu bringen, die nicht hörende oder vielleicht auch Menschen, die nicht so gut dieser Sprache mächtig sind, die Möglichkeit zu geben, auch an den Inhalten zu partizipieren. Denn so wird das Ganze einfach barrierefreier. Und es gibt natürlich auch Menschen, die einfach nicht gerne Podcasts hören, die lieber lesen. Für diese Menschen wäre das auch super. So dass also die Inhalte, die Carsten und ich hier und ich in den anderen Podcasts auch dann wirklich für viel mehr Menschen zugänglich werden. Das ist mein Ziel und da würde ich mich wirklich riesig freuen, wenn du mich dabei unterstützt, dieses Ziel zu erreichen.

Nun kommen wir mal zum eigentlichen Thema der Podcastfolge. Das ist das Thema Reisen. Also quasi die Praxis, nachdem wir in der letzten Folge eher über Mobilität und Verkehrswende und so was alles gesprochen haben, im Theoretischen, auch im praktischen Kontext, aber nicht so subjektiv, sondern eher aus dem: was kann ich als Aktivist·in tun? Es ist jetzt einfach mal so ein Erfahrungsbericht, sage ich mal, weil wir das letzte Mal das vor fünf Jahren gemacht haben. Wobei wir zwischendurch ja auch schon mal über das Thema Reisen gesprochen hatten. Aber jetzt wollten wir noch mal so explizit darüber sprechen, weil wir einfach in der letzten Woche jetzt in den Herbstferien auf der Insel Poel waren, auf der wir noch nie waren.

Carsten Neuland für uns.

Stefanie Ostseeinseln erkunden ist so für mich so ein kleines Hobby geworden. Jetzt tatsächlich angeregt durch eine Buchserie, was ich auch immer wieder spannend finde. Vielleicht noch mal so als kleinen Einschub, wenn wir überlegen oder Du, liebe·r Hörer·in, wie kann ich andere Menschen bewegen, wie kann ich sie anstiften, etwas zu ändern oder etwas zu erkunden? Da sind Bücher natürlich auch eine Möglichkeit. Also nicht nur Sachbücher, sondern auch Romane.

Carsten Über Geschichten anstiften.

Stefanie Genau. Geht natürlich auch über Musik, also Kultur generell. Theaterstücke, was auch immer dir einfällt. Aber in diesem Fall waren es Romane, die sich auf die verschiedenen Ostseeinseln bezogen haben und dort gespielt haben und wo es auf jeden Fall auch um Natur und Verbundenheit und wie stelle ich das wieder her, Artensterben und so was alles ging. Und da wurde über die Insel Poel so viel geschrieben, dass ich gedacht habe, ich muss da unbedingt mal hin. Und dann habe ich Carsten und das Kind gezwungen, eine Woche Urlaub mit mir da zu machen.

Carsten Ja genau. Völlig unter Zwang haben wir sämtliche Positionen und Orte und Gegebenheiten ausgelotet, von denen du da in diesen Romanen gelesen hast.

Stefanie Ich habe das alles nachgestellt...

Carsten Ein Urlaub nach Skript quasi.

Stefanie Ich hatte immer das Buch dabei. Nein, das Buch hatte ich natürlich vorher mal ausgeliehen, aber da hatte ich es nicht dabei. Aber ich wusste noch okay, sie war dort, sie war dort, sie war dort und das wollte ich auch alles sehen, weil das so toll beschrieben war. Unter anderem die Steilküste, wo noch Kabel raushängen aus der Wand, die noch von der Verkabelung aus der ehemaligen DDR stammen, wo damals Flutlichtanlagen waren, damit die Menschen nicht von Ost nach West wechseln konnten. Zum einen ist das natürlich eine fürchterliche, schreckliche Vergangenheit, zum anderen aber natürlich auch faszinierend, dass da immer noch Kabel raushängen und die habe ich auf den ersten Blick erst nicht gefunden. Aber dann haben wir tatsächlich auch Kabel gefunden.

Carsten Als wir sie bewusst gesucht haben, waren wir, glaube ich, am falschen Strandabschnitt.

Stefanie Aber es war der Strandabschnitt, der im Buch genannt wurde.

Carsten Dann, als wir nicht drauf geachtet haben, sind wir dann mehr oder weniger drüber gestolpert, im wahrsten Sinne des Wortes.

Stefanie Da war dann wohl die Autorin nicht so ganz genau. Naja gut, also jedenfalls war das so auch mein Impuls, warum ich jetzt zu dieser Insel wollte und was auch dazu geführt hat, dass wir auf dieser Insel gelandet sind, ist, dass sie nicht so weit von Hamburg entfernt ist.

Carsten Also das ist tatsächlich für uns ja auch ein wichtiges Kriterium, dass wir nicht episch lange reisen und nicht auf irgendwelche Verkehrswege angewiesen sind oder die zu überbrücken sind, wo ich jetzt nur per Schiff oder per Flugzeug hinkomme, sondern in dem Fall war auch die Bahnanbindung für uns ein wichtiges Kriterium, dass wir wussten, wir können ein großes Teilstück tatsächlich mit der ganz normalen Bahn zurücklegen, in unserem Fall sogar mit einem entsprechenden Länder Ticket, also Bundesland Ticket, was dann ja auch noch mal kostengünstig ist. Und wir hatten auch die Möglichkeit, unsere Fahrräder mitzunehmen, so dass wir dann das letzte Teilstück von der Endstation von Wismar aus zur Insel Poel mit Fahrrad, das waren so 14 Kilometer, zurücklegen konnten, um dann auch auf der Insel autark mit den eigenen Fahrrädern unterwegs zu sein. So, und das ist natürlich jetzt ein Reiseanspruch. Ich sag jetzt mal für jemanden, der·die aus Süddeutschland kommt, der·die muss sich dann natürlich irgendwo anders regional einfinden, vielleicht irgendwie Schwarzwaldliteratur oder Romane lesen, um das ähnlich abzubilden zu können. Also das ist so der Kontext, in dem wir unterwegs waren.

Stefanie Ja, aber das war jetzt auch das erste Mal, dass wir die Fahrräder mitgenommen haben in der Bahn. Das heißt, das war jetzt auch unser erstes Erlebnis. Wie wird das wohl sein? Wir hatten im Sommer, als das 9 € Ticket noch galt, auch mal überlegt, die Fahrräder mitzunehmen. Aber da war alles hoffnungslos überfüllt. Ja, da hatten wir auch so Erlebnisse.

Carsten Da ist man ohne Fahrrad auch nicht reingekommen.

Stefanie Dass die Bahn so voll war, dass wir da tatsächlich nicht mehr reingepasst haben. Egal ob mit oder ohne Fahrrad, einfach als Person. Jetzt, diesmal war das einfach ein Wagnis, sich zu überlegen okay, wir nehmen unsere Fahrräder mit und wir versuchen es jetzt einfach mal! Wir haben das Glück, dass diese Regionalbahn unweit von unserem Wohnort am Bahnhof abfährt. Also dass wir nicht bis zum Hauptbahnhof fahren müssen und dann mussten wir auch nur einmal umsteigen. Das heißt, wir sind mit den Fahrrädern von der einen Bahn in die andere Bahn umgestiegen und da war das Glück, dass der Anschlusszug auf dem gleichen Gleis gehalten hat, so dass wir da nicht mit den Fahrrädern noch in den Aufzug und zum nächsten Gleis usw und so fort. Und wir hatten auch einen Anhänger dabei. Da bin ich schon öfter gefragt worden: Wie macht ihr das ohne Auto, ich nehme immer eine ganze Kiste voll mit Essen mit in meinem Auto und packte alles mögliche rein. Wie macht ihr das denn jetzt tatsächlich mit Fahrrädern? Wir haben dann einen Fahrradanhänger, vollgepackt mit Sachen und teilweise auch mit Essen, weil wir jetzt Mitglied bei der solidarischen Landwirtschaft hier bei uns sind und da wird können wir jeden Freitag unseren Anteil aus dem Depot abholen und den hatten wir dann, als wir samstags in den Urlaub gefahren sind, noch da abgeholt, also

Carsten frisch eingepackt und dann zum Bahnhof gefahren.

Stefanie Ja, genau. Und das heißt, wir hatten einiges an Gemüse schon dabei und haben auch Gewürze und alles mögliche, was wir sonst noch brauchten, schon eingepackt. Das war der Vorteil von diesem Anhänger, dass es so ähnlich ist wie im Kofferraum vom Auto, dass man alles Mögliche reinstopfen konnte. Wenn wir vorher ohne Fahrräder verreist sind, einfach nur mit Rucksack und einem Koffer, haben wir kein Essen mitgenommen, weil das einfach zu viel war.

Also zum Beispiel, als wir jetzt im Sommer unterwegs waren, da waren wir in Cuxhaven – da waren wir einmal ausnahmsweise an der Nordsee und nicht an der Ostsee, wo wir doch sonst immer an die Ostsee reisen, wollten wir diesmal einmal das Watt sehen - da haben wir so wenig wie möglich eingepackt und dann vor Ort uns eingedeckt.

Das ist aber auch was, wo wir immer vorher schauen, auch vom Ferienhaus oder von der Ferienwohnung her, je nachdem, was gerade besser passt, wie die Lage ist und wo da die nächsten Einkaufsmöglichkeiten sind. Als wir da an der Nordsee waren, hat Cuxhaven den Vorteil, dass es auch noch einen Biomarkt gibt und mehrere Supermärkte und so, also das heißt Cuxhaven war nicht das Problem, da war es alles super ausgestattet. Aber jetzt auf der Insel gab es nur einen einzigen Supermarkt.

Carsten Einen Rewe, von dem wir vorher nur von dessen Existenz wussten und Schlimmstes befürchtet haben.

Stefanie Wir hatten gedacht, das ist so ein olles Teil.

Carsten Was willst du von so einem kleinen Insel Supermarkt schon erwarten? Das war so die Haltung, mit der wir da hingefahren sind.

Stefanie Genau deswegen hatten wir schon viel eingepackt und gedacht okay, das Nötigste, so wie Nudeln oder so, das kriegen wir da schon, so dass wir dann so rudimentär uns da auf jeden Fall versorgen können. Aber wir hatten Gemüse, Kartoffeln und sowas alles dabei und dann sind wir sehr positiv überrascht worden.

Carsten Ja, das hat uns echt so schon fast geflasht. Also mit unserer Gedankenwelt waren wir wirklich, ja, haben wir befürchtet so einen wirklich kleinen usseligen Tante Emma Supermarkt oder sowas vorzufinden mit einem sehr eingeschränkten Sortiment. Und das, was da dann vor Ort war, das war ja schon fast der vegane Himmel, wollte ich gerade schon sagen. Also die hatten echt ein sehr breites Sortiment an veganen Lebensmitteln. Allerdings auch Fertiggerichte.

Stefanie Aber letztlich, ich weiß nicht, wenn ich im Urlaub bin, dann gönne ich mir sowas auch mal, so oft fahren wir dann auch nicht.

Carsten Dann darf auch mal Müll anfallen.

Stefanie Genau. Aber jedenfalls da gibt es immer wirklich viele vegane Produkte. Das heißt, solltest du mal Urlaub auf der Insel Poel machen wollen, kannst du dich auf jeden Fall darauf verlassen, dass du da in dem REWE auch rundum versorgt werden kannst. Natürlich ist es jetzt auch nicht so, dass es alles bio ist und alles Palmfettfrei. Das kommt ja immer drauf an. Aber da muss man dann so ein bisschen schauen und ich glaube so die ganz speziellen Sachen, wir haben jetzt zum Beispiel keinen Kala Namak gebraucht in der Woche. Ich weiß nicht, ob es das da gäbe, da habe ich nicht nachgeschaut. Aber letztlich, wenn du einfach nur den Anspruch hast, ich möchte was Veganes haben und ich möchte vielleicht auch nicht immer kochen, gab es auch Pizza und verschiedenste Fertiggerichte und so, dann ist es da auf jeden Fall gut.

Carsten Ja, also man muss schon Kompromisse eingehen, auch gerade so, wenn du tatsächlich Obst und Gemüse kaufst. Also das, was ich da gesehen habe: Du kannst entweder Bio, dann kommt es aus Spanien oder kannst regional.

Stefanie Ja, es kommt dann wieder auf die Jahreszeit an, das war jetzt Herbst. Da ist es ja auch so, dass viele Sachen einfach nicht mehr regional erhältlich sind. Aber wir hatten ja, wie gesagt, unser eigenes Gemüse dabei, also von daher mussten wir eigentlich nichts mehr kaufen.

Carsten Na ja, also die Grundversorgung, wenn du eine Ferienwohnung oder ein Ferienhaus hast und selber kochen kannst, ist damit dann ja eigentlich komplett irgendwie abgegolten oder abgedeckt. Schwieriger wird es, wenn du gerade auch auf der Insel Poel als vegan lebende Person auswärts essen möchtest.

Stefanie Ja, das haben wir gar nicht gemacht, weil da ist nichts. Ja klar, es ist fischlastig.

Carsten Vielleicht Pommes oder so würdest du finden.

Stefanie Pommes findest du meistens überall. Das ist das Schreckliche. Dass es immer nur Pommes gibt. Das Kind ist schon total genervt, dass es überall immer nur Pommes gibt, wenn es mit den Großeltern oder so unterwegs ist. Überall gibt es immer nur Pommes. Also es hat schon gar keine Lust mehr auf Pommes. Das ist das einzige, was es als vegan es gibt, auch in Freizeitparks und so steht überall, ja überall gibt es was Veganes, aber es ist immer nur Pommes.

Das ist auf jeden Fall auch etwas, was wir vor sechs Jahren schon gelernt haben, als wir das erste Mal so richtig als Veganer·innen in den Urlaub gefahren sind. Vorher sind wir nicht in Urlaub gefahren. Also wir waren zwar schon vegan, aber sind nicht in den Urlaub gefahren. Da sind wir ins Hotel für eine Woche und das war nicht gut. Also es war ein vegetarisches Hotel, wo man auch vegan essen konnte, aber wir waren so darauf angewiesen überall immer was zu kaufen und es gab nur dort was und man konnte sich auf dem Zimmer nicht irgendwas warm machen. Das heißt, seitdem sind wir immer entweder in einer Ferienwohnung oder im Ferienhaus untergekommen, weil es viel entspannter ist, sich dann die Mahlzeiten selbst zuzubereiten. Vor allem mit Kind. Das kann natürlich nach Lebenssituationen je nachdem unterschiedlich sein.

Ich würde aber sagen, als Veganer·in auf der Insel Poel zum Beispiel oder generell vielleicht irgendwo, wo es kein großes gastronomisches Angebot gibt, was über Fisch und Fleischgerichte hinaus gibt, ist es immer sinnvoll, eine Ferienwohnung oder ein Ferienhaus zu mieten, weil du da dann entspannt einfach deine Mahlzeiten zubereiten kannst und nicht darauf angewiesen bist, dich da irgendwie in so einer Gaststätte herumzuärgern mit Menschen, die nicht wissen, was vegan ist oder so, also das ist was, was wir seit diesem einen Erlebnis immer so machen.

Vielleicht wird es irgendwann anders sein, wenn das Kind erwachsen ist und dann die Welt vegan lebt. Dann ist es vielleicht so, dass wir immer überall essen gehen, aber im Moment kann ich das nur empfehlen eine Ferienwohnung oder einem Ferienhaus je nach Bedürfnissen zu mieten und dann auf diese Art einfach entspannt den Urlaub zu genießen. Denn gerade in solchen eher ländlichen Gegenden sind ja vegane Restaurants oder generell vegane Angebote eher rar gesät. Wobei ich, als wir auf die Insel gefahren sind, da schon so eine Art Mini Foodtruck gesehen habe, der neben allerlei Fleisch auch vegane Spezialitäten angeboten hat.

Carsten Die wir aber nicht weiter ausloten konnten, weil der wirklich nur zu dem Zeitpunkt da war, wo wir auf die Insel gefahren sind.

Stefanie Genau das war samstags nachmittags und wir haben diesen Foodtruck Mini Anhänger da nie wieder gesehen. Also könnte es auch eine Illusion gewesen sein. Ein magisches Erlebnis. Wo ich nämlich dachte: Boah, guck mal, wir fahren auf die Insel und da gibt es vegane Spezialitäten. Aber wir mussten unbedingt noch zu einem gewissen Zeitpunkt den Schlüssel abholen für das Ferienhaus und deswegen wollte ich da nicht anhalten. Und ja, auf dem Rückweg waren wir zu früh. Wahrscheinlich. Ich weiß nicht, ob das da immer nur samstags steht oder vielleicht war das nur.

Carsten So nachmittags oder so, an einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr.

Stefanie So etwas gibt es also, von daher scheint es da schon was zu geben. Aber wir haben wirklich die ganze Insel uns angeguckt und waren eigentlich in fast allen Orten, wo es auch wirklich Gastronomie gab und überall war nichts Veganes. Also jetzt wie gesagt, außer vielleicht so einem Salat oder Pommes. Wobei das Eiscafe in Kirchdorf da standen Markierungen dran. Von wegen vegan, glutenfrei, sojafrei oder was auch immer. Aber da sind wir nicht reingegangen. Also es könnte sein, dass es da noch mal im Eiscafe wahrscheinlich so Sorbetsorten oder sowas gibt. Das schon, aber wir haben dann lieber einfach im Rewe Eis gekauft, als uns dahin zu setzen. Von daher: es kann sein, dass du da noch was findest, aber sonst haben wir wirklich nirgendwo was gefunden, weil alles so auf Fisch ausgelegt ist.

Carsten Generell finde ich aber diesen Gedanken der Selbstversorgung ja auch insofern vorteilhaft, als dass - haben wir jetzt nicht so episch gemacht, weil die Insel nicht nicht groß genug war - aber wenn du jetzt Tagestouren machst, kannst du natürlich dann schnell Brot oder Brötchen schmieren und dann so belegen, wie du es brauchst. Auch in den Mengen, wie du es meinst, für den Tag irgendwie einteilen zu müssen. Das hätte ich im Hotel natürlich nicht. Und mich immer darauf zu verlassen, dass ich da irgendwo keine Ahnung am Strand dann noch so eine Würstchenbude finde, wo ich dann eine Pommes bekomme, nur um satt zu werden, würde ich dann auch ungern wollen. Also da bin ich dann doch eher ein Freund davon, ein paar Brötchen einzupacken in den Rucksack. Wasser hast du ja meistens sowieso immer dabei und dann bist du zumindest versorgt und auch nicht unbedingt darauf angewiesen, dass du jetzt irgendwie verköstigt werden kannst.

Stefanie Ja, und Pommes, um satt zu werden, ist ja jetzt auch nicht wirklich so das Ziel.

Carsten Nicht die kulinarische Erfüllung.

Stefanie Genau. Ich hatte mal in einem Bildungsurlaub einen Teilnehmer, der gesagt hat, er geht so gerne immer essen, überall. Und zwar ganz spontan. Und deswegen funktioniert das mit vegan nicht. Aber er hat kein Geld für Bio und da habe ich auch länger drüber nachgedacht, weil ich meine auch das ist ein Kostenfaktor, wirklich überall einzukehren und da gebe ich lieber Geld für Bio aus, als überall einzukehren und mich da gastronomisch verköstigen zu lassen. Es ist tatsächlich ein Abwägen, was wir da mit unserem Geld machen. Also letztlich kann ich ja damit, wenn ich mich selbst versorge, auch darüber entscheiden, wie das mit der Verpackung ist, ob das alles palmölfrei ist usw und so fort, was ich ja alles nicht weiß, wenn ich jetzt in eine Gaststätte einkehren und dort etwas bestelle, denn da steht oft nicht dran, wie das verpackt war oder was da alles noch so drin ist.

Carsten Ja, neben der Grundversorgung, die ja jetzt in diesem Kontext für uns abgedeckt war mit Selbstversorgung und gut vorbereitet und auch einem guten Supermarktangebot, haben wir natürlich jetzt auch die Erfahrung gemacht, mit Fahrrad zu reisen, auch tatsächlich mal Fahrräder mit in die Bahn zu nehmen. Und ich muss sagen, das ist mir jetzt so im Nachgang bewusst geworden: dieses barrierefreie Reisen, das haben wir jetzt ja quasi einmal selber am eigenen Leib erlebt, wie umständlich das teilweise ist.

Stefanie Ja, und je nach Regionalbahn noch unterschiedlich. Die ostdeutsche Eisenbahn war tatsächlich viel besser als die, die wir ab Hamburg genommen haben. Die hatte ein anderes, besseres Platzangebot als jetzt die Was ist denn das? Ist es einfach Deutsche Bahn oder?

Carsten Das ist Deutsche Bahn, Deutsche Bahn, Regionalbahn oder Regionalexpress.

Stefanie Regionalexpress von der Deutschen Bahn. Und das andere war die ostdeutsche Eisenbahngesellschaft. Und das war super unterschiedlich, ne?

Carsten Ja. Also ich muss auch sagen, ich habe mich da tatsächlich nicht so wirklich wohlgefühlt. Das ist etwas, wo die Deutsche Bahn insgesamt noch mal besser werden kann. Vom Platzangebot, also das, was wir vorgefunden haben, sind in diesen Regionalexpress Zugwaggons eigentlich nur so ein - eher gefühlt - halber Abschnitt, wenn überhaupt.

Stefanie Ein halber Abschnitt, der geteilt werden muss zwischen Fahrrädern, Menschen, die einen Rollstuhl haben, Menschen, die mit einem Kinderwagen unterwegs sind und Menschen, die mit großen Gepäckstücken unterwegs sind, anscheinend auch, die alle dort Platz finden sollen, wo ungefähr so zehn Plätze in der Reihe sind, an beiden Seiten. Und dann ist da immer noch eine stinkende Toilette.

Carsten Also es ist ja noch nicht mal so, dass du dann - nicht, dass ich diesen Anspruch hätte - aber dass du dann in Ruhe da sitzen kannst und kannst deine Fahrräder und deine Gepäckstücke so positionieren, dass sie stabil stehen, sondern du musst auch noch dafür sorgen, dass der Durchgangsverkehr, der die Toilette frequentiert, auch ungehindert hin und her kann. Und das war in einigen Konstellationen, wo ich mit meinem Anhänger gar nicht komplett in den Raum reingekommen bin, schon so ein bisschen schwierig. Also teilweise stand der Anhänger mehr oder weniger vor der Eingangstür, weil wir gar nicht die Möglichkeit hatten, den abzumontieren und dann separat irgendwie zu verstauen.

Stefanie Genau, auf der Hinfahrt war alles voll mit Menschen mit Kinderwagen, so dass wir da überhaupt nicht die Möglichkeit hatten, unsere Fahrräder noch irgendwo hinzustellen und den Anhänger. Es hat mich so daran erinnert, an diese Rangelei zwischen Fußgänger·innen und Fahrradfahrer·innen auf gemeinsamen Wegen. Da werden Konkurrenzverhältnisse geschaffen, die nicht sein müssten. Ich hatte gesehen, bei der ostdeutschen Eisenbahngesellschaft war es so, dass sie einen Wagen allein nur für Menschen mit Rollstuhl hatten, was ich viel besser finde, denn warum sollten Menschen mit Rollstuhl sich auch noch mit Menschen mit Fahrrad um den Platz streiten müssen?

Carsten Zwischen den Fahrrädern sitzen oder so, das möchtest du ja auch nicht.

Stefanie Du bist ja kein Gepäckstück oder so! Also ich meine, warum solltest du da dich noch streiten müssen? Von daher war da zumindest ein Wagen - ich weiß nicht, ob das immer so ist, aber das war jetzt so unsere Erfahrung - ein Wagen war nur dafür. Und dann gab es noch - auf der Hinfahrt war es zumindest so - zwei Wagen für Fahrräder und auf der Rückfahrt hatte ich gesehen, dass es drei Wagen für Fahrräder gab.

Carsten Aber dummerweise waren jetzt in der Konstellation, wo zwei Wagen für Fahrräder waren, war der eine am Anfang des Zuges und der andere am Ende des Zuges. Und du stehst natürlich da und hast irgendwie so zwei Minuten Umstiegszeit oder Einstiegszeit.

Stefanie Aber das was du meintest, das war die Deutsche Bahn, wo wir Probleme hatten.

Carsten Ja, aber generell geht es mir darum, dass ich als Fahrradfahrer ja nicht die Möglichkeit habe, mal in den einen rein zu gucken, festzustellen der ist jetzt gerade ein bisschen voll, also gehe ich jetzt noch mal fünf Minuten ans andere Ende, um dort zu gucken und mich dann zu entscheiden. Also diese Wahlmöglichkeit habe ich ja gar nicht. Ich bin ja eher in so einer Stresssituation, dass ich überlege, an welcher Stelle muss ich mich positionieren und mit wem konkurriere ich jetzt gerade beim Ein- und Ausstieg, um dann im Zug auch noch Platz zu finden. Wo bringe ich jetzt meine Fahrräder unter? Wie fixiere ich die Fahrräder und wo kommt eigentlich dieser ganze Anhänger noch hin, den ich dabei habe.

Stefanie Also voll zukunftsträchtig nachhaltig ist das nicht mit den Bahnen. Da muss tatsächlich noch sehr sehr viel passieren. Also das war jetzt so unser Praxistest. Wir hatten festgestellt, sowohl auf der Hinfahrt als auch auf der Rückfahrt, dass die Deutsche Bahn da sehr schlecht ist. Und diese stinkenden Toiletten, die gibt es ja immer mal, aber da war wirklich jedes Mal, auf der Hinfahrt und auf der Rückfahrt ein stinkendes Klo. Aber bei der ostdeutschen Eisenbahn war das nicht so, da war das auch anders angeordnet, besser gelöst. Ja, und da hatten wir das Glück, dass wir in dem Waggon die einzigen mit Fahrrädern waren. Und wir konnten auch alles unproblematisch auf einer Seite unterbringen. Und da sind wir aber nur eine halbe Stunde mitgefahren und dann mit dem Anschlusszug 1 1/4 Stunde, wo wir uns dann da wieder quetschen mussten, weil da Menschen saßen, einfach so, weil der Zug schon total voll war, dann Menschen mit großen Gepäckstücken und wir irgendwie das hinkriegen mussten, uns da ja auch noch hinzusetzen. Also so, das ist ein ständiger Platzkampf.

Carsten Vor allen Dingen auch so eine Art Tetris Spiel, je nachdem wer wann wo ein- und aussteigen muss. Das hatten wir jetzt glücklicherweise nicht, aber man muss ja immer irgendwo parat stehen und beim nächsten Halt das Fahrrad oder jetzt bei uns den Anhänger irgendwie so justieren, dass Leute ein- und aussteigen können, dass vielleicht andere Leute an ihre Fahrräder rankommen, also eine Station vor dir aussteigen und so, also das ist alles noch nicht so wirklich durchdacht, wie da jetzt momentan so das Bahnreisen mit Rad dann gestaltet ist.

Stefanie Also wir haben das irgendwie gelöst und wir sind auch nicht aggressiv geworden und haben auch niemanden geschlagen oder so, aber ich habe schon gemerkt, dass das Situationen sind, wo ich aggressiv werden kann. Also das Potenzial ist da und das sollte ja nicht Sinn der Reise sein. Also wenn ich jetzt verreisen möchte und vor allem auch nachhaltig mit dem Fahrrad in der Bahn verreisen möchte, möchte ich ja entspannt reisen und nicht da irgendwie die ganze Zeit mit anderen um den Platz rangeln müssen und dann immer unter Atemnot leiden, weil die Toilette so stinkt.

Carsten Weil auch sonst keine Belüftungsmöglichkeiten da waren.

Stefanie Und dann sitzt du ja die ganze Zeit mit der Maske da. Also das ist ja auch noch der Punkt. Also von daher, das war so unser Erlebnis jetzt in der letzten Woche, also schon aktuell, da muss auf jeden Fall sich was tun. Deswegen. Ich kann alle verstehen, die sagen: Nee, nee, das will ich nicht, das kann ich nicht. Und ich kann auch Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, verstehen, wenn sie nicht Bahn fahren.

Carsten Die kann ich jetzt sogar besser verstehen. Also ich hatte vorher schon so eine theoretische Überlegung, weil ich kenne ja die Gegebenheiten vor Ort. Das heißt also jetzt, wo ich weiß, wie es ist, in einem Rollstuhl verreisen zu wollen, dadurch, dass wir das auch schon öfters mal irgendwie durchdacht oder auch in Reportagen oder Büchern oder so mitbekommen haben, gucke ich da schon drauf, wo sind welche Zustiegsmöglichkeiten und so. Aber jetzt mit dem Fahrrad zu fahren kommt dem ja schon relativ nahe. Das heißt also, beim Ausstieg letzte Station habe ich das extrem gemerkt, dieser Höhenunterschied zwischen dem Wagen und dem Bahnsteig - da bin ich ja mit dem Anhänger quasi fast gar nicht mehr rausgekommen, Da musste von hinten jemand schieben. Im Rollstuhl wäre ich da ohne fremde Hilfe nicht rausgekommen.

Stefanie Genau das ist das Problem. Du bist ständig dann auf fremde Hilfe angewiesen und wirst da wie so ein Gepäckstück irgendwo geparkt. Also von daher, ich kann es auch total verstehen und das kann aber nicht die Zukunft sein.

Carsten Und du hast auch längere Wege auf den Bahnsteigen, musst erstmal gucken, wie rangierst du jetzt überhaupt, damit du zum entsprechenden Aufzug kommst. Und teilweise sind es verengte Stellen da, wenn dann gerade irgendwie ein Zug durchfährt, bist du schon in dieser Gefahrenzone. Die sind ja alle so weiß schraffiert, da, wo du dich dann nicht aufhalten darfst. Du musst dann aber genau an der Passage durch. Dann sind die Aufzüge aus meiner Sicht auch definitiv zu klein gestaltet. Die sind ja wirklich so auf Naht genäht. Also so gefühlt passt da ein Fahrrad und eine Person rein und wenn dann noch irgendwie ein Gepäckstück oder so rein muss, dann ist das schon total voll, so das haben wir jetzt so nicht gehabt glücklicherweise.

Aber ich kann mir durchaus die Situation vorstellen, wo, wenn du als Rollstuhlfahrer·in dann da mit Personen, die mit Fahrrad fahren wollen, vielleicht dann noch Personen, die mit dem Kinderwagen unterwegs sind und mit Gepäckstücken, dann auch konkurrierst um die Situation des Aufzugs und sich dann entsprechende Warteschlangen bilden. Und das ist natürlich unglaublich unkomfortabel. Und dann überhaupt erstmal in den Bahnhof reinzukommen. Ist ja jetzt nicht so, dass, wenn der Bahnhof jetzt mehrere Eingänge hat, von jedem Eingang problemlos der Weg dann zu den Fahrstühlen gegeben ist, sondern du musst teilweise auch einmal um das Gebäude herum rangieren, um dann entsprechenden rollstuhlgerechten oder jetzt für mich mit dem Fahrradanhänger gerechten Aufstieg zu finden.

Stefanie Ich hatte das ja auf dem Rückweg gemacht, als ich da aus dem Bahnhof mit meinem Fahrrad und dem Anhänger rausgeschoben bin, musste ich auch so eine Rampe darunter. Das war auch wieder schwierig zu rangieren. Und dann standen da schon wieder welche unten Schlange, die mit dem Kinderwagen da hoch fahren wollten und die dann irgendwie genervt waren, weil ich nicht so schnell mit dem Fahrrad und dem Anhänger um die Kurven gekommen bin und so, weil das einfach super abschüssig war, dass der Anhänger quasi das Fahrrad geschoben hat und ich nicht um die Kurven richtig gekommen. Also das heißt, du bist die ganze Zeit im Stress und es dauert lange. Und ja, es ist überhaupt nicht angenehm.

Carsten Es ist nicht familienfreundlich, gerade jetzt für junge Familien, die dann schon unten da stehen mit ihrem Kinderwagen und rauf wollen und kommt einem ein bisschen vor, wie Sozialdarwinismus, survival of the fittest, dass die Bahn darauf eingerichtet ist, dass die Starken und die Mobilen, ein Privileg haben, schneller reisen zu können. Ja, und alle jene, die nicht in dieses Raster reinfallen, die haben das Nachsehen.

Stefanie Ja, diese Erfahrungen haben bei mir auch ein Nachdenken darüber ausgelöst, ob ich jetzt das noch mal mache. Mit dem Fahrrad verreisen. Ich bin da noch nicht so ganz sicher. Also vor allem Fahrrad und Anhänger. Es war zwar eine interessante Erfahrung, auf jeden Fall. Und wir sind ja auch privilegiert, dass wir das eine interessante Erfahrung nennen dürfen, denn wir sind ja nicht darauf angewiesen, quasi das so zu machen, sondern wir hatten uns aus freien Stücken dazu entschieden. Wir hätten ja auch Fahrräder mieten können vor Ort. Aber es ist günstiger, die eigenen Fahrräder mitzunehmen. Und vor allem, weil Carsten so groß ist und so besondere Maße hat.

Carsten Und ein eigenes schönes Fahrrad hat.

Stefanie Freut er sich, wenn er sein eigenes Fahrrad hat. Genau. Also von daher war das jetzt einfach mal eine Erfahrung, die wir jetzt hier in einen Praxisbericht für den Podcast umgemünzt haben. Ja, du darfst daran teilhaben.

Carsten Genau. Aber schön wäre ja auch noch mal irgendwie eine Erfahrung mitzubekommen, wie denn das Verreisen mit Fahrrad im ICE ist, ob da ein anderes Raumangebot ist, was Fahrten, die vielleicht ja auch länger sind. Also wir sind jetzt ja nicht so riesige Strecken gefahren, aber wenn ich jetzt keine Ahnung nach Süddeutschland rein möchte, von Hamburg aus, bin ich ein bisschen länger unterwegs. Ob sowas dann mit Fahrrad und Bahn angenehmer ist.

Stefanie Ob das überhaupt geht?

Carsten Genau.

Stefanie Ja, im Vergleich dazu sind wir im Sommer auch mit der Bahn, aber ohne Fahrrad verreist. Also von Hamburg nach Cuxhaven, da fährt die Bahn tatsächlich durch, was sehr praktisch ist, da muss man nicht umsteigen. Und da war es eigentlich super, weil wir da ja das 9 € Ticket nutzen konnten. Und da haben wir auch vor Ort dann den Bus genutzt, um überall hin zu kommen. Und das fand ich super praktisch. Ja, es war teilweise auch voll in der Bahn. Auf jeden Fall. Die Rückfahrt war ziemlich voll, aber letztlich das Busfahren, einfach diese Möglichkeit zu haben, du hast dieses Ticket, du musst nicht noch mal extra zahlen. Das gilt überall und du kannst einfach dann, wenn du möchtest, mit dem Bus fahren. Und wenn du nicht möchtest, gehst du zu Fuß oder du leihst dir da ein Fahrrad. Das war wirklich praktisch. Also das war wirklich ein positives Mobilitätserlebnis.

Da habe ich jetzt wieder gemerkt, okay, ich rechne das durch. Jetzt gibt es das 9 € Ticket nicht mehr. Das heißt, wenn wir nach der Bahn noch mit dem Bus gefahren wären, für die Bahn galt ja das Länder Ticket, aber dann für den Bus nicht mehr. Da hätten wir dann noch extra zahlen müssen. Wir hätten uns noch extra Fahrräder leihen müssen, da dann auch zu gucken. Okay, Fahrräder musste man beim 9 € Ticket auch extra zahlen, aber das dann aufzuwiegen: drei Fahrräder kosten für Hin und Rückfahrt 36 € insgesamt. Dafür bekomme ich nicht für eine Woche drei Fahrräder geliehen. Also von daher war das klar: Okay, wir machen das so, aber dann ist natürlich wieder dieses Abwägen. Es ist natürlich stressiger, die Fahrräder mitzunehmen. Ist mir der Stress was wert oder nicht?

Also das ist so was, es ist quasi immer ein Abwägen und es wäre toll, das ist jetzt so die positive Zukunftsaussicht, wenn die Realität anders wäre. Und es super einfach wäre, die eigenen Fahrräder mitzunehmen oder es super einfach wäre, wenn wir sagen okay, es gibt Fahrräder vor Ort, es ist überall Mobilität möglich und es gibt so ein All inclusive Ticket oder so, also irgend so ein Tarif, wo ich dann sage: ich fahre jetzt in den Urlaub und dann kann ich überall, wenn ich möchte, auf die Mobilität meiner Wahl umsteigen und ich fahre mit dem Zug hin, dann fahre ich vielleicht mit dem Bus weiter und wenn ich die Insel erkunden will, jetzt in diesem speziellen Fall, dann leihe ich mir da ein Fahrrad und das ist alles irgendwie – Smooth - mit inbegriffen.

Carsten Genau. Ohne Auto einfach verreisen können und auch nicht unbedingt die Notwendigkeit zu haben, jetzt irgendwelche Gegenstände mit Auto transportieren zu müssen.

Stefanie Genau. Das wäre so die Idealvorstellung und die schöne Zukunftsvorstellung. Ja, und mit dieser Zukunftsvorstellung beenden wir jetzt diesen sehr subjektiven Reisebericht.

Carsten In diesem Sinne.

Stefanie In Hamburg sagt man Tschüss.

Carsten Und gute Reise.

Folge 269 - Drei Bücher zur Mobilitätswende

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Folge 269 - Drei Bücher zur Mobilitätswende

Links zur Folge

Buch "Autokorrektur - Mobilität für eine lebenswerte Welt" von Katja Diehl
https://www.fischerverlage.de/buch/katja-diehl-autokorrektur-mobilitaet-fuer-eine-lebenswerte-welt-9783103971422

Buch "Aktionsbuch Verkehrswende" vom Redaktionskollektiv "Autokorrektur" (Kostenlos als PDF downloadbar)
https://www.oekom.de/buch/aktionsbuch-verkehrswende-9783962383541

Buch "Linksverkehr" von Sabine Leidig
https://www.oekom.de/buch/linksverkehr-9783962383046

Buch "Wenn die Hoffnung stirbt, gehts trotzdem weiter" von Jean Peters
https://www.fischerverlage.de/buch/jean-peters-wenn-die-hoffnung-stirbt-geht-s-trotzdem-weiter-9783103970876

Die Onlinecommunity: "Gemeinsam in eine klimagerechte Zukunft"
https://experimentarium.stefanie-rueckert.de/

Möglichkeiten mich zu unterstützen:
https://stefanie-rueckert.de/unterstützen

Transkript der ersten 7 Minuten (nur grob Korrektur gelesen)

Stefanie Bevor wir jetzt hier mit der Folge starten, muss ich mich erstmal entschuldigen, dass es so lange gedauert hat, bis die nächste Folge online ging. Das liegt vor allem daran, dass ich krank war, mehrere Wochen tatsächlich schon, ja, mehrere Wochen und immer noch nicht so ganz gesund bin. Es liegt nicht daran, dass wir keine Ideen hätten für Podcastfolgen. Bei uns stapeln sich die Bücher, die besprochen werden müssen und Themenliste ist lang und uns fehlt einfach die Zeit oder Kraft dazu, Folgen aufzunehmen deswegen wissen wir auch noch nicht so ganz genau, wie es jetzt hier mit dem Podcast weitergeht. Wir reden immer mal zwischendurch darüber und wissen noch nicht wo uns der Weg hinführt.

Aber jetzt wollen wir erstmal einige Bücher zumindest besprechen einige Themen abarbeiten, so wie uns die Kraft gegeben ist. Es ist und bleibt einfach auch dabei, dass Carsten Vollzeit arbeitet und dadurch wenig Zeit hat, noch nebenher dann hier Folgen aufzunehmen. Und darum ist es jetzt eben zu dieser längeren Lücke gekommen und ich möchte mich sehr bei den Menschen bedanken, die uns trotzdem weiterhin finanziell unterstützen. Was auf jeden Fall immer eine Hilfe ist, denn die laufenden Kosten gibt es trotzdem, egal, ob wir jetzt neue Podcastfolgen veröffentlichen oder nicht. Die vorhandenen Podcastfolgen müssen ja gehostet werden, und das verursacht eben monatliche Kosten. Und da hilft es halt sehr, dass es diese finanzielle Unterstützung gibt, herzlichen Dank.

Carsten Dankeschön.

Stefanie Dann starten wir jetzt mal mit dem Thema Mobilitätswende. Wir haben dazu hier 3 Bücher liegen, mittlerweile, das heißt, es wird nicht eine Buchbesprechung werden von einem speziellen Buch, sondern Carsten hat sich etwas Besonderes ausgedacht.

Carsten So ganz besonders ist das nicht. Ich will einfach nur ganz locker flockig über dieses Thema sprechen, weil Mobilitätswende ja kein ganz neues Thema ist. Aber für mich war es immer auch ein Herzensthema. Und aufgrund dieser Bücher konnte ich ein bisschen mehr Verständnis über das Thema Mobilitätswende und was heißt eigentlich Mobilitätswende versus Verkehrswende etc also diesen ganzen Komplex bekommen und mich damit beschäftigen. Da hab ich mich drauf gefreut und darüber möchte ich mich - also jetzt nicht über meine Freude, sondern über das Thema - möchte ich jetzt in dieser Folge einfach mal sprechen.

Stefanie Du möchtest Deine Freude teilen, weil sie dadurch größer wird?

Carsten Ja natürlich, damit sie grösser wird, aber auch damit mehr Menschen inspiriert werden und auch über das Thema mehr inhaltlich dann sprechen können.

Stefanie Ja, diese 3 Bücher, die wir zu erledigen haben, sind alles Rezensionsexemplare beziehungsweise nicht wirklich: Ein Rezensionsexemplar und bei dem anderen hatten wir das Crowdfunding unterstützt und haben dann ein drittes Buch noch dazu bekommen zu dem Crowdfunding. Und jetzt willst du sicherlich auch wissen, um welche Bücher es sich überhaupt handelt? Es sind nicht einfach nur 3 Bücher, sie haben auch Namen.

Carsten Ja genau und zwar das Buch, wo wir tatsächlich das Crowdfunding unterstützt haben ist das "Aktionsbuch Verkehrswende, Acker, Wiese und Wald statt Asphalt" vom Redaktionskollektiv "Autokorrektur". In dem Buch geht es um Aktionsformen zur Verkehrswende. Dieses Buch haben wir wie gesagt, durch Crowdfunding realisieren können. Wir haben uns beteiligt und das kleines Dankeschön durfte ich mir ein weiteres Buch aussuchen.

Stefanie Das ist ein großes Dankeschön, denn das ist viel dicker und grösser als das Buch.

Carsten Das wusste ich nicht, das Buch hat mich vom Titel her angesprochen, ohne das ich auch nur ansatzweise wusste, worauf lasse ich mich da ein? Und zwar habe ich dann das Buch "Linksverkehr, Projekte und Geschichte. Beton und Bewegung" bekommen, auch aus dem Oekom Verlag. Die Herausgeberin ist Sabine Leidig. So Sabine Leidig sagte mir - mea culpa mea maxima culpa - bis zu dem Zeitpunkt gar nichts, obwohl sie eine sehr bekannte Persönlichkeit ist. Sie war mal verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag und damit dann auch direkt dran am politischen Geschehen und hat viel von ihrer Erfahrung, von ihrem Wissen aus dieser Zeit in dieses Buch einfließen lassen. Und ja, in der Tat ist dieses Buch nicht nur von den Maßen her grösser so über DIN a 4 Format. Sondern auch dicker als das Aktionsbuch Verkehrswende.

Stefanie Ja, wir beurteilen Bücher nur nach ihrem Aussehen.

Carsten Nur das Aussehen zählt - genau.

Stefanie Der Inhalt ist nicht so wichtig.

Carsten Genau und das dritte Buch kommt von Katja Diehl, die mittlerweile einen sehr großen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Auch gerade hier in Hamburg, im Moment sehr präsent ist durch den HVV. Und das Buch nennt sich "Autokorrektur. Mobilität für eine lebenswerte Welt". Das Buch kommt jetzt nicht aus dem Oekom Verlag und ist das Rezensionsexemplar, was wir uns mal angefordert hatten.

Stefanie Genau da hat Carsten mal hingeschrieben.

Carsten Hat er gesagt, „Will haben“ und hat er bekommen.

Stefanie Ja, ja, ja, das war mal was.

Carsten So muss das.

Stefanie Genau. Mit welchem Buch fangen wir denn jetzt an?

Folge 268 - Im Gespräch mit Friedrich Bohn über das Projekt Zukunftsbilder

Ein Beitrag

Folge 268 - Im Gespräch mit Friedrich Bohn über das Projekt Zukunftsbilder

Links zur Folge

Projekt "Zukunftsbilder" der Scientists for Future
https://de.scientists4future.org/zukunftsbilder/

Fertiggestellte Zukunftsbilder
https://zenodo.org/communities/zukunftsbilder/

Zukunftsbilder mitgestalten
https://www.cognitoforms.com/DeniseErb/ZukunftsbilderMitgestalten

Die Onlinecommunity: "Gemeinsam in eine klimagerechte Zukunft"
https://experimentarium.stefanie-rueckert.de/

Möglichkeiten mich zu unterstützen:
https://stefanie-rueckert.de/unterstützen

Transkript (Von Podcasthörer·in Rupert Korrektur gelesen)

Friedrich Bohn Ich bin Friedrich Bohn. Ich arbeite am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung in Leipzig und beschäftige mich dort ganz intensiv mit den Auswirkungen des Klimawandels auf unsere heimischen Wälder. Welche Wälder sind besonders nachhaltig, welche kommen mit dem Klimawandel besser zurecht? Das sind so die Themen, mit denen ich mich beruflich beschäftige.

Gleichzeitig bin ich eben auch bei den Scientists for Future aktiv, seit Jahren. Und dort bin ich  Mitinitiator und Koordinator des Zukunftsbilder-Teams. Und mein Alltag sieht so aus, dass in den letzten Jahren hauptsächlich von zu Hause gearbeitet hab, wegen Corona. Das liegt aber einfach daran, dass man als Modellierer, der ich eben bin, wir verknüpfen Klimamodelle mit einem Waldmodell, das wir das von überall aus machen können. Ich muss nicht ins Büro gehen oder ins Labor, sondern ich kann wirklich von überall aus arbeiten, solange ich eine Internetverbindung hab, dann kann ich hier die Großrechner ansprechen und dort Simulationen und Auswirkungen machen. Das ist sozusagen die theoretisch wie es abläuft. De facto sind es ganz viele Besprechungen und Diskussionen mit Kollegen, in denen wir über die wissenschaftlichen Erkenntnisse von morgens bis abends diskutieren...

Stefanie Du hattest schon das Projekt Zukunftsbilder angesprochen und das war eben auch der Grund, warum ich dich hier eingeladen hatte. Kannst du da nochmal näher was dazu sagen, was wir uns darunter vorstellen können?

Friedrich Bohn Also das Zukunftsbilder Projekt wurde geboren, aus 3 Ideen, sag ich mal, oder 3 Erkenntnissen. Und zwar ist uns aufgefallen, bei den Scientists, dass die dystopischen, also die negativen Erzählungen wie die Zukunft wird, sehr ausführlich da sind. Sehr prominent immer gebracht werden. Dass man auch immer das Gefühl hat, die sind wirklich durchdacht. Also wie das alles den Bach runtergeht, das ist irgendwie nicht so schnell und naiv sich ausgedacht, sondern da steckt wirklich viel dahinter und das klingt alles sehr plausibel und deswegen ist es so motivierend das zu verhindern. Für manche Menschen.

Das war sozusagen der eine Punkt, der zweite war zu sagen: "Wieso gibt es eigentlich keine positiven Geschichten?" Also es gibt eben immer diese dystopische Sache, so es wird ganz, ganz schlimm und dann kommt eine ganze Liste warum es schlimm wird und deswegen müssen wir was dagegen tun und müssen ja auch ganz viel verzichten und dieses Narrativ ist halt schade, weil es nur eine bestimmte Gruppe von Menschen anspricht und andere eben nicht und die Frage ist: Gibt es nicht auch die Möglichkeit positive Geschichten zu erzählen, wie die Zukunft werden könnte, wenn es richtig geil wird? Und wenn wir eben die Transformation vollbringen.

Und als Beispiel auch da wieder, fand ich sehr bezeichnend den Bundestagswahlkampf, wo wir gemerkt haben, dass alles, was sich um eine Transformation gedreht hat, immer sofort im zweiten Satz gesagt hat "Oh, das kostet ja was." Aber dass es einfach extrem viel kostet, wenn wir nichts tun oder wenn wir länger überlegen, das kam immer viel zu kurz. Also es wurde nicht ein Kostenvergleich von verschiedenen Zukunftsbildern gemacht, sondern es war immer "Wenn wir uns verändern wollen, kostet das Geld." Das war so ein bisschen das, was extrem frustrierend für mich war.

Und die dritte Motivation für die Zukunftsbilder war dieser Claim "Listen to The Science", der von Fridays for Future benutzt wurde, der grundsätzlich stimmt. Und ich glaube auch von den ursprünglichen Gedanken auch richtig gedacht war, aber er birgt die Gefahr dahingehend missverstanden zu werden, dass die Wissenschaft wüsste, was wir tun müssen und es einen ganz klaren Plan in den Schubladen der Wissenschaftler gibt, der einfach nur umgesetzt werden müsste und das ist nicht der Fall.

Es gibt große Übereinstimmungen, was wir nicht tun sollten, was wir vermeiden müssen bezüglich Klimawandel natürlich. Was aber jetzt tatsächlich die finale beste Lösung oder die beste Welt wäre, da unterscheiden sich wir Wissenschaftler doch. Das ist das, wo der wissenschaftliche Diskurs stattfindet. Und das ist eben auch nicht die Aufgabe der Wissenschaft, eine politische Agenda zu formulieren. Aber die Wissenschaft kann eben einen Raum bieten, innerhalb des Raums es Sinn macht zu diskutieren und über demokratische Prozesse zur Entscheidungsfindung zu kommen.

Zusammengefasst: Wissenschaft ist keine Politik, ist die Motivation sozusagen. Es gibt eine Möglichkeit im Raum, den wir haben, das klar zu kommunizieren. Die zweite Motivation war positive Geschichten zu erzählen und die dritte Motivation war, diese positiven Geschichten auch wirklich auf wissenschaftliche Erkenntnisse zu stellen, so dass das wirklich Hand und Fuß hat, was da rauskommt. Und aus diesen 3 Strängen sind die Zukunftsbilder entstanden.

Und jetzt ist die Frage was ist denn jetzt eigentlich ein Zukunftsbild? Es gibt nicht nur ein Zukunftsbild, sondern insgesamt 4. Man kennt es vielleicht von den ganzen Klimaszenarien, wo man auch verschiedene Szenarien hat, von einer ganz, ganz schlimmen Welt. Und wie würde sich die Temperatur entwickeln, wenn man versucht, Paris einzuhalten? Und so ist es bei den Zukunftsbildern auch, nur statt von Szenarien, die wissenschaftlich eine gewisse Definition haben, sprechen wir von Zukunftsbildern, um ein bisschen freier, auch in der Interpretation und Ausgestaltung zu sein.

Und ein Zukunftsbild ist also eine Beschreibung einer möglichen Zukunft mittels Text und seit kurzer Zeit sind wir in Zusammenarbeit mit den Creatives for Future oder Leuten aus der Kreativwirtschaft, aus der Kunst, die versuchen, diese wissenschaftlichen Texte in ihrer Disziplin mit ihren Fähigkeiten auch nochmal umzusetzen. Dass es eben nicht nur ein wissenschaftliche Artikel ist oder eine Sammlung von wissenschaftlichen Artikeln, sondern ist eben auch ein Theaterstück geben wird demnächst, was auf den Zukunftsbildern basiert. Dass es Geschichten geben wird, die auf den Zukunftsbildern basieren. Und eben auch Illustration.

Genau und jetzt noch einen letzten Satz. Wir unterscheiden sich diese vier Zukunftsbilder? Sie unterscheiden sich ein bisschen in ihrem Narrativ, also wir müssen für jedes dieser Zukunftsbilder darüber berichten, was passiert ungefähr? Und wir haben drei positive Utopien entwickelt und eine Negative. Die drei positiven unterscheiden sich darin, dass in dem einen Fall es eher eine Top Down Transformation ist, also sprich die wichtigsten Entscheidungsträger:innen der Gesellschaft hören auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse und leiten darüber sinnvolle Schlüsse ab, und setzen sie dann auch ziemlich zügig um. Und die Bevölkerung trägt es mit.

Die zweite Geschichte ist der umgekehrte Weg: Die Leute beschäftigen sich mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen und verändern dementsprechend ihr Verhalten, was dazu führt, dass Entscheidungsträger:innen eben sich und auch ihr Verhalten ändern müssen, um wiedergewählt zu werden, damit ihre Produkte gekauft werden etc.

Und das dritte Zukunftsbild war die Überlegung naja, das sind beides sehr, sehr stark transformative Bilder. Wir versuchen auch eins zu machen, was möglichst wenig transformativ ist, aber trotzdem Paris einhält und die Nachhaltigkeitsziele der UN. Und da war dann die Idee zu sagen, wir lassen manche Sachen fix und dafür müssen wir aber um das auszugleichen, müssen wir an anderen Stellen dafür sehr krasse Veränderungen umsetzen. Um zu zeigen, wenn wir bestimmte Privilegien, die wir heutzutage haben, auch in Zukunft haben wollen, dann müssen wir auf andere Sachen sehr krass verzichten.

Das vierte und letzte Bild, und da haben wir lange darüber diskutiert, ob wir das überhaupt machen, weil keiner da drauf Lust hatte, war dann doch eben ein dystopisches Bild zu zeichnen, aber wir waren uns alle ziemlich schnell einig, dass wir eben nicht das worst case Szenario, also das schlimmste Klimaszenario, das heißt Kohlekraftwerke werden weiterhin wie blöde gebaut, beschreiben wollen, weil das so offensichtlich falsch ist, dass wir uns gedacht haben, das macht keinen Sinn, das nochmal zu wiederholen.

Stattdessen haben wir uns dann doch eben immer wieder geärgert (lacht) über irgendwelche Talkshows, die zu dem Thema gemacht wurden, wo dann irgendwer gesagt hat ja aber wir machen doch schon so viel und ja, aber wir haben doch dieses Jahr schon wieder eine Wachstumsrate von 10% in erneuerbaren Energien und es wird doch schon der Fleischkonsum ein bisschen reduziert, wo wir gesagt haben ja ok, was ist denn, wenn wir in diesen Wachstums- und Transformationsschritten oder Schrittgeschwindigkeit weiter machen, also wir uns jedes Jahr darüber freuen, dass es mehr Windkrafträder oder Solaranlagen gibt, es aber vorne und hinten nicht reicht, um bis 2040 eben komplett klimaneutral zu sein. Um das zu zeigen, was dann rauskommt, das entspricht grob einer drei Grad Welt, die dann da eben bei rauskommt. Und das ist sozusagen die vierte Geschichte.

Stefanie
Genau, du hattest jetzt gerade gesagt 2040, das heißt, diese Zukunftsbilder fokussieren jetzt alle auf dieses Jahr, verstehe ich das richtig? Und auf den Alltag dort, oder fokussiert ihr noch auf etwas anderes?

Friedrich Bohn
Genau ich habe 2040 gesagt, weil es einfach immer leichter ist, sich mit einem konkreten Datum Gedanken zu machen. Es ist jetzt für uns nicht essentiell, dass es 2040 sein muss, wenn es 2039 ist, ist es auch ok, und wenn es bis 2042 dauert, wir dann aber echt viel geschafft haben, ist es auch ok, also nicht festnageln auf das Ziel. Und manche Ziele, die wir haben, da ist es durchaus attraktiv, die auch früher hinzubekommen, Stichwort Co2 Neutralität schon 2035 zu schaffen, also natürlich, das hätte man dann auch 2040 geschafft, deswegen bitte nicht auf diese exakte Zahl festlegen.

Es ist einfach nur so, wenn man sich Transformationen in der Gesellschaft anschaut, bei vielen Sachen dauert es etwa 20 Jahre, bis sich sozusagen die Transformation komplett umgesetzt hat. Wenn man sich überlegt, vom allerersten Knochenhandy bis dahin alle haben ein Handy in der Bevölkerung, es ungefähr 20 Jahre dauert, oder Auto oder was auch immer, sich so vorstellen kann. Es ist uns total wichtig bei dem Projekt, zu zeigen, dass eigentlich eine Verhaltensänderung im Alltag wirklich einen Effekt hat.

Natürlich ist es so, wenn sich nur einer ändert, dann verändert sich natürlich relativ wenig. Aber wenn eben die Masse, alle ein bisschen was machen, dann ist es doch sehr, sehr viel. Und man hat eben durchaus an verschiedensten Stellen Möglichkeiten, wo man die Transformation unterstützen kann. Und die Idee ist bei uns eben, dass es also wir decken eben nicht nur Mobilität und Energieversorgung ab, sondern wirklich sehr, sehr breit eigentlich alle Aspekte der Gesellschaft, das heißt, in allen Bereichen der Gesellschaft ist man ja in seinem Alltag irgendwie involviert in der Mobilität, weil ich zur Arbeit muss, in der Ernährung, weil ich was essen muss, in der Gesundheit, weil ich mich um meine Gesundheit kümmere etc. pp., in der Kultur, weil ich mich irgendwo engagiere.

Trotzdem gibt es manche Sachen, die man nicht durch Verhaltensänderung in seinem Alltag ändern kann. Ich kann nicht als Privatbürger etwa sagen, ich fände es viel cooler, nur 9,00€ für den öffentlichen Nahverkehr zu zahlen, und dann zahle ich einmal im Monat 9,00€ und den Rest fahre ich schwarz, das funktioniert nicht, das ist halt etwas was Top Down passieren muss.

Deswegen es ist tatsächlich so, dass diese ganzen Bereiche, die wir in diesen Zukunftsbildern diskutieren und analysieren, dass wir immer einerseits mit dieser Alltagsperspektive, und wir machen das tatsächlich so, von dieser Alltagsperspektive schauen. Das betrifft dann jeden von uns und auf der anderen Seite aber eben von der, wir nennen das systemisch oder systemisch-wirtschaftliche Perspektive, wo man nur aktiv werden kann, wenn man in diesem Feld beruflich aktiv wird.

Also nur, wenn ich im Mobilitätsbereich verantwortlich bin für Nahverkehrsorganisationen kann ich da auch was tatsächlich in dem Konzept ändern, ich kann aber nicht die Nutzung ändern, weil das ist wiederum Alltag, und so haben wir das für alle Bereiche, so gut es ging, immer versucht, von zwei Seiten zu betrachten.

Stefanie
Und wer seid ihr alle und wie kann man denn bei diesem Projekt mitmachen? Also nicht auf der künstlerischen Seite, sondern auf eurer wissenschaftlichen Seite, was gibt es dafür Voraussetzungen?

Friedrich Bohn
Genau, also das Schreiben der Texte funktioniert ganz stark ausschließlich nach wissenschaftlichen Methoden, also sprich, es ist wie wenn man in der Wissenschaft einen Artikel schreiben will, muss man den Artikel entwickeln mit anderen Leuten, die sich darüber eben sehr gut auskennen, jegliche Argumente müssen mit Quellen belegt werden. Dann kommt dieser Text, dann wird er an andere Expert:innen gegeben, die den gegenlesen und kontrollieren, dagegen argumentieren und zwar ohne zu wissen, wer ihn geschrieben hat. Das ist das sogenannte Peer-Review-Verfahren. Dann kriegt man also diese Kritik wieder zurück, man muss als Autor wieder drauf antworten und den Text entsprechend anpassen.

Die Grundidee dahinter ist, den Text besser zu machen und weiterzuentwickeln, nicht ihn abzulehnen. Es gibt ein sogenanntes Editorial Board, also eine Gruppe, die diesen Prozess überwacht, dass beide Gruppen, also die, die dem Text Feedback geben, als auch die, die den schreiben, dass die sich a) fair behandeln und aber auch, dass die Antwort, die das Autorenteam macht, passt zu den Gegenargumenten, die die andere Seite hat, und nicht irgendwer sagt, wir sind dagegen, und wir lehnen diesen Kommentar ab, sondern dass sie wirklich auch begründen müssen, warum sie ihn ablehnen oder eben aufnehmen, und erst wenn dieser ganze Prozess abgeschlossen ist, gilt der Text als abgeschlossen von wissenschaftlicher Seite.

Um in diesem Prozess mitzumachen, muss man extrem vertraut sein mit der wissenschaftlichen Methode. Man muss jetzt nicht explizit aktuell wissenschaftlich aktiv sein, aber man muss dieses ganze Verfahren wirklich verstehen, weil wir nicht, also weil das sehr aufwendig ist, da jeden mit in seiner ganzen Vielfalt einzubringen, und auf der anderen Seite es bestimmt andere Seiten gibt oder andere Prozesse gibt, wo man mit seiner Expertise viel besser vielleicht aufgehoben ist. Also zum Beispiel haben wir ein Team, das sich durchaus viel um Sprache kümmert, das heißt in diesem Team geht es darum, einerseits ganz praktische Lektoratsarbeit zu machen bei den Texten, aber auch diese Texte durchaus auch etwas kreativer weiterzuentwickeln.

Es sollen demnächst auch Workshops stattfinden, wo die Texte wirklich kreativ, Kurzgeschichten etc. entwickelt werden können für diese Texte. Das heißt, wenn man gerne schreibt, dann wäre es sinnvoller, eher da sich einzubringen und dort kreativ mit den Texten zu arbeiten als jetzt mit der Entwicklung des wissenschaftlichen Fundaments. Auf der anderen Seite haben wir aber auch Illustratorinnen, die eben professionelle Illustratorinnen sind, die sich dann damit beschäftigen und versuchen, mit diesen Bildern ein Konzept zu entwickeln oder dass, damit sind sie grob fertig, ein Konzept zu entwickeln.

Wie diese Sachen dann illustratorisch aufgearbeitet werden, welche Farben werden benutzt, in welchen Anteilen, was sind Grundvoraussetzungen, damit die Illustration stimmt. Auch da wieder gibt es dann Feedbackprozesse und so weiter. Also da steckt sehr viel Know-How in den einzelnen Rädchen, wie alle ineinandergreifen dahinter, mit dem Ziel, das vielleicht richtig zu verstehen, mit dem Ziel, nicht alle überall zu beteiligen, sondern jeden dort zu beteiligen, wo er die größte Expertise hat, damit er dort, wo er am besten ist, auch wirklich dem Projekt dienen kann.

Stefanie
Und ihr habt ja auf eurer Webseite geschrieben, dass ihr mit den Artists und Creatives for Future schon zusammenarbeitet. Und wie kann ich mir das genau vorstellen, und was wünscht ihr euch denn da für eine Zusammenarbeit, und gibt es vielleicht schon konkrete Projekte?

Friedrich Bohn
Genau also was, wo ich gerade mega gespannt bin. Wir haben tatsächlich mit Theaterleuten vom Sommerblut Festival in Köln einen Antrag geschrieben, um ein Theaterstück zu den Zukunftsbildern zu machen, oder zu Teilaspekten der Zukunftsbilder. Die ganzen Zukunftsbilder sind natürlich viel zu umfangreich von der Komplexität, aber da Teilaspekte eben durch eine Theaterreise durch Köln umzusetzen, wir haben jetzt tatsächlich die Förderung bekommen, so dass, ich glaube, Ende September ist die Aufführung wird es einige Auftritte geben, wo es sozusagen ein Theater gibt, was aufbaut auf den Zukunftsbildern.

Und natürlich trotzdem auch da, also es ist vielleicht auch nochmal ein wichtiger Grund, Philosophie von diesem Projekt ist es nicht, dass die Wissenschaftler jetzt alles vorgeben und Wissenschaftlerinnen, sondern sie machen das, was sie können, Texte schreiben, die wissenschaftlich Hand und Fuß haben. Die Theaterleute auf der anderen Seite können gute Texte und Dramaturgien entwickeln. Das heißt, sie haben auch den Hut auf, was in diesen Texten am Ende steht, das ist sozusagen die künstlerische Freiheit, die da ganz wichtig ist.

Trotzdem ist die Hoffnung, diese Texte mit der Wissenschaft wiederum, auch da wieder Feedback einzusammeln, einerseits aufbauend auf den Text, den wir schon haben die ersten Drehbücher zu schreiben, aber jetzt ist es so, die ersten Texte bestehen, und sie geben uns jetzt diese Texte, damit wir Wissenschaftler:innen drauf schauen und gucken, ist das wissenschaftlich, was an Zahlen und etc. drin vorkommt, ist es okay, oder ist das zu krass übertrieben? Wenn wir der Ansicht sind, das ist zu krass übertrieben, dann sagen wir, es ist zu krass übertrieben und hoffen, dass dann die Regie sagt okay, dann versuche ich näher dran, ich kann die Dramaturgie an der Stelle auch anders erzeugen, aber diese letzte Entscheidung bleibt trotzdem bei der Regie und bei den Theaterleuten, wenn die sagen nee, wir wollen das so haben, dann dürfen sie das auch.

Aber bis jetzt gab es noch nie Streit, also man war eigentlich immer höchst daran interessiert, wirklich zusammenzukommen und das zusammen zu machen, dass das alle gut finden und in der Regel ist das, was am Ende dann durch solche Diskussionen rauskommt, auch für alle dann viel besser als das, was vorher da war.

Stefanie
Und sind die Zukunftsbilder jetzt eigentlich global betrachtet? Wir können ja jetzt eigentlich nicht für alle Kulturen auf der Welt diese Zukunftsbilder entwickeln, dann können wir uns ja gar nicht so rein versetzen. Und deswegen stelle ich mir das schwierig vor, also wie habt ihr euch das gedacht?

Friedrich Bohn
Ein weiterer wichtiger Aspekt. Die Idee ist, sich primär auf den deutschsprachigen Raum, haben wir jetzt gesagt, uns zu beziehen, also sprich auch sozusagen Zentraleuropa oder Mitteleuropa. Weil die Konzepte, die wir da jetzt andiskutieren und entwickeln, nicht nur in Deutschland funktionieren, sondern auch in Österreich oder auch in den Beneluxstaaten theoretisch also, da ist der Unterschied einfach nicht so groß zu uns. In vielen Bereichen ist ja gerade bei Mobilität ist es ein bisschen schwierig (lacht).

Genau. Das ist die Idee, sich eben auf die Deutsche Gesellschaft, für die deutschsprachige Gesellschaft zu konzentrieren. Ein weiteres Argument warum, warum wir nicht explizit Deutschland sagen ist, dass es durchaus Überlegungen gibt, in den Bereichen, die sich mit Demokratie und gesellschaftliche Organisationen beschäftigten, durchaus auf den Raum lassen wollten, den Nationalstaat oder so zu hinterfragen, um da zu sagen ok, wie könnte man das eventuell auch auf europäischer Ebene anders zu organisieren. Etc., und da einfach diese Freiheit zu geben und nicht das, vor den Nationalstaatsgrenzen Stopp zu machen.

Auf der anderen Seite haben natürlich Sachen, die wir hier in Deutschland verändern, trotzdem Rückwirkungen auf den gesamten Planeten, und umgekehrt hat der gesamte Planet auch Rückwirkungen auf Deutschland, also das lässt sich nicht hundert Prozent trennen. Deswegen gibt es neben dieser Alltagsperspektive und der systemischen oder wirtschaftlichen Perspektive eine dritte, die ist ein bisschen einfacher, vom Umfang her einfacher, wo wir versuchen nochmal das alles zusammenzufassen und zu sagen, angenommen, der Rest der Welt würde spezifisch, natürlich kulturell spezifisch und entsprechend der eigenen lokalen Gegebenheiten ähnlich handeln, wie gesagt die konkreten Lösungen sind teilweise sehr sehr unterschiedlich, aber der Spirit wäre sozusagen der gleiche.

Wie würde sich denn dann der gesamte Planet entwickeln? Und darüber, diesen globalen Aspekt abzudecken. Trotzdem zieht das Projekt langsam Kreise. Eben auch in der Wissenschaftscommunity, wo jetzt der ein oder andere eben nicht deutschsprachig ist, weil die Sprache der Wissenschaft häufig englisch ist, eben die Leute auch aus anderen Ländern kommen und sagen es war eigentlich voll cool, das auch für mein Land oder für meine Regionen mal zu entwickeln, wo wir jetzt so ganz, ganz vorsichtig anfangen zu überlegen, wie können wir dieses Konzept auch nochmal für einen anderen Bereich machen? Eben, was weiß ich, Südeuropa also auch da. Italien, Spanien, Portugal das ist wahrscheinlich, da gibts, es gibt Synergien, oder die Unterschiede sind nicht so groß wie jetzt Italien und Norwegen, also da sind irgendwie Lösungen und Konzepte vielleicht auch anders, oder auch aus Europa raus zu gehen. Langfristig ist es schon ist der Wunsch aller.

Stefanie
Wo du jetzt gerade sowas ansprichst, was ist denn so der größte Wunsch? Die größte Vision, die ihr habt mit den Zukunftsbildern, also wenn ihr euch was wünschen könntet? Was wollt ihr mit den Zukunftsbildern bewirken?

Friedrich Bohn
Na ja, dass am Ende wir halt (lacht) nachhaltig leben alle auf diesem Planeten, der so schön ist. Ist im Prinzip wirklich so, also die Idee ist wirklich, das ist kein Projekt, das jetzt irgendwie für ein Jahr läuft und dann freuen wir uns alle, dass wir mal wieder ein Projekt vollgemacht haben und irgendwelche Sachen im Internet stehen, die nach zwei Jahren keiner mehr findet, sondern das ist wirklich so angelegt, dass dieses Projekt so lange läuft, bis wir wirklich die Kehrtwende, was Co2 Emissionen angeht, aber eben nicht nur die, sondern die ganzen Nachhaltigkeitsziele, also dazu gehört auch Gleichstellung der Geschlechter, Landnutzung sinnvoll zu organisieren etc. und erst wenn wir diese Nachhaltigkeitsziele erreicht haben und die planetaren Grenzen eingehalten werden, können wir sagen, die Arbeit ist getan, wir können uns zurückziehen.

Und vielleicht noch ein Gedanke dabei ist, oder was ich, und das gehört sozusagen auch zu diesem Wunsch mit dazu. Es ist so, dass die Inhalte natürlich jetzt wissenschaftlich erarbeitet werden. Aber: Wir Wissenschaftler:innen im Elfenbeinturm wissen auch nicht alles oder wissen vor allem nicht alles besser, sondern wir können einfach nur die Grundlage liefern, um Sachen sich zu überlegen, und es ist super wichtig für dieses Projekt. Und da sind wir grad noch am Entwickeln, wie wir das gut organisieren, Feedback aus, also von den Alltagsexpert:innen zu bekommen.

Ich kann das an einem kleinen Beispiel festmachen. Ich bin zu meinen Schwiegereltern aufs Dorf gefahren, und hab denen erzählt Hurra Zukunftsbilder und wir haben super tolle Visionen, wie wir Mobilität in Zukunft auch auf dem Land organisieren, und hab denen das vorgestellt, und die haben einfach nur mit dem Kopf geschüttelt und gesagt, das ist überhaupt nicht attraktiv für sie, das ist total blöd, es ist echt nicht spannend. Und haben mir dann erzählt, warum. Und dass es mit diesen ganzen selbstfahrenden Autos und selbstfahrendem öffentlichen Nahverkehr einfach echt unpraktisch ist, weil du dann trotzdem dauernd umsteigen musst, und dann kommen die nicht, ewig nicht, oder man muss warten. Und mit dem Auto ist das alles viel, viel schneller.

Und das Interessante war aber dann, dass die Diskussion, die sonst immer sehr schnell zu so einem Clash führen kann, über diese Frage wie wollen wir denn leben nach so einer Transformation die nachhaltig ist, weil prinzipiell gegen Nachhaltigkeit haben die wenigsten, also warum sollte man nicht nachhaltig leben wollen, ne? Da gibt es eigentlich keine Argumente dafür. Wünscht ihr euch denn eine nachhaltige Welt in eurem Alltag? Weil ihr könnt mir nicht sagen, dass ihr mit Freude jeden Tag 30 Minuten im November bei Sturm und Hagel in 30 Kilometer entfernte Einkaufszentren fahrt, das glaube ich euch nicht.

Wie gesagt, natürlich ist das nicht cool, also da waren wir auch dann wieder schon, und das war dieses interessante dann, dadurch, dass man versucht hat zu überlegen, wo wollen wir denn eigentlich hin, war die Diskussion ganz anders. Und dann stellte sich eben raus, dass es eigentlich viel schöner wäre, wenn es, wenn dieses Bedürfnis nach Mobilität abnehmen würde, sprich, wenn es wirklich diese Notwendigkeit gibt, ewig mit dem eigenen Auto umher fahren zu müssen, sondern wenn möglichst viele der Sachen, die man mobil erreichen muss, eigentlich wieder im Dorf stattfinden im Sinne eines kleinen Ladens oder so, also dass einfach gar nicht mehr das Bedürfnis besteht, groß durch die Gegend fahren zu müssen.

Und das fand ich total interessant, weil wir aus unserem Elfenbeinturm da erstmal nur an die neueste technische Idee mit selbstfahrenden Autos gedacht haben. Das war, das fand ich sehr cool und ich glaube, dass so oder so ähnlich noch ganz viele Schätze zu heben sind, die außerhalb des Elfenbeinturms liegen. Und da irgendwie ein konstruktives Miteinander zu entwickeln, das wäre so die andere schöne Aufgabe, die wir bei dem Projekt haben.

Stefanie
Also wie könnten denn die Hörer:innen sich an diesem Projekt beteiligen? Also wenn sie jetzt sagen, Zukunftsbilder klingt total toll, wie können Sie damit machen?

Friedrich Bohn
Es gibt sozusagen zwei Optionen wieder hier, die eine Sache wäre jetzt wirklich dieses, wo ist man Experte oder Expertin, und da zu gucken, ob es da irgendwie eine Andockstelle gibt, also wenn man Schriftsteller:in ist oder was auch immer, zu sagen ok, ich würde gerne die Texte schriftlich mitarbeiten, dann ist das einfachste, uns eine Mail zu schreiben an zukunftsbilder@posteo.de. Und dann kurz beschreiben, wer man ist, was man einbringen möchte, welche Talente, und dann müssen wir schauen, ob sozusagen dieses Talent gerade schon gebraucht, als ob schon die Andockstellen der anderen Teams schon so weit sind, oder ob es eben schon ein Team gibt, wo man sich mit eingliedern kann, das wäre die eine Option.

Und die andere ist eben diese, die ist als Lebensweltexpert:in Feedback zu geben, wie gesagt, da sind die Prozesse noch am Überlegen und beim Entwickeln. Da haben wir erste Testballons gemacht, die waren prinzipiell gut, lassen sich aber nicht hoch skalieren auf viele Leute, da müssen wir noch überlegen, wie wir das machen. Nichtsdestotrotz gibt es da aber eine Datenbank, wo man sich sozusagen schon eintragen kann. So dass man da, sobald da wieder irgendwelche Umfragen passieren, direkt angeschrieben wird. Da weiß ich den Link jetzt nicht auswendig, den würde ich dir einfach nochmal nachreichen.

Stefanie
Genau, den packen wir in die Shownotes.

Friedrich Bohn
Da würde man also, da ist momentan die Idee, also, dass man dann nur Teile der Texte oder Textaspekte zu den Themen, die einen interessieren, bekommt, oder auch Grafiken oder was auch immer, das müssen wir noch entwickeln, aber wo man dann relativ schnell und mit einem einfachen, wahrscheinlich Fragebogen in irgendeiner Art und Weise schnell Feedback geben kann. Und wo dieser Fragebogen aber auch einen sozusagen ein bisschen an die Hand nimmt, wie formuliert man dann wirklich ein Feedback, was dann den einzelnen Teams auch wirklich hilft, ihre Arbeit weiterzumachen, weil zu sagen finde ich doof - okay, aber damit kann man nicht weiterarbeiten. Oder so finde ich total schön - okay, das ist besser als das andere, aber auch damit kommt man nicht weiter, so, also warum findet man die Aspekte schön, da ist dann die nächste Frage.

Ich habe noch eine letzte, noch eine letzte strukturelle Sache nochmal, die ist mir gerade noch aufgefallen. Wir beschreiben die Zukunft im Jahr 2040 etwa, also in 20 Jahren, wie sieht die Zukunft aus, die wir uns wünschen? Der Grund, warum wir das machen, ist, um festzulegen, wo wir denn überhaupt hinwollen und in welcher Zeit, weil wenn wir das wissen, dann können wir nämlich zurückgehen auf heute und überlegen, mit welcher Geschwindigkeit, in welche Richtung müssen wir denn heute loslaufen, damit wir in etwa 20 Jahren dorthin kommen, wo wir hinwollen?

Und dann wird man nämlich sehr schnell feststellen, dass manche Sachen eben einfach immer noch zu langsam laufen, weil einem total klar ist, wenn ich in 20 Jahren dort sein will, dann kann ich nicht im Schneckentempo loslaufen, und das ist die Struktur, wie die Zukunftsbilder aufgebaut sind. Es gibt immer die Zukunftsvision, und daraus abgeleitet im zweiten Teil die Texte. Dann müssen wir aber in den nächsten 3,4 Jahren das das und das in dem und dem und dem Tempo umsetzen, damit das klappt und damit auch wieder wirklich eine konkrete Handlungsanweisungen zu haben für jeden für heute.

Stefanie
Ja, dann bedanke ich mich nochmal ganz herzlich, dass du dir die Zeit für dieses Gespräch genommen hast, und ich bin mir sicher, dass es viele Menschen inspiriert und viele Hörer:innen jetzt sagen, ja, Zukunftsbilder, da will ich mitmachen. Alle Links dazu findest du in den Shownotes, liebe Hörerin, lieber Hörer. Und dann noch einmal ganz herzlichen Dank an dich, Friedrich, dass du dabei warst. Es war ein schönes Gespräch.

Friedrich Bohn
Sehr gerne, es war mir eine Freude.

Folge 267 - Im Gespräch mit Dr. Gregor Hagedorn über eine klimagerechte Zukunft

Ein Beitrag

Folge 267 - Im Gespräch mit Dr. Gregor Hagedorn über eine klimagerechte Zukunft

Links zur Folge

Raumschiff Erde – Tipps für die Besatzung | Gregor Hagedorn | TEDxUniPotsdam
https://yewtu.be/watch?v=fB3BLEsTBi0

Unsere Welt in Zahlen [EN]
https://ourworldindata.org/

Daten zur Biodiversitätsfrage [EN]
https://ourworldindata.org/wild-mammals-birds-biomass

350.org - Bewegung gegen Kohle, Öl und Gas
https://350.org/

Kurze Foliensätze und Screencast-Videos von Wissenschaftler*innen zu bestimmten Aspekten aus den Themenbereichen Klima, Biodiversität, Energiewende, Verkehrswende, und Sozio-ökologische Transformation.
https://de.scientists4future.org/s4f-spotlights/

Planetary Boundaries [EN]
https://invidious.sethforprivacy.com/watch?v=8Sl28fkrozE

Die Onlinecommunity: "Gemeinsam in eine klimagerechte Zukunft"
https://experimentarium.stefanie-rueckert.de/

Möglichkeiten mich zu unterstützen:
https://stefanie-rueckert.de/unterstützen

Vollständiges Transkript

Stefanie Ich freue mich sehr, dass ich heute wieder einen Gast habe im Podcast und zwar Doktor Gregor Hagedorn von den Scientists for Future und falls unsere Hörer·innen dich noch nicht kennen, würde ich dich einmal bitten, dich kurz vorzustellen.

Dr. Gregor Hagedorn Ich freue mich, hier zu sein bei dir. Ich bin Gregor Hagedorn, ich arbeite am Museum für Naturkunde in Berlin als Wissenschaftler zu Themen von Biodiversität, Nachhaltigkeit und Bio-Informatik, also Daten, Vernetzung und ja, ich habe vor 3 Jahren die Scientists for Future mit anderen zusammen gegründet. Ich habe damals rum gefragt, wir müssten doch was tun. Und dann entstand dort eine kleine Arbeitsgruppe.

Stefanie Und wir hatten vorab so ein bisschen per E-Mail ganz kurz hin und her geschrieben, und ich hatte mir einen Ted Talk von dir angeschaut, den ich auch verlinken werde, hier unter der Folge, und so hatte ich das Gefühl bekommen, es ist besser wir nehmen nochmal eine Podcastfolge auf, weil ich dachte das worüber wir uns unterhalten, wird die Hörer·innen auf jeden Fall auch interessieren.

Ich hatte mir 2 Passagen aus unserem E-Mail-Wechsel rausgeschrieben. Du hattest die Frage gestellt: "Wie kämpfen wir für bessere Welten, in denen nicht alles gut sein wird, sondern manches auch schlechter, unbequemer, weniger verfügbar als heute?" Und ich hatte ja vorher gesagt, ich möchte gerne Geschichten erzählen, positive Geschichten darüber, wie alles gut wird. Daraus ist das also so entstanden und da war so ein bisschen das "stimme ich dem zu, stimme ich dem nicht zu" und ich dachte daraus können wir gut ein Gespräch spinnen.

Also wäre die Frage ja wie könnte denn unser Alltag in einer klimagerechten Zukunft aussehen? Also was denkst du, weil du ja sagst, dass vieles oder manches auch eben schlechter werden kann? Also wie wird das dann aussehen?

Dr. Gregor Hagedorn Ich glaube, wir werden einen normalen Alltag mit einem guten Leben gestalten können. Der Alltag wird anders sein und er wird an einigen Stellen reicher seien, an einigen Stellen auch unbequemer. Das muss man meiner Ansicht nach eben auch einfach aussprechen. Er wird Gewohnheitsänderungen mit sich bringen und nicht alle Gewohnheiten, die wir haben, sind ja unbedingt gut.

Also wir wissen unsere Ernährungsgewohnheiten sind alles andere als gesund. Sie tragen nicht zu einem guten Leben bei. Mhm. Viele kämpfen damit auch mit Ernährungsgewohnheiten. Und wenn jetzt von außen irgendwie was kommt und gesagt wird ja, das geht halt jetzt nicht mehr so häufig, dieses momentane Lieblingsgericht, dann wird man sich umstellen und dann wird man neue Lieblingsgerichte finden.

Na also ein ganz typisches Beispiel ist der Fleischkonsum. Wir leben in der Welt derzeit mit 7,8 Milliarden Menschen. Das sind sehr viele. Diese 7,8 Milliarden werden, bis 2050 kann niemand genau sagen, aber schätzungsweise so zwischen 10 und 12 Milliarden Menschen werden, das heißt, wir packen da jetzt nochmal 50% drauf und das ist gar nicht so bedrohlich, wie das vielleicht klingt, weil das klingt so, als würde das explodieren, aber das ist tatsächlich schon eine Annäherung anstatt an mögliche Stabilität. Ganz klar: das kann schiefgehen mit der Bevölkerung, das kann im Bereich von 10 - 12 Milliarden Menschen auch gut gehen, dass sich das dort stabilisiert.

Wenn diese Menschen jetzt unsere derzeitigen Ernährungsgewohnheiten haben, dann können wir die Sache mit Klima, Biodiversitätsschutz, Erhaltung unseres Naturerbes komplett vergessen. Wenn die Menschen jetzt noch, was momentan ganz stark der Fall ist, wenn also viele Länder, die sich bisher anders ernährt haben, jetzt versuchen, sich so zu ernähren, wie sie das bei sich im Fernsehen, wenn sie Derrick oder andere deutsche Fernsehsendungen sehen oder Tatort, die sehen ja auch manchmal was modernes ne, sehen, wenn die das nachahmen wollen und wenn die den europäisch-amerikanischen Ernährungsstil aufnehmen wollen, dann führt das in die Katastrophe.

So wenn wir das jetzt gerecht verteilen, wenn wir die vorhandenen Flächen versuchen, besser zu nutzen. Wir brauchen Flächen für die Ernährung der Menschen, wir brauchen Flächen für die für die Erzeugung von Energie, also zum Beispiel Windkraft, Freiland, Solar und ähnliches. Wir brauchen sehr viel mehr Flächen als wir bisher haben für die Erhaltung der Biodiversität. Im Moment holzen wir immer noch die tropischen Wälder in einem atemberaubenden Tempo ab und zerstören das Menschheitserbe eben. Wenn wir diese Flächen umwidmen, dann kann das die einzige Lösung, die ich und viele Kolleg·innen kennen.

Und das bedeutet halt ja höchstens noch ein Viertel so viel Fleisch wie im Moment. Jetzt zum Lebensstil, was bedeutet das? Ja, ist das ist das ein trauriges Leben, wenn ich nur noch ein Viertel so viel Fleisch esse, die früher jetzt im Durchschnitt der Bevölkerung? Nein, würde ich nicht sagen, aber es ist vielleicht schon ein Leben, wo ich Lust auf Schnitzel hab und schade: heute nicht.

Aber das ist kein schlechtes Leben, das ist ein anderes Leben, das Leben mit Einschränkungen. Das gleiche gilt für Mobilität. Kein Mensch hat Lust, seine Kinder mit dem Elektro-Lastenrad im Regen zum Kindergarten zu bringen. Das Auto ist einfach besser, das Auto ist wasserdichter, es hat eine bessere Klimaanlage, es riecht vielleicht auch besser. Das fördert aber auch Herzkrankheiten natürlich nur, wenn man sich nicht bewegt, also das meine ich damit, dass man nicht einfach nur sagen kann, es wird alles bequemer, besser und alles ist verfügbar, aber wir werden mit ein bisschen kämpfen, ein Leben schaffen, wo wir sagen, da sind wir glücklich, da bin ich fest von überzeugt.

Stefanie Das heißt, es geht jetzt in erster Linie um unsere Gewohnheiten auch, also was wir jetzt hier in der westlichen oder global nördlichen Welt eher gewohnt sind.

Dr. Gregor Hagedorn Ich beziehe das jetzt wirklich auf unser Leben in Deutschland, weil ich denke, das ist jetzt von den Zuhörenden das, wo wir am meisten engem Bezug zu haben. Also wenn wir jetzt sozusagen auf die andere Seite gehen, dann ist die Veränderung des Lebens, dass Menschen, die in großer Armut leben und die sich in der Familie eine Zahnbürste teilen und die das Fahrrad vom Nachbarn leihen, dann selber ein Fahrrad in der Familie haben und jeder hat eine Zahnbürste. Und sie haben Zugang zu Elektrizität, der es ihnen und ihren Kindern ermöglicht, nach 6:00 Uhr abends noch Schulbücher zu lesen und zu lernen. Für solche Menschen sind das weltumbrechende gigantische Wohlstandsfortschritte. Also das wäre jetzt so das andere Extrem, um das mal kurz so anzusprechen.

Ich glaube, wir haben alle das Bedürfnis, eigentlich nicht auf Kosten von anderen zu leben und so richtig zu sagen „Ihr seid scheiße und ihr gehört in den Dreck“. Da gibt es ganz wenige Menschen in Deutschland, die das nicht unterschreiben, wenn man drüber nachdenkt. Aber das in die Praxis umzusetzen ist unglaublich schwer. Natürlich. Also ich finde ein gutes Beispiel, wo es noch schwieriger wird als die Beispiele, die ich gerade geschildert habe, bei Mobilität und Ernährung ist einfach Wohnraum. Also jetzt wieder auf Deutschland bezogen.

Wenn ihr euch überlegt, ihr habt unter Umständen gar nicht so viel Wohnraum pro Kopf. Vielleicht seid ihr Student·innen und lebt auf acht Quadratmetern. Aber ihr kennt höchstwahrscheinlich viele Menschen, die alleine auf 160 und mehr Quadratmetern leben. Und insgesamt nimmt in Deutschland der Wohnraumbedarf pro Kopf seit Jahrzehnten immer weiter zu. Könnt euch mal überlegen, wo ihr denkt, wie viel tatsächlich Quadratmeter pro Kopf momentan wir haben. Sprecht mal irgendeine Zahl aus, jetzt hier als Zuhörende, nur um euch festzulegen. Ich weiß, das ist schwer. Es ist eine Raterei. Man muss ja auch nicht richtig sein. Aber einfach so, um zu sagen: was schätze ich denn selbst? Magst du, Stefanie, dich trauen?

Stefanie Also ich bin mir nicht ganz sicher, aber so 40 - 50 Quadratmeter würde ich schon schätzen. 20 bis 25 qm wäre das, was eigentlich verträglich wäre. Deswegen würde ich das sagen.

Dr. Gregor Hagedorn Ja, du bist total gut informiert. Es sind 47 Quadratmeter pro Person im Durchschnitt. Da bist du ganz nah dran und das ist einfach viel. Und vor allen Dingen es hat zugenommen und sowas führt dann dazu, dass wir seit 30 Jahren Energie sparen und Häuser dämmen und effizientere Heizungen einbauen. Wir haben echt viel gemacht. Das hätte sehr viel bringen können. Aber wenn wir gleichzeitig natürlich die Quadratmeterzahl pro Kopf drastisch erhöhen, dann bleibt nur noch ganz wenig Einsparung. Tatsächlich, über das meiste von den Erfolgen, die wir in den letzten Jahren hatten, haben wir durch mehr Konsum von Quadratmetern pro Person einfach „verfrühstückt“. Das haben wir nicht in Naturschutz, nicht in Klimaschutz, nicht in Nachhaltigkeit, nicht in globale Gerechtigkeit gesteckt, sondern in uns selbst reingefressen. Und das ist so was, wo ich dann sage, Ja, man kann schon mit weniger Quadratmetern pro Person auskommen.

Aber da jetzt deine Eingangsfrage: Wir kommen nicht zu einem Erfolg, wenn wir die Erzählung verstärken, wir werden nur Dinge tun, bei denen es nachher allen besser und bequemer geht. Wir müssen uns überlegen, mit welchen Maßnahmen kommen wir in einer gerechten Weise? Das bedeutet, dass Menschen, die sehr viel Wohnraum haben, mehr abgeben müssen und dass Menschen, das gibt es ja auch, Familien mit drei Kindern, die auf 40- 50 Quadratmetern leben, in Städten, die geben keinen Wohnraum ab. Also dass der durchschnittliche Wohnraum gerechter verteilt wird und auch familienfreundlicher verteilt wird. Wenn wir da die Regeln ändern, dann werden Menschen einen nicht nur gewohnheitsmäßigen Komfort - ich finde, das ist ein absoluter Komfort, wie viel Platz ich habe, wie viel Raum ich nutzen kann, wie viel Raum ich gestalten kann, als Wohlfühlraum, als Schönheitsraum in meiner direkten Lebensumwelt.

Wie viel Aufwand ich zum Beispiel betreiben muss, um mit Freunden ein großes Fest zu machen, habe ich dafür ein Wohnzimmer von 40 Quadratmetern in meinem Einfamilienhaus, das ich sonst nur wenig nutze, aber was ich einfach schätze, weil ich jederzeit irgendwie zehn Freunde zu einer Party einladen kann. Oder gibt es dafür Gemeinschaftsräume, im Dorf, im Stadtteil, im Wohnblock oder so, wo ich dann mehr Aufwand betreiben muss? Das heißt, ich muss gucken, wann kann ich diesen Raum kriegen, wann kann ich meinen Termin legen? Wer ist dran? Es gibt Buchungen dafür und Ähnliches. Also das meine ich mit: die Welt wird anders werden.

Aber diese andere Welt schenkt uns ja auch unheimlich viel. Und für mich persönlich, das was ich mir am meisten wünsche, was mir diese Welt schenkt, ist mehr Gerechtigkeit, mir sicherer zu sein, dass diese Welt gerechter ist. Ich brauche gar nicht das Gefühl, dass alles 100 % gerecht ist, weil 100 % gerecht ist auch wieder ungerecht. Wenn du also für 100 % Gerechtigkeit, für jeden Schritt, den du machst, irgendwie 200 Seiten Formular ausfüllen musst, dann wird auch ganz bestimmt sichergestellt ist, dass nicht irgendwo was schiefgeht. Das ist auch ungerecht, weil das kannst vielleicht du und jemand anders nicht. Aber ich finde schon unsere Welt ist belastend, ungerecht. Sie ist belastend, ungerecht, global. Sie ist belastend, ungerecht innerhalb unserer Gesellschaft, innerhalb unseres Landes. Sie ist vor allen Dingen, was mich und uns ja besonders bewegt, belastend, ungerecht, dass wir so krass im Luxus auf Kosten unserer eigenen Kinder leben, dass wir das, was wir denken, was uns zusteht, dass das uns gar nicht zusteht, dass das auf Pump geschieht, dass wir die Schulden auflaufen lassen.

Und das ist, glaub ich, durchaus etwas, was vielen Menschen bewusst ist, was viele Menschen spüren und hören und dann verdrängen müssen, weil sie es in ihrem Leben nicht umsetzen. Und ich finde so einen Gewinn, den muss man auch mal benennen, also einen Gewinn, dass man diese Verdrängungsarbeit, diese Angstarbeit, diese Schuldarbeit nicht mehr leisten muss, weil man weiß, das läuft gesellschaftlich, das läuft nicht, weil ich mich aufopfere und weil ich irgendwo gegen den Strom schwimme. Und der Strom wird immer reißender und ich werde immer kraftloser usw, sondern es läuft deshalb, weil der Strom in die richtige Richtung führt und ich mit dem Strom schwimmen kann und von Zeit zu Zeit ans Ufer krabbeln kann und mich mal auf den Rücken legen und ausruhen kann und dann weiter schwimme.

Für diese Welt, glaube ich, werden viele Menschen auch bereit sein, solche Einschränkungen, echten Einschränkungen wie zum Beispiel bei Wohnraum hinzunehmen. Dass Wohnen komplizierter ist, dass Wohnen aufwendiger ist, dass Wohnen insbesondere wenn man mit Kindern lebt, wenn die Kinder dann aus dem Haus sind, ist es eine totale Zumutung, dann zu sagen okay, ich muss mich jetzt verkleinern. Da kann man dann irgendwie so ein paar Jahre Kulanz haben, aber dann wird es wahrscheinlich richtig teuer und das ist schon eine Lebenszumutung, finde ich. Aber diese Lebenszumutung, die muss man dann aufwägen gegen die guten Sachen. Ja, das ist meine Geschichte in dem Zusammenhang von: es wird nicht einfach immer alles besser und versprecht den Leuten nicht das Blaue vom Himmel.

Stefanie Wenn wir jetzt uns einfach erlauben zu träumen, was sagt denn die Wissenschaft, was es da für Grenzen gibt? Also Beziehungsweise was für Leitplanken? Vielleicht auch, worauf wir achten müssten. Also jetzt eher nicht so das Soziale, sondern im Hinblick auf den Klimawandel, also Dürren oder weniger Land steht zur Verfügung. Oder es wird immer heißer oder immer kälter oder was auch immer. Kannst du dazu noch was sagen?

Dr. Gregor Hagedorn Ja, also erst mal finde ich auf deine Frage das noch mal aufzumachen, kurz über Klimawandel hinaus. Es gibt ja dieses Konzept der planetaren Grenzen, also unser Planet hat natürlich ganz viele Grenzen und die Wissenschaftler, die daran arbeiten, identifizieren dann einige dieser Grenzen und sagen, die heben wir jetzt besonders hervor. Da sind Sachen bei, bei denen wir momentan im grünen Bereich sind, zum Beispiel bei der Ozonbelastung der Atmosphäre. Das war ja wirklich ein fantastischer, internationaler Erfolg durch internationale Abkommen, dass dieser Ozonlöcher dann tatsächlich jetzt wieder sich stark reduzieren. Das Problem ist nicht für alle Zeiten einfach weg. Es muss weiter bearbeitet werden. Aber da sind wir richtig schön im grünen Bereich.

Und dann gibt es andere Sachen, da sind wir im gelben Bereich. Das ist erstaunlicherweise das Klima. Das Klima ist im kritischen Bereich, aber im gelben Bereich. Und es gibt Dinge, die sind im roten Bereich und die haben viele Menschen gar nicht auf dem Schirm. Das ist so, wir überschreiten dort die planetaren Grenzen in drastischem Ausmaß, ohne dass es öffentlich diskutiert wird. Das ist zum Beispiel die Biodiversität, also das Artensterben. Das ist im tiefroten Bereich. Das ist aber zum Beispiel auch unsere Art, wie wir Landwirtschaft betreiben, also wie viel Stickstoffdünger und Phosphat wir einsetzen. Das ist im tiefroten Bereich. Wir sind weit jenseits dessen, was die geologischen Kreisläufe dort integrieren können. So, und Bodenverluste wäre für mich noch, das steht tatsächlich auf diesen Grenzen nicht drauf. Aber Bodenverluste, Bodenerosion, Abnahme von Bodenfruchtbarkeit von natürlicher Bodenfruchtbarkeit wäre für mich ein total bedrohliche, planetare Grenze, angesichts dessen, dass wir eine wachsende Erdbevölkerung ernähren wollen, jetzt speziell fürs Klima.

Das Klima hat schon viele, viele Umbrüche, und das merken wir auch, dass diese Umbrüche nicht nur sich anschleichen, wie diese kleinen Gradzahlen von wir haben jetzt 1,2 Grad Erderhitzung und könnten in den nächsten Jahren bereits erstmalig und einmalig 1,5 Grad überschreiten. Das ist nicht das gleiche wie die Überschreitung der Pariser Grenze, weil dies im langjährigen Mittel gedacht, aber einmalig ein Jahr mit 1,5 Grad Erderhitzung zu haben ist schon. Es wird mir ganz flau im Magen, dass das so schnell geht. Ich hätte das vor vier Jahren nicht gedacht, dass das bis zum Ende des Jahrzehnts schon passieren kann. Die Sachen kommen unerwartet und so brutal katastrophal leicht. Es schleicht sich nicht an, es sind keine Sachen, wo man sagen kann: Na ja, jetzt ist ein bisschen mehr und die nächsten zehn Jahre passen wir uns daran an, sondern plötzlich sind Dinge da, mit denen man nicht gerechnet hat. Plötzlich sind diese gigantischen Hitzewellen in den USA an der Westküste da, wo sich praktisch der Wald selbst entzündet und wo die Feuer überhaupt nicht zu löschen sind. Wir haben zunehmend Feuer in Deutschland.

In Deutschland merkt man es ein bisschen. Aber es könnte in Deutschland irgendwann ein Sommer kommen, bei dem wir irgendwie alle verwirrt vor den Twitternachrichten und Fernsehern sitzen und denken Wow, wieso denn jetzt schon? Also es ist eher so was wie die Ahrtal-Katastrophe, die natürlich auch verschiedene Ursachen hat, die auch hätte natürlich sein können. Sie hat bloß aufgrund des Klimawandels eine sehr hohen Anteil dessen, was die Erderhitzung dazu beigetragen hat, dass sie viel, viel wahrscheinlicher ist. Man kann nicht sagen, Ahrtal kann nur mit Klimawandel passieren. Aber Klimawandel, Erderhitzung hat die Ahrtal-Überflutung einfach sehr viel wahrscheinlicher gemacht, als sie vorher gewesen war. Na ja, und dann sind plötzlich in einem winzigen Tal Deutschlands so viel Werte vernichtet, so viel Menschenleben vernichtet, aber auch so viel Wiederaufbauaufwand, dass man davor, wenn man dieses Geld vorher in ein klimaneutrales Stromsystem gesteckt hätte - da hat man vorher gesagt: so viel Geld haben wir doch gar nicht, das können wir uns nicht leisten.

Ich finde, in Deutschland werden wir es spüren. Aber global wird das noch sehr viel deutlicher sein. Das klingt so ein bisschen harmlos, wenn Wirbelstürme häufiger werden. Aber mein Beispiel ist, wenn alle 20 Jahre dir dein Wirbelsturm dein Dach kaputt macht, da wo du wohnst, dann fluchst du vielleicht und reparierst das Dach oder lässt ein neues Dach drauf machen und die Wirtschaft ist schon drauf eingestellt, dass die Dächer dann noch bezahlbar sind, um alle 20 Jahre wieder, nachdem es abgedeckt wurde, neu gemacht zu werden. Da kann man dann leben. Wenn das gleiche jedes Jahr passiert, dann ist die Gegend quasi unbewohnbar. Also allein die Tatsache, dass was häufiger passiert, kann, kann den Unterschied machen zwischen „ich kann da leben“ und „ich kann da nicht leben“.

Die Frage wie Landwirtschaft, wie unsere Ernährung weiterläuft angesichts von Dürren, angesichts von Stark-Wetterereignissen, wie zuverlässig können wir die Menschen ernähren? Wir haben keine Nahrungsmittelreserven für die Menschheit, für ein tatsächliches globales Ausfalljahr oder ein globales Reduktionsjahr. Es gibt ein paar Länder, die Nahrungsmittelreserven haben. China zum Beispiel. Die Chinesen sind wirklich sehr bedacht darauf, ihre Bevölkerung abzusichern. Aber es ist eines der ganz wenigen Länder, die ausreichende Nahrungsmittelreserven haben. In Deutschland reicht das für ein paar Wochen. Ein Ernteausfall ist hier nicht möglich. Aber es ist auch nicht, solange das nicht global kommt, solange sich das ausgleicht, solange in Europa eine Fehlernte ist und in Argentinien eine wunderbare Ernte. Oder Brasilien, dann kann man diese Sachen ja auch ausgleichen. Aber die Frage, ob durch den Klimawandel dann global es zu Unsicherheiten kommt, dass Dinge, dass Ereignisse zusammenfallen, weil sie einfach immer häufiger kommen und dann zusammenfallen, daraus können sich alleine Katastrophen ergeben, die zu Kriegen, Bürgerkriegen und ähnlichem führen können.

Stefanie Ja, denkst du denn, dass es dann in Zukunft zu Verteilungskämpfen kommen wird?

Dr. Gregor Hagedorn Also wir leben in einer Welt, in der wir Verteilungskämpfe haben. Wir leben in einer Welt, in der es viele Kriege gibt, nicht erst seit dem Überfall der Russischen Föderation auf die Ukraine, sondern wir leben in einer Welt, in der es langjährige Kriege gibt, in der Menschen, in der Kinder in Afghanistan verhungern, in Kriegen, in Bürgerkriegen, in Jemen, in Äthiopien, Eritrea. Ich habe gar nicht die komplette Liste im Kopf. Es gibt Verteilungskämpfe auf der ganzen Welt. Es gibt ja auch so High Level Verteilungskämpfe. Wer schafft es noch mehr Fluchtgrundstücke in Neuseeland zu kaufen als Superreicher? Falls der Rest der Welt untergeht, weil man es mit dem neoliberalen Finanzkapitalismus übertrieben hat. Aber es gibt viele, viele Länder, in denen es ganz erhebliche, auch existenzgefährdende Verteilungskämpfe um Nahrung und Ähnliches gibt. Und die Frage ist dann eigentlich wie sicher sind wir in unserer Festung Europa? Ich glaube, das ist so ein in uns eingebauter Mythos, dass uns in Europa schon nichts passieren kann. Ich glaube, viele Menschen haben in Deutschland in den letzten Jahren gemerkt: Ganz so ist das nicht. Ich kann mich nicht darauf verlassen, dass ich immer, wenn ich was kaufen will, einfach zur Not einen Supermarkt weiter fahre und es dann bekomme.

Wenn es keine Masken gegen Covid gibt, dann gibt es keine Masken gegen Covid. Die gibt es gerade auf der ganzen Welt nicht. Und die kamen dann ja irgendwann. Aber zwischendurch war mal nichts da. Und wenn irgendwas knapp wird, dann versuchen alle Leute sich einen Vorrat anzulegen. Das wird so als Hamstern bezeichnet, aber ich finde das eigentlich eine ganz natürliche Reaktion. Also nachdem wir tatsächlich kein Klopapier mehr hatten, haben wir auch versucht, ein dreifaches Klopapier auf Dauer dann zu haben, um nicht gleich wieder in derselben Situation zu sein. Also Hamstern ist, wenn ich mir irgendwie 20 solche Achterpakete hinlege. Das empfinde ich als Hamstern. Aber wenn ich dann irgendwie dreimal acht ganz gerne im Vorratsschrank habe, weil ich einfach erlebt habe, dass ich eine Woche kein Klopapier hatte, dann finde ich das eigentlich als ein sehr vernünftiges Verhalten.

Und so was macht dann aber natürlich die Versorgungsketten instabil. Es gibt Untersuchungen, dass wenn wirklich Menschen Angst bekommen, dass die Supermärkte gewöhnlich nach 1 bis 2 Tagen leer sind, dann gibt es nichts mehr zu essen und das hält dann auch eine Weile. Das heißt nicht, dass es dauerhaft ist, aber das ist dann krisenhaft. Wenn es also jetzt tatsächlich zu Nahrungsmittelmangel käme global, dann bin ich mir nicht mehr so sicher, dass in Deutschland uns das nicht betreffen würde. Das war definitiv während des Arabischen Frühlings so, da konnten wir in Europa einfach den ärmeren Ländern die Nahrungsmittel wegkaufen und wir haben gar nichts gespürt und die haben es doppelt gespürt. Dazu kamen dann noch Spekulanten, die das angetrieben haben und alle möglichen anderen unschönen Dinge. Aber ich glaube, wir dürfen uns in Europa auch auf den Erfahrungen von Covid-19 und auf den Erfahrungen jetzt des Krieges in der Ukraine nicht zu sicher sein. Es ist ungesund, sich zu sicher zu sein, dass uns das schon nicht betreffen würde.

Wir haben uns total abhängig gemacht von russischem Erdgas und dieses Erdgas ist, wie wir jetzt gerade feststellen, auch ganz unabhängig vom Klima, nicht ersetzbar. Es gab immer schon Menschen, die gemahnt haben. Ich fand das eine hohe, große Leistung der Grünen, dass sie damals, als die Speicher an Gazprom übergeben wurden, tatsächlich eine parlamentarische Anfrage gestellt haben, wie es denn mit der nationalen Versorgungssicherheit aussähe. Damals hat die CDU dann geantwortet, dass das kein Problem sei und der Markt das ja regeln würde. Aber man muss diese Gedanken mitdenken. Ich glaube, wir sind global bessere Partner für andere Länder, wenn wir verstehen, dass wir selber auch verletzlich sind.

Und ob es zu Verteilungskämpfen in Deutschland kommt? Manchmal habe ich vor so etwas Angst, dass das passieren könnte. Ich würde nicht sagen, das muss kommen. Ich würde nicht sagen, das ist hochwahrscheinlich. Die Zivilisation muss zusammenbrechen. Aber es ist ein bisschen so wie wenn man als normaler Mensch Handlungen, Dinge, die nötig sind, verschiebt. So ein bisschen Verschieberitis haben die meisten von uns, denke ich. Ich habe es definitiv. Und da muss man immer mit ein bisschen arbeiten und gucken, dass man die Verschieberitis nicht selbstständig werden lässt. Weil wenn man ein bisschen Verschieberitis hat, dann muss man sich zusammenreißen und arbeitet nach und dann läuft das alles, wenn man es übertreibt, wenn man irgendwie vier Jahre Studium mit maximal Verschieberitis begangen hat und die Prüfungen kommen, dann fährt man gegen eine Wand. Das heißt, es ist nicht eine Frage der einzelnen Aufgabe, ob einzelne Aufgaben lösbar sind.

Also all diese Änderungen unseres Lebensstils, die wir zu Anfang besprochen haben, die Änderung des Energiesystems, die Energiewende, die Ernährungswende, die Agrarwende, wie wird Nahrung angebaut, mit welchen Zerstörungen in Boden und Natur? Die Frage, wie ist unser Finanzsystem aufgebaut? Wie können wir Korruption verhindern? Wie ist unser Sozialsystem aufgebaut? All diese Reformen, die wir tun müssen. Wie ist unser Gesundheitssystem aufgebaut? Ganz aktuelles Beispiel noch und mehr. Ich könnte jetzt fortfahren. Ich will diese Liste nicht als abschließend bezeichnen. All diese Reformen sind meiner Ansicht nach alle machbar. Sie sind machbar, wenn man ein bisschen sagt, es muss jetzt sein, das Verschieben hat ein Ende. Wir sehen, es ist dringend. Das kriegen wir jetzt hin. Und parallel dazu kriegen wir andere Dinge hin. Du machst das, Ich mach das. Wir krempeln die Ärmel hoch und machen das.

Aber es kann in den Zustand treten, wo man so viel verschoben hat, dass eigentlich alle vorhandenen Kräfte dann überfordert sind. Und das ist dann der Unterschied zwischen einer Krise und einer Katastrophe. Ich spreche ganz bewusst von Klima- und Biodiversitätskrise oder allgemeiner noch von einer Nachhaltigkeitskrise. Krise bedeutet, die Aufgaben sind sehr groß und die Zeit ist sehr knapp. Das ist krisenhaft. Krisen sind aber bewältigbar. Nicht zu 100 % perfekt vielleicht. Aber Krisen sind bewältigbare Ereignisse, wo man dann aus dem Krisenmodus wieder zurück in einen Normalmodus schalten kann, wenn man vielleicht auch nur 80 % bewältigt hat in ungewöhnlich schneller Zeit. Aber wenn man das nicht tut, dann ist irgendwann die Zeit so knapp geworden und die Herausforderung so groß, dass es zu einer Katastrophe kommt. Und aus diesen Katastrophen entstehen meiner Ansicht nach zwangsläufig Kriege zwischen Staaten oder Bürgerkriege innerhalb von Staaten. Weil bei einem Zusammenbruch von Versorgung ist das historisch die unvermeidbare Reaktion darauf. Aber ich will das nicht herbeireden. Ich will bloß sagen: Gedanken machen sollte man sich darüber.

Stefanie Und wo du jetzt gerade so eine schöne Überleitung gebracht hast: Was müssten wir denn jetzt tun als Gesellschaft? Auch um, Du hattest das in deinem TED Talk „Raumschiff Erde“ genannt, um da jetzt eine Wende herbeizuführen. Also was müssten wir tun, um diesen Wandel einzuleiten? Was wäre die gemeinschaftliche Anstrengung?

Dr. Gregor Hagedorn Schneller werden? Also sicherlich viele Elemente. Du hattest meinen TED Vortrag angesprochen. Es gibt so viele Gedanken, aber ich habe versucht - ein TED Vortrag darf nur 18 Minuten dauern. Das ist eine Herausforderung. Ich fand das auch sehr spannend, das vorzubereiten und zu sagen: Eigentlich würde ich jetzt gerne drei Stunden reden, Was tue ich denn jetzt in 18 Minuten rein? Das war ein bisschen ein Versuch von mir, die große Leitlinien zu machen. Also ganz viel brauche ich, brauchen wir Gespräche untereinander, um unsere eigene Situation zu reflektieren, um das, was wir gerade besprochen haben, also wir leben auf Pump aus diesem Auf auf Pump Leben folgt, dass man auch zu Einschnitten bereit sein muss. Einschnitte bedeutet nicht, dass es ungerechter werden muss, sondern wir wollen, dass es trotz Einschnitten gerechter wird. Es ist teilweise unvermeidlich, weil sonst kommt es zu Unruhen, wir sehen das momentan, wie das die Gaspreise in die Höhe treibt.

Dann gibt es einfach Menschen, die können sich im Winter heizen überhaupt nicht mehr leisten und die haben ein Recht darauf, dann ihre Grundbedürfnisse erfüllt zu sehen. Das geht nicht ohne eine gerechtere Verteilung der Ressourcen. Ich glaube eine wichtige Sache ist, dass wir auf die Dosis achten. Mein Eindruck ist, dass wir in den letzten Jahrzehnten uns ein bisschen abgewöhnt haben, auf Wirksamkeit zu achten. Also, wie viel brauche ich denn? Wir haben so eine Kultur entwickelt der Freude über Fortschritte. Also das ist ja auch was Positives, dass wenn man das Schöne, den Fortschritt in den Vordergrund rückt und sich darüber dann gemeinsam freut, bin ich durchaus dabei. Aber gleichzeitig, wenn man nicht guckt und wo muss ich hin, dann kann das leicht ihn in Probleme führen.

Ich stell mir jetzt vor, Stefanie, du bist jetzt eine Unternehmerin, die produziert ein ganz nachhaltiges Produkt und das brauchen wirklich ganz viele Leute. Und du musst jetzt eine neue Fabrikhalle neben deiner existierenden bauen und du beauftragst einen Bauunternehmer und ihr schließt den Vertrag. Und jetzt kommt der Bauunternehmer jeden Tag zu dir und sagt: Es war ein toller Tag, wir haben ganz tolle Fortschritte gemacht. Und das geht dann irgendwie drei Monate so und wenn du jetzt nicht irgendwann mal fragst, sag mal, wie sieht denn das mit dem Fertigstellungstermin aus? Ist der denn sicher? Dann könnte es sein, dass dein Unternehmen irgendwann pleite ist, weil der Bauunternehmer bisher nur 1 % der Arbeit gemacht hat. Jeden Tag tolle Fortschritte, aber nicht quantifiziert. Also die Dosis macht die Wirkung und wir achten zu wenig auf die Dosis. Wir achten gesellschaftlich zu wenig auf die Dosis.

Wir sind sehr qualitativ orientiert. Ist das nicht schön, dass es jetzt XY gibt? Ist es nicht schön, dass es jetzt irgendwo in Deutschland drei Reparaturshops für Elektrogeräte gibt? Das ist schön. Aber es ist keine Dosis. Ich muss das in Beziehung setzen zu dem, was tatsächlich die notwendige Größe ist. Ja, dann als nächsten Punkt. Wir haben so viele Aufgaben, wie ich gerade gesagt habe. Wir haben echt viele Dinge parallel zu tun und die werden wir nicht schaffen, indem wir eins nach dem anderen in sämtlichen Talkshows Deutschlands durchdiskutieren und versuchen, die Expertenlösung im Fernsehen zu finden. Den Expert·innen muss man auch als Expert·innen vertrauen, die muss man politisch kontrollieren. Das ist richtig. Aber wenn wir nicht arbeitsteiliger werden, das heißt, dass wir sagen, Du machst dies, ich mach jenes, dann werden wir die Aufgaben, die wir haben, in der verfügbaren Zeit nicht bewältigen können.

Stefanie Was denkst du denn, welche Fähigkeiten wir entwickeln sollten, um wirklich in Zukunft klimagerecht zu leben?

Dr. Gregor Hagedorn Das ist eine sehr gute Frage. Ich glaube, dass wir selber vor allen Dingen ein bisschen unser Denken ändern müssen. Das, glaube ich, kann jede und jeder machen. Also aus dieser völlig natürlichen, uns seit Jahrzehnten von Politiker·innen, Medien, Werbung suggerierten Anspruchshaltung, dass einem alles, was man irgendwie will, auch zustehen muss und dass das, an das man sich gewöhnt ist, ein Grundrecht ist. Also es gibt ein Grundrecht auf Mobilität, aber es gibt kein Grundrecht darauf, dreimal im Jahr in Urlaub zu fliegen, weil man einer gewissen Einkommensklasse angehört. Das ist ja nicht so, dass die Deutschen das tun, sondern die obersten 10 % tun das. Ich weiß die Zahl nicht genau, aber es ist nicht die Mehrheit.

Zu reflektieren, dass man als Mensch Bedürfnisse hat, aber dass es nicht automatisch ist, dass alle Bedürfnisse erfüllt werden müssen, sondern dass man das immer mit Rücksicht auf die anderen tut. Diesen Gedanken global zu verfolgen, zu wissen, wie andere Menschen leben. Zu wissen, dass es anders geht, dabei Hilfe auch bekommen zu können. Ich meine jetzt auch durchaus physische Hilfe. Wir hatten vorher über Wohnraum gesprochen. Ich glaube, einfach so eine organisierte Hilfe. Ich helfe dir jetzt, deinen Wohnraum zu verkleinern. Da kommen auch fünf starke junge Menschen an, die Kisten tragen und mit dir zusammen ganz geduldig Dinge durchsortieren, wenn du dich dazu psychisch nicht imstande fühlst, das alleine durchzustehen, Dinge auszusortieren und ähnliche Fragen, das meine ich mit Hilfe. Eine Bewusstseinsänderung, glaube ich, müssen wir alle machen, darüber hinaus, um ein gutes Leben zu führen.

Dieser Anspruch, dass nur die Allerklügsten, die so viel Zeit haben, sich in alle diese Fragen, die wir hier diskutieren, einzuarbeiten, dann ein gutes Leben führen können und ein klimagerechtes und biodiversitätsgerechtes Leben führen können, dem widerspreche ich quasi so ein bisschen. Ich will gar nicht so viel wissen. Ich bin durchaus zufrieden, wenn ich mich mit wissenschaftlichen Nerdfragen beschäftigen kann. Ich muss nicht für jedes Produkt wissen, was der CO2 Fußabdruck und der soziale Fußabdruck und so weiter ist. Ich möchte eigentlich, dass das geregelt ist, so wie wir andere Sachen auch regeln in unserer Gesellschaft. Ich möchte, wenn ich irgendein Produkt kaufe, nicht eine vollständige Produktliste haben und wissen müssen, welche Gifte da drin sind und welche Gifte ich akzeptiere und welche nicht, sondern ich möchte schlichtweg, dass klar ist, der Hammer, den ich kaufe, der ist so konstruiert, dass der Griff mich nicht vergiftet. Das ist die Sicherheit, die ich haben will. Das ist die Arbeitsteiligkeit, die ich haben will. Und genau dieselbe Sache will ich beim Klima haben.

Das heißt, wenn ich in einen Supermarkt gehe, möchte ich nicht wissen müssen, welcher Reis jetzt wie klimaschädlich angebaut ist, sondern ich möchte einfach ganz natürlich sagen: Wenn ich den günstigen Reis kaufe, dann ist das der klimafreundliche. Wenn ich aus irgendwelchen Gründen einen Spezialreis kaufe, der etwas klimaschädlicher ist, dann ist der ganz deutlich und erkennbar teurer. So einfach hätte ich gerne meine Welt, ohne dass ich zu viel wissen muss. Also da muss ich mich dann gar nicht so verändern. Da hilft mir quasi das Preisschild dabei, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Bei Reis ist vielleicht noch ein schlechtes Beispiel, aber ich kann mir zum Beispiel bei Kleidung das sehr gut vorstellen.

Das ist einfach, wenn ich nachhaltige Kleidung produziere, wenn die aus nachhaltigen Fasern ist, Fasern, die auch nachhaltig angebaut werden. Auch Baumwolle ist ja ein großes Problem im Anbau. Dann müsste klar sein, dass diese Kleidung die günstigere ist und dass die Kleidung, wo es einfach mein Traum ist, so schön auszusehen auf diesem Konzertabend. Und da geht man dann Kompromisse bezüglich der Nachhaltigkeit ein, dass das dann entsprechend ganz klar ist okay, das muss ich mir leisten können. Das ist nicht die billigere Variante, das ist die teurere. Und wenn es mir so wichtig ist, dann darf ich das auch mal machen. Dann darf ich auch mal etwas weniger klimafreundlich sein. Ich will keine totalkontrollierende Verbotsgesellschaft, aber ich will eine Gesellschaft, in der irgendwie klar ist: kann ich mir diesen Herzenswunsch leisten?

Stefanie Wobei es ja schön wäre, wenn der Standard einfach das wäre, dass es nachhaltig und sozial und alles das ist gar nicht mehr, wie es jetzt andersrum ist.

Dr. Gregor Hagedorn Aber es ist unglaublich komplex. Vielleicht noch ein einfaches Beispiel, wobei es bei Reis wirklich Klimaunterschiede gibt im Anbau, aber es ist vielleicht nicht das beste Beispiel, aber so Kleidung, da sind so viele Substanzen und Fasern und Färbeprozesse und Knöpfe und Sachen drin. Ich würde sagen, bei Kleidung kann man relativ klar sagen, unter Sozialstandards gehen wir nicht runter. Aber bei Kleidung kann man dann schon sagen okay, irgendwie, da gibt es Sachen, die sind mehr oder weniger nachhaltig und da kann man Grenzen ziehen. Aber ich würde innerhalb der Grenzen immer dafür plädieren, auch Toleranzspielräume zu lassen. Dann aber die Bepreisung, weil das kostet ja wirklich was. Das ist ja nicht eine Willkür des Staates. Also das ist ja genau der Punkt, in dem wir auf Pump leben, wenn wir die Sachen, die eigentlich viel teurer sein müssten, billiger machen, als sie sein müssten, zum Beispiel die ganzen fossilen Brennstoffe. Das ist die Sache, wo wir einfach sagen ja, gut, 10 % zahle ich, 90 % zahlen meine Kinder, also die sind wirklich so teuer, die macht der Staat dann nicht künstlich teuer, die sind in Wirklichkeit schon so teuer. Der Staat muss nur dafür sorgen, dass das durchgesetzt wird und dann funktioniert das auch.

Stefanie Vielleicht habe ich die Frage auch falsch formuliert. Mir ging es darum welche Fähigkeiten brauchen wir? Ich denke, es geht ja auch darum, dass wir wieder lernen, Dinge zu reparieren zum Beispiel. Also so ganz praktisch gedacht. Zum Beispiel hat meine Mutter früher noch Socken gestopft, mit so einem Stopfei so ein Holzteil und irgendwann ist dieses Holzei verschwunden und dann wurden die Socken einfach weggeschmissen, wenn die Löcher hatten und das ist ja eigentlich was. Da gehen wir mit den Ressourcen ja einfach nicht pfleglich um, weil wir denken, es ist alles so billig. Das heißt, wenn wir mit den Ressourcen wieder pfleglich umgehen lernen, dann wäre Dinge reparieren für mich eine Fähigkeit, die schon sinnvoll wäre zu erlernen, weil ich dann ja mit den Ressourcen wieder achtsamer umgehe. Und so in dieser Richtung, denkst du, dass es da Fähigkeiten gibt, die wir pflegen sollten, falls wir sie schon haben oder die wir wieder erlernen sollten?

Dr. Gregor Hagedorn Also die Ressourcenfrage wird dadurch entschieden, ob es repariert wird oder nicht und nicht dadurch entschieden, ob ich es repariere oder nicht. Das heißt, das ist erst mal ein systemischer Wandel, den wir benötigen. Also wir besteuern, wir verteuern Arbeit in unserem System extrem und die Importe, die Ressourcen und natur- und klimaschädlichen Importe, die sind extrem billig. Dadurch lohnt es sich nicht zu reparieren. Ich mach das nicht für Socken, aber ich habe das schon öfter für Kleidung gemacht, dass ich so irgendwie eigentlich unwirtschaftlich handele und Kleidung beim Schneider reparieren lasse, wenn der Reißverschluss kaputt ist. Eigentlich könnte man sagen: Ach, das lohnt sich doch nicht, kauf gleich was Neues. Da handele ich so ein bisschen gegen die Wirtschaftlichkeit und das ärgert mich jedes Mal. Es ärgert mich, dass ich irgendwie jetzt aus Überzeugung unwirtschaftlich handeln soll, weil der Staat ein System aufgebaut hat, das einfach gegen die Klima- und Biodiversitätsgerechtigkeit aufgestellt ist. Also ich glaube, die erste Sache ist tatsächlich überhaupt dran zu denken: Lasse ich das reparieren?

Die zweite Sache ist, das einzufordern, politisch und dafür zu sorgen: Reparatur muss immer billiger sein. Eine in gesamtgerechter Sicht geeignete Reparatur muss immer billiger sein als ein Neukauf, als ein zeit-anteiliger Neukauf. Und dann die zweite Frage, die du stellst: Eigentlich muss ich das können. Das ist eher eine Resilienzfrage, also eine Frage, wie gut kann ich das machen, wenn es mir mal schlechter geht, wenn mein Einkommen sehr schwankend ist. Mit einem Durchschnittseinkommen sollte man dann die Produkte vom Schneider reparieren lassen, weil das wahrscheinlich sehr viel effizienter ist und bessere Qualität hat und usw. Wenn ich sage, ich möchte das aber auf jeden Fall selbst können, dann ist das eher eine Frage: Wie selbstständig bin ich? Wenn niemand da ist, der mir das reparieren kann, wenn ich mir die Reparatur nicht leisten kann, wenn es zu gesellschaftlichen Verwerfungen und ähnlichem kommt. Aber das ist ein bisschen. Ich denke, das sind zwei verschiedene Motivationen, ob die Dinge repariert werden oder ob ich es reparieren kann.

Stefanie Okay. Und wenn wir noch mal so auf Kinder blicken, die in der Regelschule generell Dinge lernen nach einem Plan, der schon sehr alt ist. Würdest du da was ändern, dass du denkst okay, Kinder, die sollten am besten das, das und das lernen, um sich auf diese Zukunft vorzubereiten, die uns da erwartet.

Dr. Gregor Hagedorn Ja, ich denke schon. Das wird ja auch gemacht. Das wird überall gemacht. Ich habe zwei Kinder. Und es ist schon erstaunlich, was in Schulen passiert und was kreative Lehrer als Unterrichtsinhalte machen. Mein Sohn hatte als Unterrichtsinhalte in Englisch dann die planetaren Grenzen und dann haben sie alle den Film mit Johan Rockström geschaut und hatten dann die planetaren Grenzen unter sich verteilt und haben dann Vokabelarbeit dazu gemacht und darüber diskutiert. Das kann man im Englischunterricht machen. Fand ich echt toll, wie kreativ man sein kann. Aber genau das, was ich vorher sagte: Es ist eine Frage der Dosis. Gemacht wird es. Es wird überall über Bildung für nachhaltige Entwicklung gesprochen. Es gibt Nachhaltigkeitsschulen, BNE-Schulen, es gibt viele Schulveranstaltungen dazu, aber viele Lehrer·innen sind einfach auch an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit und sagen: Ja, finde ich toll, aber bei mir ist einfach kein Platz mehr da. Ich bin kurz vorm Burnout. So geht es nicht.

Das heißt, es muss kontrolliert sein. Es muss vom Aufwand her möglich sein. Es muss dann auch gefordert sein, wenn es möglich ist. Aber man kann nicht einfach sagen: Jetzt macht das mal alle freiwillig und die Dosis muss stimmen. Es muss nicht darum gehen irgendwie, ob man in der zehnten Klasse zwei Stunden mehr für Klima macht, sondern klare Vorgaben. Und meine Vorgabe ist so ein Projekt 20 mal zu starten, um ein bisschen so die Flughöhe zu erhöhen und sagt, 20 % vom Unterricht in jedem Fach sollte sich mit Zukunftsthemen auseinandersetzen. Da ist das ja nicht der Gregor Hagedorn oder die Stefanie, die sagt, das muss da rein, sondern da sind das dann sicherlich die Curricula, aber sehr viel auch die Lehrer·innen, die sagen, okay, 20 % der Unterrichtszeit habe ich wirklich frei. Das ist jetzt nicht etwas, das ich mir abknapsen muss, um dann nachher laufen meine Schüler·innen im MSA oder im Abitur oder so etwas gegen eine Zentralprüfungswand, sondern das sind wirklich Gestaltungsräume. In diesen Gestaltungsräumen können wir fächerübergreifend über Zukunftsthemen nachdenken.

Ich kann das in Mathe machen, ich kann das in allen Naturwissenschaften machen. Ich kann das in allen Geisteswissenschaften machen. Ich habe gerade gesagt, in den Sprachfächern kann ich das auch mit Kreativität machen. Ich Kunststoffe in Chemie einfach nur als chemisches Thema der Polymerisation durchmachen. Ich kann Kunststoffe mit einem gigantischen Bezug zu unserer Lebenswirklichkeit behandeln. Was ermöglichen uns Kunststoffe, welche Kunststoffe funktionieren wie? Was haben wir für geniale CO Polymerisationsprozesse entwickelt? Was sind die Probleme von Mikroplastik? Was bedeutet das, bioabbaubar zu sein? Ihr kennt vielleicht, dass es da tatsächlich Kunststoffe gibt, die wirklich bio abbaubar sind und solche, die es gar nicht sind. Bioabbaubar bedeutet sie werden in kleine chemische Bestandteile zerhackt, die zwar winzig klein sind, dann aber persistent sind. Also das müsste eigentlich doch jeder wissen.

Ich müsste in den mathematischen Fächern viel mehr Kenntnisse zusammen vielleicht mit Geografiekenntnissen über wirklich Datenanalyse, Datendarstellung, Statistiken, Weltwissen haben. Es gibt eine fantastische Seite, kann ich euch empfehlen: Our world in Data. Es macht ein deutscher Max Roser aus England zusammen mit Hannah Ritchie und einigen anderen die Welt neu erkunden. Quasi nicht auf einem Atlas mit dem Finger, sondern auf einem Bildschirm mit Daten Graphen, wo man sieht, wie verändern sich Prozesse, welche Beziehung haben Daten, was ist groß, was ist klein? Ist vielleicht jetzt ein bisschen ein Nerdempfehlung, weil es vielleicht so klingt, als sei das total schön designt. Es ist ganz okay, aber es sind einfach Datendarstellungen. Aber darüber nachzudenken, was wissen wir über die Welt? Ich stelle immer wieder fest, dass wir über die Welt unglaublich wenig wissen. Ich bin ja Biologe und ich stelle öfter eine Frage. Wenn ihr Lust habt, mache ich das gerade noch mit euch. Eine Frage über was ist euer Bild von der Natur dieses Planeten zu stellen? Sollen wir das machen?

Stefanie Können wir gerne machen. Die Verbindung zur Natur wieder herstellen finde ich ein sehr schönes Thema und auch darüber nachzudenken, wie sieht es denn aus?

Dr. Gregor Hagedorn Ja, Verbindung zur Natur auf jeden Fall. Aber auch Wissen. Überhaupt wie ist die Natur, auf welchem Planeten leben wir? Und die Frage geht so und ich bitte euch alle jetzt hier, die ihr den Podcast hört, dann so ein bisschen mitzudenken und vielleicht selbst mal gleich auszusprechen. Eine Zahl. Stefanie, du spielst hier auch mit.

Die Frage ist, wenn wir die Biomasse, also das Gewicht aller Landsäugetiere, als 100 % betrachten, das sind Elefanten bis zur Zwergfledermaus. Alles, was Säugetier ist. Keine Insekten, keine Pflanzen, keine Fische usw und auch nicht die Meeressäugetiere wie Wale oder Delfine. Die lassen wir jetzt mal raus. Das ist sowieso schwer vorstellbar. Aber an Land kennen wir uns ein bisschen aus. An Land können wir gucken, in die Ozeane können wir ja nicht reingucken. Das kann man sowieso nur aus dem Buch rauslesen, was das eigentlich ist. Aber an Land haben wir das Gefühl, das können wir gucken. Wir sehen ganz viele Filme über Land und Natur an Land. Wir wissen, was ein Säugetier ist. Wenn wir jetzt die gesamte Masse aller dieser Säugetiere als 100 % betrachten, wie viel Prozentpunkte davon ist das Gewicht aller Menschen auf der Erde?

Stefanie Das weiß ich nicht. Ich würde aber sagen...

Dr. Gregor Hagedorn Genau wissen wir alle nicht. Aber darum geht's ja. Du sollst es nicht wissen. Aber was sagt deine Vorstellungskraft dir? Wie schätzt du das ein? Auf fünf oder zehn Prozentpunkte? Eine genaue Zahl ist völlig unmöglich. Wüsste niemand, der das nicht vorher auswendig gelernt hat.

Stefanie Also ich wage es jetzt. Vielleicht ist das ganz falsch. Und ich sag jetzt 20 %.

Dr. Gregor Hagedorn 20 % finde ich cool. Ich hab das ähnlich selber gedacht. Ich weiß es nicht mehr, ich glaube, ich habe 15 % gedacht.

Stefanie Aber die Wahrheit ist eine ganz andere, oder?

Dr. Gregor Hagedorn Die Wahrheit ist, dass es 36 % sind.

Stefanie Okay.

Dr. Gregor Hagedorn Also 36 % des Gewichts aller Landsäugetiere sind erst mal wir selbst. Hat mich, als ich das zum Ersten Mal gehört hat, ganz schön bisschen umgehauen. Das war fast dreimal so viel, wie ich geschätzt hatte. Du warst schon näher dran als ich jetzt. Die nächste Frage ist dann der Rest jetzt? Wir haben jetzt noch 64 Prozentpunkte und die können wir aufteilen in Haustiere und Nutztiere des Menschen, also Hunde, Katzen, Pferde, Kühe, Schafe, Rinder, Kamele, und die Wildtiere, die in den Ökosystemen leben. Also wirklich Elefanten, Mäuse, Mäuse im Garten, Fledermäuse, alles, was es sonst noch an Säugetieren auf diesem Planeten gibt. Wie schätzt du das? Wie viele Prozentpunkte machen die Haus- und Nutztiere aus?

Stefanie Also es müssen auf jeden Fall mehr sein, als die Wildtiere, um einiges mehr, weil sehr, sehr viel gegessen wird und es gibt viele Katzen und Hunde. Dann würde ich sagen, bleiben vielleicht davon noch so 14 % Wildtiere und der Rest sind Nutz- und Haustiere.

Dr. Gregor Hagedorn Also du sagst jetzt 14 % Wildtiere, 36 % Menschen und 50 % der gesamten Biomasse dieses Planeten sind die Nutztiere.

Stefanie Nutz- und Haustiere hatten wir gesagt. Also zusammen. Ja.

Dr. Gregor Hagedorn Ich bin total beeindruckt von dir, Stefanie. Du hast ein sehr realistisches Weltbild, ein wesentlich realistischeres Weltbild als die meisten Menschen. Tatsächlich sind es nicht 50, sondern 60 Prozentpunkte. Okay, das heißt, die Gesamtaufteilung ist, wenn wir das Gewicht aller Landsäugetiere dieses Planeten nehmen, dann sind 36 Punkte davon wir selbst, 60 Punkte sind unsere Haus- und Nutztiere und 4 % ist sind die Wildtiere.

Stefanie Ja und dann kämen ja noch die ganzen anderen Tiere, die wir gerade ausgeschlossen haben, dazu.

Dr. Gregor Hagedorn Es sind jetzt sozusagen die Tiergruppen, mit denen wir direkt konkurrieren. Wir können nicht in Termitenbauten leben, das heißt, von diesen für Säugetiere verfügbaren Ressourcen haben wir auf diesem Planeten ungefähr 96 % für uns beansprucht. Das finde ich, ist krass. Das ist ein wichtiges Weltwissen, weil viele Menschen in diesem Land immer noch glauben, dass wir unter 50 % der Natur beanspruchen. Wir sind viel weiter. Wir sind in unseren Ansprüchen, in unserer Beanspruchung so ungeheuer weit, dass dieses Bauchgefühl: „Wir haben aber noch Zeit, es gibt doch noch so ganz viel Natur und es gibt auch noch ganz viel Klimastabilität. Und wir als Menschen könnten doch niemals.“ Das ist ein Bauchgefühl von vielen Menschen. Und wenn wir was verändern wollen, dann glaube ich, müssen wir ganz viel von diesem Bauchgefühl verändern und sagen: Nee, das ist nicht so, sondern wir sind dran. Wir sind die Gestalter. Wir sind diejenigen, die unsere eigene Zukunft in der Hand haben. Wir sind nicht irgendwie im Garten Eden, der schon weiter existiert, sondern wir haben die Grenzen überschritten. Wir haben einen ungeheuren großen Einfluss auf diesen Planeten. Und wenn wir uns nicht in den Griff bekommen, dann werden wir die Zukunft unserer Kinder zerstört haben.

Stefanie Ja, was rätst du denn Menschen, die so das Gefühl haben, als einzige sich zu engagieren, Also da irgendwie allein zu sein unter vielen?

Dr. Gregor Hagedorn Ich glaube, das ist tatsächlich dann schon eine Problembeschreibung und da rauszukommen ist ein Teil der Lösung. Weil alleine gegen den Strom schwimmend, werden wir unsere Gesellschaft nicht umgestalten. Und ich rate den Menschen ganz klar zu versuchen, Gleichgesinnte zu finden. Aber idealerweise auch Gleichgesinnte in ihren Freund·innen, in ihren vielleicht weniger engagierten Freund·innen, Nachbar·innen. Mit diesen Menschen über ihre Sorgen zu sprechen. Dort dann gemeinsam zu überlegen, vielleicht auch auf einem Niveau, auf dem, wo man selbst das Gefühl hat, da bin ich schon drüber hinweg. Aber diese Freund·innen, Nachbar·innen, Kolleg·innen mitzunehmen auf eine Reise, gemeinsam zu versuchen, eine bessere Welt zu gestalten.

Der tolle Bill McKibben, der mit diesem 350.org Projekt daran arbeitet, dass möglichst viele Leute mit ihrem Geld nicht weiter die Zerstörung des Planeten finanzieren sollen, der gibt als Ratschlag immer: Was soll ich machen? Erstens organisiert euch, zweitens organisiert euch und drittens: Jetzt dürft ihr eine Glühbirne wechseln. Das ist so auf die Spitze getrieben. Also organisieren kann politische Organisation bedeuten, aber es kann vor allen Dingen und ich glaube, das wird manchmal übersehen, bedeuten, sich in kleinen Freundesgruppen zu organisieren, deren Zweck gar nicht sein muss, eine gigantische Wirksamkeit zu haben. Aber organisiert zu sein in kleinen Gruppen, die sich ein begrenztes, erreichbares Ziel gemeinsam setzen, ist ein ungeheurer Gewinn, ein Gewinn wirklich für die Gesellschaft und für das eigene Leben, für das Wohlbefinden, für die psychische Gesundheit von Menschen, die sich ansonsten vereinsamt und verzweifelt fühlen.

Stefanie Und weil wir ja mit dieser Frage angefangen haben, dass du gesagt hast, wie kämpfen wir für bessere Welten, in denen nicht alles gut sein wird? Also noch mal die Abschlussfrage: Wie schaffen wir das denn jetzt? Wird alles gut gehen oder wie schaffen wir es, dieses gute Leben zu erreichen?

Dr. Gregor Hagedorn Ja, ich glaube, dass wir das politisch schaffen, dass wir in kleinen Gruppen, in größeren Gruppen, in öffentlichen Diskussionen, in möglichst vielen Gesprächen, ob diese Gespräche im Fernsehen stattfinden oder in einem Wahlkampfbüro oder Wahlkreisbüro oder am Tisch in der Kantine mit Kolleg·innen. Dass wir durch ganz viele Gespräche miteinander lernen müssen, dass wir diese Gesellschaft in ihren Regeln ändern müssen. Und das Schritt für Schritt. Dass das Schritt für Schritt gehen muss. Also nicht irgendwie eine große Revolution und dann ist alles gut, sondern schon Schritt für Schritt. Aber das mit der ausreichenden Geschwindigkeit und Dosis.

Meine große Hoffnung ist wirklich, dass historisch betrachtet die Veränderungsgeschwindigkeit von Gesellschaften nicht konstant ist, sondern dass es eher eine Sache ist, wo es manchmal 100 Jahre kaum einen Fortschritt gibt und dann gibt es ein Jahrzehnt, in dem gibt es gigantische Fortschritte. Es gibt ja so Klimakipppunkte, also Systeme, wo es mit relativ wenig Veränderung von außen dann plötzlich ganz große Umbrüche gibt, dass Dinge ganz anders funktionieren und ähnlich. Zu diesen Klimakipppunkten gibt es auch soziale Kipppunkte. Das war bei der Frage des Frauenwahlrechts so, das war nach einer langen Stagnation von fast keinen Fortschritten zwischen 1865 und 1965 bei den amerikanischen Bürgern schwarzer Hautfarbe so. Das ist in vielen Fällen so, dass Dinge, wenn unser Kopf, wenn die Bedingungen andere sind, wenn der gesellschaftliche Wille anders wird, wenn von außen das verstärkt wird durch die Erfahrung von ersten katastrophalen Einflüssen, dass Dinge sehr viel schneller gehen können.

Ich persönlich glaube, dass wir die Nachhaltigkeitsziele zwar nicht 2030 erreichen, aber dass wir sie vielleicht 2050 erreicht haben werden. Und ich stell mir dann immer so vor, dass weil ich ja sage, das Wichtige ist eigentlich unser Kopf, die Frage, wie wir selbst unsere Welt betrachten. Ich stelle mir vor, dass dann vielleicht die UN Generalsekretärin oder der UN Generalsekretär eine Rede halten wird. Und vielleicht wird in der Rede so etwas stehen im Jahr 2050, zur Feier der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele, dass sie oder er sagt: „Es fällt schwer zu glauben, dass das, was heute als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit erkannt ist, früher einmal normal war.“

Ich komme mir häufig so vor, als würde ich heute schon auf unsere Welt so schauen und denke: Das kann doch nicht wahr sein, dass das normal ist, so zu handeln. Und wenn wir möglichst viele Menschen so mitnehmen, die sagen, das ist nicht in Ordnung, einfach die Welt auf Kosten der eigenen Kinder zu zerstören. Und es ist nicht so, dass die Kinder dafür verantwortlich sind, sondern du bist verantwortlich. Wir als Erwachsene sind die Erwachsenen, die diese Entscheidungen verantworten müssen. Und wenn wir uns dessen bewusst sind, dann können wir anders handeln und dann können wir auch schnell handeln.

Stefanie Das ist eigentlich schon ein wunderbares Schlusswort. Dann bedanke ich mich sehr für deine Zeit, die du dir genommen hast und für die vielen Ausführungen. Ich denke, dass viele Menschen jetzt inspiriert sind und auch ins Handeln kommen werden.

Dr. Gregor Hagedorn Vielen, vielen Dank Dir, Stefanie, für das wunderbare Gespräch. Hat mir sehr viel Freude gemacht.

Folge 266 - Landreisen: mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch Europa, nach Nordafrika und bis nach Iran

Ein Beitrag

Folge 266 - Landreisen: mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch Europa, nach Nordafrika und bis nach Iran

Links zur Folge

Buch "Landreisen" von Richard Kaufmann
https://razelhanout.de/buch/landreisen-softcover/

Podcastfolge zum Buch "Slow Travel" von Dan Kieran
https://von-herzen-vegan.de/podcastfolgen/folge-174-slow-travel-die-kunst-des-reisens

Die Onlinecommunity: "Gemeinsam in eine klimagerechte Zukunft"
https://experimentarium.stefanie-rueckert.de/

Möglichkeiten mich zu unterstützen:
https://stefanie-rueckert.de/unterstützen

Vollständiges Transkript

Stefanie Wir nehmen diese Folge gerade sehr spontan auf. Ich möchte Carsten nämlich hier vor laufender Kamera hätte ich fast gesagt, vor laufendem Mikrofon von einem Buch erzählen, das ich gerade gelesen habe. Und dieses Buch wurde mir von Andrea empfohlen. Also noch mal herzlichen Dank, Andrea. Es handelt sich um das Buch „Landreisen. Reisen ohne Ziel“ von Richard Kaufmann. Es ist relativ neu, 2021 erschienen, also letztes Jahr. Geschrieben wurde es 2020, also schon während der Pandemie. Und es ist anscheinend auch aufgrund der Pandemie nur entstanden, weil da die Zeit zur Verfügung stand und nicht gereist werden konnte. Und ich hatte dieses Buch schon länger auf meiner Leseliste und durch einen glücklichen Zufall konnte ich es dann in der Zentralbibliothek ergattern lassen, quasi durch Carsten. Das war nämlich immer verliehen und es gibt nur dieses eine Exemplar bei uns in ganz Hamburg.

Carsten Jetzt ist es bei uns. Du hältst es in den Händen.

Stefanie Ja, genau. Und das Buch ist relativ klein. Also ich würde sagen, so DIN A6 Taschenbuchformat, gut 200 Seiten umfasst es. Und was mir jetzt so während des Lesens stark aufgefallen ist, dass es aus der Perspektive eines weißen, deutschen, jungen Mannes, also mitteleuropäischen Mannes, geschrieben wurde. Er nimmt darauf tatsächlich im Nachwort noch Bezug. Allerdings hätte ich mir das wirklich während des Lesens schon öfter gewünscht, dass er da etwas reflektierter schreibt, weil ich mit dem, was ich jetzt alles weiß, doch irgendwie gedacht habe: Okay, okay, das ist doch ziemlich unreflektiert, wie er an all das herangeht. Und dann im Nachwort ein, zwei Seiten schreibt er dann noch: Ja, er hätte das extra so gemacht, weil er das nicht schönreden will, dass er sich damals so verhalten hat und dann auch zeigen möchte, dass er Fehler gemacht hat und sich jetzt weiterentwickelt. Und das also vorab, falls dir das dann auch auffällt, wenn du dieses Buch liest.

Liebe·r Hörer·in, ich denke, wenn du dich fürs langsame Reisen interessierst und auch das Buch „Slow Travel - Die Kunst des langsamen Reisens“ von Dan Kieran schon gelesen hast, dann ist dieses Buch hier eine sehr gute Ergänzung. Allerdings fand ich tatsächlich „Slow Travel“ besser. Ich weiß aber nicht, ob das einfach nur dem geschuldet ist, dass Dan Kieran viel darauf Bezug genommen hat, dass er auch mit eigenen Kindern reist. Der Autor des Buches „Landreisen“, das ich in den Händen halte, hat anscheinend noch keine Kinder. Zumindest kommen sie nicht vor. Und die meisten Reisen, die er unternommen hat und hier in diesem Buch schildert, hat er auch alleine als Single unternommen.

Später, auf einer der Reisen, trifft er seine Frau, seine - zumindest zum Stand des Buches - derzeitige Frau also, mit der er dann weiter reist und auch beschreibt, wie er mit ihr reist. Allerdings, ja, sage ich mal, macht das so 1/4 des Ganzen aus. Vorher ist er als junger, weißer Mann unterwegs und hat da auch ganz andere Erfahrungen gemacht, als jetzt ich zum Beispiel machen würde oder People of Color machen würden oder, oder oder.

Carsten Das heißt also, er ist quasi privilegiert und die Erfahrungen hängen auch stark mit seinen weißen, männlichen Privilegien zusammen und lassen sich so nicht auf alle Personen übertragen, die auch Reisegelüste haben, aber vielleicht nicht diese Privilegien.

Stefanie Ich würde sagen Jein. Ein klares Jein. Er beginnt mit einer Reise nach Marokko, die er als 19-jähriger unternommen hat. Der Autor ist 1985 geboren, das heißt 2004 war er da unterwegs und er beschreibt da schon recht naiv, wie er nach Marokko gereist ist. Klar, dieses planlose, ziellose Reisen. Er hat dann seine Kreditkarte vergessen, dann hat er nur 100 € zur Verfügung, womit er dann irgendwie nach Marokko reisen möchte. Und angekommen in dem Land kann er sich in dieser Rolle als weißer, männlicher, Mitteleuropäer frei bewegen, während schon alleine ich als weiße, deutsche oder mitteleuropäische Frau mich da nicht frei bewegen könnte. Und so macht er ganz andere Erfahrungen als Menschen, die sich nicht diesem Bild zuordnen machen würden.

Und später reist er auch noch in den Iran und er ist auch generell mehr so in diesem Raum unterwegs und überall dort, wo Frauen zumindest nicht so privilegiert sind und so auch nicht diese Möglichkeit hätten, auf diese Art Erfahrungen zu machen. Andererseits wechseln diese Reiseberichte sich ab mit generellen Empfehlungen, die er ausspricht. Und die sind dann wiederum für alle, so dass wir da an seinen Erfahrungen schon teilhaben können.

Ich nenne hier mal so zwei, drei Beispiele. Ein Kapitel heißt „Legen wir das Motiv des Urlaubs fest“ und er hat da in diesem Kapitel eine sehr praktische, handfeste Tabelle integriert, die er so aufteilt:

  • Wie viel Zeit steht mir zur Verfügung?
  • Welches Reisemotiv habe ich?
  • und in welcher Distanz sollte ich verreisen?

Und so als ersten Punkt nennt er da diese obligatorischen zwei Wochen, die ich zur Verfügung habe. „Ich möchte Ruhe finden.“ Und dann sagt er: Das sollte ich in maximal 100 Kilometer Umkreis suchen, also dafür nicht weit reisen.

Zwei Wochen auch als Zeit und fremde Kulturen kennenlernen, sagt er auch maximal 100 Kilometer und die Klappe halten.

Dann 3 bis 4 Wochen Zeit zur Verfügung als Motiv „Ruhe finden“: maximal 600 Kilometer und sich im Gastland ruhig auch mal mit der lokalen Kultur beschäftigen.

Dann auch wieder 3 bis 4 Wochen Zeit zur Verfügung und als Reisemotiv „fremde Kulturen kennenlernen“. Bis zu 800 Kilometer empfiehlt er da als Distanz. Das reicht für ein Nachbarland in Europa.

Und bei 1 bis 3 Monaten Zeit und als Reisemotiv „Ruhe finden“ empfiehlt er, im Umkreis von fünf Kilometern einen Schrebergarten anzumieten.

Bei 1 bis 3 Monaten Zeit und als Reisemotiv „Fremde Kulturen kennenlernen“ sagt er: „Jetzt wird es spannend. Bis zu 3000 Kilometer sind hier drin. Das reicht für die Türkei, Nordafrika oder Russland.“

Carsten Also auch wenn er jetzt diese Distanzen wie 3.000 km nennt: Das Buch heißt „Landreisen“ Also er spricht jetzt nicht von „Flieg mal dahin und verbringen da mal 1 bis 3 Monate“, sondern das ist tatsächlich die Reisezeit gesamt für diese drei Monate inklusive Anfahrt, Abfahrt mit keine Ahnung was genau.

Stefanie Also das ist auch so eine These, die er aufstellt und etwas, was er ja verfechtet, dass die Reise ab dem Zeitpunkt beginnt, wo du deine Wohnung, dein Haus verlässt und dass es nicht darum geht, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, sondern eigentlich eher ziellos, planlos zu reisen. Er beschreibt das in diesen Geschichten, die er immer wieder da zwischen die Infokapitel streut, dass das auch mal schiefgehen kann, auf jeden Fall. Das ist ja auch was, was Dan Kieran sehr schön beschreibt. Aber im Grunde geht es darum, dass dieses langsame Reisen, das sich treiben lassen und auch viele Zwischenstopps einlegen, dass das dann wirklich dazu führt, dass du dich erholst und / oder fremde Kulturen kennenlernst, also deine Motive eher erfüllst.

Und nachdem ich das Buch gelesen habe - er hat da sehr viel auch über so kleinere Trips, wie fahre ich jetzt von Leipzig nach Bologna und so an einem verlängerten Wochenende, drei Tage, aber mit dem Zug davon erzählt - bin ich jetzt noch angefixter. Wir hatten ja mal überlegt, auch so quer durch Deutschland zu reisen, genau das so zu machen mit verschiedenen Zwischenstopps, Denn er beschreibt immer wieder sehr schön, wie das ist, wenn er dann für einen Tag in dieser einen Stadt ist und dann wieder in der nächsten Stadt und dort dann einfach auf eigene Faust diese Städte erkundet, die Umgebung erkundet, ganz entspannt und dann vielleicht fünf Stunden mit dem Zug fährt. Dann ist wieder ein Tag Pause, dann fährt er sechs Stunden mit dem Zug, einen Tag Pause.

Bei diesem Trip nach Marokko ist er drei Tage mit dem Bus durchgefahren. Also das ist natürlich ziemlich krass. Das ist auch nichts, was ich machen wollen würde, da musst du Lust zu haben. Ich glaube, da musst du eine bestimmte Grundeinstellung haben oder ein gewisses Alter oder keine Ahnung. Ich weiß es nicht, aber jedenfalls, zu mir passt es nicht und vielleicht passt es zu dir, lieber Hörer, liebe Hörerin. Mir wird im Bus wird schnell schlecht und so, also von daher wäre es bei mir eher Bahnfahren. Das ist also was persönliches.

Aber letztlich dieser Gedanke, dass die Reise beginnt sobald du hier deine Wohnung, dein Haus verlässt und dann dich auf den Weg machst und alles ist Teil des Urlaubs, alles ist Teil des Ganzen und du genießt es und du willst nicht so schnell wie möglich von A nach B kommen. Es kann ja ruhig sein, dass du sagst okay, ich möchte irgendwann, wie er zum Beispiel mit einer Reise sagt, den Iran erreichen, aber auf dem Weg ist er viele, viele, viele andere Stationen abgegangen und hat da noch nicht mal irgendwie viel gebucht, sondern hat relativ viel spontan gebucht. Ich denke dann immer so, na ja, als Familie und so, das sind wieder so Dinge, die kannst du gut machen, wenn du alleine reist oder vielleicht auch als Erwachsene, zwei Erwachsene oder mehrere Erwachsene. Aber mit Kindern habe ich zumindest ein Sicherheitsbedürfnis.

Und das spricht er auch noch mal an und er gibt da auch noch Tipps zum Ende des Buches hin: Wie kann ich mich dem annähern, was er da macht? Also das es viel auch auf das eigene Sicherheitsbedürfnis ankommt. Also dass ich natürlich erproben kann, immer wieder aus meiner Komfortzone kommen, was könnte ich vielleicht loslassen, wo könnte ich einfach mal machen, aber dann vielleicht auch gucken, okay, was gibt mir Sicherheit? Also er wollte da auch dann mit einer bestimmten Bahnlinie von - ich weiß nicht mehr genau - ich glaube von Istanbul aus dann nach Teheran fahren und die war schon Monate im Voraus ausgebucht. Das heißt, als er da ankam und sagt ich möchte für heute ein Ticket haben, gab es keins und dann hat er den Flieger genommen. Also das heißt, weil er da unbedingt hin wollte und das war für ihn nicht so toll und letztlich kann es auch Rückschläge geben.

Das heißt, ich persönlich finde dann, dass Planung gar nicht so schlecht ist, so bei bestimmten Dingen, die einem wichtig sind. Aber letztlich ist es was, was wir individuell entscheiden können. Und wir haben dieses Privileg ja auch. Ich meine, wir sind hier sehr privilegiert, dass wir sehr viel reisen können, uns viele Länder offen stehen, dass wir vieles auch spontan entscheiden können. Das heißt, um auf deine ursprüngliche Frage noch mal zurückzukommen: Es geht ihm tatsächlich darum, wie können wir auf dem Landweg reisen. Und dann fallen auch bestimmte Ziele weg, die ich nicht über das Land erreichen kann, sondern nur über die Fähre oder übers Flugzeug vielleicht. Ih werde dann nicht nach Bali fahren, es sei denn, ich komme da irgendwie innerhalb eines Jahres hin oder so, das nimmt dann noch mehr Zeit in Anspruch, dann verringert sich der Umkreis meiner Ziele und gleichzeitig vergrößern sich aber dann vielleicht auch die Möglichkeiten, weil ich dann einfach Dinge sehe, die ich vorher nicht gesehen habe.

Carsten Ja, weil du ja vorhin schon diese Tabelle mit den Reisemotiven vorgelesen hast, wird das Motiv, weswegen du jetzt diese Reise antreten möchtest, ja an anderen Orten dann gestillt. Das ist dann vielleicht nicht unbedingt so dieses instagramfähige Hintergrundbild, was du dann da irgendwie vorfindest, sondern vielleicht etwas, was unscheinbar erstmal gar nicht auf deiner mentalen Landkarte existiert und sich dann geografisch eigentlich direkt im Umfeld deines Wohnortes wiederfindet. Diese 100 Kilometer, hattest du vorhin glaube ich vorgelesen, kann ich durchaus nachvollziehen, wenn es dir wirklich darum geht, Ruhe zu finden. Die findest du nicht ausschließlich nur an irgendwelchen Südseestränden, sondern ja durchaus auch da keine Ahnung. Waldbaden fällt mir da gerade so ein.

Stefanie Ja, aber generell wenn du so eine innere Unruhe hast, dann ist es egal, wie weit du fährst oder egal wie weit du fliegst. Die innere Unruhe wird nicht dadurch gestillt, dass du irgendwo auf Mauritius einen Cocktail trinkst.

Carsten Vielleicht wird sie ja durch solche strukturierten und getakteten Reisen eher noch schlimmer. Und diese innere Unruhe „Ich muss schnell zum Flieger. Und meine Güte, jetzt dauert der Sicherheitscheck so lange und keine Ahnung, was“ Und wenn ich völlig unstrukturiert ran gehe, dann wird das vielleicht im Vorfeld eine ziemliche Hürde sein, weil ich dieses unstrukturierte Vorgehen vielleicht nicht kenne, aber vielleicht stellt sich dadurch ja mehr Ruhe ein. Wenn ich dann merke, ich komme mit kleineren Zielen ja auch irgendwo zurecht, also auch vielleicht von der Erwartungshaltung her gar nicht großartig in den Flieger steigen, sondern jetzt fahre ich mit dem 9 € Ticket und erkunde Deutschland. Oder vielleicht die nähere Umgebung.

Stefanie Ich zitiere dazu jetzt noch mal eine kleine Passage aus dem Buch. „Reisen mit dem Flugzeug sind Zeitverschwendung. Wenn wir nach Italien wollen, warum ignorieren wir alle wunderbaren Orte auf dem Weg dorthin? Warum wollen wir unbedingt nach Bali, wenn wir noch nie in Polen waren? Was wollen wir in Ägypten, wenn wir eigentlich nur am Meer rumliegen wollen? In Europa sind wir umgeben von Meer. Fünf der neun Nachbarländer Deutschlands haben Küsten und Strände, die direkt vor unserer Nase liegen und mit Auto, Zug oder Bus erreichbar sind. Es ist bestenfalls ignorant, das alles zu verpassen. Schlimmstenfalls ist es eine vertane Chance, die Schönheit dieser Welt kennenzulernen. Sehen wir es so, macht es gar keinen Sinn zu fliegen. Man könnte angesichts der verlorenen Augenblicke an den überflogenen Orten sogar so weit gehen, zu sagen: Die Reise mit dem Flugzeug ist verschwendete Zeit.“

Richard Kaufmann geht in dem Buch auch noch auf Nachtzüge ein, also wie er schlafend von A nach B kommt. Das hört sich dann nicht so entspannt an wie bei Dan Kieran, muss ich sagen. Richard Kaufmann vergleicht das eher so mit dem Übernachten auf dem Campingplatz. Aber er legt wohl sehr viel Wert darauf, mit anderen immer wieder ins Gespräch zu kommen und bucht deshalb Vierer- oder Sechserkabinen und ist dann die ganze Nacht wach und unterhält sich. Er nutzt es eher um Menschen kennen zu lernen und nicht um zu schlafen. Also von daher ist es wohl dann wieder sehr unterschiedlich, wie mensch da so rangeht.

Letztlich schließt er das Buch dann mit Mikroabenteuern, was wir ja auch schon kennen, was auch Dan Kieran in seinem Buch beschreibt. Dieses „Kennst du eigentlich die Umgebung, die direkt vor deiner Haustür beginnt?“ Also so etwas, was ich ja bei jedem neuen Wohnort mache und auch hier gemacht habe, als wir vor einem Jahr hierher gezogen sind und auch immer noch mache, ist, immer die nähere Umgebung erkunden und dann auch mal irgendwie für einen halben Tag weg sein oder meinetwegen für einen ganzen Tag weg sein und ziellos teilweise auch durch die Gegend zu radeln. Ich fahre meistens mit dem Fahrrad, weil ich dann einfach weiter komme. Zu Fuß geht das auch.

Richard Kaufmann beschreibt das auch, als er nach Leipzig gezogen ist und da relativ neu war, oder bzw. da haben sie da schon irgendwie drei Jahre gewohnt und dann auf einmal festgestellt, einen Kilometer entfernt oder auch zwei, drei Kilometer entfernt gibt es einen Park, den sie sich noch nie angeguckt haben. Und dann sind er und seine Frau Anna dahin gewandert und haben sich auf dem Weg irgendwie so ein bisschen verlaufen und haben dann was ganz anderes gefunden und das ist es gerade, diese Freude daran, einfach nicht nur stracks zum Ziel zu kommen, ohne nach links und rechts zu gucken, das einfach auf sich zukommen zu lassen, so dahin zu mäandern. Also wie ein Fluss, der nicht ins Flussbett gezwungen wird, sondern frei sich bewegen kann und mal hier und mal da Dinge zu finden.

Sowas habe ich auch schon öfter ausprobiert. Einfach mal durch die Gegend fahren und natürlich solltest du Wasser und vielleicht auch was zu essen dabei haben. Vielleicht, in Zeiten wie diesen, auch eine Maske und ein Portemonnaie, würde ich sagen. Aber sonst bist du ja dann voll ausgerüstet und musst nicht viel mehr dabei haben. Vielleicht nimmst du noch dein Smartphone mit, vielleicht auch nicht. Letztlich befinden wir uns ja hier immer noch irgendwie so weit in Gegenden, wo es immer eine Möglichkeit gibt, mal irgendwo telefonieren zu können oder so.

Carsten Was für mich natürlich jetzt interessant ist. Ich plane ja in naher Zukunft irgendwann im Laufe der nächsten Jahre mal so einen Trip nach Schottland, also so richtig ausgiebig, so mit Zug und auch zu Fuß durch die Highlands und Zelt dabei. Nehme ich aus diesem Buch dann was mit? Kann ich davon was lernen? Muss ich es erst lesen?

Stefanie Ich würde sagen ja, du kannst davon was lernen. Ich habe auch was davon gelernt und ich beschäftige mich ja jetzt auch schon verhältnismäßig lange mit diesem Thema. Und es sind wieder neue Aspekte dazugekommen, zum Beispiel diese Tabelle, wie er da herangeht. Ich bespreche sowas ja häufig in meinen Bildungsurlauben, auch mit Teilnehmenden oder in anderen Kursen, wo wir dann Mobilität neu denken und das Reisen neu denken. Und da kommt sowas auch immer zur Sprache. Und das ist natürlich schön zu lesen, dass dieser Mensch das auch schon, seit vielen Jahren macht, dass er so reist und diese Erfahrung, die er gemacht hat. Ich muss diese Einschränkungen, die ich zu Beginn der Folge hier genannt habe, auch noch mal benennen. Es ist aus der Perspektive eines weißen Mannes geschrieben, eines weißen, männlichen Mitteleuropäers, der schon sehr viele Privilegien in sich vereint. Und dadurch kann natürlich das, was du, wenn du diese Privilegien nicht besitzt, in dem Fall variieren.

Carsten Ich würde mich mindestens genauso privilegiert sehen.

Stefanie Genau. Also für dich ist es dann übertragbar. Aber andere, die nicht diese Privilegien genießen, für die ist nicht alles übertragbar. Aber bei den Tipps kann jede·r was rausziehen und wird da sicherlich noch mal die ein oder andere Inspiration finden. Also ich finde, jetzt gerade zur Reisezeit ist es eine schöne Reiselektüre. Ich wollte es eigentlich auch unterwegs im Zug lesen, aber dann habe ich das doch schon vorher durchgelesen und ich finde, das ist wirklich leicht zu lesen. Es ist so flüssig zu lesen. Du kannst da viel mitnehmen. Er schreibt das auch schön und anekdotisch, nur manchmal ist die Wortwahl aus meiner Sicht fragwürdig.

Er schreibt da von seinem Trip nach Marokko als 19-jähriger über „Muttis“. Es mag sein, dass er versucht hat, sich in die Perspektive, wie er als 19-jähriger darüber gedacht hat und welchen Jargon er da genutzt hat, reinzuversetzen und das deswegen so schreibt. Ich persönlich fand das ein bisschen abstoßend, weil ich da irgendwie das Gefühl hatte oder die Art und Weise, wie er teilweise über Frauen geschrieben hat, dass das nichts ist, was ich gerne lese und auch nichts, was ich schreiben würde. Nur wie gesagt, dazu nimmt er im Nachwort in diesen zwei Seiten Stellung und dazu habe ich ja jetzt auch schon einiges gesagt.

Carsten Ja, in diesem Sinne.

Stefanie In Hamburg sagt man Tschüss

Carsten und auf Wieder lesen, hören, schauen.

Folge 265 - Julia stiftet andere leidenschaftlich zum Gärtnern an

Ein Beitrag

Folge 265 - Julia stiftet andere leidenschaftlich zum Gärtnern an

Herzlich Willkommen zur Serie "Mitgliederporträt" im Experimentarium!

Ich möchte in dieser Serie Mitglieder vorstellen, die eigene Projekte ins Rollen gebracht / umgesetzt haben. Meine Intention ist es, Dir damit zu zeigen, was Einzelpersonen wie Du und ich für tolle Dinge bewegen können :-)

Diese Serie gibt es zunächst exklusiv im Experimentarium und wird dann später im Jahr auch im Podcast veröffentlicht.

Heute stelle ich Dir Julia vor, die durch ihren Garten ihre Verbindung zur Natur wiederentdeckt hat und nun leidenschaftlich andere zum Gärtnern anstiftet.

Julia erzählt in diesem Interview,

  • wie sie trotz fehlendem grünen Daumen zum Gärtnern gefunden hat,
  • was die ersten Schritte in ihrem Garten in 4 Jahren von der Brache hin zur Gemüsevielfalt waren,
  • wie das Gärtnern ihr geholfen hat, sich wieder mehr mit der Natur zu verbinden,
  • wie sie ihre Leidenschaft für das Gärtnern an andere weitergibt,
  • was ihre ersten Schritte waren, um sich über ihren Garten hinaus zu vernetzen und mit anderen zusammen aktiv zu werden,
  • wie sie es schafft langfristig aktiv zu bleiben.

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Julias Instagram-Kanal
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Gemeinschaftsgärten Vernetzung und Informationen
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